Anne Kohlmorgen – von der Wirtschaftswissenschaftlerin zur Shiatsu-Praktikerin

Ihr Weg klingt ein wenig nach „Eat, Pray, Love“: Vom Fuße des Schwarzwalds aus führte er sie zum BWL-Studium nach Köln, über Agentur-Jetset und Luxushotels in ganz Europa zum Lehramt ans kaufmännische Berufskolleg und schließlich nach Indien und Portugal. Jetzt ist sie voller Energie zurück in Köln und unterstützt in ihrer Shiatsu Praxis Menschen dabei, auch ihre Lebensenergie in Fluss zu bringen.

Mein beruflicher Werdegang war alles andere als geradlinig und genau deswegen so zielführend. Ich bin Reiseverkehrskauffrau, habe ein Diplom in Wirtschaftswissenschaften und einen Master in Mathematik. Ich habe in der freien Wirtschaft und als Lehrerin an einem Berufskolleg gearbeitet. Außerdem bin ich ausgebildete Yoga-Lehrerin Shiatsu-Praktikerin. Ich war viel in der Welt unterwegs, jetzt bin ich dem Weg meines Herzens gefolgt und habe meine Praxis Sei Du Shiatsu eröffnet – und sehr glücklich, dass ich so weitreichende Veränderungen gewagt habe. Alle Stationen, beruflich und persönlich, Erfolge wie Krisen, haben mich weitergebracht. Ich habe gelernt, meiner Intuition und dem Leben zu vertrauen. Ich kann mich in Menschen auf unterschiedlichsten Stufen der Karriereleiter und in verschiedenen Berufsumfeldern versetzen. Und ich kann ihnen mit Shiatsu helfen, ein besseres Körpergefühl zu entwickeln und die Balance von Körper, Geist und Seele zu finden. Gerade in stressigen Lebensabschnitten oder Umbruchsphasen wie Examen, Berufseinstieg oder bei anstrengenden Projekten kann Shiatsu gleichermaßen Entspannung wie Energie geben.

Nach meinem Abitur und der Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau habe ich ein Jahr lang im Reisebüro gearbeitet und anschließend Wirtschaftswissenschaften studiert. Dann habe ich einen kurzen Abstecher in eine Unternehmens- und Personalberatung gemacht. Bei meinem nächsten Arbeitgeber, einer international tätigen PR-Agentur, war ich hauptsächlich im Eventbereich für Kunden aus der Automobil-Industrie tätig. Eine Zeit lang waren die vielen Reisen und das Arbeiten in Luxushotels in ganz Europa toll. Doch irgendwann stressten mich die langen Arbeitstage, die oft wochenlangen Aufenthalte in Hotels sowie das schnelllebige Agenturleben.

Sabbatjahr: Von der Lehrerin zur Shiatsu-Praktikerin

Ich entschied mich für einen Seiteneinstieg als Lehrerin am kaufmännischen Berufskolleg mit den Fächern Wirtschaft und Mathematik und absolvierte ein berufsbegleitendes Mathematik-Studium. In dieser Zeit entdeckte ich Yoga und Meditation – was mir für die Doppelbelastung durch Studium und Beruf viel Kraft gegeben hat. Die Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat mir Spaß gemacht. Mit meinem zweiten Staatsexamen wurde ich verbeamtet. Ich war sehr gerne Klassen- und Beratungslehrerin und begleitete meine Schüler zum Fachabitur – alles lief rund. Trotzdem störte mich etwas: Das System Schule mit seinem starkem Leistungsdruck ließ wenig Zeit und Spielraum für die Bedürfnisse der einzelnen Schüler. Daher habe ich mich für ein Sabbatjahr entschieden. Ich reiste nach Portugal und Indien und beendete eine dreijährige Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin (GSD). Shiatsu ist eine ganzheitliche Massage und energetische Körperarbeit, die in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wurzelt und in Japan weiterentwickelt wurde.

Ich habe meinen Entschluss keine Sekunde bereut, ich fühle mich heute lebendiger und wohler in meiner Haut.

Durch die Auszeit und vor allem auch durch Shiatsu wurde mir klar, dass ich meinem Herzen folgen und nochmal neue berufliche Wege gehen wollte. Ich kündigte und gab meinen Beamtinnen-Status auf. Für viele in meinem Umfeld, Freunde und Familie, war die Entscheidung anfangs schwer nachzuvollziehen. Aber ich habe meinen Entschluss keine Sekunde bereut, ich fühle mich heute lebendiger und wohler in meiner Haut. Shiatsu hat mich bestärkt und begleitet, die Richtung zu ändern zu einem ganzheitlicheren und bewussteren Arbeitsumfeld.

Nun helfe ich Menschen durch Shiatsu ihre eigenen inneren Kräfte anzuregen. Demnächst werde ich neben den Anwendungen in meiner Praxis noch Massagen auf einem mobilen Massagestuhl in Unternehmen anbieten. Eine erfrischende kurze Behandlung, etwa in der Mittagspause, lässt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auftanken und mit mehr Energie und Motivation zum Arbeitsplatz zurückkehren. Und auch für die, die gerade vielleicht nicht ganz genau wissen, wo es hingehen soll, kann Shiatsu vieles in Bewegung setzen. Manchmal muss man sich Zeit nehmen, um herauszufinden, was man kann und will. Und das ist nicht unbedingt das, was andere sich für einen wünschen. Sich entspannt und lebendig zu fühlen bedeutet für mich ganz bei sich selbst und authentisch zu sein. Daher kommt auch der Name meiner Praxis „Sei Du Shiatsu“.

Mitarbeiter für unsere Auftragsabwicklung (m/w/d)

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Streif Weinsheim Mitarbeiter Auftragsabwicklung

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Tel.: 06551 12-382 · personal@streif.de
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Forschen @ Home

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Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ziehen alle an einem Strang: Seit Mitte März hat ein Großteil der DLR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Homeoffice-Betrieb umgestellt.

Normalerweise arbeiten 9.000 Personen, davon über 4.000 Forscherinnen und Forscher, an 27 deutschlandweiten Standorten. Darunter sind viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studentinnen und Studenten, die direkt oder schon während ihres Studiums eingestiegen sind und gerade ihre Forschungskarriere starten. Der Umzug in viele dezentrale Homeoffices hat gut geklappt mithilfe der nötigen Infrastruktur und großem Einsatz aller für die Leistungsfähigkeit der Forschungsbereiche Luft- und Raumfahrt, Energie, Verkehr, Sicherheit und Digitalisierung.

Mittlerweile kehren – unter Einhaltung hoher Sicherheitsmaßnahmen für jeden Einzelnen – die Mitarbeitenden in verringerter Zahl wieder an die Standorte zurück. Bevorzugter Arbeitsplatz bleibt nach Möglichkeit das Homeoffice, je nach individueller Situation werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber unterschiedliche Angebote seitens des DLR gemacht. Hier berichten Forscherinnen und Forscher verschiedener Bereiche aus den letzten ungewöhnlichen Wochen und darüber, wie sie sich in der neuen Situation eingerichtet haben:

So läuft Forschung von zuhause …

Carina Haupt hat auch im Homeoffice einen guten Draht

Mit Ihrem Team, der Gruppe Software Engineering am Institut für Softwaretechnologie, unterstützt Carina Haupt Forscherinnen und Forscher bei der Softwareentwicklung. „Wir beraten bei Umsetzung, entwickeln Guidelines und führen Schulungen durch. Chat, Telefon- und Videokonferenzen waren schon immer Bestandteil meines Alltags, da mein Team über ganz Deutschland verteilt in Berlin, Braunschweig, Köln und Oberpfaffenhofen sitzt.“ All das erledigt sie jetzt im Homeoffice, sie meint: „Mein guter Draht zu meinen Kolleginnen und Kollegen hilft mir gerade jetzt sehr. Ich bin sehr kommunikativ und gebe mein Wissen gerne weiter. Deshalb setze ich mich immer für die Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein, die in verschiedenen Instituten an verwandten Fragestellungen der Softwareentwicklung arbeiten.“ Privat engagiert sie sich in Communities – zum Beispiel organisiert sie Konferenzen zum Thema Freie und Open Source Software.

