Interview mit Ulrich Dietz, CEO von GFT Technologies

Der Innovative. Ulrich Dietz ist ein Spezialist darin, die Möglichkeiten des digitalen Wandels für andere Unternehmen nutzbar zu machen. Seiner IT-Firma GFT Technologies hat der Diplom-Ingenieur eine sehr starke Innovationskultur verpasst. Im Interview erzählt der 57-jährige Schwabe, was Innovationen auszeichnet, warum sich deutsche Unternehmen damit schwertun und warum er für mehr humanistische Bildung bei Ingenieuren plädiert. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Ulrich Dietz, geboren am 25. Januar 1958 in Pforzheim, absolvierte eine Ausbildung zum Maschinenbauer und schloss sein Maschinenbaustudium als Diplom-Ingenieur ab. Seit der Gründung 1987 leitet Ulrich Dietz die Firma GFT und führt heute als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats und CEO das Unternehmen. Er ist zudem Vize-Präsident des digitalen Branchenverbandes Bitkom. Er hält regelmäßig Vorträge zu den Themenfeldern Innovation und Unternehmensgründungen. 2010 erschien sein Buch „The new New“, eine Interview-Sammlung mit unternehmerischen Persönlichkeiten aus aller Welt (Distanz Verlag. ISBN 978-3942405072. 49,90 Euro).

Herr Dietz, wie definieren Sie den Begriff Innovation?
Innovationen zeichnen sich durch eine neue Denkweise aus. Aber auch dadurch, dass man dieses Denken in neue, wirtschaftlich erfolgreiche Produkte oder Prozesse umsetzt.

Wie entstehen Innovationen?
Der Impuls geht häufig von einer einzelnen Person aus. Jemand hat eine Idee. Die Umsetzung ist dann jedoch in der Regel Sache eines Teams. Im Laufe dieses Prozesses müssen sehr viele Dinge bedacht werden, gefragt sind also sorgfältig arbeitende Teams mit facettenreichem Know-how und großer Ausdauer. Und hier liegt das Problem der Innovation: Viele erfolgreiche deutsche Unternehmen verfügen zwar über Leute mit guten Ideen. Es hapert jedoch daran, daraus ein erfolgreiches Geschäft zu entwickeln – insbesondere mit digitalem Hintergrund.

Wo ist das Problem bei der deutschen Ingenieurdenkweise? Was ist gegen Perfektion zu sagen?
Gerade in der digitalen Welt kann ein Produkt nicht mehr ohne Mithilfe der Nutzer optimiert werden. Die Ingenieure benötigen ihr Feedback, um die Innovation weiter zu modifizieren. Das bekommen sie aber nicht, wenn sie zu lange an der eigenen Vorstellung von Perfektion herumtüfteln. Dieses Denken ist für viele Ingenieure ungewohnt, weil die traditionelle Industrie bislang anders funktioniert hat.

Der Begriff Innovation ist heute allgegenwärtig. Leben wir in einer besonders innovativen Epoche?
Ich würde eher sagen, wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Die Entwicklungen der IT beeinflussen sowohl die Industrie als auch die Gesellschaft so signifikant und permanent, dass man sagen kann: Der Wandel ist die neue Normalität.

Kommt der Mensch damit klar?
Er wird herausgefordert, weil er im Regelfall Veränderungen eher nicht liebt. Das Bestehende ist ihm immer lieber. Unternehmen müssen also handeln, um die Mitarbeiter dazu zu bringen, den Wandel als Normalität zu verinnerlichen. Das ist nicht immer einfach, wobei sich hier auch ein demografisches Problem stellt: Die jungen Ingenieure drängen nach, überholen die älteren Kollegen, die wiederum noch deutlich mehr verdienen. Es entsteht ein Ungleichgewicht – und die Unternehmer müssen dafür sorgen, dass die Balance nicht verloren geht.

Was würden Sie einer Nachwuchskraft raten, die genau das erlebt? Die also schnell mit deutlich besser bezahlten Kollegen mithalten kann, diese sogar übertrumpft – aber weniger verdient?
Leistungsfähige junge Menschen sollen sich einbringen und zeigen, was sie können. Falsche Bescheidenheit nutzt keinem etwas. Zudem darf man sich ziemlich sicher sein, dass in den allermeisten Unternehmen früher oder später automatisch die Regel greift: Geld folgt Leistung. Erkenne ich als Mitarbeiter, dass dies trotz meiner Ideen, meiner Innovationskraft und meines Engagements über einen längeren Zeitraum nicht der Fall ist, dann sollte ich das Gespräch mit meiner Führungskraft suchen, um herauszubekommen: Was ist da los?

Sie sind nicht nur studierter Ingenieur und Unternehmer, sondern auch Kunst- und Literaturfreund, selbst Buchautor. Warum ist es wichtig, sich als Ingenieur breit aufzustellen?
Neue Ideen und Innovationen fallen nicht vom Himmel. Sie entstehen häufig in Gesprächen mit anderen – und zwar nicht zwingend, wenn sich zwei Experten eines Fachgebiets unterhalten, sondern in bunt gemischten Runden. Ich erhalte häufig Impulse, wenn ich in Museen mit Kunstexperten rede. Es ist wichtig, sich mit unterschiedlichen Themen zu beschäftigen, seinen Horizont zu erweitern. Nur dann kann man Synergien und Zusammenhänge erkennen, die einem sonst eher fremd sind. Im Ingenieurstudium kommt das in der Regel zu kurz, ein wenig mehr humanistische Bildung wäre wünschenswert.

Warum hilft eine breite Bildung beim Maschinenbau?
Sie ist das Rüstzeug, um aus allen Richtungen Impulse zu erhalten. Excel- Sheets sind das eine. Interessante Literatur, auch die klassische, ist das andere. Nehmen wir zum Beispiel den Roman „Das Paradies der Damen“ von Beginn des 19. Jahrhunderts. Émile Zola beschreibt darin das Geschehen in einem der ersten Kaufhäuser in Paris. Es ist wirklich interessant zu erkennen, dass sich die Abläufe im Handel bis heute kaum verändert haben. Wie man Menschen für Konsum begeistert und anlockt – das Prinzip ist damals wie heute das gleiche.

Entscheidend ist es dann, in der Lage zu sein, Zusammenhänge zu ziehen. Sprich: Das, was der Literat im Paris des 19. Jahrhunderts beobachtet hat, mit dem zusammenzubringen, was die digitale Welt an neuen Möglichkeiten bietet. Oder auch die Erkenntnis zu verfestigen, dass der Mensch immer gewisse Handlungsstränge verfolgt, egal wie die technologische Unterstützung ist.

Man spricht hier auch von der vierten industriellen Revolution. Ist dieser Begriff berechtigt?
In der Vergangenheit haben Ingenieure immer bessere Produkte und Maschinen entwickelt, die dem Kunden dann mehr oder weniger vorgesetzt wurden. Die Ausgangsposition war also: Was für eine Maschine können wir bauen? Heute – im Zeitalter von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge – muss sich der Ingenieur eine andere Frage stellen, nämlich: Was für eine Maschine könnte der Kunde benötigen? Das ist ein Paradigmenwechsel, mit dem sich viele derzeit noch schwer tun, weil sie nun beim menschlichen Bedürfnis ansetzen müssen – und nicht mehr bei der technischen Machbarkeit.

