Von Thomas Rose, Business Coach und Europameister im Redewettbewerb von Toastmasters International
Die Welt dreht sich definitiv schneller als noch vor ein paar Jahren, und an einem einzigen Tag geschieht heute mehr als im ganzen Leben unserer Großeltern. Wir rennen von einer Aufgabe zur nächsten, haben hier ein Meeting, dort einen Jour Fixe, und zwischendurch führen wir die wichtigsten Telefonate im Laufen: „Hast Du kurz Zeit?“ – „Ja, ja. Aber nur zwei Minuten. Ich habe einen harten Anschlusstermin und muss dann in eine TelKo …“
Willkommen auf der Erde.
Zur Person:
Rede-Europameister Thomas Rose, Foto: Thomas Rose
Thomas Rose ist freiberuflicher Unternehmensberater und Business Coach, der seinen Kunden in Konflikt- und Krisensituationen hilft. Außerdem spricht er als Hauptredner bei Veranstaltungen großer Unternehmen über Themen wie Mitarbeitermotivation oder persönliche Entwicklung. Seit 2008 ist Thomas Rose Mitglied bei Toastmasters International, einer internationalen Non-Profit-Organisation mit aktuell 313.000 Mitgliedern in 14.650 Clubs in 126 Ländern. Die Clubmitglieder treffen sich regelmäßig, um ihre Redefähigkeiten zu verbessern und Führungsfähigkeiten zu entwickeln.
Weitere Infos zu Toastmasters International: www.toastmasters.org
Sind die langen und ausführlichen Gespräche passé? Gehören spannende Präsentationen der Vergangenheit an? Werden wir nie wieder am Lagerfeuer sitzen und uns Geschichten erzählen? Ich glaube, die Welt braucht bessere Redner und Erzähler. Menschen, die fesseln können. Moderatoren, die ihre Gesprächspartner als wertvolle Quellen des Wissens wahrnehmen. Teamleiter, die motivieren. Visionäre, die inspirieren. Oder schlicht: Menschen, die mit Worten begeistern.
Und wenn wir uns schon darüber einig sind, was dieses Universum braucht – warum nicht selbst einen Beitrag zu einer besseren Welt der Rhetorik leisten? Warum nicht selbst die Änderung sein, die wir in dieser Welt sehen wollen? Warum nicht selbst motivieren, inspirieren und begeistern?
Gelegenheiten gibt es genug. Wie wäre es mit dem nächsten Bewerbungsgespräch, der nächsten Powerpoint-Präsentation oder der nächsten Afterwork-Party?
Das Bewerbungsgespräch
Viele Unternehmen haben Probleme: zu wenig Umsatz, zu wenig Gewinn, zu geringe Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen, zu hoher Krankenstand, zu viele Rückläufer oder zu hohe Kündigungsquoten. Zur Lösung dieser Probleme benötigen Unternehmen Problemlöser.
Ihr Lebenslauf und Ihre Zeugnisse dienen dem Unternehmen nur als Mittel zum Zweck, um eine einzige Frage zu beantworten: Sind Sie ein Problemlöser – oder würde sich das Unternehmen mit Ihrer Einstellung nur ein weiteres Problem einhandeln? Ihre einzige Aufgabe im Bewerbungsgespräch besteht also darin, Ihren Gesprächspartner davon zu überzeugen, dass Sie ein Problemlöser sind. Nur aus diesem einen Grund fragt Sie der Personaler nach Ihrem größten Erfolg und nach Ihrem größten Misserfolg. Wie sind Sie damit umgegangen, und was haben Sie daraus gelernt?
Im Gespräch mit Ihrem künftigen Arbeitgeber zeigen Sie sich also interessiert und stellen Sie viele kluge Fragen. Verpacken Sie Ihre Erfahrungen in Geschichten und halten Sie diese kurz und knackig. Kommen Sie auf den Punkt und enden Sie Ihre Ausführungen immer mal wieder mit einer anschließenden Frage, zum Beispiel: „Wäre eine solche Erfahrung für Ihr Unternehmen interessant?“ Wenn Sie Ihrem Gesprächpartner zuhören, nicken Sie hin und wieder. Lehnen Sie sich eher nach vorne als nach hinten und halten Sie Augenkontakt, ohne Ihr Gegenüber anzustarren. Sie wollen ja nicht als Psycho rüberkommen …
Die Powerpoint-Präsentation
Geschafft! Sie haben den Job und wollen Ihre Kollegen zu einem Meeting einzuladen. Hier präsentieren Sie Ihre neuesten Ideen, Analysen und Schlussfolgerungen. Und natürlich zeigen Sie sich State-of-the-Art und kommunizieren nicht einfach Ihre Einsichten. Nein, Sie geben eine Powerpoint-Präsentation.
Welche Schriftgröße Sie verwenden, können Sie an vielen anderen Stellen nachlesen. Mir geht es hier vor allem um eines: Benutzen Sie Ihre Präsentation nicht als Krücke, um sich an Ihren Text zu erinnern. Schreiben Sie so wenige Wörter wie möglich auf die Folien. Wer liest, hört nicht zu, und Sie sind als Redner das Transportmedium für das gesprochene Wort. Wenn Sie Zahlen, Daten, Fakten präsentieren müssen, dann zeigen Sie auf der Folie allenfalls ein Diagramm. Die genauen Daten bieten Sie als Handout oder zum Download an. Oft ist es auch klug, solche Details im Vorfeld zu verschicken, und in der kurzen Zeit, die Ihnen zur Verfügung steht, nur das große Bild zu zeichnen.