Zuhause Arbeiten ist für sie kein Problem – wenn die Infrastruktur passt! Ein VPN-Zugang war für alle im Team kurzfristig verfügbar. Schulungen bietet das Institut jetzt einfach online an, spontan umgesetzt. In der Zukunft soll das gleich beibehalten werden. „Einmal mehr kann ich die großen Spielräume und die Entscheidungsfreiheit, die ich beim DLR habe, nutzen.“

Geschäftsfeldentwicklung am heimischen Schreibtisch

Michael Meyer zu Hörste ist Ingenieur am Institut für Verkehrssystemtechnik. Seine Aufgabe ist die Geschäftsfeldentwicklung – er plant Projekte und stimmt Inhalte und Budgets ab. Im Moment bereitet er das Shift2Rail Projekt X2Rail-5 vor. Das DLR leitet dieses Projekt mit 22 Partnern aus ganz Europa. Wöchentlich hat er Telefonkonferenzen mit über 30 Teilnehmern – eine interessante Herausforderung. Die Inhalte müssen gut strukturiert werden, damit nichts vergessen wird.

Wegen der europäischen Zusammenarbeit in Shift2Rail kommuniziert er immer viel über Telefon- und Webkonferenzen sowie E-Mail. Arbeiten im Homeoffice ist für ihn keine große Umstellung: Seiner Meinung nach muss ein Team, dass sich gut kennt, nicht für jede Abstimmung nach Brüssel oder Madrid fliegen.

Wichtig ist ihm, Arbeit und Freizeit mit der Familie auch räumlich zu trennen, so kann er besser abschalten. Was er zuhause vermisst? Seinen Sitzball, den er im Büro gelassen hat, und seine Bücher – dafür hat er im Homeoffice die Literatur stehen, die ihm im DLR fehlt.

Trotz Corona-Krise: wie gewohnt beim DLR bewerben!

Nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch für Bewerberinnen und Bewerber läuft es beim DLR. Interessierte können sich wie gewohnt bewerben – die Institute und Einrichtungen wählen für das Bewerbungsgespräch dann passende Formate nach gegebenen Möglichkeiten. Unter den aktuellen Stellenausschreibungen sind auch derzeit viele, die einen Einstieg direkt nach oder schon während des Studiums ermöglichen.

DLR Logo

Als öffentliche Forschungseinrichtung der Bundesrepublik Deutschland ist das DLR auch weiterhin gut gewappnet. Gemeinsam sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Krise angegangen, gemeinsam blicken sie in die Zukunft – um sie durch wegweisende Forschung mitzugestalten.

Wann starten Sie Ihre Mission beim DLR? Zu den aktuellen Stellenausschreibungen.

karriereführer digital 2020.2021 – Die neue digitale Normalität in der Arbeitswelt

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Cover karriereführer digital 2020-2021

Die neue digitale Normalität
in der Arbeitswelt

Homeoffice ist plötzlich Standard, Video-Meetings sind kein Problem mehr. Offen wird über Tracing-Apps diskutiert, IT-Konzerne rüsten sich für den Kampf gegen den Klimawandel. Aus der Not heraus, hat die Welt durch die Pandemie einen Crashkurs in Sachen Digitalisierung absolviert. Nun gilt es, diesen Trend nachhaltig und sinnvoll fortzusetzen.

Beyond Crisis – Die neue digitale Normalität

Homeoffice ist plötzlich Standard, Video-Meetings sind kein Problem mehr. Offen wird über Tracing-Apps diskutiert, IT-Konzerne rüsten sich für den Kampf gegen den Klimawandel. Aus der Not heraus, hat die Welt durch die Pandemie einen Crashkurs in Sachen Digitalisierung absolviert. Nun gilt es, diesen Trend nachhaltig und sinnvoll fortzusetzen. Ein Essay von André Boße.

Wie eine Lupe legt die Corona-Krise Stellen offen, an denen das, was möglich ist, nicht mit dem korrespondiert, was tatsächlich passiert. Bei digitalen Themen ist das besonders ersichtlich: Im Jahr 2020, das eigentlich von der digitalen Transformation durchdrungen sein sollte, gehört es noch immer zur Realität, dass Lehrerkräfte ihren Schülern die Home-Schooling-Aufgaben als Kopien über den Gartenzaun reichen, Ämter und Behörden wichtige Daten faxen und Homeoffice in ländlichen Gebieten deshalb nicht möglich ist, weil das Netz zu langsam ist. Durch die Pandemie wird sichtbar, was sich wo ändern muss – und zwar schnell. Nicht nur, um im Post-Corona-Zeitalter (wie immer dieses aussehen mag) für eine jederzeit mögliche neue Pandemie besser gerüstet zu sein. Zwei weitere Aspekte sind mindestens so wichtig: Erstens geht es für das digitale Deutschland darum, nicht den internationalen Anschluss zu verlieren. Zweitens muss die Digitalisierung helfen, die großen weiteren Herausforderungen zu meistern, vor denen die Weltgesellschaft steht. Denn sicher ist: Gegen die Erderwärmung hilft kein Impfstoff. Wir zeigen vier Felder, in denen jetzt etwas passieren muss. Die Technik wäre schon so weit, daher kommt es jetzt auf die Menschen an, die sie umsetzen und gestalten müssen.

Auf dem Weg in eine grün-digitale Transformation

Durch die Lockdowns in fast allen Industrieländern auf der Erde hat sich der globale CO2-Ausstoß deutlich reduziert. So lagen die Kohlenstoffdioxid-Emissionen Anfang April bis zu 17 Prozent unter den Tageswerten aus dem Jahr 2019, in Deutschland sank der Wert sogar um 26 Prozent, wie eine Studie von internationalen Klimaforschern zeigt, die Anfang Mai im Wissenschaftsmagazin Nature Climate Change veröffentlicht wurde. Während einige „geht doch!“ rufen, verweisen andere auf die immensen Schäden, die dieser Lockdown angerichtet hat. Wie so oft: Recht haben beide Seiten. Entscheidend ist es, nun den richtigen Schluss zu ziehen: „Geht doch – anders!“

Ziel muss es sein, eine Wirtschaft zu gestalten, die eine Balance zwischen Leistung und Nachhaltigkeit findet. Dass die Krise die Gelegenheit für eine Art Neustart gibt, sagen auch die Wissenschaftler von der Forschergemeinschaft Leopoldina: „Angesichts der tiefen Spuren, welche die Coronavirus-Krise hinterlassen wird, vor allem aber wegen der mindestens ebenso bedrohlichen Klima- und Biodiversitäts-Krise, kann es nicht einfach eine Wiederherstellung des vorherigen Status geben“, heißt es in einem Positionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften. Es gelte daher, aus den Erfahrungen mit der Pandemie und ihren Ursachen Lehren für die Zukunft zu ziehen. Konkret werde es zwar darum gehen, wirtschaftliche Aktivitäten so anzustoßen, dass die Rezession nicht zu stark ausfällt und die Wirtschaft wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehrt. „Dieser Pfad sollte allerdings stärker als zuvor von Prinzipien der Nachhaltigkeit bestimmt sein, nicht zuletzt, weil hierin enorme Potentiale für die wirtschaftliche Entwicklung liegen“, heißt es bei der Leopoldina.

Digitale Methoden helfen dabei. Sie sind Instrumente, um Risiken zu erkennen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, Innovationen voranzutreiben, nachhaltige Wirkungen zu analysieren.

Was die Digitalisierung hierbei zu tun hat? Sie ist der entscheidende Treiber für diese Transformation der globalen Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit. Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, fordert im Report „Die Welt nach Corona“ ein neues „systemisch-nachhaltiges Denken, das die Wirtschaft als Teilsystem der Gesellschaft versteht und auch die Interdependenzen mit anderen Teilsystemen wie Politik, Wissenschaft, Recht oder Religion untersucht“. Digitale Methoden helfen dabei. Sie sind Instrumente, um Risiken zu erkennen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, Innovationen voranzutreiben, nachhaltige Wirkungen zu analysieren.

Wichtig ist dabei jedoch, dass die digitale Wirtschaft nicht nur den anderen hilft, sondern auch auf sich selbst schaut: Noch sind viele Akteure der digitalen Welt blind für den eigenen CO2-Fußabdruck. Das muss sich ändern. Und es gibt Anzeichen, dass die Digital-Konzerne das Problem in Angriff nehmen: Bei einer Video-Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit kündigte Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung Microsoft Deutschland, Mitte Mai an, der Konzern wolle ab 2030 mit seinen Lösungen mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen als ausstoßen. Bis 2050 wolle Microsoft sogar eine Bilanz aufweisen, nach der das Unternehmen den gesamten Kohlenstoff aus der Atmosphäre beseitigt, den es seit seiner Gründung 1975 ausgestoßen hat. „Ein ehrgeiziger Plan“, sagt Sabine Bendiek, „aber Scheitern ist an dieser Stelle keine Option.“

Crashkurs in Sachen New Work

Die Krise ist der stärkste Digitalisierungsturbo, den wir bisher kennen. Das Digitale hat den Mythos der Zukunft überwunden und ist endgültig im Alltag angekommen.

