karriereführer recht 1.2013

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Alles aus einer Hand – Wirtschaftsjuristen sind Allrounder

Allround-Talente. Im Idealfall sind Wirtschaftsanwälte nicht nur exzellente Juristen, sondern auch vertrauensvolle Berater, ernst zu nehmende Gesprächspartner und gesellige Charaktere. Für Einsteiger bedeutet das: Juristisches Fachwissen ist nicht alles. Erfolg hat, wer Branchen einschätzen und Beziehungen gestalten kann. Genau in der Sache, geschätzt im Team Zwischen Rechtsmonopol und Beratungsauftrag. „Kreative Lösungen gesucht“ Interview mit Dr. Stefan Heutz, Partner mit 32 Jahren.

Top-Jurist:

Interview mit Dr. Constanze Ulmer-Eilfort, Managing Partnerin von Baker & McKenzie

Einsteigen

Vielfalt in eigener Sache Diversity und AGG in Anwaltskanzleien.

Weiterbilden

Schlichten statt Richten Mediation als Konfliktlösung.

Special

Der Anwalt und das liebe Vieh Spezialist 1: Tieranwalt Fair geht vor Spezialist 2: Sportrechtler Schiff Ahoi Spezialist 3: Seerechtler

Anders erfolgreich

Fred Breinersdorfer Ein Anwalt als Autor und Produzent.

Aufsteigen

Jura trifft Verlag Dr. Ute von der Aa, Verlagsleiterin des Deutschen Notarverlags.

Help!

In dubio pro bono Freiwilliges soziales Engagement dank Pro Bono Deutschland e.V.

Projekt

Karriereleiter: Zivilstation Die Pflichtstation auf dem Weg zum Partner. E-Mail für Dich Erster Hans Soldan Moot Court.

Handzeichen

Laura Karasek, Anwältin und Romanautorin

Service: Aktuelle Firmen- und Kanzleiporträts für Ihre Bewerbung

BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft Deloitte Fachhochschule Schmalkalden Frankfurt School of Finance & Management German Graduate School of Management and Law (GGS) Gleiss Lutz Hootz Hirsch GÖRG HFH • Hamburger Fern-Hochschule Hogan Lovells International Linklaters Mayer Brown R+V Versicherung

Partner

CareerVenture Der Entrepreneurs Club IQB JOBWARE TALENTS – Die Jobmesse

Komplette Ausgabe

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E-Mail für Dich

Von: Manfred Wissmann Gesendet: 5. März 2013 Dringlichkeit: hoch An: alle angehenden Juristen Betreff: Erster Hans Soldan Moot Court – Jetzt bewerben! Liebe Leserinnen und Leser, wie bereitet sich ein Jurastudent praktisch auf den Berufsalltag als Anwalt vor? Eine sinnvolle Methode sind sogenannte Moot Courts, bei denen sich Jurastudenten im Rahmen ihrer juristischen Ausbildung vor einem fiktiven Gericht als Prozesspartei mit einem Fall auseinandersetzen. Dieser Trend aus den USA ist mittlerweile zwar auch in Deutschland angekommen, was jedoch noch fehlt, ist ein größerer, zentral ausgetragener, bundesweiter Wettbewerb. Deshalb hat die Hans Soldan Stiftung zusammen mit der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein und dem Deutschen Juristen-Fakultätstag den jährlich stattfindenden Hans Soldan Moot Court zur anwaltlichen Berufspraxis (kurz: Soldan Moot) ins Leben gerufen, der die Tätigkeit eines Anwalts im deutschen Rechtssystem nachbildet. Die Entwicklung der Moot-Fälle sowie die organisatorische Durchführung des Wettbewerbs obliegt Prof. Dr. Christian Wolf, dem geschäftsführenden Vorstand des Instituts für Prozess- und Anwaltsrecht der juristischen Fakultät Hannover, in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern. Im Gegensatz zu anderen Moot Courts, die sich insbesondere auf internationaler Ebene meistens mit Spezialthemen, zum Beispiel dem Völkerrecht beschäftigen, simuliert der Soldan Moot ein Gerichtsverfahren vor einem Landgericht und bereitet so auf realistische Fälle des Berufsalltags vor. Thematisch wird jedes Jahr ein Fall behandelt, der den Studierenden auch wichtige Kenntnisse des anwaltlichen Berufsrechts vermittelt. Als Interessensvertreter müssen sie den Fall rechtlich analysieren, Beweismittel würdigen und Rechtsmeinungen formulieren. Dabei ist es auch notwendig, sich mit den Gegenargumenten auseinanderzusetzen und das Gericht schließlich von der eigenen Position zu überzeugen. Neben juristischen Kenntnissen werden so auch Soft Skills wie freie Rede, Argumentations- und Plädoyer-Technik sowie Teamwork gefördert. Darüber hinaus bietet der Wettbewerb Kanzleien die Möglichkeit, sich in die anwaltsorientierte Juristenausbildung einzubringen und erste Kontakte zu hochqualifizierten Absolventen aufzubauen. Auszeichnungen sind in vier verschiedenen Kategorien geplant: Bester Klägerschriftsatz, Bester Beklagtenschriftsatz, Beste mündliche Leistung in der Vorrunde, Sieg im Finale. Im Einführungsjahr 2013 können alle Universitäten ihre Teams unmittelbar zum nationalen Endentscheid schicken. Ab dem nächsten Jahr wird es Vorentscheide auf Universitätsebene geben, bei denen sich die einzelnen Teams für das bundesweite Finale qualifizieren müssen. In der Vorrunde wird selbstverständlich ein anderer Fall als im Finale behandelt. Der Wettbewerb startet am 4. Juli 2013 mit der Ausgabe des Falls. Den genauen Ablauf, die Teilnahmebedingungen und alle wichtigen Informationen zu dem Wettbewerb sind unter www.soldanmoot.de zu finden. Viele Grüße, Manfred Wissmann Vorstand der Hans Soldan Stiftung Bocholder Straße 259, 45356 Essen, www.soldanmoot.de

Karriereleiter: Zivilstation

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Auf dem Weg zum Partner einer Kanzlei müssen junge Juristen nach dem ersten Staatsexamen zunächst mehrere Stationen im Referendariat durchlaufen. Zu den Pflichtstationen gehört die sogenannte „Zivilstation“. Philipp Hendricks absolvierte diese am Landgericht Heilbronn und beendet sein Referendariat im April 2013. Von Philipp Hendricks

Die Zivilstation, zugleich Beginn des zwei Jahre dauernden Rechtsreferendariats in Baden-Württemberg, begann mit einem dreiwöchigen Einführungslehrgang. Dort wurden wir vom Ausbildungsleiter zunächst mit dem Umgang einer Gerichtsakte vertraut gemacht, da die wenigsten von uns eine solche Akte schon einmal in Händen gehalten hatten. Zu Beginn des Einführungskurses hatten wir die Wahl zwischen Amts- oder Landrichter als Ausbildungsrichter. Ich entschied mich für das Landgericht. Daneben bestand die Einführung aus einem intensiven ZPOCrashkurs sowie einer Vielzahl an organisatorischen Dingen.

