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E-Paper karriereführer ingenieure 1.2017

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karriereführer ingenieure 1.2017 – Pioniergeist

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Cover karriereführer ingenieure 1.2017

Pioniergeist: Das Erfolgsprinzip der Zukunft

Grundlage für die großen Pioniertaten sind in der Regel echte Probleme, für die es Ideen braucht. Bekommen Querdenker genug Zeit und Freiraum, entstehen Lösungen mit enormem Innovationspotenzial. Unsere Beispiele zeigen: Es muss keine Millionen kosten, den Pioniergeist zu wecken. Häufig reichen kluge Konzepte, Neugier und Abenteuersinn – und mutige Ingenieure.

Pioniergeist: Das Erfolgsprinzip der Zukunft

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Grundlage für die großen Pioniertaten sind in der Regel echte Probleme, für die es Ideen braucht. Bekommen Querdenker genug Zeit und Freiraum, entstehen Lösungen mit enormem Innovationspotenzial. Unsere Beispiele zeigen: Es muss keine Millionen kosten, den Pioniergeist zu wecken. Häufig reichen kluge Konzepte, Neugier und Abenteuersinn – und mutige Ingenieure. Von André Boße

Zusammen mit drei Kollegen war Manfred Przybilla einige Jahre lang für einen großen deutschen Projektentwickler für Wind- und Solarparks tätig. 2011 erhielt das kleine Team einen Auftrag vom Arbeitgeber: Gesucht wurden neue Batteriespeicher für erneuerbare Energiesysteme. Gut zwei Jahre lang untersuchte Przybilla den Markt. Er sprach mit Chefs, Managern und Entwicklern der Top-Unternehmen aus der Batterie-Industrie. Eine Lösung fand er nicht: „Wir haben nichts Passendes gefunden, sind komplett am Markt verzweifelt“, erzählt der Ingenieur. Aus Verzweiflung kann sich lähmende Niedergeschlagenheit ergeben. Aber eben auch Pioniergeist.

„Wir saßen zu dritt zusammen und fingen zunächst einmal bei ganz banalen und grundlegenden Aspekten an“, erinnert sich Przybilla. Frage eins: Gehört den erneuerbaren Energien überhaupt die Zukunft, oder werden in ein paar Jahren doch wieder Kernkraftwerke gebaut? Das Team war sich sicher, dass den Erneuerbaren die Zukunft gehört. Auch auf die zweite Frage „Werden dafür neue Batteriesysteme gebraucht?“ fiel die Antwort leicht: „Ja, denn nur dann können sie überhaupt sinnvoll genutzt werden.“ Nach der Klärung der Grundfragen entstand der Pioniergeist: „Was müssten Batterien für erneuerbare Energiesysteme leisten, um nicht wie ein Formel-Eins-Auto aus den 90er-Jahren dahinzuruckeln, sondern den Anforderungen des Marktes und der Technik zu entsprechen?“

Pioniergeist kritisch hinterfragen

Die Idee der „AmbiBox“ war geboren. Przybillas Unternehmen entwickelte ein Gerät, das es ermöglicht, diverse Gleichstromgeräte miteinander zu verbinden – ohne Umweg über das Wechselstromnetz. „Als wir diesen technischen Geistesblitz hatten, waren wir selbst erstaunt, wie groß die Idee ist. Danach begann die Phase, in der wir versucht haben, die Sache kleinzureden“, sagt er. Dieses Vorgehen sei typisch für deutsche Ingenieure: „Man möchte halt auf gar keinen Fall auf die Nase fallen, daher sucht man intensiv nach etwas, das der Idee auf dem Weg zur Innovation im Weg stehen könnte.“ Nach intensivem Nachrechnen, Gesprächen mit Lieferanten und einer Patentrecherche war klar, dass diese Pionierleistung funktionieren kann.

Der Neugier-Index

Was kann Neugier bewirken? Wie wird aus Neugier Innovation? Wie trägt Neugier zur Lösung von Zukunftsfragen bei? Diesen Fragen will das Wissenschafts- und Technologieunternehmen Merck auf die Spur gehen. Der Konzern hat dazu einen Kreis aus Experten zusammengestellt, die sich eingehend mit dem Thema beschäftigen. Herausgekommen ist unter anderem eine Neugier-Studie, die zeigt, wie neugierig die Mitarbeiter von Merck auf der ganzen Welt sind und in welchem Maße Neugier von ihrem Arbeitgeber unterstützt wird. Vier Dimensionen wurden dabei gemessen: Wissbegierde, Kreativität, Offenheit und Stresstoleranz. Wer ebenfalls herausfinden will, wie neugierig er ist, kann einen Online-Test dazu machen:
https://curiosity.merck.de/interactive

Ende 2016 gewann das Unternehmen den Gründerpreis „Pioniergeist 2016“, jetzt steigt es in die Produktion ein. Neben der Idee ist das Erfolgsrezept aus Przybillas Sicht, dass das Dreierteam ideal aufgestellt ist: „Wir ergänzen uns perfekt, weil wir für alle nötigen Bereiche eines Unternehmens die richtigen Leute haben: einen Elektronikentwickler, jeweils jemanden für die Software, für das Patentwesen und für die kaufmännische Firmenführung.“

Diese Geschichte zeigt: Der Pioniergeist ist keine mysteriöse Erscheinung, kein Geist aus der Flasche. Man kann ihn fördern, indem ein Unternehmen bestimmte Faktoren gewährleistet. Allen voran ein echtes Problem, für das der Markt noch keine Lösung kennt. Auch wichtig ist ein unter den Gesichtspunkten der Diversity zusammengesetztes Team sowie genügend Zeit und Raum, damit diese Menschen mit ihrer Expertise und mit Blick auf das Problem die richtigen Fragen stellen können. „Auf diese Art wird der Pioniergeist zum Erfolgsrezept der Zukunft“ , sagt Franz Kühmayer, Trendforscher beim Zukunftsinstitut und Experte für die Zukunft der Arbeit.

Was beim AmbiBox-Team funktionierte, ist jedoch nicht die Regel. Pioniergeist ist wichtiger denn je, doch der Praxis-Check zeige, dass er es in vielen technischen Unternehmen weiterhin schwer hat. Kühmayer: „Führungskräfte sind in den vergangenen Jahren ständig mit Hiobsbotschaften konfrontiert: Euro-Krise, politische Unsicherheiten, digitale Disruption – irgendwo lauert immer das Unheil.“ Und in solchen unsicheren Zeiten schlage dann eher die Stunde der Bremser und Reformverweigerer. „Man geht lieber auf Nummer Sicher. Dabei scheitern viele Unternehmen gerade deswegen, weil sie nicht den Mut haben, etwas zu riskieren.“ Bequeme Stabilität könne jedoch zu einer fatalen Starre führen. Kühmayer: „Ich bin daher davon überzeugt: Wir leben in einer geradezu prototypischen Aufbruchzeit, die einen fruchtbaren Boden für frische Ideen liefert. Auch wenn es paradox klingt: Es ist grundvernünftig, gerade jetzt mutig zu denken und zu handeln.“

In der Krise wohlfühlen

Woher den Mut nehmen, wenn die Stimmung in den Unternehmen eher ängstlich ist? Kühmayer rät jungen Ingenieuren, sich nicht von der negativen Stimmung anstecken zu lassen. „Wir sind gut beraten, dem Wort Krise seinen Schrecken zu nehmen“, sagt der Trendforscher. „Krisen sind reinigende Katalysatoren für künftige Entwicklungen – und daher also produktive Zustände. Allerdings nur dann, wenn man bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen und sich der Unbequemlichkeit des Neuen, Unbekannten und Irritierenden zu stellen.“ Das funktioniere nicht nur in jungen Unternehmen der Start-up-Szene. „Auch in den meisten Dinosaurier-Unternehmen gibt es sehr bewegliche, leichtfüßige Einheiten.“