Reden Sie zum Publikum, nicht zur Leinwand. In einer Präsentation spielen Sie als Redner immer die Hauptrolle. Transportieren Sie Ihr Wissen in Form von Geschichten. Ihre Zuhöher vergessen sehr schnell, was Sie sagen. Aber sie vergessen nie, wie sie sich während Ihrer Präsentation gefühlt haben. Spielen Sie mit Emotionen, auch – und gerade wenn – Sie Zahlen, Daten und Fakten präsentieren.
Die Afterwork-Party
Feierabend – ab in den Club. Jetzt machen Sie sich zunutze, was Geschichtenerzähler schon immer wussten: Erzählen Sie nur die Hälfte. Natürlich sollten Sie hauptsächlich Fragen stellen, aber wenn Sie selbst mit Reden dran sind, bleiben Sie für andere interessant, indem Sie immer ein bisschen mysteriös bleiben. Freizeit ist wie Business: Wer fragt, der führt. Und wollen wir nicht alle in der ersten Reihe stehen? Das schafft man aber nicht mit einem großen Mundwerk. Jedenfalls nicht dauerhaft.
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ALICE: Das schwul-lesbische Jurist_innen-Netzwerk
Seminartipps
Kostenloses Onlineseminar für junge Rechtsanwälte: So starten Sie erfolgreich in den Anwaltsberuf
Linktipps
Kostenlose Fachmedienrecherche
Registrierung auf www.soldan.de/fachsuche. Anschließend können Sie in den Rechtsprechungsarchiven der Bundesgerichte ab dem Jahr 2000 sowie in lokal auf dem Rechner gespeicherten Dateien recherchieren.
Spurensicherung 2.0
Im Forschungsprojekt HUSSA wurde ein neues Verfahren für die Sicherung von genetischen Spuren entwickelt. Mehr Infos
So echt wie möglich. Bei den Moot Courts simulieren angehende Juristen echte Verhandlungen. Dabei ist das Aufsetzen von Schriftsätzen und das Einüben von Plädoyers viel mehr als eine Spielerei. Die teilnehmenden Talente entwickeln wichtige Fähigkeiten und stellen Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern her. So wird der Moot Court zum Karriere-Kickstart.
Ob bei deutschen Moot Courts zum Arbeits- oder Anwaltsrecht oder bei internationalen Wettbewerben: Wer als Talent daran teilnimmt, bildet sich nicht nur inhaltlich weiter, sondern fügt seiner Vita einen wertvollen Baustein hinzu. Zumal viele Kanzleien zu den Förderern der Moot Courts zählen. Von André Boße
Rechtsanwalt Carsten Janus klagt für seine Mandantin, die Kfz-Werkstatt Günstig und Schnell, beim Werkstattkunden Timo Blank die Begleichung einer Rechnung für die Reparatur seines Maserati ein. Jedoch gab es bei der Auftragsabwicklung einige Ungereimtheiten, und nun soll Timo Blank auch noch das Honorar des Anwalts Janus bezahlen. Also sucht sich der Maserati-Besitzer selbst anwaltliche Beratung. Er findet sie bei der Kanzlei Schlau und Fair, die schließlich eine Feststellungsklage gegen den Kollegen Janus erstellt und diese beim Landgericht einreicht. Der Fall Janus geht vor Gericht. Die Namen der Protagonisten legen es nahe: Diese Geschichte ist fiktiv. Doch die im Internet abrufbare Akte zu dem Fall zeigt bereits, dass es sich nicht nur um eine kleine Spielerei handelt. Der komplizierte Hergang einer suspekten Autoreparatur ist ein verwinkelter juristischer Rechtsfall, entwickelt wurde er von den Organisatoren des Soldan Moot Court. Der Fall behandelt, eingekleidet in einen Zivilprozess, eine Menge berufsrechtlicher Fragen für Anwälte. Bei der anstehenden Verhandlung schlüpfen die Studierenden schließlich in die Rollen der Vertreter von Klägern und Beklagten und verhandeln vor dem fiktiven Landgericht einen erfundenen zivilrechtlichen Prozess mit Bezug zum anwaltlichen Berufsrecht. Von Juni bis Oktober 2015 haben sich rund ein Dutzend Teams mit der Lösung der Sache „Janus“ beschäftigt. Die Teilnehmenden sind Studierende der Rechtswissenschaften, die sich intensiv mit den Sachverhalten auseinandersetzten, um schließlich vor einem unechten Gericht, jedoch besetzt mit echten Richtern, die beste juristische Leistung zu bieten – und damit die Fachjury zu überzeugen.
