Frank Lehmann

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Im „ARD-Mittagsmagazin“ und in der „Börse im Ersten“ präsentiert Frank Lehmann Neues vom Aktienmarkt. Der Wahlschwabe hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen und weiß, wie trockene Themen auch spannend vermittelt werden können. Er lud den karriereführer ein, das Fernsehgeschäft mal aus der Nähe zu betrachten. Von Heike Jüds

Händler, die sich über Zeichensprache aus der dritten Reihe bemerkbar machen müssen, drängen sich heute nicht mehr um die schulterhohen Pulte. Auch flitzt niemand mehr zwischen Fernschreibern, die in kleinen Kabuffen stehen und den Pulten hin und her. Heutzutage herrscht auf dem Parkett eine ruhige Arbeitsatmosphäre. Die Betriebsamkeit an der Frankfurter Börse hat sich eine Etage nach oben verlagert. Auf dem Balkon ringsum drängen sich Sender und Rundfunkanstalten. Dicht an dicht, immer mit Blick auf die Börsenkurse, sind Kameras, Computer und Beleuchtung aufgebaut. Vormittagsansichten Frank Lehmann ist der Börsenexperte der ARD. Mit seiner sonoren Bassstimme erklärt Frank Lehmann den Wandel, der sich im Laufe der letzten Jahre hier an der alten Börse in Frankfurt vollzogen hat. Das denkmalgeschützte Gebäude hat trotz aller Veränderungen seinen Reiz nicht verloren. Im Jahre 1989 reagierte die Rundfunkanstalt ARD auf das Interesse der breiten Bevölkerung am Aktiengeschäft. Börsensendungen wurden in das Programmfenster aufgenommen. Frank Lehmann war zu dieser Zeit Leiter der Wirtschaftsredaktion beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Im „Mittagsmagazin“ wurden für das ARD fünf bis sechs Minuten aus der Börse gesendet und bis heute wechseln sich ARD und ZDF wöchentlich damit ab. Im Juli 2000 wurde dieser Service auch in die „Tagesthemen“ aufgenommen. Das Interesse, das sich über die Einschaltquoten zeigte, wuchs, und so „haben wir im November 2000 das neue Stück ‚Börse im Ersten‘ erfunden.“ Frank Lehmann lehnt sich ein wenig stolz auf seinem Stuhl in der Cafeteria zurück. „Wichtig ist immer, dass man erklärt warum heute was an der Börse passiert. Die Fakten bringen und gleich sagen warum.“ Lehmann, der bekannt dafür ist, dass er die eher trockenen Themen mit viel Schmackes rüberbringt, wird scherzhaft auch der „Börsenbabbeler“ genannt. „Ist doch egal, Hauptsache, Ihr guckt“, entfährt es ihm begleitet von einem leichten Schulterzucken. „Wichtig ist, verstanden zu werden, den roten Faden zu finden. Nicht nur Vorstände sehen diese Sendung gerne, auch deren Frauen, wie mir schon erzählt wurde.“ Er lacht kurz und beugt sich nach vorne. Die historischen Parallelen zu den heutigen Ereignissen zu finden, hat er sich zum Ziel gesetzt. Bei seiner Tochter hat er festgestellt, dass so etwas gar nicht an den Schulen unterrichtet wird. Natürlich lässt sich nicht alles auf die heutige Zeit übertragen, aber gewisse Gesetzmäßigkeiten findet er heute wie damals, zum Beispiel im Anlegerverhalten. Diese Zusammenhänge erläutert er nicht nur in der „Zwei-Minuten-Terrine“, wie er die Sendung vor der „Tagesschau“ liebevoll nennt. Manchmal wird er zu einer Sparkasseneinweihung eingeladen. Dann hält er zu diesem Thema auch mal einen Vortrag. In André Kostolany hat er einen Mentor gefunden. Dessen „budapeschter ost-westliche Weisheiten“ hat Lehmann zum Teil verinnerlicht. „Zum Beispiel: ‚Gier ist die Wurzel allen Übels.‘ Das haben wir alles in den Zeiten des Booms erlebt“, zitiert er ihn direkt. Kostolany gilt heute als Meister der Börsenspekulation. Er hat mehr als 70 Jahre an allen Börsen der Welt spekuliert, bevor er im Herbst 1999 im Alter von 93 Jahren verstarb. Lehmann übernimmt aber ebenso gerne berühmte chinesische Weisheiten, die vor 1000 Jahren ihre Gültigkeit hatten wie heute. Auf die Zutaten kommt es an Bei der „Frankfurter Rundschau“ absolvierte Lehmann eine kaufmännische Lehre. Nach seinem anschließenden betriebswirtschaftlichem Studium wollte er ins so genannte Management einsteigen. Das Angebot für ein internationales Trainee bei einem Nahrungsmittelkonzern hatte er schon in der Tasche, als ein Anruf aus der Redaktion der Rundschau kam. Dort war bekannt, dass Lehmann in seiner Freizeit ruderte. Der „Papst der Ruderei“, der immer für die Zeitung geschrieben hatte, war über 80-jährig gestorben und nun suchten sie händeringend jemanden, der schnell einspringen konnte. „So bin ich zum Journalismus gekommen, zufällig und quasi hintenrum“, und als würde es ihn heute noch wundern, „der Anruf kam frei nach dem Motto: Du hast Rudern gelernt, hast bei uns eine Lehre gemacht, ein bisschen schreiben kannst du doch auch. Also jetzt komm, probier das mal.“ Er ließ das Management sausen und probierte dort auch noch andere Bereiche des Sports aus, verfolgte aber den Weg des Journalismus weiter. Lehmann vertiefte sein Wissen durch ein Volontariat in der Nachrichtenagentur vwd. Der Anbieter von Finanzinformationen im deutschen Sprachraum versorgt täglich Finanzdienstleister und -institute, Unternehmen sowie Medien mit Nachrichten. In den Abendstunden nahm Lehmann beim Hessischen Rundfunk bei einem Regisseur Sprechunterricht. Der hat ihm dann auch zu einem Praktikum beim Sender geraten. Die waren direkt begeistert, weil der neue Praktikant Ahnung von dem hatte, was er sagte. Später betreute er die Sendung: „Marktwirtschaft für jedermann“. Und wieder half ihm der Zufall. „Es wurde immer ein ganz wichtiger Hörfunkmann aus Bonn für die Sendung bestellt. Eines Tages passierte ihm ein Unglück. Er musste in der Kantine die Zeit bis zur Sendung überbrücken und zog sich einen Cognac nach dem anderen rein – bis er förmlich abstürzte. Der Chefredakteur brauchte schnell einen Ersatz. Innerhalb von einer Stunde bin ich da eingesprungen“, lacht Lehmann. Heute gibt es diesen Weg der Zufälle kaum noch. Es wird auf ein abgeschlossenes Studium und Volontariat großen Wert gelegt. Die Bewerber müssen zeigen, dass sie genügend Praxiserfahrung haben. „Vor allem neugierig muss man in diesem Beruf sein und bleiben“, betont er. „Raum, um sich groß auszuprobieren, den gibt es beim Fernsehen nicht.“ Mahlzeit Ein geregelter Alltag existiert an der Börse nicht. Ständig ändern sich die Kurse, neue Meldungen müssen berücksichtigt werden. Die Texte für seine Berichte schreibt Lehmann selbst. Während er das beschreibt, schaut er zu, wie sich sein Kollege Klaus-Rainer Jakisch auf den Live-Schnitt für das „Mittagsmagazin“ vorbereitet. Der Moderator hat sich ein paar Stichworte notiert und geht mit der Regisseurin den Ablauf durch. Nur das Zeitfenster ist festgelegt. Es geht um einen Bericht über die Heidelberger Druckmaschinen. Die Reihenfolge der Bilder muss auf den Text abgestimmt werden. Die entsprechenden Grafiken werden ebenfalls im Schneideraum eingepasst. Jakisch geht noch schnell in die „Maske“. Es ist 14:00 Uhr, das „Mittagsmagazin“ hat begonnen. Alle Bänder liegen bereit, die Kamera wird ausgerichtet, das Licht abgestimmt – Kamera ab! Das Alltagsgeschäft Lehmann in AktionZwischen zwei Sätzen spricht Lehmann eine Kollegin auf den grauen Markt an – ein gefährliches Unterfangen wie er findet. Er möchte wohl am Abend darüber berichten. „Unsere Zielgruppe sind die drei- bis 103-Jährigen. Die „Tagesschau“ hat sechs bis sieben Millionen Zuschauer und wir haben davon die Hälfte. Von diesen drei Millionen sind etwa ein Drittel absolute Freaks, die sich im Aktiengeschäft auskennen“, so Lehmann. Das Reizvolle an seiner Arbeit ist, dass er vorher nie weiß, wie der Aktienmarkt an dem Tag reagieren wird. „Börse ist jeden Tag spannend. Selbst das Wetter kann man besser vorhersagen. Der Punkt ist, dass der Mensch und sein irrationales Verhalten das Geschehen steuert.“ Sein Arbeitstag beginnt morgens im Mutterhaus des Hessischen Rundfunks mit organisatorischen Dingen, die seine Aufgabe als Abteilungsleiter mit sich bringen. Mittags geht Lehmann an die Börse und guckt, was los ist. Was er den Zuschauern abends anbieten kann. Sein Arbeitstag endet meistens gegen 20:00 Uhr, mit dem Beginn der „Tagesschau“. Die Sendezeit für „Börse im Ersten“ wird durch die Anzahl der Werbeblöcke bestimmt. Die genaue Zeit erfährt er am Nachmittag des Vortags. „Dadurch sind wir auch ein Spiegelbild der Wirtschaft. Wenn wir viel Sendezeit haben, heißt das, es wird wenig geworben. Das ist dann schlecht für die Konjunktur.“ Ein Computer stoppt die Zeit sekundengenau. So muss der Börsenexperte genau darauf achten, dass er nicht mitten im Satz abgeschnitten wird. Auch eine Kunst. Nachtisch Die Kunst hat ihm in vielen Dingen weiter geholfen. Er ist sich sicher, dass sein Hobby der Schauspielerei, das Stehen vor der Kamera erleichtert hat. Das Stehen auf der Bühne war wohl auch der Grund für sein damaliges Sprechtraining. Zuletzt stand Lehmann in einem ganz anderen Kontext vor der Kamera. Christine Westermann und Götz Alzmann hatten ihn nach Köln zu der Sendung „Zimmer frei“ eingeladen. „Das hat richtig Spaß gemacht. Singen musste ich da auch.“ Er lacht. „Ich bin ein Anhänger deutschen Liedguts und habe ‚Am Brunnen vor dem Tore‘ gesungen.“ In seinem Heimat- und Geschichtsverein hat er erfahren, dass das Libretto in seiner Heimatgemeinde entstanden ist. „Die Linde steht noch da, nur der Brunnen ist weg.“

Interview mit Kirsten Lange

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Als Geisteswissenschaftlerin gehört Kirsten Lange auch heute noch zu den Exoten der Consultingbranche. Bei BCG ist sie jedoch seit 18 Jahren erfolgreich. Zunächst als Consultant, seit 2000 als Partner und Managing Director. Im karriereführer consulting sprach sie über Erfolg, Ziele und den Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Consultants. Das Interview führte Meike Nachtwey.

