Spezialist in Medizinprodukterecht

Das Medizinprodukterecht stellt eine Nische innerhalb des Medizinrechts dar. Es handelt sich um ein komplexes Rechtsgebiet, das sich vom Arzneimittelrecht grundsätzlich unterscheidet. Das europäisch harmonisierte Rechtsgebiet regelt die Verkehrsfähigkeit und den Betrieb von über 400.000 verschiedenen Medizinprodukten. Von Dr. Christoph Göttschkes, Kanzlei Lücker MP-Recht, Essen

Allein die deutsche Medizintechnikindustrie beschäftigt in gut 1200 Herstellerfirmen 210.000 Mitarbeiter, die Bandbreite der Produkte reicht vom Verbandmaterial bis zum Herzschrittmacher. Daher besteht ein großer Bedarf nach spezialisierter Rechtsberatung. Aufgrund der Bandbreite der Produkte sowie ihres technisch komplexen Aufbaus, etwa eines Magnetresonanztomographen, erfordert die Tätigkeit als Medizinprodukterechtler ein gewisses technisches Verständnis.

Das Durchdringen der Funktionsweise eines Produktes ist Voraussetzung dafür, Rechtsfragen einer praxisorientierten Lösung zuführen zu können. Darüber hinaus ist ein ausgeprägtes wirtschaftliches Denken unerlässlich. Im Mittelpunkt der Rechtsfragen stehen regulatorische Aspekte rund um das auf Basis europäischer Richtlinien erlassene Medizinproduktegesetz samt zugehöriger Verordnungen. Die Fragestellungen betreffen insbesondere die Abgrenzung von Medizinprodukten zu anderen Produktkategorien, deren Risikoklassifizierung, die Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten sowie den Betrieb von Medizinprodukten und diesbezüglichen Meldepflichten bei Vorkommnissen.

Auch die Vertragsgestaltung zwischen den einzelnen Akteuren spielt hierbei eine wichtige Rolle. Da in Deutschland knapp 90 Prozent der Bevölkerung gesetzlich versichert sind, setzt die Wirtschaftlichkeit der Vermarktung vieler Medizinprodukte eine Erstattungsfähigkeit derselben durch die gesetzlichen Krankenkassen voraus. Fragestellungen zu den Vorgaben des SGB V sind deshalb eine häufige Aufgabenstellung für den Medizinprodukterechtler.

Darüber hinaus bestimmen wettbewerbsrechtliche Fragestellungen seinen Tätigkeitsalltag. Bedeutung kommt dabei insbesondere den speziellen Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes zu, dessen wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen über die allgemeinen Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb hinausgehen. Sowohl die präventive Prüfung von Werbematerialien als auch die Durchsetzung und Abwehr wettbewerbsrechtlicher Ansprüche spielen dabei eine Rolle.

Die Tätigkeit als Medizinprodukterechtler erfordert fundierte Kenntnisse des europäisch harmonisierten Medizinprodukterechts, des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der wettbewerbsrechtlichen Vorgaben. Wer sich durch diese Rechtsgebiete angesprochen fühlt, Interesse an technischen Zusammenhängen mitbringt und bereit ist, sich konsequent zu spezialisieren, kann die Tätigkeit als Rechtsanwalt im Medizinprodukterecht als Berufsziel sehen.

Spezialist in Baurecht

Die deutsche Bauindustrie verzeichnet derzeit Rekordumsätze und stellt einen der größten und wichtigsten Wirtschaftszweige dar. Zwar sorgen verschiedene Großprojekte wie der Berliner Flughafen oder Stuttgart21 immer wieder für negative Schlagzeilen. Trotzdem – oder gerade deswegen – bietet das private Baurecht für Rechtsanwälte und Unternehmensjuristen ein spannendes Betätigungsfeld. Von Dr. Robert Castor, Partner bei Lutz Abel, Hamburg/München Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.

Juristen im privaten Baurecht beschäftigen sich im Kern mit dem Vertragsverhältnis zwischen dem Bauherrn (Auftraggeber) und dem Bauunternehmer (Auftragnehmer). Am Anfang der juristischen Beratung steht dabei oft die Gestaltung der Verträge. Aber auch während der Bauzeit wird regelmäßig juristischer Rat benötigt: Hat der Bauunternehmer einen Anspruch auf zusätzlichen Lohn? Wie reagiert man richtig, wenn es zu Baumängeln oder zu Verzögerungen kommt?

Was beim Einfamilienhaus noch übersichtlich erscheint, führt bei großen Bauvorhaben mit einer Vielzahl von Beteiligten und schwierigen bautechnischen Themen schnell zu komplexen Fragestellungen. Gerade bei großen Bauvorhaben wird häufig über Millionenbeträge gestritten. Daher sind Experten gefragt. In der Regel werden hier Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht tätig, die eng mit Sachverständigen zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es Juristen, komplexe technische Sachverhalte zu bewerten und nötigenfalls auch vor Gericht zu klären.

Aus juristischer Sicht ist Baurecht zunächst Werkvertragsrecht. Die maßgeblichen Regelungen finden sich also in §§ 631 ff. BGB. Da dort keine spezifischen Regelungen über Bauverträge enthalten sind, werden die gesetzlichen Regelungen in der Praxis durch die Vereinbarung der VOB/B („Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“) ergänzt. Darüber hinaus sind im Baurecht verschiedene spezielle Vorschriften zu beachten, die beispielsweise das Honorar für Architekten regeln (HOAI) oder besondere Vorgaben für Bauträgerverträge enthalten (MaBV).

Der auf das private Baurecht spezialisierte Anwalt muss dabei auch die aktuelle Rechtsprechung verfolgen, die im privaten Baurecht maßgeblich zur Rechtsfortbildung beiträgt. „Dicke Bretter zu bohren“ gehört für Juristen, die im Baurecht spezialisiert sind, also dazu. Für viele macht gerade dies die Freude am Beruf aus: komplexe technische Sachverhalte verstehen, sortieren und dann in juristische Kategorien übertragen. Da die Rechtsanwälte regelmäßig vor Ort auf der Baustelle sind oder zumindest Pläne und Zeichnungen auf dem Tisch liegen haben, ist Baurecht sehr vielseitig und abwechslungsreich und vor allem weit weniger abstrakt, als viele andere Rechtsgebiete. Auch dies macht den besonderen Reiz dieses Rechtsgebietes aus.

Spezialist in Musikrecht

Juristen in der Musikwirtschaft betreuen neben den Künstlern auch die Verwerter von kreativen Leistungen sowie im Ausnahmefall sogar die Rechtsverletzer. Kenntnisse aus etlichen Bereichen des Wirtschaftsrechts werden dabei ebenso benötigt wie praktische Erfahrungen. Von Knut Eigler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie Partner der Kanzlei Berndorff Rechtsanwälte Berlin

Wie lange darf ich aus einer alten Plattenaufnahme samplen? Wann fallen die Rechte an meinen Musikaufnahmen an mich zurück? Wie bekommen wir von YouTube Geld für unsere Videos? Dies sind Fragen, mit denen Künstler auf einen Musikrechtler zukommen. Allerdings ist die Beratung von Musikern – sei es der unbekannte Jazzmusiker oder der erfolgreiche Popstar – nur eine Art von möglichen Mandanten. Die Betreuung von Plattenlabels, Musikverlagen, Produzenten, Tourneeveranstaltern oder Künstlermanagern als Vertragspartner der Musiker gehört genauso zum Spektrum des Musikrechts wie die Vertretung von Filmproduktionen, Werbeagenturen, TV-Sendern oder Veranstaltungsstätten als Nutzer von künstlerischen Leistungen.

Um die Musik bestmöglich verwerten zu können, sind Kenntnisse des Urheberrechts genauso unerlässlich wie solche des allgemeinen Zivil-, Marken-, Persönlichkeits- oder Gesellschaftsrechts. Hinzu kommt das Recht der Verwertungsgesellschaften und der Künstlersozialkasse. Vor allem der Entwurf, die Verhandlung oder die Prüfung von Verträgen stehen im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Musikrechtlers.