Literaturtipp

Carl-Theodor Olivet: Juristische Arbeitstechnik in der Zivilstation. C. F. Müller Verlag Heidelberg, 4. Auflage 2010. ISBN 978-3811470583. 23,95 Euro
Ziel der Zivilstation ist es, als Referendar das Abfassen von Gutachten, Beschlüssen und Urteilen sowie das Führen der Verhandlung im Zivilprozess zu lernen. In den Verhandlungen saß ich neben dem Richter auf der Richterbank und verfolgte den Ablauf aus nächster Nähe. Die von mir bearbeiteten Akten kamen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Zivilrechts: von Baurecht über Versicherungs- und Verkehrsrecht bis hin zu Anwaltshaftungsrecht, wobei insbesondere Letzteres zu der speziellen Kammerzuständigkeit meines Ausbilders gehörte. Während der Station soll der Referendar zudem eine umfangreichere Akte bearbeiten, die im Stationszeugnis gesondert erwähnt wird. Ich hatte ein Gutachten zu einem komplexen Sachverhalt aus dem Versicherungsrecht zu erstellen, was mir auch dank der Hilfsbereitschaft meines Ausbildungsrichters gut gelang. Da jeder Richter eine etwas andere Arbeitsmethode hat, hängt der Arbeitsaufwand in der Station entscheidend von dem jeweiligen Richter ab. Von ihm ist auch abhängig, wie oft Sitzungstage stattfinden. Hinzu kommt die üblicherweise einmal wöchentlich stattfindende Arbeitsgemeinschaft (AG). In der AG wurden alle relevanten Themen aus der ZPO und dem Zivilrecht behandelt. Zudem wurden freiwillige Probeklausuren angeboten, und es gab ein großes Angebot an kostenfreien Seminaren für uns Referendare. Neben der AG war ich mindestens einmal pro Woche bei Gericht und hatte an den übrigen Tagen ausreichend Zeit, meine Gutachten und Urteile zu schreiben. Gegen Ende der Station wurde mir angeboten, die Verhandlungsleitung selbstständig zu übernehmen, wobei ich um den Gebrauch des berüchtigten Diktiergerätes herumgekommen bin, da dies mein Ausbildungsrichter übernahm. Auch hier hängt viel von dem jeweiligen Richter und seiner Arbeitsweise ab. Alles in allem vergingen die fünf Monate der Station für mich wie im Flug. Die Erkenntnisse über die Arbeitsweise eines Zivilrichters empfand ich als große Bereicherung und geradezu idealen Einstieg in das Rechtsreferendariat.

In dubio pro bono

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Die Sozietät Hengeler Mueller ist Mitglied im Pro Bono Deutschland e.V. Der Verein wurde 2011 von 16 internationalen Anwaltssozietäten mit dem Ziel gegründet, die unentgeltliche Rechtsberatung (Pro Bono) gemeinnütziger Organisationen zu fördern. Aufgezeichnet von Stefan Trees

Dr. Matthias Blaum, Partner der Sozietät Hengeler Mueller Projekt: Pro Bono Deutschland e.V. Ort: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, München, Brüssel und London Web: www.hengeler.com
Wie alles anfing Bei Sozietäten aus dem angelsächsischen Raum hat die Pro-Bono-Tätigkeit eine lange Tradition. Vor allem in Amerika ist der Zugang zum Recht viel schwieriger. Das System ist unglaublich teuer, was sich viele Menschen schlicht nicht leisten können. Die Sozietäten dort haben sich deshalb schon sehr viel früher in der Pflicht gesehen, etwas zu tun, um den Zugang zum Recht für eine breite Bevölkerungsschicht herzustellen. Weil viele Mutterhäuser der in Deutschland tätigen Sozietäten dem angelsächsischen Raum entstammen, wächst nun auch bei uns die Aufmerksamkeit für die gesellschaftliche Verantwortung einer Sozietät, die sich in Pro-Bono-Mandaten ausdrückt. Das gilt auch für die großen deutschen Sozietäten, zu denen wir gehören. Warum wir das machen Pro-Bono-Arbeit ist eingebunden in die Haltung eines „good corporate citizenship“, eines gesellschaftlich verantwortungsbewusst handelnden Unternehmens. Wir verbinden damit den Anspruch, in der Gesellschaft eine positive Gestaltungswirkung zu entfalten. Wir fragen uns: Was können wir besonders gut? Wir verfügen über Fertigkeiten, die sich aus unserer Ausbildung und vor allen Dingen aus unserer tagtäglichen Praxis ergeben: Wir können besonders gut Jura. Wir würden jetzt nicht ausschwärmen und Kindergärten anstreichen, das können wir nicht besser als andere. Wir finden zu Institutionen, die sich ihrerseits für das Gemeinwohl engagieren, um sie mit unseren speziellen Leistungen zu unterstützen. Das können wir dann im Rahmen eines sogenannten Pro-Bono-Mandats tun, für das wir kein oder ein reduziertes Honorar berechnen. Zu einem Pro-Bono- Mandat gehört das Vertrauen, dass es sich hierbei um eine gute Sache handelt. Deshalb ist es häufig angelegt auf eine wiederholende Unterstützung. Wir überlegen uns sehr genau: Wo können und wen wollen wir unterstützen, und sind die Ziele kompatibel zu dem, was wir für richtig und gut halten? Wer unterstützt wird, entscheiden wir in einem kleinen Komitee unserer Sozietät. Wichtig bei der Auswahl ist, dass es sich bei einer Anfrage um ehrenwerte, nachhaltige, seriöse Motive handelt, die zu uns passen und nicht im Konflikt zu einem unserer Mandate stehen. Auch in der Wirtschaft geht es viel mehr als früher um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Daher wird es bei der Mandatsvergabe gerne gesehen, wenn sich eine Sozietät sozial engagiert. Auch von unseren Mitarbeitern wird es als sympathisch angesehen, für einen Arbeitgeber tätig zu sein, der sich auch mit einem Teil seiner Möglichkeiten um einen gemeinwohlorientierten Ansatz bemüht. Was es bislang gebracht hat Beispielsweise versuchte ein Verein, in Zusammenarbeit mit einer Klinik ein Spezialistenzentrum für die Behandlung von Kindern mit angeborenem Herzfehler zu gründen. Erhebliche Meinungsunterschiede führten zur Spaltung des Vereins. In dieser Phase lernte ich eine der Hauptinitiatorinnen kennen. Es ging los mit einer juristischen Beratung, was in dieser Situation zu tun sei und wie mit dem Vereinsvermögen umzugehen war. Es gab Streitigkeiten bis hin zu einstweiligen Verfügungen vor Gericht, dem Abschluss einer Vergleichsvereinbarung und der Geburtsstunde eines neuen Vereins, der zusammen mit der Universitätsklinik Münster die Keimzelle des heutigen Zentrums für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) initiierte. In den Folgejahren bezog sich die juristische Beratung auf Fragen zum Spendenwesen und Sponsoring – zwei Professoren-Lehrstühle wurden eingerichtet und Verträge mit den Sponsoren mussten aufgesetzt werden. Im vergangenen Jahr haben wir den Verein umgewandelt in die gemeinnützige EMAH Stiftung Karla Völlm. Im Verlauf der Zeit waren also immer wieder auch juristische Schritte vorzunehmen, um die Sache weiterzuentwickeln oder am Leben zu erhalten. Das haben wir über Jahre mitverfolgt.