Zur Person

Kirsten Lange, 42 Jahre, studierte Journalismus, Philosophie und Soziologie in München. Eigentlich wollte sie Journalistin werden, doch ein Praktikum während des Studiums weckte ihr Interesse für die Unternehmensberatung. Nach dem Studium begann sie 1990 als Beraterin bei The Boston Consulting Group und arbeitete zunächst für Kunden aus verschiedenen Branchen in Europa und den USA. Anschließend war sie zwei Jahre lang für das BCG-Büro in Shanghai tätig. Im Rahmen eines von BCG gesponserten MBA-Programms an der renommierten französischen Business School Insead vertiefte sie ihr betriebswirtschaftliches Wissen. Im Jahr 2000 wurde sie in die BCG-Partnergruppe aufgenommen und ist als Sector Leader für die weltweiten Aktivitäten der Unternehmensberatung in der Papierindustrie verantwortlich. Kirsten Lange ist verheiratet, hat zwei Söhne und arbeitet Teilzeit.
Frau Lange, Sie haben Journalismus, Philosophie und Soziologie studiert, sind Mutter zweier Söhne, arbeiten als Geschäftsführerin einer großen Unternehmensberatung Teilzeit und sind dort weltweit für die Papierbranche zuständig. Treffen Sie bei Ihrer Arbeit auf viele Menschen mit einer ähnlichen Vita? Viele Consultants haben einen bunten Lebenslauf und sammeln meist in den ersten Jahren ihrer Karriere sehr unterschiedliche Erfahrungen. Nur Frauen treffe ich leider nicht so häufig, wie ich es mir wünsche. Sie sind seit 18 Jahren bei BCG – was fasziniert Sie an Ihrem Job? Am meisten fasziniert mich die Abwechslung: Immer neue Kunden, immer neue Aufgaben. In den vergangenen Monaten habe ich beispielsweise mit meinem Team eine Wachstumsstrategie für einen Verpackungspapierhersteller entwickelt. Anschließend haben wir geprüft, welche Auswirkungen die Krise auf die Wettbewerbsfähigkeit der südamerikanischen Zellstoffproduzenten haben wird und wie sie darauf reagieren sollten. Die Herausforderungen wechseln ständig, so dass mir in meinem Job nie langweilig wird. Wie kam es dazu, dass Sie sich für die Beratungsbranche interessiert haben und dann auch tatsächlich Consultant wurden? Ich wollte eigentlich Journalistin werden, bekam aber bei einem Ferienjob die Möglichkeit, ein Praktikum in einer Unternehmensberatung zu absolvieren. Dabei habe ich festgestellt, dass es einige Parallelen zwischen Journalismus und Beratung gibt: Man beschäftigt sich mit sehr unterschiedlichen Themen und muss sich immer wieder neu einarbeiten. Die Beratung geht aber noch einen Schritt weiter: Man berichtet nicht nur über viele Themen, sondern kann sie selbst mitgestalten. Das fand ich faszinierend – und beschloss daher, bei BCG als Beraterin einzusteigen. In Ihrem Job müssen Sie viel arbeiten – wie bekommen Sie Familie und Job unter einen Hut? Indem ich priorisiere, meine Tage gut durchorganisiere und viele Aufgaben auch einfach an andere abgebe. Gerade mit Blick auf die Priorisierung bin ich sehr konsequent: Ich prüfe, was ich unbedingt selbst machen muss, und delegiere alle übrigen Arbeiten. Und natürlich habe ich Menschen, die mich unterstützen. Ohne meine Familie, meine Kinderfrau und meine erstklassige Assistentin ginge es nicht. Wie wichtig ist es, immer verfügbar zu sein, um Erfolg zu haben? Ich bin in der Dienstleistungsbranche tätig und der Kunde erwartet für sein Geld einen erstklassigen Service. Das bedeutet auch, dass ich zu Beginn eines Projektes dem Kunden alle meine Telefonnummern gebe, auch die private. Die Kunden nehmen dieses Angebot jedoch selten in Anspruch, für sie ist vor allem das Gefühl der ständigen Verfügbarkeit wichtig. Bei den Kollegen kann man sich mit guter Organisation und klaren Absprachen die Freiräume schaffen, die man braucht. Und wie wichtig sind die Studienfächer und die Noten? Im Bewerbungsprozess sind hervorragende Noten wichtig, um überhaupt erstmal in die engere Auswahl zu kommen. Sie beweisen, dass man sich für etwas engagiert hat, dass man in der Lage ist, sich erfolgreich in Themen einzuarbeiten, und dass man auch die dafür nötigen Grundvoraussetzungen mitbringt. Dabei ist es unwichtig, ob die sehr guten Noten in Biochemie, in Maschinenbau oder in Journalistik erworben wurden. Wichtig sind andere Fähigkeiten. Welche? Ein Hochschulabsolvent, der Consultant werden möchte, sollte interessiert und neugierig auf immer neue Themen aus der Welt der Wirtschaft sein und muss sich sehr schnell in verschiedene Sachverhalte einarbeiten können. Darüber hinaus braucht er natürlich gute analytische, soziale und kommunikative Fähigkeiten: Unsere Projekte und Aufgabenstellungen sind oft vielschichtig und die damit einhergehenden Fragen nicht einfach zu beantworten. Gleichzeitig muss er sehr gut mit Menschen umgehen können. Denn der arrogante Berater ist passé – ein enger und guter Kontakt zu den Kundenmitarbeitern und Teammitgliedern ist uns äußerst wichtig. Was sollte man noch vorweisen können, wenn man von Ihnen eingestellt werden möchte? Erste Praktika in einem Unternehmen, Auslandserfahrung und noch etwas Interessantes, Ungewöhnliches. Egal, ob die Bewerber für eine Handballmannschaft Tore geworfen haben, mit einer Theatertruppe vor großem Publikum aufgetreten sind oder sich für ein Entwicklungshilfeprojekt eingesetzt haben. Wir wollen vor allem sehen, dass sie sich für mehr als nur das unmittelbare Umfeld interessieren und dass sie wirklich etwas bewegen wollen und können. Was können weibliche Consultants besser als ihre männlichen Kollegen? Es gibt tatsächlich Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Beratern. Je nachdem können diese sich sehr positiv, aber auch negativ auswirken. Sorgfältiges Beobachten, ausgeprägte soziale Fähigkeiten und ein gutes Gespür dafür, was die Kunden wirklich bewegt – das sind Fähigkeiten, die man besonders häufig bei Beraterinnen antrifft. Ebenso die Fähigkeit zu reflektieren und sich in Frage zu stellen. Das ist zunächst mal positiv. Diese Reflexionsfähigkeit führt aber leider auch dazu, dass Frauen viel kritischer mit sich umgehen und dadurch manchmal deutlich zurückhaltender sind als ihre männlichen Kollegen. Egal ob Mann oder Frau, wichtig ist, sich über seine eigenen Fähigkeiten im Klaren zu sein, sowohl die positiven als auch die negativen. Und entsprechend damit umzugehen, ohne sein Licht dabei unter den Scheffel zu stellen. Warum suchen Sie gezielt Frauen? Der Grund ist unser Wunsch nach Vielfalt: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gemischte Teams einfach am erfolgreichsten sind. Also Teams mit Absolventen verschiedener Fachrichtungen, mit Beratern unterschiedlicher Seniorität – und eben mit Männern und Frauen. Manche Unternehmen verlangen sogar explizit Beraterinnen in den BCG-Teams. Schließlich machen Frauen einen Großteil ihrer Kundschaft aus – daher wollen sie auf die weibliche Perspektive nicht verzichten. Ihr Karriere-Tipp für unsere Leserinnen und Leser? Karriere ist nicht alles. Man sollte nie sein ganzes Leben für die Karriere aufgeben, sondern immer bedenken, dass es noch andere wichtige Dinge im Leben gibt. Und wenn man dies im Hinterkopf behält, tut das auch der Karriere gut.

Zum Unternehmen

The Boston Consulting Group wurde 1963 von Bruce D. Henderson, dem Pionier der Strategieberatung, gegründet. 1975 übergab Henderson die Firma an seine Mitarbeiter – die Firma gehört heute den rund 500 Partnern. Zu bekannten BCG-Konzepten gehören etwa die Portfoliomatrix oder die Erfahrungskurve. Mit einem weltweiten Umsatz von 2,4 Milliarden US-Dollar, 4300 Beratern und 66 Büros in 38 Ländern gehört BCG zu den größten internationalen Unternehmensberatungen. Seit dem 1. Januar 2004 ist ein Deutscher an der Spitze des Unternehmens: Dr. Hans-Paul Bürkner aus Frankfurt leitet die Strategieberatung als weltweiter CEO.

Die Phasen des Vorstellungsgesprächs

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Die Einladung zum Vorstellungsgespräch zeigt, dass Ihre Bewerbungsunterlagen den potenziellen Arbeitgeber überzeugt haben. Nun möchte er Sie persönlich kennen lernen und herausfinden, ob Unternehmen und Bewerber zusammenpassen. Im Vorstellungsgespräch erhalten Sie die Chance, sich selbst optimal zu präsentieren und alles Wichtige über die ausgeschriebene Position und das Unternehmen zu erfahren.
  1. Vorbereitung
  2. Outfit
  3. Das Gespräch
  4. Ausgewählte Standardfragen
  5. Auftreten und Präsentation
  6. Nach dem Gespräch
  7. Buchtipps

1. Vorbereitung

Terminabsprache Mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch wird Ihnen ein Terminvorschlag unterbreitet, den Sie annehmen und einhalten sollten. Um Missverständnisse zu vermeiden empfiehlt es sich, den Termin schriftlich zu bestätigen. Können Sie den Termin aus wirklich wichtigen Gründen nicht einhalten, sollten Sie höflich um eine Verschiebung bitten, müssen diese dann aber ausführlich und gut begründen können. Unternehmensinfos Wer gut informiert in ein Vorstellungsgespräch geht, fühlt sich selbst sicherer und strahlt diese Sicherheit auch aus. Um auf mögliche Fragen antworten und/oder intelligente Fragen stellen zu können, sollten Sie sich so gut wie möglich über das Unternehmen und die ausgeschriebene Position informieren. Wichtige Aspekte sind zum Beispiel:
  • Umsatz- und Gewinnzahlen
  • Mitarbeiterzahlen
  • Produkte und Serviceleistungen
  • Informationen über die Branche
  • Gehaltsniveau
  • Arbeitszeiten
  • Name des Vorstandsvorsitzenden / Geschäftsführers
  • Zielgruppen
  • Konkurrenz
  • Standorte
  • Unternehmensstruktur
  • Unternehmensphilosophie
Informationsquellen: Internet, Zeitungen, Handelsregister, Branchenverzeichnisse, Messekataloge, PR- oder Personalabteilung des Unternehmens. Die eigene Bewerbung kennen Es ist auch wichtig, über „sich selbst“ informiert zu sein. Lesen Sie vor dem Gespräch noch einmal gründlich Ihre Bewerbungsunterlagen durch, damit Sie Ihren Lebenslauf mündlich wiedergeben und auf vertiefende Fragen – zum Beispiel nach Lücken oder Stellenwechsel – antworten können. Kleidung Entscheiden Sie sich rechtzeitig (spätestens einige Tage vor dem Gespräch) für ein passendes Outfit. Schließlich müssen Sie eventuell noch einkaufen, waschen und bügeln. Anfahrt Unpünktlichkeit macht keinen guten Eindruck. Für die Anfahrt sollte daher reichlich Zeit eingeplant werden – inklusive Zeitverzögerungen durch Staus, Zugverspätungen, Parkplatzsuche und schlechtes Wetter. Mindestens 15 Minuten vor Gesprächsbeginn sollten Sie vor Ort sein, denn bei großen Unternehmen nimmt auch der Weg vom Pförtner zum Besprechungszimmer einige Zeit in Anspruch.

