Work-Life-Balance für Männer gleich wichtig wie für Frauen

Work-Life-Balance ein Frauenthema? Von wegen: Auch Männer wollen nicht um jeden Preis Karriere machen.

Gleich zu Beginn ein paar Fakten, die der gerade erschienenen Studie „Integrating work and life – it’s not just a woman’s issue anymore“ der Managementberatung Bain & Company entnommen sind: Das Erreichen von Lebenszielen sei wichtiger als eine schnelle Karriere sagen 50 Prozent der weiblichen und 51 Prozent der männlichen der befragten 1500 MBA-Studenten und -Absolventen in den USA. Nur 32 Prozent der Studentinnen und 36 Prozent der Studenten räumen dem beruflichen Aufstieg Vorrang ein. „MBA-Studenten von heute denken intensiv darüber nach, was sie beruflich und persönlich erreichen wollen“, analysiert Dr. Henrik Naujoks, Partner bei Bain & Company und dort verantwortlich für Personal. „Sie sind nicht mehr ausschließlich auf die Karriere fokussiert, sondern streben ein erfülltes Leben in vielen Dimensionen an.“ 40 Prozent der Studentinnen und sogar 42 Prozent der Studenten betrachten den ständigen Kompromiss zwischen Beruf und anderen Ambitionen als das größte Hindernis für ihre Karriereziele. Männer definieren beruflichen Erfolg nach wie vor anders Viele der befragten Männer formulieren Bedürfnisse, die früher als traditionell weiblich galten. Wichtiger als ein hohes Gehalt oder Prestige ist für 59 Prozent der MBA-Anwärter, in ihrem Beruf etwas Positives zu bewirken. 51 Prozent möchten im Laufe ihrer Karriere ein soziales Projekt verwirklichen. Und 44 Prozent wünschen sich eine Auszeit ohne berufliche Nachteile. Klare Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es hingegen weiterhin bei der Definition des beruflichen Erfolgs: Für 37 Prozent der Studenten ist finanzieller Wohlstand zweitwichtigstes Ziel. Bei den Frauen liegt dieses Bestreben mit 23 Prozent lediglich auf Rang fünf. Außerdem nennen männliche Top-Absolventen Technologiekonzerne und unternehmergeführte Firmen als zwei von drei Wunscharbeitgebern, während Frauen auch starkes Interesse an Branchen mit gesellschaftlicher Bedeutung haben. Wirtschaft und Bildungswesen müssen reagieren Aus den Ergebnissen dieser Umfrage könnten sich Konsequenzen sowohl für Unternehmen als auch für Ausbildungsstätten ableiten, finden die Studienmacher. Sie müssten sich auf die veränderten und flexibleren Karrierewünsche der Studenten einstellen – die einen, um für die Top-Absolventen interessant zu bleiben, die anderen, um nicht an der Realität vorbei auszubilden. Die besten MBA-Programme galten bisher als Startrampe für eine intensive Karriere mit langen Arbeitstagen und vielen privaten Kompromissen. Die Unternehmen konnten sich darauf verlassen, dass ihre High Potentials alles dafür tun würden, um schnell aufzusteigen. Doch diese Zeiten seien nun vorbei. „Die aufstrebende neue Generation der Konzernlenker und Unternehmer zwingt die Wirtschaft zu akzeptieren, dass Karriere um jeden Preis nicht mehr das dominierende Ziel ist“, betont Bain-Partner Naujoks. Mit modernen Arbeitsmodellen wie Teilzeitbeschäftigung, Jobsharing, Homeoffice sowie Auszeiten, die der Karriere nicht schaden, könnten Unternehmen ihre Flexibilität und menschliche Firmenkultur unter Beweis stellen, findet Bain. „Es geht nicht länger nur darum, ein Talent möglichst schnell nach oben zu katapultieren“, so Naujoks. „Vielmehr gilt es Führungspersönlichkeiten zu entwickeln, die in ihrem Beruf, aber auch in anderen Lebensbereichen erfolgreich sind.” Work-Life-Balance ist heute ein Thema für beide Geschlechter Viele Unternehmen müssten ihre Beförderungsmechanismen überdenken, damit sich die neuen flexiblen Arbeitsmodelle durchsetzen können. Wer das schaffe, ziehe Spitzentalente nicht nur an, sondern bände diese weiblichen und männlichen High Potentials auch langfristig an sein Unternehmen. Bain-Partner Naujoks stellt fest: „Arbeitgeber können es sich nicht länger leisten, die mehrdimensionalen Lebensziele der jungen Generation zu ignorieren oder als reines Frauenthema zu behandeln.“

