In Praxen und Kliniken halten Systeme mit Künstlicher Intelligenz Einzug. Sie unterstützen Ärzt:innen auf vielfältige Weise. Ihre Stärken zeigen sie beim Finden von dem, was ist. Ethische Fragen ergeben sich, wenn die KI bei Prognosen mitentscheidet. Ein Essay von André Boße
Künstliche Intelligenz in der Arztpraxis, in der Klinik oder im Krankenhaus? Ist längst noch nicht Standard. Aber auch kein exotischer Sonderfall mehr. So lässt sich das Ergebnis einer aktuellen Befragung zusammenfassen, vorgenommen von der Bitkom. Der Verband der deutschen Digitalbrache wollte im Rahmen der Untersuchung wissen, wie die Ärzt:innen in Deutschland beim Thema KI aufgestellt sind. Ende Mai 2025 hat die Bitkom die Ergebnisse der Studie veröffentlicht. Die zwei zentralen Erkenntnisse: In fast jeder siebten bundesdeutschen Praxis kommen Systeme mit Künstlicher Intelligenz zum Einsatz, die Quote liegt bei 15 Prozent. Genutzt wird die KI dort einerseits in der Verwaltung und Organisation der Praxis, häufiger jedoch, um die Ärzt:innen bei der Diagnose zu unterstützen.
In den Kliniken liegt der Anteil laut Studie noch höher: „Bei 18 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in Kliniken ist KI im Einsatz, beispielsweise zur Auswertung bildgebender Verfahren“, heißt es in der Studienzusammenfassung. Dass es beim Thema KI voran geht, zeigt der Vergleich mit der Untersuchung aus dem Jahr 2022: „Vor drei Jahren waren es noch neun Prozent.“ Durchgeführt wurde die Studie als Umfrage unter 600 Mediziner:innen in Deutschland vom Digitalverband Bitkom gemeinsam mit dem Ärzteverband Hartmannbund.
KI ist „riesige Chance für Medizin“
Einer der obersten Vertreter der deutschen Ärzteschaft ist ein großer Verfechter für die Integration von KI in der ärztlichen Arbeit. Klaus Reinhardt, Bundesvorsitzender des Hartmannbunds, wird in der Zusammenfassung der Studie so zitiert: „Künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen, die Versorgungsqualität zu verbessern und den Arbeitsalltag in Praxis und Klinik zu entlasten.“ Was Reinhardt besonders freue, ist der generelle Zuspruch der Ärzteschaft zu KI-Systemen: Laut der Umfrage bewerten 78 Prozent aller befragten Ärzt:innen die KI als „riesige Chance für die Medizin“. Mehr als zwei Drittel fordern, der Einsatz von KI-Systemen in der Medizin sollte in Deutschland „besonders gefördert“ werden. Besonders interessant: 60 Prozent sind laut Studie der Ansicht, ein KI-System werde „in bestimmten Fällen bessere Diagnosen stellen“ als ein Mensch. „Die Ärzteschaft ist bereit für diese Transformation – sofern sie ethisch reflektiert, ärztlich verantwortet und technisch zuverlässig gestaltet ist“, wird Klaus Reinhardt zitiert.
ePA: Skepsis und Vorfreude
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Im Rahmen der Bitkom-Befragung nahmen die befragten Ärzt:innen auch Stellung zur elektronischen Patientenakte, bei der ab 2025 das Opt-out-Modell gilt, was heißt: Jede gesetzlich versicherte Person erhält nun automatisch eine ePA – es sei denn, sie widerspricht. Seit Ende April 2025 läuft die bundesweite Einführung. Mit Blick auf die technische Umsetzung sind viele Ärzt:innen weiter unsicher, ein Beleg für deutsche Skepsis bei digitalen Neuerungen: „86 Prozent glauben nicht, dass die Arbeit mit der ePA technisch reibungslos funktioniert“, heißt es in der Studie. „66 Prozent fürchten Datenmissbrauch und 62 Prozent einen hohen technischen Aufwand. 61 Prozent würden eine Überforderung der Ärzteschaft und des Praxispersonals fürchten. „Es geben aber auch 41 Prozent an, sich auf die Arbeit mit der ePA zu freuen“, heißt es in der Studie.
Die Studie zeigt, dass vor allem in den Kliniken modernste digitale Technologien und Lösungen auch abseits von KI-Systemen einen hohen Stellenwert besitzen. In mehr als einem Viertel der Häuser unterstützen Roboter die Ärzteschaft bei Operationen und Eingriffen. Systeme mit Virtual Reality sind bei elf Prozent der Kliniken Teil des Arbeitsalltags; eingesetzt werden diese für Operationen oder auch zu Trainingszwecken. Viele der Kliniken, die VR-Methoden noch nicht nutzen, können sich das für die Zukunft vorstellen: 54 Prozent haben noch keine Erfahrungen damit gemacht, zeigen sich aber bereit dafür. Für Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst ist dieser positive Blick auf Innovationen notwendig, damit die Medizin mit den vielen Veränderungen mithalten kann, die auf Ärzt:innen zukommen: „Digitale Technologien sind der wohl stärkste Hebel, um dem demografischen Wandel und dem zunehmenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen wirksam zu begegnen“, wird er in der Zusammenfassung der Studie zitiert. Gleichzeitig ermögliche die KI eine gezieltere und frühzeitigere Prävention. Wintergerst: „Digitalisierung kann helfen, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie entstehen – und das Gesundheitssystem nachhaltig entlasten.“
KI mit Kristallkugel
An dieser Stelle wird es interessant, weil die Künstliche Intelligenz eben nicht nur eingesetzt wird, um bereits diagnostizierbare Krankheiten zu entdecken. Sondern auch, um zu verhindern, dass Krankheiten überhaupt entstehen. Salopp gesagt: Dr. KI hat eine Kristallkugel dabei. Es ist daher höchste Zeit, sich brennenden Fragen zu stellen, die bei der Anwendung dieser KI-Systeme auf die Ärzt:innen zukommen werden. Wobei diesen Fragen in erster Linie nicht von technischen Aspekten geprägt werden. Sondern von Überlegungen zur Ethik, zur Haftung und zum Selbstverständnis einer Ärztin und eines Arztes.
Konkret geht es um so genannte Clinical Decision Support Systems, kurz: CDSS. Gemeint sind hier IT-gestützte Systeme, die Ärzt:innen dabei helfen, Entscheidungen zu treffen. Grundsätzlich ist dieser Ansatz in der Medizin nichts Neues. „Schon in der Vergangenheit konnten Ärztinnen und Ärzte auf unterschiedliche interdisziplinäre und interprofessionelle Befunde und Beobachtungen (Laborbefunde, Einschätzungen von Kolleginnen und Kollegen, Beobachtungen von Mitarbeitenden etc.) zurückgreifen, sodass die Integration neuer technischer Komponenten in den Behandlungsprozess zumindest strukturell keine prinzipielle Veränderung des ärztlichen Auftrags bedeutet“, heißt es in der Publikation mit dem Titel „Von ärztlicher Kunst mit Künstlicher Intelligenz“, veröffentlicht von der Bundesärztekammer im Mai 2025.
KI-Standards bei individuellen Patienten
CDSS bringen diese Unterstützung nun auf eine neue Ebene: Ging es zuvor um Daten, Fakten und Einschätzungen anderer Menschen, kommen nun KI-Systeme ins Spiel, die dafür konzipiert sind, auf Grundlage ihres Datenwissens vollautomatisierte Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen abzugeben. Die Idee: CDSS können Ärzti:nnen unterstützen, „indem sie eine große Menge klinisch-diagnostischer Informationen, die individuumsbezogen und fallorientiert durch integrierte Software-Systeme ausgewählt werden, für den gemeinsamen Entscheidungsprozess zur Verfügung stellen“, wie es in der Publikation der Bundesärztekammer heißt. Diese Hilfe sei wichtig. Jedoch: „Gleichwohl sind die Rahmenbedingungen des Einsatzes dieser neuen Technologien dynamisch und ist der Einsatz mit ethischen, rechtlichen und sozialen Herausforderungen verknüpft.“
Hybride Diagnose-Kollektive
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Menschen machen Fehler. KI-Systeme auch. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung hat nun in einer Studie herausgefunden, dass die Fehleranfälligkeit einer medizinischen Diagnose dann steigt, wenn sich Mensch und Maschine einem Problem als Kollektiv widmen. „Mensch und KI machen systematisch unterschiedliche Fehler“, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. „Wenn die KI in manchen Fällen versagte, konnte eine menschliche Fachkraft den Fehler ausgleichen – und umgekehrt. Diese sogenannte Fehlerkomplementarität macht hybride Kollektive so leistungsstark.“ Es sei also gar nicht sinnvoll, den Menschen durch Maschinen zu ersetzen. „Vielmehr sollten wir Künstliche Intelligenz als ergänzendes Werkzeug begreifen, das in der kollektiven Entscheidungsfindung sein volles Potenzial entfaltet“, wird Stefan Herzog, Senior Research Scientist am Forschungsbereich Adaptive Rationalität des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in der Pressemeldung zur Studie zitiert.
Eingesetzt werden CDSS in einem ersten Schritt in der Diagnostik. Die Technik ist in der Lage, zum Beispiel bei radiologischen Bildern auffällige Bereiche zu identifizieren und zu markieren. Dies hilft, Brust- oder Hautkrebs oder Anomalien in der Augenheilkunde zu erkennen. In diesem Feld ist die KI im klassischen Sinn eine Unterstützerin, die im besten Fall auf etwas aufmerksam wird, das einem Menschen (noch) nicht aufgefallen wäre. Ihre Leistung bezieht sich darauf, etwas zu erkennen, was bereits existiert. Ethisch ergeben sich auf dieser Ebene nur wenig Fragen.