2. Outfit

Entscheidungsfindung Spätestens am Vorabend sollte das Bewerbungs-Outfit frisch gewaschen und gebügelt bereit liegen. Wie das ideale Outfit aussieht, hängt vom Unternehmen, der Position und von Ihnen selbst ab. Nicht in jedem Unternehmen sind Schlips und Kragen Pflicht. Während Sie sich bei einer Bank konservativ kleiden sollten, kann es bei einem jungen Start-up etwas lockerer sein. Faustregel: Der Bewerber sollte sich so kleiden, wie er das Unternehmen nach außen hin repräsentieren würde – seriös, zeitgemäß und gepflegt. Lieber etwas zu chic als zu leger. Allerdings sollten Sie sich nicht verkleidet fühlen, da sich dieses Unwohlsein negativ auf Ihr Verhalten auswirken würde. Frauen Ein Kostüm in dezenten Farben – mit diesem Outfit können Frauen generell nichts falsch machen. Sowohl für Make-up als auch für Parfüm und Schmuck gilt: Weniger ist oft mehr. Falls Sie einen Rock tragen, achten Sie darauf, dass er auch im Sitzen nicht zu kurz ist. Die Schuhe sollten keine zu hohen Absätze haben. Wer keine Stöckelschuhe gewohnt ist, sollte auch im Vorstellungsgespräch darauf verzichten. Männer Für Männer empfiehlt sich ein Anzug oder eine Kombination in gedeckten Farben, ein helles Hemd und eine dezente Krawatte. Jeans, bunte Hemden und weiße Socken sind im Vorstellungsgespräch fehl am Platz.

3. Das Gespräch

Gesprächseröffnung Ihr Gesprächspartner wird versuchen, Ihnen durch einige lockere Fragen, zum Beispiel zu Ihrer Anreise, die Nervosität zu nehmen und eine angenehmen Atmosphäre zu schaffen. Sie sollten freundlich, aber nicht zu langatmig auf diese Fragen antworten. Geben Sie Ihrem Gegenüber zur Begrüßung die Hand und merken Sie sich bei der Vorstellung seinen Namen, damit Sie ihn später namentlich ansprechen können. Möglicherweise wird man Ihnen etwas zu trinken anbieten, das Sie gerne annehmen können. Alkohol oder Zigaretten sollten jedoch dankend abgelehnt werden. Hauptteil Im Hauptteil des Gesprächs geht es darum, dass beide Seiten so viel wie möglich über ihren Gesprächspartner erfahren. Das Unternehmen wird sich vorstellen und Sie über die ausgeschriebene Position informieren. Anschließend (oder vorher) wird man Ihnen zahlreiche Fragen stellen, auf die Sie sich gut vorbereiten sollten. Vorbereiten sollten Sie sich auch auf die Aufforderung, eigene Fragen zu stellen. Eigene Fragen Anhand eigener Fragen können Sie Ihr Interesse bekunden und beweisen, dass Sie gut vorbereitet sind. Die Fragen können zum Beispiel das Unternehmen, die ausgeschriebene Stelle, die Branche und vertragliche Rahmenbedingungen betreffen. Natürlich gibt es auch Fragen, die man im Vorstellungsgespräch meiden sollte. So macht es beispielsweise keinen guten Eindruck, im ersten Gespräch nach dem ersten Urlaub oder dem pünktlichen Feierabend zu fragen. Die Initiative zum Thema „Gehalt“ sollte von Ihrem Gesprächspartner ausgehen. Sie sollten aber auf jeden Fall darüber informiert sein, was üblicherweise in der Branche gezahlt wird. Verabschiedung Hier besteht noch einmal die Möglichkeit, letzte Unklarheiten zur weiteren Vorgehensweise zu klären (Wer meldet sich bis wann? Findet ein zweites Gespräch statt?). Sie sollten sich herzlich und freundlich verabschieden, um einen möglichst guten „letzten“ Eindruck zu hinterlassen. Die Gesprächspartner Je nach Größe und Struktur des Unternehmens werden Sie mit Personen aus der Personalabteilung und/oder der Fachabteilung das Gespräch führen. Während es der Personalabteilung vor allem um die persönliche Qualifikation des Bewerbers geht, liegt das Interesse der Fachabteilung primär in den fachlichen Qualifikationen.

4. Ausgewählte Standardfragen

„Was wissen Sie über unser Unternehmen?“ Mit dieser Frage möchte der Gesprächspartner testen, ob Sie gut vorbereitet sind und sich für das Unternehmen interessieren. Sammeln Sie also schon im Vorfeld möglichst viele Unternehmensinformationen. „Erzählen Sie uns etwas über Ihren Werdegang.“ Der schriftliche Lebenslauf liegt Ihrem Gesprächspartner vor. Es wird ihn also langweilen, wenn Sie den auswendig gelernten Lebenslauf trocken wiedergeben. Vielmehr sollten Sie Ihrem Werdegang eine Logik geben, ihn strukturieren und wesentliche Elemente herausstellen. Für Sie ist dies eine gute Gelegenheit, sich möglichst positiv darzustellen. „Warum haben Sie sich gerade für diese Position und für dieses Unternehmen beworben?“ Bereiten Sie sich gut auf diese Frage vor. Eine überzeugende Antwort zeugt von Interesse für das Unternehmen und für die Stelle – und davon, dass Sie sich mit dem Unternehmen identifizieren können. „Wie würden Sie sich charakterisieren? Worin sehen Sie Ihre Stärken und Schwächen?“ Auch bei dieser Frage geht es darum, wie Sie sich darstellen. Insgesamt sollten Sie sich in ein gutes Licht stellen. Es wirkt allerdings unglaubwürdig, wenn Sie übertrieben mit Stärken prahlen, ohne dabei Schwächen einzugestehen. Einen guten Eindruck machen Sie, wenn Sie Ihre Stärken und Schwächen anhand von konkreten Beispielen belegen. Dabei können Sie auch zeigen, dass Sie aus Schwächen Lehren gezogen haben und Ihre Stärken sinnvoll einzusetzen wissen. „Was erwarten Sie von dieser Tätigkeit?“ Diese Frage gibt Ihnen die Möglichkeit, über Ihre Erwartungen an den Job zu sprechen. Schließlich besteht nicht nur die Möglichkeit, dass das Unternehmen sich für einen anderen Kandidaten entscheidet. Auch Sie können sich für ein anderes Unternehmen entscheiden – zum Beispiel, wenn es schwerwiegende Differenzen zwischen Ihren Erwartungen und den Vorstellungen des Unternehmens gibt. Weitere Standardfragen
  • Warum haben Sie sich gerade für diese Studienfächer entschieden?
  • Womit haben Sie sich in Ihrer Diplomarbeit befasst?
  • Was qualifiziert gerade Sie für diese Position?
  • Welche praktischen Erfahrungen, die für diese Position relevant sind, haben Sie bereits gemacht?
  • Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
  • Wie gehen Sie mit Kritik um?
  • Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit?

5. Auftreten und Präsentation

Körpersprache Um einen selbstbewussten Eindruck zu machen, sollten Sie eine aufrechte Haltung einnehmen, ohne steif zu wirken. Suchen Sie den direkten Blickkontakt zum Gesprächspartner und geben Sie ihm zur Begrüßung und beim Abschied die Hand. Vermeiden Sie nervöse Spielchen mit Kugelschreiber, Ohrringen oder Haaren. Auch das unruhige Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl macht keinen guten Eindruck. Stimme Sprechen Sie laut, deutlich und mit fester Stimme. Lassen Sie Ihren Gesprächspartner ausreden und antworten Sie freundlich auf die gestellten Fragen. Lächeln Sie Ihr Gegenüber von Zeit zu Zeit freundlich und auffordernd an.

6. Nach dem Gespräch

Die Entscheidung Nach dem Vorstellungsgespräch muss sich nicht nur das Unternehmen entscheiden, sondern auch Sie müssen klären, ob die Position für Sie in Frage kommt. Um eine Entscheidung treffen zu können, sollten Sie daher nach dem Gespräch alle Eindrücke schriftlich festhalten. Sind Sie an dem Job interessiert, können Sie dieses Interesse in einem kurzen Brief an Ihren Gesprächspartner bekunden – zum Beispiel, indem Sie sich für das Gespräch und die nette Atmosphäre bedanken. Das zweite Vorstellungsgespräch Je nach Position und Unternehmen werden Sie eventuell zu einem zweiten Gespräch eingeladen. Zu diesem Zeitpunkt hat sich die Anzahl der Mitbewerber bereits „reduziert“ – Sie haben also im ersten Gespräch überzeugt. Eine endgültige Entscheidung wurde jedoch meist noch nicht getroffen. Neben einer Vertiefung fachlicher Fragen wird es in dem zweiten Gespräch um vertragliche Aspekte gehen. Auch hier gilt: Bereiten Sie sich gründlich vor, damit der gute Eindruck aus dem ersten Gespräch nicht getrübt wird. Im Fall einer Absage Von einer Absage sollten Sie sich nicht entmutigen lassen. Nutzen Sie vielmehr die gesammelten Eindrücke als Erfahrungen, aus denen Sie für das nächste Mal lernen können. Bewerbungskosten Werden Sie von einem Unternehmen zum Vorstellungsgespräch eingeladen, muss dieses grundsätzlich für Fahrt- und Übernachtungskosten aufkommen. Wird dieses Thema im Gespräch nicht erwähnt, sollten Sie das Ergebnis des Gespräches abwarten und bei einer Absage in einem höflichen Brief um die Erstattung der Kosten bitten.
 
Mehr Informationen zum Thema Vorstellungsgespräch Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.
 
Literaturtipps:
Die besten Bewerbungsmuster für Berufseinsteiger Helga Krausser-Raether, Die besten Bewerbungsmuster für Berufseinsteiger – mit CD-ROM. Haufe Verlag 2004 Onlinebestellung
cover Christian Püttjer / Uwe Schnierda, Hochschulabsolventen überzeugen im Vorstellungsgespräch. Sit-up! Verlag 1999 Onlinebestellung
cover Doris und Frank Brenner / Birgit Giesen, Individuell bewerben. Mit praktischen Übungen zum Assessment Center, Staufenbiel Institut für Studien- und Berufsplanung GmbH, 4. Auflage 2000 Onlinebestellung
cover Michael Opoczynski (Hg.), WISO Bewerbungsratgeber: Überzeugende Unterlagen, Perfekter Auftritt, Online-Bewerbungen, Networking, Job-Börsen, Wien/Frankfurt: Wirtschaftsverlag Ueberreuter, 2001 Onlinebestellung
cover Jürgen Hesse / Hans Christian Schrader, Die 100 häufigsten Fragen im Vorstellungespräch. Eine optimale Vorbereitung in kürzester Zeit. Eichborn Verlag 1999 Onlinebestellung
cover Jürgen Hesse / Hans Christian Schrader, Das erfolgreiche Vorstellungsgespräch. Wie Sie beeindrucken, überzeugen, gewinnen. Eichborn Verlag 1998 Onlinebestellung

Interview mit Dr. Stefan Lätsch

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Der „Master of Business Administration“, kurz MBA, kann ein wichtiger Abschnitt in der Karriereplanung sein. Dr. Stefan Lätsch, Group Vice President der Business Unit Adsorbents and Additives der Süd-Chemie AG, sprach mit Martin Rath über seine Erfahrungen mit dem MBA.