Jura trifft Verlag

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Bei vielen geisteswissenschaftlichen Studenten gehört das Verlagslektorat zu den gängigen und nicht selten gezielt angestrebten Berufsbildern. Anders ist es bei den meisten Jura-Studierenden. Ihnen ist nicht bewusst, dass es in den zahlreichen Fachinformationsverlagen Deutschlands abseits der üblichen Karrieren eine andere Möglichkeit der beruflichen Entwicklung nach dem abgeschlossenen rechtswissenschaftlichen Studium gibt.
Dr. Ute von der Aa 43 Jahre, Verlagsleiterin des Deutschen Notarverlags
Meine ersten Berührungspunkte mit der Verlagsbranche waren ein studentischer Aushilfsjob an der Universität Münster, der mit der Redaktion von StGB-Kommentartexten verbunden war, sowie ein Werkvertragsjob zur Erfassung von Urteilsdaten für eine Rechtsprechungsdatenbank. Damals steckten derlei elektronische Anwendungen noch in den Kinderschuhen, erfasst wurde in „Turbo-Pascal“ und publiziert in der Regel auf CD-ROM, noch nicht online. Danach war es nur noch ein kleiner Schritt in das Lektorat des Wissenschaftsverlages Walter de Gruyter in Berlin, wo ich knapp zehn Jahre als verantwortliche Lektorin für das Strafrecht gearbeitet habe. 2010 ging es dann von der neuen in die alte Hauptstadt Bonn und in die Leitung des Bereichs Produktmanagement des Deutschen Anwaltverlags. Es folgte die Leitung des Deutschen Notarverlags, die ich seit Kurzem innehabe. Dass heute in den Verlagen kaum noch von Lektorat, sondern häufig von Produktmanagement die Rede ist, mag verdeutlichen, wie sehr sich dieses Berufsbild in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat. Natürlich ist und bleibt die inhaltliche und formale Redaktion von juristischen Fachtexten immer ein Teil der Arbeit. Zunehmend spielt aber das kaufmännische Mitdenken und das managen von Fachinformationsprojekten über alle Medienarten hinweg eine wichtigere Rolle. Der Umbruch in der Fachinformationsbranche und die Konkurrenz zu kostenfreien Inhalten im Internet machen den Beruf des Verlagslektors gerade heute so spannend und abwechslungsreich. Dies gilt ebenso für Führungspositionen in Verlagen. Ein Verlagsprogramm und die Mitarbeiter im Lektorat in eine teilweise ungewisse, aber sicher spannende Zukunft zu führen, erfordert nicht nur die klassischen Managementqualitäten, sondern auch und vor allem Kreativität und die Lust auf Neues. Wer sich davon angesprochen fühlt, sollte versuchen, in die Verlagsarbeit hineinzuschnuppern.

Fred Breinersdorfer

Als Anwalt ist Fred Breinersdorfer auf der Suche nach Gerechtigkeit. Als Autor von spannenden Krimis und Drehbüchern sucht er die Spannung. Zur Meisterschaft hat er es in beiden Berufen gebracht – und missen möchte der 66-Jährige weder das eine noch das andere. Von André Boße

Zur Person

Fred Breinersdorfer, geboren am 6. Dezember 1946 in Mannheim, studierte in Mainz und Tübingen Jura und Soziologie und promovierte zum Thema „Gleichheit der Bildungschancen in Deutschland“. Er praktizierte zunächst 17 Jahre lang in Stuttgart als Anwalt mit dem Schwerpunkt Hochschulrecht. Sein erster Kriminalroman über den fiktiven Anwalt Abel erschien 1980; sein Debüt als Drehbuchautor für einen „Tatort“ war 1984 der Schimanski-Krimi „Zweierlei Blut“. Seitdem ist er für die Drehbücher vieler Krimis und Fernsehfilme verantwortlich. Sein Debüt als Filmproduzent und Kino-Drehbuchautor, „Sophie Scholl – die letzten Tage“, wurde 2006 für den Oscar nominiert. Der zweifache Vater, der auch als Fotograf und Maler tätig ist, ist seit 2004 in Berlin am Landgericht und Kammergericht zugelassen und Mitglied der Berliner Anwaltskanzlei Müller Radack.

Fred Breinersdorfer hat ein Faible für spannende Fälle. Sein erster Krimi erschien vor mehr als 30 Jahren, sein erstes TV-Drehbuch schrieb er 1984 für die Tatort-Folge „Zweierlei Blut“ mit Götz George – unvergessen die Szene, als Horst Schimanski von Hooligans nackt im Anstoßkreis des Wedaustadions ausgesetzt wurde. Im weiteren Verlauf seiner erfolgreichen Karriere als Drehbuchautor widmete sich Breinersdorfer auch dem „Hammermörder“ und dem „Mann mit der Maske“, schrieb über „Notwehr“, „Quarantäne“ und „Angst“. Wer diese Filme gesehen hat, weiß: Dieser Autor hat nicht nur ein Gefühl für Spannung, sondern vor allem ein Talent dafür, offensichtlich zu machen, warum Menschen etwas Böses tun.

Häufig genug hat der 66-Jährige erfahren, welche Motive und Sehnsüchte hinter großen Verbrechen und kleineren Gaunereien stecken. Schließlich hat Fred Breinersdorfer nicht nur Jura studiert, sondern zu Beginn seiner Anwaltskarriere auch als Strafverteidiger gearbeitet. „99 Prozent meiner Autorenkollegen haben dagegen noch nie mit Mördern und Totschlägern zu tun gehabt“, sagt er. Diesen Erfahrungsvorsprung eines Juristen nutzt er, zumal man als Rechtsanwalt nicht nur die böse Seite kennenlerne. „Man hat mit allen Facetten menschlicher Probleme zu tun. Das inspiriert mich beim Schreiben. Es hilft, Charaktere lebendiger zu schildern.“ Der gebürtige Mannheimer ist heute ein vielbeschäftigter Autor von Drehbüchern und seit 2005 auch Produzent und Regisseur von Kinofilmen. Seine Anwaltskarriere führt er dennoch weiter: Als Spezialist für Urheber- und Medienrecht ist der Wahl-Berliner seit 2008 Mitglied der Kanzlei Müller Radack. Für seine Mandanten aus der Medien- und Kunstszene legt er seine Branchenkenntnisse in die Waagschale, und umgekehrt hilft das juristische Wissen ungemein für seine eigene Tätigkeit als Autor, Produzent und Regisseur. „Als Anwalt habe ich den Vorteil, einen Bereich zu durchblicken, in dem andere Medienschaffende oft sehr unsicher sind – das Recht.“ Das beginne bei juristischen Bezügen in den Filmstoffen, gehe über Fragen des Urheberund Persönlichkeitsrechts bis hin zum Vertragsrecht – „und wenn’s dicke kommt bis zur Zwangsvollstreckung“. Ein Leben ganz ohne fiktive Stoffe und künstlerische Verwirklichung kann sich Fred Breinersdorfer gar nicht mehr vorstellen. Er würde die Gestaltungsfreiheit vermissen. „Als Anwalt muss ich meine Kreativität dem Mandantenwohl unterordnen. In der Kunst dagegen herrscht Freiheit. Im Fernsehen wenigstens ein bisschen, in der bildenden Kunst kann das bis zur Anarchie gehen.“
Prof. Dr. Fred Breinersdorfer im Internet: www.breinersdorfer.com Der Film: www.sophiescholl-derfilm.de
Genau deshalb ist Breinersdorfer seit vielen Jahren auch als Maler aktiv: „Das surreale Element – Bilder über die Wirklichkeit“ nennt sich eine seiner Werkreihen. Als Künstler hat sich Fred Breinersdorfer also in so ziemlich alle Metiers getraut. Und auch der Sport fasziniert ihn: Als junger Mann war er ambitionierter Rennruderer, später verlegte er sich auf den Marathon, bevor er sich heute zum Wohle seiner Knochen beim Walking versucht. Und auch vor der Politik machte der Vielbeschäftigte nicht halt: 1994 kandidierte er als SPDMitglied in Stuttgart für den Bundestag. Das hat zwar nicht funktioniert, trotzdem hat er eine Antwort auf die Frage, warum so viele Juristen den Weg in politische Ämter finden: „Juristen sind die Fachleute für das Allgemeine, wie Ralf Dahrendorf schon festgestellt hat. Daher gravitieren sie in Positionen, wo man alles und nichts können muss, vulgo die Politik.“ Oder eben in die Medienbranche. Wobei: Fred Breinersdorfer steht zu seiner Verantwortung, seine fiktiven Geschichten möglichst nah an der Wirklichkeit zu erzählen. Andere Autoren nehmen es da nicht ganz so genau. Vor allem nicht in Fernsehkrimis. Wie oft er vor dem Fernseher sitze und beim Anschauen eines Krimis denke, dass das hinten und vorne nicht hinhaut? „Ziemlich oft“, sagt er. Das fange schon bei der Ausstattung und Requisite an. „Zum Beispiel, wenn ein deutscher Richter mit einem Hammer die Sitzung leitet oder die Bücher verkehrt herum auf dem Tisch stehen hat.“ Auch juristische Fehler in den Stoffen seien üblich. Zudem beobachte er häufig, dass die Schauspieler Probleme haben, typisch juristische Dialoge zu sprechen. „Achten Sie mal darauf, wenn einer ,Sonderermittlungsauftrag’ oder ,Durchsuchungsanordnung’ sagen soll: Viele Schauspieler müssen vor dem Wort einen extra Anlauf nehmen, um es zu bewältigen.“ Trotzdem beharrt Fred Breinersdorfer darauf, dass die Film- und Fernsehbranche mehr zu bieten hat als Entertainment. Wie auch die Juristerei besitze die Fiktion das Potenzial, die Welt zu verändern. „Ein Spruch des Bundesverfassungsgerichts kann die Politik neu justieren. Andererseits hat eine TV-Serie wie ,Holocaust’ das Geschichtsbewusstsein von Generationen geändert.“ Sein Credo: „Wir können froh sein, dass beides nebeneinander zu unserer Zivilgesellschaft gehört.“ Kein Wunder also, dass der zweifache Vater seiner Tochter Léonie-Claire nicht von ihren Plänen abgeraten hat, ebenfalls den Spagat zwischen Anwaltsberuf und Medienkarriere zu wagen: Die 36-Jährige studierte Jura, ist praktizierende Anwältin und schrieb Drehbücher für Tatort-Filme sowie für die Verfilmung von Henning Mankells „Der Chinese“. Für die Antwort auf die Frage, warum Vater und Tochter weder vom Recht noch vom Schreiben lassen, muss Breinersdorfer nicht lange überlegen: „Weil es eine schwere, aber spannende Art ist, seiner Kreativität Spielraum zu geben.“