Intensiv ins Spiel kommt die Ethik, wenn CDSS dafür genutzt werden, Entscheidungen über Entwicklungen zu treffen, die eintreten könnten. Die also in der Zukunft liegen. Und die mit einer gewissen Ungewissheit einhergehen. Laut der Publikation der Bundesärztekammer sei es in ethischer Hinsicht umstritten, solche Systeme zu nutzen, um „Aussagen zur klinischen Prognose von Patientinnen und Patienten zu treffen.“ So sei es möglich, mit Hilfe der KI unter Einbeziehung individueller und bevölkerungsbasierter Daten Risiken für unerwünschte Zwischenfälle oder auch die Überlebensdauer schwer bis unheilbar kranker Patientinnen und Patienten zu prognostizieren. Dass diese mit KI erstellten Prognosen theoretisch helfen können, über die Aufnahme oder Reduktion einer Therapie mitzuentscheiden, liegt auf der Hand. Umstritten sei, so die Bundesärztekammer, aber erstens, welche Daten für die Prognosen genutzt werden – und welche nicht. Und zweitens, ob es „angesichts der zum Teil erheblichen Streuung individueller klinischer Verläufe“ überhaupt zulässig ist, individuelle Prognosen auf Basis allgemeiner Daten zu erstellen. Das gilt umso mehr, wenn „gesundheitsökonomische Parameter“ eine Rolle spielen können. Um es auf den Punkt zu bringen: Gibt die KI einem Patienten oder einer Patientin eine schlechte Prognose und wird diese gekoppelt mit wirtschaftlichen Aspekten wie Bettenbelegung oder Klinik- Budgetierung, könnte eine Dynamik entstehen, die dem Arbeitsethos der Ärzteschaft widerspricht. Nämlich immer das Wohl des einzelnen Patienten im Blick zu haben.
Alarm, eine Krankheit könnte kommen
Ethisch nicht weniger komplex ist ein Blick, der noch weiter in die Zukunft führt: KI-Systeme können auch Krankheiten prognostizieren, die noch gar nicht erkennbar sind. Sie erledigen diese Prädiktion von Krankheiten also bei (noch) gesunden Menschen. Nicht auf Basis von Symptomen, sondern von Risikomerkmalen. „Dabei steht die Beurteilung individueller Risikofaktoren wie Blutdruck, Body-Mass-Index, Lebensstil, Biomarker aus dem Genomics- oder Metabolomics-Bereich oder die Vorhersage individueller Reaktionsweisen auf Medikamente (Pharmakogenetik) im Mittelpunkt“, definiert die Publikation der Bundesärztekammer diesen umstrittenen Bereich. Das Problem sei, dass diese Prädiktion auf der Basis „oft schwer interpretierbarer statistischer Wahrscheinlichkeiten“ geschehe. Wobei diese wiederum nicht darauf beruhen, Kausalitäten zu ermitteln, sondern statistisch anzunehmen.
Dass das zu Fehlschlüssen führen kann, ist offensichtlich. Die Folgen können eklatant sein – zum Beispiel, wenn die CDSS mit einer falschen Prognose grundlos in das Leben und die Lebensweise eines gesunden Individuums eingreifen. Wenn sie damit Ängste schüren, die zu mentalen Problemen führen können. Wobei diese Prognosen aber auch zu einer Sorglosigkeit führen kann, wenn kein Risiko angenommen wird. An dieser Stelle rückt dann auch die Frage der Haftung in den Fokus: Wer trägt eigentlich die Verantwortung, wenn die KI zum Beispiel eine Herz-Kreislauf-Erkrankung als sehr unwahrscheinlich einstuft – diese aber eintritt? Oder umgekehrt, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung prognostiziert wird, die einen bis dahin gesunden Menschen so sehr negativ beeinflusst, dass es zu psychologischen Problemen kommt? Hinzu kommen noch Themen wie Datenschutz oder Datensouveränität, die den Einsatz von KI im Bereich der Prognosen noch komplexer gestalten.
Wichtig ist, dass diese Fragen nicht dazu verleiten, den Einsatz von KI-Systemen in der Medizin überm..ig zu hinterfragen. Vielmehr gilt es, eine offene Debatte über die zahlreichen Chancen und Wege zu einer besseren Medizin anzustoßen. Aber eben auch über die ethischen Fragen, die sich immer dann ergeben, wenn eine technische Innovation großen Einfluss nimmt.
Ki und Algorithmen: Medizin trifft Mathe
Das Fachbuch „Künstliche Intelligenz in der Medizin: Anwendungen, Algorithmen und Programmierung“, erschienen im März 2025, gibt einen Überblick über die für die Medizin einflussreichen KI-Systeme und die Algorithmen, mit denen sie arbeiten. Nach einer Einführung in die Themen Deep- und Machine Learning zeigen Laura Velezmoro und Tim Wiegand, zu welchen Analysen welche KI-Algorithmen passen und welche mathematischen Formeln dahinterstecken. Ein Buch für Mediziner:innen mit einem Herz für Zukunftstechniken und Mathematik.
Doc Caro ist Ärztin aus Überzeugung und verfolgt eine Mission, nämlich den Menschen über die Sozialen Netzwerke und Medien ihren Beruf und ihr medizinisches Wissen zu vermitteln. Spannend und nahbar. So macht sie es auch im Interview, in dem es auch darum geht, ob Empathie erlernbar ist und welche Rolle Mentor*innen auf dem Berufsweg spielen. Die Fragen stellte André Boße
Zur Person
Dr. med. Carola Holzner wurde 1982 Mülheim an der Ruhr geboren, wo sie bis heute lebt. Nach dem Abitur 2001 folgte zunächst ein Chemiestudium. Noch vor dem Vordiplom schrieb sie sich spontan für Medizin ein und folgte damit ihrem Kindheitstraum, Ärztin zu werden. An der Uni Köln erlangte sie 2009 die Approbation und promovierte dort. Caro Holzner ist Fachärztin für Anästhesiologie mit der Zusatzweiterbildung in Intensivmedizin, Notfallmedizin und Innerklinischer Akut- und Notfallmedizin. Vor allem aber ist sie passionierte Notärztin. Seit 2019 ist sie in verschiedene Formaten im Fernsehen und den Sozialen Medien zu sehen, seit 2021 schreibt sie Sachbücher. Ihr Undercut und die Tattoos sind zu ihrem Markenzeichen geworden.
Doc Caro, Ihr aktuelles Buch trägt den Titel „Ab unter die Gürtellinie: Medizin untenrum endlich verständlich“. Warum ist die Sprache im medizinischen Bereich ansonsten häufig so unverständlich?
Das liegt wohl auch daran, dass man in seinem eigenen Bereich von sich auf andere schließt. Man glaubt, dass die Menschen draußen die gleiche Sprache sprechen, wie man es in Fachkreisen tut. Was dann zu einer Sprache führt, bei der ein Patient nicht versteht, worum es geht. Das ist aber fatal, denn informierte Patienten sind der Grundstein einer erfolgreichen Behandlung. Das gilt besonders für Themen, bei denen das Allgemeinwissen eher diffus ist.
Zum Beispiel bei Themen, die von der Medizin „Untenrum“ handeln.
Genau.
Was haben Sie bei der Recherche Ihres Buches über die Geschlechtsorgane gelernt?
Ich hatte mich zuvor im Medizinstudium sowie bei meiner Arbeit als Notärztin mit einigen Aspekten dieses Themas beschäftigt, aber nicht mit im Sinne einer aufklärerischen Medizin. Dass das Gehirn allerdings eine so große Rolle dabei spielt, war auch für mich ein Aha-Erlebnis.
Man spricht von Kopfkino.
Ja. Der alte Spruch, dass Menschen mit ihren Geschlechtsteilen denken, ist gar nicht so falsch. Es gibt natürlich eine sehr intensive Verbindung zwischen dem Gehirn und diesen Organen. Ich kann übrigens auch Paaren empfehlen, das Buch gemeinsam zu lesen, um gemeinsam zu lernen. Mein Mann und ich zum Beispiel hatten dabei viel Spaß. Man kann, aber muss sich beim Lesen auch nicht unbedingt in die Augen schauen. (lacht)
Bei Ihren Auftritten in Talkshows und bei Ihren Fernsehformaten sprechen Sie ebenfalls eine sehr direkte Sprache. Ist Ihnen diese angeboren?
Ich komme aus dem Ruhrgebiet, da tragen die Leute ihr Herz tatsächlich auf der Zunge. Davon bin ich geprägt worden, ich habe schon immer so gesprochen. Dazu gehört auch die Art, bestimmte Dinge schnörkellos auf den Punkt zu bringen. Das kann ich sehr gut, und das auch von Hause aus. Ich war schon als Kind ein extrovertierter Mensch, man könnte auch sagen: eine Rampensau. Ich habe dabei auch gerne den Finger in die Wunde gelegt, kritisch nachgefragt oder Dinge hinterfragt. Das war schon ab der Grundschule so. Was meine Lehrer teilweise damals nicht immer so gut fanden, denn Dinge zu hinterfragen, war damals nicht immer sonderlich erwünscht.