Aus der Not heraus haben die Deutschen einen Crashkurs in Sachen Digitalisierung der Arbeit und des Lernens hingelegt. Schon nach wenigen Wochen waren die meisten mit Zoom-, Teams-, Slack- oder WebEx-Meetings vertraut. „Hat man über Jahre im Vertrauenskampf zwischen Führungskräften und Beschäftigten die Heimarbeit vermieden, ist diese nun über Nacht zur betrieblichen Realität geworden“, schreibt Harry Gatterer im Report des Zukunftsinstituts. Was für ein Paradigmenwechsel: Beim französischen Autohersteller PSA müssen Mitarbeiter heute nicht mehr begründen, warum sie von zu Hause aus arbeiten wollen – sondern warum sie ins Büro möchten. Höchstens eineinhalb Tage im Büro, sonst im Homeoffice, so lautet die Richtlinie des Konzerns. Wer hätte das noch im Februar dieses Jahres für möglich gehalten? „Dieser Crashkurs hat vielfache Nebeneffekte“, schreibt Harry Gatterer. „Immer mehr wird auch digital vorstellbar. Die Krise ist der stärkste Digitalisierungsturbo, den wir bisher kennen. Das Digitale hat den Mythos der Zukunft überwunden und ist endgültig im Alltag angekommen. Wir reden nicht mehr über die Digitalisierung, wir leben sie.“

Nun gilt es, diesen Schwung in Richtung New Work zu nutzen. Wobei eine Untersuchung des Think-Tanks Energy Factory St. Gallen zeigt, dass diese Schritte nicht automatisch folgen: „Die Nachhaltigkeit dieser Veränderungen ist fraglich“, schreiben die Autoren. So zeige das aktuelle Bild, dass fast „ausschließlich Veränderungen erfolgt sind, die zwangsläufiges Resultat der Corona-Beschränkungen sind, nämlich der Einsatz von digitalen Technologien und Kommunikationsformen sowie Homeoffice und eine sprunghaft gestiegene virtuelle Zusammenarbeit.“ Das Prinzip von New Work lebe jedoch davon, dass die Maßnahmen von einer inspirierenden und vertrauensbasierten Kultur getragen werden. „Nur dann können Menschen in ihrer Arbeit ihr Potenzial nutzen und selbstorganisiert im Team mit ihren Kollegen Dinge gestalten.“

Digitalisierung als Chance für Umwelt und Gesellschaft

Der digitale Wandel und das Entwickeln umweltfreundlicher Technologien sind eine Chance für Gesellschaft und Umwelt. – Das ist das Ergebnis zweier repräsentativer Befragungen der Forsa Politik- und Sozialforschung (Berlin) unter 1.029 Bundesbürgern ab 14 Jahren, die vor und während der Kontaktbeschränkungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie im März und im April 2020 durchgeführt wurden. Im Vergleich zum ersten „DBU-Umweltmonitor: Digitalisierung“ aus dem Jahr 2018 stehen die Bundesbürger dem digitalen Wandel insgesamt positiver gegenüber. Unter den Eindrücken der Pandemie und der Maßnahmen zur Eindämmung haben sich diese Tendenzen noch verstärkt. So sehen 57 Prozent der Befragten in der Digitalisierung eine Chance für die Gesellschaft. Im Vergleich zu den Erhebungen vom März (49 Prozent) und von vor zwei Jahren (44 Prozent) ist das ein deutlicher Anstieg. Diese erhöhte Akzeptanz dürfte auch zu einem weiteren Anstieg an Job-Angeboten für Absolvent*innen führen, die sich mit der digitalen Transformation beschäftigen. Weitere Infos unter: www.dbu.de

Jedoch zeige die Studie, dass durch die Corona-Pandemie bisher kaum Veränderungen von Leadership, Kultur oder Kompetenzentwicklung erzielt worden seien. Viele Unternehmen ließen die Chancen zur digitalen Transformation der Arbeit bisher ungenutzt. „Sie lassen damit nicht nur Potenziale für eine flexiblere und damit marktorientiertere Ausrichtung verstreichen, sondern nehmen auch die erhöhte Belastung ihrer Mitarbeitenden in Kauf.“ Es zeigt sich, dass die Corona-Krise die Diskrepanz zwischen den Unternehmen mit und ohne einer Digital-Work-Kultur noch erhöht. Anders gesagt: Die einen leben Digitalisierung und profitieren – die anderen müssen aufpassen, nicht noch schneller abgehängt zu werden, als gedacht.

Wieder mobil werden – aber smarter

Eine der gravierendsten Folgen des Shutdowns war der Eingriff in die Mobilität: Kaum ein Flugzeug am Himmel, der ÖPNV war auch zur Rush-Hour mit Feiertagsfahrplan unterwegs, die Hauptbahnhöfe verwaist, die Verkehrsnachrichten so kurz wie nie. Ob die Post-Corona-Welt das Mobilitätsniveau von 2019 erreichen wird, ist eine offene Frage. Gut möglich, dass der neue Fokus auf New Work, aber auch eine neue Sensibilität sowie ein gesteigertes Kostenbewusstsein dafür sorgen, dass die Mobilität zwar wieder zulegt, aber keine Rekorde mehr bricht. Klug wäre es, diesen Neustart ins Ungewisse mit den richtigen Impulsen für eine neue Form von Mobilität zu verbinden – einer ökologischen, sozialen und digitalen Mobilität.

„Eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur ist für die Planung und Organisation von Mobilität unabdingbar“, heißt es in einem Positionspapier des Verkehrsclubs Deutschland. Bei der Microsoft-Nachhaltigkeitskonferenz stellte Marion Tiemann, bei Greenpeace für das Thema Mobilität und Klimawandel zuständig, dar, dass der Verkehr in Deutschland spätestens in 15 Jahren CO2-neutral sein müsse, damit Deutschland die vereinbarten Klimaziele von Paris erreicht. „Dabei sind digitale Lösungen, Sharing-Angebote, zentrale Mobilitätsplattformen und Datenpools eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Mobilitätswende“, sagt Marion Tiemann. Im Fokus steht dabei mehr denn je die Gesundheit: Feinstaub in der Luft, stickige Waggons und wenig hygienisches Ticketing werden in Zukunft kritischer betrachtet werden, die Digitalisierung kann zum Beispiel mit Air-Conditioning, Luft-Qualitätsanalysen oder Touchless-Ticketing-Lösungen dafür sorgen, dass ein Grundrecht auf sichere und gesunde Mobilität gewährleistet wird.

Gewusst, wo und wie: Tracing braucht Vertrauen

Bei Tracing-Apps im Kampf gegen das Virus schieden sich von Beginn an die Geister, die einen fabulierten früh vom „App-Heilmittel“, die anderen hielten das Tool für nutzlos. Es gab Verfechter einer Tracing-Pflicht mit ausgehebeltem Datenschutz, aber auch Stimmen, die Tracing nicht generell ablehnten, aber nur, wenn es vollkommen mit den Persönlichkeitsrechten der Nutzer in Einklang zu bringen ist. Unabhängig von dem, was die App letztlich leistet: Was Deutschland durch diese Debatte gewonnen hat, ist ein Zugang zu diesem Thema. Und das ist eine Menge Wert, denn in der Bundesrepublik werden Diskussionen über das Für und Wider digitaler Techniken häufig vor allem unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Beim Thema Tracing gestaltete sich die Debatte anders, alle potenziellen Nutzer machten sich früh ein eigenes Bild, formten daraus persönliche Einschätzungen zu Fragen wie: Wie weit darf der Datenschutz eingeschränkt werden, wenn es darum geht, eine Pandemie in den Griff zu kriegen? Wie weit würde man bei einer freiwilligen App ganz persönlich gehen? Besitzen Länder wie Singapur oder Südkorea mit ihren digitalen Nachverfolgungen von Infektionsketten Vorbildcharakter – oder eher eine abschreckende Wirkung?

