Mut zur Lücke

Ein Studium zügig abschließen und dabei noch ausreichend Praxiserfahrung sammeln? Gar nicht so leicht, gerade in Zeiten stark strukturierter Bachelor- und Masterstudiengänge. Dieses Dilemma schildern auch Bewerber immer wieder. Mit dem GapYear haben McKinsey, Allianz, Bertelsmann und Henkel dafür gemeinsam eine Lösung gefunden. Von Dr. Thomas Fritz

2012 fiel der Startschuss für das Gap Year, ein neuartiges Angebot: Studenten nehmen sich nach dem Bachelor eine Auszeit vom akademischen Curriculum. In bis zu drei Praktika sammeln sie ausführlich Praxiserfahrung, bevor es in den zweiten Studienteil geht. Dabei ist uns eines besonders wichtig: Den Teilnehmern bleibt bis zum Start des Masterstudiums noch genügend Zeit, um persönliche Interessen zu verfolgen. Egal ob Weltreise, Sprachkurs oder ein gemeinnütziges Projekt: Wir unterstützen die Bewerber schon im Vorfeld bei der Planung, damit sie ihr GapYear optimal nutzen können. Anders als die wörtliche Übersetzung suggeriert, ist das nämlich keinesfalls eine Lücke im Studienverlauf, sondern eine absolute Bereicherung. Alle Praktika bieten tiefe strategische Einblicke in die Unternehmen und verantwortungsvolle Rollen. Bei der Allianz forschen die GapYear-Praktikanten zum Beispiel nach neuen Wachstumsfeldern und entwickeln daraus innovative Versicherungsleistungen. Bei Bertelsmann erarbeiten sie Handlungsempfehlungen für den Vorstand. Bei Henkel kann der Einsatzbereich im Brand Management in Shanghai liegen, und bei McKinsey sind die Praktikanten immer direkt vor Ort beim Klienten und vollwertiges Mitglied des Teams. Das Feedback der ersten Programmteilnehmer, die im Sommer 2012 ihr GapYear angetreten haben, ist durchweg positiv. „Die angebotenen Praktika sind vielseitig und hochwertig. Mit dem gewonnenen Erfahrungsschatz bin ich nach dem Master mit Sicherheit sehr gut für eine Festeinstellung in einem der Unternehmen qualifiziert“, sagte mir neulich ein GapYear-Praktikant. Und ganz wichtig: Jeder Teilnehmer hat in jedem Unternehmen einen persönlichen Mentor, der ihn während des gesamten Programms – auch nach dem Praktikum – unterstützt und den Kontakt hält. „Die enge Beziehung, die man mit den persönlichen Mentoren über den Programmzeitraum hinweg aufbaut, ist unbezahlbar“, so eine weitere Teilnehmerin. Ob zwei oder drei Praktika, ob drei oder sechs Monate am Stück – das Programm lässt sich individuell an die Pläne und Wünsche der Teilnehmer anpassen. Mindestens drei Monate sollte jedes einzelne Praktikum jedoch dauern, denn nur so lassen sich wirklich nachhaltige Eindrücke sammeln. Darin besteht das Dilemma vieler Studenten: Sie haben während des Bachelorstudiums wenig Gelegenheit für längere Praktika. Viele wollen nach dem Bachelor auf jeden Fall einen Master machen, aber vorher auch schon etwas Praxiserfahrung sammeln. Auf eine Festeinstellung wollen sie sich noch nicht festlegen, und auf eigene Faust ein Jahr Auszeit zu nehmen, trauen sich viele einfach nicht. Die Bewerberzahlen zeigen, dass wir mit dem GapYear den Nerv der Zeit getroffen haben. Obwohl beim Start des Programms im Januar 2012 viele Studenten schon feste Pläne für einen Master hatten, bekamen wir 800 Bewerbungen. Für die zweite Runde 2013 haben sich über 1000 Interessierte beworben. Diese riesige Nachfrage hat uns positiv überrascht. Bei der Auswahl der Teilnehmer achten wir sowohl auf herausragende Leistungen im Studium als auch auf Engagement abseits des Curriculums. Der Studiengang spielt keine Rolle. Eine feste Zahl an Plätzen für das Programm gibt es nicht. Es zählt einzig und allein die Qualifikation des Bewerbers. Die beteiligten Unternehmen nutzen natürlich die Gelegenheit, um interessante Kandidaten auch für die Zeit nach dem Studium für sich zu begeistern. Gerade wir als Unternehmensberatung suchen Mitarbeiter mit vielfältigen fachlichen, aber auch persönlichen Erfahrungen. Das ist uns viel wichtiger als ein im Höchsttempo abgeschlossenes Studium. Wenn wir dazu beitragen können, dass die Studenten in Zukunft nach ihrem Master einen breiteren Erfahrungsschatz mitbringen und auf spannende Erlebnisse zurückblicken können, ist das Programm ein voller Erfolg – eine ganz klassische Win-Win- Situation eben.

GapYear

Für das GapYear 2014 läuft die Bewerbung voraussichtlich ab Herbst 2013. Bewerben können sich alle alle, die ihr Bachelorstudium im Sommer 2014 beenden und im Anschluss die Aufnahme eines Masterstudiums planen. Das Studienfach ist für die Bewerbung nicht entscheidend, wichtig sind hervorragende akademische Leistungen sowie Interesse, Begeisterungsfähigkeit und die Bereitschaft, sich auch mit neuen Themen und Fragestellungen zu beschäftigen. Alle Praktika werden vergütet. Weitere Informationen unter www.gapyear2013.dewww.gapyear2013.de und www.facebook.com/GapYearProgramm

„Spendet Bücher – wir bauen daraus Schulen“

Die „Bücher Börse Köln“ verkauft gespendete Bücher zu kleinen Preisen und in großen Mengen, mit den Einnahmen werden in bildungsschwachen Regionen dieser Welt Schulen gebaut. Ein umfangreiches literarisches, musikalisches und gastronomisches Rahmenprogramm verleiht der Börse Eventcharakter. Die Veranstaltung findet einmal jährlich in der Fachhochschule Köln statt und wird ehrenamtlich von Studierenden und Absolventen der FH organisiert. Aufgezeichnet von Stefan Trees

Mario Klütsch Alumni der FH Köln, Key Account Manager Projekt: Bücher Börse Köln Ort: Köln Facebook: www.facebook.com/BuecherBoerseKoeln
Wie alles begann In meinem BWL-Studium am Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften der FH Köln wurde immer wieder vermittelt, dass gesellschaftliche Verantwortung und soziales Engagement integraler Bestandteil des Studiums sind. „Lernt BWL“, sagte unser Dekan, Prof. Dr. Gogoll, „aber verliert nicht den sozialen Blick.“ Das motivierte mich, denn gemeinsam mit meiner Freundin Bianca Kabongo wollte ich mich schon länger sozial engagieren. So suchten wir nach einem „Best Practice“-Projekt, welches auch in Köln gut funktionieren würde, und besuchten das Bücherbörse-Projekt meines Onkels in Venlo, das er dort vor über zwanzig Jahren begonnen hat. Mit unserem Fachwissen aus dem Studium – Marketing, Logistik, Projektmanagement – übertrugen wir das Projekt auf die Kölner Gegebenheiten. Jeder, dem ich an der FH davon erzählte, sagte: Was für eine tolle Idee, wieso ist da nicht schon früher jemand drauf gekommen? Und: Wie kann ich helfen? Es entstanden ein festes Kernteam von vier Leuten und viele kleine eigenverantwortliche Projektteams. An den Tagen der Bücher Börse waren wir dann fast fünfzig Helfer. Der Hauptteil der Bücher kam aus privaten Spenden Kölner Bürger und einiger Unternehmen, die ihre Mitarbeiter zu Spenden aufgerufen hatten: Unglaubliche 15.000 Bücher bekamen wir so zusammen. Warum wir das machen Uns geht es sehr gut hier, wir wollten einfach etwas zurückgeben. Lieber aber noch als zu spenden, wollte ich etwas erschaffen und dabei Spaß haben. Meine Freundin und ich hatten den Traum, dort eine Schule zu bauen, wo Bildung elementar wichtig, aber nur schwer zu erhalten ist – immerhin hatten wir das Privileg zu studieren, und so wollten wir diesen roten Faden der Bildung weiterspinnen. Was es bislang gebracht hat Am kniffligsten war es, den geeigneten Partner zu finden – bis wir auf die abc- Gesellschaft gestoßen sind, einen Verein, der über jahrzehntelange Erfahrung mit Bildungs- und Schulbauprojekten verfügt. Für ein Projekt in Malawi fehlte noch rund ein Fünftel der Baukosten einer Sekundarschule, etwa 10.000 Euro. Da der Ertrag der ersten Bücher Börse Köln ja nicht eine komplett eigene Schule finanzieren konnte, unterstützen wir die Schule in Malawi. Mit unseren Einnahmen von 12.000 Euro haben wir unser Ziel dann sogar noch übertroffen. Das Geld, das wir hier gesammelt haben, steckt nun in den Ziegeln dieser Schule. Alle haben von der Bücher Börse profitiert: Die Kinder in Malawi sind begeistert und dankbar, dass es jemanden gibt, der sie und ihre Schule unterstützt. Die Gäste der Bücher Börse Köln, unsere Sponsoren, die Helfer, alle hatten Spaß. Und die Studierenden haben echtes Projektmanagement gelernt statt nur müde Theorie, und das Ganze auch noch für eine gute Sache. Inzwischen stecken wir schon wieder in den Vorbereitungen für die nächste Bücher Börse Köln, denn wir wollen noch viele Schulen bauen.