Generation Global

Nach der Generation Y und der Generation Z haben Trendforscher des Zukunftsinstituts die nächste Gruppe junger Menschen ausgemacht: die Generation Global. Ihr sind Statussymbole wie teure Autos nicht mehr wichtig – viele von ihnen machen nicht mal mehr ihren Führerschein. Reisen, Umweltbewusstsein und Fair Trade sind die Themen, mit denen sich die Generation Globalbeschäftigt. Globale Probleme beschäftigen die jungen Leute heute mehr als persönliche Sorgen. Sie teilen, statt neu zu kaufen, und suchen sich Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlen: Menschen, die die gleichen Werte und Interessen haben wie sie – auch über Landesgrenzen hinweg. Mehr über die Generation Global im Zukunftsreport 2017 des Zukunftsinstituts: www.zukunftsinstitut.de/artikel/zukunftsreport/die-generation-global
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/lebensstile/generation-global-die-neuen-kosmopoliten/

Der Schlüssel dafür, deren Potenzial freizusetzen, sei mehr Mut zur Partizipation: Gerade innovationsbereite Ingenieure müssten einen Drang entwickeln, sich an der Lösung von Problemen zu beteiligen. „Ob das klappt, ist nicht nur eine Frage der Strukturen, sondern auch der Unternehmenskultur. Es ist eine Frage des Menschenbildes, das sich Führungskräfte zurechtgelegt haben: nämlich ob man daran glaubt, dass die Menschen in der Organisation bereit und willens sind, sich einzubringen.“ Interessant ist, dass Kühmayer den Begriff Führung anders definiert: Führung sei heute nicht mehr eine „richtungsweisende Aufgabe“, sondern eine „dienende“. „Leadership wird zum Dienst am Mitarbeiter, um ihn in die Lage zu versetzen, nicht nur Klarheit zu seiner eigentlichen Aufgabe und persönlichen Entwicklung zu haben, sondern um ihn darüber hinaus in die Lage zu versetzen, Einfluss zu nehmen.“

Eine Währung, die dabei besonders wichtig ist, ist das Vertrauen. Gerade junge Ingenieure, die sich an der Uni im Idealfall mit Pioniergeist ausgerüstet haben, profitieren in den ersten Jahren enorm vom Geschenk des Vertrauens, wenn es ihnen von Führungskräften entgegengebracht wird. „Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich der überwiegende Teil der Führungskräfte nach wie vor auf Führungsprinzipien verlässt, die auf Verhaltenskontrolle beruhen“, sagt der Arbeitsexperte vom Zukunftsinstitut. Das heißt, es wird vor allem beobachtet, wie sich Mitarbeiter am Arbeitsplatz verhalten, welche Arbeitsweisen sie an den Tag legen oder wann sie wie viel arbeiten. „Die auf Pioniergeist ausgerichtete Führungskraft wird sich stattdessen an den Ergebnissen des Ingenieurs orientieren und ihm dabei weitreichende Freiheiten einräumen.“ Dazu gehörten wertschätzendes und offenes Feedback sowie gemeinsames Lernen aus Fehlern. „Gerade hochqualifizierte Wissensarbeit lebt von intensiven Rückkopplungen und braucht den Austausch.“

Neue Räume für neue Ideen

Besonders die großen Konzerne entdecken daher aktuell, dass sie für diesen Austausch den organisatorischen Rahmen schaffen müssen. Will heißen: Wer Pioniergeist entwickeln möchte, benötigt Zeit und Raum. Im Hauptsitz des Bayer-Konzerns in Leverkusen gibt es seit einiger Zeit das Kreativraumkonzept „icorner“. Ideengeber ist Dr. Ouelid Ouyeder, der als Operational Excellence Consultant im Konzern die Aufgabe hat, Arbeitsprozesse zu optimieren. Dabei erinnerte er sich an einen Ansatz, der ihm im Rahmen eines „Design Thinking Workshops“ gefallen hatte – ein Raum, der Freiräume bietet, weil er sich von der Innengestaltung bis zur Ausstattung von den anderen unterscheidet. Der „icorner“-Raum mit seinen zwei Fensterfronten und dem flexiblen Mobiliar unterscheidet sich fundamental von üblichen Konferenzräumen. „Alles ist darauf angelegt, dass man hier kreativ und innovativ arbeiten kann“, sagt Ouyeder. Es gibt ein White Board, die Sitzmöbel haben keine Rückenlehne und zeigen damit sinnbildlich, dass die Mitarbeiter hier „gedanklich immer dynamisch sind“, wie Ouyeder sagt. Zudem verfügt der Raum über einen gut ausgestatteten Materialkasten, sodass gerade die Ingenieure, die sich im Raum treffen, an Ort und Stelle einen Prototyp ihrer Idee konstruieren können.

Gekostet habe dieses Raumkonzept nicht viel, sagt Ouyeder. „Und das muss auch gar nicht sein, denn eine zu perfekte Ausstattung kann wiederum blockieren.“ Es dauerte nur ein paar Monate, dann hatte sich „icorner“ als neue Heimat der Bayer-Pioniere im Konzern herumgesprochen. „Heute ist der Raum nahezu ausgebucht“, sagt Ouelid Ouyeder. Er biete damit ein Beispiel, dass Innovationen und Pioniertaten längst nicht nur in top-ausgestatteten Laboren der Forschungs- und Entwicklungsabteilung stattfinden. Ouyeder: „Pioniergeist entsteht dort, wo Experten verschiedener Gebiete frei miteinander ins Gespräch kommen, um ein Problem zu lösen.“ Das Bayer-Beispiel zeigt: Der Aufwand, Räume dieser Art zu schaffen, ist überschaubar.

Fluggeräte, die die Luftfahrt revolutionieren werden

– Roboterflugzeug Zip: ein Transportflieger, der Kliniken in Ruanda mit Blutkonserven versorgen soll
– Amazon-Lieferdrohne: online bestellen, 30 Minuten später wird das Paket geliefert
– Volocopter: eine Personendrohne, die Menschen in und aus der Stadt hinaus befördern soll
– Carplane: ein fliegendes Auto
– Bloostar: ein Ballon, der ein Raketensystem in die Stratosphäre ziehen soll
– SpaceShipTwo: ein Raumschiff, das Weltraumtouristen ins All fliegen soll

Wie weit ist sie Entwicklung dieser und weiterer Fluggeräte fortgeschritten? Das lesen Sie hier: www.wired.de/collection/tech/diese-10-fluggeraete-werden-die-luftfahrt-revolutionieren

Interview mit Prof. Dr. Lars Vollmer

Schon als Student der Ingenieurwissenschaften hat sich Lars Vollmer eher für Themen wie Planung und Logistik interessiert als für den Maschinenbau. Seine Expertise nutzt der Universitätsprofessor, um technische Unternehmen zu beraten, wie sie Pioniergeist fördern statt verhindern. Kritisch im Blick hat der 45-Jährige dabei alle Managementpraktiken, die Ingenieure von der Arbeit abhalten, wie er auch in seinem Buch „Zurück zur Arbeit“ schreibt. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Lars Vollmer, geboren 1971 in Lüdenscheid, reagierte auf die Karrierewege seines Vaters und seiner älteren Brüder als Kaufmänner mit der Entscheidung:
„Genau das mache ich nicht!“ Er studierte Ingenieurwissenschaften mit den Schwerpunkten Logistik sowie Produktionsmanagement und -steuerung. Er promovierte im Jahr 2000 über eine sich selbst organisierendeProduktion. Nach dem Studium machte er sich zusammen mit einem Freund mit einer Beratungsfirma selbstständig und plante Fabriken. Seit 2006 hat er einen Lehrauftrag an der Universität Hannover, 2011 gründete er zudem den ThinkTank intrinsify.me sowie 2015 die Future Leadership eAcademy.

Herr Prof. Vollmer, ein junger Ingenieur in einem technischen Unternehmen möchte einen neuen Prozess in Gang setzen – scheitert aber an den Strukturen. Was muss sich bei seinem Arbeitgeber ändern?
Das Unternehmen muss die organisatorischen Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, damit neue Ideen und Maßnahmen nicht nur umgesetzt werden können, sondern sogar gefördert werden. Es reicht nicht, als Arbeitgeber nur darauf zu hoffen, dass es unter den Mitarbeitern genug rebellische Pioniergeister gibt, die allen organisatorischen Widrigkeiten zum Trotz als Einzelkämpfer eine Veränderung in Gang setzen.