Man erhält manchmal auch als Patientin oder Patient den Eindruck, dass es in einer Arztpraxis nicht gut ankommt, wenn man zu viel oder hinterfragt.
Da möchte ich uns Ärzte in Schutz nehmen. Nehmen wir den Alltag in einer Notaufnahme, also dem Bereich, in dem ich mich am besten auskenne: Was wir da tagtäglich an einer Vielzahl von Patienten durchschleusen – da haben wir leider oft wenig Kapazitäten für intensiven Austausch. Wir würden das gerne öfter tun, aber es fehlt die Zeit, sich mit jedem Patienten lange auseinanderzusetzen. Gut wäre es, dass die Patienten alles bis ins Detail verstünden. Allerdings muss ich an der Stelle auch die Patienten ein bisschen rügen: Es ist nicht immer so, dass gerne gehört wird, was die Ärztin oder der Arzt sagt, wenn es nicht ins eigene Konzept passt.
Doc Caro, Foto: Boris BreuerWann zum Beispiel nicht?
Wenn ich dem Patienten sage, für ihren Herzinfarkt ist primär ihr Lebensstil verantwortlich, weil sie rauchen, Stress und Übergewicht haben und familiär vorbelastet sind. Dann bekomme ich schon mal die Antwort: „Nee, das liegt nicht am Rauchen, sondern am Nachbarn, der mich immer so aufregt.“ In diesem Moment fehlt der Wille zur Einsicht. Und auch da hilft ein klares Wort. Oder anders gesagt: Es wäre gut, wenn sich auf beiden Seiten ein größerer Enthusiasmus für die Aufklärung entwickeln würde. Mich zum Beispiel freut es, wenn ich einen Patienten vor mir habe, der mir gezielte Fragen stellt. Gerne auch kritische, was die Behandlung betrifft. Und der Patient muss sich auch nicht einfach abfertigen lassen. Er darf darauf bestehen, dass ihm die Dinge erklärt werden. Aber dann bitte auch verbunden mit der Erkenntnis, dass er selbst etwas für die eigene Gesundheit tun kann. Und eben keine Ausreden sucht. Schon gar nicht den Nachbarn.
Was Sie in Ihren Fernsehformaten zeigen: Wenn es darauf ankommt, verstehen Sie sich sehr gut aufs Zuhören.
Das entscheidende, was man als Ärztin oder Arzt mitbringen muss, ist Empathie. Und ich besitze die Fähigkeit, mich binnen Sekunden auf Patienten einzustellen. Ich weiß sehr schnell, auf welcher Wellenlänge ein Mensch ist. Und das ist wichtig, weil ich mich dadurch auf Augenhöhe mit dem Patienten befinde. Er fühlt sich verstanden und gesehen, und ich bekomme dann in kurzer Zeit die wichtigen Informationen heraus, die für die Behandlung notwendig sind. Diese erste Minute im Kontakt mit den Patienten, die ist ungemein wichtig. Hier wird die Basis für alles gelegt, was danach folgt.
Nun ist Empathie eine Fähigkeit, die nicht jeder in die Wiege gelegt bekommen hat. Kann man sie auch lernen?
Es ist sicher nicht ganz einfach, weil es dafür keine Lehrbücher und schon gar keine Formel gibt. Und es gibt sicher auch Menschen, die einfach wenig bis gar keine Empathie mitbringen. Was ich aber glaube: Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, und wenn man im Studium oder als Assistenzarzt oder Assistenzärztin viele empathische Menschen um sich herumhat, dann kann man sich bei denen einiges abgucken. Es ist wichtig, Ausbilder und Mentoren zu haben, von denen man sich was mitnimmt. Ich hatte damals im Studium und in den ersten Jahren als Assistenzärztin viele Frauen, bei denen ich dachte: „Boah, so will ich mal werden.“ Das waren echte Vorbilder. Und klar, bei denen schaut man sich ein paar gute Dinge ab. Nach dem Motto: „Wenn ich mal groß bin…“ (lacht).
Wir waren alle mal klein, standen alle zum ersten Mal vor einem Patienten und fühlten uns recht hilflos.
An dieser Stelle dann auch der Appell an die erfahrenen Kollegen: Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, was für einen Impact man mit Blick auf die jungen Ärztinnen und Ärzte hat. Man besitzt da also durchaus eine Verantwortung, und es ist immer hilfreich, wenn man sich die Zeit nimmt, dem Nachwuchs etwas zu erklären, wenn man merkt: Oh, da ist jemand neugierig. Wir Ärzte mit Erfahrung müssen bedenken: Wir waren alle mal klein, standen alle zum ersten Mal vor einem Patienten und fühlten uns recht hilflos.
Haben Sie sich damals bewusst Frauen als weibliche Vorbilder gesucht?
Nein, das war ein Zufall. Ich habe zahlentechnisch mehr Männer als Mentoren gehabt, aber es gab ein oder zwei Frauen, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind. Das waren sehr selbstbewusste Frauen, die sich in dieser – damals noch – Männerdomäne durchgesetzt haben. Die sich Respekt verschafft haben. Ich glaube, wohl auch mit Hilfe ihrer Ellenbogen und auf Kosten ihrer Gesundheit. Das ist, Gott sei Dank, heute anders. Die Medizin wird immer weiblicher, auch in den Kliniken. Wir Frauen müssen uns nicht mehr so sehr durchkämpfen. Wobei es sicherlich immer noch Situationen gibt, in denen wir als Frauen ein Stück weit benachteiligt sind. Gerade dann, wenn die Familienplanung ins Spiel kommt.
„Ab unter die Gürtellinie“
Mit ihren Bestsellern „Eine für Alle“ und „Keine halben Sachen“ machte Doc Caro, was sich viele Mediziner:innen vornehmen: Endlich einmal ein Buch über das schreiben, was sie als Ärztin im Alltag erlebt. Ihr aktuelles Buch widmet sich einem besonderen Bereich: allem, was „untenrum passiert“. Doc Caro hat gemerkt, dass viele Menschen aus Scham nicht ihren Arzt fragen, sondern Hilfe im Internet suchen. Am Ende stehen Halbwissen und falsche Aufklärung. Ohne Hemmungen, Scham und Scheuklappen schreibt Doc Caro über vermeintliche Tabuzonen – und bringt mit ihrer nahbaren und direkten Art Licht ins Dunkel.
Wie sollte man als junge Ärztin darauf reagieren?
Mit Leistung überzeugen. Und in den Momenten, wenn man Ungleichheit erfährt, nicht überm..ig trotzig reagieren. Sondern einfach weiter die Leistung zeigen.
Was, wenn ich als Nachwuchs merke: Da, wo ich gerade lernen soll, treffe ich auf wenig Empathie, fehlen mir Vorbilder?
Da heißt es für eine gewisse Zeit: durchhalten. Man durchläuft ja unterschiedliche Abteilungen, trifft verschiedene Oberärzte, mit denen man dann zu tun hat. Erkennt man, dass da gerade niemand ist, mit dem man die Wellenlänge teilt, kann ich nur raten: weitermachen. Denn der nächste kommt bestimmt, und jeder wird irgendwann das Glück haben, jemanden zu treffen, der einen abholt und motiviert. Dass das auch mal dauern kann, liegt in der Natur der Sache. Wie sagt man so schön: Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Das gilt auch für die Zeit in der Assistenz: Man darf nicht davon ausgehen, dass man die ganze Zeit den Kaffee auf dem Silbertablett serviert bekommt. Es kommt auch darauf an, zu lernen, sich durchzubeißen.
Erkennen Sie, dass die jüngeren Generationen beim Durchhalten weniger Geduld mitbringen?
Ich komme noch aus der Generation, die sagt: „Okay, doof gerade, aber das wird schon besser werden.“ Nicht wenigen aus den jüngeren Generationen muss man unabhängig von Konzepten wie der Work-Life-Balance schon deutlich machen: „Wenn du in die Klinik gehst, dann musst du wissen, dass du dort erst einmal sehr viel Zeit verbringen wirst – und dass diese Zeit nicht immer angenehm, sondern auch sehr anstrengend sein wird.“ Das ist einfach so. Zu unserem Beruf gehört es nun mal, lange Dienste zu schieben, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, Sachen zu sehen, die nicht sehr schön sind, mit Härtefällen konfrontiert zu werden. Aber genau so lernt man und das gehört meiner Meinung nach zur Ausbildung dazu.
Wie gelingt es Ihnen, schwere Erlebnisse bei Ihrer Arbeit als Ärztin zu verarbeiten?
Erster Punkt, ganz wichtig: Wenn man wirklich schwere traumatische Bilder im Kopf hat, dann muss man darüber sprechen. Und dann sollte man auch nicht zögern, sich psychologische Hilfe zu suchen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, das ist mir auch schon passiert. Es ist wichtig, für sich selbst zu erkennen, dass man als Arzt nicht dem falschen Medienbild von Ärzten entsprechen muss, als Menschen in weißen Kitteln, die immer souverän und mit einem Lächeln den Klinikstress bewältigen. Man wird als Ärztin oder Arzt schlimme Schicksale sehen und erleben. Menschen werden sterben, erhalten die Diagnose einer unheilbaren Krankheit. Es gibt Notfallsituationen, in denen die Hilfe zu spät kommt, egal, wie sehr man gekämpft hat. Das sind emotional belastende Situationen, keine Frage. Was dann hilft, neben der eben erwähnten Betreuung: demütig zu sein. Zu erkennen: Trotz allen handwerklichen Könnens stoßen wir an Grenzen. Und zu wissen: Auch die schrecklichen Dinge, die ich gesehen und erlebt habe, haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.
