Karrierekongress WoMenPower

Bereits zum 13. Mal treffen sich am 29. April rund 1400 weibliche Fach- und Führungskräfte sowie Young Professionals und Studierende mit Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft in Hannover, um sich im Rahmen des Karrierekongresses WoMenPower auf den neuesten Stand der Themen Arbeitsmarkt und Karriere zu bringen.

Der eintägige Kongress steht vor allem für neue berufliche Impulse, individuelle Weiterbildung und Networking. Unter dem Motto „Arbeitswelt 4.0 – Karrierekulturen im Wandel“ bietet er rund 40 Workshops, Vorträge und Diskussionsrunden zu Karrierefragen, Erfolgsstrategien und innovativen Arbeitsformen. Bei der Eröffnung des Kongresses gibt es Vorträge von hochkarätigen Sprechern, unter anderem von EU-Kommissarin Marianne Thyssen und dem ehemaligen Telekom-Vorstand und Vordenker Thomas Sattelberger. Das Programm ist thematisch in vier Schwerpunkte gegliedert:

Kompetenzen im Beruf
Die Workshops vermitteln Impulse zur Weiterentwicklung persönlicher Kompetenzen und praktische Tipps für den Berufsalltag. So gibt es neben Rhetorik, Stimmtraining oder Konfliktmanagement z.B. auch Workshops zu Design Thinking oder Datenschutz am Arbeitsplatz.

Führung und Karriere
Die Angebote richten sich an alle, die spezifische Leadership-Skills erwerben möchten. Behandelt werden Fragen wie: Führe ich oder lasse ich mich führen? Wie ändert der digitale Wandel die Anforderungen an Führungskräfte? Wie können weibliche Führungskräfte die Unternehmenskultur verändern?

Beruf und Leben
Dieser Bereich befasst sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und dem systematischen Weg einer beruflichen Lebensplanung. Themen sind u.a. Karriere in Teilzeit, kreatives Zeitmanagement für berufstätige Eltern, Karriere 50+ und Existenzgründung.

Arbeitswelt im Wandel
Dieser Themenblock thematisiert die aktuellen arbeitspolitischen Fragen und Herausforderungen der Arbeitswelt. Diskutiert werden Themen wie die Frauenquote, kulturelle oder Generationen-Diversity ebenso wie Fragen nach Sinnstiftung und Wegen in ein glückliches Unternehmen.

Neben den Workshops wird Networken auf der WoMenPower groß geschrieben. Ein erstes Kennenlernen kann bereits am Vorabend des Kongresses auf der Networking-Night erfolgen. Abgerundet wird das Programm von einer begleitenden Ausstellung mit rund 70 Unternehmen, Institutionen, Netzwerken und Verbänden sowie Beratern und Coaches. Die Aussteller informieren über Berufsperspektiven, Karrierechancen und Förderprogramme, bieten Kurzcoachings, Zeugnis- und Lebenslauf-Checks und vieles mehr.

Produkte für eine bessere Welt

Anna Lütje ist 25 Jahre alt, macht gerade ihren Master in Nachhaltigkeitswissenschaft, ist Mutter einer kleinen Tochter und hat gemeinsam mit Nikita Kornev, 29, einen Onlineshop gegründet: Cradlelution. Das erklärte Ziel der beiden Gründer: Eine gesunde und bunte Welt ohne Abfall. Alle Produkte, die sie verkaufen, folgen dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, sind fair, nachhaltig, transparent, positiv und nützlich. Dieses Prinzip begeistert nicht nur die zahlreichen Unterstützer der Crowdfunding-Kampagne, die den Shop finanziell ermöglicht haben, sondern auch Superstar Brad Pitt, der in New Orleans Cradle-to-Cradle-Wohnungen baut. Von Kerstin Neurohr

Bücher, Bekleidung oder Gebrauchsgegenstände wie Stifte, Putzmittel und Toilettenpapier – sie tragen alle das Cradle-to-Cradle (C2C)-Siegel, eines der am strengsten zertifizierten Siegel weltweit. „Ich wurde immer wieder gefragt, wo man die zertifizierten Produkte denn kaufen kann – unser Shop ist die Antwort darauf. Alles, was wir anbieten, entspricht dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Und viele zertifizierte Produkte machen wir in Deutschland erstmals verfügbar“, erklärt Anna Lütje.

Der Verein Cradle to Cradle ist in über 20 Regionalgruppen in ganz Deutschland gegliedert. Die Mitglieder informieren über das Konzept, halten Vorträge, veranstalten Workshops und einen Kongress.
http://c2c-ev.de
www.facebook.com/C2C.eV.

Der C2C-Kongress findet 2016 bereits zum dritten Mal statt, und zwar am 24. September in Lüneburg.
www.c2c-kongress.de

Sie lebt in Lüneburg, ist 25 Jahre alt und Mutter einer kleinen Tochter. Den Bachelor als Umweltschutzingenieurin hat sie bereits in der Tasche. Derzeit macht sie ihren Master in Nachhaltigkeitswissenschaft, die Promotion hat sie bereits im Blick. Ihr Kompagnon, der vier Jahre ältere Nikita Kornev absolviert ein Studium Individuale mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeitswissenschaften, Umwelt- & Industrietechnik. Mit ihm hat sie die Idee zum Shop entwickelt, eine Crowdfunding-Kampagne gestartet und mit den mehr als 8.000 Euro, die gespendet wurden, die Idee in die Tat umgesetzt.

Die Produkte, die die beiden Studierenden verkaufen, folgen dem Vorbild der Natur: Es entsteht kein Abfall, sondern alles zirkuliert als Nährstoff in Kreisläufen. Statt von der Wiege bis zur Bahre (also von der Produktion bis zum Zustand als Müll) werden Produkte von der Wiege bis zur Wiege gedacht. Die kompletten Produkte beziehungsweise ihre Bestandteile sind sortenrein trennbar designt. So können sie entweder in einen biologischen oder technischen Kreislauf zurückgeführt werden, also biologisch abgebaut oder wiederverwendet werden.

Dabei gelten drei Grundprinzipien. Erstens: Abfall ist Nahrung oder Nahrung ist Nahrung. Alles wird zu Nahrung oder Nährstoffen für etwas anderes. Zweitens: Nutzung erneuerbarer Energien. Die Energie entspringt Sonne, Wind, Wasser und Erde. Und drittens: Unterstützung von Diversität. Es gibt eine schier unendliche Vielfalt.

Kennengelernt haben sich Anna Lütje und Nikita Kornev durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den Verein Cradle to Cradle, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Öffentlichkeit über das Konzept und die Denkschule von Cradle to Cradle zu informieren. Schließlich ist das Konzept hierzulande der breiten Masse noch nicht bekannt – anders als in den USA oder den Niederlanden, wo die Idee bereits viele Anhänger hat. Anna Lütje und Nikita Kornev arbeiten daran, dass sich das ändert: Seit drei Jahren halten sie Vorträge, veranstalten Workshops und machen Aktionen an der Uni. „Über den Verein haben wir auch Kontakt zu Prof. Michael Braungart bekommen, der das Konzept entwickelt hat“, sagt Anna Lütje. „Er ist für uns zu einem Mentor geworden, von dessen Wissen und Erfahrungen wir profitieren und der immer ein offenes Ohr für uns hat.“