Warum reichen die etablierten Organisationsformen der Unternehmen vielfach nicht aus?
Weil Innovation laut Organisation nicht vorgesehen ist. Schauen Sie sich die Stellenbeschreibungen im Personalmarketing an. Da werden Dinge aufgelistet, die ein neuer Mitarbeiter tun soll. Hält er sich daran, wird sich in dem Unternehmen ganz sicher überhaupt nichts ändern. Denn ich wüsste nicht eine Stellenbeschreibung, in der ich gelesen hätte, der neue Mitarbeiter habe auch die Aufgabe, Dinge grundlegend zu ändern oder neu zu denken.

Sprich: Eigentlich suchen Unternehmen keine querdenkenden Ingenieure, sondern Leute, die streng nach Vorgabe arbeiten.
Na ja, sie suchen schon nach Innovatoren. Die meisten Unternehmen erkennen, dass es ohne gar nicht geht. Also hoffen sie im Stillen, dass die Mitarbeiter sich freischaufeln werden von den Vorschriften, die das Unternehmen selbst aufgestellt hat. Das funktioniert aber natürlich nicht, denn nicht in jedem steckt ein Held. Deutlich sinnvoller wäre es, wenn die Arbeitgeber organisatorisch dafür sorgten, dass das Querdenken und Umsetzen von Änderungen möglich ist.

Gibt es dafür einen organisatorischen Masterplan?
Tja, das hätten wir Deutschen immer gern, aber das Patentrezept gibt es nicht. Natürlich ist es ein guter Ansatz, Räume zu schaffen, in denen Ideen entstehen und umgesetzt werden können. Hilfreich ist zudem das Geschenk eines Problems. Klingt vielleicht komisch, ist aber für ein Team eine gute Sache: Wenn Sie einer gut zusammengestellten Gruppe ein Problem zur Verfügung stellen, arbeitet sie häufig sehr fokussiert an einer Lösung. Wichtig ist nur, dass es sich um ein echtes Problem handelt, also nicht um ein ernebeltes Problem nach dem Motto „Man müsste mal …“.

Unternehmen hoffen im Stillen, dass die Mitarbeiter sich freischaufeln werden von den Vorschriften, die das Unternehmen selbst aufgestellt hat.

Viel besser funktioniert ein Problem wie: „Schaut mal, unser Kunde hat vom Angebot unseres Mitbewerbers erzählt. Wir können hier gar kein Gegenangebot machen, weil uns das Produkt fehlt. Das sollten wir ändern. Und zwar bis übernächsten Mittwoch. Los geht’s.“ Sprechen Sie Ihr Team so an, werden Sie kein Problem haben, Leute dafür zu gewinnen. Und Sie werden auch nicht beobachten, dass es nur schwer in die Gänge kommt, denn das Problem ist offensichtlich dringlich. Das Team wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses Tempo aufnehmen.

Worauf kommt es an, wenn Unternehmen und Führungskraft organisatorisch den Innovations- und Pioniergeist der Ingenieure fördern möchten?
Wenn wir einsehen, dass Kontrolle eh nicht möglich ist, können wir dazu übergehen, viele Sachen wegzulassen. Der Ökonom Peter Drucker hat einmal gesagt, 90 Prozent aller Praktiken eines Managers dienten nur dazu, den Mitarbeiter von der Arbeit abzuhalten. Und es stimmt: Wir haben uns mit den Jahren eine Summe von Mangementtätigkeiten eingehandelt, die vielleicht einmal einen guten Zweck erfüllt haben, uns jetzt aber mehr schaden als nutzen. Es ist eine Aufgabe von Führungs-, aber auch von Nachwuchskräften, diese Praktiken auf ihre Wirksamkeit zu hinterfragen. Wobei man unterscheiden muss: Ich frage nicht, ob sie mir gefällt. Sondern ob sie wirksam ist. Erkenne ich, dass das kaum noch der Fall ist, sollte ich mich fragen: Was kann ich daran ändern? Kann ich sie vielleicht einfach streichen? Und brauche ich dann tatsächlich eine neue?

Können Sie ein Beispiel nennen?
Nehmen Sie die Mitarbeitergespräche zu Beginn eines Jahres. Eine schöne Tradition, die Führungskraft und Mitarbeiter einmal im Jahr näherbringt. Aber was bringt das? Kann man das streichen? Im Grunde schon. Erstens, weil dieses Gespräch eher dem Dialog zweier Androiden gleicht, begleitet von einer Checkliste aus der Personalabteilung. Und zweitens, weil es diese Gespräche eigentlich über das ganze Jahr geben sollte, nämlich immer dann, wenn es ein echtes Problem gibt, für das eine Lösung gesucht wird.

Von den Regularien befreite Ingenieure haben die Gelegenheit, ihren Pioniergeist zu wecken.

Würden Sie jungen Ingenieuren im Unternehmen raten, schon früh gegen unsinnige Rituale anzugehen? Oder ist das Risiko zu hoch?
Berufsgruppen wie junge Ingenieure oder ITler haben ja kaum etwas zu verlieren, sie werden gesucht – zudem stehen Einsteiger häufig unter Welpenschutz. Warum also nicht den Mut haben, das eine oder andere scheinbare Tabu anzusprechen? Zum Beispiel die Unsinnigkeit der Meetingkultur in einem Unternehmen. Was Mut verlangt, aber Erfolg verspricht, ist, die Rituale zu karikieren. Das bringt Humor in die Sache – und Humor ist ein wirkungsvolles Ventil.

Buchtipp

Der Untertitel von Lars Volllmers neuem Buch gibt die Richtung seiner Argumentation vor: „Wie aus Business-Theater wieder echte Unternehmen werden“. Vollmer legt dar, wie viele Rituale und Praktiken selbst in modernen technischen Unternehmen reine Inszenierungen sind, die Zeit kosten, das Unternehmen jedoch kein Stück nach vorne bringen. Dazu zählt die Meeting-Kultur, aber auch gut gemeinte Kommunikationsformen wie ritualisierte
Mitarbeitergespräche zu Beginn eines neuen Jahres. Vollmer schlägt auch vor, was sich in den Unternehmentun muss: weg mit Routinen, die Mitarbeiter nur ermüden – hin zu einer ehrlichen und modernen Arbeitskultur. Lars Vollmer: Zurück an die Arbeit! Wie aus Business-Theatern wieder echte
Unternehmen werden. Linde Verlag 2016. 24,90 Euro

Wie kann das aussehen?
Gehen Sie zu Ihrer Führungskraft und fragen Sie ihn: „Der Tacker ist leer, darf ich Nadeln nachfüllen?“ Der wird sie angucken und sagen: „Na klar dürfen Sie das!“ Worauf Sie sagen können: „Ich dachte, ich frage lieber, weil es hier ja für alles andere auch Vorschriften gibt.“

Ist das nicht gefährlich?
Na ja, wenn Sie es charmant rüberbringen nicht unbedingt. Aber es kann Wirkung erzielen, vor allem, wenn sie neu im Unternehmen sind und noch nicht die formale Macht besitzen, Veränderungen anzustoßen. Klar, es gibt immer auch die Option, nichts gegen die Rituale und die lähmenden Strukturen zu unternehmen. Ob Sie damit auf Dauer glücklich werden, ist eine andere Frage.

Wohin führt eine Arbeitswelt, in der sinnlose Rituale verschwinden?
Es entstehen Zeit und Räume für Innovationen. Von den Regularien befreite Ingenieure haben dann endlich die Gelegenheit, ihren Pioniergeist zu wecken. Denn dieser schläft ein, wenn er nur in einem engen Zeitraum zwischen zwei Meetings gefragt ist.

Autonomes Fahren – die Revolution des Automobils

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Fahren Autos demnächst ohne Fahrer? Ingenieurin Carola Halder arbeitet bei BMW am Zukunftsthema Autonomes Fahren und berichtet von ihren Aufgaben im Projektmanagement und in der Softwareentwicklung.

