Women in Digital: „Mehr Möglichkeiten des Aufstiegs“

Interview mit der Women In Digital-Gründerin Tijen Onaran:

Tijen Onaran, Foto: Urban Zintel
Tijen Onaran, Foto: Urban Zintel

Frauen sind in IT-Unternehmen noch immer in der Minderheit. Damit sie sichtbarer werden, hat Tijen Onaran den Verein Women In Digital gegründet. Im Interview erklärt sie, was sich in den Unternehmen tut und was Frauen selbst unternehmen können, um erfolgreich ein- und aufzusteigen. Die Fragen stellte Christoph Berger.

Zur Person:

Tijen Onaran arbeitete viele Jahre für Europa- und Bundestagsabgeordnete und das Bundespräsidialamt. Danach wechselte sie in die Kommunikationsbranche. Sie baute für eine private Hochschule die Kommunikationsabteilung auf und war für einen Online-Handelsverband tätig. 2014 entdeckte sie die Themen Frauen und Netzwerke für sich. Nach ersten informellen After-Work-Runden, an denen zunehmend Frauen aus der Digitalbranche teilnahmen, gründete sie 2016 mit dem Start einer eigenen PR-Agentur auch den gemeinnützigen Verein Women in Digital. Weitere Informationen unter: www.women-in-digital.de

Frau Onaran, wie stellt sich die Situation für Frauen derzeit in der IT-Wirtschaft dar?
Bei einem Blick auf die Branche zeigt sich noch immer, dass dort mehr Männer als Frauen zu finden sind – vor allem in den Führungsebenen. Trotzdem tut sich viel in den einzelnen Unternehmen. Wenn man sich zum Beispiel die Start-up-Branche anschaut, dann gibt es zwar weniger Gründerinnen, aber ihr Anteil wird größer. Die Digitalisierung ermöglicht den Frauen mehr Chancen des Aufstiegs. Das liegt am Aufbrechen der Hierarchien durch die Digitalwirtschaft und den flacheren Hierarchien. Auch die tradierten Unternehmen nehmen sich das zum Vorbild.

Welche Funktionen übernehmen die Frauen üblicherweise in der IT?
Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel übernehmen die Frauen den innovativen Part. Es sind Bereiche, die nicht mehr klassisch dem Marketing oder der Kommunikation zugeordnet werden können, sondern die ein gewisses Grundverständnis von digitalen Zusammenhängen und damit auch eine IT-Affinität voraussetzen.

Ist diese Entwicklung auch in der klassischen Informatik und der Software-Entwicklung zu beobachten?
Auch hier kann man noch nicht von Gleichberechtigung reden. Dies liegt aber auch an der Ausbildung. In den Schulen ist es zum Beispiel nicht so, dass Mädchen in diesen Fächern gefördert werden. Trotz aller Initiativen, die Mädchen an diese Bereiche heranführen sollen, sind erstens das Thema Unternehmertum und zweitens die IT noch immer keine wirkliche Option.

Warum sind Frauen überhaupt für die Branche so wichtig?
Weil sie die Arbeit in Teams anders prägen als dies Männer tun. Um innovativ zu bleiben, muss ein Unternehmen auf die Vielfalt der Gesellschaft eingehen. Das bedeutet zum Beispiel, auf verschiedene Generationen, die Internationalisierung und ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu setzen.

Ein weiterer Aspekt ist sicher auch die Work-Life-Balance. Wie ist die Branche diesbezüglich aufgestellt?
Die Digitalisierung bricht nicht nur die Hierarchien auf, sondern ermöglicht natürlich auch flexibleres Arbeiten. Das Thema Präsenzkultur existiert zwar in einigen Unternehmen noch, sie merken jedoch auch, dass sie mit der Einstellung nicht mehr weiterkommen. Menschen mit Familie – und da beziehe ich Männer auch mit ein – wollen von ihrer Familie etwas mitbekommen und nicht mehr den klassischen nine-to-five-Job. Es gibt viele Modelle, die Flexibilität möglich machen. Das Arbeiten wird mobiler und agiler.

Laut einer von Ihnen durch geführten Umfrage sind 98 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass Netzwerke den beruflichen Aufstieg unterstützen. Welchen Tipp haben Sie dazu für Absolventinnen?
Es ist wichtig, dass man sich informiert und auf so vielen Veranstaltung wie möglich ist. Es ist wichtig, dass man sich zeigt und ein Gefühl dafür bekommt, welche Unternehmen es überhaupt auf dem Markt gibt. Dazu kommt die Online-Präsenz. Ich rate dazu, frühestmöglich die eigenen Social Media-Kanäle zu pflegen – und zwar so zu pflegen, dass sie aussagekräftig sind. Dort kann man sich auch die Unternehmensprofile anschauen und prüfen, wer zu einem passt. Und man kann über die entsprechenden Foren erfahren, welche Themen gerade für die Unternehmen relevant sind.