Mittlerweile gibt es den Cradlelution-Shop seit rund einem Jahr. Die beiden Gründer haben in dieser Zeit ein Lager aufgebaut, viele Messen besucht und Kontakte geknüpft und sind stolz darauf, ihr Unternehmen ohne Kredite von Banken oder das Geld von Investoren an den Start gebracht zu haben. 2500 Produkte wurden bisher mit dem Cradle-to-Cradle-Siegel zertifiziert, 150 davon bietet der Cradlelution-Shop zum Verkauf an. Die Inhaber erweitern ihr Sortiment stetig, wollen weiter wachsen – „aber das soll nachhaltig geschehen“, betont Anna Lütje. Ihr ist es wichtig, neben ihrer Tätigkeit als Unternehmerin ihr Studium weiterzuführen und Zeit für ihre Tochter zu haben. „Das alles unter einen Hut zu kriegen, ist nicht immer einfach. Aber meine Tochter motiviert mich natürlich auch, weiter für eine gesunde und bunte Welt ohne Abfall zu arbeiten.“

Braungart, McDonough, Cradle to Cradle, Cover: Piper
Braungart, McDonough, Cradle to Cradle, Cover: Piper

Standardwerk von den Vordenkern des Konzepts: Michael Braungart, William McDonough: Cradle to Cradle: Einfach intelligent produzieren. Piper 2014. 9,99 Euro

Auf der Suche nach dem Traumjob

Unzufriedenheit im Job – das kennen viele. Aber den Traumjob zu finden, ist gar nicht so einfach. Jannike Stöhr hat es ausprobiert. Die 30-jährige hat Wirtschaftswissenschaften studiert, danach als Personalerin in einem großen Industrieunternehmen gearbeitet und eine Auslandsstation in Peking absolviert. Zufrieden war sie damit nicht. So begab sie sich auf die Suche und probierte innerhalb von einem Jahr dreißig verschiedene Jobs aus. Über ihre Erlebnisse hat sie ein Buch geschrieben: Das Traumjob-Experiment.

Sie hatten eine anspruchsvolle Stelle in einem großen Unternehmen, ein gutes Gehalt und nette Kollegen. Wie haben Sie gemerkt, dass Sie in Ihrem Job trotzdem nicht glücklich sind?
Das war ein langer Prozess. Über Jahre probierte ich glücklich zu werden und zu bleiben. Aber ich merkte, egal was ich mir kaufte, wohin ich auch reiste, was für einen guten Job auch immer ich hatte, nach einer kurzen Zeit reichte es nicht mehr. Ich dachte, es müsste doch einen Zustand geben, wo es einfach gut ist. Ein Schüsselerlebnis wiederum veranlasste mich dann dazu, die Konsequenzen zu ziehen und mich auf die Suche zu begeben. Das war, als mein Vater an Krebs erkrankte, und ich intensiv mit der menschlichen Endlichkeit in Berührung kam, die ja letztendlich auch mich betrifft.

Buchtipp:

Jannike Stöhr, Das Traumjob-Experiment, Cover: Eichborn
Jannike Stöhr, Das Traumjob-Experiment, Cover: Eichborn

Jannike Stöhr: Das Traumjob-Experiment. Eichborn, Februar 2016. 16 EURO

http://30-jobs-in-einem-jahr.de

Hat es Sie Überwindung gekostet, Ihr altes, sicheres Leben loszulassen und noch einmal komplett von vorne anzufangen?
Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, mich von dem Lebensstandard zu trennen, von dem ich mir eingebildet hatte, ich bräuchte ihn. Letztlich war das aber Quatsch und ich komme äußerst gut mit nur einem Bruchteil von dem aus, was ich früher besaß oder verdiente. Und ich hatte vorher viele Ängste. Ich wusste nicht, ob es überhaupt funktionieren würde, ob es der richtige Weg für mich ist und ich hinterher schlauer bin, ob ich finanziell über die Runden kommen würde, wie es ohne Zuhause sein würde.

Um Ihren Traumjob zu finden, haben Sie 30 Jobs in einem Jahr ausprobiert und unter anderem als Erzieherin, Winzerin, Reiseleiterin, Pathologin, Hebamme und Politikerin gearbeitet. Was hat Ihnen bislang am besten gefallen?
Es ist schwer, genau einen Beruf zu nennen, da jede einzelne Woche auf ihre Weise so spannend war. Mir persönlich hat der Beruf als Journalistin sehr gut gefallen, da ich zum einen meine Liebe zum Schreiben entdeckt habe und mich gern mit den verschiedensten Sachen beschäftige. Da kommt man als Journalist schon auf seine Kosten.

Gab es andererseits auch Berufe, bei denen Ihnen sehr schnell klar war, dass dies nicht Ihr Traumjob war?
Es gab einige Berufe, die ich getestet habe, obwohl ich sie als Traumjob für mich im Vorfeld ausgeschlossen hatte. Das war vor allem in der zweiten Hälfte meines Projektes, in der ich etwas freier bei der Berufsauswahl geworden bin und zum Beispiel den Job als Tierpräparatorin, Pastorin und Opernagentin getestet habe. Es stellte sich im Nachhinein zwar auch heraus, dass sie nicht in die engere Auswahl kommen würden, aber dennoch hat mich jeder Job überrascht und ein paar Lektionen für mich bereitgehalten.

E-Mail für dich: Initiative FRAUEN unternehmen

Von: Initiative FRAUEN unternehmen
Gesendet: 14.3.2016
Dringlichkeit: hoch
An: Studentinnen, die sich für Selbstständigkeit interessieren
Betreff: Vorbilder mit Inspiration und Leidenschaft

Hallo liebe Studentinnen,

als Karrierestarter kennt Ihr das: Ihr wollt hoch hinaus! Vielleicht wollt Ihr Euch sogar selbstständig machen. Ein Weg ist, sich an Vorbildern zu orientieren, die bereits vor Euch den Weg in die Selbstständigkeit gegangen sind. Von ihrem Erfahrungsschatz und ihren Netzwerken könnt Ihr profitieren. Genau hier setzt die Initiative „FRAUEN unternehmen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an.

Sie liefert Euch die Vorbilder, die Ihr sucht. Vorbilder sind Menschen, die Orientierung geben können und mit ihrem Beispiel zeigen, dass man im Leben wie im Beruf seine Träume und Ziele verwirklichen kann. In der Wirtschaft haben Vorbilder eine enorme Bedeutung. Gerade Frauen mangelt es aber oftmals an weiblichen Rollenvorbildern, die sie auf ihrem Weg an die Spitze von Unternehmen bestärken oder die sie zur Gründung inspirieren.

Im Rahmen der Initiative „FRAUEN unternehmen“ wurden 180 Vorbild- Unternehmerinnen ausgesucht, die ihre Inspiration und Leidenschaft für ein Leben als Unternehmerin weitergeben möchten. Dabei handelt es sich um Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen aus den unterschiedlichsten Branchen. Sie kommen zudem aus allen Regionen Deutschlands. Zentrale Aufgabe einer Vorbild-Unternehmerin ist es, über ihre Erfahrungen zu berichten und damit den UnternehmerINNENgeist bei Mädchen und Frauen zu wecken.

Und was rät Euch so eine Vorbild-Unternehmerin, wenn Ihr Eure Gründungsidee umsetzen wollt? „Einfach trauen! Vorher erkundigen, was es für Hilfen und Unterstützung von öffentlicher Hand gibt, um die erste Zeit zu überbrücken. Möglichst viele Kontakte knüpfen und pflegen! Auf viele Veranstaltungen gehen, Netzwerken und zur IHK Kontakt aufnehmen“, rät Ursula Kafka, Vorbild-Unternehmerin und Geschäftsführerin von Kafka Kommunikation.

Auch auf die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf reagiert sie gelassen: „Unternehmertum und Selbstständigkeit lassen sich wunderbar mit Familie vereinbaren und viele erfolgreiche Frauen beweisen dies Tag für Tag in Deutschland!“ Wenn Ihr Euch auch selbstständig machen wollt und dafür nach Vorbildern sucht, dann schaut auf www.frauen-unternehmen-initiative.de. Dort findet Ihr alle Vorbild- Unternehmerinnen der Initiative.