Die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen ist ein weiterer Bereich, wobei die gerichtliche Tätigkeit im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten nicht so stark im Vordergrund steht. Viele Streitigkeiten werden im Verhandlungswege einvernehmlich gelöst. Dies liegt zum einen daran, dass die Branche recht überschaubar ist und die Protagonisten sich schnell bei anderer Gelegenheit wiedertreffen können. Zum anderen gibt es nur wenige Richter, die auf diesen kleinen Rechtsbereich spezialisiert sind.

Für einen Berufseinstieg besonders hilfreich ist eine Kombination aus juristischen Fähigkeiten und einer starken Affinität zur Musikbranche. Nicht wenige Kollegen haben bereits eine Karriere als Musiker, Produzent oder DJ verfolgt, haben ein Plattenlabel betrieben oder waren als Veranstalter tätig, bevor sie ihre Praxiserfahrungen und theoretischen Kenntnisse in ihrer Arbeit als Anwalt oder Unternehmensjurist verbanden.

Kaum ein Wirtschaftszweig hat sich durch die Digitalisierung in den letzten 20 Jahren so nachhaltig und gravierend verändert. Die Musik war dabei vor dem Film, Fernsehen, Buch oder Print der erste Bereich der Kreativwirtschaft, der vor schwerste Herausforderungen gestellt war. Völlig neue internetbasierte Auswertungsformen durch Unternehmen, die die bisherige Rechtsordnung des Urheberrechts vom Grundsatz her infrage stellen, werden auch zukünftig anspruchsvolle Rechtsfragen aufwerfen.

Spezialist im Kartellrecht

Ein Kartell? Dabei muss es weder um die OPEC-Staaten noch um mafiöse Strukturen gehen. Ein Kartell ist definitionsgemäß bereits gegeben, wenn Unternehmen Vereinbarungen über ihr künftiges Wettbewerbsverhalten treffen. Zu den zahlreichen Fragen in diesem Zusammenhang beraten Kartellrechtler. Von Dr. Johannes Ylinen, Senior Associate bei WilmerHale Berlin

Kartelle – aber auch eine Vielzahl weiterer wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen von Unternehmen – sind wegen ihrer schädlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb grundsätzlich verboten. Das Kartell- recht dient dem Schutz des freien Wettbewerbs, da dieser nach Auffassung des Gesetzgebers zu den besten Marktergebnissen führt. Typische illegale Wettbewerbsbeschränkungen sind zum Beispiel Preis- oder Quotenabsprachen oder die Aufteilung von Märkten zwischen Wettbewerbern (sogenannte Hardcore-Kartelle).

Anders als der Begriff „Kartellrecht“ suggeriert, sind aber auch Beeinträchtigungen des Wettbewerbs durch einzelne „marktbeherrschende“ Unternehmen im Grundsatz verboten. Auch die Fusionskontrolle, bei der geprüft wird, ob ein Unternehmenszusammenschluss zweier Konkurrenten zu einer „marktbeherrschenden“ Stellung führt oder eine solche verstärkt, ist ein wichtiger Teil des Kartellrechts.

Wer sich mit dem Kartellrecht befasst, sollte sich gern in komplexe wirtschaftliche Sachverhalte einarbeiten und juristisch Generalist sein. Ein Verständnis der wirtschaftlichen Gegebenheiten ist in der Regel unabdingbar. Den Arbeitsalltag des Kartellrechtlers prägen nicht nur das deutsche und das europäische Wettbewerbsrecht, sondern auch unter anderem die Vorschriften des Verwaltungs-, Ordnungswidrigkeiten-, Strafprozess-, Zivil- und Zivilprozessrechts.

Neben schwindelerregenden Bußgeldern, spektakulären Zusammenschlussverfahren und kniffligen Streitigkeiten um marktversperrende Patentstrategien sind zuletzt insbesondere zivilrechtliche Schadensersatzprozesse ins Blickfeld des Kartellrechts gerückt. Dabei sind Kartellverstöße und das davon abhängige Ausmaß des eingetretenen Schadens aufzuklären. Umstritten ist, inwieweit die Geschädigten hierfür die amtlichen Verfahrensakten und die dort befindlichen Kronzeugenanträge von Kartelltätern einsehen dürfen. Für die Ermittlung der Schadenshöhe muss das Gericht den hypothetischen Wettbewerb – also den Wettbewerb, der ohne das verbotene Kartellverhalten stattgefunden hätte – zugrunde legen.

Auch Verjährungs- und Regressthemen, die mit der gesamtschuldnerischen Haftung der Kartelltäter zusammenhängen, machen das Ganze spannend. Insgesamt bietet die breit angelegte juristische Grundausbildung eine ausbaufähige Grundlage für die Befassung mit dem Kartellrecht. Im Rahmen einer Referendariatsstation kann man sich daher auch ohne eingehende kartellrechtliche Vorbildung einen guten ersten Eindruck von diesem vielfältigen Tätigkeitsgebiet verschaffen.

Spezialist im Sportrecht

Sport ist sein Metier: Paul Lambertz arbeitet als Associate bei der Düsseldorfer Kanzlei Beiten Burkhardt. Er berät seine nationalen und internationalen Mandanten nicht nur im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrechts, sondern auch im Sportrecht. Von Sabine Olschner

Den ersten Kontakt zum Thema Sportrecht hatte Paul Lambertz bereits während seines Jura-Studiums an der Uni Heidelberg: Der Student betrieb intensiv Triathlon und trainierte mit einer Profisportlerin, die sich gegen eine Dopinganschuldigung anwaltlich wehren musste. „Diesen Rechtsbereich fand ich sofort sehr interessant. Nachdem ich meine Ambitionen, den Sport professionell zu betreiben, schnell begraben musste, sah ich mit dem Sportrecht die Möglichkeit, Beruf und Leidenschaft zu verbinden“, erinnert sich Paul Lambertz.

Paul Lambertz, Foto: Daniel Hermes
Paul Lambertz, Foto: Daniel Hermes

In seinem Referendariat arbeitete er daher unter anderem beim Sportamt der Stadt Düsseldorf – „was aber leider nicht viel mit Sportrecht zu tun hatte“ – und ging in seiner Wahlstation zum renommierten Sportanwalt Dr. Michael Lehner. „Das war eine spannende Zeit, auch weil Michael Lehner den Leichtathleten Charles Friedek bei seiner Schadensersatzklage wegen der unterbliebenen Olympianominierung vertreten hat. Die diesem Verfahren übergeordnete Frage „Haben Sportler einen Anspruch auf eine Olympia-Teilnahme?“ wurde dann auch eine wesentliche Fragestellung meiner Doktorarbeit.“

Nach der Wahlstation beschäftigte sich Paul Lambertz weiter mit dem Fall Charles Friedek und verfasste unter anderem Fachbeiträge und Urteilskommentierungen zu dem Verfahren. „Ein Highlight für mich war, als der Bundesgerichtshof mich in seinem Urteil in dem Friedek-Verfahren zitierte.“ Nach dem Referendariat stieg der promovierte Jurist zunächst bei einer Kanzlei in Köln ein, wo er sich hauptsächlich mit Versicherungshaftrecht beschäftigte. Aber auch zwei erste Sportrechtsfälle konnte er in dieser Zeit akquirieren: Unter anderem ließ sich ein Profi-Athlet aus Freiburg bei einem Streit mit seinem Sponsor von Paul Lambertz vertreten.

Im Juni 2014 wechselte er schließlich zur Kanzlei Beiten Burkhardt in Düsseldorf. Hier arbeitet er nun als Wirtschaftsanwalt, wird aber auch zu allen Fällen hinzugezogen, in denen es um Sportrecht geht. „Es gibt nur ganz wenige Anwälte, die allein vom Sportrecht leben können“, erklärt der Associate. „Denn der Markt ist klein, und das Bewusstsein für eine Rechtsberatung ist in der Sportbranche noch nicht richtig angekommen. Mit zunehmender Professionalisierung des Sports ändert sich das allerdings langsam.“

Es gibt nur ganz wenige Anwälte, die allein vom Sportrecht leben können

Eine Fachanwaltschaft für Sportrecht gibt es bislang nicht, weil sich der Fachbereich nur schwer von anderen abgrenzen lässt. „Es ist viel Vereinsrecht dabei, aber auch die Themen Bildrecht, Persönlichkeitsrecht oder Arbeitsrecht spielen mit hinein“, sagt Paul Lambertz. „Viele rechtliche Fragen sind bislang im Sport noch nicht gestellt worden, das macht diesen Bereich so spannend.“ Zu seinen Mandanten zählen unter anderem Olympiateilnehmer, Weltmeister und Sportveranstalter.