Zur Person

Dr. Stefan Lätsch, Jahrgang 1963, leitet bei der Süd-Chemie AG, München, den Geschäftsbereich Adsorbentien und Additive. Er ist verheiratet und hat ein Kind.
Wann und warum haben Sie sich entschlossen, einen MBA zu erwerben? Nachdem ich zwei Jahre bei BASF gearbeitet hatte, ging ich zu einem großen mittelständischen Familienunternehmen, um zunächst die globale Geschäftsentwicklung zu übernehmen. Dort habe ich relativ schnell gemerkt, wo die Grenzen meiner kaufmännischen Kenntnisse lagen. Als das Unternehmen an einen Konzern veräußert werden sollte, hatte ich geschäftlich mit den Vertretern von Banken und Private- Equity-Häusern zu tun. Das war für mich der Auslöser, den MBA zu erwerben. Meine Hauptmotivation war es aber, ein betriebswirtschaftliches „Update“ zu bekommen, um die kaufmännische Seite mit abdecken zu können – trotz der zeitlichen Inanspruchnahme durch das berufliche Engagement. Der Markt der MBA-Anbieter wird immer unübersichtlicher. Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Wahl getroffen? Ich wollte keinen „08/15“-MBA, sondern eine wirklich sattelfeste Ausbildung. Nun war mir der Titel gar nicht wichtig oder der Ruf der Business School. Sondern mir kam es auf den Inhalt an. Und darum habe ich mir verschiedene Programme sehr genau angeschaut. Dabei habe ich versucht, die Programminhalte präzise mit meinen beruflichen Erfahrungen abzugleichen. Hinzu kam ein organisatorischer Aspekt: Manche MBASchulen bieten verstärkt Blockunterricht, der den beruflichen Tagesablauf über Wochen einschränkt. Das können Sie sich kaum leisten, wenn Sie wirklich engagiert im Beruf stehen. Wie kann man sich einen möglichst genauen Überblick zu den Ausbildungsinhalten verschaffen? Ich habe vor der Wahl der Schule mit einigen der so genannten Lecturers, den Dozenten, telefoniert, um nähere Informationen zu erhalten. Besonders habe ich mich an der WHU in Koblenz fachkundig gemacht. Für diese Business School entschied ich mich dann nach den entsprechenden Telefonaten, auch deshalb, weil ich schon während meines Studiums in Bonn vom guten Ruf ihrer kaufmännischen Ausbildung gehört hatte. Ihr Arbeitgeber musste während Ihres Studiums auf einen Teil Ihrer Arbeitskraft verzichten. War es schwer, ihn von Ihrem Fortbildungswunsch zu überzeugen? Das Unternehmen hat das Studium seinerzeit sehr aktiv unterstützt, auch finanziell. Die Kosten für das MBA-Studium wurden komplett übernommen. Das war eine großartige Unterstützung. Man war sehr daran interessiert, dass man sich in dieser Form weiterbildet. Ich habe auch über das bestehende Angebot hinaus Kurse wahrnehmen können. Es bestand also kein Zwang, nur das Hauptprogramm „herunterzuspulen“. Daraus ergaben sich auch Kontakte zu USamerikanischen Lecturers, die heute noch bestehen. Kontakte sammeln, ein wichtiger Aspekt eines MBA-Studiums? Ja, ich wollte mir auch ein Netzwerk aufbauen, Kontakte, auf die man weltweit zurückgreifen kann. Durch ein dreieinhalbjähriges Studium an der Hong Kong University of Science and Technology und meiner Tätigkeit bei den BASF Regional Headquarters in Hongkong hatte ich bereits erste Verbindungen nach Asien geknüpft. Berufliche Kontakte innerhalb Europas ergaben sich später ohnehin durch die tägliche berufliche Praxis. Durch die Kooperation der WHU mit der Kellogg Graduate School of Management ließ sich auch die amerikanische Seite stärker abdecken. Heute profitiere ich von diesem Netzwerk. Im Erststudium haben Sie neben Chemie auch Sinologie studiert, eine etwas ungewöhnliche Kombination. Woher kommt Ihr Interesse an Asien? Ich habe mich schon immer stark für die chinesische Medizin und Heilkunde interessiert. Während des Studiums legte ich zunächst einen Schwerpunkt auf die organische Chemie. Konkret ging es hier beispielsweise um die Identifizierung und dann Synthetisierung von Wirkstoffen aus chinesischen Heilpflanzen. Ich hatte die Ambition, nicht nur die Übersetzungen chinesischer Forschungsergebnisse zu lesen, sondern auch die Originale. Während des weiteren Studienverlaufs verschob sich der Schwerpunkt dann in Richtung anorganische und physikalische Chemie. In meiner Studienzeit in Hongkong beschäftigte ich mich mit neuen polymeren Werkstoffen, Supraleitern und Laserchemie. Letztendlich habe ich aber beide Fächer weiterstudiert. Was prägt Ihren heutigen Arbeitsalltag mehr – die Chemie oder die BWL? Mehr die Betriebswirtschaft. Ich leite einen Geschäftsbereich mit nicht ganz 300 Millionen Euro Umsatz, wir haben 27 Gesellschaften und 20 Produktionsstätten weltweit. Das wirft viele kaufmännische Fragen auf. Aber man darf den naturwissenschaftlichen, den chemischen Part nicht unterschätzen, gerade wenn es darum geht, Strategien zu entwickeln. Dabei müssen Sie eine fachbezogene Kreativität an den Tag legen, die meines Erachtens ein naturwissenschaftliches Studium voraussetzt. Sehen Sie in der Art, wie Ihr Denken durch das naturwissenschaftliche Studium geprägt wurde, Unterschiede zu den Betriebswirten? Naturwissenschaftler lernen ein sehr systematisches Vorgehen, insbesondere auch durch die Promotion. Aber das heißt nicht, dass es nicht auch sehr systematisch denkende Kaufleute gäbe. Viele MBA-Angebote wenden sich an Naturwissenschaftler, jedenfalls Nicht-Betriebswirte. Wäre es sinnvoll, den Ansatz einmal umzudrehen und Wirtschaftswissenschaftlern ein naturwissenschaftliches Aufbaustudium zu bieten? Diese Frage tauchte in meinem Unternehmen in der letzten Zeit gelegentlich auf, aber ich würde davon abraten. Warum? Weil ich nicht glaube, dass sich eine solche Ausbildung berufsbegleitend einrichten ließe. Sie wäre noch zeitaufwändiger, als ein kaufmännisches Aufbaustudium. Für Chemiker ist es essenziell, entsprechende theoretische Lerninhalte auch praktisch umzusetzen. Das schließt intensive Laborarbeit mit ein.

Interview mit Dr. Johannes F. Lambertz

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Dr. Johannes F. Lambertz hält seit Februar 2008 das Ruder eines der größten europäischen Stromerzeuger in Händen. Im karriereführer spricht er über die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland sowie den Ausstieg aus der Kernenergie, gibt Tipps für die Karriere und zeigt Chancen für den Berufseinstieg in seinem Unternehmen auf. Die Fragen stellte Arne Olerth.