Sprecht sie an, stellt ihnen alle Fragen, die Euch einfallen, und lasst Euch inspirieren! Wir als Koordinierungsstelle im RKW Kompetenzzentrum helfen und beraten Euch natürlich gern, die richtige Ansprechpartnerin zu finden. Schreibt uns: info@frauen-unternehmen-initiative.de.

Viele Grüße
Eure nationale Koordinierungsstelle der Initiative FRAUEN unternehmen
RKW Kompetenzzentrum
Düsseldorfer Straße 40 A
65760 Eschborn
Tel: 06196 495-3232
E-Mail: info@frauen-unternehmen-initiative.de
Internet: www.frauen-unternehmen-initiative.de

Interview mit Jacqueline Bauernfeind

Jacqueline Bauernfeind richtet ein besonderes Augenmerk auf ambitionierte Frauen. Im Gespräch wünscht sich die Partnerin der Personalberatung Board Consultants International nicht nur mutige Frauen, sondern auch einen Kulturwandel in Unternehmen und Gesellschaft. Das Interview führte André Boße.

Frau Bauernfeind, seit Anfang des Jahres gilt die gesetzliche Frauenquote. Wie schätzen Sie die Wirkung ein?
Die Diskussion über ein Für und Wider der Quote hat sicherlich dazu geführt, dass einige Unternehmen ihre Bemühungen gesteigert haben, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Man muss hier jedoch grundsätzlich unterscheiden: Die Quote gilt nur für die Aufsichtsräte und auch nur für bestimmte Unternehmen. Weiterhin keine Quote gibt es dagegen für exekutive Top-Positionen, also für Vorstände oder Geschäftsführer.

Zur Person

Jacqueline Bauernfeind studierte in München VWL. Ihre berufliche Karriere begann sie beim Marktforschungsunternehmen Infratest, bevor sie bei der Unternehmensberatung Roland Berger als Beraterin und Projektleiterin tätig war. Seit 1990 ist sie als Partnerin in der Personalberatung tätig. 2003 zählte sie zu den Gründungs-gesellschaftern von Board Consultants International. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind nationale und internationale Besetzungen von Top-Positionen in den Bereichen Konsumgüter, Einzelhandel, Mode, Luxus, Lifestyle und Medien.

Diese Unterscheidung ist wichtig, denn die Anforderungen an diese Positionen sind andere. Aufsichtsräte müssen, verkürzt gesagt, vor allem professionelle Erfahrungen und Menschenkenntnis mitbringen, um ihre Kontrollfunktion auszuüben. Vorstände und Geschäftsführer sind diejenigen, die im Unternehmen ganze Truppen in Bewegung setzen. Das sind die Macher.

Beobachten Sie weiterhin, dass noch immer zu wenige Frauen unbändige Lust auf dieses Machen mitbringen?
Es ist tatsächlich auch weiterhin so: Wird im Unternehmen eine Führungsaufgabe neu besetzt, rufen die Frauen noch immer zu selten oder nicht laut genug: Hier bin ich. Es gibt also durchaus ein Manko an Führungsambition. So, was machen wir nun damit? Erstens müssen sich diejenigen, die diese Positionen besetzen, darauf einstellen, die Frauen auf eine andere Art anzusprechen. Es sollte also nicht unbedingt gelten: Der Erste oder der Lauteste bekommt die Position, denn man kann eine solche Frage ja auch differenzierter stellen. Zweitens appelliere ich an die Frauen: Macht es denjenigen, die diese Führungspositionen besetzen, nicht unnötig schwer. Zeigt euch!

Erkennen Sie, dass die Frauen, die heute in die Führungskarriere starten, diesen Appell verstärkt beherzigen?
Durchaus, ja. Es tut sich was. Die jungen Frauen bringen Selbstbewusstsein mit, bringen sich deutlicher und offensiver in Stellung. Eine Sache aber bleibt problematisch: Irgendwann stellt sich die Kinderfrage.

Hat sich nicht auch in Sachen Vereinbarkeit einiges getan?
Ja, es gibt in vielen Unternehmen gut funktionierende Angebote zur Kinderbetreuung. Zudem ist das Betreuungsnetz in Deutschland besser als noch vor wenigen Jahren. Man darf dennoch nicht vergessen: Wir reden hier von Führungspositionen. Diese Jobs enden nicht um fünf oder sechs, sondern in der Regel um acht und nicht selten erst um zehn Uhr. Der zeitliche Anspruch an diese Jobs wird sich also immer mit der Elternrolle beißen, das ist derzeit nicht zu verhindern.

Was halten Sie von Modellen, die Arbeit anders einzuteilen – sprich: nicht zuzulassen, dass der Job bis in den späten Abend hinein geht?
Als Einzelkämpferin im Unternehmen wird das nicht gelingen. Dafür benötigen wir ein Umdenken in der Gesellschaft, Wirtschaft und den Unternehmen. Das ist sicherlich wünschenswert, und ich bin davon überzeugt, dass man viele Führungsaufgaben auch hinbekommen kann, ohne regelmäßig bis 22 Uhr zu arbeiten. Noch aber gibt es Rituale, die genau das verlangen. Zudem gelten ungeschriebene Gesetze, wie zum Beispiel dieses: Karriere macht nur der, der auch lange arbeitet. Ganz ehrlich, ich kenne kein großes Unternehmen, in dem die Top-Manager den Laden regelmäßig um sechs Uhr verlassen. Das gibt es noch nicht.

Suchen Sie sich als Einsteigerin jemanden im Unternehmen aus, von dem Sie wirklich etwas lernen können.

Eine Sache, die häufig in den Abendstunden ansteht, ist das Networking. Oft wird gesagt, Männer gingen hier zielstrebiger zur Sache. Stimmen Sie zu?
Wenn ich es pauschal formulieren darf: Männer gestalten Ihre Netzwerkzeit nach der Devise, ob es ihnen geschäftlich etwas nützt oder nicht. Frauen orientieren sich danach, ob sie jemanden mögen oder nicht. Und wenn sie eben keine Lust haben, mit einer Person abends noch etwas trinken zu gehen oder sich zum Squash zu verabreden, dann lassen sie es. Dass so eine Verabredung trotz der eher geringen Sympathiewerte karrieretechnisch interessant sein könnte – dieser Gedanke spielt bei den Frauen eine wesentlich kleinere Rolle als bei Männern. Anders gesagt: Männer sind, wenn es um die eigene Karriere geht, leidensfähiger.

Ich habe als Personalberaterin Männer erlebt, die sich für einen Top-Job beworben haben und bei denen ich mich hinterher fragte: Wie kamen die auf die Idee, dem Anspruch dieser Position zu genügen? Na ja, sie haben es halt probiert, sind auf die Nase gefallen, sind wieder aufgestanden und probieren es woanders. Frauen dagegen bringen die Haltung mit: Ich möchte mich auf gar keinen Fall selbst überschätzen und damit scheitern. Dadurch stecken sie die eigene Grenze, etwas zu probieren, sehr viel enger.

Was muss denn geschehen, damit diese Unterschiede in der Mentalität nicht länger Frauen in Führungspositionen verhindern?
Erstens ist es wichtig, das Angebot von Kitas und Schulen mit Ganztagsbetreuung weiter auszubauen. Zweitens müssen sich die Gesellschaft und die Unternehmen dahingehend wandeln, dass Männer nicht mehr schief angeguckt werden, wenn sie es sind, die sich eine Familienauszeit nehmen und sich mit den Kindern befassen.