Schöpferische Zerstörer gesucht

Selber gründen? Muss man dafür nicht ein Alleskönner sein? Tagsüber ein kreativer Entrepreneur – und abends ein fleißiger Buchhalter? Nein, sagt Günter Faltin. Der Professor für Entrepreneurship empfiehlt Gründern, möglichst viel von dem, was ihnen schwerfällt, anderen zu überlassen – nur so kann man sich auf die Geschäftsidee und ein wasserdichtes Konzept fokussieren. Denn wenn das Konzept stimmt, findet man auch Investoren. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Günter Faltin, geboren am 25. November 1944 in Bamberg, ist Professor für Entrepreneurship an der Freien Universität Berlin. Er initiierte 1985 die Teekampagne (s. S. 34) als Modell für Unternehmensgründungen. Der 68-Jährige ist Business Angel zahlreicher Start-ups, darunter Ebuero, Direkt zur Kanzlerin, Ratiodrink, ePortrait und Waschkampagne. 2001 errichtete er die Stiftung Entrepreneurship. 2009 erhielt er für die Teekampagne den Deutschen Gründerpreis. Als „Pionier des Entrepreneurship-Gedankens in Deutschland“ zeichnete ihn der Bundespräsident 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz aus.
Herr Professor Faltin, wer in Deutschland von Karriere spricht, denkt dabei häufig an eine klassische Unternehmens- oder Konzernkarriere. Ändert sich das? Ja. Noch vor einigen Jahren tendierte unter meinen Studenten die Zahl derjenigen, die sich vorstellen konnten, selber zu gründen, gegen Null. Heute hat das ungefähr ein Drittel auf dem Radar. Will heißen: Selber zu gründen wird zur Karriereoption. Warum dieser Wandel? Gerade BWL-Studenten haben das Karriereziel, eines Tages Top-Manager zu werden. Der Weg dorthin führte früher beinahe zwangsläufig über große Unternehmen. Heute merken die jungen Leute jedoch, dass Konzernkarrieren nicht mehr die Sicherheit bieten, für die man sie lange Zeit gerühmt hat. Auch in großen Unternehmen gibt es heute Schleudersitze. Die Herausforderungen wachsen. Hinzu kommt, dass es in den hierarchischen Strukturen vorkommen kann, dass man mit fragwürdigen Entscheidungen konfrontiert wird, die man selber nicht fällen würde oder die man nicht mittragen will. Daher gewinnt die Möglichkeit des selbstbestimmten Arbeitens einen immer größeren Charme. Ist es ein Idealbild, sein eigener Chef zu sein? Das ist nicht der Punkt, weil man schnell die Erfahrung machen wird, dass man als Chef eine notwendigerweise ungeliebte Position einnimmt. Die Chance besteht vielmehr darin, als Gründer das Tätigkeitsfeld so festzulegen, dass es auf die eigenen Stärken zugeschnitten ist. Ich kann fast alles abgeben, was ich nicht gerne mache, was mir schwerfällt. Ich habe das letzte Wort in Sachen Arbeitsteilung. Der Gründer ist der einzige, der die Chance hat, sich sein Team und seinen Arbeitsbereich weitgehend nach seinen eigenen Bedürfnissen aufzubauen. Muss man als Chef nicht alles können? Nein. Wer so denkt, macht einen großen Fehler. Das Gegenteil ist richtig: Als Gründer muss ich abgeben. Muss mir in den Bereichen, in denen ich nicht fachkundig bin, professionelle Komponenten holen. Nichts ist heute gefährlicher als Dilettantismus. Ein Gründer muss sich auf den innovativen Aspekt seines Unternehmens fokussieren. Masters of Business Administration verlassen zu Zehntausenden unsere Hochschulen. Was fehlt, sind die Masters of New Concepts. Natürlich ist gute Business Administration unverzichtbar. Aber eine Neugründung braucht mehr als das, wenn sie unter Konkurrenzbedingungen wirklich erfolgreich sein will. Heute braucht es den Entrepreneur als kreatives Subjekt, der es versteht, künstlerisch zu denken.

Linktipps

Entrepreneurship Campus: www.entrepreneurship.de Auf YouTube gibt es einen eigenen Kanal mit Interviews und Info-Videos: www.youtube.com/user/EntrepreneurshipTV
Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang Kunst? Kunst will zerstören – nicht Prozesse optimieren. Sie will neue Sichtachsen aufzeigen – und genau diese benötigen wir, weil wir sonst diesen Planeten ruinieren. Joseph Schumpeter schreibt von „schöpferischer Zerstörung“. Das trifft den Punkt. Was sind weitere wichtige Eigenschaften für Entrepreneure? Wer in der Lage sein will, neue Ideen in erfolgreiche Ideen umzusetzen, benötigt einen Blick für Zusammenhänge und für Menschen. Dazu Intuition, Bauchgefühl, damit der Entrepreneur auch ohne groß angelegte Marktforschung herausbekommt, ob seine Innovation bei den Kunden ankommen wird. Nun reicht ein gutes Bauchgefühl alleine nicht aus. Welche Methoden gibt es, um herauszufinden, ob meine Idee für ein Geschäftsmodell taugt oder nicht? Es gibt eine Studie, die besagt, 70 Prozent aller Annahmen in Businessplänen seien falsch. Da hilft nur eines: Meine Annahmen nicht als plausibel betrachten, sondern als eine Wette. Und diese Wetten überprüfen. Also auf Leute zugehen und fragen: Würdest du mein Produkt kaufen oder meine Dienstleistung in Anspruch nehmen? Das bleibt aber hypothetisch. Nicht unbedingt. Ich empfehle Gründern, eine Bestell-Liste dabei zu haben. Und wenn jemand antwortet: Ja, würde ich machen, dann soll er verbindlich auf der Liste unterschreiben. Wenn die Liste leer bleibt, weiß man, woran man ist. Das ist wichtig, denn Gründer sind immer sehr in ihre Ideen verliebt. Das muss auch so sein, ist aber gefährlich. Daher rate ich jungen Gründern auch, nicht nur an einer einzigen Idee zu arbeiten, sondern an mehreren gleichzeitig. Wer nur eine Idee hat, verfällt ihr irgendwann so sehr, dass er sie für plausibler hält, als sie eigentlich ist.

Buchtipp

Günter Faltin: Kopf schlägt Kapital. DTV 2012. ISBN 978-3423347570. 9,90 Euro. Website zum Buch: www.kopfschlaegtkapital.com
Angenommen, ich habe das Gefühl, dass meine Wette aufgeht. Was dann? Investoren suchen? Nein, dafür ist es noch viel zu früh. Von einer Anfangsidee bis zu einem ausgereiften Konzept ist es ein langer und steiniger Weg, der häufig unterschätzt wird. Viele junge Unternehmen scheitern, weil die Gründung zu optimistisch erfolgte. Viele Probleme ergeben sich erst, wenn man genauer analysiert. In dieser Konzeptphase ist es besonders wichtig, hartnäckig zu sein. Es wird immer vorkommen, dass sich ein Problem auftut und keine Lösung absehbar ist. Dann kommt es auf die Geduld an: Wer tausendmal ein Problem umkreist, findet vielleicht beim tausendersten Mal das Muster für die Lösung – und diese Lösung kann nur bemerkenswert sein, denn sonst wären andere ja auch schon darauf gekommen. Am Ende müssen aber dann doch Investoren her. Gibt es genug Geld für Gründer? Ja. Schon alleine, weil viele erfolgreiche Gründer als Business Angel für junge Gründer tätig werden. Kapital ist nicht länger ein Engpass. Spätestens seit dem Start des Crowdfunding-Konzepts ist das gut belegt. Der Engpass sind gut durchdachte Konzepte. Das führt dazu, dass heute Kapitalgeber nach guten Ideengebern suchen – und nicht umgekehrt.