Bosch gewinnt den Xing New Work Award 2016

Homeoffice und Jobsharing, Familienpflegezeit und Sabbaticals: Die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben macht Bosch mit über 100 flexiblen Arbeitszeitmodellen möglich. Dafür hat das Unternehmen nun beim Unternehmenswettbewerb Xing New Work Award 2016 der ersten Preis gewonnen.

Christoph Kübel, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der Robert Bosch GmbH gibt sich überzeugt: „Die Arbeitswelt der Zukunft muss den Bedürfnissen von jüngeren und älteren Arbeitnehmern gerecht werden, wenn Unternehmen am Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig bleiben wollen.“ Mit individuellen Arbeitszeitlösungen, die sich an den Lebensphasen der Mitarbeiter orientieren, reagiert Bosch auf die zunehmende Nachfrage seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Balance zwischen Beruf und Privatleben. So will sich das Unternehmen qualifiziertes und motiviertes Personal erhalten, was Mitarbeitern und Unternehmen gleichermaßen zugute kommt. Die XING-Netzgemeinde stimmte im Rahmen des New Work Awards 2016 für die zwölf Finalisten aus über 140 Einreichungen ab. Die meisten Stimmen gingen an Bosch. Der Preis des Unternehmenswettbewerbs von XING in Kooperation mit Focus und Human Resources Manager zeichnet Unternehmen aus, die mit innovativen und zukunftsweisenden Konzepten den Herausforderungen der Arbeitswelt begegnen. Er wurde am 28. Januar bei der großen New Work Award Gala in Berlin verliehen.

DLD16-Panel zur Zukunft der Mobilität

Selbstfahrende Autos, Carsharing und Connectivity: Die Automobilindustrie verändert sich aktuell so rasant wie nie.

WEF-Studie zur Zukunft der Arbeit

Die vierte industrielle Revolution wird in den kommenden Jahren unsere Arbeitswelt verändern. „Die Zukunft der Arbeit“ lautet der Titel einer Studie, die das World Economic Forum (WEF) anlässlich des gerade stattfindenden Weltwirtschaftsgipfels in Davos vorstellt.

Filmfestival Futurale zur Arbeitswelt der Zukunft

Das Filmfestival Futurale zeigt Trends der Arbeitswelt der Zukunft, innovative Lebensentwürfe und traditionelle Unternehmen, die sich auf neue Wege begeben.

E-Paper karriereführer bauingenieure 2015.2016

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Employer Branding – verschenken Unternehmen Millionen?

Eine gute Arbeitgebermarke spart Unternehmen Geld. Simone Janson hat auf ihrem Blog berufebilder.de die Studie „ROI einer Arbeitgebermarke“ des Business-Netzwerks LinkedIN ausgewertet. In ihrem Beitrag „Verschenken Unternehmen Millionen?“ erklärt sie, warum Employer Branding so wichtig ist.  

karriereführer bauingenieure 2015.2016 – Bauen 4.0

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Cover bauingenieure 2015.2016

Bauen 4.0 – Die digitale Transformation des Bauwesens

Neue Dimension des Bauens. Die Möglichkeiten der Industrie 4.0 kommen in der Bauwirtschaft an: Die Zukunft gehört Projekten, in denen sich die Beteiligten mithilfe digitaler Werkzeuge abstimmen. Selbst komplexe Bauvorhaben werden dadurch transparenter und besser steuerbar. Für den Nachwuchs kommt es darauf an, digitale Kompetenzen mit dem Know-how eines Bauingenieurs zu vereinen.

