Rechtschrittmacher

Foto: Fotolia/benjaminnolte
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Die Law Clinic ist eine Kooperation der Bucerius Law School und der Diakonie Hamburg. Ehrenamtlich beraten 18 Hamburger Rechtsanwälte gemeinsam mit etwa 40 Studierenden der Law School Hilfesuchende von verschiedenen Beratungseinrichtungen der Diakonie in Rechtsangelegenheiten. Das Angebot richtet sich an Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen und persönlichen Situation nur einen eingeschränkten Zugang zu qualifizierter Rechtsberatung haben und ihre Rechte ohne die Law Clinic nicht wahrnehmen könnten. Aufgezeichnet von Stefan Trees

 

Judith Büschleb, Foto: Judith Büschleb
Judith Büschleb, Foto: Judith Büschleb

Judith Büschleb, 31 Jahre
Jura-Studentin im ersten Staatsexamen an der Bucerius Law SchoolProjekt: Law Clinic
Ort: Hamburg
Web: https://www.law-school.de/services/law-clinic

Wie es dazu kam
Ich habe ehrenamtlich in einer interkulturellen Beratungsstelle der Diakonie in Hamburg gearbeitet. In den Beratungsgesprächen tauchten immer wieder Menschen mit rechtlichen Problemen auf. Mit dem Wissen aus meinem Jura- Studium war mir klar, dass viele bei entsprechender anwaltlicher Beratung und Vertretung ihren Fall hätten gewinnen können. Sie waren offensichtlich im Recht, aber es fehlte an passenden Beratungsangeboten, mit denen sie ihr Recht hätten durchsetzen können. Diese Beobachtung machten auch die Sozialarbeiter der Diakonie.

Weil mich dieser Umstand so bewegte, habe ich an der Uni davon erzählt und bei vielen Kommilitonen offene Türen eingerannt, die sich mit ihrem Wissen unentgeltlich für andere Menschen einsetzen und damit nicht bis zum Berufseinstieg warten wollten. So ist die Idee zur Law Clinic entstanden: Sie bringt Menschen zusammen, die einerseits Hilfe benötigen, andererseits helfen wollen. Die Ratsuchenden werden von Teams aus einem Fachanwalt und zwei Studierenden beraten – vom ersten Beratungsgespräch bis zur Lösung des Problems. Die Studierenden beraten also nicht nur, sondern vertreten die Mandaten auch gegenüber der gegnerischen Partei und vor Gericht, immer unter intensiver Anleitung und Aufsicht durch den Team-Fachanwalt und natürlich nur soweit dies rechtlich zulässig ist. Die Reaktion der Anwälte, die wir auf ihre Mitarbeit angesprochen haben, war übrigens einhellig: Endlich gibt es eine Organisation, die es ermöglicht, sich pro bono auf anwaltliche Beratung zu konzentrieren, ohne sich um die vielfältigen und oft zeitaufwändigen organisatorischen Belange kümmern zu müssen.

Warum ich das mache
Die Law Clinic ist ein Beitrag für mehr Chancengleichheit. Als ich an der Uni von meinen Erfahrungen aus den Beratungen an der Diakonie erzählte, brannten die Studierenden darauf mitzumachen – wie junge Menschen nun mal sind, wollen wir mit unserem Engagement die Welt ein Stück gerechter machen.

In der Law Clinic engagieren sich zurzeit rund 40 Studierende und 18 Anwälte. Darüber hinaus gibt es ein zehnköpfiges Leitungs- und Organisationsteam, bestehend aus Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Alumni. Und es gibt noch viel mehr, die mitmachen würden. Wer nach seiner erfolgreichen Bewerbung bei der Law Clinic einsteigt, wird geschult und vorbereitet und durch Lehrveranstaltungen, Workshops, Kolloquien und Feedback-Veranstaltungen begleitet. Somit sind wir mittendrin in der Praxis, und es ist alles andere als trocken.

Was es bislang gebracht hat
Im Oktober 2012 haben wir die erste Beratung durchgeführt. Seitdem läuft es genial: Innerhalb eines Dreivierteljahres konnten hundert Menschen professionell beraten werden, die ohne die Law Clinic wahrscheinlich nie einen anwaltlichen Rat erhalten hätten. Von den Studierenden und den Anwälten wurden rund 70 Mandate übernommen, vier Fälle sind gerichtlich anhängig. So hat beispielweise eine Familie unrechtmäßig ein Jahr lang kein Kindergeld erhalten und nun von der Behörde eine Nachzahlung bekommen. Und kurz vor Weihnachten hatten wir eine sechsköpfige Familie, die schon die Räumungsankündigung bekommen hatte. Innerhalb einer Woche hat das Beratungsteam mit dem Vermieter eine einvernehmliche Lösung gefunden. Die Familie wohnt nun immer noch dort.

Wir finden die Kombination der Zusammenarbeit von Sozialarbeitern und Anwälten und der Zuarbeit der Studierenden eine tolle Möglichkeit, sich pro bono einzusetzen. Wir haben den Traum, dass dieses Modell auch an anderen Universitäten eingeführt wird und die Idee der Law Clinic auf lange Sicht in Deutschland einen Unterschied für den Zugang zum Recht machen wird.