Weltneuheit: Medienfassade

Foto: akyol kamps : bbp / moka studio
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Das Klubhaus St. Pauli am Spielbudenplatz in Hamburg bietet als erstes Gebäude eine „Mediatektur“. Bauingenieure entwickelten gemeinsam mit Lichtkünstlern, Medientechnikern und Architekten attraktive Räumlichkeiten für Bars, Clubs und Büros sowie eine bespielbare Lichtfassade. Gezeigt werden dort Kunst, Filmclips und Werbefilme. Von André Boße.

Weil Udo Lindenberg nur seinen eigenen Regeln folgt, begann sein Countdown nicht bei der Zehn, sondern der Sieben. Bei Null angekommen, legte der Panikrocker den Schalter um – und die Fassade des Klubhaus St. Pauli leuchtete. „Die absolute Obersensation ist das hier“, sagte Lindenberg. Und tatsächlich: die neue architektonische Attraktion des Hamburger Stadtteils St. Pauli funktioniert – und bietet seit dem 23. September 2015 eine erstklassige Adresse für Bars, Musikclubs und Büros mitten auf dem Kiez. Doch das ist nicht alles, denn das Gebäude am Spielbudenplatz bietet eine echte Weltneuheit: eine bespielbare Medienfassade, die der Reeperbahn in den Abend- und Nachtstunden ein einzigartiges und innovatives Lichtschauspiel bietet, um die selbst Metropolen wie Paris, London oder Las Vegas die Hansestadt beneiden.

„Mediatektur“ nennen die Betreiber das enge Zusammenspiel aus Architektur und Medientechnik: Die multimedialen Flächen wurden nicht im Anschluss an die Bauarbeiten wie Bildschirme an die Fassade angebracht. Stattdessen arbeiteten von Beginn an Lichtkünstler, Medientechniker, Architekten und Bauingenieure zusammen, um die Medienfassade in das Gesamtprojekt zu integrieren. Wer jetzt bei Dunkelheit am Spielbudenplatz Station macht, sieht ein Gebäude, in dem das Licht zu leben scheint: Mal blinkt es verführerisch wie in einer Science- Fiction-Disco, mal sind kurze Clips zu sehen, künstlerische Filme, aber auch Werbeclips, die das aufwendige Projekt mitfinanzieren werden. Bis zu einem Drittel der Gesamtzeit darf Reklame gezeigt werden, der Rest gehört der Film- und Lichtkunst.

Was das komplexe Bauprojekt neben der Medienfassade so besonders macht, ist die Vielzahl der Projektbeteiligten. Neben den üblichen Fachplanern musste das Baumanagement vom Projektentwickler Becken Immobilien hochqualifizierte Spezialisten für Licht- und Medientechnik an Bord holen. Die Idee zur „Mediatektur“ entwickelten die Hamburger Kreativagentur Urban Screen sowie das Architekturbüro Akyol Kamps . Bauherr ist die Betreiberfirma, an der sich neben Gastronomen auch die Kiez-Legende Corny Littmann beteiligt hat. Littmann ist Theatermacher und Besitzer des Schmidt Theaters und des Schmidt Tivoli, beides beliebte Adressen am Spielbudenplatz. Damit ist der ehemalige Präsident des FC St. Pauli mit seinem attraktiven Kulturprogramm mitverantwortlich für die Aufwertung, die das Viertel in den vergangenen Jahren erfahren hat: Die Reeperbahn ist so „in“ wie seit langer Zeit nicht mehr. Alte Etablissements und moderne Gebäude stehen dicht nebeneinander, das Klubhaus St. Pauli als Neuzugang auf dem Kiez wird den Trend hin zu einem hippen St. Pauli noch verstärken. Es kommt eben nicht nur auf urige Typen an, sondern auch auf schillernde Gebäude.