Zur Person

Dr. Johannes F. Lambertz wurde 1949 in Kerpen (Rheinland) geboren. An seine Maschinenschlosserlehre und Tätigkeit als Konstrukteur schloss er ein Diplomstudium der Kernverfahrenstechnik an der Fachhochschule Aachen an. Darauf sattelte er ein Maschinenbaustudium mit dem Schwerpunkt Kraftwerkstechnik an der RWTH Aachen auf. An der gleichen Hochschule arbeitete er sechs Jahre als Assistent am Institut für Turbomaschinen und promovierte. 1981 nahm Lambertz ein Beschäftigungsverhältnis bei der Rheinbraun AG, einer hundertprozentigen Tochter der RWE AG, auf. Er war mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben betraut. 1997 wurde Lambertz Direktor der Kohleveredelung und Fabriken, 2000 Spartenleiter der Kraftwerke der RWE Rheinbraun AG und 2002 Mitglied des Vorstands der RWE Rheinbraun AG. 2003 wurde die RWE-Holding umstrukturiert und Lambertz Vorstandsmitglied der neu geschaffenen RWE Power AG. Seit Februar 2008 ist er der Vorstandsvorsitzende der RWE Power AG.
Herr Dr. Lambertz, Sie haben nach Ihrer Maschinenschlosserlehre ein Diplomstudium der Verfahrenstechnik und ein Diplomstudium des Maschinenbaus erfolgreich abgeschlossen. Inwieweit profitieren Sie heute als Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Stromerzeugers von dieser breiten technischen Ausbildung? RWE Power ist ein technikgetriebenes Unternehmen, und deshalb ist auch in meiner heutigen Funktion ein fundierter Hintergrund überaus hilfreich. Wichtig ist, dass man bei allem theoretischen Wissen, das die Universität vermittelt, auch ein Gefühl für die Praxis behält. Zudem: Technik war für mich immer mehr als eine Pflichtübung – ich habe mich in meinem gesamten Berufsleben mit Sachverhalten, die die Funktionsweise unserer Anlagen und Innovationen betreffen, intensiv auseinandergesetzt. Laut Spiegel Online rechnet RWE mit einer Kapazitätslücke von mindestens 30 Gigawatt ab dem Jahr 2015. Wie wollen Sie die Lücke schließen? Bereits in den nächsten Jahren müssen in Deutschland und in Europa Kraftwerkskapazitäten in erheblichem Umfang ersetzt werden. In Europa muss angesichts des steigenden Strombedarfs, insbesondere in Osteuropa, sogar zugebaut werden. Wir in Deutschland sollten dabei auch künftig auf einen breiten Energiemix setzen. Konkret: Neben dem notwendigen Ausbau der regenerativen Energien, den wir bei RWE vorantreiben, müssen auch die fossilen Energieträger und die Kernenergie einen festen Platz in diesem Mix haben. Nur so können wir die Zielsetzung Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit auch künftig erreichen. RWE will hierzu einen wichtigen Beitrag leisten: Bis 2012 werden wir allein in Deutschland rund fünf Milliarden Euro für neue Kraftwerke investieren. Der Energiemix von RWE Power enthält einen Kernenergieanteil von rund 25 Prozent. Welche Auswirkungen hätte ein Ausstieg auf den Klimaschutz? Wir halten den Ausstieg aus der Kernenergie insbesondere vor dem Hintergrund der CO2-Einsparung für falsch. Mit dieser Meinung stehen wir nicht alleine. In einer aktuellen Umfrage haben sich 49 Prozent der Bevölkerung für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke ausgesprochen, nur 44 Prozent lehnen sie ab. Auch das EU-Parlament hält die Kernenergie für einen unverzichtbaren Bestandteil einer kosteneffizienten Klimaschutz- und Energieversorgungsstrategie. Ich hoffe, dass diese guten Argumente hierzulande zu einem Umdenken in der Politik führen. Durch die Nutzung der Kernenergie in Deutschland werden jedes Jahr 150 Millionen Tonnen CO2 vermieden. Das entspricht den Emissionen des gesamten Straßenverkehrs in unserem Land. 2010 will RWE Power ein neues BoA-Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 43 Prozent in Betrieb nehmen. Welche Maßnahmen haben Sie noch im Visier, um diesen Energieträger zukunftsfähig zu machen? Die BoA-Doppelblockanlage, die wir in Neurath errichten, wird das modernste Braunkohlenkraftwerk der Welt. Mit einem Wirkungsgrad von über 43 Prozent spart die 2100 MW-Anlage jährlich rund sechs Millionen Tonnen CO2 im Vergleich zu Altanlagen ein. Doch wir bleiben bei diesem Stand der Technik nicht stehen. Durch die Vortrocknung der Braunkohle, die wir in einer von uns entwickelten Wirbelschichttrocknungsanlage erproben wollen, werden wir den Wirkungsgrad um weitere vier Prozentpunkte steigern. Das heißt, für die gleiche produzierte Strommenge brauchen wir deutlich weniger Kohle als bisher. Zudem arbeiten unsere Ingenieure daran, das CO2 im Kraftwerksprozess abzutrennen und langfristig zu speichern, damit es nicht mehr in die Atmosphäre abgegeben wird. Mit dem sogenannten IGCC-Verfahren und der CO2-Wäsche können bis zu 90 Prozent der CO2-Emissionen bei der Kohleverstromung vermieden werden. Um sie zur Marktreife zu bringen, wollen wir über eine Milliarde Euro investieren. Allerdings muss die Politik einen sicheren Rechtsrahmen für den Transport und die Speicherung von CO2 schaffen sowie gemeinsam mit uns für die Akzeptanz dieser Technik in der Bevölkerung sorgen. Welchen Stellenwert haben technische Innovationen für die Zukunft Ihres Unternehmens? Alle Innovationen, die zur Erhöhung der Effizienz und zur Entlastung des Klimas beitragen, haben eine immense Bedeutung. Unser Fokus in der Stromerzeugung liegt dabei zum einen auf Technologien zur CO2-Vermeidung und -Speicherung. Zum anderen spielen Themen wie neue Speichermöglichkeiten eine wichtige Rolle. Mit General Electric haben wir gerade eine Vereinbarung unterzeichnet, um gemeinsam ein Druckluftspeicherkraftwerk auf den Weg zu bringen. In welchen Bereichen will RWE Power sein Wachstum intensivieren? Die Energieversorgung wird zunehmend ein europäisches Thema. Dementsprechend haben wir unsere Aktivitäten ausgerichtet, wenngleich unser Kernmarkt Deutschland bleibt. Dabei lassen wir keinen Energieträger aus: So wollen wir uns am Bau neuer Kernkraftwerke, zum Beispiel in Rumänien oder Bulgarien beteiligen. Und in den Niederlanden ist die Errichtung eines neuen Kohlenkraftwerks geplant. Wie definieren Sie Karriere? Etwas bewegen, etwas vorantreiben – das war stets meine berufliche Triebfeder. Wer dabei klare Zielvorstellungen hat, nie aufhört, sich selbst zu entwickeln, und sich selbst dabei treu bleibt, der wird seinen Weg machen. Bei RWE gibt es hierfür derzeit zahlreiche Möglichkeiten: Für die Bereiche Kraftwerksneubau und -optimierung sowie die Schwerpunkte Klimaschutz und regenerative Energien suchen wir Diplom-Ingenieure und Diplom-Wirtschaftsingenieure aus allen Fachbereichen. Informationen hierzu gibt es im Internet. Hatten Sie schon zu Studienzeiten das Ziel, in einer höheren Managementfunktion tätig zu sein? Berufliche Karrieren verlaufen nur in den seltensten Fällen so geradeaus wie eine Autobahn. Natürlich hatte ich schon während des Studiums gewisse Vorstellungen, wo und wie ich mich einbringen will. Um davon eine Menge umzusetzen, benötigt es aber neben allem Ehrgeiz, Können und Engagement auch Glück. Nämlich das Glück, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein. Würden Sie sich als zielstrebig bezeichnen? In der Tat, Zielstrebigkeit ist sicherlich eine der wichtigsten Eigenschaften, um erfolgreich zu sein. Zielstrebig sollte aber nicht bedeuten, nur seinen persönlichen Vorteil im Auge zu haben. Vielmehr muss es darum gehen, inhaltliche Ziele zu erarbeiten und diese dann zu verfolgen. Von den Erfolgen, die sich dann einstellen, profitieren beide Seiten: das Unternehmen und der Einzelne persönlich. Welche Eigenschaften muss ein Hochschulabgänger mitbringen, um in höchste Managementpositionen aufzusteigen? Es ist besonders wichtig, seine Neugierde auf Neues nie zu verlieren. Außerdem sollte man sich nicht ausschließlich auf sein Fachgebiet konzentrieren. Mein Rat: sich möglichst breit aufstellen, dabei auch gesellschaftliche und politische Entwicklungen nie aus den Augen verlieren. Ist die Bereitschaft zur räumlichen Flexibilität Voraussetzung für eine gute Karriere? Es wird in Zukunft die Ausnahme bleiben, ausschließlich an einem Ort, in einem Unternehmen tätig zu sein. Flexibilität – und nicht nur räumliche – hat deshalb vor allem für Führungskräfte einen hohen Stellenwert. Das ist aber nicht per se etwas Negatives: Ein Neuanfang in einer fremden Umgebung mit veränderten Aufgaben ist eine besondere Herausforderung, an der man persönlich wachsen kann. Welchen Stellenwert hat Auslandserfahrung für die Karriere? Die Welt wächst zusammen, Märkte rücken enger aneinander. Da wird es künftig noch wichtiger sein, andere Kulturen oder Gesellschaftsformen zu kennen. Wer die Chance hat, sich frühzeitig durch Auslandsaufenthalte – sei es in der Schul- , der Studien- oder den ersten Jahren der Berufszeit – Erfahrung und Wissen anzueignen, der sollte diese auf jeden Fall nutzen. Das ist im gesamten Berufsleben von Vorteil.

Zum Unternehmen

Die RWE Power AG ist die Erzeugungsgesellschaft im RWE-Konzern, dem größten deutschen Energieversorger. Sie produziert Strom und Wärme und fördert Kohle. Im Bereich der Stromerzeugung gehört das Unternehmen zu den größten in Europa. 18 Prozent des erzeugten Stroms stammen aus der Kernenergie. RWE Power besitzt vier Atomkraftwerke in Deutschland, wovon eins momentan zurückgebaut wird. Den Löwenanteil am Strommix trägt die Braunkohle mit 42 Prozent. RWE Power ist mit rund 100 Millionen Tonnen Förderleistung aus den Tagebauen Garzweiler, Hambach und Inden der weltgrößte Braunkohleproduzent. Der Steinkohleanteil am Strommix liegt bei 31 Prozent, der Rest stammt aus erneuerbaren Energien, Erdgas, Pumpwasser, Öl und Sonstigem. Mehr als 18.000 Mitarbeiter sind bei RWE Power angestellt. Sie erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2007 einen Außenumsatz von rund 6,6 Milliarden Euro. Der tagebaubetreibende Teil des Unternehmens war vormalig ein eigenständiges Unternehmen, die Rheinische AG für Braunkohlebergbau und Brikettfabrikation, ehemals Gewerkschaft Fortuna Köln. Dieses wurde 1932 von der RWE AG übernommen und im Laufe der Jahre unter wechselnden Unternehmensnamen (Rheinbraun AG, RWE Rheinbraun AG) als hundertprozentige Tochter im RWE-Konzern geführt. Im Zuge einer Umstrukturierung der RWE-Holding 2003 wurden die beiden stromerzeugenden Gesellschaften RWE Rheinbraun AG und RWE Power AG zusammengefasst. Sie werden seither unter dem Namen RWE Power AG geführt. Die Unternehmenssitze sind Köln und Essen.

Interview mit Thomas Künstner

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Direkt nach seinem Studienabschluss stieg Thomas Künstner bei der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton ein, wo er mittlerweile als Partner für den Bereich Medien und Kommunikation sowie für das Thema Personal verantwortlich ist. Mit Sabine Olschner sprach er über Leidenschaft, Dynamik und High Potentials.

Zur Person

Thomas Künstner, 41 Jahre, ist seit 2001 Partner der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton in Düsseldorf. Für die Abteilung Media and Consumer Practice berät er Top-Management Teams in der Kommunikation- und Medienindustrie in strategischen und organisatorischen Fragen. Seit April ist er darüber hinaus „People Partner“ und damit zuständig für den Bereich Human Resources im deutschsprachigen Raum. Der Diplomkaufmann arbeitet seit 1993 bei Booz Allen Hamilton. Er hat an der Universität Passau und an der Aston Business School in Birmingham, England, Betriebswirtschaftslehre studiert, bevor er direkt nach Studienabschluss bei der internationalen Unternehmensberatung einstieg. Thomas Künstner ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Seine Leidenschaft ist seit vielen Jahren die Zauberei. Darüber hinaus fährt er in seiner Freizeit gerne Ski.
Warum sollten Absolventen in die Beratung gehen statt in ein Wirtschaftsunternehmen? Die Argumente, die mich damals bewogen haben, in die Consultingbranche einzusteigen, haben sich gar nicht so sehr verändert: Die Beratung ist heute wie damals ein hochattraktives Berufsfeld. Sie ermöglicht einen steilen Karriereaufstieg. Man wird sehr schnell an Themen herangeführt, die bei den Unternehmen eine große Wirkung haben, und sieht, wie wichtige Entscheidungen vorangetrieben werden. Früher als in anderen Funktionen arbeitet man direkt auf der Entscheiderebene. Man kann Konzepte nicht nur entwickeln, sondern sie auch umsetzen. Wer Spaß daran hat, im Team zusammen mit anderen hochklassigen Leuten Dinge zu bewegen, wird in der Beratung ein sehr interessantes Betätigungsfeld finden. Was muss ein guter Berater können? Wir bei Booz Allen Hamilton suchen Absolventen, die eine Kombination aus hohen analytischen Fähigkeiten und einer sehr stark ausgeprägten Sozialkompetenz mitbringen. Da wir ein internationales Unternehmen sind, müssen die Bewerber auf alle Fälle zweisprachig sein – Englisch ist ein Muss, weitere Sprachen sind gern gesehen. Dazu erwarten wir Auslandserfahrung und damit verbunden die Fähigkeit, sich ohne Probleme in anderen Kulturen zu bewegen. Wichtig sind uns auch außeruniversitäre Aktivitäten, allen voran Praktika. Kurz gesagt: Wir wollen Leute, die in ihrem bisherigen Werdegang gezeigt haben, dass sie Dinge bewegen wollen und bewegen können. Warum suchen Consultingunternehmen eigentlich so viele High Potentials? Wir arbeiten für die besten Unternehmen an sehr komplexen Problemen. Wenn wir diese Probleme gelöst bekommen wollen, brauchen wir Mitarbeiter, die die oben genannten Voraussetzungen mitbringen – die einfach die Besten sind. Beratung findet heute in der Regel in gemischten Teams zusammen mit dem Kunden statt. Und auch auf Kundenseite arbeiten High Potentials, deren Anforderungen die Berater standhalten müssen. Wie sieht der klassische Karriereweg eines Consultants aus? Bei uns steigen Absolventen mit Bachelor als Consultants ein, mit Diplom oder Masterabschluss als Senior Consultants. Die nächste Stufe ist der Associate, der Teilprojekte leitet, während ein Senior Associate Projekte in vollem Umfang verantwortet. Principals sind Mitglieder der Geschäftsleitung. Und schließlich ist die höchste Stufe die Partnerschaft, innerhalb derer es wiederum verschiedene Ebenen gibt, bis hin zum Senior Partner. Sie selbst sind schon mit 35 Jahren Partner geworden. Was sind Ihre Tipps für eine steile Karriere? Es ist sehr wichtig, sich auf Dinge zu fokussieren, für die man Leidenschaft entwickeln kann. Man sollte versuchen, recht früh einen Bereich zu finden, von dem man sich vorstellen kann, dort auch längerfristig aktiv zu sein. Für eine steile Karriere sollte man darüber hinaus auch einen gewissen Hang zur Perfektion mitbringen und sich frühzeitig auf Ergebnisse konzentrieren. Wenn man dann noch das richtige Umfeld findet, um seine Talente zum Einsatz zu bringen, hat man die besten Voraussetzungen, schnell voranzukommen. Was reizt Sie persönlich an der Consultingbranche? Mit hochtalentierten, engagierten und leidenschaftlichen Menschen an herausfordernden Projekten zu arbeiten. Ich verbringe selbst nach 15 Jahren in der Beratung meine Zeit mit Fragestellungen und Problemen, die in dieser Form meist noch nie angegangen und gelöst worden sind. Ich halte es nach wie vor für ein sehr großes Privileg, in diesem dynamischen Umfeld zu arbeiten. Wie kamen Sie zu Ihrem Schwerpunkt Kommunikation und Medien? Zu Beginn ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde: Ich bin Anfang der 90er Jahre in die Beratung eingestiegen, zu einer Zeit, als sich die Telekommunikation auf die Liberalisierung vorbereit hat. Das war zu dieser Zeit ein sehr aktives und auch spannendes Beratungsumfeld. Außerdem hatte ich schon immer eine Affinität zu neuen Technologien und ihre Wirkung auf den Konsumenten. Diese Kombination hat mich letztlich in die Telekommunikation gebracht. An den zweiten Schwerpunkt kam ich durch das verstärkte Zusammenwachsen von Telekommunikation und Medien. Diese Kombination hat mich schon damals fasziniert. Sie sind unter anderem Autor zahlreicher Artikel und Publikationen. Ist das ein fester Teil Ihres Beraterjobs? In der Beratung geht es nicht nur darum, Projekte zu lösen, sondern auch, Methoden und Konzepte, die wir aus unserer Arbeit gewinnen, nutzbar zu machen. Wir bezeichnen das als „Intellectual Capital“. Man muss ja nicht in jedem Projekt das Rad neu erfinden. Darüber hinaus wollen wir bestimmte Themen der Öffentlichkeit zur Diskussion geben und – aus Marketinggesichtspunkten – natürlich als weltweit führende Strategie- und Technologieberatung bestimmte Themenfelder besetzen. Nicht jeder Berater muss allerdings Bücher schreiben – manche haben ihre Qualitäten in anderen Bereichen. Sie haben unter anderem in Birmingham studiert. Was bringt ein Auslandsaufenthalt für die Karriere? Primär ist ein Auslandsaufenthalt ein persönlicher Gewinn. Ich kann jedem nur dringend ans Herz legen – gerade auch im Zeitalter der Globalisierung – ins Ausland zu gehen. Ich habe mein Jahr in England als sehr starke persönliche Bereicherung gesehen. In einer anderen Kultur zu leben und seine eigene Kultur einmal aus einer anderen Perspektive anzuschauen – das sind Erfahrungen, die gerade in jungen Jahren sehr prägen. Diese persönliche Erfahrung sollte die Hauptmotivation für einen Auslandsaufenthalt sein. Dann strahlt sie automatisch auch auf das Karriereprofil aus. Könnten Sie sich ausmalen, in einem ganz anderen Job, fernab von der Beratung, zu arbeiten? Ich könnte mir eine ganze Reihe von Berufen vorstellen, angefangen von angrenzenden Bereichen wie Investment Banking oder Private Equity, aber auch eine Karriere in der Industrie kann sicherlich reizvoll sein. Entscheidend ist für mich ein dynamisches Arbeitsfeld, das viel Bewegung und Veränderung mit sich bringt. Und auch die Personen, mit denen ich zusammenarbeite, müssen diese Dynamik in sich tragen.

