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Der Wandertherapeut

Diplom-Psychologe Harald Krutiak ist Wandertherapeut. Sprich: Er wartet nicht, bis die Klienten zu ihm kommen. Er geht dorthin, wo die Menschen sind. Das Interview führte André Boße.

Herr Krutiak, haben wir tatsächlich alle mehr oder weniger einen Knacks?
Sagen wir so, wir wachsen alle mit bestimmten Herausforderungen auf. Mal sind sie größer, mal kleiner. Die wichtige Frage ist nun: Was machen wir damit? Wie gehen wir mit suboptimalen Einflüssen um?

Zur Person

Harald Krutiak, Foto: Privat
Harald Krutiak, Foto: Privat

Für den SWR bezog Diplom-Psychologe Harald Krutiak in der City von Freiburg einen Wohnwagen – und wartete auf Kundschaft. Und die kam. Was Krutiak nicht überrascht: Schließlich schleppen wir alle unsere Herausforderungen mit uns herum.

Was raten Sie?
Ein wichtiges Stichwort ist hier die Resilienz. Das Ziel muss sein, dass die Belastungen keinen Schaden verursachen, sondern ich im Idealfall daran wachse. Einigen gelingt das selbst. Andere benötigen dafür Hilfe von außen.

Von welchen Belastungen berichten Ihnen junge Menschen vor dem Einstieg ins Berufsleben?
Die Zeit zwischen Studium und Einstieg ist noch durch die Identitätsfindung geprägt. Zwar verdienen heute viele Studenten bereits ihr eigenes Geld, dennoch beginnt mit der Berufszeit die Lebensphase, in der man tatsächlich für sich selbst verantwortlich ist. Dadurch ergeben sich eine Menge neuer Herausforderungen, die schnell mit der Kenntnis einhergehen, dass man die Komfortzone der Jugendjahre verlassen hat.

Haben Sie bei den Sendungen etwas über die Menschen und ihre Probleme gelernt?
Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Lösungen für die Probleme sehr häufig bereits in den Menschen angelegt sind. Ich traf zum Beispiel eine Frau mit einem zwanghaften Kontrollbedürfnis. Schnell wurde klar, dass sie in Momenten, in denen es ihr gut geht, anders atmet als in den Situationen, in denen sie sich im Kontrollmodus befindet. Alleine dafür die Wahrnehmung zu schärfen, hat viel Positives bewirkt.

Sprich: Geist und Körper beeinflussen sich.
Ja. Das sollte jedem klar sein, dennoch gibt es weiterhin eine sehr unglückliche Trennung zwischen psychischen und physischen Problemen. Positiv bewerte ich den neuen Ansatz des Embodiments, bei dem es darum geht, körperliche Einflüsse sowie kognitive und emotionale Prozesse im Wechselspiel zu untersuchen.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Angenommen, Sie sollen im Unternehmen in Ihrem Team über die Lösung eines Problems nachdenken. Das gelingt Ihnen besser, wenn Sie sich beim Nachdenken aufrichten, als wenn Sie mit vorgebeugten Schultern im Raum stehen. Denn wenn der Körper sich hängen lässt, sendet er dem Gehirn Signale, es ihm gleich zu tun.

Wie findet man einen Coach?
www.coach-datenbank.de

Ist es gut, wenn Unternehmen verstärkt auf die Hilfe von Coaches setzen?
Prinzipiell ja. Problematisch kann sein, wenn der Coach für das Unternehmen tätig ist. Dann nämlich hat seine Arbeit ein übergeordnetes Ziel: Die Leistung der Mitarbeiter soll optimiert werden. Das Wohl des einzelnen Klienten, zum Beispiel die Selbstentfaltung, steht also nicht unbedingt im Mittelpunkt. Besser ist es daher, wenn die Unternehmen ihren Mitarbeitern die Zeit zur Verfügung stellen, einen Coach zu besuchen – dieses Angebot jedoch nicht direkt im Unternehmen verankert ist.

Zum Abschluss: Ihr Coaching-To-Go-Ratschlag für den alltäglichen Gebrauch?
Reden Sie mit Freunden! Jede Perspektive von außen schützt einen vor der Gefahr, immer wieder in den gleichen Bahnen zu denken.

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