Ernster Wettbewerb
Die Theorie in die Praxis umzusetzen – das ist die große Herausforderung für alle juristischen Einsteiger. Und genau das schulen die Moot Courts. Die Idee der Wettbewerbe vor fiktiven Gerichten stammt aus den USA, wo diese Veranstaltungen schon einige Jahre lang Tradition besitzen. Doch auch in Deutschland entwickelt sich derzeit eine stärkere Moot-Court-Kultur, der Soldan Moot Court zählt dabei zu den Pionieren. Während die Teilnahme an internationalen Wettbewerben wie dem Willem C. Vis Moot Court, einer Art Moot-Weltmeisterschaft, für deutsche Hochschulteams einen großen finanziellen und organisatorischen Aufwand bedeutet, verfolgt der Soldan Moot Court das Ziel, allen Standorten eine niederschwellige Moot-Erfahrung zu ermöglichen. Verantwortlich für die Durchführung ist Prof. Dr. Christian Wolf, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht an der Leibniz Universität Hannover. „Ein Moot Court ist ein harter Wettbewerb, bei dem die Teilnehmenden Leistungen erbringen, die denen der Berufsträger ebenbürtig sind“, macht er klar. Wer erfolgreich an einem Moot Court teilgenommen hat, habe damit unter Beweis gestellt, dass er das Zeug zu einem erfolgreichen Rechtsanwalt hat. „Das Abschneiden in einem Moot Court halte ich übrigens für deutlich aussagekräftiger als diverse Rankings, zum Beispiel die von Personalchefs erstellten Listen über die besten Fakultäten der Rechtswissenschaft“, so Wolf.
Talent trifft Profi
Besonders attraktiv sind die Veranstaltungen, wenn viele Vertreter aus der Praxis dabei sind – also potenzielle Arbeitgeber. „Die mündlichen Verhandlungen eines Moot Court bilden die ideale Gelegenheit, um auf informelle Art und Weise in Kontakt mit Praktikern zu kommen. Das kann eine richtige Praktikabörse werden – und wer weiß, was sich aus einem solchen Praktikum alles entwickeln kann.“ Besonders faszinierend, so Christian Wolf, sei, dass die Teilnehmenden bei der Arbeit mit dem Fall immer wieder neue Wendungen und Aspekte finden, die er als Entwickler des Sachverhalts gar nicht im Kopf gehabt habe. „Während des Wettbewerbs verschieben sich damit immer wieder die Argumentationslinien – und das überrascht auch diejenigen, die den Fall im Vorfeld entwickelt haben.“ Neben dem Soldan Moot Court gibt es in Deutschland mittlerweile eine Reihe weiterer Wettbewerbe. So richtet das Bundesarbeitsgericht alle zwei Jahre den Arbeitsrechtlichen Moot Court aus: Den Studenten wird darin die Aufgabe gestellt, in einem vorgegebenen Sachverhalt aus dem Arbeitsrecht fiktive Prozessparteien mit ihren gegensätzlichen Anliegen vor Gericht zu vertreten. Regelmäßig sind bei diesem Wettbewerb Teams der Bucerius Law School vertreten, Betreuer dort ist Prof. Matthias Jacobs. „Bei den Moot Courts wird das gemacht, was man später als Jurist auch tun wird: Schriftsätze schreiben und in mündlichen Verhandlungen plädieren“, sagt er. Dies sei die Praxis – und von dieser bekomme man im Studium in der Regel nur mittelbar etwas mit.
Soldan Moot Court
Wer auf den Moot Court neugierig geworden ist, kann sich auf der Homepage des Wettbewerbs in die Geschichte einlesen. Hier finden sich auch die Fälle der vergangenen Wettbewerbe sowie weitere Informationen über den Veranstalter, die Hans Soldan Stiftung, die über das Soldan Institut weitere interessante Informationen bereithält. So ist bei den Publikationen zuletzt der Band „Die junge Anwaltschaft: Ausbildung, Berufseinstieg und Berufskarrieren“ erschienen.
Termine 2016
Das Finale des Moot Courts 2016 findet vom 6. bis 8. Oktober 2016 statt. Die Fallausgabe wird Ende Juni/Anfang Juli sein. Genaue Termine auf www.soldanmoot.de
Weitere Infos unter: www.facebook.com/SoldanMoot und www.soldaninstitut.de
Erfolg durch Spaß an der Sache
Die Teams der Bucerius Law School schneiden beim Arbeitsrechtlichen Moot Court häufig sehr gut ab, bei der ersten Auflage belegten sie sogar die Plätze eins, zwei und drei. Jacobs: „Das war einfach sensationell.“ Der Betreuer hat die Erfahrung gemacht, dass Moot- Court-Teams vor allem dann erfolgreich waren, wenn sie mit großem Spaß an den Wettbewerb herangegangen sind. „Ausgezeichnete Teams hatten Lust, das gelernte Arbeitsrecht auf einen praktischen Fall anzuwenden. Außerdem hat es sie sehr motiviert, mal nicht eine Klausur zu schreiben, sondern an einem Schriftsatz zu feilen, sich mit Probeplädoyers intensiv auf die mündliche Verhandlung vorzubereiten und schließlich vor echten Richtern des Bundesarbeitsgerichts zu plädieren.“ Wie bedeutsam die Erkenntnisse und Erfahrungen sind, die angehende Juristen bei den Moot Courts sammeln, zeigen die Gespräche, die Matthias Jacobs mit den Kanzleien führt. „Hier höre ich immer wieder, für wie wichtig die Moot Courts gehalten werden.“ Damit werde die Teilnahme an den Wettbewerben – unabhängig vom Erfolg – zu einem wichtigen Pluspunkt im Bewerbungsprozess. Absolventen sollten ihre Moot-Court-Erfahrungen also unbedingt in die Vita aufnehmen, zumal immer mehr Kanzleien diese Wettbewerbe fördern sowie fachlich unterstützen.
