Astronaut Matthias Maurer: „Eine ordentliche Prise Abenteuer“

Matthias Maurer, Foto: ESA / Sabine Grothues
Matthias Maurer, Foto: ESA / Sabine Grothues

Der deutsche Astronaut der ESA im Gespräch mit Sabine Olschner

Zur Person

Dr. Matthias Maurer absolviert seit Juli 2015 als Mitglied des Europäischen Astronautenkorps seine Astronauten-Grundausbildung in Köln, die er im Laufe
dieses Jahres abschließen wird. Im Februar 2017 wurde er ins aktive Astronautenkorps der Europäischen Raumfahrtagentur aufgenommen. Der 46-Jährige hat je ein Diplom in Werkstoffwissenschaften sowie in Werkstofftechnik der Uni Saarbrücken und ein Diplom in Materialwissenschaft aus einem multinationalen Studiengang der Universitäten Saarbrücken, Nancy, Barcelona und Luleå in Schweden. Er hat zudem ein Diplom der Fernuni Hagen aus dem Aufbaustudium „BWL für Ingenieure“ und promovierte am Institut für Oberflächentechnik an der RWTH Aachen.
www.facebook.com/ESAMatthiasMaurer

Seit wann ist es Ihr Traum, ins All zu fliegen?
2008 hörte ich in der Tagesschau, dass die ESA neue Astronauten einstellt, und es wurde mir schlagartig klar: Das ist genau das, was ich machen möchte! Denn die Astronautentätigkeit verbindet all meine Interessen: Wissenschaft, Technik, die Zusammenarbeit in internationalen Teams und natürlich eine ordentliche Prise Abenteuer.

Welche Voraussetzungen muss ein Astronaut erfüllen?
Man muss Naturwissenschaft, Technik oder Medizin studiert haben oder ein Testpilot sein. Darüber hinaus sind Teamfähigkeit und Sozialkompetenz die wichtigsten Eigenschaften, denn ohne sein Team ist ein Astronaut gar nichts. Im Hintergrund arbeiten so viele Leute darauf hin, dass man dort hochfliegen kann. Außerdem muss man strukturiert, organisiert, lernwillig, kritikfähig und sehr belastbar sein und zu jeder Zeit 150 Prozent geben.

Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Ich durchlaufe derzeit ein eineinhalbjähriges Training, in dem ich die Grundlagen der Astronautik lerne und wie die internationale Raumstation funktioniert. In einem zehn Meter tiefen Tauchbecken in Köln, in dem Teile der Raumstation nachgebildet sind, üben wir beim Tauchen das Arbeiten in der Schwerelosigkeit. Denn bei Parabelflügen, die die einzige Möglichkeit von richtiger Schwerelosigkeit „auf der Erde“ sind, können  wir ja nur 22 Sekunden in der Schwerelosigkeit bleiben – viel zu kurz für ein Training. Wir machen auch Überlebenstrainings im Wasser und in der Kälte, falls die Raumkapsel bei der Rückkehr zur Erde unplanmäßig im Ozean oder zum Beispiel in Sibirien landet.

Das meiste ist aber Klassenraumunterricht: Medizinwissen für Notfallhilfe in der Schwerelosigkeit, Physik, Hintergründe zu den Experimenten, die wir im All durchführen werden, Orbitalmechanik – also das Handwerkszeug des Astronauten – und natürlich Sprachunterricht: Ich lerne derzeit Russisch und Chinesisch für die Kommunikation mit den Kollegen an Bord und auf dem Boden. Auf der ISS sind Englisch und Russisch die offiziellen Amtssprachen, bei der zukünftigen chinesischen Raumstation wird dies Chinesisch sein.

Worauf freuen Sie sich bei Ihrem Flug am meisten?
Das eine ist der Blick von der ISS auf die Erde – das stelle ich mir extrem spannend und faszinierend vor. Außerdem freue ich mich als Wissenschaftler natürlich auch auf die vielen werkstoffwissenschaftlichen Experimente. Vielleicht gibt es auch einen Weltraumspaziergang – das ist für jeden Astronauten die Krönung einer Weltraumreise: einmal auszusteigen und ganz draußen zu sein.

Wer wird die erste Astronautin
im All? Verfolgen Sie das Auswahlverfahren
unter www.dieastronautin.de.

Wovor haben Sie am meisten Angst?
Wer ins All fliegen will, sollte keine Angst haben. Man muss allerdings Respekt haben. Die Technologie, die uns dort hochbringt, arbeitet am Rande von dem, was machbar ist. Die Kraft, die in den Raketen steckt, ist unglaublich. Ich vertraue da aber auf die bewährte Technik und auf die Ingenieure, die dies möglich machen.