„In der Automobilbranche arbeiten? – Nein, das ist nicht das Richtige für mich“, dachte ich vor einigen Jahren. Ich hatte gerade mein Studium der Elektround Informationstechnik in Karlsruhe abgeschlossen und suchte eine Herausforderung. Die Automobilbranche schien mir wenig innovativ und dynamisch. Gerade in der Softwareentwicklung, die mich interessierte, gab es nur sehr begrenzt spannende Stellen. Jetzt, zwei Jahre später, arbeite ich doch in dieser Branche, genauer gesagt im Bereich Autonomes Fahren bei BMW. Die Folge? Ich nehme die Automobilbranche nun komplett anders wahr.

Bund fördert Entwicklungfahrerloser Fahrzeuge

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) will Forschungsinitiativen auf dem Gebiet der autonomen elektrischen Mobilität fördern. „Autonome elektrische Fahrzeuge zum Transport von Personen oder Gütern stellen weit mehr als eine lineare Weiterentwicklung des Automobils dar. Vielmehr handelt es sich hierbei um ,disruptive‘ Fahrzeugkonzepte, die die Grundlage für neue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen schaffen können“, ist in einer Bekanntmachung des BMBF zu lesen. Die deutsche Automobilindustrie befinde sich hier mit innovativen internationalen Unternehmen in einem Wettlauf um die Systemführerschaft, so das BMBF weiter. Die Förderung beantragen können Hochschulen oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen, die ihre Forschung und Entwicklung in Deutschland betreiben. Die Beteiligung von kleinen und mittelständischen Unternehmen an dieser Fördermaßnahme ist ausdrücklich erwünscht.
Weitere Infos:
www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1311.html

Für mich gibt es aktuell kaum einen spannenderen Geschäftszweig. Viele neue Technologien nehmen Einzug und sind dabei, das Automobil, wie wir es jahrzehntelang kannten, grundlegend zu revolutionieren. Das Auto wird immer mehr zu einem intelligenten System, das Daten aufnimmt, verarbeitet und in entsprechende Aktionen umsetzt. Dadurch ergeben sich viele interessante Tätigkeiten für softwareaffine Ingenieure und Informatiker. Eins dieser spannenden Aufgabenfelder ist die Automatisierung der Fahraufgabe.

In der Abteilung für Autonomes Fahren arbeiten wir an allen Aspekten rund um dieses innovative Thema. Noch sind nicht alle Konzepte dieses Bereichs definiert, demnach gibt es noch viele offene Forschungsthemen. Gleichzeitig sind durch den Projektkontext die Anforderungen, Deadlines und ein reger Austausch mit dem Management gegeben. Dadurch kann ich viel selbst mitgestalten, es gibt Raum für wissenschaftliche Arbeit, aber wir haben trotzdem stets ein klares Ziel vor Augen. Technisches Projektmanagement – also die Definition der Anforderungen und Meilensteine, die Planung der Architektur sowie die Abstimmung mit industriellen Projektpartnern wie Intel und Mobileye – und Softwareentwicklung, wie der Entwurf von Konzepten, die Implementierung sowie der Test von Software, sind die Hauptaufgaben. Ich habe bereits in beiden Bereichen gearbeitet.

Anfangs war ich im Lieferantenmanagement tätig. Die Zusammenarbeit mit Dienstleistern und Lieferanten spielt in unserem Unternehmen eine zentrale Rolle. Die Lieferanten entwickeln Komponenten oder Teilumfänge und leisten damit einen großen Beitrag zur Wertschöpfung. Als Ingenieurin muss ich die zu leistende Entwicklungsarbeit definieren, steuern und überprüfen. Das Ausloten unterschiedlicher Interessen ist hierbei eine enorme Herausforderung. Durch das Zusammenspiel von technischen, koordinierenden und kaufmännischen Aspekten ist die Tätigkeit sehr vielseitig und verlangt sowohl fundiertes Fachwissen als auch ein breites System- und Prozessverständnis.

Entwicklungszentrum für autonomes Fahren

Rund 600 Mitarbeiter der BMW Group beschäftigen sich derzeit mit der Entwick lung des hochautomatisierten Fahrens. 2021 soll der BMW iNEXT auf die Straßen kommen, ein autonom fahrendes, elektrisches und voll vernetztes Fahrzeug; wei tere Modelle sollen folgen. Um dieses Ziel zu erreichen, will die Unternehmens gruppe ab Mitte 2017 ihre Entwicklungskompetenzen für Fahrzeugvernetzung und automatisiertes Fahren in einem neuen Campus in Unterschleißheim bündeln. Über 2000 Mitarbeiter sollen am neuen Standort von der Softwareentwick lung bis hin zur Straßenerprobung die nächsten Schritte zum vollautomatisierten Fahren entwickeln. Schon ab 2017 soll hochautomatisiertes Fahren auch im städti schen Umfeld in München erprobt werden.

Seit Kurzem arbeite ich als Softwareentwicklerin in dem Team, das sich mit dem sogenannten „Umfeldmodell“ beschäftigt. Dabei geht es darum, die Sensordaten so zu verarbeiten, dass alle relevanten Objekte und Infrastrukturelemente im Fahrzeugumfeld erkannt werden. Um flexibel und schnell zu sein, arbeiten wir gemäß der agilen Software-Entwicklungsmethodik Scrum. Jeder Entwickler ist an der gesamten Entwicklungskette beteiligt: vom Entwurf und der Umsetzung von Algorithmen zur Erkennung, Fusion und Verfolgung von Objekten über die Optimierung des Codes für die Zielplattform bis zur Erprobung der Funktionalität im Gesamtfahrzeug. Genau das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich und spannend. Wir erleben die erstellte Software nicht nur als abstrakte Anwendung auf dem eigenen Rechner, sondern auch integriert in das Endsystem.

Wir sind ein sehr junges Team, da an den Forschungsthemen viele Doktoranden und Studenten mitarbeiten. Außerdem reizt gerade viele junge Ingenieure dieses Thema. Wir arbeiten interdisziplinär in den Fachrichtungen Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau. Allen gemeinsam ist die Erfahrung in Softwareentwicklung, Robotik, Machine Learning oder in einer anderen für das autonome Fahren wichtigen Schlüsselkompetenz. Was mich am meisten motiviert:Wir können die Zukunft mitgestalten und machen Mobilität sicherer und komfortabler.

Plattform Urbane Mobilität

Die Digitalisierung, alternative Antriebe und automatisierte Fahrzeugsysteme sowie neue Angebote wie Sharing-Modelle eröffnen große Chancen für eine stadtverträgliche Ausgestaltung der Mobilität. Aus diesem Grund haben sich sieben deutsche Städte und acht Unternehmen der deutschen Automobilindustrie auf der „Plattform Urbane Mobilität“ zusammengeschlossen. Gemeinsam arbeiten sie an Lösungen, um urbane Mobilität effizient, umweltschonend und sicher zu gestalten. Weitere Infos unter:
www.plattform-urbane-mobilitaet.de

3D-Druck – schneller, günstiger, flexibler

3D-Drucken, auch Additive Manufacturing und früher Rapid Prototyping genannt, ist ein Fertigungsverfahren, dass es aus den Labors der Ingenieure in wenigen Jahren bis in Publikumszeitschriften, Journale und sogar ins Frühstücksfernsehen geschafft hat. Was hat der 3D-Drucker, was alle anderen Fertigungsverfahren nicht haben? Von Prof. Dr.-Ing. Andreas Gebhardt, Dekan des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik an der FH Aachen.

3D-Drucker sind Allround-Talente: Zahntechniker verwenden sie zum Modellieren von Zahnersatz aller Art. Die Drucker produzieren kundenspezifische Schuhe, Brillen oder Schmuckstücke. Sie stellen Einspritzdüsen, temperierte Werkzeugeinsätze oder komplexe Strömungskanäle her. Die Einsatzgebiete reichen von Medizin, Archäologie, industrieller Produktentwicklung, Kunst, Nahrungs- und Arzneimitteln bis zu Bekleidung, Orthopädie, Spielzeug und Raumfahrtkomponenten. Für Ingenieure stellt sich daher die Frage: Wie viel muss ich über 3D-Drucken und 3D-Drucker wissen, um beruflich erfolgreich zu sein?