Dichtende Juristen

Die Geschichte kennt viele Beispiele von Juristen, die sich neben ihrer anwaltlichen oder gerichtlichen Tätigkeit die Lyrik oder Schriftstellerei als kreativen Ausgleich suchten. Schon Cicero verband die Dichterkunst mit seiner juristischen Tätigkeit. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich der Anwalt Molière zum Dichterfürsten; der Staatsrechtler Montesquieu erlangte im 18. Jahrhundert durch seine Romane Berühmtheit. Im 19. Jahrhundert gehörte ein Studium der Rechtswissenschaften für Schriftsteller zum guten Ton. Ob Balzac oder Flaubert, Goethe oder Storm – alle studierten sie Jura. Im 20. Jahrhundert führten Marcel Proust, Franz Kafka oder Ingeborg Bachmann diese Tradition fort. Zu den bekannten Autoren der Gegenwart gehören neben Paulo Coelho auch Bernhard Schlink („Der Vorleser“). Er war Richter am Verfassungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen. Bekanntester schreibender Strafverteidiger dieser Tage: Ferdinand von Schirach, Autor der Besteller „Verbrechen“ und „Schuld“.

Fair geht vor

Transfers in der Fußball-Bundesliga, die Vermarktung von Klubs, Arenen und ganzen Sportligen, Dopingfälle – ohne kompetente rechtliche Begleitung ist schon dieser kleine Ausschnitt des breiten und faszinierenden Betätigungsfeldes „Sport“ nicht mehr denkbar. Von Prof. Dr. Rainer Cherkeh

Wer sein Interesse für den Sport mit dem Beruf des Juristen verknüpfen will, findet ein abwechslungsreiches und spannendes Betätigungsfeld. Denn mit der Bedeutung des Sports als wichtigem Wirtschaftsfaktor schreitet die Verrechtlichung von Sportsachverhalten voran. Damit geht einher, dass der Sport seine Konflikte zunehmend vor staatlichen Gerichten oder vor Schiedsgerichten austrägt. Der Bedarf an juristischer Expertise nimmt daher stetig zu, und somit auch das Betätigungsfeld für auf Sportsachverhalte spezialisierte Juristen – sei es als Rechtsanwälte oder als Verbands- beziehungsweise Unternehmensjuristen. Auch Vermarktungsagenturen, Sponsoren, Medienunternehmen und Veranstalter bieten interessante Arbeitsfelder für Juristen im Umfeld des Sports. Zum Tagesgeschäft der in diesem Feld tätigen Juristen gehört die Materie „Sportrecht“. Was steckt dahinter? Sportrecht ist ein Querschnitt aus den verschiedensten Rechtsgebieten mit Bezug zum Sport, sei es Amateur- oder Profisport. Im Blick stehen zunächst die klassischen sportrechtlichen Themen wie Verbands- und Vereinsrecht, Verbandsstrafverfahren, Sporthaftungsrecht oder -arbeitsrecht, also Trainerund Spielerverträge. Daneben geht es um Vermarktungssachverhalte, also etwa um die Vermarktung von Verbänden, Ligen, Events, Teams oder Sportarenen, natürlich auch von Individualsportlern. Der Schwerpunkt liegt dabei im Lizenz- und Vertragsrecht, im gewerblichen Rechtsschutz sowie im Presseund Medienrecht. Der besondere Reiz der Tätigkeit als Sportjurist liegt darin, dass in der Praxis oftmals eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen erfolgt – bei Vermarktungssachverhalten etwa mit Sportökonomen oder den Werbeagenturen der Sponsoren. Bei Dopingfällen erfolgt zum Beispiel ein enger Austausch mit Medizinern unterschiedlichster Disziplinen. Nahezu allen Fällen im Sportrecht gemeinsam ist es, dass neben den klassischen Rechtsfragen parallel auch die Regelwerke und sonstigen Vorgaben der Sportverbände oder der Ligaveranstalter zu berücksichtigen sind. Und schließlich: Sport ist international, von den Regelwerken bis hin zu Verhandlungen oder Rechtsstreitigkeiten vor Schiedsgerichten mit internationalen Sportfachverbänden oder ausländischen Klubs. Sehr gute Englischkenntnisse sind für den Sportjuristen daher unerlässlich.
Infos zum Sportrecht: www.sportrecht.org

Der Anwalt und das liebe Vieh

Manche Menschen sehen den Beruf des Juristen als trocken und langweilig an. Tatsächlich aber bewegt er sich auf einem hochspannenden Terrain, denn der Jurist darf sich mit allen Erscheinungsformen des Lebens auseinandersetzen. Eine dieser Erscheinungsformen ist auch das Zusammenleben von Mensch und Tier. Die sich daraus ergebenden Probleme zum Wohle beider Spezies zu lösen, ist das Tätigkeitsfeld eines Tieranwalts. Von Joachim Cäsar-Preller, Tieranwalt.

„Eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung ist es, dass das Wort ‚Tierschutz‘ überhaupt geschaffen werden musste“, sagte einst Theodor Heuss. Tatsächlich muss man kein entrückter Sentimentalist sein, um für einen ernst zu nehmenden Tierschutz zu plädieren. Vielmehr haben die von Juristen zu bearbeitenden Fälle auch immer mit Menschen zu tun. Schließlich sind es die Menschen, die sich für oder gegen ein Tier an den Tieranwalt wenden – Tiere selbst können keinen Anwalt aufsuchen. Der „Gegenstand“, um den es bei einem Konflikt geht, ist aber keine Sache, sondern ein Lebewesen mit eigenen Empfindungen und speziellen Ansprüchen. Das macht das Tätigkeitsfeld eines Tieranwalts zu einem sehr sensiblen Arbeitsfeld. Es gilt immer abzuwägen zwischen den Vorstellungen des Mandanten und dem Wohl des Tieres, die nicht immer die gleichen sind. Zum Beispiel möchte ein Mandant seinen Hund wiederbekommen, der ihm vom Veterinäramt entzogen wurde – er sieht nicht ein, dass das Tier unter seiner Haltung gelitten hat. Hier wird schon deutlich, dass oft widerstreitende Interessen auf einen Tieranwalt einwirken. Einerseits ist der Mandant der Auftraggeber, andererseits ist das Wohl des Tieres zu beachten. Tierschutzrecht weist viele Facetten auf. Ob es um nachbarschaftliche Streitereien wegen Tierhaltung geht, um Falschbehandlungen durch Tierärzte, um Tiere mit Mängeln, die vom Züchter gekauft wurden und nicht zurückgegeben werden können – hier ist ein breites Wissen um juristische Zusammenhänge und ein gutes menschliches Einfühlungsvermögen gefragt. Nicht dienlich sind übertriebene Tierliebe oder gar eine radikale Haltung. Vielmehr ist ein bewusster und reflektierter Umgang mit Tieren das Ziel. Leidenschaft sollte allerdings immer dabei sein, denn – auch das sollte fairerweise gesagt werden – vom Tierrecht allein wird es schwer bis unmöglich sein, eine Kanzlei zu finanzieren. Die Streitwerte sind oftmals klein und verursachen wegen der hohen Emotionalität nicht selten einen erheblichen Arbeitsaufwand. Führen einen Juristen aber Gedanken über das Verhältnis von Tier und Mensch und die Frage nach einem richtigen ethischen Handeln in die Thematik, wird er sich mit Freude diesem Rechtsgebiet annehmen. Sogar in der Bibel wird bereits auf die besondere Verantwortung des Menschen für die Tiere hingewiesen: Der Mensch erhält den Auftrag, mit allen Tieren eine unzertrennliche Gemeinschaft zu bilden, in Liebe und Respekt voreinander.
Das Tierschutzgesetz im Internet: www.gesetze-im-internet.de/tierschg/index.html
 

Schlichten statt Richten

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„Wir können doch über alles reden“ – das klingt gut, gelingt aber in Streitsituationen nicht immer. Helfen kann eine Mediation – das ist eine Methode, um Konflikte zu lösen. Die Ausbildungsmöglichkeiten zum Mediator sind breit gefächert und das neue Mediationsgesetz ermöglicht Anwälten mit Mediationsausbildung neben ihren rein juristischen Aufgaben interessante und sehr abwechslungsreiche Tätigkeiten. Von Meike Nachtwey