Es ist wichtig, dass sich eine Gesellschaft Gedanken zu diesem Thema macht. Digitale Vordenker sollten diese Dynamik nun nutzen, um Tracing-Konzepte weiterzudenken: Ob bei Themen wie Mobilität oder Gesundheit, im Kampf gegen die Erderwärmung oder im weiteren Umgang mit dem Virus, welche Chancen bieten Geodaten und das Tracing, welche Gefahren lauern dahinter? Wie kann man bei den Nutzern Vertrauen aufbauen, wo zieht man die Grenze zwischen Nutzen und Sicherheit, Pflicht und Freiheit? Die Debatte hat begonnen – und sie sollte offen und transparent fortgesetzt werden.

Ethics for Nerds

Seit 2015 wird an der Universität des Saarlandes die von Philosoph*innen und Informatiker*innen gestaltete Vorlesung „Ethics for Nerds“ für Studierende der Informatik und verwandter Fächer angeboten. Hintergrund des Angebots ist, dass Forschungen und Entwicklungen im Bereich der Informatik unsere Gesellschaft auf vielfältige Weise prägen. Viele dieser Wege sind nicht gut, aber die technologischen Errungenschaften könnten auch helfen, viele Probleme zu lösen und das Leben von Millionen und Milliarden Menschen zu verbessern. Daher zielt die Vorlesung darauf ab, den Hörer*innen einen methodischen und/oder philosophischen Hintergrund sowie die dafür notwendigen Kompetenzen zu vermitteln, um ihrer Verantwortung gerecht werden zu können und sie nicht mit den moralischen und gesellschaftlichen Aspekten ihrer Arbeit allein zu lassen.

Buchtipp

Die aktuellen Herausforderungen unseres Landes werden in dem Buch „Der Wettlauf um die Digitalisierung“ systematisch erarbeitet: Kann das „Modell Deutschland“, das als Sozialstaat für attraktive Arbeitsplätze, für Wissenschaft, für freiheitliches Denken und Umweltschutz steht, überhaupt gegen die radikalen Digital-Ansätze in den USA und China erfolgreich Widerstand leisten? In einem umfassenden Spannungsbogen werden historische Entwicklungen technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Natur dargestellt, unsere derzeitigen Infrastrukturen, Managementverfahren und Cyber Security betrachtet und herausragend wichtige Gebiete, deren weitergehende Digitalisierung wettbewerbsentscheidend ist, analysiert. Kai Lucks: Der Wettlauf um die Digitalisierung. Schäffer Poeschel 2020, 89, 95 Euro.

 

 

Der KI-Praktiker Prof. Dr. Wolf-Tilo Balke im Interview

Als Direktor des Forschungszentrums L3S beschäftigt sich der Informatik-Professor Dr. Wolf-Tilo Balke mit der Frage, wie sich Methoden der Künstlichen Intelligenz für Gesellschaft und Wirtschaft einsetzen lassen. Im Interview macht er klar, dass jede KI-Leistung davon abhängt, wie gut der Mensch das System aufgestellt und trainiert hat – was dazu führt, dass dieser Bereich schon jetzt eine Vielzahl an interessanten Job-Perspektiven bietet. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Professor Dr. Wolf-Tilo Balke ist Direktor des Forschungszentrums L3S sowie seit 2008 Professor am Institut für Informationssysteme an der TU Braunschweig. Studiert hat Balke ab 1991 Mathematik in Augsburg, an dieser Uni arbeitete er von 1998 bis 2001 am interdisziplinären Projekt HERON. Seit den 1990er-Jahren forscht er zu Daten und Algorithmen, 2004 stieß er als Associate Research Director zum L3S, zuvor hatte er einen Forschungsaufenthalt an der Universität in Berkeley, Kalifornien, absolviert.

Herr Balke, eine Frage zu Corona. Es gibt Leute, die enttäuscht fragen: Wo bleibt eigentlich der Beitrag der Künstlichen Intelligenz, um diese Pandemie zu beenden? Was erwidern Sie darauf?
Es gibt zahlreiche Projekte weltweit, die mit Hochleistung an intelligenten Verfahren zur COVID-19-Bekämpfung forschen und auch schon Ergebnisse liefern, zum Beispiel Vorhersagen möglicher Wirkstoffe und ihrer pharmazeutischen Eigenschaften. Einerseits sind das Verfahren auf Dokumentenkollektionen wie zum Beispiel der mehr als 60.000 Fachpublikationen umfassende CORD-19-Corpus des Allen Institute For AI in Seattle, andererseits Verfahren, die auf medizinische oder epidemiologische Datensätze zum Beispiel aus dem Forschungsdatenzentrum des Robert Koch Instituts angewandt werden. Der Vorteil liegt hier in der effizienten Verarbeitung und Auswertung massiver Datenmengen, der intelligenten Auswertung sowie Verknüpfung von Fachliteratur und der Zusammenführung von Daten aus heterogenen Quellen.

Wo stößt die Anwendbarkeit dieser Lösungen an ihre Grenzen?
Es gibt natürlich eine Sorgfaltspflicht gegenüber den betroffenen Patienten. Ärzte können nicht einfach ein „von der KI verordnetes“ Medikament einsetzen. In jedem Fall müssen zunächst klinische Studien durchgeführt werden, bei neuen Wirkstoffen ist das ein komplexes Zulassungsverfahren, um unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren. Wenn die Erkenntnisse der KI-Werkzeuge aber auch hier helfen, eine Priorisierung der Tests mit den wahrscheinlich wirksamsten Wirkstoffen zu bewirken, ist schon deutlich mehr erreicht, als wenn man unkoordiniert ausprobieren müsste.

Wo liegt generell das größte Missverständnis unserer Gesellschaft gegenüber Künstlicher Intelligenz?
Ich glaube, diese Frage hängt eng mit Ihrer ersten Frage zusammen. Die Künstliche Intelligenz wird zu oft als Allheilmittel verstanden, nach dem Motto: Ich werfe einfach alle Daten in ein System – und auf geradezu wunderbare Weise sucht die KI genau die für mich interessanten Zusammenhänge heraus, um auf dieser Basis immer die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es ist eine oft bestätigte Faustregel, dass jedes technische System nur so gut sein kann wie der Input. KI-Systeme, die auf der Grundlage veralteter, verzerrter, verfälschter Daten arbeiten, werden die Eigenschaften dieser Daten als Realität ansehen – und deshalb manchmal unfaire oder sogar diskriminierende Entscheidungen ableiten.

Wichtig ist es jetzt, jenseits der üblichen technischen Hypes und politischer Parolen eine solide Infrastruktur zu finanzieren und zukunftsfähige, das heißt umfassend gebildete Fachkräfte an den Universitäten auszubilden.

Die Idee Ihres Forschungszentrums ist es, das Internet an die reale Welt anzubinden. Was muss gewährleistet sein, damit dadurch die reale Welt Vorteile erfährt – und keine Nachteile?
„Nur Vorteile und keine Nachteile“ ist natürlich eine Utopie, das muss durch die Formulierung „deutliche Vorteile bei akzeptablen Nachteilen“ ersetzt werden. Und das L3S arbeitet an genau diesen Problemen. Dazu gehört es, einerseits die Forschung voranzutreiben, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Andererseits ist die Abschätzung der technischen und gesellschaftlichen Folgen eine wesentliche Aufgabe. Denn man kann eben zwar nicht alle Nachteile vermeiden, es sollte aber eine bewusste Entscheidung darüber möglich sein, worauf man sich einlässt und wie man den Rahmen bestmöglich regulieren kann. Wenn wir also durch unsere Forschung Vor- und Nachteile transparent machen und diese dadurch abgewogen werden können, haben wir viel erreicht.

Die aktuelle Pandemie zeigt uns auf, wie weit die Digitalisierung in Deutschland bereits fortgeschritten ist. Wie lautet ihr Urteil des Fortschritts?
Es wurden in Deutschland sicherlich einige Investitionen in die grundlegende digitale Infrastruktur, in die fokussierte Überarbeitung von Unternehmensprozessen sowie in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften versäumt. Allerdings sehen wir auch immer wieder positive Beispiele für Fortschritte in der Digitalisierung. Wichtig ist es jetzt, jenseits der üblichen technischen Hypes und politischer Parolen eine solide Infrastruktur zu finanzieren und zukunftsfähige, das heißt umfassend gebildete Fachkräfte an den Universitäten auszubilden. Ich glaube nicht, dass uns auf diesem Weg einfache Patentrezepte und schnelle Abkürzungen nützen, stattdessen müssen nachhaltige Prozesse an der Basis angesetzt werden. Das erzwingt, alte verkrustete Strukturen aufzubrechen – weshalb das Vorhaben einiges an Zeit und Geld kosten wird.