Zudem werden viele Chancen nicht genutzt, die jetzt durch den Einsatz neuer, digitaler Technologien quasi auf der Straße liegen. Das heißt, zu erkennen, dass digital aufgerüstete Geräte nicht nur gut funktionieren müssen, sondern auch Daten abwerfen. Diese Daten sind kein Abfallprodukt, sondern das eigentliche Business von morgen, denn mit diesen Informationen lassen sich wiederum neue Geschäftsmodelle entwickeln.

Warum tun sich die deutschen Unternehmen hier schwer?
Den Unternehmen fehlen die Persönlichkeiten, die in der Lage sind, um diese Ecken zu denken. Und wenn Unternehmen diese Menschen finden, fällt es ihnen schwer, sie zu integrieren, weil die anderen Kollegen sagen: „Na, diese Denkweise brauchen wir doch gar nicht, lasst uns lieber noch ein paar Funktionen mehr überlegen.“ Es muss eine neue Kultur entstehen, die Innovationen ernsthaft fördert. Gefragt sind hier die Unternehmen mit ihren Führungskräften – aber auch die jungen Ingenieure. Sie müssen bereit sein, mutiger und offener zu denken.

Zum Unternehmen

GFT Technologies ist ein auf die digitale Transformation spezialisiertes IT-Unternehmen mit Sitz in Stuttgart. Die Firma agiert von elf Ländern aus und berät vor allem international führende Finanzinstitute bei IT-Veränderungsprozessen. Neben dem fachlichen Wissen und den Erfahrungen zählt GFT die Innovationskultur zu den wichtigsten Bausteinen des Erfolgs. Über ihre Innovationsplattform „CODE_n“ bietet das Unternehmen Start-ups, Technologiepionieren sowie etablierten Unternehmen den Zugang zu einem globalen Innovationsnetzwerk. Derzeit arbeiten international mehr als 3400 Mitarbeiter für das Unternehmen.

Zur Kenntnis: MedTech bietet Perspektiven

Die Medizintechnologie ist eine dynamische Branche. Rund ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die Hersteller mit Produkten, die höchstens drei Jahre alt sind. Joachim M. Schmitt, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied BVMed – Bundesverband Medizintechnologie

Durchschnittlich investieren die forschenden MedTech-Unternehmen rund neun Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland spielt damit eine besonders wichtige Rolle. Der medizintechnische Fortschritt ist entsprechend rasant. Einige Trends: Operationsverfahren werden durch moderne medizinisch-technische Verfahren immer schonender. Chirurgen erhalten Unterstützung durch computerassistierte Navigation. Medizintechnik und IT wachsen zusammen. Zukunftsträchtige Technologiefelder wie Bio- und Nanotechnologien sind ebenso in der Medizin auf dem Vormarsch.

Information

Die Berufsaussichten in der Medizintechnologie-Branche sind für Ingenieure und Medizintechniker insgesamt glänzend. Der Bedarf an Ingenieuren wird nach Expertenmeinung weiter steigen.

Eine aktuelle BVMed-Umfrage zeigt: Deutschland verfügt in der Medizintechnik über gut ausgebildete Wissenschaftler und Ingenieure sowie eine sehr gute klinische Forschung. Abgesehen von wenigen großen Unternehmen ist die Branche stark mittelständisch geprägt. Rund 95 Prozent der Betriebe beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter. Die Berufsaussichten in der Medizintechnologie-Branche sind für Ingenieure und Medizintechniker insgesamt glänzend. Der Bedarf an Ingenieuren wird nach Expertenmeinung weiter steigen. Ein Grund ist der Erfolg der medizintechnischen Unternehmen aus Deutschland auf dem Weltmarkt. Gut ausgebildetes Personal sucht die Medizintechnikindustrie vor allem für Forschung und Entwicklung, aber auch für Zulassungsfragestellungen. Medizinprodukte und ihr Weg von der Idee zum Markt werden zunehmend komplexer, sodass das Know-how und die personellen Ressourcen in den Unternehmen ständig verbessert werden müssen. Die Verdienstmöglichkeiten von Absolventen sind attraktiv und liegen auf Augenhöhe mit der Pharmaindustrie. Durch gute Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie die zunehmende Internationalisierung auch der mittelständischen Medizintechnikunternehmen sind gute Gehaltsentwicklungen vorhersehbar, die sicher über denen von Dienstleistungsbranchen liegen werden.

In der Medizintechnik werden hundertprozentige Ingenieure gesucht, die jedoch gleichzeitig über Disziplinen hinweg denken müssen und über eine hervorragende Teamfähigkeit verfügen. Es gilt, die Sprache und Anforderungen von Ärzten oder Zellbiologen zu verstehen. Die MedTech-Unternehmen suchen keine fertigen Spezialisten, sondern Fachkräfte mit einem soliden Wissensfundament, die sich im Studium spezielles Wissen im Bereich Medizintechnik angeeignet haben: Elektrotechniker, Informatiker, Maschinenbauer, Physiker.

Unscheinbarer Draht

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Herausforderung: Komplexität. Lösung: Innovative Querdenker. Wenn Andersmacher in der Welt der Kleinantriebe unterwegs sind, ermöglichen ihre unkonventionellen Ideen auf Formgedächtnislegierungen neuartige Antriebe. Von Dr.-Ing. Alexander Czechowicz, Zentrum für angewandte Formgedächtnistechnik (ZAF), Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V. (FGW), Remscheid

Mechatronische Systeme, ganz egal ob in Fahrzeugen, Flugsystemen oder im Maschinen- und Anlagenbau, werden kontinuierlich miniaturisiert, um den Anforderungen kleiner, leistungsstarker und leiser Antriebssysteme gerecht zu werden. Der Ingenieur von heute muss sich darauf einstellen, dass die Anforderungen hinsichtlich Bauraum und Gewicht, besonders in der Automobilindustrie, ständig ausgereizt werden. Daher werden Systeme immer weiter simplifiziert. Es heißt ja nicht umsonst schon beim Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Nur ist es meist so, dass die unverzichtbaren Komponenten nicht mehr kleiner werden können. Denn jeglicher Drang nach Miniaturisierung muss sich oft den physikalischen Gesetzen beugen. Ein Elektromagnet mit bestimmter Leistung kann trotz des Einsatzes hochwertiger Materialien bei gegebener Last bis zu einem gewissen Grad verkleinert werden. Hier kommen aber durch den Einsatz von multifunktionalen Materialien, sogenannten Formgedächtnislegierungen (FGL), alternative Ansätze ins Spiel.

Doch was sind überhaupt Formgedächtnislegierungen? Wenn ein zunächst unscheinbarer Draht von zwei Millimeter Durchmesser (Eigengewicht 25 Gramm) eine Last von 140 Kilogramm hebt, steckt da nicht unbedingt ein Magier dahinter, sondern der Hightech-Funktionswerkstoff Nickel- Titan. Durch die Änderung der Drahttemperatur über Wärme oder elektrischen Strom ändert sich der Gefügezustand dieser FGL. Als Folge verkürzt sich das Material deutlich. Mehr noch: Während dieser Umwandlung ändert sich auch der elektrische Widerstand so stark, dass man diesen Effekt als Sensorgröße für geregelte Systeme verwenden kann. Diese heutzutage bereits in Großserie eingesetzte Technologie weist erhebliche Vorteile gegenüber Elektromagneten und Elektromotoren in feinmechanischen Anwendungen auf. So sind die FGL-Systeme um bis zu 90 Prozent leichter, deutlich kompakter, erzeugen weder Geräusche noch elektromagnetische Felder während der Betätigung, arbeiten mit geringen elektrischen Betriebsspannungen, können in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden und bieten heutzutage oft Kostenvorteile gegenüber den konventionellen Lösungen.