Zur Teekampagne

„Wenn man doch den besten Tee der Welt kaufen kann – warum dann noch andere anbieten?“ Dies ist die Wette, die Günter Faltin bei der Gründung seiner Projektwerkstatt GbR einging, die 1985 die Teekampagne startete: Im Angebot ist nur eine einzige Teesorte, Darjeeling, angebaut an den Steilhängen des Himalajas und für viele der „Champagner unter den Teesorten“. Durch den Fokus auf eine Sorte, den Einkauf großer Mengen direkt aus Indien und dem Verkauf nur in Großverpackungen kann das Unternehmen den Preis klein halten. Mit Erfolg: Seit 1995 ist die Teekampagne Marktführer beim Versandhandel von Tee. Weitere Infos: www.teekampagne.de www.facebook.com/teekampagne

Expansion mit Herzblut

Die Arbeit in einem Start-up birgt schnelle Aufstiegschancen und Flexibilität. So führte der Weg der jungen Mutter und Betriebswirtschaftlerin Wencke Harder von der Teilzeitkraft zur Geschäftsleitung vom Start-up Kochzauber. Aufgezeichnet von Nicole Scheplitz

Für viele Frauen stellt sich die Frage, ob Beruf und Kinder vereinbar sind. Mit dem richtigen Job ist dies eine Herausforderung, aber nicht unmöglich. Nach meinem BWL-Studium an der Otto- Beisheim School of Management in Vallendar (WHU) arbeitete ich unter anderem als Business-Analystin in London. Doch nach der Geburt meiner zweiten Tochter suchte ich nach einer beruflichen Alternative und bekam das Angebot, beim Aufbau eines Start-ups mitzuwirken: Kochzauber. Als passionierte Hobbyköchin konnte ich mich sofort für die Idee begeistern: leckere Rezepte mit den dazu passenden frischen Zutaten direkt an die Haustür des Kunden zu liefern. Natürlich bin ich selbst Kundin. So spare ich Zeit, die ich ansonsten bräuchte, um zu überlegen, was ich koche, und dafür einzukaufen. Zunächst war ich bei Kochzauber auf Stundenbasis für die Rezeptentwicklung und den Einkauf verantwortlich. Meine jüngste Tochter Rena, damals fünf Monate alt, nahm ich einfach mit ins Büro. Auch heute sind meine Kleinen immer noch Teil des Kochzauberteams: Als unbestechliche Testesser helfen sie uns bei der Rezeptentwicklung der „Kleine Helden“-Box. Jede Woche bewerten sie beim Probekochen mit unserem Koch Max und unserer Ernährungswissenschaftlerin Beke die Gerichte ganz unverblümt. Wenn ihnen ein Essen nicht schmeckt, kommt es auch nicht in unsere Kochzauber-Box. Nur wenige Monate nach meinem Start übernahm ich langsam mehr Verantwortung: Hinzu kamen Administration, Finanzen und Marketing sowie Aufgaben der Geschäftsführung. Heute habe ich als Geschäftsführerin meine Finger fast überall im Spiel. Kochzauber ist sehr schnell gewachsen – unser Team zählt inzwischen 22 Mitarbeiter. Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern ist uns besonders wichtig, dass die Personen menschlich wie fachlich ins Team passen und mit Spaß an der Sache sowie mit Liebe zum Produkt dabei sind. Herzblut und Ideenreichtum unseres Teams sind ein großer Treiber der Geschäftsentwicklung: Seit dem Start haben wir unser Produktangebot stark erweitert und unser größtes Projekt für 2013, die deutschlandweite Lieferung, gerade in Angriff genommen. Allgemein zeichnen sich Start-ups durch ein dynamisches Umfeld aus. Man muss damit leben können, dass sich Aufgabenbereiche und Rollen ändern können. Auch sind die verfügbaren Budgets zunächst nicht mit denen im Großunternehmen zu vergleichen. Dafür haben Berufseinsteiger die Möglichkeit, gemeinsam mit dem Unternehmen zu wachsen und Teil einer spannenden Erfolgsstory zu werden.

Start-ups als Karrierechance

Start-ups sind keine Randerscheinung mehr, die Szene wird auch in Deutschland immer größer und attraktiver. Der Berufseinstieg in einem Unternehmen in der Startphase kann für qualifizierte Hochschulabsolventen ein alternativer Berufsweg sein. Von Leonie Pohlmann

Start-ups – das sind junge Unternehmen, die innovative Geschäftsideen verwirklichen. Wenn es gut läuft, geht es für sie von Null auf Hundert, von der Gründung zur Marktführerschaft in kurzer Zeit. Immer mehr Großunternehmen sehen die Chancen, die der Unternehmensnachwuchs bietet, und unterstützen Gründer mit Risikokapital. Für Berufseinsteiger eröffnen sich attraktive Aufstiegschancen – und diejenigen, die später selber gründen möchten, können hier wertvolle Erfahrungen sammeln. Das Besondere an Start-ups ist die Unternehmenskultur. Das Durchschnittsalter ist niedrig und die Arbeitsatmosphäre locker, es gibt flache Hierarchien und eine „Hands-on“- Mentalität, also Praxisorientierung. Gesucht werden deshalb engagierte Mitarbeiter, die menschlich ins Team passen, Noten sind oftmals zweitrangig. Für die Generation Y, der spannende Aufgaben und eine kollegiale Atmosphäre wichtiger sind als ein gutes Gehalt, gelten junge Unternehmen als attraktive Arbeitgeber. „Start-ups haben durch ihre schlanken Strukturen, ihre Flexibilität und Schnelligkeit viele Vorteile auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft, der sich immer schneller wandeln wird“, bestätigt Anna Ott, Geschäftsführerin der Personalagentur i-Potentials. „Gleichermaßen können sie aber in Sachen Stringenz und Struktur von den Großen lernen.“ Der Vorteil von Start-ups als Arbeitgeber liegt für Anna Ott auf der Hand: „Einsteiger bekommen von Anfang an viel Verantwortung, da die Teams klein sind und einfach jeder mit anpacken und entscheiden muss. Die Rollen sind oft generalistischer als in größeren Unternehmen. Dadurch hat man als Berufseinsteiger die Chance, in verschiedene Bereiche reinzuschnuppern.“ Wer nach dem Studium in einem Startup einsteigt, ist also nicht nur ein kleines Rädchen im Getriebe, sondern kann die Entwicklung des Unternehmens von Anfang an beeinflussen. Ist diese positiv, stehen die Aufstiegschancen gut: „Als Praktikant einsteigen und nach ein paar Monaten Manager sein – das kann durchaus passieren“, bestätigt die Personalberaterin. Die eigene Geschäftsidee verwirklichen Die Gründung eines Unternehmens ist harte Arbeit – wer noch keine Berufserfahrung hat, kann sich schnell in Anfängerfehler verstricken. Für Hochschulabsolventen, die gründen wollen, gibt es daher viele Hilfestellungen. Ein Beispiel ist das Startupbootcamp: Das Programm unterstützt die Teilnehmer drei Monate lang mit Expertenwissen dabei, aus ihrer Idee ein marktfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Als Programmabschluss erhalten die Jungunternehmer die Möglichkeit, ihr Konzept vor möglichen Investoren vorzustellen, um diese für ihre Idee zu gewinnen. Auch an den Hochschulen selbst sind Start-ups mittlerweile ein wichtiges Thema. Die HHL Leipzig Graduate School of Management führte 2012 eine Messe durch, auf der sich Unternehmen, die von Absolventen der HHL gegründet worden waren, als Arbeitgeber vorstellten. Dass so viele Absolventen der HHL selber gründen, liegt am Vertiefungsfach Entrepreneurship, das den Studenten Handwerkszeug für die Unternehmensgründung vermittelt. Die Universität Kassel führt jährlich den Ideenwettbewerb Unikat durch. Drei Studenten haben in diesem Umfeld ihre Idee in die Tat umgesetzt und einen Onlineshop gegründet: Naschlabor. Sie übertragen das Kiosk- Prinzip auf das Internet, der Kunde kann aus ausgefallenen Süßigkeiten eine individuelle Mischung zusammenstellen. Das Unternehmen steckt noch in den Kinderschuhen – aber die können sich schnell als Siebenmeilenstiefel entpuppen.