Bei Sportrechtsfällen aus seinem Anwaltsalltag ging es bislang zum Beispiel um die Verhandlung von Spielerverträgen mit Fußballbundesligisten, die Dauerberatung von Profiathleten oder die laufende Beratung eines weltweit agierenden Rennveranstalters. Da sich Paul Lambertz so gut in seinem Metier auskennt, ist er zudem Schiedsrichter beim Deutschen Sportschiedsgericht und wurde zuletzt als Einzelschiedsrichter in einem Dopingverfahren berufen.

„Ich bin der Einzige in unserer Kanzlei, der sich so intensiv mit dem Sportrecht befasst, daher werde ich bei fast allen Fällen dieser Art hinzugezogen. Der Vorteil der Kanzlei ist: Ich kann auf das Wissen und die Erfahrung meiner Kollegen zurückgreifen und so immer ein schlagkräftiges Team zusammenstellen.“

Jungen Juristen, die sich für das Sportrecht interessieren, empfiehlt Paul Lambertz: „Man muss die Sprache seiner Mandanten sprechen. Daher ist es nicht verkehrt, wenn man sich in der Welt des Profisports ein bisschen auskennt.“ Außerdem müsse man bereit sein, sich in Sachverhalte richtig reinzuknien. „Oft gibt es noch keine Urteile, an denen man sich orientieren könnte – daher ist man häufig ein Pionier.“

Seiner sportlichen Leidenschaft, dem Triathlon, kann Paul Lambertz heute neben seiner Arbeit und seiner Familie nicht mehr so nachgehen wie früher. „Aber hin und wieder mache ich mit meinen Mandanten zusammen Sport.“ Seine Büro- wand zieren verschiedene Trikots und andere Sportutensilien, die er nach erfolgreicher Zusammenarbeit von seinen Mandanten geschenkt bekommen hat. Es ist unverkennbar: Paul Lambertz‘ Herz schlägt auf jeden Fall für das Sportrecht.

Weiterbildende Masterstudiengänge

Universität Bayreuth
Master of Laws (LL.M.) Sportrecht
www.campus-akademie.uni-bayreuth.de/de/studiengaenge/llm-sportrecht/index.html

Justus-Liebig-Universität Gießen/
Sporthochschule Köln
Master of Laws (LL.M.) Sportrecht
www.sportrechtsmaster.de

Was macht eigentlich eine Datenschutzberaterin, Frau Philipp?

Dr. Claudia Philipp, Juristin und Datenschutzberaterin bei atarax. Von Sabine Olschner

Dr. Claudia Philipp arbeitet als Datenschutzjuristin beim Consultingunternehmen atarax. Die Consultants beraten ihre Kunden in allen Belangen rund um das Thema Unternehmenssicherheit. Angefangen hat Claudia Philipp als Datenschutzberaterin. Mittlerweile leitet die Juristin die Rechtsabteilung, bestehend aus einem elfköpfigen Datenschutzberater-Team. „Wir prüfen bei unseren Mandanten alle datenschutzrechtlichen Prozesse“, fasst sie die Aufgaben der Juristen zusammen.

Aufgaben von Datenschutzberatern oder -beauftragten:

• Überwachung der betrieblichen Datenverarbeitung
• Wahrung des Datengeheimnisses
• Tätigkeitsberichte gegenüber der Geschäftsleitung
• Hinweise gegenüber der Geschäftsleitung über datenschutzrechtlich erforderliche Maßnahmen
• Schulung und Beratung der Mitarbeiter in Angelegenheiten des Datenschutzes und des Datengeheimnisses
• Meldepflichten bei Datenschutzvorfällen

Jedes Unternehmen, in dem sich mehr als neun Mitarbeiter mit personenbezogenen Daten befassen, benötigt einen Datenschutzbeauftragten. Dies kann ein interner Mitarbeiter des Unternehmens sein. Die Ausbildung erfolgt dann zum Beispiel über den größten deutschen Datenschutzverband, die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit.

Im Rahmen von regionalen Erfahrungsaustauschkreisen ist Claudia Philipp regelmäßig als Ausbilderin für Datenschutzbeauftragte tätig. Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen ist, sich Hilfe von außen zu holen – in Form eines externen Datenschutzberaters. „Als Datenschutzberater sollte man breite Interessen mitbringen: Man muss sich in die Prozesse des Mandanten hineinversetzen können und gleichzeitig auch dessen IT-Prozesse verstehen“, erklärt Claudia Philipp.

Außerdem müsse man empathisch sein und dem Mandanten gut zuhören können. „Im Gegensatz zum Rechtsanwalt tragen wir keine Konflikte aus, sondern arbeiten immer lösungsorientiert und suchen den Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen.“ Der Juristin gefällt besonders, dass man sich beim Thema Datenschutz immer ganz nah an aktuellen technischen Entwicklungen bewegt: neue Apps, Bring your own device – all diese technischen Neuerungen haben auch Einfluss auf datenschutzrechtliche Bestimmungen im Unternehmen.

Job-Steckbrief Datenschutzberater/Datenschutzbeauftragter

Ausbildung: Voraussetzungen: Gehalt: Informationen: Ausbildung zum Datenschutzbeauftragten (über GDD, TÜV etc.) oder Jurastudium oder Informatikstudium Fachkunde und Zuverlässigkeit Abhängig von Qualifikation und Erfahrung. Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit www.gdd.de Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands www.bvdnet.de

Ausbildung zum Datenschutzbeauftragten

https://www.modal.de/ausbildung/datenschutz

Jurist und Bestseller-Autor Dr. Sebastian Fitzek im Interview

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Mit einer weltweiten Auflage von rund acht Millionen Büchern zählt Sebastian Fitzek zu den Königen des Thriller-Romans. Vor seiner Karriere als Bestsellerautor studierte der Berliner Jura, promovierte sogar im Urheberrecht. Im Interview für den karriereführer erzählt der 44-Jährige, warum das Datenschutzrecht immer wichtiger wird, was ihm am Jura-Studium gefiel und was er beim Lernen rückblickend falsch gemacht hat. Die Fragen stellte André Boße.

Herr Fitzek, Ihr aktueller Thriller „Das Joshua-Profil“ beschäftigt sich mit dem Missbrauch von Daten, also indirekt auch mit dem Datenschutzrecht. Als promovierter Jurist: Wie bewerten Sie heute die Situation in Deutschland? Wie ist es um die Datensicherheit bestellt?
Ich gehörte lange Zeit zu den vielen Leuten, die sagten: „Na, sollen sie doch sammeln – ich habe nichts zu verbergen.“ Ich war selbst in marktforschungsbasierten Unternehmen tätig. Dort hat man eifrig gesammelt, viele Daten jedoch nie ausgewertet. Es ist nämlich eine große Herausforderung, der Flut von Daten überhaupt Herr zu werden. Heute denke ich jedoch: Irgendwann wird man sie meistern können. Und dann könnte es bedrohlich werden.

Zur Person

Sebastian Fitzek, Foto: Olivier Favre
Sebastian Fitzek, Foto: Olivier Favre

Sebastian Fitzek, geboren 1971 in Berlin, zählt mit einer Auflage von rund acht Millionen Exemplaren in 24 Ländern zu den erfolgreichsten deutschen Schriftstellern. Nach einem halben Semester Tiermedizin studierte er in Berlin Jura bis zum Ersten Staatsexamen und promo- vierte im Urheberrecht. Statt als Jurist zu arbeiten, ging er jedoch in die Medienbranche, dort war er unter anderem als Chefredakteur beim Radio und als Formatentwickler fürs Fernsehen tätig. Seinen ersten Thriller „Die Therapie“ veröffentlichte er 2006. Mittlerweile hat der 44-Jährige mehr als ein Dutzend Bücher veröffentlicht, die allesamt zu Bestsellern wurden. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berlin.

Von wem wird die Bedrohung ausgehen?
Ich denke weniger an die „da oben“, also an den Staat, als vielmehr an private Organisationen, die dann deutlich unkontrollierter als die Geheimdienste unsere Daten verwerten. Dann wird es unbehaglich, weil nicht klar sein wird, auf welche Weise Anthropologen unsere Daten gewichten werden.