Wer sich als junge Fachkraft im Bereich der KI tummeln will, welche Kenntnisse und Fähigkeiten sind für diese Person unabdingbar?
Ich glaube, dass hier ein breiter Raum an Möglichkeiten zur Verfügung steht und man diesen mit verschiedenen Fertigkeitsprofilen erschließen kann – und auch muss. Im Zentrum stehen ganz offensichtlich Informatiker, Wirtschaftsinformatiker und Mathematiker, die technische Grundlagen in innovative Produkte, intelligente Prozesse und effektive Unternehmensstrukturen einbringen. Dazu gehört ein tiefes Verständnis der abstrakten technischen Konzepte, ihres Zusammenspiels und ihrer Möglichkeiten – aber eben auch ihrer Grenzen. Mit einfachen Parolen wie „Ab jetzt alles mit KI!“ ist niemandem geholfen, man benötigt das richtige Augenmaß – und dieses setzt ein tieferes Verständnis der Methoden voraus. Ergänzend werden sich auch die Ingenieurwissenschaften und Wirtschaftsingenieure stärker auf die Anwendung intelligenter Verfahren und Softwarekomponenten fokussieren. Da tut sich gerade viel, auch in der Gestaltung der entsprechenden Studiengänge. Dazu sind auch wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Kompetenzen wichtig, um KI erfolgreich und verantwortungsbewusst in verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen einzusetzen. In jedem Fall verdient es gerade dieses Thema, dass man sich tief mit seinem transformativen Charakter auseinandersetzt. Denn nutzt man es nur als Schlagwort, ohne zu verstehen, was es wirklich bedeutet, richtet man am Ende wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen an.

Für Studierende im MINT-Bereich mit einem entsprechenden Fokus auf maschinellem Lernen, Neuronale Netze, Data Mining oder deren Anwendung in Security, Robotik oder Bio-Informatik sehe ich ein breites und wachsendes Feld von Betätigungsmöglichkeiten.

In welchen Bereichen werden in den kommenden Jahren mit Blick auf die KI ganz neue Job-Profile entstehen?
Wir haben in den vergangenen Jahren bereits die Vorboten gesehen: Big Data Analytics, Network Analysis, Data Science – für diese Themen werden in naher Zukunft einerseits Fachkräfte gebraucht, die intelligente Komponenten und Entscheidungsprozesse als Werkzeuge entwerfen und entwickeln. Andererseits werden Fachkräfte gefragt sein, die neue Werkzeuge zusammen mit den veränderten Prozessen in die betriebliche Praxis tragen. Für Studierende im MINT-Bereich mit einem entsprechenden Fokus auf maschinellem Lernen, Neuronale Netze, Data Mining oder deren Anwendung in Security, Robotik oder Bio-Informatik sehe ich ein breites und wachsendes Feld von Betätigungsmöglichkeiten. Wobei auch für Absolventen im rechts-, wirtschaftsund sozialwissenschaftlichen Bereich mit einem klar technologie-orientierten Fokus große Karrierechancen entstehen werden.

Noch ein Blick in die technische Zukunft: Welche Entwicklungsschritte werden KI-Methoden machen müssen, damit sie noch stärker als heute im Dienst für Mensch und Gesellschaft arbeiten?
Ja, das ist in der Tat die große Frage. Das Potenzial selbstlernender KI-Technologien ist unglaublich, und ich bin sicher, dass viele der derzeitigen Probleme in den Griff zu bekommen sind. Darunter fallen zum Beispiel die mangelnde Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit KI-basierter Entscheidungen, die Verlässlichkeit und Stabilität intelligenter Werkzeuge, Probleme der Robustheit und Anwendungssicherheit, aber auch Dinge, an die man nicht sofort denkt, wie zum Beispiel ethische Herausforderungen, die sich bei zunehmend autonomen Systemen ergeben. Es wird also auch in den nächsten Jahren noch jede Menge zu tun geben!

Zum Forschungszentrum

Das L3S als gemeinsame zentrale Einrichtung der Leibniz Universität Hannover und der Technischen Universität Braunschweig arbeitet mit rund 150 Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen daran, den digitalen Wandel zu erforschen, um aus den Erkenntnissen Handlungsoptionen, Empfehlungen sowie Innovationsstrategien für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft herzuleiten. Dazu gehört es einerseits, die Forschung voranzutreiben, um somit international konkurrenzfähig zu bleiben. Andererseits steht auch die Abschätzung der technischen und gesellschaftlichen Folgen im Fokus, insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus der Soziologie oder den Rechtswissenschaften.

www.l3s.de

Digitale Technologien am Bau

Bauen ist komplex. Außedem handelt es sich bei den meisten Bauten um Unikate. Da ist die Einführung von digitalen Standards eine besondere Herausforderung. Doch die Digitalisierung schreitet auch am Bau voran, unterschiedlichste Technologien finden Einzug – allen voran Building Information Modeling. Von Christoph Berger

BIM, also Building Information Modeling, Drohnen für die Vermessung, Erkundung und Bauwerksüberwachung, Sensortechnik für ein Dauermonitoring von Brücken, Roboter, die „eigenständig“ Wände mauern, Laserscanning, Häuser, die mit 3D-Druckverfahren gebaut werden, Blockchain-Technologie für ein automatisiertes und transparentes Vertrags- und Rechnungsmanagement, der Baustoffhandel, der seine Produkte mehr und mehr um BIM-Daten ergänzt und auch Bauwerke, die selbst smart sind, wie zum Beispiel der Cube Berlin, ein mit modernster Technik ausgestattetes Bürogebäude: Der Digitalisierung im Baubereich sind keine Grenzen gesetzt, die zur Verfügung stehenden Technologien finden nach und nach Einzug in die Branche mit entsprechenden Adaptionen.

Positionspapiere der Bauindustrie zur Digitalisierung in den drei Bausparten

  • BIM im Hochbau
  • BIM im Straßenbau
  • BIM im Spezialtiefbau

Vor fünf Jahren sah die Bauwelt hingegen noch anders aus. Damals schrieb der ehemalige Bundesminister Alexander Dobrindt im Vorwort des 2015 vorgestellten „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“: „Um diese Potenziale in Deutschland zu heben, brauchen wir eine neue digitale Planungs- und Baukultur.“ Die zu hebenden Potenziale sah er bei der Qualität, Effizienz und Schnelligkeit im Bereich der Kompetenzen wie Produktion, Planen und Bauen. Durch digitale Technologien könnten beim Bau von Großprojekten „eine frühzeitige Vernetzung, enge Kooperationen und eine intensive Kommunikation aller Beteiligten“ sichergestellt werden, so sein Plan. Verschiedene Planungsvarianten könnten frühzeitig visualisiert, Prozesse standardisiert, Transparenz hergestellt, eine realistische Risikokalkulation erreicht und Bauzeiten sowie Baukosten erheblich reduziert werden.

BIM ist eine Methode

Nun, genauer gesagt Ende dieses Jahres, soll das in dem Stufenplan aufgezeigte Leistungsniveau 1 erreicht sein. Dies beschreibt die Mindestanforderungen, die dann in allen neu zu planenden Projekten – es geht um die Vergabe öffentlicher Aufträge für den Bundesinfrastrukturbau und den infrastrukturbezogenen Hochbau – mit BIM erfüllt werden sollen. Und an BIM hängt viel. Einige der anderen digitalen Technologien lassen sich hervorragend mit BIM kombinieren. Auch wenn BIM oftmals mit Software gleichgesetzt wird, durch deren Einsatz alle an einem Bauprojekt Beteiligten Zugriff auf das digitale Modell eines Bauwerks haben, steckt weit mehr als Technik dahinter.

Bei BIM geht es um eine Methode, um vernetztes und kollaboratives Arbeiten. Dobrindt spricht nicht umsonst von einer neuen Planungs- und Baukultur. Und diese Methode zieht sich über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks: angefangen bei der Planung, über die Ausführung und den Betrieb bis hin zum Rückbau. All die Phasen werden mit digitalen Technologien und Prozessen dargestellt. Statt der voneinander getrennten Arbeitsweise von Projektplanern, den ausführenden Bauunternehmen sowie schließlich den späteren Betreibern, füllen bei BIM alle Projektbeteiligten den digitalen Zwilling mit relevanten Informationen. Heraus kommt dann ein mehrdimensionales Modell, das über das 3D-Modell mit einem räumlichen Körper hinausgeht.