Linktipps

Initiative Gründerland Deutschland: www.gruenderland-deutschland.de Gründerwoche (im November 2013): www.gruenderwoche.de Naschlabor, Gründungsidee des Ideenwettbewerbs Unikat der Uni Kassel: www.naschlabor.de

Was macht eigentlich ein Biltroller, Herr Erichsen?

Wer nicht weiß, was ein „Biltroller“ ist oder was er macht, befindet sich in guter Gesellschaft. Vielen geht es ähnlich. Als Biltrolling bezeichnet man die immer stärker zunehmende Verzahnung von Buchhaltung und Controlling. In der Person des Biltrollers werden zwei Berufe zumindest weitgehend vereint: der des (Bilanz-)Buchhalters und der des Controllers. Mit anderen Worten: Ein Biltroller ist sowohl im klassischen externen Rechnungswesen, der Buchhaltung, als auch im internen Rechnungswesen, dem Controlling, zu Hause und besitzt in beiden Bereichen sehr gute fachliche Kenntnisse. Aufgezeichnet von Thomas Koch

Foto: Jörgen Erichsen
Foto: Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen, Inhaber einer Unternehmensberatung und Mitglied im Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e. V. (BVBC)
Buchhalter arbeiten in erster Linie vergangenheitsbezogen. Sie kümmern sich um die Erstellung von Jahresabschlüssen und berücksichtigen dabei vor allem rechtliche Anforderungen. Controller fungieren eher als interne Unternehmensberater und unterstützen Geschäftsleitung und Führungskräfte eines Unternehmens dabei, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Sie blicken in die Zukunft, erstellen Planungen, führen Wirtschaftlichkeitsrechnungen durch und unterstützen die Geschäftsleitung bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen. Um gesetzliche Regelungen müssen sie sich selten explizit kümmern. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten. Beispielsweise ist ein Controller in vielen Dingen auf die Buchhaltungsdaten angewiesen, wenn er seine Aufgaben richtig erledigen möchte: Große Teile der Planung bauen auf den Zahlen des externen Rechnungswesens auf, Abweichungsanalysen können ohne Zahlen der Buchhaltung nicht durchgeführt werden, und auch Kennzahlen lassen sich schneller erstellen, wenn man die Daten der Buchhaltung sofort versteht und interpretieren kann. Umgekehrt kennen die Mitarbeiter der Buchhaltung die Abläufe und Zusammenhänge bei ihren Mandanten genau und sind in der Lage, passgenaue Controlling-Leistungen anzubieten. Ich bin seit rund zehn Jahren als Unternehmensberater selbstständig und arbeite in erster Linie für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Begonnen habe ich meine Tätigkeit mit klassischen Controllingaufgaben, zum Beispiel habe ich meine Kunden bei der Einführung einer Kostenrechnung, der Durchführung von Planungsaufgaben, der Erstellung von Businessplänen oder der Finanzierung unterstützt. Schnell musste ich aber feststellen: Ohne Buchhalter oder Steuerberater ist eine umfassende betriebswirtschaftliche Unterstützung der Kunden kaum möglich beziehungsweise unvollständig. Daher habe ich mich mehr und mehr auch in typische Fragen der Buchhaltung eingearbeitet, um bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, etwa bei Investitionen oder Gestaltungen zum Jahresende, auch buchhalterische und steuerliche Aspekte besser berücksichtigen und spezifische Fragen von Banken oder anderen Kapitalgebern fundierter beantworten zu können. Insofern betrifft der Trend zum Biltrolling auch mich, und ich stelle fest, dass es eine zunehmende Verzahnung der Bereiche gibt. Wohin wird die Reise gehen? Ich denke, das ist heute in der letzten Konsequenz noch nicht abzusehen. Es gibt starke Argumente für eine weitergehende Harmonisierung des Rechnungswesens und eine Zusammenführung der Berufe des Buchalters und Controllers. Meine Erfahrungen zeigen, dass ein Biltroller, der Kompetenzen aus beiden Teilen des Rechnungswesens in einer Person vereint, besonders gut geeignet ist, in KMU eingesetzt zu werden, um hier effizient Unterstützung zu leisten. Für die Geschäftsführung liegen die Vorteile auf der Hand: Sie müssen nur eine Fachkraft bezahlen und haben eine Person, mit der sie alle betriebswirtschaftlichen Dinge besprechen und gegenüber Dritten, etwa Banken, vertreten können. Entscheidend bei einem weiteren Zusammenwachsen der Berufe ist, dass typische Controllingaufgaben, etwa Planung und Unterstützung bei der Unternehmensentwicklung, nicht vernachlässigt werden und am Ende des Tages nicht „nur“ buchhalterische Arbeiten erledigt werden. Dann ist langfristig unter Umständen sogar die Existenz eines Betriebes gefährdet. Sicher ist, dass sich für Rechnungswesen- Fachkräfte gute Karrierechancen ergeben, wenn sie sich in beiden Welten auskennen. Daher sollten sich (Bilanz-) Buchhalter um eine Zusatzqualifikation zum Controller bemühen. Controller sollten prüfen, ob es sinnvoll ist, eine Zusatzqualifikation zum Bilanzbuchhalter zu erwerben. In jedem Fall müssen sie ihr buchhalterisches Wissen kontinuierlich ausbauen und erweitern.

Job-Steckbrief Biltroller

Voraussetzungen: BWL-Studium mit Schwerpunkt Rechnungswesen/Controlling und eine Zusatzaus- oder -weiterbildung zum Buchhalter oder Bilanzbuchhalter bzw. langjährige buchhalterische Praxis. Soft Skills wie Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Offenheit für neue Entwicklungen, Einfühlungsvermögen, Fingerspitzengefühl, Konfliktlösungsfähigkeit, Überzeugungskraft, Verkäuferqualitäten sowie Moderationskenntnisse. Gehalt: Eine gute Orientierung bieten die Einstiegsgehälter für Bilanzbuchhalter und Controller: Einstiegsgehälter in KMU circa 35-38.000 Euro/Jahr, nach 3 bis 5 Jahren ab circa 46.000 Euro/Jahr. Je nach Unternehmensgröße und Branche sind Abweichungen nach oben möglich. Experten glauben, dass die Gehälter in den nächsten Jahren deutlich steigen werden. Aufstiegsmöglichkeiten: Gut bis sehr gut, beispielsweise zum kaufmännischen Leiter, zum Finanzchef oder – in Großunternehmen – zum Leiter Konzern-Rechnungswesen. Das Sahnehäubchen: Der Fachkräftemangel im Bereich Buchhaltung und Controlling wirkt quasi wie eine Jobgarantie für qualifizierte Personen. Informationen: Jörgen Erichsen, Jochen Treuz: Biltroller – Vom Bilanzbuchhalter zum Controller. NWB 2011. ISBN 978-3482632815. 34,80 Euro. www.bvbc.de www.htw-aalen.de https://rsw.beck.de

Mein Bewerbungsgespräch bei: Bayer

Ich wollte unbedingt im Consulting arbeiten – und das habe ich jetzt geschafft: Im Dezember 2012 bin ich als Consultant bei Business Consulting, der internen Unternehmensberatung von Bayer, eingestiegen. Vorher habe ich International Business studiert: Meinen Bachelor habe ich in Mailand gemacht und in Rotterdam und Prag meinen Master. Von Alexander Ebner

Profildaten

Name: Alexander Ebner Geburtsjahr: 1987 Hochschulabschluss als: Msc. International Management/CEMS Warum Bayer? Toller Arbeitgeber; als Arztsohn Bezug zur Pharmaindustrie Bewerbung als: Inhouse Consultant Tag des Vorstellungsgespräches: 19. September 2012 Tag des Antritts der Stelle: 1. Dezember 2012
Über die Initiative „dichter dran“, die von Inhouse-Consulting-Einheiten führender Unternehmen ins Leben gerufen wurde, bin ich auf die Inhouse-Beratung von Bayer aufmerksam geworden und habe mich spontan dort beworben. Zwei Wochen später hatte ich schon die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ein Assessment Center gab es nicht, stattdessen hatte ich vier Einzelgespräche: zwei mit Projektmanagern und zwei weitere mit Principles, also Abteilungsleitern. Ein bisschen aufgeregt war ich am Tag der Vorstellungsgespräche schon, aber meine Interviewpartner waren alle sehr freundlich und herzlich, die Atmosphäre war sehr positiv. Im ersten Gespräch ging es hauptsächlich um mich und meinen Lebenslauf sowie um meine Motivation. Ich habe erklärt, warum ich im Inhouse Consulting und bei Bayer arbeiten möchte. In diesem Gespräch war es besonders wichtig, mit authentischen und interessanten Geschichten über sich selbst zu zeigen, dass man motiviert ist, sowie ehrlich, offen und sympathisch zu wirken. Im zweiten Gespräch wurden dann analytische Fähigkeiten und Kreativität geprüft, und zwar anhand von Cases. Mein Interviewer schilderte einen Fall, wie er in der Beratung vorkommen kann, gab mir aber nur wenige Informationen. Ich musste Fragen stellen, Infos sammeln, den Fall analysieren und schließlich einen Lösungsansatz präsentieren. So wird geprüft, ob man strukturiert vorgeht und die richtigen Fragen stellt. Diese Cases hatte ich vor dem Gespräch intensiv geübt – also nicht nur ein Buch gelesen, sondern immer wieder mit Freunden die Case-Interviews simuliert. Das kann ich jedem empfehlen, der sich in der Beratung bewirbt. Nach diesen beiden Gesprächen war die erste Hürde geschafft: Ich war in der nächsten Runde und durfte zwei weitere Interviewer treffen. Zuerst wurde ich gefragt, in welcher Abteilung ich gerne arbeiten würde und wieso, danach wurde etwas konkreteres Fachwissen aus diesem Bereich abgefragt. Anschließend war noch einmal ein Case an der Reihe. Nach dem vierten Gespräch haben meine Interviewer mir direkt zugesagt, worüber ich mich riesig gefreut habe.