„Diese Lektionen in Demut, die gibt’s bei unserem Beruf gratis dazu.“
Was heißt das konkret?
Ich weiß viele Dinge anders zu schätzen. Gesundheit zum Beispiel. Und vielleicht sage ich meinen Kindern und meinem Mann einmal mehr: Ich liebe euch. Das Schöne ist: Diese Lektionen in Demut, die gibt’s bei unserem Beruf gratis dazu.
Demut ist Teil des Lohns.
Genau, ja. Und diese Demut macht das Leben lebenswerter. (überlegt) Ich glaube, man muss in ein gewisses Alter kommen, um das wirklich zu wertschätzen. Ich habe vor zehn Jahren noch anders darüber gedacht, da hätte ich Ihrem Satz, dass die Demut ein Teil des Lohns ist, nicht zugstimmt. Jetzt finde ich, dass das eine sehr schöne Formulierung ist.
Sind Sie eigentlich selbst gut darin, sich ärztliche Hilfe zu suchen?
Boah, ne! (lacht) Wir Ärzte sind in dieser Hinsicht bestimmt die Allerschlimmsten. Ich habe schon mal eine Lungenentzündung verschleppt, bin viel zu spät ins Krankenhaus. Weil wir immer denken, wir könnten uns ja einfach selbst behandeln. In einem Bereich hat aber ein Umdenken eingesetzt, nämlich was psychologische Hilfe betrifft. Gott sei Dank. Das betrifft übrigens alle Bereiche, nicht nur die Ärzteschaft. Die jüngeren Generationen suchen sich bei mentalen Problemen ganz selbstverständlich und ohne Scheu Hilfe, und das ist eine sehr positive Entwicklung. Meiner Generation fehlte das stellenweise leider noch. Es war auch kein Thema in der ärztlichen Ausbildung, und auch das hat sich geändert.
Eine letzte Frage: Ein stressiger Arbeitstag ist rum. Wohin führt Sie Ihr Weg?
Nicht nach Haus, sondern zu meinen Pferden. Dort kann ich: einfach sein. Im doppelten Wortsinn. Wenn ich auf dem Pferd sitze, dann geht kein Telefon, es gibt keine familiären Probleme, keiner will was vor mir. Herrlich. Wenn die Zeit auf dem Pferd dann vorbei ist, dann habe ich genug aufgetankt, um mich wieder allen Fragen zu widmen.
Tourdaten
Doc Caro live – das ist Lachen auf Rezept unter dem Motto „Lebe jetzt!“, mit Erlebnissen aus ihrem Medizinerinnen-Alltag – von Storys aus der Notaufnahme bis zu Erkenntnissen von der Medizin „unten herum“. Termine unter: doccaro.de/doc-caro-auf-tour/
Wie eine junge Ärztin auf Instagram über Ernährung, Reizdarm und das Medizinstudium aufklärt – und dabei Zehntausende inspiriert. Die Fragen stellte Sonja Theile-Ochel
Dr. Luisa Werner ist Assistenzärztin in der Inneren Medizin – und eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Ärztinnen auf Instagram. Über 270.000 Menschen folgen ihr, weil sie dort fundierte Informationen zu Ernährung und Verdauung teilt, aber auch einen offenen Einblick in den Klinikalltag und ihre persönlichen Erfahrungen gibt. Im Interview spricht die 28-Jährige darüber, wie sie zur Medizin kam, warum sie Instagram nicht als Nebenjob, sondern als Herzensprojekt betreibt – und wie man sich inmitten von Klinikstress, Social Media und Buchprojekten nicht selbst verliert.
Frau Dr. Werner, was hat Sie dazu gebracht, Medizin zu studieren?
Dr. Luisa Werner: Ursprünglich wollte ich Chemie studieren – ich komme aus einer „Chemiker-Familie“. Aber dann habe ich in einem Schülerpraktikum bei einer Magen-Darm-Spiegelung zugesehen, was mich total fasziniert hat. Das war mein Einstieg in die Medizin. Ich hatte damals wirklich keine guten Noten, aber ab da habe ich angefangen, mich richtig reinzuhängen. Nach dem Abi habe ich erst eine Ausbildung zur Arzthelferin begonnen und bin dann über den Medizinertest ins Studium gekommen.
Wie ging es dann weiter?
Ich habe mein Studium in Ulm gemacht, war ein Semester über Erasmus in Prag und habe mein PJ in der Schweiz und Italien absolviert. Dann ging es in eine Hausarztpraxis, was eigentlich ungewöhnlich ist, weil viele direkt in die Klinik gehen. Für mich war es ein guter Einstieg: weniger Stress, mehr Zeit für die Patienten.
Sie haben zusätzlich noch Ernährungsmedizin studiert?
Genau. Das war eine Zusatzweiterbildung mit rund 220 Stunden und einer Prüfung. Ich hatte selbst viele Jahre Probleme mit Reizdarm – die Ausbildung hat mir geholfen, mein Wissen zu systematisieren. Gleichzeitig war es der Startschuss für meinen Instagram-Kanal. Sie sprechen es an: Über 189.000 Menschen folgen Ihnen mittlerweile.
Wie kam es dazu?
Ich wollte meine Erfahrungen teilen – sowohl als Patientin als auch als Ärztin. Anfangs war mein Account anonym, ich nannte mich „Lotte“, mein Familienspitzenname. Ich hätte mir früher einen Account gewünscht, der medizinisch korrekt über Reizdarm und Ernährung aufklärt. Genau das möchte ich jetzt bieten.
Sie haben ein Journal veröffentlicht – „Notes & Nourish“. Was steckt dahinter?
Das Journal ist mein persönlicher Anker. Ich habe gemerkt, wie wichtig Achtsamkeit im stressigen Alltag ist. Auch während der Nachtschicht – oder danach um 15 Uhr – war meine kleine Morgenroutine für mich immer eine Konstante. Das Journal hilft, kurz innezuhalten, in sich hineinzuhören und den Tag bewusster zu gestalten.
Was raten Sie Medizinstudierenden, die gerade am Ende ihres Studiums stehen?
Unbedingt viel ausprobieren! Ich selbst hätte nie gedacht, dass Hausarztmedizin oder Dermatologie mal meine Lieblingsfächer werden – ich konnte beide früher nicht leiden. Durch das praktische Jahr, durch Hospitationen und Gespräche erkennt man oft erst, was wirklich zu einem passt. Also: offenbleiben, sich trauen, auch mal ungewöhnliche Wege zu gehen.
Das Aktionsbündnis Arbeitsmedizin lädt Medizinstudierende am 19. März 2026 zum kostenlosen Nachwuchssymposium nach München ein – im Rahmen der DGAUM-Jahrestagung. Die Veranstaltung bietet Einblicke ins Fach, Austausch mit Expert*innen und Best-Practice-Beispiele. Ein Muss für alle mit Interesse an Arbeitsmedizin.
BEAUTY-BOOM MIT NEBENWIRKUNGEN: WIMPERN-EXTENSIONS UND LIDSTRICH-TATTOOS
Wimpernverlängerungen und Permanent-Make-up erleben einen Boom, doch die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) warnt vor unterschätzten Risiken. Allergische Kontaktekzeme, Hornhauterosionen und Wimpernverlust gehören zu den häufigsten Komplikationen. Besonders heikel: Bei Augenoperationen können Extensions Feuer fangen und müssen vorab entfernt werden.
HIV-VERSORGUNG IN DEUTSCHLAND: ZU WENIGE PRAXEN FÜR IMMER MEHR PATIENTEN
Ein neues Gutachten der Deutschen AIDS-Stiftung warnt vor dramatischen Versorgungsengpässen. Bis 2035 könnten 26 Prozent der benötigten HIV-Spezialist:innen fehlen, während die Patientenzahl von derzeit 68.500 auf 96.500 ansteigt. Besonders ländliche Regionen sind betroffen, da sich Praxen in Ballungszentren konzentrieren. Die alternde HIV-Population verstärkt das Problem zusätzlich.
von Sonja Theile-Ochel
Wie Prof. Dr. Mandy Mangler eine Generation von Medizinerinnen prägt und für echte Chancengleichheit im Gesundheitswesen kämpft.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 77 Prozent der Fachkräfte in der Gynäkologie sind Frauen, aber nur 17 Prozent der Führungspositionen in Berlin werden von ihnen besetzt. „Das ist enttäuschend“, sagt Prof. Dr. Mandy Mangler mit der Direktheit, die ihre Kolleginnen und Studierenden an ihr schätzen. Die Chefärztin hat sich einen Namen gemacht – nicht nur durch ihre medizinische Expertise, sondern vor allem durch ihren unermüdlichen Kampf für feministische Gendermedizin. Von Sonja Theile-Ochel
Der Blick für das Fehlende
Manglers Weg begann mit einer Beobachtung, die andere übersehen hätten. „Mir fiel im Studium auf, wie viel Wissen über Frauen fehlte“, erinnert sie sich. Gynäkologie war ein kleines Fach, weibliche Anatomie und Menopause kamen kaum vor. Was sie zunächst für normal hielt, entpuppte sich als systematisches Problem: „Es fehlt nicht nur in der Gynäkologie, sondern generell an Medizin, die den weiblichen Körper ernst nimmt.“ Die Beispiele, die Mangler anführt, sind bezeichnend für eine Forschungslandschaft, die lange Zeit von „patriarchalen Prioritäten“ geprägt war. Statt die Diagnostik der Endometriose zu verbessern, untersuchte eine Studie, ob betroffene Frauen attraktiver seien als andere. „Statt Diagnostik zu verbessern, verschwendete man Energie auf solche Fragen“, kritisiert sie.