Im Gespräch mit Hubertus Meyer-Burckhardt

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Die Liebeskomödie „Halbe Wahrheiten“ des englischen Dramatikers Sir Alan Ayckbourn ist ein international erfolgreicher Klassiker, der frisch im Ernst Deutsch Theater in Hamburg ab 26.11.2015 aufgeführt wird. Regie führt Hubertus Meyer-Burckhardt, Filmproduzent, Schriftsteller und Gastgeber der NDR Talk Show. Erstmals seit seinem Studienbeginn an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), München, arbeitet Meyer-Burckhardt wieder als Theater-Regisseur. Vor dieser Zeit war er als Regie-Assistent bei Boy Gobert, Hans Hollmann und Klaus Emmerich tätig und inszenierte selbst am Berliner Renaissance-Theater „Spiel’s noch mal, Sam“ von Woody Allen und „Der Kontrabass“ von Patrick Süskind.

Daten und Dialog

Keiner weiß, was der andere tut – das soll es bei Bauvorhaben nicht mehr geben. Durch Building Information Modeling und Projekte in 5-D entstehen digitale Plattformen, mit deren Hilfe sich der gesamte Prozess durchleuchten und planen lässt. Für IT-kundige Bauingenieure entsteht somit das neue Jobprofil des Datenmanagers. Gefragt sind dafür digitale und kommunikative Kompetenzen. Von André Boße

Die Ideen von Industrie 4.0 sind bereits in aller Munde. Kurz zusammengefasst: Bei der Produktion kommen „cyber-physische Systeme“ zum Einsatz. Das sind Roboter, die nicht nur automatisch Produktionsschritte übernehmen, sondern auch so intelligent sind, dass sie ihre Arbeitsschritte nach der Konfiguration selbst planen sowie mit anderen Robotern kommunizieren. Dies geschieht über ein Internet der Dinge, in dem die Interaktion von Maschinen mit künstlicher Intelligenz stattfindet. Der Ort, an dem dies geschieht, nennt sich SmartFactory. Dabei spielt der Mensch auch weiterhin eine wichtige Rolle. Er installiert und konfiguriert die digitalen Produktionsprozesse, füttert sie mit Daten und wertet diese aus. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Produktion in den intelligenten Fabriken der Industrie-4.0-Welt ist transparent und effizient. Durch die Daten werden Qualitätskontrollen entlang des gesamten Prozesses einfacher. Die Systeme der Industrie-4.0-Welt helfen der Industrie also dabei, die immer komplexer werdende Produktion zu meistern. Es überrascht nicht, dass die technischen Unternehmen diesen Wandel sehr begrüßen: In einigen Bereichen herrscht eine echte Pionierstimmung. Es gibt kaum eine Branche, die den Veränderungen nicht optimistisch entgegenblickt. Neben dem Begriff Industrie 4.0 hat der Aufbruch bereits weitere Bereiche erfasst: Es gibt Pharma 4.0 und die veränderten Tätigkeitsprofile werden als Arbeit 4.0 bezeichnet. Aber was ist mit Bauen 4.0? Bauen 4.0 auf dem Vormarsch Tatsächlich ist auch dieser Begriff auf dem Vormarsch. Gedacht wird er im Zusammenhang mit dem Einsatz des „Building Information Modeling“ (BIM), also der Planung und Durchführung eines Baus mithilfe von IT. Führende Verbände und Institutionen aus der Baubranche haben jetzt die Gesellschaft Planen-Bauen 4.0 gegründet. Das Ziel: Es soll mit der Idee von Bauen 4.0 schneller vorwärtsgehen, einige Akteure der Branche werden ein wenig ungeduldig. „Die Qualifikation unserer Bauingenieure sowie deutsche Bautechnik sind weltweit nach wie vor sehr gefragt. In Sachen Digitalisierung hinken wir allerdings hinterher“, beobachtet Helmut Bramann, Mitglied der Geschäftsführung des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie und seit März 2015 Geschäftsführer von Planen-Bauen 4.0. In vielen Ländern gehören digitale Arbeitsweisen schon zum Tagesgeschäft; entsprechendes Know-how werde dort vom Nachwuchs wie selbstverständlich erwartet. In Großbritannien müsse BIM ab 2016 bei allen staatlichen Bauprojekten angewendet werden – auch in der Instandhaltung, nicht nur im Neubau. „Es ist Zeit, dass wir uns in Deutschland mit den Möglichkeiten moderner Techniken nicht nur befassen, sondern sie in der Ausschreibung verlangen und entlang der Wertschöpfungskette durchgängig einsetzen “, fordert Bramann.

