Weltraumrechtler

Foto: Fotolia/gerald schilling
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Weltraumrechtler sind vielseitige Berater nicht nur bei rechtlichen Fragen. Idealerweise verfügen sie auch über ausgeprägte Fähigkeiten für die Kommunikation mit Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Lenkern aus der Privatwirtschaft wie der Politik gleichermaßen – und das alles auf internationalem Parkett. Von Dr. Oliver Heinrich, Rechtsanwalt und Partner, BHO Legal, Köln

Wem gehört der Mond? Diese Frage wird häufig als erstes mit dem Thema Weltraumrecht verbunden. Bis es aber Niederlassungen auf dem Erdtrabanten gibt, können Juristen hiermit kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Haupttätigkeit des Weltraumrechtlers liegt in „bodenständigeren“ Rechtsgebieten, ähnlich anderen Wirtschaftsbereichen. Auch der Weltraumrechtler entwirft Verträge und begleitet Vertragsverhandlungen. Immer wieder geht es um Haftungsfragen und Lizenzvereinbarungen zur Nutzung geistigen Eigentums. Aber selbst bei regelmäßigen und viel beachteten Flügen, wie zum Beispiel von Alexander Gerst zur ISS, gilt: Raumfahrt ist nie Routine. Sie ist riskant, extrem teuer, erfordert enormes Fachwissen und ist sprichwörtlich brandgefährlich. Misslingt der Start einer Rakete zur Platzierung von Satelliten, summiert sich der finanzielle Verlust schnell auf mehrere hundert Millionen Euro. Die Haftungsfrage hat damit enorme Bedeutung.

Daneben ist Raumfahrt vor allem Wissenschaft und Forschung. Damit sind Fragen zur Übertragung geistiger Eigentumsrechte besonders kritisch. All diese Fragen können meist nicht allein auf juristischer Ebene entschieden werden. Vielmehr ist ein intensiver Austausch mit den jeweiligen Wissenschaftlern, Ingenieuren und Versicherungsexperten nötig. Auch spielen Fragen der Unternehmensentwicklung eine Rolle, denn geistiges Eigentum kann leicht einen Großteil des Unternehmenswertes ausmachen und die Haftung für den Satellitenverlust ein Unternehmen ruinieren. Umfassende juristische Beratung zu Weltraumprojekten betrifft daneben auch haushaltsrechtliche Fragestellungen, zum Beispiel, ob ein Projekt durch einen Auftrag oder eine Förderung realisiert wird. Dies wiederum wirft Fragen des Wettbewerbs-, Beihilfe- und Vergaberechts auf. Spätestens seit dem Einzug der Raumfahrtpolitik in den Vertrag von Lissabon sind auch vertiefte Kenntnisse des Europarechts für Weltraumrechtler unerlässlich. Wie die Raumfahrt selbst wird auch der Bereich des Weltraumrechts nie zur Routine.

Mit neuen Technologien ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen. Vor allem in den USA läuft die Privatisierung der bemannten Raumfahrt seit einigen Jahren auf Hochtouren – aber auch Europa erkennt die Relevanz des Weltraums für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Damit erschließen sich neue Anwendungsfelder, es kommt zur Überschneidung von Technologiebereichen, und gänzlich neue, innovative Unternehmen betreten den Bereich der Raumfahrt. Der Konkurrenzdruck und der Wettbewerb steigen. Mit neuen Unternehmen und neuen Tätigkeiten ergeben sich neue Rechtsfragen – Fragen des Weltraumtourismus bekommen praktische Relevanz. Und mit Überlegungen zur Rohstoffsuche auf Himmelskörpern könnte die Frage zum Eigentum am Mond dann vielleicht doch früher als erwartet von großer wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung sein.