Führung ohne Vorbilder
Auf ihrem Weg in Führungspositionen erlebte Mangler ein System, das wenig Raum für ihre Vorstellungen von Work-Life-Balance ließ. Die wenigen Frauen in Führungspositionen waren oft „verlängerte Arme“ der Männer, ihre Kinder „die ersten in der Kita und die letzten, die abgeholt wurden“. Solche Lebenskonzepte fand sie wenig attraktiv. Das hierarchische, oft von militärischen Strukturen geprägte Umfeld mit autoritärem Umgangston bot kaum Orientierung. „Vorbilder fehlten oder waren abschreckend“, beschreibt Mangler ihre Erfahrungen. Doch auch Anti-Vorbilder können lehrreich sein: „Sie zeigen, wie man es nicht machen will.“
Der erschreckende Unterschied
Die Auswirkungen dieser Strukturen zeigen sich in den Karrierevorstellungen: Nur 3,6 Prozent der Ärztinnen können sich eine Chefarztposition vorstellen, im Vergleich zu 28 Prozent der Männer. „Das ist erschreckend“, kommentiert Mangler. Frauen seien 50 Prozent der Bevölkerung, aber nur 14 Prozent der Führungspositionen an Universitäten seien weiblich besetzt.
Der doppelte Drain
Mangler diagnostiziert ein doppeltes Problem: Neben dem bekannten „Brain Drain“ – 20.000 Ärzte und 36.000 Pflegekräfte arbeiten im Ausland – erlebe die Medizin einen „Woman Drain“. Viele Medizinerinnen arbeiten in Teilzeit oder scheuen Führungspositionen, obwohl sie enormes Potenzial hätten. Sie seien oft überlastet durch Care-Arbeit und Mehrfachbelastungen. „Angesichts des demografischen Wandels müssen wir die Arbeitswelt neu denken“, fordert Mangler. Krankenhäuser sollten so organisiert sein, dass sie effizient arbeiten, Menschen gut behandeln und gleichzeitig Freude am Beruf ermöglichen.
Digitale Aufklärung
Ihre Antwort auf diese Herausforderungen ist vielfältig. In den sozialen Medien nutzt Mangler ihre Reichweite, um evidenzbasierte Informationen zugänglich zu machen. „Das ist wichtig, denn sonst übernehmen weniger kompetente Stimmen die Gesundheitskommunikation“, erklärt sie ihren Ansatz. Für sie sind die Plattformen auch eine Art Selbsthilfegruppe: „Man sieht, dass andere Frauen ähnliche Probleme haben.“
Ihre Botschaft an junge Medizinerinnen und Mediziner ist klar: „Engagiert euch politisch – in Parteien, Berufsverbänden oder Fachgesellschaften.“ Das sei oft frustrierend, aber wichtig.
Drei Antriebe für Veränderung
Was treibt eine erfolgreiche Ärztin dazu, sich über ihr Fachgebiet hinaus zu engagieren? Mangler nennt drei Gründe: „Erstens sind die Strukturen für Frauen nicht optimal. Ich sehe viele Frauen, die enorm viel leisten, aber nicht gesehen werden.“ Zweitens motivierten sie patriarchale Strukturen, die Veränderungen bräuchten. Und drittens fühle sie sich den Generationen vor uns verpflichtet: „Ich möchte meinen Töchtern eine bessere Welt hinterlassen.“
Politischer Auftrag
Ihre Botschaft an junge Medizinerinnen und Mediziner ist klar: „Engagiert euch politisch – in Parteien, Berufsverbänden oder Fachgesellschaften.“ Das sei oft frustrierend, aber wichtig. Vernetzung und gegenseitige Unterstützung seien ebenso entscheidend wie Sichtbarkeit. Besonders eindringlich wird Mangler beim Thema Care-Arbeit: „Hinterfragt die Verteilung der Care-Arbeit in euren Beziehungen.“ Studien zeigten, dass Frauen in Paarbeziehungen mehr Care-Arbeit übernehmen. Ihre provokante Frage: „Warum sollte ich öfter die Spülmaschine ausräumen als mein Partner?“ Ihr Fazit: „Liebe ist keine Währung, die unbezahlte Arbeit rechtfertigt.“
Ein Wandel in Sicht
Prof. Dr. Mandy Mangler verkörpert einen Wandel, der in der Medizin längst überfällig ist. Mit ihrer Kombination aus fachlicher Exzellenz, gesellschaftlichem Engagement und der Fähigkeit, komplexe Themen verständlich zu vermitteln, prägt sie eine Generation von Medizinerinnen, die das System von innen heraus verändern will.
Ihr Beispiel zeigt: Veränderung beginnt mit dem Mut, die richtigen Fragen zu stellen – auch wenn die Antworten unbequem sind. In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen vor großen Herausforderungen steht, braucht es mehr Führungskräfte wie sie, die bereit sind, etablierte Strukturen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.
Das große Gynbuch
Ein einfühlsames und umfassendes Buch zu allen Themen der Frauengesundheit, von der ersten Menstruation über die Wechseljahre bis ins Alter. Prof. Dr. Mandy Mangler: Das große Gynbuch. Verlag Suhrkamp 2024. 496 Seiten. 30 Euro.
Von Aderlass bis K I – was Körper und Seele wirklich verbindet, eine lebendige Reise durch die Medizingeschichte. Mythos Viersäftelehre, Schneewittchens Glassarg, Werner Forßmanns Selbstversuch am Herzen – mit Witz und Wissen zeigt er, wie sich Medizin entwickelt und unser Verständnis von Gesundheit geprägt hat. Ein Buch nicht nur für Mediziner*innen, sondern alle, die wissen wollen, wie unsere Körper–Seele-Geschichten verlaufen.
Werner Bartens: Leib und Seele. Eine Reise durch die Geschichte der Medizin. Rowohlt Berlin, 528 Seiten, 2025, 32 Euro.
ÜBER LEBEN UND TOD
Florian Klenks neues Buch „Über Leben und Tod“ eröffnet tiefe Einblicke in die Arbeit des Gerichtsmediziners Christian Reiter. Mit spannenden Fällen wie dem Lauda-Air-Absturz beleuchtet es die Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft. Ein fesselndes Sachbuch mit neuem Blick auf Sterben und Leben.
Florian Klenk: Über Leben und Tod. In der Gerichtsmedizin. Zsolnay, 192 Seiten, 23 Euro.
POLIO: DIE FORMEL DER HOFFNUNG
Vanderbilt-Hospital, Nashville 1940: Dr. Dorothy Horstmann fällt auf unter den Ärzten der Klinik. Sie ist 1,85 m groß. Und sie ist eine Frau – meistens die einzige im Raum. Dorothy hat Großes vor: Sie will die Kinderlähmung bezwingen, die so viel Leid im ganzen Land verursacht. Zu viele Patienten hat sie in der Eisernen Lunge um Luft ringen und sterben sehen. Dorothy kennt nur ein Ziel: das Polio-Virus auszulöschen, durch Heilung oder einen Impfstoff. Die berühmten Forscher in ihrem Umfeld zweifeln an ihrer These zur Ausbreitung des Virus im Körper, aber sie wird ihnen beweisen, dass sie recht hat. Im Rennen gegen die Zeit wird sie zur Pionierin, die ihr privates Glück und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzt.
Lynn Cullen: Die Formel der Hoffnung. Fischer Verlag 2023. 464 Seiten. 14 Euro
SCHMERZHAFT UNTERSCHÄTZT
Warum wir weiblichem Schmerz endlich zuhören sollten. Frauen leiden häufiger, aber ihre Schmerzen werden oft kleingeredet – von der Medizin wie der Gesellschaft. Eva Biringers feministisches Sachbuch prangert diese Ignoranz an, verbindet autobiografische Erfahrung mit Analyse und ruft dazu auf, Schmerz als Kraftquelle zu begreifen.
Eva Biringer: Unversehrt. Frauen und Schmerz. HarperCollins, 256 Seiten, 2024, 20 Euro.
VIREN: UNERBITTLICH EFFIZIENT
Sie sind mikroskopisch klein, vermehren sich rasend schnell, sind überaus opportunistisch und unerbittlich effizient. Viren kommen praktisch überall vor, bewegen sich in uns und um uns herum und haben die Macht, ganze Systeme lahmzulegen. Doch Viren sind weit mehr als tod- und unheilbringende Krankheitserreger. In diesem reich bebilderten Buch führt Marilyn Roossinck in die vielfältige Welt der Viren ein. Sie zeigt auf, was Viren sind und woher sie kommen, wie sie sich übertragen und entwickeln, aber auch, welch großen Einfluss sie auf uns und unsere Umwelt, auf Tiere, Pflanzen und das Gleichgewicht der Ökosysteme haben – im negativen wie auch im positiven Sinn.
Marilyn Roossinck: Viren. Haupt Verlag 2025. 288 Seiten. 36 Euro.
FÜHREN WIE IN DER NOTAUFNAHME
Was tun, wenn jede Entscheidung zählt? Chefarzt Sebastian Casu übertr.gt die Prinzipien der Notfallmedizin auf Business-Leadership. Sein Buch zeigt, wie Klarheit, Kommunikation und Krisenkompetenz Teams stärken – auch fernab von Blaulicht und Intensivstation.