Bauen in 5-D

Bauen 4.0 – das funktioniert fünfdimensional. Wie, das erläutert das von Unternehmen der Baubranche gegründete Netzwerk „5Dinitiative“, das europaweit das Bauen der Zukunft gestalten will. 3-D stand für: Man sieht, was man baut. Also ein 3-D-Modell des geplanten Gebäudes. 4-D hieß: Man sieht, was man wann baut. Teil des Modells ist also der zusätzliche Zeitplan. 5-D bedeutet nun: Man sieht, wie man baut. Das Modell beinhaltet die kompletten Prozessdaten, von der Produktion bis zur Anlieferung, den Fortschritt und die Kosten sowie den späteren Betrieb mitsamt aller Kosten. Quelle: www.5d-initiative.eu
Digital hilft am Bau Ganz ähnlich wie bei der Industrie 4.0 geht es auch beim Bauen 4.0 darum, die Möglichkeiten der digitalen Technik für die konkrete Arbeit am Bau zu nutzen. Die Computer ersetzen dabei nicht das Know-how der Bauingenieure. Aber sie helfen, die Projekte deutlich effizienter und transparenter zu gestalten – und das ist mit Blick auf die steigende Komplexität heutiger Bauvorhaben von großer Bedeutung. „BIM verknüpft wichtige Produktoder Objektdaten in einem digitalen Modell, das zum effektiven Management von Informationen über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks hinweg dient – von den ganz frühen Konzeptphasen bis hin zum Betrieb“, definiert Helmut Bramann die Stärken der Methode. Konkret könne BIM dabei helfen, Termin- und Kostenüberschreitungen bei Bauprojekten zu vermeiden. Bramanns Wunsch an die Branche: „Wir sollten in der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft lernen, mehr in Wertschöpfungsketten zu denken – und unsere Prozesse dann entlang dieser Ketten zu optimieren.“ Eine wichtige Rolle dabei spielt seiner Meinung nach die junge Generation. „Angehende Bauingenieure arbeiten heute nicht mehr am Zeichenbrett, sie müssen am Computer spezielle Software beherrschen.“ Von Führungskräften in der Bauwirtschaft werde daher immer stärker gefordert, eine Immobilie von der Projektentwicklung über die Projektrealisierung bis zum Facility Management professionell zu begleiten. „Der klassische Bauingenieurstudiengang befähigt Absolventen heute noch nicht per se für diese anspruchsvolle interdisziplinäre Tätigkeit“, schätzt Helmut Bramann. Dennoch ist er optimistisch: Die Hochschulen seien auf dem richtigen Weg, den Studierenden das passende Rüstzeug für Bauen 4.0 an die Hand zu geben. Ungekannte Transparenz Dieses Rüstzeug benötigen die Nachwuchskräfte unbedingt beim Einstieg in die Bauwirtschaft. Ob bei den Projektspezialisten oder den großen Konzernen: „Die Ideen von Industrie 4.0 sind in der Bauwelt angekommen“, sagt Dr. Hansgeorg Balthaus, Geschäftsführer Engineering bei Hochtief. Seit rund zehn Jahren etablieren sich international immer neue Konzepte von „Virtual Design & Construction“, also der virtuellen Modellierung von Bauprojekten. Die Hochtief-Tochter ViCon hat sich im Konzern auf dieses Geschäft fokussiert. „Die mit dem Modell verknüpften Merkmale wie Produkteigenschaften, Ausführungstermine und Baukosten werden in digitalen Datenbanken abgelegt und von dort für die Projektbeteiligten verfügbar gemacht“, erläutert Balthaus die Praxis. „Dadurch entsteht eine Transparenz, wie wir sie bisher bei der Realisierung von Projekten nicht kannten.“ Bei Hochtief bereitet man die jungen Bauingenieure daher auf eine Arbeit vor, die sich deutlich stärker am Dialog orientiert. Orte der Interaktion sind vorzugsweise bedienbare Großbildschirme, interaktive Whiteboards oder Smartboards. Damit dort Dialog und Datenfluss funktionieren, ist es wichtig, einen für das Projekt verantwortlichen Datenmanager zu ernennen. „In unseren Projekten entstehen daher neue Schlüsselfunktionen, zum Beispiel die des BIM-Managers“, berichtet Balthaus. Auch der Top-Manager fordert daher eine Grundsatzausbildung im Digitalen Bauen an den Hochschulen, „aber auch ein projektnahes Training in den Unternehmen“. Ergänzend komme es auf die Schulung der kommunikativen Fähigkeiten an. Balthaus sagt: „Bauen 4.0 steht nicht für eine Arbeit, die im stillen Kämmerlein stattfindet. Der BIM-Bauingenieur kommuniziert mit Planern und Bauausführenden häufig über Web- oder Videokonferenzen, aber auch weiterhin in regelmäßigen persönlichen Projektmeetings.“ Die Interaktion über digitale Schnittstellen ist wichtig. Aber eines gilt auch weiterhin: Wer zusammen erfolgreich bauen will, muss auch miteinander reden.