„Wir haben nicht viel Zeit“

Wer als Manager grün denken möchte, benötigt technischen Sachverstand. Sonst besteht die Gefahr, dass er das, was falsch ist, nur noch weiter optimiert – sagt Professor Michael Braungart, international anerkannter Vordenker des „Cradle-to-Cradle“-Ansatzes. Seine Forderung: Seid motiviert, die Welt zu verbessern. Er nennt Beispiele, wie das funktionieren kann. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Prof. Michael Braungart, Foto: Edith Stenhuys/Speakers Academy
Prof. Michael Braungart, Foto: Edith Stenhuys/Speakers Academy
Michael Braungart, 54 Jahre, ist promovierter Chemiker und Verfahrenstechniker. Er gründete 1987 das Umweltforschungsinstitut EPEA in Hamburg und entwickelte mit dem US-amerikanischen Architekten und Designer William McDonough das Cradle-to-Cradle- Konzept: Statt von der Wiege bis zur Bahre (also von der Produktion bis zum Zustand als Müll) werden Produkte von der Wiege bis zur Wiege gedacht und bleiben nach der Nutzung Teil eines natürlichen oder technischen Kreislaufs. Seit 2008 ist der dreifache Familienvater Professor für einen Cradle-to- Cradle-Studiengang in Rotterdam. www.braungart.com
Herr Prof. Braungart, wie intelligent produzieren und verwerten wir Deutschen? Noch benutze ich in meinen Vorträgen Deutschland als Beispiel für ein Land, in dem es viele Manager und Techniker zwar gut meinen, dabei jedoch auf das falsche Pferd setzen. Man denkt nämlich hierzulande, man schützt die Umwelt, wenn man möglichst wenig zerstört. Fahre weniger Auto! Erzeuge weniger Müll! Klingt doch vernünftig. Aber wirklicher Schutz muss mehr sein, als nur darauf zu achten, etwas weniger zu zerstören. Die Deutschen sind in diesem „Weniger-schlecht-sein“-Management weltweit führend. Aber weniger schlecht ist noch nicht gut. Das Problem ist, dass wir viele Manager haben, die sich blendend darauf verstehen, das bestehende System zu optimieren. Was verstehen Sie unter dem bestehenden System? In Deutschland denken noch zu viele, man könnte Umweltprobleme mit einer effizienten Müllverbrennungsanlage aus der Welt schaffen. Das Prinzip lautet: Von der Wiege bis zur Bahre. Sprich: Ein Produkt hat irgendwann das Ende seiner Lebenszeit erreicht, dann ist es Abfall. Es gibt zwar in Deutschland ein Recyclingsystem. Doch es geht nicht weit genug. Wir müssen dahin kommen, dass wirklich alle Bestandteile eines Produkts endlos wiederverwertet werden können. Und zwar ohne jegliche Qualitätseinbuße beim Produkt. Das Prinzip lautet dann: Von der Wiege bis zur Wiege. Oder auf Englisch „Cradle to Cradle“. Können Sie Beispiele für Cradle-to- Cradle-Produkte nennen, die sich auch wirtschaftlich rechnen? Der niederländische Teppichbodenhersteller Desso hat jeden Bestandteil seiner Produkte positiv festgelegt. Die Komponenten lassen sich wieder zerlegen und schaffen in biologischen sowie technischen Kreisläufen neue Produkte; ein alter Teppich wird so zum Grundstoff für neue Produkte. Puma sucht sich alle Chemikalien für die Herstellung unter positiven Gesichtspunkten heraus. Es heißt nicht mehr defensiv „frei von XY“, sondern offensiv „enthält XY“ – damit man weiß, was man nach der Nutzung Neues entstehen lassen kann. Eine dänische Reederei baut ihre Containerschiffe ab 2015 komplett nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Der Hersteller von Baby- Produkten Good baby will sich bis 2020 umstellen. Es tut sich also was – und es geht da, wo die richtigen Manager am Platz sind, schneller, als ich dachte. Wie kann es in Deutschland gelingen, den Ansatz zu ändern? Wir sollten uns zunächst einmal andere Ziele setzen. Positive Ziele. Stattdessen arbeiten viele Städte und Unternehmen weiter darauf hin, klimaneutral zu sein. Und das Traumauto der Zukunft erzeugt null Emissionen. Nur: Haben Sie schon einmal einen klimaneutralen Null-Emissions- Baum gesehen? Nein, denn jeder Baum kann mehr. Er ist klimapositiv. Sollen wir Menschen uns damit zufrieden geben, weniger zu können als ein Baum? Ich bin der festen Überzeugung, dass wir das Potenzial besitzen, Dinge herzustellen, die der Umwelt nutzen.

Lesetipp

Michael Braungart/William McDonough: Die nächste industrielle Revolution: Die Cradle to Cradle-Community. Europäische Verlagsanstalt 2011. ISBN 978-3863930059. 25 Euro.
Angenommen, ein Einsteiger ins Management eines Unternehmens hat Lust bekommen, den Unterschied zu machen. Wo und wie kann er ansetzen? Er muss sich naturwissenschaftliches und technisches Wissen aneignen, damit er Bescheid weiß und erkennen kann, wo wirklich der Fehler liegt. Ein Beispiel: Auf den ersten Blick scheint es eine gute Sache zu sein, wenn ein Hersteller von Küchenböden beginnt, PVCBeläge zu recyceln, denn so sichern wir die Rohstoffbasis und verringern unsere CO2-Bilanz. Aber PVC war von Anfang an die falsche Wahl für einen Bodenbelag, denn er ist ein umweltund gesundheitsschädliches Polymer. Anstatt also weiterhin PVC-Böden zu entwickeln, die effizienter entsorgt werden können, sollten wir Materialien verwenden, die nach der Nutzung als Bodenbelag ohne Verlust für andere Produkte verwertet werden können. Es gibt jedoch einen mangelhaften Austausch zwischen wirklich guten Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Managern. Hier muss dringend etwas passieren. Darf ein Managertalent denn hoffen, schnell Veränderungen anstoßen zu können? Generell ist Skepsis geboten, weil zwischen dem Verstehen eines Problems und der wirklichen Veränderung oft viele Jahre vergehen. Doch wir haben nicht viel Zeit. Die Zerstörung der Natur passiert so schnell, dass wir Lernprozesse anstoßen müssen, um die Dinge sofort anders zu machen. Die junge Generation ist jetzt am Zug – und sie macht mir Hoffnung. Junge Manager möchten kein Wischi-Waschi-Konzept über Corporate Social Responsibility oder Nachhaltigkeit auf den Weg bringen. Sie möchten stolz auf das sein, was sie tun. Sie möchten echte Innovationen auf den Weg bringen. Echte Qualität. Ihr Wunsch an die Managertalente von morgen? Ich appelliere an den Nachwuchs, die Diskussion um Umwelt und Klima als Chance zu sehen, nicht als Bürde. Seid als Menschen kreativ! Entwickelt zusammen mit Ingenieuren und Naturwissenschaftlern qualitativ hochwertige Produkte, die der Umwelt nutzen, statt sie möglichst wenig zu zerstören.

Links

Cradle-to-Cradle-Containerschiffe: Cradle-to-Cradle bei Goodbaby:

Jetzt anders wirtschaften

Wohin, wenn man die Welt verbessern will? Dr. Andreas Weber, der Biologie und Philosophie studiert hat und heute als Publizist tätig ist, rät Einsteigern: Ab in die Wirtschaft, also in die Schaltzentrale der modernen Gesellschaft. Ein Interview von André Boße.