Zum Unternehmen

Booz Allen Hamilton ist mit mehr als 18.000 Mitarbeitern und Büros auf sechs Kontinenten die weltweit führende Strategie- und Technologieberatung. Das Unternehmen befindet sich im Besitz seiner rund 300 aktiven Partner. Im deutschsprachigen Raum gibt es sechs Büros: in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, München, Wien und Zürich. Der Umsatz beläuft sich weltweit auf 3,7 Milliarden US-Dollar, im deutschsprachigen Raum auf 205 Millionen Euro. Die Consultants von Booz Allen Hamilton beraten in den Bereichen Strategie, Turnaround, Restrukturierung, Organisation, Operations, Systems und Technologie. Zu ihren Kunden zählen weltweit führende Industrieunternehmen, staatliche Institutionen und Regierungen. Strategische und operative unternehmerische Aufgaben werden in enger Zusammenarbeit mit dem Klienten gelöst.

Interview mit Dr. Stefan Kraus

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Der Unternehmer-Anwalt. Das Headquarter der Wirtschaftskanzlei Luther liegt direkt am Rhein, eingebettet im neuen Rheinaufhafen, wo Galerien, Cafés, Wohnhäuser und Büros entspannt nebeneinander liegen. Dr. Stefan Kraus war 15 Jahre lang Managing Partner der Kanzlei. Nun gab er die Geschäftsführung an zwei Kollegen ab, um seine Beratertätigkeit zu intensivieren. Ein Gespräch über die besonderen Merkmale eines Unternehmer-Anwalts, die Aufgaben junger Anwälte in der Kanzlei und die modernen Alternativen zu einer Lifetime-Career. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Stefan Kraus, Jahrgang 1957, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und an der Pennsylvania State University sowie Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Dort promovierte er im Jahre 1987 zu einem handels- und steuerbilanzrechtlichen Thema. Kraus begann seine anwaltliche Laufbahn 1988 in Wuppertal und wechselte 1989 in das Kölner Büro von Arthur Andersen. Dort war er maßgeblich am Aufbau der rechtsanwaltlichen Beratungspraxis in Deutschland und international beteiligt. Von 1995 bis 2010 führte er die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als Managing Partner. Inhaltliche Schwerpunkte sind die wirtschaftsrechtliche Beratung von Unternehmen und Unternehmern im Zusammenhang mit Transaktionen und Reorganisationen, häufig auch grenzüberschreitend.
Herr Dr. Kraus, die Kanzlei Luther hat sich den Claim „Die Unternehmer-Anwälte“ gegeben. Was genau steckt dahinter? Zum einen verstehen wir uns nicht nur als Anwälte, sondern auch als Unternehmer. Wir denken und handeln als solche. Daher, und das ist die zweite Ebene, verstehen wir das unternehmerische Denken unserer Mandanten. Wirtschaftskrise gleich gute Zeiten für Wirtschaftskanzleien – stimmt diese Gleichung? Nein. Früher hörte man gelegentlich folgenden Spruch: „Geht es den Unternehmen gut, geht es den Anwälten gut. Geht es den Unternehmen schlecht, geht es den Anwälten besser.“ Doch der stimmt heute nicht mehr, denn wir begleiten eine Vielzahl von unternehmerischen Entscheidungen sowie deren Umsetzung. Und wenn durch äußere Einflüsse die Unternehmen ihre Investitions- oder Transaktionsgeschäfte zurückhalten und die Aktivität sinkt, dann ist das für die anwaltlichen Berater nicht gut. Da Sie sich explizit als Anwälte sehen, die auch Unternehmer sind: Haben andere Kanzleien in dieser Hinsicht Defizite? Vielfach sind Anwälte schon ein besonderer Menschenschlag, und es kommt vor, dass sie wenig Verständnis für die Strukturen eines Unternehmens und die Denkweisen der Menschen dort besitzen. Und wir nehmen für uns in Anspruch, uns problemlos in die Situation unserer Mandanten hineinversetzen können. Das ist ein entscheidender Punkt, denn wenn ich jemanden anwaltlich berate, muss ich verstanden haben, was der Mandant möchte. Gibt es da mitunter den Zwiespalt, dass aus ökonomischer Sicht ein Weg A sinnvoll ist, aus juristischer aber eher ein Weg B? Das gibt es in der Tat sehr häufig. Der Mandant gibt uns eine Aufgabe. Er möchte wirtschaftlich etwas erreichen und will nun von uns wissen, wie ihm das im Rahmen eines sehr komplexen gesetzlichen Regelwerks gelingen kann. Es reicht dem Mandanten aber nicht, dass wir ihm sagen, was er darf und was er nicht darf. Er möchte auch wissen, wie er vorgehen sollte, um sein wirtschaftliches Handeln optimal an die juristischen Vorgaben anzupassen. Unsere Aufgabe ist es, diese Wünsche zu erkennen – und das geht nicht ohne viel Verständnis für unternehmerisches Handeln. Wie gelingt es Ihnen bei Luther, Nachwuchsanwälte zu finden, die über dieses unternehmerische Denken verfügen? Die entsprechende fachliche Qualifikation ist die Grundvoraussetzung für eine Anstellung bei uns. Wir schauen uns aber nie ausschließlich die Examensnoten an. Zusätzlich gewünscht sind persönliche Eigenschaften. Wir möchten den Eindruck gewinnen, dass die Bewerber mehr gesehen haben als nur das juristische Hauptseminar und die Bücher. Erfolgreiche Anwälte in unserer Branche sind nicht nur gute Juristen, sondern obendrein auch Beraterpersönlichkeiten – und dazu gehört ein erweiterter Horizont sowie Qualitäten wie Offenheit und Kommunikationsfähigkeit. Suchen Sie fertige „Unternehmer-Anwälte“ – oder geben Sie jungen Absolventen die Chance, sich bei Ihnen zu einem solchen zu entwickeln? Zweiteres. Man kann als Jurist nicht sagen: „So, jetzt habe ich Staatsexamen und einige Referendarstationen hinter mir, jetzt bin ich gelernter Anwalt.“ Daher werden junge Leute bei uns – wie auch in anderen großen Kanzleien – vom ersten Tag an weiter ausgebildet. Wir verfügen über ein umfangreiches Ausbildungsprogramm, die „Luther academy“, das junge Anwälte in den ersten fünf Jahren ihrer Tätigkeit bei Luther begleitet. In dieser Zeit optimieren sie ihr juristisches Wissen auf die Anforderungen eines Wirtschaftsanwalts, lernen aber auch rhetorische Qualitäten oder die Fähigkeit, eine Bilanz lesen oder einen Vertrag aufsetzen zu können. Wäre es nicht sinnvoll, dass Jurastudenten dieses wirtschaftliche Wissen bereits im Studium vermittelt bekämen? Es wäre sinnvoll, aber es ist unrealistisch. Dafür bietet die verkürzte und verschulte Juristenausbildung einfach nicht die Zeit. Daher kommen alle Kanzleien, die einen spezifischen Fokus besitzen, nicht umhin, gewisse Kenntnisse intern weiterzuentwickeln. Man spricht viel vom Wandel der Wirtschaft in diesen Tagen. Würden Sie sagen, dass sich der Beruf eines Wirtschaftsanwalts ebenfalls im Umbruch befindet? Er befindet sich eigentlich seit 20 Jahren im Umbruch. Als ich angefangen habe, war die Bezeichnung des Wirtschaftsanwalts an sich bereits eine Spezialisierung. Heute findet die Spezialisierung weit unterhalb statt: Die jungen Anwälte spezialisieren sich schon in den ersten Berufsjahren auf einzelne Rechtsgebiete. Welche Rechtsgebiete bieten in dieser Hinsicht die besten Perspektiven? Das sind vor allem die Rechtsgebiete, die für Branchen relevant sind, in denen gegenwärtig und in Zukunft ein struktureller Umbruch zu erwarten ist. Beobachten Sie, dass sich die Erwartungen von jungen Anwälten geändert haben, die heute bei Luther anfangen? Früher war es durchaus der Normalfall, dass ein Anwalt seine Karriere in einer größeren Kanzlei beginnt und das Ziel formuliert, dort später ein Partner zu werden. Heute beobachte ich eine größere Fluktuation. Junge Leute beginnen bei uns, lernen, arbeiten und wechseln dann zum Beispiel in eine In-House-Abteilung eines Unternehmens. Die Lifetime-Career gibt es noch immer. Aber sie ist eben nicht mehr das einzige Karrieremodell. Auf der Homepage Ihrer Kanzlei findet sich der Satz, es sei wichtig „Vertrautes als fremd zu betrachten“. Was hat es damit auf sich? Das meint, dass man immer wieder Dinge hinterfragen muss. Dass man immer wieder neu darüber nachdenken muss, ob sich zu einer bestimmten Fragestellung in einem sich permanent verändernden Umfeld plötzlich neue Antworten ergeben. Wir alle leben von und mit Routine. Routine ist gut und wichtig – aber sie ist auch eine Gefahr, wenn man aufhört, Dinge immer aufs Neue zu überdenken. Denn eines steht fest: Für die klaren Fälle nach dem Motto „Die Ampel ist rot, bitte nicht fahren“ benötigen die Mandanten uns nicht. Unsere Mandanten sind zumeist Unternehmen mit eigenen Juristen, die schon längst überprüft haben, ob sich die Antwort auf ein Problem durch den Blick ins Gesetzbuch finden lässt. Wir kommen dann ins Spiel, wenn die Sachverhalte komplex werden.