Netzwerk Bauen 4.0

Jade Hochschule mit Sitz in Oldenburg und Wilhelmshaven hat ein Netzwerk „Bauen 4.0“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, angehende Bauingenieure und junge Bauingenieure in den Unternehmen zu vernetzen und bei Veranstaltungen an einen Tisch zu bringen. Bei Themen wie Wissensmanagement, der IT-Umsetzung einer „BauCloud“ oder dem BIM-Einsatz in verschiedenen Bauphasen, sollen Forschung und Praxiserfahrungen miteinander gekoppelt werden. Weitere Informationen gibt es beim Institut für Bau- und Immobilienwirtschaft der Jade Hochschule.

Interview mit Bernd Wagenbach, Geschäftsführer Schüßler-Plan

Die Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan plant komplexe Bauunternehmungen, von Flughäfen über Bahnhöfe bis zu Hochhäusern. Bei diesen Projekten gehören digitale Methoden längst zum Alltag. Die Idee von Bauen 4.0 ist hier Teil der Praxis. Bernd Wagenbach ist einer der Geschäftsführer des Unternehmens. Im Gespräch erzählt der studierte Bauingenieur, wie das Bauen 4.0 die Projektplanung verändern wird und welche Kompetenzen für den Nachwuchs wichtig sind. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Bernd Wagenbach wurde 1957 geboren und studierte an der Universität Wuppertal Bauingenieurwesen, Vertiefungsbereich konstruktiven Ingenieurbau. 1984 kam er zu Schüßler-Plan, wo er in Düsseldorf zunächst als Projektingenieur im Bereich Hoch-, Brücken- und Tunnelbau arbeitete. 1987 übernahm er die Leitung des Büros in Frankfurt am Main, seit 1991 ist er dort geschäftsführender Gesellschafter. Die Ingenieurgesellschaft hat ihren Hauptsitz in Düsseldorf. Im Sommer 2015 wurde das Unternehmen zum neuen Generalplaner für den neuen Flughafen in Berlin ernannt.
Herr Wagenbach, die Industrie 4.0 mit ihren Ideen und Veränderungen in Richtung digitaler Produktion ist in aller Munde. Wie sieht es mit der Adaption dieser Ideen für die Baubranche aus: Können wir analog von einem „Bauen 4.0“ sprechen? Die Baubranche kann sich den Forderungen der zunehmenden Digitalisierung nicht verschließen. Das Planen und Bauen ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl an Beteiligten und eine kaum überschaubare Anzahl an Schnittstellen. Hinzu kommt: Auch das Bauen unterliegt zunehmend den Zwängen der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit und Effizienz. Da liegt es doch nahe, sich analog den Grundsätzen der Industrie 4.0 mit Wertschöpfungsketten und Prozessen zu beschäftigen, die das Planen und Bauen optimieren. Welche Rolle spielt dabei das Building Information Modeling, kurz BIM? Diese Managementmethode eröffnet erstmals die Möglichkeit, die relevanten Bauwerksinformationen über alle Gewerke, alle Planungs- und Ausführungsphasen bis hin zum Betrieb des Bauwerks zu vernetzen und in einem gemeinsamen Modell allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen. Einige kritisieren, es ginge mit BIM zu langsam voran. Sehen Sie das auch so? Im Bereich der Planung und Realisierung von Hochbauten ist die BIM-Methode bereits etabliert, auch wenn wir in Deutschland tatsächlich noch etwas den Entwicklungen in den USA und denen einiger nordeuropäischer Länder hinterherlaufen. Im Bereich der Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen befinden wir uns gemeinsam mit der Bauindustrie und den Systemanbietern noch in der Entwicklungsphase. Fest steht jedoch: Mit BIM hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Sie wird die Arbeitsmethode der Zukunft sein. Wie kann es gelingen, die Ideen von Bauen 4.0 in die Praxis zu bringen? Wichtig ist das Training mit bereits vorhandenen neuen Planungswerkzeugen, die auf der BIM-Methode basieren. Wer diese Tools anwendet, schult nicht nur die Mitarbeiter, sondern prüft die Alltagstauglichkeit, die Nutzerfreundlichkeit und die Einhaltung der fachlichen Randbedingungen der neuen Systeme. Wie werden diese Veränderungen konkret die Arbeit der Bauingenieure verändern? Einer der Grundsätze von BIM ist das partnerschaftliche Miteinander in allen Planungs- und Ausführungsprozessen. Ziel ist es, an einem gemeinsamen Modell zu arbeiten. Alle Planungsleistungen der verschiedenen Gewerke werden in diesem gemeinsamen Modell zusammengeführt – und dabei automatisch auf Kollisionen und Unverträglichkeiten geprüft. Die Fehlerhäufigkeit im Planungsprozess wird damit minimiert. Der Einsatz der Methode bedingt bei allen Beteiligten ein Umdenken im Planungsprozess. Bisher bauten einzelne Gewerkeplanungen auf den Vorgaben und Vorleistungen anderer Beteiligter auf. Jetzt müssen alle bereits in frühen Planungsphasen konkret kooperieren. Hierdurch verschiebt sich der Planungsaufwand nach vorne in relativ frühe Projektphasen. Der Vorteil: Die späteren Planungsschritte, wie die Planung der Ausführung oder die Ausschreibung, kann man dann mit wesentlich weniger Aufwand betreiben. Welche Fähigkeiten werden für den Bauingenieurnachwuchs besonders bedeutsam sein? Die kommende Generation der Bauingenieure wächst ohnehin im Zeitalter der Digitalisierung auf, sie kennt also die Grundprinzipien. Darüber hinaus muss die Nachwuchskraft bereit sein, im Projekt offen und partnerschaftlich sowie über die Grenzen der eigenen Planungsdisziplin hinaus zu kommunizieren. Da Projekte früh konkret werden und das partnerschaftliche Miteinander wichtig ist, sind ein hohes Maß an fachlichem Know-how sowie ein breites Allgemeinwissen in allen beteiligten Fachgewerken wichtig. Die Bereitschaft zum Umgang mit neuen Medien und die Freude an Planungsprozessen mit einer Vielzahl Beteiligter setzen wir voraus – und fördern diese mit eigens darauf ausgerichteten persönlichen Weiterbildungsmaßnahmen in unserer Akademie.