Dazu zählt auch die wirtschaftsrechtliche Kanzlei BMH Bräutigam & Partner mit Sitz in Berlin. Die Sozietät unterstützt das Moot-Court-Team der Humboldt Universität, das seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßig beim internationalen Willem C. Vis Moot Court dabei ist. „Die Teilnehmer beweisen großartigen Einsatz und – nicht nur juristisch – hervorragende Leistungen. Daher freuen wir uns über die Gelegenheit, sie hierbei zu unterstützen“, sagt Dr. Gero Ludwig, Partner bei BMH und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Gleichzeitig sei das Sponsoring auch für das Recruiting der Kanzlei sehr interessant. „Der Moot Court bietet uns die Möglichkeit, noch früher und gezielter mit hochqualifizierten Nachwuchsjuristen in Kontakt zu treten.“ Dies geschehe auf informelle Art auch rund um den Wettbewerb: So sei zum Beispiel die Abschlussfeier nach dem Moot Court in den Kanzleiräumen ein fester Bestandteil der Förderung, wobei dieses Treffen zwischen Talenten und Praktikern für beide Seiten gewinnbringend ist.
Pluspunkt für die Vita
Das Besondere am Willem C. Vis Moot Court ist die Internationalität des Wettbewerbs: Das Team der HU Berlin misst sich mit Teams aus der ganzen Welt, wobei es auch darauf ankommt, das deutsche mit dem internationalen Recht zu vergleichen. „Daher zählen das gezielte und konzentrierte Einarbeiten in einen komplexen Sachverhalt ohne intensive Vorkenntnisse des Rechtsgebiets sowie das Zurechtfinden in unbekannten Rechtsordnungen zu den bedeutsamen Fähigkeiten, die geschult werden“, sagt Gero Ludwig. Hinzu komme, dass die Teams mit einem möglichst sicheren Auftritt die eigene Rechtsauffassung vertreten – noch dazu auf Englisch, also in der international relevanten Fremdsprache. Dass man mit den Moot-Court-Erfahrungen als Einsteiger punkten kann, steht für den BMH-Partner außer Frage. „Die Teilnahme am Moot Court ist in jedem Fall eine besondere Leistung, die selbstverständlich im Rahmen einer Bewerbung Erwähnung finden muss“, sagt Gero Ludwig. Sie könne wie jede relevante Erfahrung – insbesondere fremdsprachlicher und interkultureller Art – ein entscheidender Pluspunkt gegenüber anderen Bewerbern sein. „Da die fachliche Qualifikation, sprich Prädikatsexamina, ohnehin Grundvoraussetzung für eine Bewerbung in unserer Kanzlei ist, machen solche Erfahrungen sowie das persönliche Auftreten, das durch die Teilnahme am Moot Court ja ebenfalls gefördert wird, den Unterschied.“ Die Teilnahme an einem Wettbewerb als Kickstart für die eigene Karriere: Die Erkenntnis, dass ein Moot Court deutlich mehr als nur ein spannender Zeitvertreib für angehende Juristen ist, hat sich auch in Deutschland durchgesetzt.
Eine Auswahl an Moot Courts
International
· Willem C. Vis Moot Court (Zivilrecht)
· Phillip C. Jessup Moot Court (Völkerrecht)
· European Tax College Moot Court Competition (Steuerrecht)
· European Law Moot Court (Verfassungsrecht)
Es begann 2011 in Indien: Eine Organisation, die sich für autistische Kinder einsetzt, bittet SAP um ausrangierte Tablet-Computer. Das Software-Unternehmen spendet die Tablets – und aus diesem Kontakt erwächst ein Programm mit dem Titel „Autism at Work“: Mittlerweile stellt SAP gezielt Menschen mit Autismus ein. Von Kerstin Neurohr
„Menschen mit Autismus sind häufig besonders detailgenau, sie können sich hervorragend konzentrieren und ihr logisch-analytisches Denkvermögen ist besonders ausgeprägt“, erklärt Stefanie Nennstiel, Personaldirektorin bei SAP. „Wir stellen diese Mitarbeiter ein, weil sie unserem Unternehmen mit ihren Fähigkeiten nutzen“, betont sie, „nicht, um die Behindertenquote zu erhöhen – die meisten Mitarbeiter mit Autismus haben ohnehin keinen Schwerbehindertenausweis.“ Bis 2020 soll der Anteil der autistischen Mitarbeiter bei einem Prozent liegen – so hoch ist auch der Anteil von Autisten an der Weltbevölkerung. „Autism at Work“ ist Teil des Diversity-Programms, mit dem der Konzern sich zukunftsgerecht positionieren möchte. Dahinter steht zum einen die Idee, dass man der Vielfalt der Kunden am besten gerecht werden kann, wenn man eine vielfältige Belegschaft hat. Zum anderen sollen angesichts des Fachkräftemangels Talente und hochqualifizierte Mitarbeiter gewonnen werden, die bisher wenig gefragt sind.
Um diesen Talentpool zu erschließen, arbeitet SAP mit einem Unternehmen zusammen, das den Recruitingprozess verantwortet. „Unsere üblichen Auswahlverfahren sind hier nicht anwendbar“, erklärt Stefanie Nennstiel. „Mit Menschen, die Schwierigkeiten mit sozialen Interaktionen haben, können wir keine Interviews führen, wie wir es sonst tun.“ Stattdessen beantworten die Bewerber einen Fragenkatalog per E-Mail. Schaffen sie es in die nächste Runde, werden sie eingeladen und bekommen die Aufgabe, aus Legosteinen einen Roboter zusammenzubauen und kleinere Programmierprobleme zu lösen. „Wir beobachten sie dabei und erfahren viel über Genauigkeit, Teamfähigkeit und Kreativität“, sagt die SAP-Personalerin. Im Anschluss durchlaufen die Bewerber ein sechswöchiges Programm, bei dem soziale Fähigkeiten geschult und das Unternehmen und seine Kultur vorgestellt werden. Um die Integration in bestehende Teams zu erleichtern, gibt es spezielle Veranstaltungen, in denen die Kollegen auf den Umgang mit den autistischen Mitarbeitern vorbereitet werden.
