Interview mit Bernd Wagenbach, Geschäftsführer Schüßler-Plan

„Die junge Generation kennt die Grundprinzipien“

Bernd Wagenbach, Foto: Ralph Richter/Schüßler-Plan
Bernd Wagenbach, Foto: Ralph Richter/Schüßler-Plan

Die Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan plant komplexe Bauunternehmungen, von Flughäfen über Bahnhöfe bis zu Hochhäusern. Bei diesen Projekten gehören digitale Methoden längst zum Alltag. Die Idee von Bauen 4.0 ist hier Teil der Praxis. Bernd Wagenbach ist einer der Geschäftsführer des Unternehmens. Im Gespräch erzählt der studierte Bauingenieur, wie das Bauen 4.0 die Projektplanung verändern wird und welche Kompetenzen für den Nachwuchs wichtig sind. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Bernd Wagenbach wurde 1957 geboren und studierte an der Universität Wuppertal Bauingenieurwesen, Vertiefungsbereich konstruktiven Ingenieurbau. 1984 kam er zu Schüßler-Plan, wo er in Düsseldorf zunächst als Projektingenieur im Bereich Hoch-, Brücken- und Tunnelbau arbeitete. 1987 übernahm er die Leitung des Büros in Frankfurt am Main, seit 1991 ist er dort geschäftsführender Gesellschafter. Die Ingenieurgesellschaft hat ihren Hauptsitz in Düsseldorf. Im Sommer 2015 wurde das Unternehmen zum neuen Generalplaner für den neuen Flughafen in Berlin ernannt.

Herr Wagenbach, die Industrie 4.0 mit ihren Ideen und Veränderungen in Richtung digitaler Produktion ist in aller Munde. Wie sieht es mit der Adaption dieser Ideen für die Baubranche aus: Können wir analog von einem „Bauen 4.0“ sprechen?
Die Baubranche kann sich den Forderungen der zunehmenden Digitalisierung nicht verschließen. Das Planen und Bauen ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl an Beteiligten und eine kaum überschaubare Anzahl an Schnittstellen. Hinzu kommt: Auch das Bauen unterliegt zunehmend den Zwängen der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit und Effizienz. Da liegt es doch nahe, sich analog den Grundsätzen der Industrie 4.0 mit Wertschöpfungsketten und Prozessen zu beschäftigen, die das Planen und Bauen optimieren.

Welche Rolle spielt dabei das Building Information Modeling, kurz BIM?
Diese Managementmethode eröffnet erstmals die Möglichkeit, die relevanten Bauwerksinformationen über alle Gewerke, alle Planungs- und Ausführungsphasen bis hin zum Betrieb des Bauwerks zu vernetzen und in einem gemeinsamen Modell allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen.

Einige kritisieren, es ginge mit BIM zu langsam voran. Sehen Sie das auch so?
Im Bereich der Planung und Realisierung von Hochbauten ist die BIM-Methode bereits etabliert, auch wenn wir in Deutschland tatsächlich noch etwas den Entwicklungen in den USA und denen einiger nordeuropäischer Länder hinterherlaufen. Im Bereich der Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen befinden wir uns gemeinsam mit der Bauindustrie und den Systemanbietern noch in der Entwicklungsphase. Fest steht jedoch: Mit BIM hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Sie wird die Arbeitsmethode der Zukunft sein.

Wie kann es gelingen, die Ideen von Bauen 4.0 in die Praxis zu bringen?
Wichtig ist das Training mit bereits vorhandenen neuen Planungswerkzeugen, die auf der BIM-Methode basieren. Wer diese Tools anwendet, schult nicht nur die Mitarbeiter, sondern prüft die Alltagstauglichkeit, die Nutzerfreundlichkeit und die Einhaltung der fachlichen Randbedingungen der neuen Systeme.

Wie werden diese Veränderungen konkret die Arbeit der Bauingenieure verändern?
Einer der Grundsätze von BIM ist das partnerschaftliche Miteinander in allen Planungs- und Ausführungsprozessen. Ziel ist es, an einem gemeinsamen Modell zu arbeiten. Alle Planungsleistungen der verschiedenen Gewerke werden in diesem gemeinsamen Modell zusammengeführt – und dabei automatisch auf Kollisionen und Unverträglichkeiten geprüft. Die Fehlerhäufigkeit im Planungsprozess wird damit minimiert. Der Einsatz der Methode bedingt bei allen Beteiligten ein Umdenken im Planungsprozess. Bisher bauten einzelne Gewerkeplanungen auf den Vorgaben und Vorleistungen anderer Beteiligter auf. Jetzt müssen alle bereits in frühen Planungsphasen konkret kooperieren. Hierdurch verschiebt sich der Planungsaufwand nach vorne in relativ frühe Projektphasen. Der Vorteil: Die späteren Planungsschritte, wie die Planung der Ausführung oder die Ausschreibung, kann man dann mit wesentlich weniger Aufwand betreiben.

Welche Fähigkeiten werden für den Bauingenieurnachwuchs besonders bedeutsam sein?
Die kommende Generation der Bauingenieure wächst ohnehin im Zeitalter der Digitalisierung auf, sie kennt also die Grundprinzipien. Darüber hinaus muss die Nachwuchskraft bereit sein, im Projekt offen und partnerschaftlich sowie über die Grenzen der eigenen Planungsdisziplin hinaus zu kommunizieren. Da Projekte früh konkret werden und das partnerschaftliche Miteinander wichtig ist, sind ein hohes Maß an fachlichem Know-how sowie ein breites Allgemeinwissen in allen beteiligten Fachgewerken wichtig. Die Bereitschaft zum Umgang mit neuen Medien und die Freude an Planungsprozessen mit einer Vielzahl Beteiligter setzen wir voraus – und fördern diese mit eigens darauf ausgerichteten persönlichen Weiterbildungsmaßnahmen in unserer Akademie.