3D-Drucken ist ein Fertigungsverfahren, um Ideen, die man in 3D-Datensätze fassen kann, direkt und maßstabsgetreu in physische, also anfassbare, Modelle oder Produkte zu transformieren – genauso, wie man einen 2D-Briefentwurf auf dem Bildschirm zwar sehen, aber erst anfassen kann, wenn er mittels eines 2D-Druckers auf Papier transferiert wurde. Die Verfahren und Ideen zum 3D-Drucken wurden vor vielen Jahren auch als „time compressing technologies“ charakterisiert: Sie werden eingesetzt, um schneller bessere Produkte herzustellen. Damit erhöhen sie die Produktivität, unterstützen die
Individualisierung und ermöglichen eine flexible Fertigung.

Herz aus dem 3D-Drucker

Herz aus dem 3D-Drucker? Im Mai fand in Mainz die International Conference on 3D Printing in Medicine statt. Dort tauschten sich Referenten und Experten aus, unter anderem aus dem Bereich der regenerativen Medizin. So lassen sich schon heute Adern, Nerven, Brustgewebe, Knochenersatzmaterial oder Hornhaut mit dem 3D-Druckverfahren herstellen. Doch Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, leitender Oberarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz, warnt vor allzu hohen Erwartungen an die neue Technik für den Medizinbereich: https://goo.gl/JlqVTS Und: An der TU und LMU wird daran geforscht, dass sogar ein Herz aus dem 3D-Drucker kommen kann: https://youtu.be/MscvWuAuAK0

3D-Drucker arbeiten zwar vollautomatisch, sobald sie gestartet werden, aber für ihren erfolgreichen Betrieb müssen Ingenieure das Zusammenspiel von Mechanik, Elektronik und Informationstechnologie, Werkstoffkunde und Qualitätsmanagement kennen. Universitäten und Fachhochschulen bieten zunehmend Vorlesungen und Praktika zum Umgang mit 3D-Druckern an. Webinare und Firmeninformationen sind über das Internet zugänglich.

Die Fachhochschule Schmalkalden hat einen berufsbegleitenden Studiengang „Anwendungstechniker (FH) für Additive Verfahren/Rapid Technologien“ im Angebot. Kurse mit Fokussierung auf bestimmte Aspekte, etwa Kunststoff oder Metall, stehen im Programm vieler Kammern und Verbände. Spezielle Themen sind oft an Hochschulen angesiedelt. So beschäftigt sich zum Beispiel das Aachener Institut für werkzeuglose Fertigung, ein An-Institut der FH Aachen, mit der Konstruktion für das Additive Manufacturing.

3D-Drucken verändert alle Elemente der Produktentwicklungskette. Es erschließt neue Konstruktionsmethoden, gestattet individualisierte Produkte ohne Mehrkosten, macht die Fertigung leichter und Produkte billiger. All das können die meisten anderen Fertigungsanlagen nicht bieten.

Vorausschau: Predictive Maintenance

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Von „Schockwellen der Digitalisierung“ sprechen Experten aus dem Fertigungssektor. In der fertigenden Industrie ist der Einsatz von digitalen Technologien erfolgskritisch. Zukunftsweisend sind dabei Lösungen zur vorhersagenden Wartung, der sogenannten Predictive Maintenance. Von Franz Gruber, Geschäftsführer des IT- und Beratungshauses Forcam aus Ravensburg

Unsere digitale Welt ist vor allem eines – schnell. Das gilt auch für Unternehmen in der vierten, der digitalen industriellen Revolution. Für die neue Zeit gilt der alte Spruch: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Ingenieure sind daher gut beraten, in Karrieregesprächen insbesondere auch die technologische Offenheit eines Unternehmens abzuklopfen. Eine frische Strömung in dem jungen Fachgebiet von Technologien für die Industrie 4.0. (in den USA wird diese übrigens Industrial Internet genannt) ist die vorhersagende Wartung. Predictive Maintenance ermöglicht einen großen Schritt hin zur Fabrik mit Null-Ausfallzeiten. Das Ergebnis: Produktivität und Ressourceneffizienz steigen deutlich.

Unternehmen aus allen Industriebranchen beschäftigen sich mit Predictive Maintenance: Automobil, Ausrüster, Luftfahrt, Elektrotechnik, Maschinenbau oder Telekommunikation. Wettervorhersage für Maschinen Führend auf dem Gebiet der Predictive Maintenance ist Professor Jay Lee von der University of Cincinnati mit seinem Center for Intelligent Maintenance Systems IMS (www.imscenter.net). Lee erklärt die vorhersagende Wartung gerne in einem einfachen Bild: „Bei Predictive Maintenance geht es darum, für jede einzelne Maschine eine ,Wettervorhersage‘ zu machen. Der Regen kann dabei zwar nicht verhindert werden, aber Unternehmen sehen im Voraus, ob sie einen Regenschirm benötigen oder nicht.“

Hannover Messe
Wie wichtig das Thema „Vorhersagende Wartung“ ist, zeigte die diesjährige Hannover Messe vom 24.bis 28. April 2017: Unternehmen, die solche Wartungssysteme bereits anwenden, präsentierten sich in der Predictive Maintenance Area. www.hannovermesse.de

Unternehmen, die mitPredictive Maintenance arbeiten
Parker Hannifin Schmalz Hydac ZF Friedrichshafen Bosch Rexroth Schaeffler Aventix Brüel & Kjær Boge Kompressoren Beckmann Festo Cassantec
Quelle: Hannover Messe

Das Unternehmen Forcam kooperiert als Anbieter einer Smart-Factory-Technologie für weltweit produzierende Konzerne mit dem IMS von Professor Lee in Cincinnati. Wir rüsten die Anlagen von Kunden mit speziellen Predictive-Maintenance-Features aus. Im Vorhinein definierte Messgrößen wie Energieverbrauch oder Beanspruchungen von Maschinen und Anlagen werden genau gemessen und können – mit wachsenden historischen Daten – immer genauer vorhergesagt werden. So werden Kosten, Fehler und Ausfälle erkannt, bevor sie auftreten. Das ermöglicht den großen Schritt hin zur optimalen Produktion: fehlerfrei, ressourceneffizient, kostenreduziert.

Nutzerfreundliche Smart Data

Um das technisch besser zu verstehen, ist es sinnvoll, sich kurz die Arbeitsweise von Technologien der Industrie 4.0 und der smarten Produktion vor Augen zu führen: Smart-Factory-Technologien sorgen für die transparente Fabrik. Hochleistungs-IT-Systeme erfassen Daten aus unterschiedlichsten Quellen – Teilen, Anlagen, Prozessen, Anweisungen –, analysieren diese Big Data und verwandeln sie in Smart Data, also nutzerfreundlich visualisierte Analysen auf allen angeschlossenen browserfähigen Endgeräten wie Touchscreen, Tablet oder Smartphone. Im Ergebnis entsteht am Computer ein virtuelles Abbild der realen Produktion – ein sogenanntes Cyber-Physical-System. Nutzerfreundliche Charts und Grafiken sorgen für eine schnelle Übersicht über alle Produktionszustände auf allen Endgeräten, von der Feinplanung bis zu Fabrikvergleichen. In Cyber-Physical-Systems werden Fehler virtuell erkannt und können real beseitigt werden.

Selbstlern-Effekte

Nun kommt Predictive Maintenance ins Spiel. Besonders hochleistungsfähige Smart-Factory-Technologien arbeiten mit Sensoren, mathematischen Schwingungsanalysen und Algorithmen. So wird zum Beispiel analysiert, ob eine Maschine gesund ist, in nächster Zeit krank werden könnte und ob Ausfälle zu befürchten sind. Die Systeme funktionieren mit Selbstlern-Effekten aus der künstlichen Intelligenz und ermöglichen es, Störungen im Voraus zu erkennen, noch bevor sie tatsächlich eingetreten sind. Entsprechend kann gegengesteuert werden.

Predictive Maintenance trägt auch zur „grünen Fertigung“ bei, weil es Unternehmen in die Lage versetzt, Energieverbräuche auf allen Ebenen detailliert zu analysieren, zu visualisieren und letztlich zu kontrollieren. Wer das Verhältnis von Ressourceneinsatz und Energieaufwand kennt, kann seine Planung im Voraus deutlich optimieren. Die Energiebilanz von ganzen Fabriken wird sichtbar, ein unschätzbarer Wert für transparentes und nachhaltiges Produzieren.