Mediation ist ein Verfahren, keine Institution wie ein Schiedsgericht, eine Güteoder Schlichtungsstelle. Sie soll streitenden Parteien helfen, selbst eine Lösung für ihren Konflikt zu finden. Der Mediator ist allparteilich: Er richtet nicht, er urteilt nicht zugunsten des einen oder des anderen, er macht, anders als ein Schlichter, auch keine eigenen Vorschläge; er versucht die Kommunikation der Parteien zu fördern. Unter seiner Leitung sollen die streitenden Personen oder Unternehmen freiwillig eine zufriedenstellende Lösung erarbeiten. Mit dem Verhandlungsergebnis lässt sich dann auch juristisch etwas anfangen: Die Einigung kann, wie ein Urteil, vom Gericht oder Notar „für vollstreckbar erklärt“ werden. Aber eigentlich ist der Sinn einer Mediation, dass man sich ohne Zwangsmittel einigt. Prof. Dr. jur. Bernd Eckardt, ehemals Richter am Landgericht Köln, ist Wirtschaftsmediator und Mitglied der Kölner Forschungsstelle für Wirtschaftsmediation an der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Fachhochschule Köln. Er sieht in einer außergerichtlichen Konfliktlösung, insbesondere durch Mediation, im Vergleich zur traditionellen juristischen Konfliktbearbeitung durch eine gerichtliche Entscheidung eine ganze Reihe an Vorteilen: „Die Beteiligten schätzen die Möglichkeit, Vertraulichkeit zu vereinbaren und damit mediale Kollateralschäden zu vermeiden. Zudem bietet die Mediation den Vorteil, den Konflikt in seiner Gesamtheit zu betrachten. Dies ermöglicht eine eigenverantwortlich erarbeitete gemeinsame Lösung, durch die die Beziehung zwischen den Parteien auch künftig erhalten bleiben kann.“ Das Einsatzgebiet der Mediation ist sehr vielfältig, zum Beispiel im Familienrecht, wenn es um die elterliche Sorge oder um Vermögensverteilungen bei Scheidungen geht. Aber auch bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, Verwaltungsprozessen, Konflikten in Unternehmen, Gruppen und Teams. Von großer Bedeutung werden künftig Mediationen auch bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen sein, etwa bei internationalen Wirtschaftskonflikten. Für Andrea Hürfeld, Mediatorin und Konflikt-Coach, ist die Mediation ein Verfahren, das in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen eingesetzt werden kann: „Nahezu jeder Konflikt eignet sich für eine Mediation und zwar präventiv, begleitend, im aktuellen Streit sowie nachgestaltend. Wesentliche Vorteile sind die Zeit- und Kostenersparnis sowie die Zufriedenheit aller Beteiligten.“ Vielen Menschen fällt es schwer, Konflikte auszutragen, ohne sich gegenseitig durch Wörter zu verletzen oder Schuldzuweisungen auszusprechen. Der Sprache kommt dabei eine große Bedeutung zu. Worte können trennen, aber auch verbinden und Türen öffnen. Deshalb arbeiten viele Mediatoren heute mit der Gesprächsstrategie der Gewaltfreien Kommunikation (GfK). Die GfK wurde von dem amerikanischen Psychologen Marshall B. Rosenberg entwickelt und soll den Kommunikationsfluss, der im Austausch von Informationen und im friedlichen Lösen von Konflikten notwendig ist, erleichtern. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Gefühlen und Bedürfnissen der Streitparteien, um Verständnis bei der anderen Streitpartei hervorzurufen. Gabriele Seils ist Trainerin für gewaltfreie Kommunikation und Autorin des Buches: „Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation“. Für sie ist die GfK ein wunderbares Handwerkszeug: „Da man Konflikte nicht theoretisch lösen kann, kommt man letztendlich nicht drum herum, den Gefühlen und den Bedürfnissen Raum zu geben. Mit einem Konflikt sind immer Emotionen und verschüttete Bedürfnisse verbunden. Sonst wären die Menschen nicht so verhakt miteinander, und mit dieser emotionalen Ebene muss man arbeiten.“ Denn egal ob in Unternehmen, öffentlichen Institutionen, Familien, Partnerschaften, Universitäten, Behörden, Wirtschaftsverbänden oder zwischen verfeindeten Nationen: Das Grundmuster von Konflikten ist aus Rosenbergs Sicht immer gleich: Konflikte entstehen überall dort, wo wichtige menschliche Bedürfnisse unerfüllt sind. Dazu gehören Bedürfnisse wie Zugehörigkeit, Wertschätzung, Sinn, Respekt, Sicherheit oder Harmonie. Hier kommt die GfK zum Zug: Sie soll den Rahmen für gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung schaffen, dadurch können sich häufig neue und ungeahnte Verständigungseffekte und Lösungen eröffnen. Die Aufgabe des Mediators ist es, die mit Konflikten verbundenen Gefühle wie Wut, Frustrationen, Irritationen, Resignation, Angst oder Hilflosigkeit herauszufiltern. Das ist häufig eine große Herausforderung, denn vielen Menschen fällt es schwer, sich ihre Gefühle einzugestehen. Durch die Aufarbeitung verlieren die Gefühle ihre Bedrohlichkeit und geben hilfreiche Informationen über die Dringlichkeit einer Veränderung. Aber auch um welche Interessen und Bedürfnisse es in einer Konfliktsituation geht. Welche Bedürfnisse sind unerfüllt und welche Handlungsschritte müssen entwickelt werden, um zu einer Lösung zu kommen? Gabriele Seils hat in ihrer langjährigen Tätigkeit als GfK-Trainerin mit dieser Gesprächsstrategie viele positive Erfahrungen gemacht: „Wenn beide Konfliktparteien im wirklichen Kontakt mit ihren Bedürfnissen sind, dann bekommt die Situation eine gewisse Leichtigkeit. Dann geht es nicht mehr darum, sich einfach nur durchzusetzen. Dann ist es sogar oft ein Bedürfnis der Streitparteien, dazu beizutragen, etwas an der Situation zu ändern oder den anderen zu unterstützen.“ Generell können sich alle Berufsgruppen zu Mediatoren ausbilden lassen. Häufig sind es Juristen, Psychologen, Soziologen, Theologen oder Wirtschaftswissenschaftler. Prof. Dr. jur. Ricarda Rolf ist Leiterin der Kölner Forschungsstelle für Wirtschaftsmediation an der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Fachhochschule Köln. Sie ist der Meinung, dass gerade Juristen für eine Mediationsausbildung prädestiniert sind – für sie sei diese im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen auch gesetzlich anerkannt: „Bei der Mediation geht es allerdings nicht um eine juristische ‚Falllösung‘, sondern um eine bestimmte Methodik zur Konfliktbehandlung. Die Bewältigung von Konflikten und der angemessene Umgang mit widerstreitenden Interessenlagen gehören zu den Kernaufgaben von Juris ten.“ Zwar ist die Aus- und Weiterbildung von Mediatoren nach dem neuen Mediationsgesetz noch nicht umfassend geregelt, aber zumindest gesetzlich weiter abgesichert. So wurden die Anforderungen an Kernkompetenzen eines Mediators präzisiert und die Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ in dem Gesetz verankert. Standards für dieses Zertifikat müssen aber erst noch per Rechtsverordnung festgelegt werden. Als Qualitätsmerkmal gelten die Ausbildungsstandards des Bundesverband Mediation e. V. Andrea Hürfeld ist der Überzeugung, dass sich eine Mediationsausbildung sehr positiv auf die Karriere auswirken kann: „Wer möchte nicht eine Führungskraft mit diesen Qualitäten? Will man sich als Mediator selbstständig machen, ist das sicherlich möglich. Allerdings kenne ich persönlich nur Mediatoren, die über zusätzliche Qualifikationen verfügen.“ Wer sich für eine Mediationsausbildung entschließt, sollte über eine empathische Grundhaltung verfügen sowie die Bereitschaft mitbringen, Kommunikationstechniken wie das aktive Zuhören zu lernen. Dazu gehört für Andrea Hürfeld auch die Fähigkeit, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen sowie zu deeskalieren: „Ein Mediator sollte jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit achten und respektieren und mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen, Sorgen und Wünschen ernst nehmen. Er sollte geduldig und positiv sein, Kompliziertes vereinfachen können und den Überblick bewahren.“

Standardwerke

  • Marshall B. Rosenberg und Gabriele Seils: Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils. Herder Verlag 2004. ISBN 978-3451054471. 8,99 Euro
  • Marshall B. Rosenberg, Arun Gandhi, Vera F. Birkenbihl und Ingrid Holler: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann 2012. ISBN 978-3873874541. 21,90 Euro
  • Monika Oboth und Gabriele Seils: Mediation in Teams und Gruppen: Praxis- und Methodenhandbuch. Konfliktklärung in Gruppen, inspiriert durch die Gewaltfreie Kommunikation. Junfermann 2008. ISBN 978-3873875968. 16,90 Euro
  • Christian Bähner, Monika Oboth und Jörg Schmidt: Praxisbox Konfliktklärung in Teams & Gruppen. Praktische Anleitung und Methoden zur Mediation in Gruppen. Junfermannsche Verlagsbuchhandlung 2011. ISBN 978-3873876798. 39,90 Euro

Ausbildungen

Vielfalt in eigener Sache

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Positive Wertschätzung von Verschiedenheit – so lässt sich das Konzept Diversity, seit einigen Jahren fester Bestandteil der Politik vieler Unternehmen, auf den Punkt bringen. Doch was verbirgt sich dahinter, und wie sieht es in Anwaltskanzleien mit der Diversity aus? Von Sascha Kuhn

Nicht nur Arbeitsrechtlern, sondern allen Juristen sollte das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein Begriff sein. Nach diesem, treffend oft verkürzt als Antidiskriminierungsgesetz bezeichneten Regelwerk sind Benachteiligungen beispielsweise aufgrund von Geschlecht, Religion oder Alter verboten. Das Konzept der Diversity geht einen entscheidenden Schritt weiter, indem es nicht nur auf die Verhinderung von Diskriminierung, sondern auf die faktische Realisierung von Chancengleichheit abstellt. Dies beginnt bei der Förderung von Teilzeittätigkeit, beinhaltet aber auch die gezielte Unterstützung von Frauen auf dem Weg zur Partnerschaft. Dabei erfasst Diversity nicht nur die (oft) auf den ersten Blick sichtbaren Persönlichkeitsdimensionen wie das Geschlecht, die ethnische Herkunft, das Alter oder Behinderungen, sondern auch die Dimensionen, die man einem Kollegen oder Bewerber nicht gleich ansieht, zum Beispiel die sexuelle Orientierung und die Religionszugehörigkeit. Chancengleichheit setzt Wertschätzung voraus. Wertschätzung aber setzt auch Sichtbarkeit voraus: Nur wenn ich um die Persönlichkeitsmerkmale meiner Kollegen weiß, kann ich sie wertschätzen. Ein wichtiger Teil eines Diversity-Programms sind daher Diversity-Groups. In diesen treffen sich etwa Mitarbeiter jüdischen Glaubens oder LGBT-Mitarbeiter (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender), um Fragen beispielsweise der persönlichen Karriereplanung zu besprechen, aber auch, um Sichtbarkeit zu schaffen. Dabei ist es wichtig, dass das Thema durch solche Gruppen nicht als Sonderprogramm für Minderheiten erscheint. Tatsächlich geht Diversity nämlich alle Mitarbeiter an. So gibt es in immer mehr Kanzleien zum Beispiel Straight-Allies-Programme, in denen heterosexuelle Mitarbeiter sich für die Belange von LGBT-Kollegen einsetzen. Dass Diversity nicht nur ein Modethema, sondern die Kanzleiwelt zukünftig immer stärker prägendes Prinzip ist, ergibt sich nicht nur daraus, dass es das menschlich Richtige ist. Es ist mehr und mehr auch das wirtschaftlich Vernünftige. In Zeiten, in denen viele Unternehmen um den talentiertesten Nachwuchs kämpfen und in denen Mandanten in ihren Panel-Ausschreibungen zunehmend nach der Diversity- Politik und -Wirklichkeit fragen, kann sich hier keine Kanzlei eine Schwäche erlauben. Bewerber könnten und sollten sich bei der Wahl der zu ihnen passenden Kanzlei auch mit dem Thema auseinandersetzen. Denn eine gesunde Auseinandersetzung mit dem Thema spricht ganz nebenbei auch für ein gesundes Arbeitsklima und für Kollegialität. Organisationen wie Stonewall bewerten die Diversity- Politik auch von Anwaltskanzleien, und spezielle Karrieremessen bieten die Gelegenheit, Kanzleien näher kennenzulernen. Bewerber dort vertretener Kanzleien können sich sicher sein, dass sie allein nach ihrer Qualifikation und ihrem Können fair behandelt werden.