Ein weiterer besonderer Vorteil ist die schnelle Auslösegeschwindigkeit dieser Elemente. Ein Formgedächtnisdraht kann eine Last von drei Kilogramm auf 15 Millimeter innerhalb von 15 Millisekunden bewegen. Messergebnisse bis hin zu einer Geschwindigkeit von 0,5 Millisekunden liegen ebenfalls vor. Über den elektrischen Strompegel können die Auslösedynamiken eingestellt werden. Werden gleichmäßig stellende Linearantriebe benötigt, so kann ein Formgedächtnisaktor über die Regelung der Stromzufuhr in seiner Auslösegeschwindigkeit variiert werden. Auch die Entriegelung eines einfachen Systems kann mit Formgedächtnisaktoren erleichtert werden: Etwas Kunststoff, ein Formgedächtnisdraht und eine Entriegelungsanwendung, und schon kann ein schwerer Elektromagnet ersetzt werden. So können beispielsweise Sauerstoffmaskenklappen im Flugzeug einfach durch einen Antrieb, der einem Schwan ähnelt, entriegelt werden.

Trotz eindeutiger technologischer Vorteile und erster Pionierprodukte in Serien in der Automobil- und Gebäudetechnik werden nur langsam neue FGLAnwendungen entwickelt. Das liegt am komplexen und oftmals unterschätzten Entwicklungsaufwand dieser Aktoren. Was wie ein kleiner unscheinbarer Draht aussieht, ist eben ein komplexes mechatronisches System mit thermischen, mechanischen und elektrischen Randbedingungen, die sich während der Aktivierung stark ändern können. Daher setzt das Zentrum für angewandte Formgedächtnistechnik an der Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe auf innovative Querdenker im gesamten Altersspektrum. Die Philosophie hierzu ist ganz einfach: Oft haben erfahrene Mitarbeiter sich über mehr als 20 Berufsjahre an bestimmte Standards gewöhnt, besitzen jedoch viel Expertise und Erfahrung. Die jüngeren Ingenieure bringen oft den Blickwinkel aus einer anderen Perspektive mit. So kann eine generationenübergreifende Forschungseinheit das Gute aus zweierlei Welten vereinen: die historisch erarbeitete und qualitativ hochwertige deutsche Entwicklungsarbeit mit unkonventionellen Ideen und Produktvorstellungen der Zukunft. Soll es vielleicht ein innovativer Plagiatschutz mit FGL sein? Oder vielleicht ein sich elektrisch bewegendes Zierinsekt einer Damenhandtasche? Vielleicht ist es nächste Woche der Leichtbauservomotor auf FGL-Basis für den Flugmodellbau, der weniger als ein Gramm wiegt?

Laut Nachrichten des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) vom Mai 2015 werden zum Ende der 2020er-Jahre 390.000 Ingenieure in Deutschland fehlen. Darum ist die Nähe zum wissenschaftlich- technischen Nachwuchs nicht nur für deutsche Unternehmer wichtig, sondern auch für Hochschulen und Forschungsinstitute. Mit regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen werden Studenten und technische Lehrlinge für die Formgedächtnistechnik geradezu begeistert. Der Drang, unkonventionelle Ideen auszuprobieren, ist sicherlich in der gesamten Forschungswelt eine stetige Motivation, jedoch schlägt jedem Nachwuchswissenschaftler, der zu Hause auch den Modellbau oder technische Spielereien schätzt, das Herz höher, wenn er an das technische Potenzial der Formgedächtnistechnik denkt.

Seminartipps

Konstruktionspraxis der Formgedächtnistechnik (Kompaktseminar)
am 12.11.2015 in Remscheid

Experimentalworkshop Sensorik und Regelung
am 13.11.2015 in Remscheid

Infos

Buchtipp

Cover
 
Sven Langbein und Alexander Czechowicz:
Konstruktionspraxis Formgedächtnistechnik.
Potentiale – Auslegung – Beispiele.
Springer Vieweg Verlag 2013.
ISBN 978-3834819574.
34,99 Euro

Mobilität in Städten

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Um die Probleme mit Verkehr in unseren Städten zu verstehen, muss man sich zunächst mit der Stadt, ihrer Genesis und ihrer „DNA“ beschäftigen. Die eigentlichen Probleme sind nicht der Autostau, die verparkten Straßen, das, was man riecht und hört – dies sind nur die Symptome dahinterliegender Ursachen: Man hat den Menschen bisher vergessen. Von Prof. Dr. Hermann Knoflacher, Stadt- und Verkehrsplaner, aktiver Em. Univ.-Prof. am Institut für Verkehrswissen schaften in Wien, Leiter des Club of Vienna

Städte sind, wie alle künstliche Dinge, von Menschen gemacht. Sie sind lebende, also offene Systeme, die auf den „Durchzug“ von Energie und Ressourcen angewiesen sind, um ihre Strukturen aufbauen und erhalten zu können. Voraussetzung für ihre Entstehung waren zwei mit der Mobilität zusammenhängende Faktoren: Zum einen mussten ausreichende Ressourcen im erreichbaren Umfeld geschaffen werden. Zum anderen hat man die Lebensund Produktionszyklen von Pflanzen und Tieren begriffen, daher mussten Jäger und Sammler nicht mehr zwangsweise mobil sein, und die Gesellschaft konnte sich sozialisieren. Beides sind Ergebnisse der geistigen Mobilität als Folge von beschränkter physischer Mobilität. Nun hat die geistige Mobilität nicht nur Vorteile, die auch zur Arbeitsteilung, Spezialisierung, Vielfalt und zur Einrichtung von Institutionen führen. Sie hat auch den Nachteil, dass sie sehr teuer ist.

Geistige Mobilität, also die Fähigkeit, Informationen aus der Umwelt wahrzunehmen, zu verarbeiten und daraus die richtigen Vorhersagen abzuleiten, war die Voraussetzung, um mit der bescheidenen physischen Energie des Fußgängers zu überleben. Nur rund zehn Prozent der Muskelenergie werden beim Fußgänger in Bewegung umgesetzt – jene Mobilitätsform, auf der unsere gesamte Kultur und der nachhaltige Teil unserer Zivilisation aufgebaut wurden.

Autos aus Städten entfernen
Eines der beeindruckendsten Ergebnisse dieser Prozesse waren Städte nach menschlichem Maß, die wir rund 10.000 Jahre zurückverfolgen können. Den Höhepunkt der menschengerechten Stadtentwicklung erreichte das europäische Mittelalter. In diesen noch erhaltenen und revitalisierten Strukturen fühlt sich auch der heutige Mensch am wohlsten – wenn man aus den Strukturen die Autos entfernt. Setzt man eine Fußgängerzone in der Praxis durch, gewinnen die Städte in kürzester Zeit ihre Vitalität zurück, siedeln sich Geschäfte und Betriebe an, steigen die Umsätze bestehender Läden.

Mit den Eisenbahnen erhielten die Städte einen Wachstumsschub, denn die Landbevölkerung, die durch die dampfbetriebenen landwirtschaftlichen Maschinen ihre Erwerbsmöglichkeiten verlor, musste in die entstehenden Industrien abwandern. Diese Erweiterungsgebiete wurden mit Straßenbahnen und dem Fußgängerverkehr erschlossen und weisen, obwohl sie nicht mehr die städtische Qualität des Mittelalters haben, immer noch einen menschlichen Maßstab auf.