Zur Person

Andreas Weber, geboren am 4. November 1967 in Hamburg, studierte Biologie und Philosophie in Berlin, Freiburg, Hamburg und Paris. Seine Promotion legte er zum Thema „Natur als Bedeutung. Versuch einer semiotischen Theorie des Lebendigen“ ab. Als Journalist schrieb und schreibt er unter anderem für Geo, Merian, mare, Die Zeit sowie für das ökologischnachhaltige Magazin Oya. In seinen Büchern verbindet der in Berlin lebende zweifache Vater literarische Ansätze mit sachlichen Themen.
Herr Dr. Weber, heute hat fast jedes Unternehmen ein Nachhaltigkeitskonzept oder einen Green-Business-Plan. Nehmen Sie das ernst – oder sind das nur schöne Worte? Ich nehme das sehr ernst. Nicht unbedingt wegen der schönen Formulierungen, sondern weil in den großen Unternehmen auch auf Führungspositionen hochintelligente Menschen sitzen, die entdeckt haben, dass wir uns eine andere Auffassung von der Wirklichkeit erarbeiten müssen. Hinzu kommt, dass es immer mehr kleine und alternative Unternehmen gibt, die anders wirtschaften und damit Erfolg haben. Was bedeutet „anders“? Ihnen geht es um gutes Wirtschaften, das die Gemeinschaft bereichert. Ich glaube an die Kraft starker Individuen, die in innovativen Start-ups, aber auch innerhalb eines Konzerns am Wandel mitarbeiten. Paradox: Immer mehr sehen, dass sich etwas ändern muss. Doch gehandelt wird nur sehr zögerlich. Diese Diskrepanz ist riesengroß. Wer als Einsteiger erkennt, dass der sozioökonomische Wandel nötig ist, kann in Konzernen tatsächlich daran verzweifeln, wie langsam diese Erkenntnis in unternehmerisches Handeln umgesetzt wird. Daher empfehle ich Einsteigern, zunächst einmal für sich selber herauszufinden, wer sie sind und sein möchten. Hat man darauf eine Antwort gefunden, geht es darum, eben genau so zu sein. Ich bin Jahrgang 1967, einer der geburtenstärksten Jahrgänge überhaupt. Man hat uns in jungen Jahren gesagt, einen Job zu finden sei irrsinnig schwer, man solle sich bloß keinen Illusionen hingeben. Das Resultat sind sehr viele unglaublich defensive Lebensläufe. Biografien, die das eigene Bedürfnis in keiner Weise berücksichtigen – und die daher unglücklich machen. Und wer selber unglücklich ist, macht auch andere unglücklich. Heute ist die Situation eine andere: Viele Branchen klagen über Fachkräftemangel, die deutsche Gesellschaft wird älter. Genau. Es ist die perfekte Zeit für junge Menschen, sich das Recht herauszunehmen, auch im Beruf sie selbst zu sein. Die Chancen waren nie besser – auch, weil sich der Wandel längst am Horizont abzeichnet, die ältere Generation jedoch kaum Konzepte hat, ihn zu gestalten. Woran erkenne ich denn, wer ich bin und was ich will? Das ist in der Tat gar nicht so einfach. Wer jung ist und in ein Unternehmen einsteigt, erkennt vielleicht lange gar nicht, dass er etwas tut, das gar nicht seinem Bedürfnis entspricht. Aber irgendwann fliegt das auf. Und dann kommt es zu Burnout und Mobbing, Aggressionen und sogar Depressionen. Ich empfehle daher, sich früh einen guten Coach zu suchen. Jemanden, der gut zuhören kann – und mit dem man sich zusammen auf die Suche nach einem selbst macht. Wenn ich nun feststelle, dass ich mit daran arbeiten möchte, eine bessere Welt zu gestalten … … dann muss ich in die Wirtschaft, denn sie ist die Schlüsselstelle für die großen Veränderungen. Gandhi hat gesagt: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Wer also findet, dass die Steigerung von Effizienz kein Selbstzweck ist, dass Menschen nicht wie Maschinen behandelt werden sollten, das Wachstum nicht den Stellenwert einer Religion einnehmen sollte – der sollte auch in diesem Sinne handeln. Was bedeuten kann, dass man bestimmte Sachen nicht macht. Was sagen die Chefs dazu? Das ist der entscheidende Moment. Hat das Unternehmen Führungskräfte, die den Einzelnen ernst nehmen und die Veränderung wirklich vorantreiben möchten, wird sich eine Lösung finden. Gibt es aber nur Ärger, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das falsche Unternehmen. Dann sollte man gehen, denn dann ergibt dieser Job für einen selbst keinen Sinn. Dazu gehört Mut. Ja, aber Mut und Zivilcourage gehören zu den wichtigsten Ansprüchen, die diese Zeit an uns stellt.

Bücher von Dr. Andreas Weber:

Biokapital. Die Versöhnung von Ökonomie, Natur und Menschlichkeit. Berlin Verlag 2008. ISBN 978-3833306389. 9,95 Euro. Minima Animalia. Ein Stundenbuch der Natur. Think oya 2012. ISBN 978-3927369689. 22,80 Euro.

Weil es besser ist

Immer mehr Unternehmen verlangen von ihren Managern ökologisches und nachhaltiges Denken. Nicht nur, weil es der Umwelt hilft. Sondern auch, weil immer mehr Kunden die Qualität eines Produkts auch danach beurteilen, wie „grün“ es ist. Erfolg haben Einsteiger, die hier Chancen für echte Innovationen erkennen. Von André Boße

Die Experten des amerikanischen Nachhaltigkeitsportals GreenBiz bringen es in ihrem Bericht „State Of Green Business 2012“ auf den Punkt: Längst sei Green Business keine Option mehr nach dem Motto „Kann man machen“. Vielmehr erwarteten die Kunden heute von den Unternehmen, dass sie „grün“ denken, planen und handeln. Um Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, die sicherer und von höherer Qualität sind. Die der Umwelt guttun, weil sie aus ökologischer Sicht nicht nur eine neutrale, sondern sogar eine positive Bilanz besitzen. Die aber auch dafür sorgen, dass die Mitarbeiter des Unternehmens gerne zur Arbeit gehen, weil sie spüren: Es ergibt Sinn, sich für diesen Arbeitgeber zu engagieren. Klar ist: Die Wirtschaft denkt um. In allen Bereichen, in denen Wirtschaftswissenschaftler nach dem Studium gute Jobchancen vorfinden, hält grünes Denken Einzug – von der Produktion über Controlling, Vertrieb und Marketing bis hin zum Personalmanagement. Grün ist für die Unternehmen nicht länger nur die Farbe der Hoffnung. Grüne Konzepte sind in fast allen Branchen die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. „Seitdem Nachhaltigkeit ein nachfragerelevantes Thema ist, heißt es in zunehmendem Maße: Green Business ist gleich Good Business“, sagt Michel Gabriel. Der Diplom-Kaufmann ist Managing Director bei Interbrand Zürich und verantwortlich für das Deutschland-Geschäft der weltweit agierenden Consulting-Gesellschaft. Deutsche Unternehmen gut positioniert Fokussiert hat sich das Unternehmen auf die Markenberatung. Interbrand stellt viel beachtete Unternehmensrankings auf, dazu gehört seit zwei Jahren auch eine Rangliste der „Best Global Green Brands“: Hier werden Unternehmen danach bewertet, was sie in Bereichen wie Produktion, Einkauf, Logistik sowie bei der Reduzierung von Emissionswerten tatsächlich tun (also ihre „Performance“) und wie sie von Kunden wahrgenommen werden („Perception“). „Idealerweise“, so Gabriel, „stimmen beide Werte überein.“ Denn nur dann ist das Bild stimmig.