Was befürchten Sie?
Es ist ja heute offensichtlich, dass sich Arbeitgeber die Facebook-Seiten von Bewerbern anschauen, um zu prüfen, welchen Lebenswandel sie pflegen. Nun habe ich eine Geschichte aus den USA gehört, in der der Mitarbeiter eines Unternehmens plötzlich einen höheren Krankenkassenbeitrag zahlen sollte als seine Kollegen. Er fragte, warum dem so sei, und die Kasse antwortete: Na ja, Sie sind nicht bei Facebook, daher können wir Ihren Risikofaktor nicht einschätzen – und dagegen müssen wir uns absichern. Sprich: Selbst der Entzug aus der Datenwelt ist nicht die Königslösung. Früher waren die Anthropologen in Südamerika unterwegs, um Urvölker zu erforschen. Heute werden sie von Konzernen angestellt, um Kunden, Mitarbeiter oder Bewerber nach Risikofaktoren zu bewerten.

Wenn selbst der Datenwelt-Entzug nicht funktioniert: Haben wir nichts gegen den Datenmissbrauch in der Hand?
Wir können uns heute dafür sensibilisieren, damit wir morgen die richtigen Entscheidungen treffen. Und das wird gerade für Juristen schwierig genug, denn das Datenschutzrecht wird sich in Zukunft großen Herausforderungen stellen müssen. Nehmen wir zum Beispiel die Abschaffung des Bargeldes. Dieser Schritt könnte strafrechtlich große Vorteile bringen. Geldwäsche und auch Dealergeschäfte werden erschwert, eine Karriere wie die von Drogenbaronen wäre ohne Cash kaum noch möglich. Das ist gut. Weniger gut ist jedoch, dass alle Bezahlvorgänge nachverfolgbar wären. Das in richtige Bahnen zu lenken, wird, wenn es so kommt, für den Datenschutz eine gigantische Aufgabe.

Sie haben Ihr Erstes Staatsexamen in Jura absolviert, danach promoviert. Welche Lehre haben sie aus Ihrem Studium gezogen?
Ich bin das Studium, wie viele andere auch, sehr strategisch angegangen. Sprich, ich habe mir überlegt, welche Fächer mit höherer Wahrscheinlichkeit geprüft werden als andere, und habe auf Lücke gelernt. Das hat funktioniert, ich kam sehr gut durch, weil ich genügend prüfungsrelevantes Wissen angehäuft hatte.

Ich warne davor, einen Karriereplan in Form einer Checkliste zu verfolgen, den man streng nach Erfolgsaussicht abarbeitet.

Also alles richtig gemacht?
Rückblickend eher nicht, denn so habe ich mich im Studium nicht eingehend mit den Themen wie Rechtsethik, Rechtsphilosophie oder auch Rechtsgeschichte befasst. Die Erfahrung zeigte einfach, dass man diese Inhalte für die Klausuren nicht brauchte. Was mir daher fehlte, war der Zugang zu einem Thema wie dem Sinn und Zweck einer Strafe. Heute sage ich: Das ist lebensrelevantes Wissen. Als Jurist wurde ich perfekt für das System ausgebildet, kam aber niemals auf die Idee, das System selbst in Frage zu stellen.

Bereuen Sie das?
Durchaus, ja. Man sollte nicht probieren, lediglich zu funktionieren, sondern auch lernen, die Dinge zu hinterfragen. Gerade als Jurist.

Leichter gesagt als getan, oder?
Da stimme ich zu. Wenn das prüfungsrelevante Wissen so groß ist, dass man überhaupt keine Zeit mehr dafür hat, dieses Wissen zu hinterfragen – dann wird es eng. Dennoch ist es wichtig.

Sebastian Fitzek, Das Joshua Prinzip, Cover: Knaur
Sebastian Fitzek, Das Joshua Prinzip, Cover: Knaur

Aktuelle Thriller von Sebastian Fitzek:

Das Joshua-Profíl. Bastei Lübbe 2015. ISBN 978-3785725450. 19,99 Euro
Passagier 23. Knaur Taschenbuch 2015. ISBN 978-3426510179. 9,99 Euro

Sebastian Fitzeks Thriller sind auch als Hörbuch und E-Book erhältlich.

Was sind die negativen Folgen, wenn man sein Wissen nicht hinterfragt?
Viele der Krisen, die wir heute erleben, wurden fächerübergreifend von Menschen verursacht, die exzellente Hochschulen besucht und ihre Staatsexamina mit Auszeichnung absolviert hatten. Wir sehen also, dass eine auf dem Papier perfekte Ausbildung nicht davor schützt, blind zu sein für die krisenhaften Entwicklungen, die sich draußen in der Realität abspielen. Ich warne daher davor, einen Karriereplan in Form einer Checkliste zu verfolgen, den man streng nach Erfolgsaussicht abarbeitet. Das mag sich an der Uni noch lohnen. Später im Leben erkennt man jedoch, dass sich eklatante Lücken auftun. Um den Kreis zu schließen: Wer heute als junger Jurist denkt, Datenschutzrecht sei ein kompliziertes Nebenthema, das man lieber auslässt, wird dann, wenn die Relevanz steigt, Schwierigkeiten haben, es zu durchdringen.

Hat Ihnen das Jura-Studium dennoch Spaß gemacht?
Ja. Ich bin ein Mensch, der nichts lernt, wenn jemand vor mir steht und Dinge aufzählt, die ich mir zu merken habe. Ich erinnere mich mit Grauen an meine Pflichtvorlesungen in Tiermedizin, wo vorne ein Professor stand, der mit seinem Stock jeden einzelnen Muskel eines Pferdes aufzählte. Ich habe mich entgeistert umgeschaut und verwundert gemerkt, dass die anderen das alles mitgeschrieben haben. Ich dachte mir: Wie soll man sich denn die Namen von tausend Muskeln merken? Weil ich eine Menge Freunde hatte, die Jura studierten, habe ich das dann auch begonnen. Die Art des Lernens durch die Vertiefung in Bücher hat mir dann sehr viel besser gefallen. Und: Ich fand viele Inhalte auch sehr interessant.

Zum Beispiel?
Alles, was sich um Recht und Gerechtigkeit dreht. Das sind ja auch Themen, die in meinen Büchern immer eine große Rolle spielen. So ist mir während des Studiums klar geworden, dass unser Rechtssystem nicht allein die individuelle Gerechtigkeit im Blick haben kann, sondern die allgemeine Gerechtigkeit. Ein Beispiel dafür ist die Verjährung. Nur weil ein Kalenderblatt umspringt, ist eine Tat nicht mehr strafbar, eine Forderung nicht mehr zu begleichen. Noch vor einer Minute war das anders. Das ist für ein Opfer oder einen Gläubiger individuell gesehen in keiner Weise gerecht. Für den Staat ist die Praxis der Verjährung jedoch notwendig, damit die Gerichte nicht durch alte Fälle verstopft werden. Denn dann würden die Gerichte ihre Handlungsfähigkeit verlieren – und es gäbe überhaupt keine Gerechtigkeit mehr. Es gibt also juristische Entscheidungen, die für ein Individuum bitter, für die Mehrheit jedoch notwendig sind. Für die Öffentlichkeit ist es manchmal sehr schwer, das zu begreifen.

Das Datenschutzrecht wird sich in Zukunft großen Herausforderungen stellen müssen.

Zum Abschluss noch einmal zurück zum Datenschutz. Machen Sie sich als Thriller-Autor eigentlich Sorgen, dass Ihr sicherlich extremes Suchverhalten im Netz negative Folgen haben könnte?
Ich hoffe, beim BKA weiß man, dass ich ein Thriller-Autor bin, sonst würde man es tatsächlich seltsam finden, wenn ich im Netz häufig nach verlassenen Orten suche, wo man gut eine Leiche verstecken könnte. (lacht) Aber diese Recherchen mache ich ja bewusst. Ich weiß, dass es verdächtig wirken könnte – kann das Verhalten aber mit meiner Arbeit erklären. Mehr Angst macht mir, dass einzeln genommen total unverdächtige Handlungen dazu führen können, in ein auffälliges Cluster zu rutschen. Zum Beispiel, wenn ich mir ohne großes Nachdenken eine bestimmte Art von Reinigungsmittel kaufe. So wie es mal die Theorie gab, dass ein hoher Anteil von Serienmördern und Psychopathen das Buch „Der Fänger im Roggen“ im Regal stehen hat. Man vermutete, dass diese Leute die Fiktion nicht von der Wirklichkeit unterscheiden konnten. In Wahrheit war Salingers Buch einfach nur sehr beliebt. Es war also wohl eher eine Frage der Wahrscheinlichkeit als der Kriminologie.