Bisher hat SAP 70 Mitarbeiter mit Autismus weltweit eingestellt – 18 davon in Deutschland. Dass es deutlich mehr werden sollen, liegt an den positiven Erfahrungen. Zum einen erzielen die Autisten hervorragende Arbeitsergebnisse und haben bereits Fehler in der Software entdeckt, die vorher jahrelang nicht aufgefallen waren. „Außerdem haben wir erkannt, dass die autistischen Mitarbeiter viel zu einer verbesserten Kultur in unserem Unternehmen beitragen“, berichtet Stefanie Nennstiel. So habe sich die Kommunikation innerhalb der Teams verbessert: Autisten brauchen klare Strukturen und Ansagen. Davon profitieren alle Kollegen, genauso wie von einer reizarmen und ruhigeren Arbeitsumgebung sowie einer verbesserten Meetingkultur. „Insgesamt gibt es in den Teams mit autistischen Mitarbeitern viel Solidarität, Respekt und Achtsamkeit füreinander“, fasst die Personaldirektorin zusammen.
Buchtipp
Peter Schmidt ist Autist und Spiegel-Bestseller-Autor. In seinem neuesten Buch berichtet er von seiner Karriere in der IT-Branche. Peter Schmidt: Kein Anschluss unter diesem Kollegen.
Patmos 2014.
ISBN 978-3843605175.
19,99 Euro.
Die Stabilität des Geldes sichern, das ist die Hauptaufgabe der Bundesbank. Das unterscheidet sie von den anderen Finanzinstitutionen. Für den Personalvorstand Dr. Johannes Beermann liegt hierin die Faszination seiner Arbeit, wie er im Interview erklärt. Die Fragen stellten Christoph Berger und André Boße.
Zur Person
Dr. Johannes Beermann, Foto: Deutsche Bundesbank
Dr. Johannes Beermann, 1960 in Emsdetten geboren, studierte in München Rechtswissenschaften. Bis zu seiner Promotion in Münster zum Dr. jur. im Jahr 1990 war er zwei Jahre Referent im damaligen Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. Dann übernahm er bis 1992 eine Tätigkeit im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und in der Sächsischen Staatskanzlei, bevor er Leiter des Büros des Generalsekretärs der CDU Deutschland, Peter Hintze, wurde.
Es folgten Positionen als Staatsrat beim Senator der Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, als Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten in der Hessischen Staatskanzlei und Bevollmächtigter des Landes Hessen beim Bund sowie als Rechtsanwalt. 2008 wurde er Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und ein Jahr später Staatsminister und Chef der Staatskanzlei des Freistaats Sachsen. Zum Januar 2015 wurde Beermann in den Vorstand der Deutschen Bundesbank berufen. Dort ist er für die Bereiche Personal sowie Verwaltung und Bau und das Beschaffungszentrum zuständig.
Herr Dr. Beermann, seit Anfang 2015 sind Sie Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Geht für Sie damit ein Jugendtraum in Erfüllung, oder hat sich dieses Karriereziel erst in den letzten Jahren herauskristallisiert?
Als junger Mensch fasst man das Karriereziel „Vorstand bei der Bundesbank“ sicher nicht ins Auge – zumal es in meiner Jugend auch noch keinen Bundesbank-Vorstand gab, sondern noch die Landeszentralbanken und ein Direktorium. Hinzu kommt, dass man sich auf die Stelle nicht bewerben kann, man wird vom Bundespräsidenten entweder auf Vorschlag der Bundesregierung oder des Bundesrates für diese Aufgabe bestellt.
Was aber richtig ist: Ich wollte schon immer an entscheidender Stelle Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen. Das habe ich auch in meinen vorherigen Funktionen, unter anderem als Staatsminister in Sachsen, getan. In gewisser Hinsicht ist die Position also auch die Erfüllung eines Jugendtraums.
Sie sind selbst Einsteiger bei der Bundesbank. Wie ist Ihr Eindruck der ersten Monate?
Ich finde hier ein riesiges Erfahrungswissen vor. Wir haben ein hervorragendes Daten- und Wissensmanagement. Und es besteht eine Unternehmenskultur, in der erfahrene Fach- und Führungskräfte ihr Wissen an Nachwuchskräfte und Einsteiger weitergeben. Dies ist deshalb so wichtig, weil wir als Zentralbank in weiten Teilen ein exklusives Geschäft betreiben.
Wir müssen also vielfach unsere eigene Expertise entwickeln. Diese muss dann aber auch weitergegeben werden. Gepaart ist das Erfahrungswissen mit Innovationskraft. Vor allem unsere Einsteiger, die mit frischem Wissen kommen und die etablierten Prozesse hinterfragen, treiben diese voran. An dieser Mischung aus Erfahrung und Innovation arbeiten wir jeden Tag neu. Gerade deswegen ist es uns so wichtig, regelmäßig Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Die etwa 100 Hochschulabsolventen jährlich sorgen für frischen Wind.
Nicht nur die Einstiegsphase, auch Ihr Job an sich ist sehr zeitintensiv. Was unternehmen Sie, um selbst eine gesunde Balance aus Arbeit und Freizeit hinzubekommen?