Erweitert werden kann dieses Modell um die Dimensionen Zeit, Kosten, Nachhaltigkeit und Effizienz. Oder auch um die für das Facility Management erforderlichen Informationen. Letztlich können noch weitere Aspekte Berücksichtigung finden, sodass man nicht mehr nur von 3D, 4D, 5D und so weiter sprechen kann, sondern von nD. Das Zusammenbringen sämtlicher Informationen in einem Modell bedeutet zudem auch, dass die zahlreichen Aktenordner mit Plänen, Verträgen etc., die bisher über die Büros der Beteiligten verteilt waren, nun an einem Ort zu finden sind: im BIM-Modell.

Doch dies ist längst nicht der einzige Vorteil, den ein solches Digital-Modell mit sich bringt. Offensichtlich ist da zum einen die visuelle Darstellung des Bauwerks. Durch die räumliche Betrachtung werden Bauwerke vorstell- und erlebbar. Ein anderes ausschlaggebendes Argument für BIM ist die mit der Methode einhergehende Transparenz, da sich jede Datenänderung direkt auf das gesamte Modell auswirkt, das Modell durch jede neue Eingabe aktualisiert wird. Und wenn jede Änderung sichtbar wird, zeigt sich auch deren Auswirkung. So werden Korrelationen vermieden, die Kosten bleiben unter Kontrolle und auch die Bauabläufe können besser aufeinander abgestimmt werden – um nur einige damit zusammenhängende Punkte zu nennen.

Zertifizierte Weiterbildungen

Trotz der kooperativen Arbeitsweise braucht es auch bei der BIM-Methode eine Koordination für die Zusammenarbeit – ähnlich wie dies in agilen Projekten notwendig ist. BIM-Manager, BIMKoordinatoren oder BIM-Modellierer sind neue Rollenbilder, die im Zusammenhang mit BIM entstanden sind. Die nötigen Jobkompetenzen zu diesen Jobprofilen können in zertifizierten Weiterbildungen erworben werden. Das Kompetenznetzwerk für digitales Planen, Bauen und Betreiben von Bauwerken, Building Smart Deutschland, hat gemeinsam mit dem Verein Deutscher Ingenieure VDI einen Standard für BIMKenntnisse entwickelt. Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung können ihre Programme über das Netzwerk zertifizieren lassen. Damit erhalten Teilnehmer die Sicherheit, dass ihre erworbenen BIM-Kenntnisse einem weltweit abgestimmten Standard entsprechen.

BIM-Weiterbildungen

Anbieter finden, die sich über Building Smart haben zertifizieren lassen.
BIM-Institut an der Bergischen Universität Wuppertal
BIM Deutschland – Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens

 

Forschungsprojekte für die Digitalisierung am Bau

SDaC – Smart Design and Construction
Bauen 4.0 – Digitalisierung auf derBaustelle
Bauen 4.0 – Effizienz & Produktivitätssteigerung durch Vernetzung & Kommunikation mobiler Maschinen
BIMcontracts
Autonom arbeitende Maschinen im Straßenbau 4.0 – ROBOT-Straßenbau 4.0

Und wie ist es um den BIM-Einsatz in deutschen Unternehmen bestellt? Laut Ergebnissen der im Dezember 2019 veröffentlichten Studie „Zukunft Bau – Beitrag der Digitalisierung zur Produktivität in der Baubranche“, die das ZEW Mannheim im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) erstellt hat, hinkt die deutsche Baubranche im Vergleich zu anderen Branchen und im internationalen Vergleich beim Einsatz digitaler Technologien zum Teil noch hinterher. Wobei es hier um den generellen Einsatz digitaler Technologien und nicht ausschließlich um BIM geht. Doch die Studienautoren monieren, dass die Baubranche bislang wenig in Digitalisierungsprojekte investiere und sich dann oftmals auf den Einsatz grundlegender digitaler Lösungen wie die der elektronischen Rechnungsstellung oder CAD-Anwendungen (genutzt von 38,5 bzw. 36,2 Prozent der Unternehmen in der Baubranche inklusive Planungsbereich) beschränke. Bauspezifische Technologien wie 3D-Scanner oder virtuelle Realität werden dagegen eher selten genutzt (2,8 bzw. 7,5 Prozent der Unternehmen).

Als zentrale Hemmnisse für die erfolgreiche Umsetzung von Digitalisierungsprojekten gelten der zu hohe finanzielle (62,4 Prozent der Unternehmen) und zeitliche (61,5 Prozent) Aufwand, der mit Digitalisierungsprojekten einhergeht. Als hinderlich werden von der Mehrzahl der befragten Unternehmen weiterhin zu strikte Datenschutzregeln (57,5 Prozent), der unzureichende Breitbandausbau (55,6 Prozent) und fehlende Standards und Schnittstellen (54,9 Prozent) wahrgenommen. Die Studie legt andererseits aber auch dar, dass die Baubranche die Potenziale der Digitalisierung für ökonomische Erfolgsvariablen wie Wettbewerbsfähigkeit, Innovationsfähigkeit oder Arbeitsproduktivität erkannt hat. Dies werde daran ersichtlich, dass deutlich mehr Unternehmen für die Zukunft positive Auswirkungen der Digitalisierung erwarten.

Gebündelte BIM-Kompetenzen

Damit noch mehr Unternehmen der Baubranche auf die Vorteile der Digitalisierung setzen, hat im Januar 2020 das nationale Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens „BIM Deutschland“ seine Arbeit aufgenommen. Das Zentrum führt Aktivitäten, Erkenntnisse und Erfahrungen zum Einsatz von BIM auf nationaler und internationaler Ebene zusammen und stellt dieses Wissen der gesamten Wertschöpfungskette Bau zur Verfügung. Dazu entwickelt BIM Deutschland Handlungsempfehlungen, einheitliche Vorgaben für öffentliche Auftraggeber des Bundes, eine Normungsstrategie sowie Konzepte für BIM-spezifische Aus- und Fortbildung.

Kernstück ist die Einrichtung eines BIM-Portals, das die gewonnene Expertise vermittelt und das Vorlagen für die vereinfachte Nutzung der BIM-Methode enthält. Allen Anwendern im Bau werden dort breit gefächerte Informationen, Muster, Vorgaben und Werkzeuge zur Verfügung gestellt. Nicht unerwähnt soll aber auch bleiben, dass manches Bauunternehmen bereits heute voll auf BIM setzt. Die dazu nötigen Erfahrungen wurden in aufwändig und durchgängig mit BIM durchgeführten BIM-Pilotprojekten gesammelt, sodass BIM-Know-how gestärkt und die nötigen Prozesse aufgebaut werden konnten. Sukzessive wurde BIM so mehr und mehr in den Projekten ausgeweitet.

Forschungsprojekte in vielen Technologiebereichen

Auch wenn die BIM-Methode mit Sicherheit eines der Hauptinstrumente bei der digitalen Transformation der Bauwirtschaft darstellt, beinhaltet die Digitalisierung des Bauens noch einige mehr Technologien als BIM. In einer Machbarkeitsstudie beispielsweise entwickelten Wissenschaftler der TU München zusammen mit Unternehmen eine Augmented Reality-Anwendung für Baggerfahrer. Dabei werden den Baumaschinenführern die für ihre Arbeit notwendigen Daten in Form von Hologrammen genau dort angezeigt, wo sie gebraucht werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die intelligenten Ortungssysteme eines Baggers, die mit Satellitenunterstützung arbeiten, die genaue Position und Drehung des Baggers und seiner beweglichen Teile bestimmen können. Man kann die digitalen Daten an den gewünschten Orten platzieren, wodurch ein Baggerfahrer zum Beispiel beim Betrachten einer Grube direkt sehen kann, wie tief und wie weit er noch graben und in welchem Radius er den Baggerarm schwenken darf. Die Mixed Reality wird dabei mithilfe der Mixed-Reality-Brille Holo-Lens eingesetzt.

Mittelstand 4.0

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen unterstützt kleine und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe bei der Digitalisierung und beim Einstieg in Building Information Modeling (BIM).

Mobile Roboter

Husky A200 heißt die mobile Roboterplattform, mit der erforscht wird, wie künftig mobile Plattformen autonom über Baustellen fahren und Lasten transportieren können. Der rollende Roboter ist eines von vielen Projekten, mit denen das Fraunhofer Italia Innovation Engineering Center die Digitalisierung im Bauwesen vorantreibt und eine Brücke zwischen Robotik und Bauwirtschaft schlagen will.