Dies änderte sich grundlegend im 20. Jahrhundert mit dem aufkommenden Autoverkehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die Zersiedlung des städtischen Umlandes und die weitere Aushöhlung des Landes. Voraussetzung dafür waren die Garagenordnung aus 1939, die allgemeine Motorisierung und die fundamentalen Irrtümer herkömmlichen Verkehrswesens: das „Mobilitätswachstum“, die „Zeiteinsparung durch Geschwindigkeit“ und die „Freiheit der Verkehrsmittelwahl“. Man glaubte und glaubt noch heute an „Mobilitätswachstum“, weil der Begriff Mobilität aus den Sozialwissenschaften auf die Bewegung von Autos umgewandelt und reduziert wurde.

Ein Paradigmenwechsel
Definiert man Mobilität zweckbezogen, zeigt sich, dass die durchschnittliche Zahl der Wege pro Person und Tag eine Konstante ist. Es gibt weder Mobilitätswachstum noch Zeiteinsparung im System. Auch die individuelle Erfahrung, dass man durch Geschwindigkeit im Verkehr „Zeit sparen“ kann, trifft im System nicht zu. Die Wegezeiten langsamer und schneller Verkehrsteilnehmer sind gleich, nur die Wege werden länger, weil die Geschwindigkeit die Strukturen verändert. Damit wird auch die Veränderung in den Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen erklärbar. Wenn man die Stellplätze in Städten vorschreibt, wird den Menschen die Wahlfreiheit im Verkehr genommen. Es kommt zu einer Bindung an das Auto „von innen her“. Man plant und baut nicht mehr Städte für Menschen, sondern für und um die Autos. Wissenschaftlich lässt sich dieser Zusammenhang nicht aus den Ingenieurwissenschaften erklären, sondern nur durch eine „Längsschnittmethode“ der Evolutionstheorie, die durch viele Disziplinen führt. Damit ergibt sich ein faszinierendes Arbeitsfeld zur Wiederherstellung der Harmonie zwischen Stadt, Natur, Sozialsystem und einer nachhaltigen Wirtschaft. Für Ingenieure ist dies ein erfüllendes Arbeitsfeld, um die Fehler des vergangenen Jahrhunderts im Städtebau und Verkehrswesen zu beseitigen.

Der Ansatz liegt nicht, wie bisher angenommen, im Fließverkehr – dieser ist nur ein Symptom. Die Lösung liegt in der baulichen, finanziellen und organisatorischen Trennung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit. Die Stadt strukturiert sich an der neuen nachhaltigen Mobilität stadtverträglicher Verkehrsmittel neu. Die Jugend hat das bereits intuitiv erfasst und löst sich aus der Gefangenschaft des Autoverkehrs. Dass dies funktioniert, zeigt die Praxis in vielen Städten wie Wien-Seestadt, Freiburg-Vauban, Tübingen, Hamburg und anderen Orten, an denen wieder menschengerechtes Leben in der Stadt mit verantwortbarer Mobilität und der Freiheit vom Zwang zum Autofahren möglich wird.

Forschungsprojekt „Mobilität in Städten – SrV“

Die Verkehrswissenschaft an der Technischen Universität Dresden analysiert seit fast 40 Jahren die Entwicklung des Einwohnerverkehrs in Städten durch regelmäßige Haushaltsbefragungen. Das als System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) wissenschaftlich begründete Erhebungsinstrument erfasst stadtübergreifende Tendenzen der Verkehrsentwicklung und stellt gleichzeitig stadtspezifische Kennziffern für die Verkehrsplanung bereit.
Infos

Mit weniger mehr erreichen: Mompreneurs

Werden Unternehmen eigentlich nur von Männern gegründet, die viel Venture Capital auf dem Konto haben und 70 Stunden pro Woche daran arbeiten, ihre Idee voranzubringen? Von wegen! Esther Eisenhardt zeigt, vernetzt und berät „Mompreneurs“ – Frauen, die sowohl Mütter als auch Unternehmerinnen sind und die nicht nur Erfolg im Beruf haben, sondern auch ein lebendiges Familienleben führen.

Zur Person

Esther Eisenhardt, 43 Jahre, Gründerin von Mompreneurs und eine der 25 Frauen für die digitale Zukunft
Mompreneurs-Website
Facebookseite mit Infos
Geschlossene Facebookgruppe

„Als ich vor einigen Jahren in die Selbstständigkeit gehen wollte und mich in der Berliner Gründerszene umgesehen habe, habe ich kaum jemanden getroffen, der in einer ähnlichen Lebenssituation war wie ich und vergleichbare Ziele hatte“, erinnert sich Esther Eisenhardt. „Dabei gibt es so viele wunderbare Frauen, die ihr eigenes Unternehmen führen und Kinder haben.“ Mit dieser Erkenntnis legte die 43-Jährige ihre ursprüngliche Geschäftsidee auf Eis und gründete „Mompreneurs“ – zusammengesetzt aus dem englischen Wort „Mom“ und dem französischen Begriff „Entrepreneur“ –, einen Wegweiser, der Mütter ermutigt, ihren eigenen Weg zwischen Unternehmerschaft und Familienleben zu gehen.

Ihr Angebot ist vielseitig: Sie veranstaltet Mompreneur-Meetups, bei denen sich Frauen, die gründen möchten oder schon selbstständig sind, zum Netzwerken treffen. Eisenhardt erklärt: „Da werden Infos und Erfahrungen ausgetauscht, die Frauen unterstützen, inspirieren und motivieren sich gegenseitig.“ Solche Meetups gibt es bereits in zehn deutschen Städten und in Zürich, weitere Veranstaltungsorte sollen 2015 folgen. Außerdem bietet die Mutter zweier Töchter Webinare zu gründungsrelevanten Themen an. Und sie hat eine Facebookgruppe gegründet, in der über 900 Frauen Mitglied sind und in der aktiv genetzwerkt wird. In dieser Gruppe, genau wie bei den Meetups, gehen die Frauen offen und ehrlich miteinander um, auch Hürden werden thematisiert. „Viele unserer Mompreneurs beschäftigen sich mit den gleichen Themen, stehen vor ähnlichen Schwierigkeiten – sie können wunderbar voneinander profitieren“, meint Eisenhardt. „Es kann doch nicht sein, dass jede allein und bei Null anfangen muss.“

Redaktionstipp

Foto: Tempest Film, Fotolia/blackday
Foto: Tempest Film, Fotolia/blackday

Katja von Garnier, preisgekrönte Regisseurin und zweifache Mutter, begleitete 18 Monate lang die Rockband Scorpions auf ihrer Tour. Ihr Film ist seit dem 26. März 2015 im Kino zu sehen: „Scorpions – Forever And A Day“.