Ich gehöre zur Generation der Babyboomer, uns wurde das Thema Work-Life-Balance nicht in die Wiege gelegt. Wir haben von unseren Vorgängern noch einen anderen Arbeitsethos übernommen – was sicher auch mit einer gewissen Konkurrenzsituation zu tun hatte. Ich weiß aber natürlich, dass die Balance zwischen Arbeits- und Privatleben gerade für die Generation Y ein besonderes Gewicht hat. Das muss man im Management auch leben. Neben meinen zeitintensiven Aufgaben versuche ich daher, ein Privatleben zu führen, ein bisschen Sport zu treiben und mit den Menschen, die mir wichtig sind, etwas zu unternehmen.
Sie stehen als Arbeitgeber in direkter Konkurrenz zu den Privatbanken und zur Europäischen Zentralbank (EZB). Wie gelingt es Ihnen trotzdem, die besten Leute zur Bundesbank zu holen?
Wir haben eine andere Grundvoraussetzung. Wir sind eine verfassungsrechtlich garantierte Institution, der zentrale Aufgaben für ein demokratisches Gemeinwesen übertragen wurden. Dabei geht es bei uns nicht nur um Geld und Verdienst. Wir gestalten zum Beispiel die Geldpolitik im Euroraum mit, engagieren uns für ein stabiles Finanzsystem und sorgen für einen reibungslosen Zahlungsverkehr. Wir sind für die Stabilität des Geldes verantwortlich und begreifen uns sowohl als Bank der Banken wie auch als Hausbank des Staates. Damit unterscheiden wir uns von Privatbanken.
Und trotzdem sind wir eben eine Bank, nicht eine gewöhnliche Behörde. Mit diesem einzigartigen Aufgabenprofil sind wir interessant für alle, die eine anspruchsvolle, spannende und gleichzeitig dem Gemeinwohl verpflichtete Tätigkeit suchen. Die Elemente des Bankings werden bei uns mit Elementen staatlicher Verantwortung verknüpft. Die EZB begreifen wir dabei nicht als Konkurrenten. Im Gegenteil: Wir sind Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken, arbeiten eng mit der EZB und den anderen Nationalen Zentralbanken zusammen, haben ein gemeinsames Leitbild und institutionalisierte Personalaustauschprogramme.
Die Arbeit der Bundesbank findet dabei auch immer im Spannungsfeld mit der Politik statt. Wo liegen hier die Vorteile, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus?
Wir sind nach dem Gesetz von tagespolitischen Entscheidungen unabhängig. Die Politik stellt uns lediglich den Ordnungsrahmen, innerhalb dessen wir uns unabhängig und selbstständig bewegen. Wir müssen uns also keiner politischen Doktrin unterordnen, das ist ein Privileg. Wir können Fragestellungen aufwerfen, sie diskutieren und unsere Meinung äußern. Natürlich ist das auch eine große Herausforderung, die uns vor den Anspruch stellt, unsere Entscheidungen gegenüber der Öffentlichkeit gut zu begründen. Das Sachargument steht also im Vordergrund. Für uns gilt es dann, diese sachliche Komponente in einem politischen Umfeld so zu platzieren und zu präzisieren, dass sie die entsprechende Wirkung entfaltet.
Trotz aller Sachlichkeit und Präzision in den Entscheidungen: Müssen sich Einsteiger bei aller Komplexität des Systems darüber Gedanken machen, den Durchblick zu verlieren?
Nein, mit Sicherheit nicht. Der – auch kontroverse – Diskurs über Inhalte ist grundsätzlich positiv zu sehen. Er hilft dabei, neue Ideen zu entwickeln und die Tragfähigkeit der eigenen Argumente zu erkennen. Unseren Beschäftigten dient die klare Fokussierung der Bank als Anker in dieser immer komplexer werdenden Welt. Alle Aktivitäten sind am Stabilitätsziel ausgerichtet. Damit ist in erster Linie die Preisniveaustabilität gemeint, aber auch die Stabilität des gesamten Finanz- und Währungssystems. Darauf bereiten wir unsere Nachwuchskräfte gut vor. Wir bieten unter anderem einen eigenen Bachelorstudiengang im „Central Banking“ an sowie Einstiegsprogramme für Masterabsolventinnen und -absolventen. Wer bei uns anfängt, wird nicht alleingelassen, sondern kommt in eine Wissens- und Erfahrungsgemeinschaft, die sich über viele Jahrzehnte entwickelt hat und in der man sehr schnell lernt.
Zum Unternehmen
Die Deutsche Bundesbank ist die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland. Damit ist sie die „Bank der Banken“. Juristisch betrachtet ist sie eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Zusammen mit anderen nationalen Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ist sie für den Euro verantwortlich. Ihr oberstes Ziel ist es, die Stabilität des Preisniveaus zu sichern. Um dem Zusammenwachsen der internationalen Finanzmärkte und den Innovationen im Zahlungsverkehr- und Finanzbereich Rechnung zu tragen, hat die Bundesbank fünf Kerngeschäftsfelder identifiziert: Sie sorgt für stabiles Geld und für ein stabiles Finanz- und Währungssystem, sie ist maßgeblich an der Bankenaufsicht beteiligt, sie kümmert sich um einen reibungslosen Zahlungsverkehr und auch darum, dass immer Bargeld in ausreichender Menge und guter Qualität vorhanden ist.