Um selbstfahrende Bagger, ein kabelloses 5G-Netzwerk mit Baustellencloud und intelligente Werkzeuge geht es in einem gemeinsamen Projekt der TU Dresden mit mehr als 20 Partnern. Mit neuen Maschinen- und Kommunikationstechnologien will man eine vollständig vernetzte Baustelle einrichten. Das Projekt hat Pilotcharakter, heißt es, da es erstmals den kompletten Kommunikationsweg erforscht – von der Bau- und Prozessplanung über die Baustellenlogistik bis hin zur Maschine. Hierfür werden neue Technologien entwickelt und schlussendlich im realen Baustellenumfeld erprobt.

Im Forschungsprojekt SDaC – Smart Design and Construction sollen mithilfe einer neuen KI-Plattform die Weichen für ein digitales und vernetztes Datenmanagement in der Bauwirtschaft gestellt werden. „Die Bauwirtschaft ist eine der wichtigsten Branchen in Deutschland und stellt für alle gesellschaftlichen Bereiche die notwendige Infrastruktur zur Verfügung“, so Professor Shervin Haghsheno, Leiter des Instituts für Technologie und Management im Baubetrieb des KIT und wissenschaftlicher Leiter des Forschungsprojektes SDaC. „Mit der Entwicklung und Erprobung von Anwendungen der Künstlichen Intelligenz über unseren Plattformansatz möchten wir ein neues Ökosystem für innovative Produkte und Dienstleistungen schaffen und einen Beitrag dazu leisten, dass die Akteure in der Wertschöpfungskette Bau ressourcenschonender und effektiver arbeiten können.“ Auf der geplanten Plattform sollen die Metadaten aus Bauprojekten unternehmensübergreifend verknüpft und miteinander verglichen werden, so dass auch für klein- und mittelständische Unternehmen valide Prognosen möglich sind. Hierfür liefern die Praxispartner Daten aus mehr als 16.500 Bauprojekten. Technologiepartner mit entsprechendem Expertenwissen entwickeln die Plattform und die Anwendungen.

Expert*innen für Digitales

Und was bedeuten all die technologischen Entwicklungen für Absolventinnen und Absolventen? So breit die Palette der Anwendungen, so weit gefächert ist die Suche nach entsprechenden Experten – jeweils gepaart mit dem jeweiligen Technologiewissen. Für die Entwicklung von BIM-Software werden beispielsweise Anwendungs- und Softwareentwickler, Implementierungsexperten und Datenbankadministratoren gesucht – meist mit einem Bauingenieurstudium als Basis. Denn sollen zum Beispiel Softwarelösungen für den Brückenbau entwickelt werden, braucht es auch tiefgehende Kenntnisse im konstruktiven Ingenieurbau und Betonbau. Die Bauunternehmen selbst setzen auf Bauingenieure mit entsprechendem ITWissen sowie auf Weiter- und Fortbildungen, um die Digitalisierung voranzutreiben. So werden beispielsweise Einarbeitungsprogramme für Jungbauleiter angeboten, in denen es neben den Fach- auch EDV- und Methodenschulungen geben wird. So lässt sich prinzipiell resümieren: Jetzt werden die Weichen für die Zukunft des Bauens gestellt.

Buchtipp: Technophoria

Feuilleton-Redakteur Niklas Maak hat einen Roman zu den großen Fragen unserer Zeit geschrieben: Technophoria. Darin arbeitet Turek für eine Firma, die Smart Cities baut. Sein Chef ist besessen von einem alten Plan: Wenn es gelänge, die ägyptische Qattara- Senke mit Wasser aus dem Mittelmeer zu fluten, könnte man den Meeresspiegel senken, den Klimawandel bremsen – und Milliarden verdienen. Technophoria erzählt von den Schönheiten und Absurditäten der digitalen Welt, von Menschen, die an der Zukunft bauen oder ihr zu entkommen versuchen. Ein scharfer Blick auf eine Gesellschaft, die ihre Freiheit für Komfort und Sicherheit aufgegeben hat, und eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die um die ganze Welt führt, zu Gorillas und Robotern, in anarchistische Kommunen, sprechende Häuser und Serverfarmen – und zu Menschen, die ihr Leben so wenig auf die Reihe bekommen wie die Liebe. Niklas Maak: Technophoria. Hanser 2020, 23 Euro.

 

 

Digital Life Kultur-, Buch- und Linktipps

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EXPEDITION ANTHROPOZÄN

Sechs Mitglieder der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina brachen im Februar 2020 zu einer Expedition auf. Sie begaben sich auf die Suche nach den Spuren des Menschen in seiner Umwelt. Dabei folgten sie den Spuren Alexander von Humboldts in Ecuador und untersuchten mit Methoden der Glaziologie, Biologie, Chemie, Klangökologie, Informatik und Medizin die menschlichen Einflüsse in verschiedenen Höhenlagen und Vegetationszonen. Nachzulesen sind die Reiseberichte im eigens dafür eingerichteten Blog.

NERDS RETTEN DIE WELT

Permanent sind wir mit Meldungen aus aller Welt konfrontiert, die wir weder einordnen noch anständig bewerten können. Und zum Handeln befähigen sie uns auch nicht. Was soll man gegen den aufkommenden Faschismus tun? Gegen schmelzende Gletscher? Gegen Überwachung und Verknappung des Wohnraums? Sibylle Berg versucht es in Gesprächen mit Wissenschaftler*innen herauszufinden. Während der Arbeit an ihrem Roman »GRM« sprach Sibylle Berg über zwei Jahre hinweg mit Expert*innen aus den verschiedensten Disziplinen – mit Systembiolog*innen, Neuropsycholog*innen, Kognitionswissenschaftler*innen, Meeresökolog*innen, Konflikt- und Gewaltforscher*innen. Über den Zustand in ihren Fachgebieten. Und über Ideen für eine Zukunft, die sich nicht wie ein Albtraum ausnimmt. Sibylle Berg: Nerds retten die Welt. Kiepenheuer&Witsch 2020, 22 Euro.

TOOLS AND WEAPONS – DIGITALISIERUNG AM SCHEIDEWEG

Die Digitalisierung ist einer der definierenden Trends unserer Zeit. Informationstechnologien entwickeln sich dabei zugleich zu mächtigen Werkzeugen, bergen aber auch ernstzunehmende Risiken. Neben vielen positiven Errungenschaften konfrontiert sie unsere Gesellschaften jedoch auch mit existenziellen Bedrohungen wie der Gefahr durch Cybercrime, Eingriffe in die Privatsphäre und Angriffe auf demokratische Prozesse. Brad Smith, Präsident von Microsoft, und Carol Ann Browne, Senior Director of External Relations and Communications bei Microsoft fordern von allen Unternehmen, Organisationen und Regierungen, jetzt zu handeln und die Weichen so zu stellen, dass Künstliche Intelligenz und andere Technologien nicht zu Missbrauch, sondern in eine gute Zukunft für uns alle führen.

3D-GEBÄRDENSPRACH-AVATAR

Foto: Charamel GmbH
Foto: Charamel GmbH

Barrierefreie digitale Kommunikation für Menschen mit Behinderung vereinfacht deren Alltag und gewährleistet ihre gesellschaftliche Teilhabe. In dem vom BMBF geförderten Verbundprojekt AVASAG (steht für Avatarbasierter Sprachassistent zur automatisierten Gebärdenübersetzung) arbeiten sechs Partner aus Forschung und Entwicklung unter der Leitung der Firma Charamel an einem echtzeitgesteuerten 3D-Gebärdensprach-Avatar zur automatischen Übersetzung deutscher Texte in Gebärdensprache. So entsteht im Projekt eine völlig neuartige Gebärdenanimations-Methode für 3D-Avatare.