Zum Unternehmen

Die Ursprünge der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft liegen im Jahr 1992. Einige Rechtsanwälte aus der Steuerabteilung von Arthur Andersen gründeten die Kanzlei Freihalter Krüger & Partner. Nur drei Jahre später firmierte die Kanzlei zu einer der ersten Anwalts-GmbHs in Deutschland um. Im Jahr 2000 schloss sich die Gesellschaft mit Luther & Partner aus Hamburg und Berlin zusammen und wurde als Andersen Luther Rechtsanwaltsgesellschaft gleichzeitig Teil des internationalen Anwaltsnetzwerks Andersen Legal. Als sich 2002 die weltweite Organisation von Andersen auflöste, ging die Kanzlei eine Assoziierung mit Ernst & Young ein. Seit 2005 firmiert die Kanzlei als Luther Rechtsanwaltsgesellschaft; im November 2006 beendete Luther die Assoziierung mit Ernst & Young. Seit dieser Trennung ist Luther eine vollständig unabhängige Gesellschaft. Derzeit beschäftigt die Kanzlei mit Sitz in Köln 320 Rechtsanwälte und Steuerberater. Nachfolger des jahrelangen Geschäftsführers Dr. Stefan Kraus sind seit 2010 Dr. Hans-Georg Hahn und Dr. Markus Sengpiel. Interview mit Dr. Stefan Kraus als PDF ansehen

Interview mit Dr. Peter Körner

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Dr. Peter Körner ist seit 1998 bei der Telekom beschäftigt. Bisher ging es für den Wirtschaftswissenschaftler in der Konzernhierarchie stetig bergauf, heute ist er Leiter der Personalentwicklung. Im Gespräch mit dem karriereführer verrät er seine Aufstiegsstrategie und erzählt von den Eigenarten eines großen Konzerns wie der Telekom. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Peter Körner, 46 Jahre, trat 1998 in die Deutsche Telekom ein und leitete zunächst bei T-Systems den Bereich obere Führungskräfteentwicklung. Von 2001 bis 2006 war Körner dann bei T-Online International für die Personal- und Organisationsentwicklung verantwortlich und betreute zeitweise auch den Bereich Recht. Später leitete er bei T-Mobile International den Bereich Business Partner für die internationale Organisation Technology. Im Dezember 2007 bestellte ihn der Aufsichtsrat der T-Mobile Deutschland GmbH zum neuen Geschäftsführer Human Resources/ Legal. Seit 2009 ist er Leiter des Global Competence Centre Human Resources Development (CC HRD) der Deutschen Telekom und damit mitverantwortlich für die Personalentwicklung des Konzerns. Vor seiner Karriere bei der Telekom arbeitete Peter Körner als Business Consultant bei der GenoConsult sowie als IT- und Personalberater bei Preussag, wo er 1991 als Trainee seine Karriere begann. Zuvor hatte Körner in Kiel Informatik und Wirtschaftswissenschaften studiert.
Herr Dr. Körner, wie wichtig ist einem Konzern wie der Telekom, dass nicht nur die wirtschaftlichen Daten stimmen sondern die Öffentlichkeit das Unternehmen auch als innovativ und fortschrittlich wahrnimmt? Ein gutes Ansehen in der Öffentlichkeit ist heute entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Nur die innovativsten und fortschrittlichsten Firmen können langfristig Kunden und Investoren überzeugen und die besten Mitarbeiter an sich binden. Dafür ist eine offene und transparente Unternehmenskultur unverzichtbar. Deshalb führen wir innerhalb des Konzerns diese wichtigen Diskussionen. Über unsere Richtlinie zum stark limitierten Umgang mit mobilen Kommunikationsgeräten außerhalb der Arbeitszeit zum Beispiel. Oder über die Frauenquote oder die Frage, wie wir internationale Kandidaten in die Führungsmannschaft hineinbekommen. Die Öffentlichkeit erlebt, dass hinter der Telekom fortschrittliche und zukunftweisende Dinge stecken. Und das freut uns natürlich. Verlangt eine neue Generation an qualifizierten Arbeitskräften auch eine neue Unternehmenskultur? Ich denke schon. Die Wirtschaftswissenschaftler, die heute bei uns einsteigen, gehören zur Generation Y. Und die Generation Z rund um den Jahrgang 1990 steht schon in den Startlöchern. Das sind junge Leute, die gewohnt sind, unter anderen Rahmenbedingungen zu arbeiten als ihre Eltern. Wir müssen uns von den stromlinienförmigen Lebensläufen verabschieden. Im Gegenteil: Kreativität, Vielfalt und Offenheit sind die wesentlichen Merkmale unserer neuen Unternehmenskultur. Die Zukunft unserer Märkte liegt im weiteren Ausbau der Informations- und Kommunikationstechnologien, der intelligenten Netze und des mobilen Internets – und bei diesen Themen kennt sich die Generation Y schließlich bestens aus. Sie sind seit 1998 bei der Telekom. Was ist aus Ihrer Sicht der größte Vorteil, wenn man in einem so großen Konzern arbeitet? Ich war vor meiner Zeit bei der Telekom acht Jahre bei Preussag, der heutigen TUI, beschäftigt, ich kenne also die großen Konzerne. Der Vorteil, in einem solchen zu arbeiten, ist die Vielfalt. Wenn Sie sich in einem Konzern ein bisschen auskennen, werden Sie keinen Tag erleben, der einem anderen gleicht. Jeder Tag bietet eine neue Herausforderung. Was meinen Sie damit, man müsse sich in einem Konzern auskennen? Ich muss den Konzern „lesen“ können. Ich muss entscheiden können, welche Bereiche ich spannend finde und in welchen Projekten ich mich engagieren möchte. Das müssen Projekte sein, die mich zufriedenstellen. So wie ein Bauarbeiter zufrieden ist, wenn das Haus fertig ist. Und ich muss dann natürlich durch Leistung beweisen, dass ich für das Projekt, das ich mir ausgesucht habe, der richtige Mann war. Dass meine Handschrift innerhalb des Projekts erkennbar ist. Haben Sie ein Beispiel für ein solches Projekt, an dem Sie mitgearbeitet haben? Wir haben vor zehn Jahren das „Performance & Potential Review“ entwickelt, eine Methode, um die Qualität von Führungsarbeit bewerten zu können. Es entstand damals in einem kleinen Bereich des Konzerns, heute ist es Standard für die gesamte Telekom. Wir waren damals von unserem Produkt überzeugt, und uns ist es gelungen, alle operativen Segmente davon zu überzeugen. Ein Erfolg, der Ihrer Karriere bei der Telekom sicher nicht geschadet hat. Die eigene Handschrift wird sichtbar, das ist ganz wichtig. Entscheidend war aber vor allem, dass mir das Projekt erstens Spaß macht und es zweitens nachhaltig ist. Nur dann kann ich ein Projekt auch überzeugend vertreten. Zudem ist eine gewisse Flexibilität wichtig, denn es kann sein, dass ein Projekt für ein Unternehmen noch zu früh kommt. Dann hilft es, sich in Geduld zu üben – und zum richtigen Zeitpunkt hartnäckig zu sein. Mit Blick auf Ihre Karriere: Würden Sie sagen, Sie lief konstant geradeaus, oder gab es Kurven? Wenn mir einer erzählt, er habe seine Karriere über 20 Jahre von A bis Z geplant, sage ich: Hut ab – aber ich halte das für gewagt, denn dafür passiert einfach zu viel in den Unternehmen und auf den Märkten. Realistisch ist in meinen Augen zu überlegen, wie die nächsten drei bis fünf Jahre aussehen. Zu wissen, was der nächste Schritt sein wird – und welcher danach folgen könnte. Sie haben in Kiel parallel Informatik und Wirtschaftswissenschaften studiert. Welchen Einfluss haben die Studieninhalte bis heute auf Ihre Arbeit? Ich habe bewusst diese beiden Fächer kombiniert, weil ich vorhatte, in drei Bereichen tätig zu sein: in den Umfeldern IT, Organisationsberatung und Personal. Im Laufe meiner Kariere habe ich immer geschaut, Projekte zu finden, die sich innerhalb dieses Dreiecks abspielen. Und diese drei Bereiche bestimmen mein Berufsleben tatsächlich bis heute. Definieren Sie heute den Begriff Karriere anders als zu Ihrer Studienzeit? Ich habe damals immer gezuckt, wenn mir Kommilitonen aus den Wirtschaftswissenschaften im Brustton der Überzeugung sagten, sie wollten „Karriere machen“. Mir war diese Zielstrebigkeit suspekt, weil ich merkte, dass es für mich besser sein wird, mich nach zwei Schritten wieder neu zu orientieren. So eine Strategie nimmt den Druck aus der Karriereplanung – und wenn ich eines in den Jahren gelernt habe, dann die Gewissheit: Je weniger Druck ich mir selber mache, desto besser verläuft die Karriere. Viele kommende BWLer glauben, es sei genau umgekehrt – aber das stimmt nicht, denn wer sich ausschließlich auf die Karriere versteift, übersieht viele Chancen. Zum Abschluss: Warum ist die Telekommunikationsbranche für Absolventen der Wirtschaftswissenschaften besonders interessant? Weil sie in der Zukunft einzigartige Herausforderungen bietet. Die Projekte werden immer spannender, internationaler und interdisziplinärer. Sie führen dazu, dass auch junge Mitarbeiter schnell Verantwortung übernehmen, sich beweisen und ausprobieren können. Da wir mit dem Vorantreiben von Innovationen Neuland betreten, dürfen auch Fehler gemacht werden. Es herrscht keine Angstkultur. Wichtig ist nur, den Fehler dann genau zu analysieren und daraus zu lernen.

