Coaching für Juristen

Bildmontage: Meyer/Fotolia/Natalia-Merzlyakova
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Falk Schornstheimer ist Coach für Juristen und HR-Berater für Anwälte und Kanzleien. Das Interview führte André Boße.

Falk Schornstheimer, Foto: Privat
Falk Schornstheimer, Foto: Privat

Germanistik-Studium in Köln, danach sechs Jahre lang Redakteur beim juristischen Fachverlag Juve. Ab 2004 sechs Jahre lang Personalmanager in den Wirtschaftskanzleien Gleiss Lutz sowie Freshfields Bruckhaus Deringer. Seit Oktober 2010 selbstständiger Coach und HR-Berater für Anwälte und Kanzleien. www.lawyer-coaching.de

Ausatmen Herr Schornstheimer, was macht Coaching für Juristen so besonders?
In Unternehmen und der Industrie ist Coaching als Werkzeug zur Entwicklung von Führungskräften schon lange bekannt. Man könnte jetzt denken, dass ein guter Coach mit Management-Erfahrung sein Know-how auch auf Juristen in einer Kanzlei übertragen kann. Das ist zu einem gewissen Teil sicher auch möglich. Wer sich als Coach jedoch nie mit der Partnerschaftsstruktur einer Sozietät beschäftigt hat, wird Schwierigkeiten bekommen.

Warum?
Es gibt viele Besonderheiten des Anwaltberufes. Das fängt bei der Ausbildung an, geht über die Sozialisation und das Berufsbild bis hin zur Arbeitskultur in den Kanzleien.

Sprich: Juristen ticken anders.
Schon, ja. Zum Beispiel sind Juristen darauf getrimmt, das Haar in der Suppe zu finden. Ihre Eigenschaften: sehr anspruchsvoll, sehr kritisch und genau. Wer als Coach auf einen Juristen trifft, muss ihn viel mehr als einen Manager vom Mehrwert des Coachings überzeugen. Zudem besitzt eine partnerschaftlich organisierte Kanzlei ganz andere Strukturen als ein Unternehmen. Es gibt keine klaren Hierarchien, keine eindeutigen Führungsstufen und dadurch wenige Eskalationsmöglichkeiten bei Konflikten. Nachwuchsjuristen haben einen Partner an ihrer Seite, von dem sehr viel abhängt. Er kann sie fördern. Aber auch in der Luft hängen lassen. Fürs Coaching spielen diese Dinge eine große Rolle.

Welches Image hat Coaching in Kanzleien?
Es gibt immer noch Sozietäten, die denken, Coaching sei eine Art Reparaturbetrieb. Dann hören Sie Aussagen wie: „Das brauchen wir nicht, wir haben hier super Leute.“ Dabei ist Coaching dann natürlich umso wichtiger, weil es die super Leute fördert und auch belohnt.

Warum wird Coaching in diesem Sinne für Kanzleien immer wichtiger?
Weil die Anforderungen an die eigene Reflexionsleistung immer höher werden. Alles, was mit Aufstieg und Karriere zu tun hat, wird heute stark hinterfragt. Es gibt interne Prozesse, die man auf dem Weg nach oben durchlaufen muss – und da ist es schon wichtig, das Richtige zu tun. Ein Beispiel: Es gibt heute wohl keinen Associate mehr, der zum Partner oder Salary Partner ernannt wird, ohne dass er einen Businessplan aufstellen kann. Die Frage ist: Wie geht so was? Nicht nur technisch, sondern auch gedanklich: Wie nähere ich mich der Aufstellung eines Geschäftsmodells? Hier hilft Coaching ungemein.

Wie findet man einen Coach?
www.coach-datenbank.de

Ein Ratschlag für ein Coaching-to-go: Über was sollte man sich als Jurist in der Phase des Karriereeinstiegs Gedanken machen?
So schlicht es klingen mag: sich zurücknehmen und sich selbst fragen, was man eigentlich will. Häufig ist es heute so, dass junge Juristen zunächst für sehr viele Karrierewege offen sind und ganz bunte, vielfältige Interessen benennen. Erlauben dann allerdings die Examensnoten den Start in einer Wirtschaftskanzlei, wählen viele opportunistisch diese Variante. Das kann gut gehen. Muss es aber nicht. Wichtig ist aus meiner Sicht der Zwischenschritt, sich zu fragen, was man fachlich und vor allem persönlich mitbringt und was man davon für den Job nutzen will. Diese Weichenstellung hilft zu vermeiden, dass man – wenn es gut geht – ins Glück stolpert. Mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit kann man nämlich auch ins Pech stolpern, und das fühlt sich dann nicht so schön an. Ich treffe zu viele Führungskräfte mit Mitte 40, die genau das erlebt haben.