Filmtipp

Wie entstehen eigentlich die Gesetze in Europa? Das zeigt die Kino-Dokumentation „Democracy – im Rausch der Daten“, die den Weg eines wichtigen EU-Gesetzes nachgeht. Regisseur David Bernet erzählt eine spannende und hochbrisante Geschichte über eine kleine Gruppe von Politikern, die versucht, die Gesellschaft in der digitalen Welt vor den Gefahren von Big Data und Massenüberwachung zu schützen. Zweieinhalb Jahre hat David Bernet den Gesetzgebungsprozess begleitet. Vereinzelt läuft der Film noch in den Kinos – aktuelle Termine finden sich auf www.democracy-film.de. Ab dem 20. Mai 2016 wird es „Democracy“ auch als DVD im Verkauf geben.

Datenschutz, Patente, Produkthaftung – wie sich das Wirtschaftsrecht verändert

Im weiten Feld des Wirtschaftsrechts tut sich was. Megatrends wie die Digitalisierung und die Globalisierung führen dazu, dass bisher weniger bekannte Rechtsbereiche hohe Nachfrage erfahren. Ob Datenschutz-, Patent- oder Produkthaftungsrecht: Die Zeit verlangt nach neuen Experten. Gefragt sind Juristen mit Begeisterung für IT und Technik. Von André Boße

Datenschutzrecht: Das Thema der Zukunft

Mitte der 1980er-Jahre erhitzte das Thema Datenschutz kurz die deutschen Gemüter. Die Bundesrepublik hatte eine Volkszählung angeordnet – und die Bürger gingen auf die Straße. Man befürchtete den Missbrauch der privaten Daten, der Protest war stürmisch, sogar das Bundesverfassungsgericht beschäftigte sich mit dem Thema, gezählt wurde 1987 dennoch.

Man könnte denken, dass Deutschland mit diesen Demonstrationen seinen Sinn für das Datenschutzrecht geschärft hätte – doch das Gegenteil war der Fall. „Nach dem Hype um das Volkszählungsurteil 1984 war der Datenschutz erst einmal in der Exotenecke verschwunden“, sagt Martin Schweinoch, Partner und Fachanwalt für IT-Recht in der Wirtschaftskanzlei SKW Schwarz. Doch das ändert sich nun rasant: „Für die Digitalisierung ist der Datenschutz ein zentrales Thema“, so Martin Schweinoch. „Entwicklungen wie das Internet der Dinge oder die Industrie 4.0 können Unternehmen ohne datenschutzgerechte Gestaltung gar nicht umsetzen.“

Dadurch steigt der Bedarf an anwaltlicher Beratung. „Datenschutzrecht ist im Anwaltsmarkt noch vergleichsweise wenig vertreten, noch nicht einmal ein Prozent der deutschen Anwälte sind Fachanwälte für IT- Recht“, sagt Martin Schweinoch. Verständlich also, dass gut ausgebildeter Nachwuchs beste Chancen hat. Beim Karrierestart kommt es jedoch nicht alleine auf Rechtskenntnisse an. „Im Datenschutzrecht ist es wichtig, Spaß daran zu haben, die technischen Hintergründe von Themen zu verstehen.

Perspektive Inhouse-Karriere

Mit Felix Wittern und Johannes Junker haben zwei Experten des Top-Themas einige Jahre lang als Inhouse-Juristen gearbeitet. „Die Erfahrungen nützen mir in meiner heutigen Arbeit in der Kanzlei“, sagt der Produktsicherheitsexperte Johannes Junker. Er versteht die für Unternehmen typischen Abläufe, kann die Ziele besser einschätzen. Wichtig sei jedoch, als Inhouse-Jurist seine Karriereziele nicht aus den Augen zu verlieren. Sonst könne es passieren, dass man als interner „Jurist für alles“ den Anschluss an die Trends in den Kanzleien verpasst.

Ein gewisses Grundverständnis moderner Techniken, insbesondere der Datenverarbeitung in Netzen, ist zwingend erforderlich“, sagt Dr. Felix Wittern, Partner in der Kanzlei Fieldfisher und dort Experte für Datenschutzrecht. Für ihre Mandanten suchen die Datenschutzrechtler Antworten auf drei Fragen, die sich im Zuge der Digitalisierung der Geschäfte ergeben: Wie kann erstens der internationale Datentransfer organisiert werden? Zweitens: Wie kann Compliance gewährleistet werden? Drittens: Welche datenschutzrechtlichen Probleme ergeben sich durch die Einführung neuer Produkte?

„Üblicherweise kommen die Mandanten zunächst mit einem speziellen Problem zu uns, welches dann oft eine strukturelle Prüfung der gesamten datenschutzrechtlichen Situation im Unternehmen nach sich zieht“, so Felix Wittern. „Mit anderen Worten: Der Auslöser ist oftmals eher klein, er öffnet dann aber die Tür für weitere wichtige Themen.“ Bei der Arbeit mit den Mandanten gehe es häufig darum, die Unternehmen für das Datenschutzrecht zu sensibilisieren. „Dafür gehen wir im Regelfall gemeinsam ihre Systeme durch, um Risiken zu prüfen und Antworten darauf zu finden, wie man technisch und rechtlich darauf reagiert“, so der Datenschutzrechtler von Fieldfisher.

Um diese Arbeit zu leisten, müssen Datenschutzrechtler in zwei Bereichen immer am Ball sein: „Wir beobachten nicht nur die technischen Entwicklungen wie Smart-TV, autonom fahrende Autos oder Industrie 4.0. Es kommt auch darauf an, sehr früh rechtliche Entwicklungen und ihre Hintergründe zu erkennen. So können wir unsere Mandanten frühzeitig über neue Entwicklungen informieren und diese in der Beratung umsetzen“, sagt Martin Schweinoch.

Das große Thema der kommenden Monate wird dabei die neue EU-Datenschutzverordnung sein, die bis April 2016 vom EU-Parlament beschlossen sein soll und das deutsche Bundesdatenschutzgesetz ablöst. „Aus dem vereinheitlichten EU-Datenschutzrecht werden sich zahlreiche neue Fragen ergeben“, vermutet der Fieldfisher-Partner Felix Wittern. Wichtige Themen für die Zukunft seien neue Bezahlsysteme, die zunehmend das Bargeld ablösen, sowie Datenschutzregeln für digitale Messgeräte, mit denen Privathaushalte ihren Energieverbrauch steuern, aber auch viele Daten preisgeben.

Patentrecht: Chancen für Technikfreunde

Wer als Jurist in der Freizeit gerne in Baumärkte geht, zu Hause immer die neueste Technik am Start hat und leidenschaftlich am Auto bastelt, bringt die wichtigste Voraussetzung für eine Karriere im Patentrecht mit. „Es kommt insbesondere auf Interesse an Technik und Erfindungen an“, sagt Dr. Bernd Allekotte, Rechtsanwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Patentrecht in der Kanzlei Grünecker. Die Palette der Techniken, um die sich das Patentrecht kümmert, ist breit. „Sie reicht von Erfindungen in der Mechanik über neue chemische Stoffe bis hin zu vorteilhaften Übertragungsverfahren in der Telekommunikation“, skizziert der Jurist.

Die besondere Herausforderung für Patentrechtsanwälte sei es, das Thema auch technisch zu durchdringen. „Das erfordert schon mal, sich viele Stunden damit auseinanderzusetzen.“ Kern der Arbeit sei es dann, auch die komplexesten Technologien so darzustellen, dass die Zivilgerichte verstehen, worum es geht. In der EU ist Deutschland schon jetzt das Land mit den meisten Patentrechtprozessen.

Datenschutz-, Patent- und Produkthaftungsrechtler sind im Wirtschaftsrecht besonders gefragt.