Digitale Technologien verbessern die industrielle Produktion immer weiter. Predictive Maintenance trägt dabei signifikant zur Energie- und Ressourceneffizienz bei – mit entsprechend positiven Folgen für Umwelt, Wettbewerbsfähigkeit sowie den Return on Investment, das Zauberwort für höhere Wertschöpfung. Ingenieure mit Fachkenntnissen über Smart-Factory-Technologien inklusive Predictive Maintenance werden dabei in Karrieregesprächen besonders punkten können. Denn die vorhersagende Wartung wird schon bald, einer Schockwelle gleich, in allen Branchen ein Standard in der smarten Fertigung sein.

Roboter in der Medizintechnik

Johanna Viets, Ingenieurin für Produktzulassungen in der Medizintechnik bei der Kuka Roboter GmbH, berichtet von ihrer Arbeit in der Entwicklung.

Bereits während der Schulzeit wurde mein Interesse für Technik geweckt. Daher habe ich mich an der Berufsakademie Bautzen für den dualen Studiengang Medizintechnik eingeschrieben. Im Jahr 2012 absolvierte ich meinen Abschluss als Diplom-Ingenieurin (BA). Mein Praxispartner war das Dienstleistungsunternehmen Sana-Medizintechnisches Servicezentrum GmbH, das seinen Schwerpunkt in der Instandhaltung medizintechnischer Geräte in Krankenhäusern hat. Nach ersten Berufserfahrungen in diesem Bereich wollte ich mich weiterentwickeln und zu einem Medizintechnik-Hersteller wechseln. Kuka als Hersteller von Industrierobotern war mir natürlich bekannt. Dass das Unternehmen jedoch auch in der Medizintechnik tätig ist, habe ich eher zufällig erfahren. Mein Interesse war sofort geweckt, da mir Robotik in der Medizintechnik als ein sehr innovatives und vielversprechendes Thema erschien.

Als Zulassungsingenieurin in der Medizingerätetechnik bin ich in der Entwicklung angesiedelt und dafür zuständig, aus Normen und Gesetzen Anforderungen an unsere Produkte abzuleiten. Diese Anforderungen müssen für den Einsatz von Geräten in der Medizintechnik eingehalten werden. Medizintechnische Geräte unterliegen strengen Vorgaben und müssen durch unabhängige Zertifizierungsstellen geprüft werden. Bei der Durchführung solcher Produktzertifizierungen wirke ich mit.

Das bisher umfangreichste Projekt, an dem ich mitgearbeitet habe, ist die Entwicklung des LBR Med – LBR steht dabei für Leichtbauroboter und die Abkürzung Med lässt erkennen, dass der siebenachsige Roboter sein Anwendungsgebiet in der Medizin hat. Denkbare Einsatzgebiete für einen Roboter dieser Art sind die Physiotherapie oder auch die Chirurgie, wobei der LBR als Assistent einen Facharzt unterstützen kann. Dabei zeichnen den LBR Med insbesondere seine Sensitivität und eine hohe Präzision aus.

Eine große Herausforderung ergibt sich daraus, dass der Bereich Robotik in der Medizintechnik noch relativ neu ist. Roboter in der Medizintechnik versprechen ein hohes Maß an Präzision und Zuverlässigkeit, was insbesondere in der Chirurgie oder der Strahlentherapie hilfreich ist. Weiterhin erfordern die immer weiter steigende Lebenserwartung und wachsender Fachkräftemangel Alternativen im Krankenhausalltag – hier können Roboter beispielsweise auch für logistische Aufgaben genutzt werden. Das Einsatzgebiet für Roboter in der Medizintechnik ist aus meiner Sicht sehr vielfältig, und wir werden dazu mit innovativen Entwicklungen sicher einen großen Beitrag leisten können.

Was macht eigentlich ein Betriebsingenieur der Verfahrenstechnik?

Michael Müller ist Betriebsingenieur Verfahrenstechnik beim Chemiekonzern Wacker am Produktionsstandort Burghausen.

Ein Betriebsingenieur ist dafür verantwortlich, dass Produktionsanlagen sicher, störungsfrei und vor allem kosteneffizient funktionieren. Voraussetzung für den Beruf ist nicht nur ein Studium der Verfahrenstechnik und entsprechendes Fachwissen. Betriebsingenieure müssen auch flexibel, kreativ und teamfähig sein.

Obwohl Chemie zu meinen Lieblingsfächern in der Schule gehörte, wollte ich etwas studieren, das Chemie und Technik verbindet. Bei Messen zur Berufs- und Studienwahl und bei Schnuppertagen an der Technischen Universität München wurde ich auf das Studium Chemieingenieurwesen aufmerksam. Schnell wurde mir klar, dass das genau das Richtige für mich ist. 2003 schrieb ich mich an der TU München für den Studiengang ein.

Job-Steckbrief

Betriebsingenieur für Verfahrenstechnik

Voraussetzungen:
Abgeschlossenes Hochschulstudium der Fachrichtung Verfahrenstechnik, Automatisierungstechnik, Chemieingenieurwesen bzw. Maschinenbau, erste praktische Erfahrungen (Praktika, Diplomarbeit in der Industrie), internationale Erfahrung, Kenntnisse der einschlägigen Gesetze, Vorschriften und technischen Regelwerke

Tätigkeitsfelder (Auswahl):
• Anlagenoptimierung hinsichtlich Produktivität, Energie- und Umwelteffizienz
• Planung und Überwachung von Reparatur- und Investitionsmaßnahmen
• Projektarbeit beginnend bei der Konzepterstellung, Projektdefinition und Projektabwicklung
• Aufrechterhaltung der Genehmigungsfähigkeit der Anlagen, Beantragen erforderlicher Mittel für Investition und Reparatur sowie Planung und Kontrolle der Einhaltung des Budgets

Gehalt:
Im Durchschnitt 4800 Euro
Quelle: www.gehaltsvergleich.com

Weiterbildung:
Lehrgang Betriebsingenieur VDI
www.vdi-wissensforum.de/lehrgaenge/betriebsingenieur-vdi

Einer meiner Studienschwerpunkte war thermische Verfahrens- und Reaktionstechnik. Für meine spätere Berufskarriere hätte ich keine bessere Entscheidung treffen können. Denn für klassische Chemieunternehmen sind Berufseinsteiger, die über verfahrenstechnisches Fachwissen verfügen, besonders interessant. 2008 bewarb ich mich als Praktikant beim Münchner Chemiekonzern Wacker und wurde prompt genommen.

Drei Monate konnte ich in der Verfahrenstechnik im Stammwerk Burghausen mitarbeiten und erste Berufserfahrung sammeln. Ich war so begeistert, dass ich mir aussuchte. Das war sowohl für das Unternehmen als auch für mich von Vorteil: Ich konnte weitere Einblicke in die Produktion gewinnen, und mein künftiger Arbeitgeber lernte mich fachlich noch besser kennen. Noch im gleichen Jahr, keine vier Wochen nach dem Abschluss meiner Diplomarbeit, hat mich Wacker als Projektingenieur eingestellt.

Nach drei Jahren in der zentralen Verfahrensentwicklung arbeite ich inzwischen in einem Betrieb, in dem Siliconvorprodukte hergestellt werden. Hier sind Anlagen mit den unterschiedlichsten Apparaten samt Rohrleitungen zu betreuen: Rührwerke, Wärmetauscher, Kolonnen, Pumpen. Als Betriebsingenieur ist es meine Aufgabe, für einen reibungslosen Betrieb zu sorgen. Nur wenn unsere Anlagen sicher und störungsfrei laufen, können wir kosteneffizient produzieren.

Ein weiteres Aufgabengebiet ist die „Legal Compliance“, also die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben in Sachen Anlagen- und Arbeitssicherheit. Sicherheit und Umweltschutz hat oberste Priorität. Außerdem kümmere ich mich um die Einhaltung behördlicher Vorschriften und Auflagen. Beispiel: Jede Chemieanlage im Werk wird regelmäßig vom TÜV überprüft. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass alle Anlagen, für die ich verantwortlich bin, die technischen Prüfungen ohne Beanstandung bestehen.