Klar, es gibt Branchen, in denen das bereits üblich ist. Das sind aber nun gerade die Branchen, in denen Frauen sowieso schon stark in Führungspositionen vertreten sind, zum Beispiel in Konsum oder Medienunternehmen. Wer jedoch als Mann in einem Unternehmen der Maschinenbau- oder Autobranche ankündigt, eine gewisse Zeit zu pausieren, weil er den Nachwuchs betreuen wird, muss damit rechnen, dass zumindest hinter vorgehaltener Hand gesagt wird, dass das nicht geht, ohne dass die Karriere leidet.

Welchen Ratschlag können Sie einer weiblichen Nachwuchskraft mit auf den Weg geben, die Lust auf Karriere hat?
Spannend wird es immer dann, wenn im Unternehmen anspruchsvolle Aufgaben gestellt werden. Also neue Lösungen und Perspektiven gefragt sind. Frauen sollten Antennen für solche Momente entwickeln. Und dann den Mut mitbringen, dabei zu sein. Die Angst vor dem Versagen darf dagegen keine Rolle spielen.

Zudem möchte ich an dieser Stelle auf die Bedeutung von Mentoren und Mentorinnen hinweisen: Suchen Sie sich als Einsteigerin jemanden im Unternehmen aus, von dem Sie erstens wirklich etwas lernen können und der Ihnen zweitens immer mal wieder eine für Sie passende Aufgabe zuschustern kann, zum Beispiel ein Projekt in Lateinamerika oder Asien, eine Sache also, die durchaus mit dem Sprung ins kalte Wasser zu vergleichen ist. Wird diese Aufgabe von einem Mentor an junge Frauen herangetragen, beobachte ich, dass der weibliche Nachwuchs mehr Mut entwickelt. Schließlich wird der Frau durch den Mentor echtes Vertrauen entgegen gebracht. Und das tut ihr gut.

Frauen machen MINT

Noch immer dominieren in den MINT-Berufen die Männer. Der Frauenanteil in den MINT-Studiengängen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen – doch wird der weibliche Nachwuchs es in den technischen Unternehmen bis nach oben schaffen? Wir haben mit MINT-Top-Frauen gesprochen, die wichtige Vorbildfunktionen übernehmen, ob als Kapitänin bei der Lufthansa oder Personalchefin bei Porsche. Sie meinen: Die jungen Frauen brauchen Mut – und die Gesellschaft einen Kulturwandel. Von André Boße

Planung ist alles: Cordula Pflaums Tochter war gerade acht Wochen auf der Welt, da war die junge Mutter schon wieder im Seminarraum von Lufthansa Flight Training tätig. Ihr Job dort: Als Ausbildungskapitänin bringt sie dem Konzernnachwuchs das Fliegen bei. Wie das mit einem zwei Monate alten Baby funktioniert? „Mein Vater begleitete mich zur Arbeit und schob den Kinderwagen über das Gelände, sodass ich mich in den Seminarpausen um meine Tochter kümmern konnte.“

BCG-Studien Kinder stoppen Karriere
Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) blickt in einer neuen Studie vom Dezember 2015 kritisch auf die Bemühungen, mehr Frauen in Führung zu bringen. Zwar sei das Thema in aller Munde, faktisch habe Deutschland in den vergangenen Jahren jedoch kaum Fortschritte gemacht. Entscheidender Faktor sind häufig die Kinder: „Frauen ohne Kinder schaffen es dreimal häufiger in die Topmanagementpositionen“, so Rocío Lorenzo, Partnerin bei BCG und Autorin der Studie.

Wirtschaft verschenkt Potenziale
Das Thema Frauen in Führungspositionen ist nicht nur eine Frage der Gleichberechtigung. Die BCG-Studie zeigt, dass die Unternehmen sich selbst schwächen, wenn sie die Potenziale der weiblichen Arbeitskräfte nicht nutzen. „Die Wertschöpfung könnte bis zu acht Prozent steigen, wenn die Potenziale der Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiviert würden. Auch die Arbeitskräftelücke könnte um 35 Prozent verringert werden“, sagt die Autorin Rocío Lorenzo, „doch die Chancen wurden bisher nicht ausreichend genutzt.“

Auch ihre Schwiegereltern haben mitgeholfen, die junge Familie unterstützt, damit Cordula Pflaum und ihr Mann ihre jeweiligen Karriereziele weiter verfolgen konnten. „Ich empfand es damals als besonders wichtig, thematisch am Ball zu bleiben“, begründet sie den schnellen Wiedereinstieg. Ihre erste Tochter kam zur Welt, als Cordula Pflaum kurz vor der Ernennung zur Kapitänin war. In dieser Situation eine lange Pause? Das schien ihr eher unklug zu sein. „Ich war mir der besonderen Herausforderung durchaus bewusst“, sagt sie – und hat mit Hilfe der ganzen Familie Beruf und Familie unter einen Hut bekommen.

Alte Rollenbilder bremsen Frauen

Trotz einer Frau als Ausbildungskapitänin: Weibliche Piloten im Cockpit einer Lufthansa-Maschine sind weiterhin die Ausnahme. „Derzeit fliegen 290 Frauen in einem Lufthansa-Cockpit. Bei insgesamt 4600 Lufthansa- Piloten ist das ein Anteil von sechs Prozent“, berichtet Cordula Pflaum. Generell beobachtet die Kapitänin, die von München aus auch selbst auf Langstreckenflügen unterwegs ist, dass das generelle Interesse von jungen Frauen an technischen Berufen steigt. Strebt der weibliche Nachwuchs eine Karriere als Pilotin an, würden die jungen Frauen in der ersten Zeit nicht vom Gender-Image des Berufs beeinflusst.

Die Zahl der Studienanfängerinnen in den so genannten MINT-Fächern bestätigt ihren Optimismus. MINT – das steht für die Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Initiative „Komm, mach MINT“ versteht sich als nationaler Pakt für mehr Frauen in diesen MINT-Berufen und hat jetzt für das Jahr 2014 Zahlen von den Hochschulen veröffentlicht. Und die sind durchaus beeindruckend: „Waren es 2000 noch 45.671 Studienanfängerinnen im ersten Fachsemester, die sich für ein Studium im MINT-Bereich entschieden, so sind es im Studienjahr 2014 mit 105.449 mehr als doppelt so viele“, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative. Das Interesse ist also da. Stellt sich die Frage: Schaffen es die MINT-Frauen bis in die Führungspositionen? Und wo liegen die Stolpersteine, wann stoßen sie an die berüchtigten „gläsernen Decken“?Doch das ändert sich im Lauf des Berufslebens, wie Cordula Pflaum erkannt hat. „Der Einfluss der Geschlechter-Debatte wird den Frauen später im Berufsleben offensichtlich, und zwar vor allem in Form von Rollenbildern, die in unserer Gesellschaft weiterhin Gültigkeit haben.“ Zum Beispiel werde ein Mann am Arbeitsplatz nie gefragt, wie er es mit den Kindern regelt: „Man geht einfach davon aus, dass sich seine Frau kümmert.“ Einer Frau hingegen werde diese Frage grundsätzlich gestellt. „Das zeigt mir, dass es Generationen überdauern wird, bis sich dieses Rollenverständnis endgültig erledigt hat“, sagt die Kapitänin. „Aber meiner Meinung nach sind wir auf einem guten Weg.“

Foto: Fotolia/Rawpixel.com
Foto: Fotolia/Rawpixel.com

Antje Neubauer sitzt im Vorstand der Initiative Generation CEO, einem Business-Netzwerk für Frauen im Top-Management. Sie ist sich sicher: „Die Grundlagenarbeit für mehr Frauen in Führungspositionen ist gemacht.“ Viele deutsche Unternehmen hätten Konzepte entwickelt, um schon Mädchen und junge Frauen für technische Berufe zu begeistern und Frauen zu fördern. Zudem habe der Staat Programme etabliert, an denen sich Konzerne beteiligen.