Esther Eisenhardt, die BWL und Medienberatung studiert hat und vor der Selbstständigkeit bei Agenturen und Konzernen bereits Vollzeitkarriere mit Führungsverantwortung gemacht hat, ist überzeugt, dass Mompreneurs anders gründen: Ihr Hauptanliegen sei es nicht, das Unternehmen möglichst groß zu machen und möglichst viel Kapital anzusammeln. Viel wichtiger sei es ihnen, finanziell unabhängig zu sein, dabei aber so flexibel wie möglich zu bleiben und noch Zeit und Energie für die Familie zu haben. „Es geht darum, mit weniger mehr zu erreichen“, fasst sie zusammen. Entsprechend hat sie auch ihre eigene Arbeit organisiert und strukturiert: Sie ist im Home Office tätig und spart sich die langen Fahrtwege, die sie früher viel Zeit gekostet haben. Vollzeit arbeitet sie auch heute noch, allerdings mit viel mehr Spaß und Flexibilität als in ihrem früheren Angestelltenleben: Online-Tools wie Skype und das Smartphone sind ihr wichtigstes Handwerkszeug – so kann sie auch beim Mittagessen im Restaurant einen geschäftlichen Anruf annehmen oder auf einem Spaziergang kurz Mails checken.

Wie andere Frauen arbeiten und die Selbstständigkeit mit der Familie vereinbaren, zeigt Esther Eisenhardt in Porträts auf der Mompreneurs-Website. Dort finden sich so motivierende Geschichten wie die von Petra van Laak, die sich als vierfache, alleinerziehende Mutter selbstständig gemacht hat: Sie schreibt Texte für Unternehmen, hat ein Buch über ihre Gründung veröffentlicht und ist mittlerweile sogar auf Expansionskurs – 2014 hat sie mit einem Partner ein weiteres Unternehmen gestartet. Franziska Müller von der Ahé und Julia Sommerer haben ebenfalls zu zweit ihr Unternehmen gegründet, sie führen eine Kommunikationsagentur mit 30 Mitarbeitern – und das in Teilzeit, denn beide sind Mütter und wollen Zeit mit ihren Kindern verbringen. Viele Tipps gibt Esther Eisenhardt daneben im Mompreneurs-Blog, wo sie beispielsweise erklärt, wie wichtig es ist, eine Vision zu haben, was man beachten sollte, wenn man mit einer Freundin gemeinsam gründet, und wie Facebookmarketing effektiver werden kann. „Mompreneurs ist mein absolutes Herzensprojekt“, sagt Esther Eisenhardt. Und mit diesem Herzensprojekt hat sie Erfolg, das zeigen nicht nur die Kommentare der Gründerinnen und Unternehmerinnen in der Facebookgruppe: 2014 wurde Esther Eisenhardt unter die „25 Frauen für die digitale Zukunft“ gewählt.

Redaktionstipps

Amanda Palmer, Sängerin und Musikerin im Punk-Kabarett-Duo The Dresden Dolls sowie seit Kurzem Mutter, machte 2012 mit der bisher erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagne der Musikgeschichte Furore: Sie sammelte bei ihren Fans 1,2 Millionen Dollar und finanzierte damit ihr neues Album. Ihr neues Buch „The Art Of Asking“ widmet sich unter anderem der Frage, warum es wichtig ist, andere um Hilfe zu bitten. Amanda Palmer: The Art of Asking: Wie ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und lernte, mir helfen zu lassen. Eichborn, 2015. ISBN 978-3847905974. 16,99 Euro
Zum Interview mit Amanda Palmer

25 Frauen für die digitale Zukunft

Die Initiative berufundfamilie begleitet Unternehmen, Institutionen und Hochschulen bei der Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik.
www.berufundfamilie.de

„Hochsensibilität ist eine Begabung“

Wie können hochsensible Menschen (auf Englisch „Highly Sensitive Persons“, HSP) ihren Beruf und Alltag besser meistern? Dipl.-Ing. Rolf Selling ist selbst hochsensibel und entwickelte Methoden für HSP. Nach dem Architekturstudium und der Redakteurstätigkeit bei Fachzeitschriften erlitt er einen Burnout. Heute ist er Heilpraktiker (Psychotherapie) und bildet als Autor und Seminarleiter vor allem Psychotherapeuten und Pädagogen für den Umgang mit Hochsensiblen aus. Das Interview führte Meike Nachtwey.

Herr Sellin, Sie haben Architektur studiert, heute arbeiten Sie als Autor und Seminarleiter – wie kam es zu diesem Wandel?
Nach dem Studium wurde ich erst einmal Redakteur von Architektur-Fachzeitschriften. Da konnte ich meine sprachliche Begabung mit dem Fachwissen gut verbinden. Typisch für hochsensible Menschen ist leider die Tendenz, zu hohe Ansprüche an sich zu richten, die sie am Ende nicht erfüllen können. So war es auch bei mir. Ich hatte mich bald selbst in einen Zustand manövriert, den man heute wohl als Burnout bezeichnen würde. Damals hatte ich professionelle psychotherapeutische Hilfe gesucht, doch musste ich bald herausfinden, dass ich nicht verstanden wurde. Also machte ich mich auf den Weg, um mir selbst zu helfen. Ich trug Techniken zusammen und entwickelte vor allem selbst Methoden, die für mich wirksam waren. Bald wollte ich dieses Wissen an andere weitergeben und wurde selbst zum Therapeuten.

Was macht hochsensible Menschen aus?
Hochsensibilität ist keine Krankheit, die man diagnostizieren könnte, es ist eine Wesensart und Begabung zu umfassender und differenzierter Wahrnehmung. Man weiß, dass 15 bis 20 Prozent der Menschen hochsensibel sind. Sie nehmen mehr und intensiver wahr als andere. Sie haben die Fähigkeit, weitere Zusammenhänge zu erfassen und ebenso den Dingen bis ins Detail auf den Grund zu gehen. Sie neigen dazu, nach Vollkommenheit zu streben. Deshalb können sie manchmal auch gründlicher und zugleich oft auch langsamer als ihre Kollegen arbeiten. Gleichzeitig sind sie hochmotiviert, engagiert und sehr empathisch. Sie haben ein starkes Verantwortungsbewusstsein und einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Ihre Fähigkeit, gut zuzuhören, macht sie zu beliebten Ansprechpersonen bei Problemen.

Beeinflusst Hochsensibilität die Berufstätigkeit?
Oft machen es sich hochsensible Berufsanfänger selbst viel zu schwer, weil sie viel zu viel wollen. Sie versuchen Vollkommenheit zu erreichen, obwohl die gar nicht gefragt ist. Sie setzen sich selbst dabei unnötig unter Druck. Und wenn dann äußere Anforderungen hinzukommen, ist das viel zu viel und kann zu Blockaden führen. Es hilft ihnen, sich immer wieder zu fragen: Worum geht es hier? Was ist (nur) gefordert? Wie erreiche ich das für den Arbeitgeber auf wirtschaftliche Weise und für mich als Arbeitnehmer auf nachhaltige Weise? Wenn Hochsensible nicht lernen, mit ihrer Wahrnehmung, ihren Grenzen und ihrer Energie umzugehen, kann es in der Lebensmitte leicht zu Krisen kommen, in Extremfällen sogar zum Burnout.

Welche Vorteile haben hochsensible Mitarbeiter für einen Arbeitgeber?
Sie sind oft gute Teammitglieder, ihre Art wirkt ausgleichend für das Arbeitsklima, sie gehen den Dingen gern auf den Grund und sind zuverlässig und hoch motiviert. Sie sind gewissenhaft und gründlich. Wenn sie die passenden Arbeitsbedingungen haben, wirken sie in einem Team wie Schmieröl im Getriebe. Wenn sie jedoch überreizt und überfordert sind, können sie auch zum Sand im Getriebe werden. Durch ihre andere Wahrnehmung entdecken sie schneller als andere, wo sich Probleme und Fehlentwicklungen anbahnen. Doch allzu leicht geraten sie dann in die Rolle eines unbequemen Bedenkenträgers, wenn sie nicht lernen, sich geschickt einzubringen. Doch auch dabei kann ihnen ihre Hochsensibilität nützen, wenn sie als Vorteil erkannt und bewusst eingesetzt wird. Sie spüren, worum es anderen geht, und verstehen sie. Das kann sich gut auswirken auf den Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern, Vorgesetzten und vor allem auf den Kontakt zum Kunden.