Der Alltag eines Betriebsingenieurs verlangt immer wieder ein hohes Maß an Flexibilität. Neben geplanten Revisionen und Umbaumaßnahmen gibt es auch Arbeiten, die keinen Aufschub dulden und sofort erledigt werden müssen. Dabei gilt es, die betrieblichen Interessen mit den Interessen der Instandhaltung, der Planung und der Sicherheitsabteilung sinnvoll und bestmöglich unter einen Hut zu bringen. Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit ist es auch, die Effizienz und Produktivität bestehender Anlagen und Prozesse zu überprüfen und, wenn möglich, zu verbessern. Da ist Kreativität und Flexibilität gefordert. Das Wissen, dass eine Anlage nie zu Ende optimiert ist und es immer etwas zu verbessern gibt, motiviert mich ganz besonders.

Neben unternehmerischem Denken und Handeln ist auch die Fähigkeit wichtig, im Team zu arbeiten. Bei jeder Reparatur, bei jeder Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme arbeite ich mit unterschiedlichen Fachwerkstätten und Fachstellen zusammen. Da muss auch die Chemie zwischen Betriebsingenieur und Facharbeitern stimmen. Inzwischen arbeite ich seit fünf Jahren als Betriebsingenieur. Langweilig wurde es mir in dieser Zeit nie. Jeden Tag warten neue, spannende Aufgaben auf mich. Der Beruf ist äußerst abwechslungsreich und vielseitig. Und da mein Arbeitgeber Produktionsstandorte in aller Welt betreibt, hätte ich auch die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten. Ein guter Verfahrensingenieur hat eben viele Möglichkeiten, sich beruflich zu betätigen – und das nicht nur in der Chemie.

Zur Kenntnis: Elektromobilität

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Ende 2016 analysierte das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach die aktuellen Markttrends sowie die Produktstrategien der globalen Automobilhersteller. Das Ergebnis der Studie: Die Elektromobilität wird derzeit vor allem vom chinesischen Markt getrieben. Allerdings ist ab 2020 mit einem rasanten weltweiten Wachstum der E-Mobilität zu rechnen.

Tagesordnungspunkt: Elektromobilität
Verteiler: Studierende und Absolventen
CC: Alle, die sich für E-Mobility interessieren
Ort: Bergisch Gladbach
Datum: April 2017
Von: Prof. Dr. Stefan Bratzel, Center of Automotive Management

Im Jahr 2016 wurden in China rund  507.000 E-Autos abgesetzt, 53 % mehr als im Vorjahr. In den USA sind die Neuzulassungen auf 157.000 Elektroautos gestiegen (+38 %). In Europa setzt Norwegen seine Sonderrolle fort und kam 2016 auf rund 45.000 Elektrofahrzeuge (+38 %). Großbritannien konnte wie schon im Vorjahr seine E-Fahrzeugverkäufe ebenfalls steigern und setzte rund 37.000 Einheiten ab (+29 %). Auch hier sorgt vor allem der hohe Anteil neu zugelassener Plug-in-Hybride (+42 %) für das große Wachstum.

In Deutschland ist die E-Auto-Bilanz des Jahres 2016 sehr ernüchternd: Im vergangenen Jahr gab es trotz Förderprämie nur ein mageres Plus von 7 % auf rund 25.000 Elektrofahrzeuge. Dabei legten nur die Plug-in-Hybride auf 13.750 Fahrzeuge zu (+24 %), während mit 11.400 Neuzulassungen die reinen Elektrofahrzeuge sogar einen rückläufigen Trend aufweisen (-7,7 %). Von Juli bis Dezember wurden nur 9000 Anträge auf Förderprämie gestellt, 57 % davon auf reine Elektrofahrzeuge. Die Studienleiter erwarten jedoch nach dem Jahr 2020 ein massives Wachstum des E-Mobilitätsmarktes, befeuert von einer breiten Produktoffensive globaler Hersteller. Im Jahr 2025 wird im optimistischen Szenario mit rund 25 % bzw. 25 Millionen jährlich neu zugelassenen Elektro-Pkw gerechnet (konservativ: 12 %). Die Zahl könnte bis zum Jahr 2030 auf rund 40 Millionen elektrisch angetriebener Pkw steigen (konservativ: 25 Millionen).

Der Vergleich der Innovationsstärke der 20 globalen Automobilhersteller in den letzten fünf Jahren ergibt ein uneinheitliches Bild. Bei den reinen Elektrofahrzeugen in Serie weisen Tesla und Renault die höchste Innovationsstärke auf, gefolgt von Volkswagen, General Motors, Daimler, Nissan und BMW. Die größten Verbesserungen im aktuellen Jahr zeigen bislang Tesla (Reichweitenerhöhung seiner Modelle), Renault (Zoe, Reichweite 400 km) und General Motors (Chevrolet Bolt; in Europa: Opel Ampera-e, Reichweite 500 km). Bei den Plug-in-Hybriden bleiben die deutschen Automobilhersteller Volkswagen (inklusive VW, Audi, Porsche), BMW und Daimler dagegen unangefochten Innovationsführer. Die deutschen Hersteller haben durch Strategiewandel grundsätzlich die Chance, die Technologie-und Marktführerschaft auch im Zeitalter der E-Mobilität zu erlangen. Notwendig ist jedoch eine konsequente Umsetzung der Strategien in den jeweiligen Märkten. Dazu müssen die Hersteller sich organisatorisch, kulturell und im Hinblick auf erforderliche Kompetenzen neu aufstellen.

Gehirnjogging – Kultur-, Buch- und Linktipps

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E-FLIEGER AUS MÜNCHEN

Foto: Lilium

Vier Münchner Ingenieure haben ein E-Flugzeug erfunden, das senkrecht startet und landet. Der elektrisch betriebene Jet, in den zwei Personen hineinpassen, soll beinahe lautlos fliegen und weniger Energie verbrauchen als ein Elektroauto. Die Reichweite liegt bei 300 Kilometern. Durch die schwenkbaren Triebwerke kann das Flugzeug auf kleinstem Raum starten und landen. Als Führerschein soll eine LSA-Lizenz für das Fliegen von Ultraleichtflugzeugen genügen. Wann die Tüftler von Lilium Aviation die ersten Modelle anbieten, steht noch in den Sternen. Derzeit überlegen sie, wie sie das Flugzeug in ein Auto verwandeln können, das nach der Landung einfach zu seinem Zielort weiterfährt.
Weitere Informationen über das innovative Projekt unter https://lilium.com

Update:

SPACEMASTER WERDEN

An der Universität Würzburg können hochqualifizierte Studierende aus aller Welt ihren SpaceMaster machen. Die Masterstudenten beschäftigen sich mit Weltraumwissenschaften und Projekten in Zusammenarbeit mit der europäischen Raumfahrtindustrie. Ein Teil des Studiums findet an Partneruniversitäten in Schweden, Finnland, Großbritannien, Frankreich, Japan, den USA oder der Tschechischen Republik statt. Als Abschluss winkt ein Doppelabschluss Master of Science von zwei europäischen Universitäten.

MIXED REALITY PRODUCTION 4.0

Mithilfe von Mixed Reality- und Virtual Reality-Technologien können Mitarbeiter an einem Ort zusammen mit Robotern und Kollegen an einem anderen Ort gemeinsam und flexibel Aufgaben lösen. Forscher des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) zeigten auf der diesjährigen CeBIT vom 20. bis 24. März in Hannover neue, ortsübergreifende Formen der Mensch-Roboter-Kollaboration: Drei baugleiche Roboter auf dem DFKI-Stand wurden durch einen Operator auf dem benachbarten BMBF-Stand über eine HoloLens-Brille telemanipuliert. Der Benutzer kann mit dem Roboter interagieren, indem er auf die virtuelle Repräsentation des Zielobjekts blickt und durch eine Geste die gewünschte Aktion auslöst. Praktische Einsatzgebiete im Produktions- und Industriekontext können zum Beispiel Fernwartung, Telepräsenz, Teleproduktion oder Teleoperation sein.