So entsteht Wandel

Wie es technischen Unternehmen gelingen kann, den Anteil von Frauen auf allen Ebenen zu erhöhen, zeigt das Beispiel Porsche. „Unsere Ideen greifen“, freut sich Elke Lücke, Leiterin Personalentwicklung und Personalstrategie. Der Sportwagenhersteller konnte nach eigenen Angaben den Frauenanteil bei der Neubesetzung von Führungspositionen in den vergangenen drei Jahren verdoppeln. Wie viele Frauen beim Autobauer aktuell in Führungspositionen tätig sind, darüber gibt das Unternehmen keine Auskunft.

Die Botschaft ist aber klar: Der Anteil soll in allen Bereichen massiv erhöht werden. „Insbesondere hat es sich bewährt, verbindliche Zielgrößen zur Beförderung von Frauen in Führungspositionen zu verankern“, sagt sie. Das Unternehmen gab dabei verschiedene Ziele für die einzelnen Ressorts vor, die Führungskräfte wurden bei der Formulierung der Vorgaben beteiligt. „Dadurch sind alle Führungskräfte in das Thema involviert und werden entsprechend gefordert.“ Die Ziele selbst seien anspruchsvoll, aber realistisch – „weil wir uns daran orientieren, wie viele Frauen es im jeweiligen Ressort gibt.“

Linktipps

http://womenindigital.org
http://generation-ceo.com www.digitalmediawomen.de
http://dld-conference.com www.globalfemaleleaders.com
http://initiative-chefsache.de
http://www.she-works.de

Voraussetzung dafür, dass die Vorgaben eingehalten werden, sei eine Führungskultur, die für Chancengleichheit einsteht. Zählen soll alleine die Leistung, unabhängig von Faktoren wie zum Beispiel Geschlecht oder Herkunft. „Unterstützend wirken hierbei Faktoren wie Offenheit und Transparenz, aber auch das ständige Hinterfragen des Status quo“, sagt Elke Lücke. Was in Deutschland nun noch fehlt, bezeichnet Generation CEO-Vorstand Antje Neubauer als „gesellschaftliches Backing“. Sprich: Im beruflichen Alltag und gerade auf dem Weg nach oben fehlt jungen Frauen immer noch Akzeptanz und Rückhalt.

Antje Neubauer, die hauptberuflich bei der Deutschen Bahn die Abteilung PR und interne Kommunikation leitet, gibt Beispiele: „Väter, die in Elternzeit gehen, sind immer noch sehr viel weniger akzeptiert als Frauen; ein Sabbatical wird ebenso kritisch beäugt wie der wöchentliche Tag im Home-Office.“ Sie wünscht sich, dass flexible und moderne Arbeitszeitmodelle als genauso effizient bewertet werden, wie Acht- bis Zwölfstundentage im Unternehmen.

Damit das passiert, müssten in den technischen Unternehmen noch mehr Frauen ganz selbstverständlich ihren Platz finden. Mehr Frauen generell, mehr Frauen in Führung – nur so entstehe Wandel. Vor allem mit Blick in die oberen Etagen ist es noch nicht soweit. Neubauer: „Zwar gibt es inzwischen den einen oder anderen weiblichen Technik-Vorstand oder weibliche Führungskräfte in den technischen Ressorts, aber die meisten dieser Positionen sind nach wie vor männlich besetzt.“ So entstehe ein falscher Eindruck, nämlich der von Männerdomänen, in denen es Frauen prinzipiell schwer haben – als handele es sich um ein Naturgesetz. Das ist natürlich Quatsch. „Klassische Männerdomänen gibt es aber einfach nicht mehr“, sagt Antje Neubauer. „Das muss in den Köpfen der Menschen ankommen und gelebt werden.“

Frauen schätzen Jobs mit Sinn

Die Pharma- und Gesundheitsbranche ist in dieser Hinsicht schon weit. Annette Pascoe ist Geschäftsleiterin des Unternehmens Pascoe Naturmedizin. Viele Jobs im Gesundheitswesen haben mit Naturwissenschaft und Technik zu tun. Dennoch: „In kaum einer anderen Branche sind so viele Frauen beschäftigt, wie in der Gesundheitswirtschaft“, sagt sie. Pascoe will dieses Potenzial nutzen: „Junge Frauen sind heute hervorragend ausgebildet und bereit Verantwortung, zu übernehmen“, schwärmt die Geschäftsleiterin. Der Vorteil der Pharmabranche: „Frauen wünschen sich, in ihren Berufsfeldern auch einen Lebenssinn zu erkennen.“

Deutscher Ingenieurinnenbund (dib) Das Netzwerk für Ingenieurinnen, Ingenieurstudentinnen und Frauen in technischen Berufen gibt es bereits seit 30 Jahren. Es ist bundesweit aktiv und besteht aus 22 Regionalgruppen.
www.dibev.de

Das klappt beim Thema Naturmedizin leichter als beispielsweise beim Anlagen- oder Maschinenbau, womit sich den Unternehmen der klassischen Ingenieursbereiche eine Aufgabe stellt: Auch in diesen Branchen werden heute Innovationen entwickelt, die das Leben der Menschen positiv beeinflussen, das Thema Green-Tech ist hier nur ein Beispiel.

„Die Welt jeden Tag ein Stück besser zu machen“, das ist laut Annette Pascoe der Antrieb für die Mitarbeiter ihres Unternehmens. Diesen Wert auf andere Branchen zu übertragen – das ist ein wichtiger Schritt, um bei den Frauen die Begeisterung für MINT weiter zu stärken. Und die Frauen selbst? Sind natürlich auch gefordert. Das oberste Gebot: Mut beweisen, da sind sich die Expertinnen aus den Top-Managements der MINT Unternehmen einig. „Ich rate jeder Frau, bei der Berufswahl ihrem Herzen zu folgen“, sagt Annette Pascoe – und wenn das für einen technischen Beruf schlägt, dann sollte man sich nicht von der skeptischen Stimme im Kopf abbringen lassen.

„Trauen Sie sich!“, gibt auch Porsche-Personalleiterin Elke Lücke dem ambitionierten weiblichen Nachwuchs mit auf den Weg. Klar, der Name eines Traditionsunternehmens wie Porsche erweckt Ehrfurcht, bei Einsteigerinnen genauso wie bei Einsteigern. Doch gerade der weibliche Nachwuchs dürfe sich davon nicht abschrecken lassen. Schwellenangst ist unnötig. Lücke: „Bei uns gibt es weder goldene Wasserhähne noch übermenschliche Erwartungen an Bewerber.“

Frauen in Aufsichtsräten FidAr – die Initiative für mehr Frauen in die Aufsichtsräte wurde 2006 mit dem Ziel gegründet, den Frauenanteil in den deutschen Aufsichtsräten nachhaltig zu erhöhen. Mittlerweile hat die Initiative 550 Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und dem öffentlichen Leben. www.fidar.de

karriereführer recht 1.2016 Wirtschaftsrecht

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Cover recht 1.2016

Datenschutz, Patente,
Produkthaftung

Das Wirtschaftsrecht verändert sich – die Digitalisierung und die Globalisierung schreiten in den Unternehmen immer weiter voran. Daher braucht es Juristen, die sich mit Technik und IT auskennen und bereit sind, sich als Experten auch mit Datenschutz, mit Patenten und mit Produktionsprozessen auseinanderzusetzen.

jur inspiraton – Schriftsätze

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Happy Birthday, Urheberrecht!