Sebastian Casu: Wenn jede Entscheidung zählt. Campus Verlag, 240 Seiten, 2025, 28 Euro.
DEIN GEHIRN KANN VIEL MEHR, ALS DU GLAUBST
Steuern wir unser Gehirn oder steuert unser Gehirn uns? Die Antwort hängt davon ab, ob wir eine Bedienungsanleitung für unsere grauen Zellen besitzen. Wie oft scheitern wir daran, unser Leben zu verbessern – trotz unseres festen Willens? Der Grund liegt nicht bei uns selbst, sondern in der Funktionsweise unseres Gehirns. Doch das Gehirn kann lernen, mit uns statt gegen uns zu arbeiten. Mit ihrer wissenschaftlich fundierten REMIND®-Methode zeigt Yvonne Diewald Wege auf, wie sich hartnäckige Probleme wie Depressionen, Ängste, Beziehungsschwierigkeiten oder der Umgang mit Finanzen auflösen lassen.
Yvonne Diewald: Remind – Dein Gehirn kann viel mehr, als du glaubst. Allegria Verlag, 320 Seiten, 21,99 Euro.
Die Medizin steht nie still. Neue Krankheiten, innovative Behandlungsmethoden und digitale Werkzeuge fordern von Ärzten ständige Anpassung. Wer als Mediziner erfolgreich sein will, muss sich weiterbilden – und das nicht nur, weil es vorgeschrieben ist. Weiterbildung ist die Eintrittskarte in eine spannende und zukunftsorientierte Karriere.
Warum Weiterbildung so wichtig ist
Durch regelmäßige Fortbildungen können Ärzte ihre Patienten noch besser behandeln. Präzisere Diagnosen, effektivere Therapien und eine höhere Patientenzufriedenheit sind das Ergebnis. Weiterbildung eröffnet außerdem Türen zu spannenden Spezialisierungen und Führungspositionen. Ein spezialisierter Arzt ist auf dem Arbeitsmarkt gefragt und kann sich seine Stelle oft selbst aussuchen. Weiterbildungsveranstaltungen sind hierbei der ideale Ort, um Kontakte zu knüpfen und sein berufliches Netzwerk auszubauen.
Wie kann ich mich weiterbilden?
Die Möglichkeiten sind vielfältig: Der klassische Weg zur Spezialisierung ist die mehrjährige Facharztweiterbildung. Weiteres Fachwissen vermitteln Seminare, Kongresse und Workshops zu aktuellen Themen. Wer sich flexibel und zeitlich unabhängig vom eigenen Arbeitsplatz weiterbilden möchte, wählt aus einer wachsenden Zahl an Online-Kursen.
Anerkennung und Zertifizierung: Das Gütesiegel für Weiterbildungen
Damit Weiterbildungen beruflich auch wirklich etwas bringen, gibt es Zertifizierungen. Diese garantieren, dass die Inhalte aktuell und hochwertig und international vergleichbar sind. Zertifikate öffnen Türen zu neuen Karrierechancen, denn oft sind spezifische Weiterbildungen Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg und die Übernahme von Leitungsfunktionen.
Offizielle Stellen und Fachverbände:
Bundesärztekammer: Die Bundesärztekammer bietet umfassende Informationen zu ärztlicher Weiterbildung, einschließlich einer Übersicht über anerkannte Weiterbildungsstätten und -programme.
Ärztekammern der Länder: Die jeweiligen Ärztekammern der Bundesländer informieren über regionale Weiterbildungsmöglichkeiten und spezifische Anforderungen.
Fachgesellschaften:Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) oder die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) bieten ihren Mitgliedern oft spezielle Weiterbildungsprogramme an.
Krankenhäuser und Kliniken: Viele Krankenhäuser und Kliniken bieten eigene Weiterbildungsprogramme an.
Berufsverbände wie der Marburger Bund oder der Hartmannbund bieten qualifizierte Weiterbildungsseminare.
Warum ist die Zertifizierung so wichtig?
Zertifizierte Weiterbildungen unterliegen strengen Qualitätsstandards. Die Inhalte sind aktuell, wissenschaftlich fundiert und entsprechen den neuesten medizinischen Erkenntnissen. Durch die Zertifizierung wird deutlich, welche Weiterbildungen anerkannt sind und welchen Qualitätsansprüchen sie genügen. Patienten können sich demzufolge auf die Kompetenz von Ärzten verlassen, die eine zertifizierte Weiterbildung absolviert haben. Darüber hinaus sind Zertifikate ein wichtiger Nachweis für die eigene Qualifikation und können den beruflichen Aufstieg erleichtern. Zuständig für die Zertifizierung sind die Ärztekammern, Fachgesellschaften und unabhängige Zertifizierungsstellen.
Wie finanziere ich meine Weiterbildung?
Die Weiterbildung ist ein wichtiger Schritt in der medizinischen Karriere, aber sie kostet auch Geld. Keine Sorge, es gibt viele Möglichkeiten, deine Weiterbildung zu finanzieren. So unterstützen viele Krankenhäuser und Arztpraxen ihre Mitarbeiter bei der Weiterbildung. Das kann bedeuten, dass sie einen Teil der Kosten übernehmen, bezahlten Urlaub gewähren oder sogar Weiterbildungsangebote speziell für ihre Mitarbeiter anbieten.
Bildungskredite sind eine Möglichkeit, die Kosten für deine Weiterbildung vorzufinanzieren. In der Regel gewähren diese längere Rückzahlungsfristen. Die Konditionen der Anbieter können sich allerdings sehr unterscheiden, eine intensive Prüfung der jeweiligen Angebote ist daher unerlässlich, um den günstigsten Kredit zu finden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Förderprogramme und Stipendien, die speziell für Mediziner aufgelegt sind.
Informiere dich bei Ärztekammern und Fachgesellschaften sowie der Bundesagentur für Arbeit. Hier bekommst du auch Informationen über zahlreiche Stiftungen, die sich für die Förderung der medizinischen Weiterbildung engagieren.
Weiterbildung und Beruf: Wie schaffe ich das?
Beruf und Weiterbildung unter einen Hut zu bekommen, ist eine Herausforderung. Flexible Lernformate, gute Planung und Unterstützung aus dem Umfeld helfen dabei. Weiterbildung ist ein lebenslanger Prozess, der auch für Ärzte von heute bereits von zentraler Bedeutung ist. Sie ermöglicht es, die eigene Kompetenz zu erweitern, die Patientenversorgung zu verbessern und die beruflichen Ziele zu erreichen. Dies wird in Zukunft immer individueller und digitaler vonstatten gehen: Künstliche Intelligenz und Datenanalyse werden den Lernprozess revolutionieren.
Deine Weiterbildung – so triffst du die richtige Entscheidung
Neben der Finanzierung spielen noch weitere Aspekte eine wichtige Rolle bei der Wahl deiner Weiterbildung. Sprich mit erfahrenen Kollegen, Mentoren oder ehemaligen Kommilitonen. Sie können dir aus eigener Erfahrung wertvolle Tipps und Empfehlungen geben. Besuche Kongresse und Fachtagungen. Hier erfährst du nicht nur von aktuellen Entwicklungen, sondern kannst auch direkt mit Weiterbildungsanbietern ins Gespräch kommen. Wähle eine Weiterbildung, die zu deinen persönlichen Interessen und Karriereplänen passt. Achte darauf, dass die Weiterbildung von deiner zuständigen Ärztekammer anerkannt wird. Nur so sicherst du dir, dass sie auch für deinen beruflichen Werdegang zählt. Überprüfe sorgfältig, ob die Inhalte der Weiterbildung zu deinen persönlichen Lernzielen passen.
Informiere dich genau über die Dauer und den zeitlichen Aufwand der Weiterbildung. Plane sie so, dass sie sich gut in deinen Alltag integrieren lässt. Kläre die Kosten im Voraus ab und prüfe alle möglichen Finanzierungsoptionen. Indem du diese Aspekte berücksichtigst, triffst du eine fundierte Entscheidung für deine Weiterbildung und legst damit den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft in deinem Beruf.
Online-Plattformen und Datenbanken:
Ärzte-Netzwerke: Plattformen wie LinkedIn oder Xing bieten Gruppen und Foren, in denen sich Ärzte über Weiterbildungsmöglichkeiten austauschen.
Weiterbildungsdatenbanken: Es gibt spezialisierte Datenbanken, die Weiterbildungsangebote für Ärzte zusammenfassen.
Online-Lernplattformen: Plattformen wie Coursera edX oder Udemy bieten eine Vielzahl von Online-Kursen zu medizinischen Themen an
Dr. Eva Mirasol, geboren 1981, ist Ärztin und Autorin. Sie hat Kolumnen für die taz und die Zeitschrift der Berliner Ärztekammer geschrieben. Sie schreibt über Liebe in der Rettungsstelle und Nachtdienste. Mit „Staying Alive“ hat sie jetzt ihren ersten Roman verfasst. Die Fragen stellte Sonja Theile-Ochel
In „Staying Alive“ schildern Sie den Klinikalltag mit viel Humor und Ironie – was war Ihr persönlich lustigstes Erlebnis auf Station?
Eine Geschichte hat es in meinen Roman geschafft: Ein Patient kam mit unklaren neurologischen Beschwerden in die Rettungsstelle. Nach vielen ergebnislosen Untersuchungen stellte sich heraus, dass er versehentlich einen selbst gebackenen Haschischkeks seines Sohnes gegessen hatte. Er war also nicht krank, sondern schlicht bekifft.