Die Besten in Grün

Die Rangliste „Best Global Green Brands 2012“ des Consulting-Unternehmens Interbrand bietet Einsteigern einen ersten Überblick, welche Marken beim Thema Ökologie und Nachhaltigkeit besonders aktiv sind und von der Öffentlichkeit für dieses Engagement positiv bewertet werden. Die komplette Rangliste findet sich unter www.interbrand.com
Im Wettbewerb der besten „Green Brands“ nehmen deutsche Unternehmen eine gute Position ein: „Der Standort Deutschland hat mit seinen Innovationen im Bereich Umwelttechnik im globalen Vergleich einen – noch weiter ausbaubaren – Wettbewerbsvorteil “, sagt der Marken-Experte von Interbrand. Dabei hoffen die heimischen Unternehmen auf den Nachwuchs, denn wer heute in den Beruf einsteigt, bringt nicht nur frisches Know-how, sondern auch die Werte und Ideale der sogenannten Generation Y ein. Dazu zählt eine Eigenschaft, die der Sozialwissenschaftler und Vorstandsvorsitzende der Denkfabrik „Denkwerk Zukunft“ Prof. Meinhard Miegel in einer vom nachhaltigen Business bestimmten Unternehmenswelt als unverzichtbar einschätzt: „Die junge Generation erkennt, dass es andere Dinge geben wird, die den Erfolg einer Karriere bestimmen werden. Erfolgreich ist nämlich auch, wer dazu beiträgt, dass sein Unternehmen ressourcen- und umweltschonender produziert. Oder dass die von ihm geführten Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen – und deshalb vielleicht seltener krank sind als der Durchschnitt.“ Nachwuchs im Vorteil Wie positiv Nachwuchskräfte im Bereich Green Business bereits heute Unternehmen prägen, weiß Prof. Bernd Wilke, Leiter der Technologieentwicklung bei Bosch Packaging Technology, einem Geschäftsbereich der Bosch-Unternehmensgruppe, der Verpackungen vor allem für Nahrungsmittel produziert. „Junge Manager in unserem Unternehmensverbund präsentieren sich sehr umweltbewusst und technikbegeistert“, urteilt Wilke. „Sie hinterfragen herkömmliche Methoden und Materialien, suchen nach Alternativen und fordern technische Weiterentwicklungen ein.“ Der klare Vorteil der jungen Generation: Sie ist stark vernetzt und erhält dadurch Input von verschiedensten Seiten. „Daher sind junge Manager häufig auch über technische Möglichkeiten sehr gut informiert“ – was laut Bernd Wilke aber nicht dazu führe, dass sie sich von frommen Wünschen blenden ließen. „Im Gegenteil: Ich beobachte, dass sie bereit sind, zusammen mit unseren Technikern in die Tiefe zu gehen, um so zu beleuchten, was machbar ist.“ Dabei steht die Branche der Verpackungstechnologie beispielhaft für den Geist, sich „grünen Lösungen“ mit viel Innovationskraft und Kreativität zu nähern. „Verpackungen werden vielfach als Müll betrachtet. Man muss aber sehen, dass die Verpackung das Produkt schützt – und dass die Bilanz von guten Verpackungen positiv ist: Sie schützt mehr, als sie Ressourcen benötigt“, erklärt Bernd Wilke. Doch der Produktschutz ist nicht alles: Die Verpackung der Zukunft soll zu einem Medium werden, dass bewussten Konsumenten wertvolle Informationen über das Produkt gibt. „Für den Kunden wird es möglich sein zu verfolgen, welchen Weg das Produkt von der Ernte des Rohstoffes über die Weiterverarbeitung und Verpackung bis zum Verkauf im Supermarkt gegangen ist“, blickt Bernd Wilke nach vorne. „Der Konsument kann also die Herstellungsbedingungen und die gesamte Lieferkette überprüfen.“ So können Nahrungsmittelhersteller mit der ökologischen Bilanz ihres Produktes punkten – Nachhaltigkeit hat ein hohes Marketingpotenzial. Grün steht für Qualität Grüngedachte Innovationen helfen also nicht nur der Umwelt. Sie verbessern auch die Qualität von Produkten – und sind Garanten für unternehmerischen Erfolg. Hier hat auch der Autobauer Toyota beste Erfahrungen gemacht. Das global aufgestellte Unternehmen belegt bei der Interbrand- Rangliste „Best Global Green Brands“ den ersten Platz. „Technik alleine reicht längst nicht mehr aus, um den Markenwert positiv zu beeinflussen“, sagt Markus Büsgen, Personalmanager bei Toyota Deutschland. Die Kunden legen gesteigerten Wert darauf, dass Unternehmen technische Innovationen in den Dienst von Mensch und Umwelt stellen. „Das gilt für die Entwicklung umweltschonender Fahrzeuge wie auch für ressourcenund umweltschonender Produktionsmethoden“, so Büsgen. Speziell in der Automobilindustrie müssten sich die Unternehmen auf die effiziente Nutzung der Ressourcen konzentrieren, fordert der Personalmanager. „Das Motto muss lauten: Verringern, Wiederverwenden und Recyceln.“ Bei Toyota haben Manager und Ingenieure ein eigenes Produktionssystem entwickelt, das versucht, jede Form von Abfall zu vermeiden. Im Blick hat der Autobauer aber auch seine Geschäftspartner: „Green Purchasing Guidelines“ nennt sich das Managementkonzept, mit dem Toyota den Nachhaltigkeitsgedanken im gesamten Händlernetz verbreiten möchte. Das geht soweit, dass das Unternehmen seinen Zulieferern hilft, Schwachstellen in der Energieeffizienz zu entdecken oder besonders nachhaltige Neubauten zu realisieren. In der Konzernstruktur verankert ist die Verantwortung für das Green Business bei Toyota übrigens im Bereich „Unternehmensplanung“ – also nicht in einer Nische, sondern direkt im Herzen des strategischen Managements. Daher erwartet der Autobauer von seinen Nachwuchskräften, dass sie sich mit der Nachhaltigkeitsphilosophie identifizieren – und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern auch durch ihr Denken und Handeln. Immer mehr Unternehmen nehmen Green Business ernst. Schön darüber zu reden, reicht nicht mehr aus. Es geht vielmehr darum, richtig – weil nachhaltig – zu handeln und nach vorne zu denken. Wer als Einsteiger im Management dafür Talent mitbringt, darf sich auf die Zukunft freuen: Er hat beste Chancen, auf einer verantwortungsvollen Position daran mitzuarbeiten, nicht nur seinem Unternehmen, sondern auch der Umwelt zu helfen. Und zwar nachhaltig.

Studienschwerpunkt Sustainability

Weniger um Wissen als um die Vermittlung einer Grundhaltung, die die Persönlichkeitsentwicklung unterstützen soll, geht es der Uni Witten/Herdecke bei dem Studienschwerpunkt „Sustainability“, den die Hochschule im Wintersemester 2012/2013 einführte. Prof. Sabine Bohnet- Joschko, Verantwortliche für den Schwerpunkt, erklärt: „,Gebildete Ökonomen‘, wie Alfred Herrhausen es sagte, müssen sich mit ökologischen, technologischen und sozialen Fragestellungen befassen, und sie müssen dazu eine Haltung entwickeln – dies gilt in einer globalisierten Wirtschaft mehr denn je.“ Neben festen Seminaren wird die Uni auch Gastdozenten einladen, die zu innovativen und kontroversen Themen referieren. Weitere Informationen unter www.uni-wh.de