Das deutsche Urheberrechtsgesetz feiert dieses Jahr seinen 50. Geburtstag: Am 1. Januar 1966 trat es in Kraft, seitdem hat es viele Reformen erlebt. Angestaubt ist das deutsche Urheberrechtsgesetz trotz seines Alters noch lange nicht: In unserer modernen Informationsgesellschaft, in der Inhalte oft ungefragt geteilt werden, ist seine Präsenz wichtiger denn je. Im Dezember 2015 fand zu diesem Anlass eine Konferenz zur Zukunft des Urheberrechts statt. Die Dokumentation dieser Konferenz findet sich unter
www.zukunftskonferenz-urheberrecht.de.

Profiling-Methoden im Alltag nutzen

Stephan Harbort, Der klare Blick, Cover: Knaur
Stephan Harbort, Der klare Blick, Cover: Knaur

Stephan Harbort ist Kriminalhauptkommissar und führender Serienmordexperte. Er sprach mit mehr als 50 Serienmördern, entwickelte international angewandte Fahndungsmethoden zur Überführung von Gewalttätern und ist Fachberater bei TV-Dokumentationen und Krimi-Serien. In seinem Buch „Der klare Blick“ überträgt er die Fähigkeiten, die er als Profiler gelernt hat, auf den Alltag: Was tun bei Problemen mit dem Chef? Wie entschärft man Konflikte mit dem Nachbarn? Wie bewertet man die Untreue des Partners? Welcher Beruf passt zu mir? Wie entlarve ich Lügner? Er gewährt Einblick in die Methodik der operativen Fallanalyse und gibt ein Instrumentarium an die Hand, das es jedem ermöglicht, die eigene Wahrnehmung zu schärfen, um mit klarem Blick Krisen zu bewältigen und richtige Entscheidungen zu treffen.
Stephan Harbort: Der klare Blick. Mit dem Wissen des Profilers Lügen entlarven und richtige Entscheidungen treffen. Knaur Taschenbuch 2016. ISBN 978-3426787625. 9,99 Euro

Kommentare mieten

Beim „Juristenkoffer“, einem Angebot des Portals „Referendarswelt“, können sich angehende Juristen Examenskommentare für das Zweite juristische Staatsexamen mieten. Online oder telefonisch können zahlreiche Kommentare für alle Bundesländer bestellt werden. Außerdem sind Kommentare in Vorauflagen günstig zu erwerben sowie günstige gebrauchte Skripte für die Referendarausbildung. Ein Blog informiert zudem über Neuigkeiten aus der Referendarswelt.
www.juristenkoffer.de

Wie funktioniert das Recht?

Volker Kitz, Ich bin was ich darf Cover: Knaur
Volker Kitz, Ich bin was ich darf Cover: Knaur

Ist die Gerechtigkeit ein Stern oder ein Blaubeermuffin? Kann der Staat Zigaretten verbieten? Kann er vorschreiben, wen ich heiraten darf und was unsere Kinder in der Schule über Sexualität lernen? Oder wie ich mit Tieren umgehen soll? In wahren Fallgeschichten führt Volker Kitz, Jurist und Psychologe, in die großen Fragen von Recht und Gerechtigkeit ein. Er erklärt, wie das Recht funktioniert und wie es die Gesellschaft zusammenhält.
Ich bin, was ich darf: Wie die Gerechtigkeit ins Recht kommt – und was Sie damit zu tun haben

Diversity-Tag

Logo Diversity Tag
Logo Diversity Tag

Am 7. Juni 2016 findet in ganz Deutschland der 4. Deutsche Diversity-Tag statt. Hunderte von Unternehmen zeigen an dem Tag durch verschiedene Aktionen – zum Beispiel Diskussionsrunden, Workshops oder einem Tag der offenen Tür –, dass ihnen die Vielfalt im Arbeitsleben wichtig ist. Organisator des Diversity-Tags ist die Charta der Vielfalt, eine Unternehmensinitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Schirmherrin ist Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Auch zahlreiche Kanzleien sind bereits Unterzeichner der Charta der Vielfalt. Der Hashtag für Berichte über den Diversity-Tag lautet #VfürVielfalt.
www.deutscher-diversity-tag.de

Recht als Kultur

Das Bonner Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ möchte einen Beitrag zum Verständnis von Recht in Zeiten einer voranschreitenden Globalisierung leisten. Es geht darum, Recht mit den kategorialen und methodischen Mitteln der Geisteswissenschaften begreiflich zu machen. Vorträge, Tagungen und Workshops zu dem Thema werden abgehalten. Im Jungen Forum finden zudem für Postdocs verschiedener Fachrichtungen regelmäßig Luncheon Talks statt, um sich interdisziplinär über Grundfragen und Grundlagen normativ-rechtlicher Ordnungen auszutauschen.
www.recht-als-kultur.de

Coaching für Juristen

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Falk Schornstheimer ist Coach für Juristen und HR-Berater für Anwälte und Kanzleien. Das Interview führte André Boße.

Falk Schornstheimer, Foto: Privat
Falk Schornstheimer, Foto: Privat

Germanistik-Studium in Köln, danach sechs Jahre lang Redakteur beim juristischen Fachverlag Juve. Ab 2004 sechs Jahre lang Personalmanager in den Wirtschaftskanzleien Gleiss Lutz sowie Freshfields Bruckhaus Deringer. Seit Oktober 2010 selbstständiger Coach und HR-Berater für Anwälte und Kanzleien. www.lawyer-coaching.de

Ausatmen Herr Schornstheimer, was macht Coaching für Juristen so besonders?
In Unternehmen und der Industrie ist Coaching als Werkzeug zur Entwicklung von Führungskräften schon lange bekannt. Man könnte jetzt denken, dass ein guter Coach mit Management-Erfahrung sein Know-how auch auf Juristen in einer Kanzlei übertragen kann. Das ist zu einem gewissen Teil sicher auch möglich. Wer sich als Coach jedoch nie mit der Partnerschaftsstruktur einer Sozietät beschäftigt hat, wird Schwierigkeiten bekommen.

Warum?
Es gibt viele Besonderheiten des Anwaltberufes. Das fängt bei der Ausbildung an, geht über die Sozialisation und das Berufsbild bis hin zur Arbeitskultur in den Kanzleien.

Sprich: Juristen ticken anders.
Schon, ja. Zum Beispiel sind Juristen darauf getrimmt, das Haar in der Suppe zu finden. Ihre Eigenschaften: sehr anspruchsvoll, sehr kritisch und genau. Wer als Coach auf einen Juristen trifft, muss ihn viel mehr als einen Manager vom Mehrwert des Coachings überzeugen. Zudem besitzt eine partnerschaftlich organisierte Kanzlei ganz andere Strukturen als ein Unternehmen. Es gibt keine klaren Hierarchien, keine eindeutigen Führungsstufen und dadurch wenige Eskalationsmöglichkeiten bei Konflikten. Nachwuchsjuristen haben einen Partner an ihrer Seite, von dem sehr viel abhängt. Er kann sie fördern. Aber auch in der Luft hängen lassen. Fürs Coaching spielen diese Dinge eine große Rolle.

Welches Image hat Coaching in Kanzleien?
Es gibt immer noch Sozietäten, die denken, Coaching sei eine Art Reparaturbetrieb. Dann hören Sie Aussagen wie: „Das brauchen wir nicht, wir haben hier super Leute.“ Dabei ist Coaching dann natürlich umso wichtiger, weil es die super Leute fördert und auch belohnt.