Der Bedarf an Experten ist bei Kanzleien mit dem Schwerpunkt Patentrecht entsprechend groß. Das für 2017 erwartete EU-Patent („Unitary Patent“) sowie das zugehörige EU- Patentgericht („Unified Patent Court“) werde die Patentszene zusätzlich durcheinanderwirbeln, glaubt Bernd Allekotte: „Bislang konnten die deutschen Gerichte immer nur für den Raum Deutschland urteilen. Das neue EU-Patentgericht hingegen hat eine Zuständigkeit für die gesamte EU, also einen ähnlich wichtigen Wirtschaftsraum wie die USA oder China.“ Das werde dazu führen, dass noch mehr Patentstreitigkeiten geführt würden als ohnehin schon. Außerdem wird der deutsche Markt internationaler werden, „da ausländische Anwälte diesen lukrativen Markt nicht allein den deutschen Juristen überlassen werden“.Verringert das die Einstiegschancen für den deutschen Nachwuchs? Keineswegs, sagt Bernd Allekotte. „Im Gegenteil, die Entwicklung führt zu erheblichen Karrierechancen im Patentrecht. Denn die Teams, die sich mit den immer komplexeren und internationalen Verfahren beschäftigen, werden wachsen.“ Weil zudem die Anzahl der Juristen, die sich wirklich für Technik begeistern, weiterhin begrenzt ist, haben Juristen mit Technikherz sehr gute Aussichten.

Produkthaftungsrecht: In die Produktion eingebunden

Wenn Dr. Johannes Junker, Experte für Produktsicherheitsrecht in der Kanzlei Kümmerlein, verdeutlichen soll, warum sein Schwerpunkt in Zukunft immer wichtiger wird, verweist der Jurist auf die autonom fahrenden Autos. „Wenn eines Tages nicht mehr der Mensch fährt und lenkt, sondern die Verantwortung an das Auto abgibt, kann man sich vorstellen, welche rechtlichen Fragen sich ergeben, wenn ein Unfall passiert.“ Bislang holen Unternehmen die Experten für Produktsicherheit und Produkthaftung oft erst dann an Bord, wenn es bereits brennt – als „Feuerwehrmann“, wie Johannes Junker sagt. „Viel besser ist es natürlich, wenn der Jurist schon in der Entwicklungsphase des Produkts dabei ist.“

Man spricht Englisch

Das Wirtschaftsrecht wird technischer und internationaler. Damit gewinnen die Fremdsprachenkenntnisse weiter an Bedeutung. Ohne sehr gute Englischkenntnisse geht nichts, wobei in diesem Zusammenhang das technische Englisch immer wichtiger wird: Fachbegriffe müssen genauso sitzen wie Maßeinheiten und andere technische Besonderheiten der englischen Sprache.

Langsam, aber sicher verstehen das auch die Unternehmen: „Sie beginnen zu erkennen, dass es einen Mehrwert darstellt, wenn sie früh juristisch beraten werden. Insbesondere können so Folgeprobleme von falschen Entscheidungen vermieden werden, was dem Mandanten viel Geld sparen kann.“ Zu den wichtigen Kompetenzen eines Experten für Produktsicherheit und -haftung zählt, in den großen Unter- nehmen Querverbindungen zwischen den Ingenieuren auf der einen und den Inhouse-Juristen auf der anderen Seite aufzubauen. „Häufig haben beide Lager bislang kaum etwas miteinander zu tun“, sagt Johannes Junker.

Um das zu ändern und selbst eng mit den Produktentwicklern zu kooperieren, benötigt der Jurist technische Grundkenntnisse. „BWL für Juristen gibt es schon“, sagt Junker. „Es wäre sinnvoll, über ähnliche Weiterbildungen für Technik nachzudenken.“ Was seinen Schwerpunkt außerdem besonders mache, sei die Vielfalt der Rechtsquellen, die er heranzieht. „Der Zivilrechtler hat sein BGB, der allgemeine Öffentlichrechtler schaut ins Verwaltungsverfahrens- und ins Polizeigesetz. Ich habe neben den Gesetzen auch mit den technischen Normen zu tun, also zum Beispiel den berühmten DIN-Vorgaben.“

Für Ingenieure erscheinen diese Normen wie Gesetze, „mit juristischem Handwerkszeug findet man durchaus Wege, diese Vorgaben auch über deren Wortlaut hinaus auszulegen. Zum Beispiel, wenn eindeutig ist, dass sich die DIN-Norm technisch längst überholt hat.“ So verschafft der anwaltliche Berater seinem Mandanten im Idealfall zusätzliche Freiheiten für Innovation. Er wird zum „Enabler“, zum Ermöglicher. Und das ist noch attraktiver, als nur die Rolle des Feuerwehrmannes zu spielen.

karriereführer wirtschaftswissenschaften 1.2016 – Wirtschaftsprüfung

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Cover karriereführer wirtschaftswissenschaften 1.2016

Wirtschaftsprüfung – Arbeitswelt im Wandel

Je komplexer die Wirtschaft, desto größer der Bedarf an Analysten. Unternehmen sehen Wirtschaftsprüfer daher längst nicht mehr nur als gesetzlich vorgeschriebene Instanzen. Sie nutzen die Kenntnisse der Prüfer, um Schwachstellen zu finden und Chancen zu nutzen. Einsteiger treffen damit auf eine spannende Wachstumsbranche, die vom Nachwuchs erwartet, sich insbesondere in IT-Themen einzuarbeiten.

Der Wandertherapeut

Diplom-Psychologe Harald Krutiak ist Wandertherapeut. Sprich: Er wartet nicht, bis die Klienten zu ihm kommen. Er geht dorthin, wo die Menschen sind. Das Interview führte André Boße.

Herr Krutiak, haben wir tatsächlich alle mehr oder weniger einen Knacks?
Sagen wir so, wir wachsen alle mit bestimmten Herausforderungen auf. Mal sind sie größer, mal kleiner. Die wichtige Frage ist nun: Was machen wir damit? Wie gehen wir mit suboptimalen Einflüssen um?

Zur Person

Harald Krutiak, Foto: Privat
Harald Krutiak, Foto: Privat

Für den SWR bezog Diplom-Psychologe Harald Krutiak in der City von Freiburg einen Wohnwagen – und wartete auf Kundschaft. Und die kam. Was Krutiak nicht überrascht: Schließlich schleppen wir alle unsere Herausforderungen mit uns herum.

Was raten Sie?
Ein wichtiges Stichwort ist hier die Resilienz. Das Ziel muss sein, dass die Belastungen keinen Schaden verursachen, sondern ich im Idealfall daran wachse. Einigen gelingt das selbst. Andere benötigen dafür Hilfe von außen.

Von welchen Belastungen berichten Ihnen junge Menschen vor dem Einstieg ins Berufsleben?
Die Zeit zwischen Studium und Einstieg ist noch durch die Identitätsfindung geprägt. Zwar verdienen heute viele Studenten bereits ihr eigenes Geld, dennoch beginnt mit der Berufszeit die Lebensphase, in der man tatsächlich für sich selbst verantwortlich ist. Dadurch ergeben sich eine Menge neuer Herausforderungen, die schnell mit der Kenntnis einhergehen, dass man die Komfortzone der Jugendjahre verlassen hat.

Haben Sie bei den Sendungen etwas über die Menschen und ihre Probleme gelernt?
Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Lösungen für die Probleme sehr häufig bereits in den Menschen angelegt sind. Ich traf zum Beispiel eine Frau mit einem zwanghaften Kontrollbedürfnis. Schnell wurde klar, dass sie in Momenten, in denen es ihr gut geht, anders atmet als in den Situationen, in denen sie sich im Kontrollmodus befindet. Alleine dafür die Wahrnehmung zu schärfen, hat viel Positives bewirkt.

Sprich: Geist und Körper beeinflussen sich.
Ja. Das sollte jedem klar sein, dennoch gibt es weiterhin eine sehr unglückliche Trennung zwischen psychischen und physischen Problemen. Positiv bewerte ich den neuen Ansatz des Embodiments, bei dem es darum geht, körperliche Einflüsse sowie kognitive und emotionale Prozesse im Wechselspiel zu untersuchen.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Angenommen, Sie sollen im Unternehmen in Ihrem Team über die Lösung eines Problems nachdenken. Das gelingt Ihnen besser, wenn Sie sich beim Nachdenken aufrichten, als wenn Sie mit vorgebeugten Schultern im Raum stehen. Denn wenn der Körper sich hängen lässt, sendet er dem Gehirn Signale, es ihm gleich zu tun.