ERTASTBARE VIRTUELLE WELTEN

Ein Spaziergang im Wald: Man fühlt das weiche Moos unter den Füßen, merkt, wie beim Auftreten morsche Äste und Zweige zerbrechen, spürt die knorrige Rinde eines Baumes. Eindrücke wie diese werden über den Tastsinn wahrgenommen und blieben digitalen Welten daher bislang verwehrt. Paul Strohmeier, Informatiker an der Universität des Saarlandes, hat nun ein neues Verfahren entwickelt, das derlei haptische Sinneseindrücke künstlich erzeugen kann. Damit werden Virtual Reality und die „erweiterte Realität“ im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar. Für seine Dissertation zu diesem Thema ist Strohmeier von der weltgrößten Fachkonferenz für Human-Computer-Interaction ausgezeichnet worden. Weitere Infos unter: https://hci.cs.uni-saarland.de

BEUTE, ERNTE, ÖL

Die meisten Menschen heutzutage halten Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter für eine gute Sache und sprechen sich gegen Gewalt und Ungleichheit aus. Aber bevor sich solche Auffassungen und die damit verbundenen Wertvorstellungen allmählich im 19. Jahrhundert herausbildeten, galten 10.000 Jahre lang genau gegenteilige grundsätzliche Annahmen und andere Werte. Woran liegt das? An unseren Energiequellen, sagt Ian Morris, Professor für Geschichte und Archäologie an der University of Chicago und der Stanford University. Diese würden unsere Gesellschaft wie nichts sonst formen. Was kommt auf die Menschheit nach dem Ende der fossilen Ära zu? Ian Morris: Beute, Ernte, Öl. DVA 2020, 26 Euro.

DIGITAL. VIRTUELL. POSTHUMAN?

Wie sieht die Schnittstelle von Mensch und Maschine künftig aus? Was wird es heißen, menschlich zu sein? Wie wird sich der Horizont menschlicher Erfahrung verändern? Diesen Fragen widmet sich der Kunstforum-Themenband in seiner Januar/Februar 2020-Ausgabe mit dem Titel „Digital. Virtuell. Posthuman?“. Darin versammelt finden sich die relevantesten neuen Bilder, Thesen und Ideen zum Thema – es wird ein Überblick über die gegenwärtig entstehenden, bildkünstlerischen Ansätze gegeben und die zentralen Fragen zu Digitalität, Tendenzen in Trans- und Posthumanismus, politischem Embodiment, Aktivismus und Netzkultur gestellt. Weitere Infos unter: www.kunstforum.de/band/2019-265-digital-virtuell-posthuman-neue-koerper-in-der-kunst

ALLEGRO PASTELL

Leif Randt erzählt vom Glück. Von Tanja und Jerome, von Wirklichkeit und Badminton, von idealen Zuständen und den Hochzeiten der anderen. Eine Lovestory aus den späten Zehnerjahren. Tanja Arnheim, deren Debütroman PanoptikumNeu Kultstatus genießt, wird in wenigen Wochen dreißig. Mit Blick auf den Berliner Volkspark Hasenheide wartet sie auf eine explosive Idee für ihr neues Buch. Ihr fünf Jahre älterer Freund, der gefragte Webdesigner Jerome Daimler, bewohnt in Maintal den Bungalow seiner Eltern und versucht sein Leben zunehmend als spirituelle Einkehr zu begreifen. Die Fernbeziehung der beiden wirkt makellos. Sie bleiben über Text und Bild eng miteinander verbunden und besuchen sich für lange Wochenenden in ihren jeweiligen Realitäten. Jerome und Tanja sind füreinander da, jedoch nicht aneinander verloren. Eltern, Freund*innen und depressive Geschwister spiegeln ihnen ein Leid, gegen das Tanja und Jerome weitgehend immun bleiben. Doch der Wunsch, ihre Zuneigung zu konservieren, ohne dass diese bieder oder schmerzhaft existenziell wird, stellt das Paar vor eine große Herausforderung. Allegro Pastell ist die Geschichte einer fast normalen Liebe und ihrer Transformationen. Ein Roman in drei Phasen, beginnend im Rekordfrühling 2018. Leif Randt: Allegro Pastell. Kiepenheuer&Witsch 2020, 22 Euro.

Das letzte Wort hat: Dr. Christine Radomsky, Internetunternehmerin, Autorin und Coach

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Immer wieder heißt es, für die Digitalisierung brauche es Digital Natives. Doch was ist unter dem Begriff eigentlich zu verstehen? Softwareingenieurin Dr. Christine Radomsky zeigt, welchen Vorteil Digital Natives in diesen Zeiten der Transformation haben. Die Fragen stellte Sabine Olschner

Dr. Christine Radomsky, Foto: Anette Hammer
Dr. Christine Radomsky, Foto: Anette Hammer

Dr. Christine Radomsky war lange Jahre Softwareingenieurin und Teamleiterin in Großkonzernen und hat die Digitalisierung mitgestaltet. Heute ist sie Internetunternehmerin und arbeitet als Coach mit Menschen, die sich in einem beruflichen Umbruch befinden.

Frau Dr. Radomsky, was sind eigentlich Digital Natives?
Den Begriff hat zuerst ein Bildungsberater aus den USA im Jahr 2001 verwendet. Er hat die verschlechterten Schulleistungen darauf zurückgeführt, dass die Schüler mit dem PC und dem Internet aufgewachsen sind, im Gegensatz zu den älteren Jahrgängen. So entstand die Bezeichnung Digital Natives. Später hat jemand anders definiert, dass Digital Natives all diejenigen sind, die ab 1980 geboren sind. Wenn Soziologen aber genauer hinschauen, stellen sie fest, dass die digitale Fitness nur bei einem Teil dieser jungen Leute vorhanden ist. Die Generation vor ihnen, also auch diejenigen, die das Internet erfunden haben, werden übrigens Digital Immigrants genannt, weil sie die Digitalisierung erst als Erwachsene kennengelernt haben.

Digital Natives sollten also eigentlich schon mit der Digitalisierung vertraut sein. Was kann für sie in Zukunft noch neu sein?
Künftig werden neue Algorithmen, Systeme mit künstlicher Intelligenz, Roboter, 3D-Drucker und weitere Digitaltechnologien, die wir heute noch gar nicht kennen, immer mehr Branchen erobern. Bei der digitalen Transformation, der Digitalisierung im weiteren Sinne, geht es hingegen nicht nur um digitale Technologien und Produkte, sondern auch um die Form der Arbeit und der Führung, um den Einfluss auf die Gesellschaft. Und das ist für alle neu und unbekannt.

Was bedeutet die Digitalisierung für die neue Art der Führung?
Die Führung der Zukunft heißt: schlanke Strukturen, Hierarchieabbau und Führung mit Vertrauen, also auf Augenhöhe. Das heißt konkret: Es werden weniger Führungskräfte gebraucht, und sie werden Macht abgeben müssen. Stattdessen müssen sie die Bedingungen dafür schaffen, dass die Beschäftigten innovative Produkte schaffen und gut zusammenarbeiten. Außerdem wird jeder in Zukunft eine Führungskraft sein – und zwar führt sich jeder selbst. Bei der Selbstführung hinterfragt man sich ständig: Was sind meine Werte, was brauche ich, wozu kann ich etwas beitragen?

Was haben flache Hierarchien und Führung auf Augenhöhe mit der Digitalisierung zu tun, das könnte doch auch alles gut ohne Digitalisierung funktionieren?
In der Tat: Wenn es keine Digitalisierung gäbe, wären das auch sehr schöne Führungsmodelle, die mehr Menschlichkeit an den Arbeitsplatz bringen würden. Aber die Digitalisierung zwingt uns dazu, unsere Arbeitsweise zu verändern. Die Digitalisierung und die Globalisierung haben zu einer riesigen Komplexität der Welt geführt. Alles ist mit allem vernetzt, alles geht immer schneller. Der Wandel ist enorm. Die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung sind oft nicht mehr eindeutig. Früher hatte der Chef eine gute Idee, und die Leute an der Basis haben die Idee ausgeführt. Wenn eine Firma heute am Markt bestehen will, bei dieser wahnsinnigen Geschwindigkeit und bei dem Konkurrenzdruck, dann muss sie ganz einfach das Potenzial von möglichst vielen Mitarbeitenden nutzen. Und das klappt nur, wenn die Leute auch gesehen und wertgeschätzt werden, wenn sie auf Augenhöhe geführt werden und Gestaltungsraum für selbstorganisierte Zusammenarbeit finden.

cover digital nativesChristine Radomsky: Willkommen in der Welt der Digital Natives. Redline Verlag 2019. 17,99 Euro

karriereführer consulting 2020.2021 – Die andere Zukunft

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Die andere Zukunft

Durch die Pandemie verstärken sich Businesstrends, die auch schon vorher zu beobachten waren. Zwar ist die Situation für Gesellschaft und Wirtschaft dramatisch. Doch zeichnet sich eine Zukunft ab, die zwar alles andere als normal sein wird, den Consultants aber eine Menge Möglichkeiten gibt, positiv auf die Perspektive ihrer Kunden einzuwirken.