Woran erkenne ich als hochsensibler Bewerber, dass das Unternehmen, für das ich mich interessiere, ein guter Arbeitgeber für mich ist?
Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Angebote, mit denen die Work- Life-Balance der Mitarbeiter unterstützt und gefördert werden, sind ein gutes Zeichen dafür, dass das Unternehmen sich um die Gesundheit seiner Mitarbeiter kümmert. Doch ebenso könnten diese Anstrengungen auch nur aufgesetzt sein. – Wohl dem Hochsensiblen, der noch auf seine feinen Antennen hört, der sich den Zugang zu seiner Intuition, seinem Bauchgefühl, hat bewahren können! Er spürt eher als andere, was für ihn passt.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Wie sollte sich die Arbeitswelt verändern, damit hochsensible Menschen besser darin klarkommen?
Als Hochsensibler wünsche ich mir, dass in Unternehmen mehr Gewicht gelegt wird auf Qualität als auf Masse, mehr auf Nachhaltigkeit und weniger auf schnellen Gewinn, mehr auf Verantwortung im weitesten Sinne als nur auf Eigennutz. Wenn Werte tatsächlich ernst genommen werden, dann sind Hochsensible beflügelt und geben ihr Bestes. Auch wenn Hochsensible ganz besonders intensiv auf Werte und das Gemeinwohl reagieren, wäre das wohl jedem Arbeitnehmer und uns allen zu wünschen.

Highly Sensitive Persons (HSP)

Buchtipp:
Rolf Sellin: Bis hierher und nicht weiter.
Wie Sie sich zentrieren, Grenzen setzen und gut für sich sorgen.
Kösel Verlag 2014. ISBN 978-3466309986. 16,99 Euro.

www.hsp-institut.de

Weitere Redaktionstipps:
Deutscher Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität
www.hochsensibel.org

Kompetenzzentrum für Hochsensibilität
www.aurum-cordis.de

Online-Tests: Bin ich hochsensibel?
www.hochsensibilitaet.org/online-test.html

E-Paper karriereführer hochschulen 2.2015

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Karriere: Mit Coaching ganz nach oben

Persönlicher Auftritt, Stärken, Überzeugungskraft, Kundenkontakt, Teambildung, Einstellungsgespräche, Mitarbeiterführung, berufliche Konflikte – all das sind Themen, mit denen sich Absolventen nicht nur zu Beginn ihrer Berufstätigkeit auseinandersetzen müssen. Sie begleiten einen auf dem Karriereweg nach oben – als Consultant genauso wie in anderen Berufen. Ein Coaching kann dabei helfen, Unsicherheiten und Probleme in diesen Bereichen zu überwinden. Der karriereführer hat erfahrene Coachs gefragt, wie sie arbeiten und hat sich die einzelnen Coaching-Ansätze erklären lassen.

Eberhard Hauser und Martin Hagen, Foto: Andreas Brücklmair/Deluxe Images
Eberhard Hauser und Martin Hagen, Foto: Andreas Brücklmair/Deluxe Images

Eberhard Hauser & Martin Hagen, Gründer und Inhaber der hauserconsulting, sind international erfahrene Executive Coaches und bilden seit mehr als 15 Jahren Coaches aus.

www.hauserconsulting.com

Die Zeitmaschine. Wäre es nicht herrlich, wenn jemand Sie einladen würde, Sie auf eine ungewöhnliche und inspirierende Reise in Ihre eigene Zukunft zu begleiten? Wären Sie nicht neugierig zu erkunden, wer Sie in der Zukunft geworden sind, wie Sie denken und vor allem, was Ihnen besonders wertvoll erscheint? Vielleicht gibt es auch eine Frage in Ihrem Leben, die Sie trotz aller Versuche bislang für sich nicht wirklich beantworten konnten.

Lassen Sie sich einladen in diese wundersame Zeitmaschine, die Sie mühelos in die Zukunft trägt! Sie dürfen auch selbst vor dem Start wählen, welche Punkte Ihrer eigenen Zukunft bei Ihnen besondere Neugier auslösen. Vielleicht der erste Tag von Ihrem Ruhestand? Vielleicht der Tag einer wichtigen Beförderung? Vielleicht der Tag der Geburt Ihres Kindes? Ihres Enkels? Unmittelbar geht diese wundersame Reise los. Mühelos kommen Sie am ersten Punkt Ihrer Zeitreise an. Sie schauen aus dieser überraschenden Perspektive auf Ihr Leben.

Zuerst orientieren Sie sich ein wenig an diesem neuen Platz: Was ist mir gerade wichtig in meinem aktuellen Leben – nach all den vielen Erfahrungen, die ich in meinem Leben angesammelt habe – was mache ich gerade besonders gerne, besonders gut? Wie blicke ich zurück auf mein bisheriges Leben – welche besonderen Stationen fallen mir auf – welche bedeutsamen Weichenstellungen fallen mir auf? Und wie schauen Sie auf die Periode zurück, von der Sie losgestartet waren auf die Zeitreise – welchen Rat könnten Sie aus der Zukunft geben – welche Werte haben Bestand – was ist heute noch wichtig, was haben Sie schon längst vergessen?

Wenn Sie möchten und Sie sich ausführlich umgeschaut haben, dann sind Sie eingeladen weiterzureisen. An einen anderen Ort. In eine andere Zeit. Wenn Sie am Schluss wieder zurückreisen ins Jetzt: Lassen Sie sich überraschen, was all diese faszinierenden Betrachtungen bei Ihnen auslösen. Vielleicht verändert es den Blick auf die eine oder andere Frage? Vielleicht entsteht ein neuer Impuls in Ihnen? Oder die ursprüngliche Frage verändert sich, entwickelt sich weiter. Und vielleicht mögen Sie nach dieser Erfahrung dann auch mal im Alltag einfach ein wenig umschalten – raus aus dem Klein-Klein des Alltags – und rein in die unendlichen Weiten des Zeit-Raumes.

Jürgen Kugele, Foto: privat
Jürgen Kugele, Foto: privat

Jürgen Kugele ist Psychoanalytiker, Coach und Inhaber eines Beratungsunternehmens für Successful Leadership. Neuestes Buch: „Handbuch Karriereberatung“.

www.kugele.org

Die Heldenreise. Als Kind haben Sie sich sicherlich für spannende Geschichten interessiert und sich mit den Helden darin identifiziert. Vielleicht wollten Sie Kapitän, Lokführer, Astronaut, Forscherin, Entdeckerin oder Abenteurer werden. Mit dem Erwachsen- und Vernünftigwerden haben Sie dann Abschied genommen von den „unrealistischen Karrierewünschen“ aus Kinderzeiten – und damit leider auch von Ihrem zugrunde liegenden inneren Ruf. Allzu oft dominieren pragmatische Entscheidungen oder unrealistische Wunschvorstellungen Ihr Leben und Ihre Berufswahl. Aber was ist eigentlich ein innerer Ruf?