Die Bundesbank beschäftigt in ihrer Zentrale in Frankfurt am Main, in neun Hauptverwaltungen und bundesweit in 38 Filialen rund 10.000 Menschen (Stand April 2015).
Weltraumrechtler sind vielseitige Berater nicht nur bei rechtlichen Fragen. Idealerweise verfügen sie auch über ausgeprägte Fähigkeiten für die Kommunikation mit Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Lenkern aus der Privatwirtschaft wie der Politik gleichermaßen – und das alles auf internationalem Parkett. Von Dr. Oliver Heinrich, Rechtsanwalt und Partner, BHO Legal, Köln
Wem gehört der Mond? Diese Frage wird häufig als erstes mit dem Thema Weltraumrecht verbunden. Bis es aber Niederlassungen auf dem Erdtrabanten gibt, können Juristen hiermit kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Haupttätigkeit des Weltraumrechtlers liegt in „bodenständigeren“ Rechtsgebieten, ähnlich anderen Wirtschaftsbereichen. Auch der Weltraumrechtler entwirft Verträge und begleitet Vertragsverhandlungen. Immer wieder geht es um Haftungsfragen und Lizenzvereinbarungen zur Nutzung geistigen Eigentums. Aber selbst bei regelmäßigen und viel beachteten Flügen, wie zum Beispiel von Alexander Gerst zur ISS, gilt: Raumfahrt ist nie Routine. Sie ist riskant, extrem teuer, erfordert enormes Fachwissen und ist sprichwörtlich brandgefährlich. Misslingt der Start einer Rakete zur Platzierung von Satelliten, summiert sich der finanzielle Verlust schnell auf mehrere hundert Millionen Euro. Die Haftungsfrage hat damit enorme Bedeutung.
Daneben ist Raumfahrt vor allem Wissenschaft und Forschung. Damit sind Fragen zur Übertragung geistiger Eigentumsrechte besonders kritisch. All diese Fragen können meist nicht allein auf juristischer Ebene entschieden werden. Vielmehr ist ein intensiver Austausch mit den jeweiligen Wissenschaftlern, Ingenieuren und Versicherungsexperten nötig. Auch spielen Fragen der Unternehmensentwicklung eine Rolle, denn geistiges Eigentum kann leicht einen Großteil des Unternehmenswertes ausmachen und die Haftung für den Satellitenverlust ein Unternehmen ruinieren. Umfassende juristische Beratung zu Weltraumprojekten betrifft daneben auch haushaltsrechtliche Fragestellungen, zum Beispiel, ob ein Projekt durch einen Auftrag oder eine Förderung realisiert wird. Dies wiederum wirft Fragen des Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberechts auf. Spätestens seit dem Einzug der Raumfahrtpolitik in den Vertrag von Lissabon sind auch vertiefte Kenntnisse des Europarechts für Weltraumrechtler unerlässlich. Wie die Raumfahrt selbst wird auch der Bereich des Weltraumrechts nie zur Routine.
Mit neuen Technologien ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen. Vor allem in den USA läuft die Privatisierung der bemannten Raumfahrt seit einigen Jahren auf Hochtouren – aber auch Europa erkennt die Relevanz des Weltraums für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Damit erschließen sich neue Anwendungsfelder, es kommt zur Überschneidung von Technologiebereichen, und gänzlich neue, innovative Unternehmen betreten den Bereich der Raumfahrt. Der Konkurrenzdruck und der Wettbewerb steigen. Mit neuen Unternehmen und neuen Tätigkeiten ergeben sich neue Rechtsfragen – Fragen des Weltraumtourismus bekommen praktische Relevanz. Und mit Überlegungen zur Rohstoffsuche auf Himmelskörpern könnte die Frage zum Eigentum am Mond dann vielleicht doch früher als erwartet von großer wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung sein.
Seerecht ist nicht nur ein vielfältiges, sondern auch ein bedeutsames Arbeits- und Rechtsgebiet. Ob es um die Nutzung und Ausbeutung des Meeresbodens oder die Freiheit und Sicherheit der Meere geht: Juristen müssen sich den unterschiedlichsten Problemen und Fragen stellen. Jedoch fehlen jetzt schon kundige Anwälte – für den Nachwuchs also beste Aussichten auf eine spannende Karriere. Von Thomas Wanckel
Gern wird darauf verwiesen, dass die Meere rund 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken und für den Warentransport von erheblicher Bedeutung sind. Man denke nur an die immer größer werdenden Containerschiffe, die inzwischen bei einer Länge von fast 400 Metern mehr als 13.000 Standardcontainer transportieren können. Auch als Nahrungs- und Rohstofflieferanten sowie für die Windenergie werden die Ozeane immer wichtiger. Besonders in Deutschland, das die Energiewende auch mit Hilfe der Windenergie schaffen will und 80 Prozent seiner Exporte über See abwickelt, werden schon heute mehr Seerechtsjuristen gebraucht, als derzeit an den Universitäten die knappen Vorlesungsangebote nutzen.
Daher bietet die Universität Hamburg nach einigen Testläufen zum Wintersemester 2012/13 endlich einen neuen Schwerpunktbereich „Maritimes Wirtschaftsrecht“ an. Der als Wahlschwerpunkt angebotene einjährige Studiengang ist Bestandteil der Ausbildung zur juristischen Staatsprüfung und umfasst die ganze für Kenner spannende Materie. Danach wird sich der Jurist entscheiden müssen, ob er sich dem öffentlichen Seerecht, also insbesondere dem Seevölkerrecht, zuwenden möchte oder eher dem privaten Seehandelsrecht. Stichwörter für den Regelungsbereich des öffentlichen Seerechts sind zum einen die schon erwähnte Nutzung und Ausbeutung des Meeresbodens, aber auch der Meeresoberfläche durch Offshore- oder Windenergieanlagen, insbesondere die Freiheit und Sicherheit der Meere, die durch die ansteigende Piraterie derzeit massiv gefährdet sind.