Interview mit Dr. Constanze Ulmer-Eilfort

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Familie oder Karriere? Constanze Ulmer-Eilfort entschied sich schnell dafür, dass Wörtchen „oder“ durch „und“ zu ersetzen. Zeitgleich mit ihren ersten Karriereschritten in den USA gründete sie eine Familie. Heute ist die dreifache Mutter Managing Partnerin der Großkanzlei Baker & McKenzie Deutschland und Österreich. Wie das funktioniert hat, erzählt die 50-Jährige im Interview. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Constanze Ulmer-Eilfort, geboren am 21. April 1962 in Stuttgart, studierte Jura in Regensburg und München. 1989 erreichte sie den Master of Law an der University of Pennsylvania in Philadelphia, ihre Promotion erfolgte 1993 an der Freien Universität Berlin. Nach dem Referendariat stieg sie als zugelassene Anwältin 1994 bei Baker & McKenzie ein. Vier Jahre später wurde sie dort Partnerin am Standort Frankfurt, 2005 zog sie in das Büro München. Seit Sommer 2012 ist die dreifache Mutter Managing Partnerin für Baker & McKenzie Deutschland und Österreich und damit verantwortlich für das heimische Geschäft der internationalen Großkanzlei. Ihr fachlicher Fokus als Anwältin liegt in den Bereichen Patentrecht und Urheberrecht, sie betreut Mandanten aus den Bereichen Life Sciences und Medien.
Frau Dr. Ulmer-Eilfort, wenn Sie sich an Ihren eigenen Karrierestart erinnern, inwieweit hatten Sie einen Plan für die ersten Schritte? Ich wusste ehrlich gesagt nach dem Abschluss noch nicht, was ich mit dem Jura-Studium anfangen sollte. Mir hatte das Studium viel Spaß bereitet, daher war ich schon sicher, das Richtige studiert zu haben. Aber über meinen späteren Werdegang habe ich mir zunächst erstaunlich wenig Gedanken gemacht. Sie sagen „erstaunlich“ … Ja, wenn ich an meine Zeit als Einsteigerin zurückdenke, bin ich über mich selbst erstaunt, wie wenig Gedanken ich mir damals über meine Karriere gemacht hatte. Es waren auch viele Zufälle, die mich dorthin gebracht haben, wo ich heute bin. Meine Karriere hätte auch ganz anders aussehen können. Wann wussten Sie, dass Sie Rechtsanwältin werden wollen? Die Zeit nach dem Studium als Referendarin war prägend. Ich erhielt erste Eindrücke von den verschiedenen Bereichen und konnte mir konkrete Vorstellungen davon machen, wie der Arbeitsalltag wirklich ausschaut. Eine Ihrer ersten Stationen war dann schon Baker & McKenzie, wo Sie 1991 Ihre Referendariatszeit verbrachten – und wo Sie heute Partnerin sind. Ab wann wussten Sie: „Hier bin ich richtig, hier fühle ich mich wohl“? Schon sehr früh. Ich hatte zuvor ein LL.M.-Studium in den USA abgeschlossen, sodass mich von Beginn an faszinierte, wie international diese Kanzlei aufgestellt ist. Ich hatte vorher kurze Erfahrungen beim Landgericht, der Staatsanwaltschaft und in der Verwaltung gemacht und merkte schnell, dass mir die Arbeit in einer großen und weltweit vernetzten Kanzlei deutlich mehr Freude bereitet. Abseits der Internationalität: Was ist der wichtigste Auslöser für diese Freude an der Arbeit? Die Atmosphäre unter den Kollegen. Diese war mir als Einsteigerin wichtig – und sie ist mir auch heute als Partnerin wichtig. Als ich hier anfing, genoss ich es, dass die Türen zu den damaligen Partnern für uns Neulinge immer offenstanden. Damals wie heute sind Referendare mit Partnern und Associates regelmäßig zum Mittagessen gegangen. Ich erinnere mich, dass es unzählige Situationen gab, bei denen junge Kollegen in der Ausbildung und erfahrene Anwälte zusammenstanden und sich über diverse Fachthemen unterhielten, oder dass wir von Anfang an immer wieder bei Partnern zum Abendessen zu Hause eingeladen wurden. Kurz gesagt: Es machte einfach von Beginn an Spaß, sich in dieser herzlichen Atmosphäre einzubringen. Sie sind seit 1998 selber Partnerin bei Baker & McKenzie, seit Sommer 2012 verantworten Sie als Managing Partnerin für Deutschland und Österreich das heimische Geschäft der Kanzlei. Wie beobachten Sie die aktuelle Generation von Einsteigern? Mir fällt auf, dass der Nachwuchs von heute mehr plant, als wir es damals gemacht haben. Die junge Generation denkt früher und intensiver darüber nach, wie ihre Lebensplanung aussieht und welche Rolle der Beruf dabei spielen soll. Denkt der Nachwuchs heute zu früh und zu viel nach? Ich bin ein Freund davon, Dinge auch mal auf sich zukommen zu lassen. Junge Menschen, die jeden kleinen Schritt vorausplanen, verpassen dabei manchmal gute Gelegenheiten, die sich nicht einplanen lassen. Nehmen Sie zum Beispiel Frauen, die lange an ihrer Karriere planen, aber eines Tages zu alt dafür sind, Kinder zu bekommen, falls sie sich Familie wünschen. Als Sie Ihr erstes Kind bekamen, hatte Ihre Karriere noch nicht einmal begonnen. Genau, wobei das Thema Familie bei mir während des Studiums zunächst überhaupt keine Rolle gespielt hatte. Das änderte sich erst, als ich kurz nach dem ersten Staatsexamen früh heiratete. Dann kam der Moment, als ich mir ganz konkret drei Fragen stellte: Will ich eine Familie gründen? Will ich Kinder und Karriere vereinbaren? Wie macht die Fortsetzung meiner Ausbildung Sinn? Können Sie sich noch erinnern, welche Erfahrungen und Eindrücke Sie damals positiv motiviert haben? Sicherlich meine Erfahrungen in den USA. Ende der Achtzigerjahre habe ich in Philadelphia an einem LL.M.-Programm teilgenommen. Ich habe im Team mit anderen jungen Menschen gelernt. Deren Begeisterung und Zielstrebigkeit haben mich sehr motiviert. Meine Zulassung in New York – das New York Bar Exam – habe ich dann im Anschluss an das LL.M. gemacht. Nicht, weil ich das von langer Hand geplant hatte, sondern weil meine ehemaligen Mitstudierenden das auch gemacht haben. Also bin ich mitgegangen. Schritt für Schritt in die Karriere. Und dann kam das erste Kind. Richtig, gleich zu Beginn meines Referendariats. Dabei wollte ich nach meiner Zulassung in New York unbedingt dort auch einmal arbeiten. Und? Ich habe es gemacht. Während der Wahlstation. Mit kleinem Kind. Das geht natürlich nur, wenn man sich in einer Beziehung weiß, in der beide felsenfest hinter dieser Entscheidung stehen und diese Entscheidung auch verantwortungsvoll mit Leben füllen. Wenn eine Frau einen Mann an ihrer Seite hat, der denkt, es sei eigentlich doch besser, wenn die Frau zu Hause bleibt und die Kinder hütet, dann wird es schwierig. Zudem muss man bereit sein, gewisse Einschränkungen hinzunehmen. Man darf sich keine Illusionen machen: Als vollberufstätige Frau und Mutter wird man seine Kinder weniger häufig sehen als eine Frau, die nicht arbeitet. Und man hat auch weniger Zeit für sich selbst und seine Hobbys. Entscheidend ist daher, sich ehrlich die Frage zu stellen: Ist das für mich der richtige Weg? Hatten Sie auf der anderen Seite Zweifel, dass Ihr Arbeitgeber diesen Weg vielleicht nicht mitgehen möchte? Dass Sie als junge Mutter auf dem Weg nach oben gebremst werden? Nein, nie. Als ich nach dem Referendariat 1994 bei Baker & McKenzie als Anwältin einstieg, hatte ich schon zwei Kinder. Ich arbeitete 80 Prozent, der Freitag war mein freier Tag. Ich erhielt von meinen Kollegen sehr viel Unterstützung, um dieses Teilzeitmodell auch wirklich leben zu können.