Warum wird Coaching in diesem Sinne für Kanzleien immer wichtiger?
Weil die Anforderungen an die eigene Reflexionsleistung immer höher werden. Alles, was mit Aufstieg und Karriere zu tun hat, wird heute stark hinterfragt. Es gibt interne Prozesse, die man auf dem Weg nach oben durchlaufen muss – und da ist es schon wichtig, das Richtige zu tun. Ein Beispiel: Es gibt heute wohl keinen Associate mehr, der zum Partner oder Salary Partner ernannt wird, ohne dass er einen Businessplan aufstellen kann. Die Frage ist: Wie geht so was? Nicht nur technisch, sondern auch gedanklich: Wie nähere ich mich der Aufstellung eines Geschäftsmodells? Hier hilft Coaching ungemein.

Wie findet man einen Coach?
www.coach-datenbank.de

Ein Ratschlag für ein Coaching-to-go: Über was sollte man sich als Jurist in der Phase des Karriereeinstiegs Gedanken machen?
So schlicht es klingen mag: sich zurücknehmen und sich selbst fragen, was man eigentlich will. Häufig ist es heute so, dass junge Juristen zunächst für sehr viele Karrierewege offen sind und ganz bunte, vielfältige Interessen benennen. Erlauben dann allerdings die Examensnoten den Start in einer Wirtschaftskanzlei, wählen viele opportunistisch diese Variante. Das kann gut gehen. Muss es aber nicht. Wichtig ist aus meiner Sicht der Zwischenschritt, sich zu fragen, was man fachlich und vor allem persönlich mitbringt und was man davon für den Job nutzen will. Diese Weichenstellung hilft zu vermeiden, dass man – wenn es gut geht – ins Glück stolpert. Mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit kann man nämlich auch ins Pech stolpern, und das fühlt sich dann nicht so schön an. Ich treffe zu viele Führungskräfte mit Mitte 40, die genau das erlebt haben.

Einsatz für Flüchtlinge

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Hinter freiwilligem sozialen Engagement, Corporate Social Responsibility oder Corporate Volunteering stehen Menschen, die sich engagieren – der karriereführer stellt sie vor.

Zur Person

Corinna Ujkasevic, Foto: Uli Groh
Corinna Ujkasevic, Foto: Uli Groh

Corinna Ujkasevic, Doktorandin am Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Universität zu Köln; Gründerin, ehemalige Vorsitzende und aktuell Pressesprecherin der Refugee Law Clinic Cologne. Refugee Law Clinic Cologne, Köln Web: www.lawcliniccologne.com

Die Refugee Law Clinic Cologne ist eine studentische Rechtsberatung für Asylbewerber und geflüchtete Menschen. Entstanden ist sie 2013 auf Initiative von Kölner Jurastudierenden. In Zusammenarbeit mit den Anwälten und Professoren ihres Beirats haben die Studierenden mittlerweile über 250 Mandate bearbeitet.

Wie es dazu kam
Im Februar 2013 gründete ich zusammen mit zwölf weiteren Studierenden der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität zu Köln die Refugee Law Clinic Cologne e.V. Dabei griffen wir auf das Modell der „Law Clinics“ zurück. Die Idee der „Law Clinics“ entstammt ursprünglich dem anglo-amerikanischen Rechtsraum, hat sich mittlerweile jedoch zunehmend in ganz Europa verbreitet. Hier geht es darum, Studierenden bereits während ihres Studiums die Möglichkeit zu geben, ihre Kenntnisse zum Vorteil sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen praktisch einzusetzen. Wir als Refugee Law Clinic Cologne machten das Ausländer- und Asylrecht zum Gegenstand unserer Tätigkeit, wohlwissend, dass der Hilfe- bedarf in diesem Bereich enorm ist.

Warum ich das mache
Motiviert hatte uns von Anfang an der Wunsch, einen ehrenamtlichen Beitrag zu leisten und dabei gleichzeitig unsere juristischen Kenntnisse für etwas Sinnvolles einzusetzen. Im Fokus unserer Arbeit stehen dabei ganz klar die geflüchteten Menschen, die bei uns Hilfe suchen. Neben einer qualitativen rechtlichen Beratung möchten wir den Menschen vor allem auch ein Anker sein in einer Phase, die von der Unsicherheit und den Herausforderungen eines Asylverfahrens geprägt ist. Aber auch wir profitieren von der Arbeit: Jenseits des theorielastigen Studiums setzen wir Erlerntes praktisch ein und erleben erste Erfolge.

Was es bislang gebracht hat
Mittlerweile engagieren sich über 250 Studierende im Verein. Sie haben in den letzten drei Jahren rund 260 Mandate abgeschlossen. Eine „Erfolgsquote“ lässt sich dabei schwer benennen – hängt diese doch davon ab, wie man Erfolg definiert. Bleiben durften nicht alle der Mandanten. Für uns bedeutet Erfolg jedoch, dass wir diese Menschen auf ihrem Weg ein Stück begleitet, sie unterstützt und alles im Rahmen des rechtlich Möglichen getan haben.

Linktipp

Weitere Refugee Law Clinics in Deutschland unter http://rlc-deutschland.de/

Selber aktiv werden: Informationsportal zu Hilfsprojekten für Flüchtlinge in ganz Deutschland www.wie-kann-ich-helfen.info

Da sich immer mehr studentische Rechtsberatungen etablieren, haben sich in vielen weiteren Städten Deutschlands Refugee Law Clinics gegründet. Um städteübergreifend agieren zu können und den Austausch von Wissen, Erfahrungswerten und Ressourcen zu fördern, trafen sich die Studierenden im Sommer 2014 erstmals zu einer Orientierungskonferenz in Köln, die unter der Leitung der Refugee Law Clinic Cologne stattfand. Dort entstand die Idee eines deutschlandweiten „RLC-Netzwerks“. Auf einem ersten Netzwerktreffen im März 2015 in Köln wurden gemeinsame Interessen und Positionen formuliert.

Zur Kenntnis: Die Zukunft der Arbeit/Futurale

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Wie werden wir morgen arbeiten? Um diese Frage geht es bei einem Projekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, an dem sich alle Interessierten beteiligen können – so auch Juristen. Protokolliert von Sabine Olschner

Viele Themen prägen derzeit das Arbeitsleben und auch die Gesellschaft: Automatisierung, Digitalisierung, Crowd- und Clickworking sind nur einige der Stichworte, mit denen sich (nicht nur) Berufseinsteiger aller Fachrichtungen beschäftigen sollten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales will einen Dialog zum Wandel der Arbeitswelt anstoßen und hat deshalb den Dialogprozess „Arbeiten 4.0“ ins Leben gerufen.

Zum Mitmachen

Website: www.arbeitenviernull.de
Facebook: www.facebook.com/BMAS.Bund
Twitter: www.twitter.com/bmas_bund
Hashtag: #arbeitenviernull

Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie auch die Öffentlichkeit sollen darüber diskutieren, wie die Zukunft der Arbeit aussieht, welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind und welche Erwartungen die Menschen an die Arbeit der Zukunft haben. Jeder, der an dem Thema Interesse hat, ist eingeladen, seine Gedanken beizutragen. Über die Website www.arbeitenviernull.de, über die Facebook-Seite des Bundesministeriums oder über Twitter mit dem Hashtag #arbeitenviernull können sich alle an dem Dialog beteiligen.

Seit das Projekt im Herbst 2015 angestoßen wurde, sind schon zahlreiche Beiträge unter anderem zu den Aspekten Demografischer Wandel, Globalisierung, Wissensgesellschaft, Weiterbildung, Arbeits- und Unternehmenskultur eingegangen. Teilzeitarbeit wird dabei ebenso diskutiert wie das digitale Nomadentum, Big Data und die Zukunft des Internets.