Interview mit Dr. Anselm Grün

Bemerkenswert: Einer der gefragtesten Manager-Coaches und Business Speaker dieser Zeit ist ein Benediktinermönch. Aber Pater Anselm Grün hat auch Betriebswirtschaft studiert und ist vom Fach: Als wirtschaftlicher Leiter der Klosterbetriebe der Abtei Münsterschwarzach versteht sich der 68-Jährige auf eine Führungskultur, die den Wert der Mitarbeiter in den Fokus rückt. Ein Gespräch über eine andere Definition von Karriere, die Vereinbarkeit von Theologie und Wirtschaft sowie die Kraft, die in der Ruhe liegt. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Anselm Grün, geboren am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen, wuchs in München auf. Schon als kleiner Junge half er im elterlichen Elektrogeschäft aus und verkaufte Glühbirnen und Taschenlampen. Nach dem Abitur trat er mit 19 Jahren in die Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Würzburg ein. Er studierte Philosophie und Theologie und promovierte 1974 als Theologe. Im Anschluss studierte er in Nürnberg BWL und übernahm nach dem Abschluss den Posten des wirtschaftlichen Leiters (Cellerar) der Abtei. Sein erstes Buch schrieb Anselm Grün 1976. Aktuell zählt seine Bibliografie rund 300 lieferbare Bücher auf, die sich weltweit mehr als 20 Millionen Mal verkauft haben. In seinen Kursen und Vorträgen widmet sich der 68-Jährige vor allem Managern. Für viele Top-Manager ist Anselm Grün heute ein spiritueller Berater und geistlicher Begleiter geworden. www.anselm-gruen.de
Pater Anselm Grün, unser Gespräch erscheint in der Rubrik „Top-Manager- Interview“. Fühlen Sie sich hier gut aufgehoben? (lacht) Also, als Top-Manager sehe ich mich sicherlich nicht. Ich bin in erster Linie ein Mönch des Benediktinerordens … … tragen aber die Verantwortung für 20 klösterliche Betriebe mit 300 Angestellten, darunter ein sehr erfolgreicher Verlag und ein Energieprojekt, das Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Das stimmt, ich bin seit 1977 Cellerar des Klosters und als solcher der wirtschaftliche Leiter dieser Betriebe. Das mag insgesamt vielleicht die Dimension eines mittelständischen Unternehmens annehmen, doch ich widme mich dieser Aufgabe nicht mit dem Gefühl eines Top-Managers. Worin liegt der Unterschied? Ich verfüge über kein klassisches Karrieredenken. Ich arbeite nicht, um eine Laufbahn zu beschreiten. Ich tue meine Arbeit, um andere Menschen zu unterstützen. Um ihnen Selbstvertrauen zu geben und sie zu ermutigen, ihren eigenen Werten zu vertrauen. Stehen Sie dem Begriff der Karriere grundsätzlich skeptisch gegenüber? Das nicht, nein. Wer Karriere macht, erhält dadurch Macht. Und Macht kann etwas Positives sein, denn sie gibt mir die Möglichkeit, etwas mitzugestalten. Zum Beispiel die Zukunft eines Unternehmens. Um Ernst Bloch zu zitieren: „Wertvoll ist nur das, was Hoffnung vermittelt.“ In diesem Sinne sollten Unternehmen die Aufgabe wahrnehmen, Hoffnung auf eine bessere, menschlichere Zukunft zu vermitteln. Damit das gelingen kann, benötigen die Firmen Menschen, die Freude daran haben, diese Zukunft mitzugestalten. Sehen Sie viele Unternehmen, die diese Aufgabe erfüllen? Durchaus. Im Zeitalter der Globalisierung erfüllen internationale Unternehmen zum Beispiel die Aufgabe, Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen zu integrieren. Das ist eine sehr wichtige Funktion für unsere heutige Weltgesellschaft. Bevor Sie 1977 das Amt des Cellerars antraten, studierten Sie in Nürnberg BWL. Sie sprechen rückblickend von einem beinahe krisenhaften Erlebnis. Was hat Sie damals so sehr irritiert? Schon die Einschreibung (lacht). Ich hatte kurz zuvor in Theologie meine Promotion abgelegt – und nun war ich plötzlich wieder Erstsemester. Ich erinnere mich daran, dass ich nur wenig Selbstvertrauen besaß. Die Welt der Theologie unterscheidet sich halt deutlich von der Welt der Betriebswirtschaftslehre. In Ihrer Abtei gelingt es Ihnen, diese beiden Welten zu vereinbaren. Wann merkten Sie, dass das geht? Während des Studiums habe ich nur wenige Parallelen entdecken können. Die Inhalte der Lehre sind doch sehr unterschiedlich. Das änderte sich jedoch, als ich 1977 als wirtschaftlicher Leiter zu arbeiten begann. Ich habe gemerkt: Wenn ich die Arbeitsatmosphäre in den Betrieben verbessere, dann ist das auch eine Form von Seelsorge. Ein Mensch, der gerne arbeitet, tut seiner Seele etwas Gutes.

Literatur:

Leben und Beruf: Eine spirituelle Herausforderung. Vier Türme 2005. ISBN 978-3878682950. 16,90 Euro Menschen führen. Leben wecken. Vier Türme 2007. ISBN 978-3878681328. 16,90 Euro
Sie haben also die betriebswirtschaftliche Seelsorge für sich entdeckt. Ja, und da helfen keine frommen Worte. Diese Art von Seelsorge ist nüchterner als die, die man aus dem katholischen Glauben kennt. Es geht um Achtung vor den Leuten. Um Vertrauen in ihre Fähigkeiten. Um einen fairen Umgang miteinander – und zwar besonders in einem Kontext, in dem es eben auch um Wirtschaftlichkeit geht. Wirtschaften denn Unternehmen, in denen diese Werte gelebt werden, besser? Ja, dazu gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen. Durch Unfreundlichkeit und mangelnde Sensibilität geht in Unternehmen sehr viel Potenzial verloren – ganz einfach, weil keiner gerne dort arbeitet, wo ihm Verachtung entgegenschlägt. Und auch Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern permanent misstrauen, verbrauchen sehr viel Energie. Als Sie in den Siebzigerjahren BWL studierten, glaubten viele in dem Fach noch an ewiges Wachstum und fixierten sich fast ausschließlich auf Leistung und Gewinnmaximierung. Heute kommt Bewegung in die Sache: Hochschulen bieten Schwerpunkte im Bereich Nachhaltigkeit und laden Wachstumskritiker zu Vorlesungen ein. Warum dieser Paradigmenwechsel? Die Leute haben erfahren, dass die alleinige Fixierung auf Geld und Wachstum die Menschen ausbeutet. Man sprach lange Zeit vom „Humankapital“. Man dachte, man könnte Mitarbeiter behandeln wie eine Maschine oder die Büroausrüstung. Heute weiß man: Wenn ich einen Menschen nicht menschlich behandle, dann wird er auf Dauer keine guten Leistungen mehr bringen. Es gibt Einsteiger, die sich sagen: „Für Werte ist später noch Zeit – als Nachwuchskraft muss ich mich erst einmal voll auf die Leistung fokussieren.“ Was halten Sie entgegen? Wer heute in ein Unternehmen einsteigt, wird nicht mehr nur danach beurteilt, wie viel Leistung er bringt. Kollegen und Führungskräfte sehen auch den Menschen, der da im Unternehmen anfängt. Und da ist, wie überall im Leben, der erste Eindruck wichtig. Wer als junger Mensch in die Firma kommt, sich alleine über Zahlen definiert und dabei Dinge wie Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft vergisst, wird Probleme bekommen – und zwar nicht nur mit den Kollegen, sondern auch mit sich selber. Denn nur, wenn ich die Werte der anderen achte, werde ich auch selber in meinem Wert geachtet. Sie helfen häufig Managern, die jahrelang auf Leistung getrimmt waren und sich ausschließlich über Zahlen definiert haben. Was fehlt diesen Menschen? Oft fehlt ihnen das Vertrauen in ihre eigene Person und die Fähigkeit, über ihre Gefühle zu reden. Stattdessen dreht sich alles um Zahlen, Macht und Einfluss. Das Resultat ist eine menschliche Verarmung, die keine Zahl der Welt begleichen kann. Das Tröstliche ist aber, dass die menschlichen Werte in einem nicht einfach so verschwinden. So verstehe ich meine Arbeit: Ich möchte Menschen helfen, diese inneren Werte zu entdecken und zu stärken.

Zur Abtei Münsterschwarzach

Die Ursprünge des Klosters im unterfränkischen Schwarzach am Main gehen zurück bis zum 8. Jahrhundert, als es von der dritten Ehefrau Karls des Großen als Frauenkloster gegründet wurde. Im Zuge der Säkularisierung wurde die Abtei Anfang des 19. Jahrhunderts aufgelöst und erst 1913 von den Missionsbenediktinern wieder als Kloster in Betrieb genommen. Neben der Missionsarbeit betreiben die Mönche der Abtei rund 20 Betriebe, die unter der Vier Türme GmbH zusammengefasst sind – darunter einen Handel mit fairen Waren, eine Goldschmiede, ein Blockkraftheizwerk, Metzgerei, Bäckerei, Druckerei sowie den Vier Türme Verlag, der auch die Bücher des Cellerars Anselm Grün veröffentlicht. Das Jubiläumsjahr 2013 zum 100. Jahrestag der Rückkehr der Mönche nach Schwarzach beginnen die Mönche mit einer dreimonatigen „Zeit der Entschleunigung“: keine Außentermine, dafür viel Gebet und Gemeinschaft.

THOST Projektmanagement GmbH

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Branche
Projektmanagement

Produkte/Dienstleistungen
THOST ist eines der führenden deutschen Unternehmen im Projektmanagement. Von unseren Standorten in Deutschland steuern wir komplexe Projekte in den Bereichen Immobilien, Mobilität, IT, Anlagenbau, Infrastruktur und Energie.
Mit unserer breit gefächerten Expertise
im Projektmanagement betreuen wir
nationale und internationale Industriekunden sowie öffentliche und private Investoren. Projekte sind unsere Welt!

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Bedarf an HochschulabsolventInnen
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Gesuchte Fachrichtungen
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Einsatzmöglichkeiten
Projektsteuerung und Projektmanagement, Contract- und Claimsmanagement, Risk Management, IT-Consulting

Einstiegsprogramme
Praktikum, Werkstudententätigkeit, Abschlussarbeit, Direkteinstieg

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