Wie findet man einen Coach?
www.coach-datenbank.de

Ist es gut, wenn Unternehmen verstärkt auf die Hilfe von Coaches setzen?
Prinzipiell ja. Problematisch kann sein, wenn der Coach für das Unternehmen tätig ist. Dann nämlich hat seine Arbeit ein übergeordnetes Ziel: Die Leistung der Mitarbeiter soll optimiert werden. Das Wohl des einzelnen Klienten, zum Beispiel die Selbstentfaltung, steht also nicht unbedingt im Mittelpunkt. Besser ist es daher, wenn die Unternehmen ihren Mitarbeitern die Zeit zur Verfügung stellen, einen Coach zu besuchen – dieses Angebot jedoch nicht direkt im Unternehmen verankert ist.

Zum Abschluss: Ihr Coaching-To-Go-Ratschlag für den alltäglichen Gebrauch?
Reden Sie mit Freunden! Jede Perspektive von außen schützt einen vor der Gefahr, immer wieder in den gleichen Bahnen zu denken.

New Work: Heute wissen, was wir morgen tun

Dr. Isabelle Kürschner gehört zu den führenden Experten im Bereich New Work. Sie berät Arbeitgeber in den Bereichen Organisationsentwicklung und strategisches Personalmanagement. Als Referentin gewährt sie spannende Einblicke in die Zukunft der Arbeit. Ihr Motto: Wir machen uns die Arbeitswelt, wie sie uns gefällt. In ihrem Gastartikel beantwortet sie fünf Fragen zu New Work.

Unsere Arbeitswelt befindet sich in einem rasanten Wandel. Daher kann keiner exakt vorhersagen, wie wir in 20, 30 oder gar 50 Jahren arbeiten werden. Logischerweise fällt es jedem schwer, heute akribisch vorauszuplanen, wie der eigene Berufsverlauf über die nächsten Jahrzehnte aussehen wird. Die in Vorstellungsgesprächen häufig gestellte Frage „Wo sehen Sie sich in fünf oder zehn Jahren?“ halte ich aus diesem Grunde für ebenso wenig zeitgemäß wie zielführend.

New Work, Bild: Goldegg
New Work, Bild: Goldegg

Isabelle Kürschner: New Work. Wie wir morgen tun, was wir heute wollen. Goldegg 2015. 19,95 Euro

www.isabellekuerschner.com

Worauf es ankommt, ist vielmehr: Wir sollten dem Wandel offen entgegentreten. Uns bewusst darüber werden, dass sich nicht nur die Art und Weise, wie wir arbeiten, sondern auch unsere Einstellung gegenüber der Arbeit an sich verändern wird. Neuem nicht mit Angst, sondern mit Neugier begegnen. Mut haben, Dinge anzupacken und in unserem Sinne mitzugestalten.

Je mehr wir uns über die Zukunft der Arbeit informieren, desto besser können wir uns auf sie vorbereiten. Damit wir rechtzeitig wissen, welche Qualifikationen wir besitzen müssen, welchen Netzwerken wir angehören sollten, auf welchen Plattformen wir uns bewegen können und mit welchen Mitstreitern wir uns verbünden wollen. Wissen ist Macht, und je mehr Kenntnisse wir über die Arbeitswelt der Zukunft haben, desto mächtiger können wir uns ihr stellen. Natürlich gibt es aber auch Fragen, auf die sich heute schon Antworten finden lassen. Diese fünf gehören dazu:

Wen wird New Work überhaupt betreffen?
Bis heute glauben viele, dass die neuen Möglichkeiten in der Arbeitswelt nur einem kleinen Kreis von Auserwählten zugutekommen werden. Doch der Wandel macht vor nichts und niemandem halt. Beispiele gibt es heute schon genug:

Ärzte sitzen Patienten gegenüber, die sich im Internet bereits umfassend selbst diagnostiziert haben. Unter Umständen nehmen ihnen schlaue Uhren oder Armbänder auch Routineaufgaben wie Blutdruck- oder Herzfrequenzmessungen ab, warnen Patienten vor Übergewicht, falscher Ernährung oder zu wenig Bewegung. Lehrer und Professoren müssen online Bewertungen über sich und ihre Leistung ergehen lassen. Rechtsberatung findet nicht mehr zwangsläufig in der Anwaltskanzlei statt, sondern immer häufiger auch im Internet. Sekretäre und Assistenten brauchen heute nicht mehr im Büro nebenan zu sitzen, sondern können uns auch von ihren Schreibtischen in Mumbai, Bangalore oder Sofia aus unterstützen.

Gerade junge Menschen erheben immer häufiger den Anspruch, Reichtum jenseits von materiellem Einkommen anzuhäufen, in Form von Zeit, Freiheit und der Möglichkeit zur Selbstverwirklichung.

Fakt ist: Nahezu jede einzelne Berufsgruppe ist vom Wandel durch die Digitalisierung betroffen, Widerstand ist zwecklos. Das heißt nicht, dass wir alle arbeitslos werden und untergehen. Wir haben sogar gute Chancen, als Gewinner aus dem Prozess hervorzugehen. Aber wir müssen wachsam sein, Möglichkeiten erkennen und auch ergreifen. Je mehr wir darüber in Erfahrung bringen und je besser wir uns darauf vorbereiten, desto größer sind unsere Chancen, in Zukunft zu den heiß begehrten Fachkräften zu gehören.

Werden die Absolventen von Morgen überhaupt noch Arbeit haben? Ganz bestimmt sogar. Zwar besagt eine aktuelle Oxford-Studie, dass in zehn bis zwanzig Jahren 47 Prozent der heutigen beruflichen Tätigkeiten voll automatisiert erledigt werden können. Doch das heißt nicht, dass dies auch der Fall sein muss. Denn was technisch möglich ist, macht in der Praxis nicht immer Sinn oder rechnet sich betriebswirtschaftlich. Maschinen hin oder her, den Bedarf an Fachkräften werden sie nicht decken können, insbesondere im Dienstleistungssektor. Das Arbeitszeitpensum wird Prognosen zufolge eher zu- als abnehmen; so müssen im Jahr 2030 voraussichtlich 13 Milliarden Arbeitsstunden geleistet werden, im Vergleich zu den 11 Milliarden geleisteten Stunden im Jahr 2010.

Was bietet uns die neue Arbeitswelt?
Vor allem eines: mehr Freiheit. Damit eröffnen sich für uns wunderbare Möglichkeiten, unser Arbeitsleben so zu gestalten, wie es uns gefällt. Dazu gehört, dass wir uns nicht nur am Beginn unserer Berufslaufbahn, sondern auch mittendrin oder sogar gegen Ende immer wieder neu entscheiden können, welche Tätigkeiten unseren Erfahrungen und Fähigkeiten entsprechen. Das kommt vielen von uns entgegen. Gerade junge Menschen erheben immer häufiger den Anspruch, Reichtum jenseits von materiellem Einkommen anzuhäufen, in Form von Zeit, Freiheit und der Möglichkeit zur Selbstverwirklichung.

Welche Kompetenzen werden besonders gefragt sein?
Auch wenn noch viel Raum für Gestaltung bleibt, so scheinen einige Vorhersagen sehr plausibel: Tätigkeiten, bei denen soziale Kompetenzen, persönliche Interaktion und Kommunikation benötigt werden, haben wohl die besten Chancen zu überleben. Beratung, Verhandlung und Problemlösung werden auch weiterhin in Menschenhand bleiben, ebenso wie weite Bereiche der Medizin, Pflege und Erziehung. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften werden insbesondere diejenigen gefragt sein, die mit kreativer Intelligenz Entwicklungen vorantreiben und Probleme lösen können. Ganz egal, in welchem Berufsfeld wir heute und in Zukunft tätig sind: Gute Chancen auf Beschäftigung haben Personen, die neben ihren Fachkenntnissen auch über innovative und soziale Fähigkeiten verfügen und diese stetig erweitern.