Darüber hinaus tourt das Filmfestival Futurale durch Deutschland und zeigt Filme zu verschiedenen Aspekten des Themas – die Termine und Orte werden stets auf der Website aktualisiert. Als Grundlage für die Diskussion um die Zukunft der Arbeit stellte Bundesministerin Andrea Nahles im April vergangenen Jahres das „Grünbuch Arbeiten 4.0“ vor, das Trends, neue Werte und wichtige Handlungsfelder der künftigen Arbeitsgesellschaft aufzeigt. Außerdem enthält das Leitbuch Leitfragen, die einen breiten Dialog anstoßen sollen. Der Dialogprozess läuft bis Ende 2016 und soll mit dem „Weißbuch Arbeiten 4.0“ abgeschlossen werden. Darin werden die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Dialog zusammengefasst und Gestaltungsoptionen erörtert.

Vom Juristen zum Schuhmacher

Der studierte Jurist Alexander Fröhlich fertigt heute als ausgebildeter Schuhmacher Maßschuhe an. Seinen Traumberuf hat er erst über Umwege gefunden. Von Sabine Olschner

Eigentlich wusste Alexander Fröhlich nach dem Abitur gar nicht so recht, was er studieren sollte. Also folgte er dem Rat eines Freundes und entschied sich für Jura, „denn damit kann man schließlich alles machen“, so das Argument des heute 38-Jährigen, der sich damals vorstellen konnte, nach dem Studium im Auswärtigen Amt oder bei der EU zu arbeiten.

Schnell stellte Alexander Fröhlich jedoch fest, dass das Jurastudium nicht seinen Vorstellungen entsprach. Trotzdem studierte er erst einmal weiter, machte seine Zwischenprüfung und absolvierte ein Praktikum bei einer Auslandsvertretung – aber noch immer sprang der Funke nicht über. Die Suche nach Alternativen verlief erfolglos, er machte sein Erstes Staatsexamen und begann das Referendariat. „Vor allem die Arbeit in der Strafrecht-Station hat mich beeindruckt – aber ich wollte mich nicht den ganzen Tag mit Problemen anderer Menschen beschäftigen.“

Lesetipp

Cover Design your Life, Bild: Campus
Cover Design your Life, Bild: Campus

Schuhmacher Alexander Fröhlich ist einer von 30 Protagonisten, die im neuen Ratgeber „Design Your Life“ vorgestellt werden. Autoren des Handbuchs sind die beiden Coachs Robert Kötter und Marius Kursawe, die als Team in ihrem Beratungsunternehmen „Work-Life-Romance“ Menschen unterstützen, die sich beruflich verändern wollen. Robert Kötter und Marius Kursawe: Design Your Life. Dein ganz persönlicher Workshop für Leben und Traumjob. Campus 2015. ISBN 978-3593504476. 29,99 Euro

Mitten im Referendariat „brannte mein Fleißmotor aus“, erinnert sich Alexander Fröhlich, und er nahm sich erst einmal eine Auszeit, um zu überlegen, wie es weitergehen sollte. „Ein Freund wies mich auf eine Stelle als Redakteur bei einem Allgäuer Radiosender hin. Eigentlich sollte es nur eine kleine Auszeit sein – es wurden am Ende vier Jahre daraus.“

Seine Berufung hatte Alexander Fröhlich damit aber noch immer nicht gefunden. Zusammen mit seiner Frau, ebenfalls Redakteurin, ging er nach Jerusalem, wo er bei einer Hilfsorganisation arbeitete. „Eigentlich wollte ich etwas ganz Konkretes machen, wie einen Brunnen bauen. Aber die Organisationen wollten mich als Jurist immer in die Rechtsabteilung stecken. Das war nicht, was ich mir vorgestellt hatte.“

Also wieder ein Richtungswechsel: Für die Zeitungsberichte seiner Frau schoss er fortan die Fotos. „Bald merkte ich aber, dass ich eine Ausbildung gebraucht hätte, um besser zu werden. Und die Aussicht, zurück in Deutschland Hochzeiten fotografieren zu müssen, hat mich auch nicht gereizt.“

Dies war der Punkt, an dem Alexander Fröhlich ernsthaft überlegte: Was will ich eigentlich? Was ist beruflich mein Herzenswunsch? Er erinnerte sich daran, dass ihn als Jugendlicher das Handwerk des Schuhmachers beeindruckt hatte. „Bei meinen Klausuren zog ich immer meine besten Schuhe an. Denn wenn die Schuhe passen, fühlt man sich standfester“, so seine Überzeugung.

Nach einiger Überlegung kam Alexander Fröhlich zu dem Schluss, dass der Beruf des Schuhmachers alle seine Interessen vereinigte: Er muss bei den Zeichnungen für einen Maßschuh mathematisch denken können. Bei den Leisten muss er wie ein Bildhauer vor- gehen. Beim Material und der Ausgestaltung kommt der Designer in ihm zum Einsatz. „Maßschuhe sind fast so etwas wie ein Kunstwerk, sie machen etwas aus einem Menschen“, erklärt Alexander Fröhlich seine Faszination. Außerdem reizte ihn das Handwerk als handfester Beruf – während er gleichzeitig zögerte, den Schritt wirklich zu gehen. Erst das Gespräch mit einem Schuhmachermeister, der ebenfalls vorher studiert hatte, gab ihm den Mut, den Schritt zu wagen.

Ich habe im Studium gelernt, Probleme zu analysieren, sie zu strukturieren und eine Lösung zu suchen. Das war eine gute Denkschule und hilft mir heute bei meinen täglichen Aufgaben.

Mit 33 Jahren begann er seine Ausbildung zum Schuhmacher. Sein Meister ließ ihm freie Hand, das zu lernen, was ihn am meisten interessierte – das Anfertigen von Maßschuhen. „Nach der Ausbildung war es nicht leicht, eine Anstellung zu finden. Daher beschloss ich, mich selbstständig zu machen“, berichtet Alexander Fröhlich weiter. Die Werkstatt übernahm er von einem alten Schuhmacher in Bonn, wo die mittlerweile fünfköpfige Familie auch lebt. Das Ladenlokal teilt er sich mit einem Restaurator. „Das hält die laufenden Kosten niedrig und hat Synergieeffekte.“

Leisten, Foto: Alexander Fröhlich
Leisten, Foto: Alexander Fröhlich

Seit zweieinhalb Jahren arbeitet der Jurist nun als Schuhmacher – und ist glücklich über seine Entscheidung. „Ich bin froh, dass mir die richtigen Menschen Mut gemacht haben, diesen Schritt zu gehen. Der Weg bis zu meinem Traumberuf war hart, aber alles, was ich bis dahin erlebt habe, hatte auch seinen Sinn.“ Selbst das Jurastudium sieht Alexander Fröhlich nicht als vergebens an: „Ich gehe mit viel Verstand an eine Sache heran und denke immer viel über meine Arbeit nach, bevor ich sie beginne. Das macht sie am Ende qualitätvoller.“

Eine handwerkliche Ausbildung und praktische Berufserfahrung vor dem Studium würden sicherlich vielen Studenten guttun, ist Alexander Fröhlich überzeugt. Prinzipiell rät er Studenten jedoch, beim Berufswunsch ihrem Herzen zu folgen – aber trotzdem vernünftig zu denken. „Bei mir war es umgekehrt: Ich habe zu viel nachgedacht und erst spät auf mein Herz gehört. Letztlich bin ich froh, meine Berufung über Umwege gefunden zu haben.“