Die Helden und Heldinnen in den Geschichten und Mythen aller Kulturen stellen sich ihm und folgen dem Abenteuer ihrer inneren Bestimmung, um ihr Volk von bösen Mächten oder anderem Unbill zu befreien und in eine neue, bessere Zukunft zu führen. Dabei muss der Held unterschiedliche Prüfungen bestehen. Durch Niederlagen und Scheitern wächst er über sich hinaus und erreicht das unmöglich Erscheinende. Dadurch entwickelt er eine neue Ebene des Bewusstseins. Und mit dieser neuen Einstellung kann er sein Volk in eine verheißungsvolle Zukunft führen. Der Held geht also keinen Ego-Trip, sondern er dient seinen Leuten – verbunden mit dem Einsatz des eigenen Lebens und großen Opfern.

Die Storyline Ihrer Heldenreise sollte also die Frage beantworten: Welcher Beitrag für das Ganze erfordert Ihre volle Kraft? Die Entwicklung von Ihrer eigenen Berufung hin zu Ihrer Lebensaufgabe ist vergleichbar mit der Struktur einer Heldenreise. Sie ist eine Matrix für die Herausforderungen, die auf dem Weg in das Abenteuer Leben mit der zu Ihnen passenden Aufgabe Orientierung geben kann. Die Schritte der Heldenreise sind: der Ruf – der Widerstand – sich auf den Weg machen – die Prüfungen – das Scheitern – die Demut – das Gelingen – die Belohnung – die Rückkehr. Es geht nicht darum, dass Sie zum Helden werden. Vielmehr ist der Held eine symbolische Figur, die für eine innere Kraft steht, die es Ihnen ermöglicht, Ihrem inneren Ruf zu folgen und an Ihre Vision zu glauben, um diese mit der Anforderung der Welt zu verbinden.

Christian Maier, Foto: Sybille Straube
Christian Maier, Foto: Sybille Straube

Christian Maier, Trainer und Coach, begleitet seit vielen Jahren Führungskräfte dabei, mit mehr Gelassenheit erfolgreich zu sein.

www.innergame.de

Inner Game – Coaching in Bewegung. Dieser Coaching-Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass sich unser „inneres Spiel”, also die Vorgänge in unserem Inneren, erheblich auf unser „äußeres Spiel”, unsere Handlungen, auswirkt und diese im Positiven wie im Negativen beeinflusst. Durch den Einsatz von bewegenden Elementen im Coaching-Prozess können Sie Antworten und Lösungen wesentlich leichter finden. Einige Beispiele:

Beim Jonglieren erfahren Sie, wie Sie mit Komplexität umgehen und Prioritäten setzen. Beim Bogenschießen merken Sie, was es heißt, einen Standpunkt einzunehmen, und wie viel Spannung Sie brauchen, um Ihr Ziel zu erreichen. Beim Bumerangwerfen lernen Sie, wie und wodurch Sie das Ergebnis beeinflussen. Beim Schwertkampf benötigen Sie – ebenso wie in Entscheidungssituationen – Richtung und Klarheit. Beim Fahrradfahren erfahren Sie, wie Sie optimalen Krafteinsatz mit einem runden Tritt verbinden. Das Skilaufen zeigt Ihnen, wie Sie Sicherheit im Umgang mit Unsicherheit erlangen. Beim Golf finden Sie zu Ihrem richtigen Schwung. Und beim Gehen finden Sie Ihren Weg.

Beim Einsatz dieser Medien geht es nicht darum, ein Ziel zu erreichen oder eine Sportart zu erlernen. Es geht auch nicht um eine Wertung Ihrer Leistung. Es geht einzig darum, dass Ihnen deutlich wird und Sie verstehen zu lernen, dass das Verhalten und das nach außen sichtbare Handeln eines Menschen seinen Ursprung im Inneren hat. Wenn Sie sich bewegen, können Sie sehr viel über sich selbst erkennen, wenn Sie daran interessiert sind. Eine Führungskraft, die konstant über die Zielscheibe hinwegschießt und dann sagt, die Scheibe müsse höher stehen, wird in der Realität entsprechend viel Veränderung von ihren Mitarbeitern fordern, ehe sie bereit ist zu sehen, welche kleine Korrektur sie selbst vornehmen könnte. Und wer den Ball einfach nicht loslässt und vorwurfsvoll sagt „Der Ball fliegt nicht“, braucht vermutlich noch einige Unterstützung, um zu erkennen, wofür er selber Verantwortung trägt und wofür nicht.

Barbara Pachl-Eberhart, Foto: Nina Goldnagl
Barbara Pachl-Eberhart, Foto: Nina Goldnagl

Barbara Pachl-Eberhart ist Autorin und Dialogprozessbegleiterin nach David Bohm.

www.dialogikum.at

Dialog nach David Bohm. „Ich muss mit dir reden.“ Ein Satz, der oft Herzklopfen macht. Seltsam: Obwohl es kaum etwas gibt, wonach wir uns mehr sehnen als nach einem guten Gespräch, trauen wir uns kaum zu, ein solches „gutes Gespräch“ bewusst zu gestalten – vor allem dann, wenn es um Konflikte oder um Themen abseits der Oberfläche geht. Gute Gespräche initiieren: Was braucht es dafür? Der Dialog nach David Bohm setzt den Rahmen dafür, abseits von Debatte und Diskussion.

„Dialog“. Dieses alltägliche Wort wird oft mit „Zwiegespräch“ übersetzt. Doch seine wahre Bedeutung lautet: „durch das Wort hindurch“. Es ist diese Haltung des Innehaltens, die alles verändert. Stress, Machtkampf der Argumente, Sieg und Niederlage nach Punkten? Nein: Echter Dialog schafft einen Raum, in dem langsam gedacht, geschwiegen, in dem sogar die Meinung geändert werden darf. Wie? In der klassischen Form des Bohmschen Dialogs durch radikale Entschleunigung: durch den Einsatz eines Sprechsymbols, aus den Gesprächskreisen aller alten Kulturen bekannt. Ein Redestab oder auch ein

Bierdeckel: Wer das Symbol hält, ist am Wort, die anderen hören zu. Es ist kaum zu glauben, wie diese simple Intervention jedes Gespräch zu konstruktiver Ruhe bringt. Wo das nicht geht, kann schon eine kleine Veränderung der inneren Haltung Berge versetzen. Der Verzicht auf das „Ja, aber…“, das so viele Gespräche dominiert. Oder eine Verschiebung der Zielsetzung: Muss ein einzelnes Gespräch denn immer zu Lösungen führen? Oder könnte es auch um ein gemeinsames Erkunden gehen, das erst etwas später zu neuen Gedanken und Lösungen inspiriert? „Danke. Lass uns weiter denken und morgen weiterreden“ – dieser „Geheimcode“ funktioniert, wo Eskalation droht. Ein gutes Gespräch braucht Zeit. Und auch das Schweigen zwischen den Worten, hier taucht das Unbekannte, das Neue auf – scheu, schimmernd, ein edler Ehrengast. Wir müssen nicht alles wissen. Das gute Gespräch hilft uns, zu erfahren, was kein Mensch alleine entdecken kann.

Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Foto: Toni Gunner
Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Foto: Toni Gunner

Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, Psychologe und Kommunikationswissenschaftler sowie Gründer des „Schulz von Thun-Instituts für Kommunikation“.

www.schulz-von-thun.de

Das Innere Team. Beim Coaching mit dem Inneren Team geht es um die Suche nach einer stimmigen Antwort auf eine Herausforderung. Stimmig ist eine Lösung, wenn sie Ihnen entspricht und wenn sie Ihrer Situation gerecht wird. Wie können Sie aber erkennen, ob Sie bei der Handhabung eines Problems in Übereinstimmung mit sich selbst sind? Wenn Sie in sich hineinhorchen, gibt es meistens viele Stimmen, und fast immer sind sie sich uneinig – auch und gerade wenn es schwierig wird im Leben. Sie müssen also bei einer Problemlage mit vielen inneren Wortmeldungen rechnen.

Das Modell des Inneren Teams legt es darauf an, aus dem zerstrittenen Haufen ein gut aufgestelltes Team zu bilden. Wenn es zum Beispiel um einen schwierigen Mitarbeiter geht, mag da einer in Ihnen sein, der diesen Mitarbeiter sofort rauswerfen würde. Ein anderer in Ihnen hat vielleicht Verständnis für den armen Kerl. Ein Dritter fürchtet den Konflikt mit dem Betriebsrat … Weitere Wortmelder folgen.

Beim Coaching mit dem Inneren Team erheben wir als erstes Ihren äußeren Kontext als Führungskraft, denn die Lösung soll ja auch rollen- und kontextgerecht werden. Anschließend kommt jeder im Inneren Team nach und nach zu Wort, mit seinen Gedanken, Gefühlen, seiner Weltsicht und seinem Willen. Er wird als Strichmännchen auf ein Blatt Papier gezeichnet und erhält einen Namen (etwa „der Verständnisvolle“). Seine Botschaft wird in eine Sprechblase geschrieben (zum Beispiel: „Als Chef sollte ich Mitarbeiter unterstützen, wenn sie am Ende sind!“). Am Schluss sehen Sie gut, wer für oder gegen wen ist, wer sich breit macht und wer schüchtern am Rande steht. Oder wer sogar hinter eine Schandmauer verbannt ist, weil sein Besitzer ihn peinlich findet. Aber gerade diese Außenseiter sind oft ein Schlüssel für die Lösung des Problems.

Sodann werden Sie als Coachee zum Chef Ihres Inneren Teams ernannt. Sie sollen jetzt eine innere Teamkonferenz leiten, um eine Lösung zu (er)finden, die von allen mitgetragen wird – ohne dass sich einer stark übergangen fühlt. Diese Suche nach stimmigen Lösungen dient zugleich einer vertieften Selbstreflexion. Denn: Wer sich selbst versteht, entscheidet und kommuniziert besser!

Welle der Veränderung auslösen

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In Köln nennt man es Büdchen, in Berlin Späti, im Ruhrgebiet Trinkhalle. Und in Afrika ist es ein Solarkiosk. Jurist Andreas Spiess und Architekt Lars Krückeberg hatten die Idee zu diesen kleinen Verkaufsbuden, wo Kunden ihre Handys aufladen und Lebensmittel kühlen können, kalte Getränke und Sitzgelegenheiten gibt es auch. André Boße sprach mit Sasha Kolopic, Leiter der Geschäftsentwicklung der Solarkiosk AG.

Zur Person

Sasha Kolopic, Foto: Solarkiosk AG
Sasha Kolopic, Foto: Solarkiosk AG
Leiter der Geschäftsentwicklung Solarkiosk AG

Wie entstand die Idee, in entlegenen Regionen Afrikas Solarkioske zu errichten?
Unser CEO Andreas Spiess hatte bereits in Äthiopien Erfahrungen mit Solarprojekten gemacht und festgestellt, dass die meisten Solarprodukte ihre Zielgruppe nicht erreichten. Daher hatte er die Idee von einem solarbetriebenen Kiosk. Der E-Hubb ist genau auf die Bedürfnisse der lokalen Nutzer ausgerichtet.

Was war im Vorfeld die größte technische Herausforderung?
Da die lokale Transportinfrastruktur in vielen afrikanischen Ländern nicht sehr gut entwickelt ist, wäre der Umbau eines Verschiffungscontainers in einen solarbetriebenen Kiosk keine gute Lösung gewesen. Stattdessen haben wir mit Architekten eine modulare Lösung entwickelt, um die Einzelteile auch in sehr abgelegene Gebiete transportieren zu können.

Andreas Spiess ist Jurist, Lars Krückeberg Architekt: Wie haben sie sich das Ingenieur-Know-how ins Unternehmen geholt?
Als erfolgreicher Architekt hatte Lars Krückeberg gute Kontakte zu Ingenieuren, Technikern und Technischen Hochschulen. Dank eines guten lokalen Netzwerks waren gute Ingenieure schnell gefunden.

Solarkioske in Afrika – bei der Geschäftsidee gab es doch bestimmt Leute mit Bedenken. Wie überzeugt man Skeptiker?
Wir stellen ihnen einfach die Tatsachen vor: Es gibt in Afrika einen großen Markt für alternative Energien und Produkte, es wird sich in nächster Zeit viel dort ändern. Und wir wollen die Ersten sein, die die Verfügbarkeit vieler Solarenergieprodukte und Energiedienstleistungen in Afrika anstoßen und fördern.

Auf welches Feature im Solarkiosk sind Sie besonders stolz?
Ich finde, das ganze Produkt ist uns gut gelungen: Der E-Hubb hat ein tolles Design und kann überall schnell und problemlos aufgebaut werden – in der Großstadt ebenso wie auf dem entlegenen Land.

Mit Afrikas Wirtschaft wächst auch der Energiehunger. Was muss geschehen, damit dort eine Energiewirtschaft im Sinne der Menschen entsteht?
Wir möchten mit den Kiosken auf lokaler Basis einen Unterschied machen und für mehr saubere Energielösungen sorgen. Afrika braucht alternative Lösungen – und Sonne haben sie dort ja genug.

Wie erleben Sie den Austausch mit den Ingenieuren aus Afrika, die für Sie tätig sind?
Wir können von den afrikanischen Ingenieuren genauso viel lernen wie sie von uns. Die Zusammenarbeit läuft sehr erfolgreich. Vor Kurzem fand sogar ein panafrikanischer Solarkiosk-Workshop mit Ingenieuren aus den verschiedensten afrikanischen Ländern statt.

Welche Rolle sollen Solarkioske in Afrika in der nahen Zukunft im Idealfall spielen?
Wir möchten das Energie-Steinchen sein, das eine Welle der Veränderung in Afrika auslöst.

Ihr Ratschlag an junge Ingenieure: Welche Eigenschaften benötigt man unbedingt, um ein eigenes Unternehmen mit ungewöhnlicher Idee zum Erfolg zu bringen?
Man muss sehr ambitioniert sein und an seine Ideen glauben. Außerdem ist es wichtig, die Ideen an das Team zu kommunizieren. Denn Erfolg funktioniert nur gemeinsam mit einem guten Team.

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karriereführer hochschulen 2.2015

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Hirn in Hochform – Kulturwandel für die grauen Zellen

Mitgedacht. Mitarbeiter, die mit Begeisterung zur Arbeit gehen und im Job ihr ganzes kreatives Potenzial entfalten – was wie eine Utopie klingt, ist kein Hexenwerk. Gefragt sind Führungskräfte, die die Gehirne ihrer Mitarbeiter zu Höchstleistungen anspornen. Die Folge: Innovationen und zufriedene Mitarbeiter. Der Kulturwandel hin zu einer Führung mit Hirn ist also für alle lohnenswert.