Redaktionstipps zum Thema New Work

New Work Award: Preis für neue Konzepte der Arbeit
Eine hochkarätig besetzte Jury hat folgende Unternehmen mit dem Preis für zukunftsweisendes Arbeiten ausgezeichnet:
1. Robert Bosch für lebensphasenorientierte Arbeits(zeit)modelle
2. Bauunternehmen Heitkamp & Hülscher für die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen
3. Das Grazer Start-up Bike Citizens für die 4-Tage-Woche für jeden Mitarbeiter
newworkaward.xing.com

New-Work-Buch: Aufbruch in eine neue Arbeitswelt
Das erste kostenlose Standardwerk zur Zukunft der Arbeit mit Beiträgen von über 35 Autoren.
newworkbook.xing.com

Megatrend New Work
Das Zukunftsinstitut zeigt auf einer Megatrend-Mal die Facetten der New Work
www.zukunftsinstitut.de/artikel/megatrend-map-die-facetten-der-new-work

Work-Life-Romance statt Work-Life-Balance

Robert Kötter ist Coach, Vortragsredner und Gründer von Work-Life-Romance. Er berät seit über zehn Jahren Organisationen im Umbruch und hilft Menschen dabei, den Beruf zu finden, der zu ihrem Leben passt, sodass sich Arbeit und Leben gegenseitig bereichern und beflügeln. In seinem Gastartikel gibt er Tipps, wie man einen Job findet, in dem sich die eigenen Talente, Interessen und Werte sinnvoll ergänzen.

Als Sie in die Schule gekommen sind, haben Sie wahrscheinlich diesen Satz gehört. Beim Wechsel von der Grundschule in die weiterführende auch. Und natürlich beim Schulabschluss, auf dem Abiball oder beim Studienstart: Jetzt beginnt der Ernst des Lebens. Meiner Erfahrung nach stimmt das nur halb. Sicher verdient eine gelungene Ausbildung Anerkennung, aber erst, wenn Sie damit beginnen, Ihren Lebensunterhalt allein zu bestreiten, haben Sie im Arbeitsleben eine wichtige Hürde genommen. Das kann man dann mit Fug und Recht den Ernst des Lebens nennen und dafür möchte ich Ihnen sieben Tipps mit auf den Weg geben, die helfen sollen, den richtigen ersten Schritt zu machen.

Tipp 1: Sammeln Sie Erfahrungen
Ich habe nach dem Studium als Reiseleiter in Japan und nebenbei frei für eine Unternehmensberatung gearbeitet. Marius Kursawe, mein Co-Gründer von Work-Life-Romance, hat nach dem Magister ein langes Praktikum bei einem Autohersteller absolviert. Waren das unsere Traumjobs? Nein. Aber wir haben viel dabei gelernt. Vor allem das, was im Studium fehlte. Und diese Erfahrungen waren prägend für alles, was danach kam. Anders gesagt: Ohne die vielen verschiedenen Jobs, die wir in den ersten Jahren nach dem Studium hatten, hätten wir unsere Firma nicht gründen können.

Tipp 2: Es gibt keine vorgefertigten Wege
„Im Mittelstand, da kann man Karriere machen“, war mal ein gern gegebener Ratschlag. Auch der Karrieretipp, dass Sie genau X Praktika hinter sich bringen müssen, um dann endlich bei Y arbeiten zu können: beides Quatsch. Die Zeit, in der es vorgefertigte Karrierewege gab, ist vorbei. Es gibt kaum noch unbefristete Verträge, und gleichzeitig haben die wenigsten Menschen heute noch Lust, jahrelang im selben Job zu sein. Auch wenn es beruhigend sein kann, genau zu wissen, was kommt – lassen Sie sich auf das Ungewisse ein. Es wird sowieso anders kommen, und die beste Vorbereitung ist immer noch: „Expect the unexpected!“

Buchtipp

Cover Design your Life, Bild: Campus
Cover Design your Life, Bild: Campus

Robert Kötter, Marius Kursawe: Design Your Life: Dein ganz persönlicher Workshop für Leben und Traumjob. Campus 2015. 29,99 Euro

Tipp 3: Ihre Chance: Die Arbeitswelt verändert sich rasant
OK, die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen. Trends sehen wir trotzdem: Die Arbeitswelt verändert sich rasend schnell und wird nie wieder so sein, wie unsere Eltern sie kannten. Die ganz großen Entwicklungen sind ja bekannt: Globalisierung, Digitalisierung, Automatisierung, Zeitverträge und Zeitarbeit, Billiglohn und Mindestlohn … Schon wie Sie studiert haben, unterscheidet sich fundamental von meiner Zeit an der Uni. Mein Arbeitsalltag heute – mobil, digital und flexibel – ist meilenweit von dem meiner Eltern entfernt. Was ich damit sagen will? Sie kommen 2016 in einen Arbeitsmarkt, der sich so radikal umbaut, dass selbst wir Experten nicht genau sagen können, was passieren wird. Sehen Sie das als Chance. Sie sind Teil von etwas völlig Neuem. Probieren Sie etwas aus. Nutzen Sie Ihr Know-how. Gestalten Sie die Arbeitswelt mit, statt daran zu verzweifeln.

Tipp 4: Schaffen Sie sich eine Arbeit statt danach zu suchen
Die meisten Absolventen, mit denen wir zu tun haben, fragen uns Dinge wie: „Soll ich mich mit oder ohne Foto bewerben?“ oder „Wie soll ich mein Anschreiben gestalten?“. Ganz ehrlich? Fragen Sie jemand anderen. Viel wichtiger ist aus unserer Sicht Ihre Antwort auf die Fragen: Was und wie wollen Sie arbeiten? Und wofür? In unseren Seminaren, in denen wir Menschen dabei helfen, ihren Traumjob zu gestalten, sitzen viele ehemalige Studenten, die sich wünschten, sie hätten sich diese Fragen vor 20 Jahren gestellt – als sie so alt waren wie Sie jetzt! Nehmen Sie sich die Zeit dafür jetzt. Und dann gestalten Sie sich den passenden Job. Das bringt letztendlich viel sicherer Erfüllung, Sinn und Zufriedenheit.

Tipp 5: Vergessen Sie Ihren Lebenslauf
Sie wollen einen aufpolierten Lebenslauf? Gut. Sicher werden Sie viele Personaler damit beeindrucken. Und sicher gehen damit ein paar Türen auf. Vielleicht werden Sie damit einen „guten Job“ finden. Ob Sie damit glücklich sein werden, ob Sie dort gerne arbeiten, ob Sie in der Tätigkeit aufgehen und das Gefühl haben, genau am richtigen Platz zu sein – das steht auf einem anderen Blatt. Unsere Erfahrung zeigt deutlich, dass es sich viel mehr lohnt, auf das Bauchgefühl zu hören als an den Lebenslauf zu denken.

Tipp 6: Machen Sie den Realitätscheck
Wir kennen viele Studenten, die sagen, sie würden wirklich gerne Journalist werden, Missstände aufdecken, aus Krisengebieten die Wahrheit berichten und die Welt zu einem besseren Ort machen. Idealismus ist ein wichtiger Antrieb, aber um herauszufinden, ob Ihre Vorstellung von einem Beruf sich mit der Realität deckt, reicht das nicht aus. Sie müssen den Beruf erfahren, mit ganz vielen Menschen sprechen, hospitieren, ausprobieren und einfach machen. Vieles wird sich nicht bestätigen, anderes dafür immer klarer werden. Und damit helfen Sie sich selbst am meisten.

Linktipp

www.workliferomance.de
www.facebook.com/workliferomance

Tipp 7: Streben Sie nach Work-Life-Romance
Der wichtigste Tipp zum Schluss: Arbeitszeit ist auch Lebenszeit. Die meisten Deutschen verbringen die meiste Zeit unter der Woche auf der Arbeit und mit ihren Kollegen. Deshalb sollte Arbeit mehr sein als nur Gelderwerb. Wenn Sie von Anfang an darauf achten, dass Sie etwas tun, was Ihnen wichtig ist, dass Sie in einem guten Umfeld sind und die Arbeit genießen, dann haben Sie schon vieles richtig gemacht. Alle Burn-out-Kliniken können ein Lied davon singen: Arbeit kann krank machen. Deswegen haben wir das Ideal von Work-Life-Romance so definiert: ein Zustand, in dem Arbeit und Leben sich gegenseitig bereichern und beflügeln. Wenn Sie es schaffen, diesen Zustand so oft wie möglich herbeizuführen, dann ist der Ernst des Lebens auch noch Spaß und Sinn zugleich.