COACHING DURCH DIE „JUNGEN WILDEN“

Cover Fit für die Next Economy
Cover Fit für die Next Economy

Wie schaffen es Unternehmen, die Millennials für sich zu begeistern und ihren Erfolg für die Zukunft abzusichern? Das Autorenduo Anne Schüller und Alex Steffen empfiehlt Unternehmen, sich von den „jungen Wilden“ coachen zu lassen – auch wenn diese noch keine Berufserfahrung haben. Trotzdem wissen sie, was Kunden heutzutage wollen und wie Produkte und Unternehmen zukünftig funktionieren müssen, um zu überleben. In ihrem Buch gehen Steffen – Mitglied der New Economy – und Schüller aus der Old Economy gemeinsam der Frage nach, wie Unternehmer der Old Economy die digitale Transformation und den Weg in die Next Economy schaffen können. Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Fit für die Next Economy. Zukunftsfähig mit den Digital Natives. Wiley-VCH 2017. 19,99 Euro

ZUKUNFT DISKUTIEREN

Wie bereiten wir uns auf die Arbeitswelt von morgen vor? Der Tenor bei der 4. ZukunftsNacht im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am 29. März 2017 war eindeutig: Digitale Kompetenzen sollen stärker in Aus- und Weiterbildung vermittelt, mehr Modellprojekte zur Anwendung neuer Technologien in kleinen Unternehmen gefördert und innovative Arbeitsmodelle erforscht werden. So lautet das Ergebnis der Diskussion von 150 Bürgerinnen und Bürgern mit Bundesforschungsministerin Johanna Wanka im Rahmen des ZukunftsForums „Wissen schaffen – Denken und Arbeiten in der Welt von morgen“. Die Diskutanten wünschten sich unter anderem experimentelle Räume, um das zunehmend zeit- und ortsunabhängige Arbeiten und die Anwendung innovativer Technologien auszuprobieren. Weitere Ergebnisse des ZukunftsForums unter: www.zukunft-verstehen.de

ERFOLG ANALYSIEREN

Cover Einfach markant
Cover Einfach markant

Weshalb haben manche Unternehmen scheinbar mühelos so großen Erfolg, und die anderen strampeln sich ab und bleiben dennoch irgendwo im Mittelfeld? Der Betriebswirtschaftler Prof. Sven Henkel und der Politologe Jon Christoph Berndt zeigen, wie wichtig die konsequent gelebte Markenorientierung ist – und wie jedes Unternehmen sichtbar werden kann. Anhand mehrerer Beispiele haben sie analysiert: Was macht Unternehmen so erfolgreich? Die Markenstrategen haben unter anderen den Sicherheitsspezialisten Abus, den Hausgeräte-Hersteller V-Zug, den Fördertechnik-Experten Lindig und den Weltmarktführer bei Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie Bühler unter die Lupe genommen. Jon Christoph Berndt, Sven Henkel: Einfach markant! Wie Unternehmen durch Klarheit und Begehrlichkeit erfolgreich sind. Printamazing 2017. 19,99 Euro

WISSEN VOM FASS

Foto: Fotolia/VKA
Foto: Fotolia/VKA

Schon mal bei einem Bier über Chemie und Nanoscience nachgedacht? Oder bei einem Cocktail den neuesten Kenntnissen aus Kosmologie und Astrophysik belauscht? Die Veranstaltung „Wissen vom Fass“ macht es möglich. Ende April sind zum zweiten Mal Wissenschaftler des Forschungszentrums DESY, der Universität Hamburg, des Exzellenzclusters „The Hamburg Centre for Ultrafast Imaging“ und des Sonderforschungsbereichs „Particles, Strings and the Early Universe“ in rund 50 Kneipen und Bars in Hamburg gegangen, um in 30-minütigen Sessions über ihre Forschungen zu berichten. Die nächste Veranstaltung „Wissen vom Fass“ findet im Frühjahr 2018 in Hamburg statt.
Weitere Informationen: www.wissenvomfass.de

Astronaut Matthias Maurer: „Eine ordentliche Prise Abenteuer“

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Der deutsche Astronaut der ESA im Gespräch mit Sabine Olschner

Zur Person

Dr. Matthias Maurer absolviert seit Juli 2015 als Mitglied des Europäischen Astronautenkorps seine Astronauten-Grundausbildung in Köln, die er im Laufe
dieses Jahres abschließen wird. Im Februar 2017 wurde er ins aktive Astronautenkorps der Europäischen Raumfahrtagentur aufgenommen. Der 46-Jährige hat je ein Diplom in Werkstoffwissenschaften sowie in Werkstofftechnik der Uni Saarbrücken und ein Diplom in Materialwissenschaft aus einem multinationalen Studiengang der Universitäten Saarbrücken, Nancy, Barcelona und Luleå in Schweden. Er hat zudem ein Diplom der Fernuni Hagen aus dem Aufbaustudium „BWL für Ingenieure“ und promovierte am Institut für Oberflächentechnik an der RWTH Aachen.
www.facebook.com/ESAMatthiasMaurer

Seit wann ist es Ihr Traum, ins All zu fliegen?
2008 hörte ich in der Tagesschau, dass die ESA neue Astronauten einstellt, und es wurde mir schlagartig klar: Das ist genau das, was ich machen möchte! Denn die Astronautentätigkeit verbindet all meine Interessen: Wissenschaft, Technik, die Zusammenarbeit in internationalen Teams und natürlich eine ordentliche Prise Abenteuer.

Welche Voraussetzungen muss ein Astronaut erfüllen?
Man muss Naturwissenschaft, Technik oder Medizin studiert haben oder ein Testpilot sein. Darüber hinaus sind Teamfähigkeit und Sozialkompetenz die wichtigsten Eigenschaften, denn ohne sein Team ist ein Astronaut gar nichts. Im Hintergrund arbeiten so viele Leute darauf hin, dass man dort hochfliegen kann. Außerdem muss man strukturiert, organisiert, lernwillig, kritikfähig und sehr belastbar sein und zu jeder Zeit 150 Prozent geben.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Ich durchlaufe derzeit ein eineinhalbjähriges Training, in dem ich die Grundlagen der Astronautik lerne und wie die internationale Raumstation funktioniert. In einem zehn Meter tiefen Tauchbecken in Köln, in dem Teile der Raumstation nachgebildet sind, üben wir beim Tauchen das Arbeiten in der Schwerelosigkeit. Denn bei Parabelflügen, die die einzige Möglichkeit von richtiger Schwerelosigkeit „auf der Erde“ sind, können  wir ja nur 22 Sekunden in der Schwerelosigkeit bleiben – viel zu kurz für ein Training. Wir machen auch Überlebenstrainings im Wasser und in der Kälte, falls die Raumkapsel bei der Rückkehr zur Erde unplanmäßig im Ozean oder zum Beispiel in Sibirien landet.

Das meiste ist aber Klassenraumunterricht: Medizinwissen für Notfallhilfe in der Schwerelosigkeit, Physik, Hintergründe zu den Experimenten, die wir im All durchführen werden, Orbitalmechanik – also das Handwerkszeug des Astronauten – und natürlich Sprachunterricht: Ich lerne derzeit Russisch und Chinesisch für die Kommunikation mit den Kollegen an Bord und auf dem Boden. Auf der ISS sind Englisch und Russisch die offiziellen Amtssprachen, bei der zukünftigen chinesischen Raumstation wird dies Chinesisch sein.

Worauf freuen Sie sich bei Ihrem Flug am meisten?
Das eine ist der Blick von der ISS auf die Erde – das stelle ich mir extrem spannend und faszinierend vor. Außerdem freue ich mich als Wissenschaftler natürlich auch auf die vielen werkstoffwissenschaftlichen Experimente. Vielleicht gibt es auch einen Weltraumspaziergang – das ist für jeden Astronauten die Krönung einer Weltraumreise: einmal auszusteigen und ganz draußen zu sein.

Wer wird die erste Astronautin
im All? Verfolgen Sie das Auswahlverfahren
unter www.dieastronautin.de.

Wovor haben Sie am meisten Angst?
Wer ins All fliegen will, sollte keine Angst haben. Man muss allerdings Respekt haben. Die Technologie, die uns dort hochbringt, arbeitet am Rande von dem, was machbar ist. Die Kraft, die in den Raketen steckt, ist unglaublich. Ich vertraue da aber auf die bewährte Technik und auf die Ingenieure, die dies möglich machen.