Zur Kanzlei

Mit rund 2350 angestellten Anwälten, rund 1400 Partnern sowie mehr als 70 Büros in 45 Ländern gehört die Anwaltskanzlei Baker & McKenzie zu den größten der Welt. In den Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt/Main und München beraten rund 45 Partner und mehr als 200 zugelassene Rechtanwälte zu einer Vielzahl von Tätigkeitsbereichen wie Arbeitsrecht, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Bank- und Finanzrecht, Gesellschaftsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz oder Kartellrecht, Öffentliches Wirtschaftsrecht und Steuerrecht. www.bakermckenzie.com

„Kreative Lösungen gesucht“

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32 Jahre alt – und schon Partner: Dr. Stefan Heutz hat in der Kanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare schnell Karriere gemacht. Nun ist es seine Aufgabe, als Mitverantwortlicher für das Recruiting selber nach Nachwuchs Ausschau zu halten. Im Interview sagt er, worauf es ihm dabei ankommt. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Stefan Heutz, Foto: Stefan Heutz
Stefan Heutz, Foto: Stefan Heutz
Dr. Stefan Heutz, 32 Jahre, ist seit einem Jahr Partner der Kanzlei Kümmerlein Rechtsanwälte & Notare mit Sitz in Essen. Er hat sich auf Gesellschafts- und Umwandlungsrecht sowie auf Unternehmenstransaktionen spezialisiert. Zudem ist er Mitglied des Recruiting-Teams der Kanzlei, bei der derzeit 46 Rechtsanwälte beschäftigt sind – Tendenz steigend.
Herr Dr. Heutz, Ihre Kanzlei sitzt in Essen – ein eher ungewöhnlicher Standort für Wirtschaftskanzleien. Wo liegt der Vorteil im Vergleich zu Städten wie Düsseldorf oder Frankfurt? In der Region Rhein und Ruhr besteht aufgrund ihrer industriell geprägten Wirtschaftsstruktur eine deutlich höhere Nachfrage nach unseren Beratungsschwerpunkten Gesellschaftsund Umwandlungsrecht, Kollektivarbeitsrecht, Energie- und Umweltrecht. Eine Stadt wie Frankfurt ist dagegen eher auf das Finanzwesen fokussiert. Natürlich ist der kurze Weg zum Mandanten ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl des Kanzleisitzes. Welche weiteren Ansprüche stellen Mandanten heute an die Wirtschaftskanzlei ihrer Wahl? Eine herausragende fachliche Kompetenz ist selbstverständlich. Daneben wünschen sich Mandanten zunehmend eine lösungsorientierte Denkweise sowie Verständnis für die wirtschaftlichen und technischen Hintergründe ihrer Projekte. Es geht also nicht mehr nur darum, als Anwalt Sachverhalte in Vertragssprache zu „übersetzen“, sondern um eine sachverständige und kreative Begleitung des Projekts von Beginn an. Daher rückt bei der Auswahl von Beratern der Wunsch nach einer vertrauensvollen und langfristigen Zusammenarbeit in den Vordergrund. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass Projektabläufe immer komplexer werden und sich gleichzeitig verdichten. Die Bedeutung eines „Hausjuristen“ dagegen, der als reiner Prozessvertreter tätig ist, hat in den letzten beiden Jahrzehnten abgenommen. Was bedeutet das für junge Juristen: Welche Fähigkeiten sind heute bedeutsamer denn je? Berufseinsteiger sollten schon in der Ausbildung Wert auf eine wirtschaftliche und lösungsorientierte Herangehensweise gelegt haben. Die Beschäftigung mit wirtschaftlichen und technischen Zusammenhängen in Abgrenzung zur reinen Juristerei ist dabei wertvoll. So können extrakurrikulare Engagements von Vorteil sein, wenn es darum geht, das Anliegen der Mandanten zu verstehen und in seinem Sinne eine praxisgerechte Lösung zu erarbeiten. Welche Engagements können das sein? Je nach Beratungsfeld zum Beispiel eine Banklehre, das Erlernen einer Programmiersprache oder einfach ein ausgeprägtes Interesse an technischen oder naturwissenschaftlichen Zusammenhängen. Sie sind 32 Jahre alt und sei 2012 Partner der Kanzlei. Wie wichtig ist es, als Wirtschaftsjurist über einen großen Erfahrungsschatz zu verfügen? Der Erfahrungsschatz ist für einen Berater wichtig; er darf aber unkonventionellen Lösungsansätzen und Kreativität nicht im Weg stehen. Stets muss der Blick auf die konkreten Umstände des jeweiligen Mandats gerichtet sein – wobei hochkomplexe Mandate erfordern, dass der Berater auf der Grundlage seiner Erfahrung eine maßgeschneiderte Lösung für den jeweiligen Sachverhalt entwickelt. Wie kann es jungen Juristen gelingen, diesen Erfahrungsschatz zu erwerben? Indem sie so früh wie möglich mit berufserfahrenen Kollegen in vielfältigen Rechtsgebieten Mandate bearbeiten. Die Tätigkeit in Hinterzimmern, womöglich noch in einem sehr begrenzten juristischen Sektor, hilft hier nicht weiter. Ein anspruchsvoller Job. Wie wichtig ist dabei von Beginn an eine gute Balance aus Arbeit und Privatleben? Natürlich ist der Berufseinstieg eine herausfordernde Lebensphase. Trotzdem achten wir auch bei jungen Juristen darauf, dass sie nicht den Kontakt zum Leben außerhalb der Kanzlei verlieren. Denn nur bei einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Privatleben bleibt die Freude an der Arbeit erhalten.