Sie schreiben über Nicki, die sich in ihren Oberarzt verliebt. Spiegelt das ihre eigene Erfahrung wider?
Ich habe mich nie in einen Oberarzt verliebt, aber ich halte das Szenario für realistisch. Ob es der Oberarzt oder ein anderer Kollege ist, hängt von den Umständen ab. Wenn man eng im Team arbeitet, entstehen oft Verbindungen, die über den Job hinausgehen. In der Medizin schweißen die besonderen Arbeitszeiten zusätzlich zusammen – da kann es praktisch sein, die Beziehung gleich in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Ihr Debüt steht unter dem Motto ‚Kein Arztroman‘ – was unterscheidet Ihren Roman von klassischen Arztromanen?
In klassischen Arztromanen verliebt sich meist eine Schwester in den Chef- oder Oberarzt, während nebenbei ein, zweimal Blutdruck gemessen wird. Bei mir ist es umgekehrt: Die Protagonistin verliebt sich zwar – klischeegerecht in den Oberarzt –, aber es wird nicht nur viel Blutdruck gemessen, sondern auch viel gearbeitet.
Ich bin Ärztin. Das ist so etwas Ähnliches wie Arzt. Das Debüt von Eva Mirasol ist „Staying alive – kein Arztroman“. Verlag: Ullstein, 2025, 14,99 €
Sie setzen sich für bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen ein – welche Veränderung ist aus Ihrer Sicht am dringendsten?
Das ambulante System muss gestärkt werden. Menschen sollten ohne monatelange Wartezeiten Fachärzte aufsuchen können. Das würde die Notaufnahmen entlasten und in den Kliniken Kapazitäten schaffen, damit dort nur die Behandlungen stattfinden, die ambulant nicht möglich sind. Bis dahin – und auch darüber hinaus – braucht es mehr Personal. Die Pflegenden und Ärzt*innen arbeiten schon lange am Limit.
Ihre Leser:innen loben den realistischen und ‚messerscharfen‘ Blick – wie wichtig ist Ihnen Authentizität in der Darstellung des Klinikalltags?
Authentizität ist mir sehr wichtig. Medizinische Arbeit wird oft unnötig romantisiert. Dabei sind Ärzt*innen trotz aller Professionalität auch nur Menschen, die ihren Job machen und anderen helfen. Um medizinische Begriffe und Abkürzungen zu erklären, habe ich Fußnoten eingefügt. So bleibt die Sprache der Figuren authentisch, ohne Leser:innen auszuschließen.
„In „Staying Alive“ zeigen Sie, wie belastend, aber auch komisch der Klinikalltag sein kann – wie bleiben Sie in diesem Spannungsfeld psychisch gesund?“
Für mich waren die zwischenmenschlichen Begegnungen im Team immer entscheidend. Eine gute Stimmung half, auch schwierige Zeiten zu überstehen. Außerdem habe ich mich viel mit Freund*innen und Familie ausgetauscht und mir alle paar Jahre eine kurze Auszeit genommen.
Die Angriffe auf die IT-Sicherheit kommen. Und sie sind in der Ära der Generativen KI intensiver, umfassender und schneller als je zuvor. Was Unternehmen daher brauchen, ist Cyberresilienz. Sprich eine große Widerstandskraft, um Attacken auf die Security nicht nur abzuwehren, sondern durch sie zu wachsen. Das funktioniert durch Investitionen und Allianzen. Ein Essay von André Boße.
Wenn der TÜV Alarm schlägt, ist das nie ein gutes Zeichen. Der Technische Überwachungsverein gilt in Deutschland nicht grundlos als echte Instanz. Was TÜV-geprüft ist, ist gut. Hält. Rollt. Stellt der TÜV dagegen Mängel fest, sollte man etwas dagegen tun. Als Autofahrer*in ist man sogar gesetzlich dazu verpflichtet. Das ist bei einem Unternehmen und seiner IT-Architekturen zwar nicht der Fall. Auf die leichte Schulter sollte man das, was der TÜV im Sommer 2025 bei seiner neuen Cybersecurity-Studie festgestellt hat, jedoch auf keinen Fall: Viele Unternehmen überschätzten ihren Status an Sicherheit, heißt es in der Untersuchung. 91 Prozent der befragten Unternehmen hielten sich für „gut geschützt“ – trotz steigender Angriffszahlen und in vielen Fällen nur unzureichender technischer Abwehr.
TÜV schlägt Alarm: Trügerische Sicherheit in deutschen Unternehmen
Dass diese Verteidigungslinie von großer Bedeutung ist, zeigt die konkrete Zahl von IT-Sicherheitsvorfällen. So seien im Jahr 2024 rund 15 Prozent der befragten Unternehmen Opfer eines Cyberangriffs geworden, also knapp jedes sechste. Zum Vergleich: Der TÜV führt die Studie alle zwei Jahre durch, bei der Untersuchung im Jahr 2022 gaben nur elf Prozent der Unternehmen an, angegriffen worden zu sein. Das ist innerhalb von zwei Jahren ein Anstieg von vier Prozentpunkten.
IT-Security ist Thema für gesamte Führungsebene
Dass es sich hier um ein internationales Phänomen handelt, zeigen die Wachstumsraten der globalen Cybersecurity- Branche. Unternehmen beginnen, in ihre Sicherheit zu investieren. Das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass der Markt bis 2030 eine jährliche Wachstumsrate von durchschnittlich 12,63 Prozent aufweisen wird. Laut eines Berichts des Branchen-Informationsdienstes Security Insider sei das Thema Sicherheit durch die wachsenden Investitionen häufig nicht mehr nur beim Chief Information Security Officers (CISOs) angesiedelt, sondern habe sich zu einem „Prioritätsthema für die gesamte Führungsebene entwickelt“, heißt es in einem Branchenreport für das Jahr 2025.
KI-Prophylaxe gegen Phishing
AdobeStock/notivestudios
Woran erkennt man eine Mail, die es aufs Phishing angelegt hat, also Böses im Schilde führt? Es gibt eine Reihe von Indikatoren: nichtexistierende Absender, falsche Domainnamen oder Schreibweisen. Schon hier helfen KI-Tools, in dem sie genau hinschauen. Noch interessanter wird die KI als Verteidigung gegen so genanntes Spear-Fishing: Hier stimmen die persönlichen Daten einer vertraulich formulierten Message mit krimineller Absicht. Die KI ist in der Lage, anhand von Sprach- oder Verhaltensmustern Anomalien zu erkennen – und einzugreifen. KI-Lösungen wie das System Trusteer von IBM versprechen, anhand des Nutzungsverhalten akkurat zwischen legitimen und potenziell böswilligen Akteuren zu unterschieden.
Das Ziel dieser Investitionen ist der Aufbau einer Cyberresilienz. Der Begriff Resilienz wird eigentlich auf Menschen angewendet und kennzeichnet die Widerstandskraft. Im Kern geht es dabei nicht um die Vermeidung von Krisen, sondern um die Fähigkeit, mit ihnen so umzugehen, dass man nicht dauerhaft beeinträchtigt oder langfristig sogar gestärkt aus ihnen herausgeht. Der Begriff der Cyberresilienz passt deshalb sehr gut, weil auch die Angriffe auf die IT-Strukturen in Zukunft nicht vermieden werden können. Für Unternehmen rückt daher die Fähigkeit ins Zentrum, sich erfolgreich gegen diese Angriffe zu wehren und dadurch im besten Fall noch an Stärke zu gewinnen. Dabei müsse der Aufbau der Cyberresilienz bei Unternehmen aller Größenordnungen oberste Priorität genießen, wie es im Beitrag des Security Insider heißt: „Auch kleine und mittelständische Unternehmen sind längst im Fadenkreuz der Hacker“.
Noch ist KI Waffe, keine Verteidigung
Blickt man auf die konkreten Angriffe, denen sich Unternehmen erwehren müssen, zeigen sich interessante Entwicklungen. Zum einen stellt laut TÜV-Untersuchung die Lieferkette eine zusätzlich Schwachstelle in der Sicherheitsarchitektur dar: Mehr als ein Fünftel der befragten Unternehmen schätzt das Risiko als „hoch“ oder „sehr hoch“ ein, Opfer von Cyberangriffen über Kunden oder Zulieferer zu werden. „Jedes zehnte Unternehmen hat bereits Angriffe festgestellt, die über diese Wege erfolgt sind“, heißt es in der TÜV-Studie. Als Mittel dagegen helfen höhere Sicherheitsforderungen an alle Elemente der Lieferkette. Zwar mache jedes dritte Unternehmen entsprechende Vorgaben, „aber nur sehr wenige überprüfen diese mit entsprechenden Audits“. Sprich: Cybersecurity bleibt zu häufig in der Theorie stecken. Angriffe werden so nicht verhindert.
Cybersecurity bleibt zu häufig in der Theorie stecken. Angriffe werden so nicht verhindert.