Juristen werden sich dem Problem nicht nur im Strafrecht, sondern auch etwa bei Fragen der Bewaffnung von Schiffsbesatzungen oder der Marineeinsätze stellen müssen. Das privatrechtliche Seerecht gerät immer wieder bei Schiffskatastrophen in den Fokus der Öffentlichkeit. Zuletzt im Rahmen der Havarie des deutschen Containerschiffes „MSC Flaminia“, das auf dem Nordatlantik Feuer fing, nahezu ausbrannte und nur mit Mühe in den neuen Tiefseehafen Wilhelmshaven geschleppt werden konnte. Seerechtler werden zu klären haben, wer für die erheblichen Schäden an Schiff und Ladung und für die Kosten der Bergung des Schiffes aufkommen muss.
Da das Seerecht immer auch einen internationalen Bezug hat, werden sich angehende Seerechtler nicht nur sprachlich – sehr gute Englisch-Kenntnisse sind ein absolutes Muss –, sondern auch fachlich im anglo-amerikanischen Raum weiterbilden müssen.
[quote_center]DVIS Deutscher Verein für Internationales Seerecht: www.seerecht.de[/quote_center]
Welche besonderen Anforderungen werden an die anwaltliche Beratung gestellt, wenn in den Printmedien oder im Internet Persönlichkeitsrechte verletzt werden, und wie können solche Rechte bei der Vertragsgestaltung im Zusammenhang mit Filmen oder Werbeverträgen geschützt werden? Solche Fragen zu klären ist die Aufgabe von Juristen, die sich auf Persönlichkeitsrecht spezialisiert haben. Von Prof. Dr. Ralf Kitzberger LL.M., Partner der Kanzlei Grub Frank Bahmann Schickhardt Englert in Ludwigsburg
Der Schutz der Persönlichkeitsrechte in der anwaltlichen Praxis ist äußerst vielfältig. Er umfasst Anfragen von Unternehmern, die sich gegen die Berichterstattung einer regionalen Zeitung wenden, Darstellungen in Bewertungsportalen, bei denen sich die Bewerteten zu Unrecht schlecht bewertet fühlen, die Verwendung von Fotografien eines Musikstars beim Badeurlaub in der Boulevardpresse, die nicht erlaubte Verwendung von Fotografien zu Werbezwecken bis hin zur Eintragung von Marken und Vertragsverhandlungen bei Testimonialverträgen, bei denen bekannte Persönlichkeiten sich als sogenannte Werbebotschafter zur Verfügung stellen.
Insgesamt lässt sich die Tätigkeit in zwei Bereiche einteilen. Zum einen die beratende und die gestaltende Tätigkeit, insbesondere im Zusammenhang mit Vertragsabschlüssen, zum anderem die Geltendmachung von Ansprüchen wie beispielsweise Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen bei negativer Darstellung in der Öffentlichkeit. Bei unliebsamer Berichterstattung hat in den letzten Jahren insbesondere das Internet die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Strategien ad absurdum geführt, da durch das Internet anders als bei den ursprünglichen Medien, wie zum Beispiel im Printbereich, eine weltweite, dauerhafte Verbreitung in kürzester Zeit möglich ist. Gerade soziale Netzwerke haben eine große Öffentlichkeit und können zu einem Prangereffekt beitragen, der einer Person oder einem Unternehmen nachhaltig schadet. Nicht zuletzt deshalb stellt sich daher hier immer wieder die Frage „Bin ich diesem ‚Mob‘ schutzlos ausgesetzt?“. Grundsätzlich ist dies nicht der Fall. Was offline gilt, gilt regelmäßig auch online. Dabei ist notwendig, dass in einem möglichst frühen Stadium, wenn möglich mit dem Entstehen der kritischen Informationen und vor der Verbreitung im Internet, Maßnahmen ergriffen werden müssen. Dies setzt ein Frühwarnsystem voraus und ein regelmäßiges Monitoring. Dabei ist eine Abwägung vorzunehmen zwischen den juristischen Maßnahmen, die ergriffen werden können, und der Schädigung der Reputation durch juristische Maßnahmen.
Die Tätigkeit im Bereich der Persönlichkeitsrechte erfordert detaillierte Kenntnisse über das Recht am eigenen Bild, Markenrecht, Presserecht, Namensrecht, aber auch über das Urheberrecht. Es empfiehlt sich frühzeitig, bereits während des Studiums oder des Referendariats, Praxiserfahrung in einschlägigen Kanzleien zu sammeln. Nicht blenden lassen sollte man sich durch den „Promi-Faktor“. Die Tätigkeit im Bereich des Persönlichkeitsrechts findet sehr häufig im Hintergrund statt und erfordert aufgrund der häufig nur geringen Reaktionszeit, die zur Verfügung steht, eine ständige Erreichbarkeit auch an Wochenenden. Wer sich davon nicht abschrecken lässt und über fundierte Rechtskenntnisse und Einsatzwille verfügt, kann für sich ein interessantes Tätigkeitsfeld entwickeln.