Zudem zeichnet sich eine Entwicklung ab, die das Sicherheitsthema in naher Zukunft deutlich verschärfen und erweitern wird: die Generative Künstliche Intelligenz. Der TÜVReport bringt das Problem wie folgt auf den Punkt. „KI wird zur Waffe – aber nicht zur Verteidigung.“ Was es damit auf sich hat, zeigen die Studienergebnisse: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen vermutet KI-gestützte Angriffe, doch nur zehn Prozent nutzen selbst KI zur Abwehr. Dabei gebe es hier laut TÜV-Report technische Möglichkeiten: KI-Systeme als Teil der Sicherheitsarchitektur sind in der Lage, Anomalien zu identifizieren, die menschliche Nutzer gar nicht oder erst zu spät erkennen. Zudem sind schnelle, automatisierte Reaktionen auf erkannte Bedrohungen möglich. Genutzt werden diese KI-Tools zur Verteidigung jedoch nur von einem von zehn Unternehmen.
Wie man Online-Shops clont, die Bank täuscht
Wie selbstverständlich Hacker bereits KI nutzen, zeigen Berichte über mögliche Bedrohungsszenarien. Der Business Insider berichtete im Juli 2025 von einem erfolgreichen Testlauf, mit Hilfe eines Tools für Generative KI, sehr schnell und niedrigschwellig den „perfekten Klon eines Online-Shops“ zu erstellen. Zum Einsatz kam das KI-System Llama Press. Im gleichen Artikel berichtete eine Redakteurin des Business Insider, es sei ihr relativ einfach gefallen, ihre Bank hinters Licht zu führen: „Alles, was sie dazu brauchte, waren ein KI-Stimmengenerator und ein Telefonanruf“, heißt es im Report.
Fahrendes Risiko
AdobeStock/Puckung
Wie alle Digital- und Online-Architekturen, ist auch das vernetzte Auto potenziell von Hacker-Angriffen bedroht. Der ADAC machte sich für eine neue Studie auf die Suche nach Wegen der Hacker in die IT-Struktur des Autos. Möglich sei dies über banale Anwendungen wie die USB-Schnittstelle, die Diagnose-Schnittstelle (OBD) oder das Bluetooth-Modul. Selbst über die Reifendruckkontrolle via Funk könnte auf die Software zugegriffen werden, heißt es im ADAC-Report. Und auch die RFID-Karten sowie die NFC-Funktion des Smartphones zum Öffnen der Türen scheinen anfällig. Dabei tun sich die Autohersteller schwer, die smarten Autos im Sinne der Kunden besser zu rüsten. Eine der häufigsten Begründungen laut ADAC: „Systeme gegen Cyberkriminalität kosten Geld. Allerdings lassen sich diese Kosten kaum auf den Kunden abwälzen, weil der für den Mehrpreis kein sichtbares Extra erhält.“
Eine weitere Gefahr liege laut Business Insider in der Nutzung von Video-Call-Plattformen wie Teams und Zoom: Diese würden zwar immer besser, wenn es darum geht, Deepfakes zu erkennen. Aber genau diese Fähigkeit könnte zu einem Problem führen, wenn die „von diesen Plattformen gesammelten Daten darüber, was gefälscht ist, letztendlich dazu verwendet werden, anspruchsvollere Generative KI-Modelle zu trainieren“. Diese Geschichte aus der Welt der Generativen KI erinnert an die uralte Fabel vom Hasen und dem Igel: Egal, wie schnell der Hase auch rennt – der Igel ist schon da, weil er ein doppeltes Spiel spielt. Ganz ähnlich, wie die Generative KI, die beides sein kann: Verteidigerin und Angreiferin. Und (noch) muss man ihr mit Moral nicht kommen.
Was Generative KI im Bereich der Cybersecurity so riskant macht: Durch ihre Tools sinken die Einstiegshürden. War ein Hacker-Angriff zuvor eine Sache für echte Spezialist:innen, sind diese mit Hilfe der Generativen KI auch von Personen durchführbar, die nur wenig Expertenwissen mitbringen. Genau hier liegt ja gerade die Stärke von Generativen KI-Tools: Sie ermöglichen Anwendungen in der Breite. Und zwar potenziell auch im Alleingang: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlichte 2024 das Paper „Einfluss von KI auf die Cyberbedrohungslandschaft“, in dem es diese Gefahr skizzierte. „Das interessanteste Tool für cyberkriminelle Aktivitäten wäre eine KI, die (…) alle Schritte eines Cyberangriffs völlig selbstständig durchführt“, heißt es in dem Papier. Noch gebe es ein solches Tool nicht, „aber es werden Anstrengungen unternommen, ein solches zu entwickeln“. Somit – und hier sind wir wieder bei der Fabel vom Hasen und dem Igel – beginnt auch hier ein Rennen gegen die Zeit, denn die Generative KI kann eben auch bei der automatischen Erkennung von Sicherheitslücken eingesetzt werden. Auch hieran werde mit Open-Source-Projekten geforscht. „In Zukunft wird es von entscheidender Bedeutung sein, diese Art von Tools proaktiv zu nutzen, bevor böswillige Akteure dies tun.“
Nachwuchs muss Allianzen einfordern
Für viele Unternehmen wirken diese Bedrohungsszenarien verwirrend. Nicht wenige fühlen sich davon überfordert. Vor allem dann, wenn intern die Expertise fehlt. Aber den Kopf in den Sand stecken und hoffen, die Hacker-Angriffe würden über sie hinwegziehen? Oder sich in falscher Sicherheit wägen? Beides sind für den TÜV keine ratsamen Optionen. Die Autor:innen der Cybersecurity-Studie geben den Unternehmen daher dringende Empfehlungen mit auf den Weg. Die erste lautet, die Risiken unbedingt ernst zu nehmen. „Unternehmen sollten eine qualifizierte Risikoanalyse durchführen und diese angesichts des dynamischen technologischen und geopolitischen Umfelds regelmäßig aktualisieren.“
Steigende Angst vor Cyber-Angriffen
AdobeStock/ Vilogsign
Lange Zeit handelte es sich bei Cyber-Security um einen abstrakten Begriff. Das ändert sich nun: Eine aktuelle Studie des digitalen Branchenverbands Bitkom sagt aus, dass in Deutschland die Angst vor Cyberangriffen und sogar einem Cyberkrieg um sich greife: „70 Prozent der Menschen in Deutschland schätzen die Gefahr durch Cybercrime insgesamt als hoch ein und ebenso viele halten Deutschland für schlecht vorbereitet. 61 Prozent haben Angst vor einem Cyberkrieg und für rund zwei Drittel (64 Prozent) ist Deutschland dafür nicht gut gewappnet“, heißt es in einer Pressemitteilung zur Vorstellung der Untersuchung. „Deutschland wird täglich digital angegriffen. Die Grenzen zwischen Cybercrime und hybrider Kriegsführung, zwischen privaten und staatlichen Akteuren sind inzwischen fließend“, wird Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst in der Pressemitteilung zitiert. „Die Bedrohungslage wird sich verschärfen, wir müssen deshalb unsere nationale Sicherheit sowohl klassisch als auch im digitalen Raum stärken – in Behörden und der Verwaltung, aber auch in kritischer Infrastruktur und in den Unternehmen.
Fragen, die dabei im Zentrum stehen sollten: Welche Bereiche und Daten sind besonders zu schützen? Welche Bedrohungen gibt es? Wo liegen potenzielle Schwachstellen im Unternehmen? Im Anschluss an die Analyse gehe es darum, eine Cybersecurity-Strategie zu entwickeln, mit dem Ziel, ein angemessenes Sicherheitslevel für das jeweilige Unternehmen zu definieren. „Bestandteil dessen sollte eine IT-Sicherheitsrichtlinie sein. In dieser werden messbare Ziele definiert, konkrete Sicherheitsanforderungen festgelegt und klare Verantwortlichkeiten geschaffen. Sie ist die Basis für die Maßnahmenplanung“, heißt es im TÜV-Report. Im letzten Schritt gelte es nun, diesen Plan auszuarbeiten, sprich auf Grundlage der Risikoanalyse und strategischer Überlegungen konkrete Maßnahmen festzulegen. Dazu gehört etwa, alte Geräte auszumustern und durch neue zu ersetzen. Ebenso könnte man neue Software installieren, besonders für Maschinen, die mit dem Internet verbunden sind.
Notwendig sind dafür Investitionen, und zwar nicht nur in die Hard- oder Software, sondern auch ins Know-how. Laut TÜV-Studie holen sich fast 60 Prozent der Unternehmen externe Fachexpertise ins Haus. Mehr als jedes zweite Unternehmen schult Mitarbeitende außerhalb der IT-Abteilungen. In Fortbildungen innerhalb dieser Abteilungen investieren dagegen nur 35 Prozent der befragten Unternehmen. Auch interessant: Nur gut jedes fünfte Unternehmen gibt an, bei Kampf für mehr Cybersecurity auf „strategische Allianzen und Partnernetzwerke“ zu setzen. Dabei liegt genau hier eine große Chance: Ein „Verteidigungsnetzwerk“ ist in der Lage, zusätzliche Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Zum Beispiel, indem man hier aus den Erfahrungen anderer lernt, daraufhin gemeinsame Strategien und Maßnahmen entwickelt. Dabei kommt es auch auf die junge Generation an: Besonders bei IT-Themen neigen Unternehmen dazu, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Auch aus der Befürchtung heraus, Allianzen könnten die Bedrohung noch erhöhen. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Ein Netzwerk aus Unternehmen ist viel eher in Lage, genügend Know-how aufzubauen, um die Angriffe abzuwehren. Was klar ist: Diese werden kommen – und sie werden im Zeitalter der Generativen KI an Tempo und Intensität zulegen. Daher ist es so wichtig, sich zu wappnen. Im Sinne einer möglichst hohen Cyberresilienz.