Zum Unternehmen

Die Deutsche Telekom ist weltweit eines der führenden Dienstleistungsunternehmen der Telekommunikations- und Informationstechnologie-Branche. Als international ausgerichteter Konzern ist die Telekom in rund 50 Ländern vertreten. Mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes wird außerhalb Deutschlands erwirtschaftet. Mit mehr als 131 Millionen Mobilfunkkunden sowie rund 37 Millionen Festnetz- und fast 16 Millionen Breitbandanschlüssen ist die Telekom eines der führenden integrierten Telekommunikationsunternehmen weltweit (Stand Juni 2010). Insgesamt beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz in Bonn rund 251.000 Mitarbeiter (Stand Juni 2010). Der Konzern bietet Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen Festnetz, Mobilfunk, Internet und IPTV für Privatkunden sowie ICT-Lösungen für Groß- und Geschäftskunden. Im April 2010 kündigte die Telekom an, bis 2012 und abhängig von der Geschäftsentwicklung mehr als 4000 Hochschulabsolventen und Experten neu einzustellen.

Interview mit Karlheinz Kögel

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Manager werden Manager, weil sie hoch hinauswollen. Manchen gelingt das besser als anderen, und ganz wenige erreichen dieses Ziel im wortwörtlichen Sinn. Karlheinz Kögel zum Beispiel. Er ist nicht nur erfolgreicher Gründer und Chef von L’tur, der Media Control GmbH und mehrerer anderer Firmen, sondern auch Pilot. Er hat die Berufspilotenlizenz CPL(A) für Maschinen bis zu 5,7 Tonnen Gewicht und neun Passagiere. Dorothee Köhler traf sich mit ihm an einem denkbar passenden Ort – am Flughafen Frankfurt –, um mit ihm über die Parallelen zwischen Führen und Fliegen zu sprechen.

Zur Person

Er ist ein auf dem Boden gebliebener Überflieger: Medien- und Touristikunternehmer Karlheinz Kögel, 61, startete seine berufliche Laufbahn als Schreiner, bevor er einige Semester Betriebswirtschaft studierte und dann beim Süddeutschen Rundfunk als Volontär, Redakteur und Moderator arbeitete. 1976 gründete er die Media Control GmbH, die in ganz Europa Reichweiten unterschiedlicher Medien (CDs, DVDs, Bücher, Videos) ermittelt. Einige Jahre später stieg er in die Reisebranche ein und gründete unter anderem 1987 den Last-Minute-Spezialisten L’tur, von dem er heute noch Anteile in Höhe von 44 Prozent hält; weitere Aktionäre sind die TUI AG und die Thomas Cook AG.
Woran haben Sie schon als junger Mann gemerkt, dass Sie nach oben streben? Ich hatte immer nur ein Ziel: selbstständig sein. Ich wollte irgendwann über meine eigene Zeit, über mein Leben selbst bestimmen. Das halte ich auch nach wie vor für ein faszinierendes Thema. Ich kann mir heute meistens aussuchen, mit wem ich mich umgebe. Diesen Grad an Freiheit genieße ich sehr. Mein Ziel war es auch nie, Millionen zu verdienen. Wer ein solches Ziel hat, wird falsch geleitet. Dass ich zu einer Führungspersönlichkeit wurde, hat sich erst entwickelt. Zwangsweise. Ich bin an der Größe meiner Aufgaben immer gewachsen. Das Fliegen bezeichnen Sie als Ihre Leidenschaft. Was können Manager vom Fliegen lernen? Sie können lernen, dass das Berufsleben aus denselben Elementen besteht wie ein Flugprofil: Climb, Cruise and Descend – Steigflug, Reiseflug und Sinkflug. Manche Führungskräfte durchlaufen dieses Profil nur einmal. Sie steigen auf, bleiben permanent auf der erreichten Höhe und gehen dann wieder hinunter. Andere wiederholen diese Kurve mehrmals in ihrer Karriere. Letzteres halte ich übrigens für den Normalfall. Was muss man beim Fliegen und Führen gleichermaßen beachten? Man muss bei allem, was man tut, immer einen Schritt weiter denken. Während der Pilotenausbildung bekommt man diese Denkweise eingebläut: „Was passiert, wenn ich das jetzt mache? Was ist dann der nächste Schritt? Und der übernächste?“ Ebenfalls wichtig für beide Bereiche: das Multitasking. Beim Fliegen muss man acht bis zehn Instrumente gleichzeitig im Blick haben. Auch beim Führen gibt es vieles, das man permanent im Fokus behalten muss: die Gesellschafter, die möglichst hohen Profit sehen wollen; soziale Kompetenz, mit der man sich im Unternehmen und im Netzwerk bewegt. Alleine kann man als Führungskraft gar nichts erreichen. Man muss Menschen motivieren, ihnen zeigen, wo es hingeht, aufrichtig sein, denn es gibt Dinge, die nicht verziehen werden: Lügen oder Heimlichtuereien. Das Ziel muss immer klar sein, wie beim Fliegen auch, das darf man nie aus dem Blick verlieren. Kann man die Kommunikation im Cockpit vergleichen mit der in einem Unternehmen? Nur bedingt. An Bord hat man lediglich eine One-to-one-Kommunikation mit dem Boden. Und bei der Kommunikation zwischen den beiden Piloten ist die Situation fast schon widersprüchlich: Einerseits muss zwischen ihnen zu jedem Zeitpunkt klar sein, wer der Kapitän ist. Aber gleichzeitig sollten beide auf gleicher Augenhöhe sein, damit es keine Hierarchie gibt und womöglich aus Angst etwas nicht gesagt wird, was vielleicht wichtig oder gar überlebenswichtig wäre. Eine solche Situation findet man in Unternehmen eher nicht vor. Zu Recht, denke ich. Aus meiner Sicht funktionieren Doppelspitzen nicht, weil da die Rollen oft nicht klar sind. Einer muss führen. Einer ist „in charge“, in der Verantwortung. Was sind weitere Erfolgsfaktoren, die für das Fliegen und das Führen gleichermaßen unabdingbar sind? Disziplin und Präzision sind die obersten Gebote beim Fliegen. Dazu gehören viele Dinge, zum Beispiel darf man zwölf Stunden vor einem Flug keinen Alkohol mehr trinken. Nachlässigkeiten irgendwelcher Art kann man sich nicht erlauben, denn es gibt zu viele Regeln, die eingehalten werden müssen. Präzision ist beim Fliegen unerlässlich, und zwar hundertprozentige Präzision. 99 Prozent reichen hier nicht. Man muss sich zu jeder Sekunde darüber klar sein, welche Verantwortung man trägt: für sich selbst, für den Co-Piloten und für die Menschen, die hinter einem sitzen. Gelten diese Erfolgsfaktoren auch für das Führen? Auch hier ist Präzision immens wichtig. Man muss zwar nicht alle Details beherrschen, sollte jedoch Menschen um sich herum haben, denen man zutraut, diese Details zu stemmen. Man kann vieles delegieren. Aber Dinge und Abläufe nur flüchtig zu betrachten, einfach darüber hinwegzuhuschen, halte ich für einen großen Fehler. Es kann natürlich nie eine hundertprozentige Präzision erreicht werden. Aber eine Führungskraft sollte zumindest die Vision haben, wie es laufen müsste, und die Mitarbeiter, die diese Vision erfüllen. Nichts ist schlimmer, als wenn etwas vereinbart und dann nicht erledigt wurde. Das treibt mich persönlich zum Wahnsinn! Auf der anderen Seite darf man sich als Führungskraft nicht so sehr in Details vertiefen, sonst verliert man sich im Mikromanagement und kommt nicht mehr zum Führen. Hier gilt es, eine vernünftige Balance zu finden. Welche Probleme gibt es in beiden Bereichen? Man muss mitunter sehr schnell Entscheidungen treffen. Mir hat einmal ein Linienmaschinen-Pilot gesagt: „Ich bekomme meine 10.000 Euro für die eine Minute, in der etwas schiefgeht. Der Rest ist Routine.“ Das kann man beim Manager allerdings nicht so sagen. An Manager und an Führungskräfte werden permanent sehr hohe Ansprüche gestellt, nicht nur in Krisensituationen. Was hat Ihnen persönlich das Fliegen für den Job gebracht? Ich habe Weitsicht gelernt. Weil ich immer einen Schritt weiter denke, als man das normalerweise tut. Und ich habe eine große Gelassenheit entwickelt, die es mir erlaubt, mit dem Auf und Ab im Leben und im Beruf entspannt umzugehen. Ich bin immer wieder fasziniert davon, dass so viele glauben, es ginge permanent nur nach oben. Die haben den Misserfolg nicht programmiert. In jedem Businessplan kann man lesen: Nächstes Jahr werden wir vier Prozent mehr Gewinn machen, im Jahr darauf mindestens fünf Prozent. Niederlagen sind nicht vorgesehen. Aber sie gehören zum menschlichen Leben. Und als Flieger weiß man, dass es runtergehen muss. Sonst kann es nicht mehr hochgehen. Piloten müssen regelmäßig in einem Flugsimulator ihr Können unter Beweis stellen. Brauchen wir auch einen „Führungssimulator“? Einen Management-TÜV brauchen wir sicherlich nicht. Letztlich entscheidet Erfolg oder Misserfolg darüber, ob eine Führungskraft gut ist oder nicht. Und die Kompetenz von Führungskräften besteht aus vielen Faktoren, die man zum Teil überhaupt nicht objektiv messen kann. Führungskräfte sind nicht automatisch gut, obwohl sie Qualifikationen wie ein glänzend abgeschlossenes Studium, Praktika und Fremdsprachenkenntnisse vorweisen können. Wenn ihnen die Herzensbildung fehlt, wird dennoch nichts aus ihnen. Eine entsprechende Balance zu halten, ist wichtig für alle, die nach oben wollen. Freunde, stabile soziale Beziehungen, Networking – das ist für mich die Zukunft. Und das kann man nur, wenn man die entsprechende Persönlichkeit besitzt. Wer fliegt, der weiß: Die Luft oben ist dünn. Gilt das auch für das Führen? Und wie. Jedes Unternehmen ist mit einer Pyramide vergleichbar. Je weiter man nach oben kommt, desto weniger Menschen befinden sich auf derselben Ebene: weniger Menschen, die einen verstehen, weniger Menschen, mit denen man im Gleichschritt Ziele erfolgreich durchsetzen und erreichen kann. Die Luft ist aber auch dünn, weil man in dieser exponierten Stellung unter einem sehr starken Druck steht: dem Druck, etwas zu zeigen, etwas darzustellen. Tut man das nicht, geht einem die Luft aus. Ganz oben, an der Spitze der Pyramide, habe ich erstaunlicherweise immer wieder Menschen getroffen, die diese Erwartungshaltung gar nicht haben. Die deswegen ganz anders sind als die breitere Basis der Pyramide. Oben sitzen Menschen, die einen sehr hohen Grad an Bürgerlichkeit haben, die Werte haben, die weder aufgeblasen noch abgehoben sind und die auch nicht permanent in Anglizismen reden. Gibt es Führungskräfte, für die die Luft weniger dünn ist? Sicher nicht. Die Luft ist für jeden dünn, der hochkommt. Und jeder, der hochkommt, nimmt das billigend in Kauf. Er weiß: Da oben kann ich mehr verdienen, da habe ich größeren Erfolg, ich habe Macht, es ist sexy da oben. Aber er weiß auch: Ich habe keine Ausweichmöglichkeiten mehr, ich kann mich nicht mehr verstecken, ich kann nicht mehr in der Masse abtauchen. Top- Führungskräfte haben meistens Zeitverträge und wenn sie einen Fehler machen, sind sie von heute auf morgen weg. Zwar mit einer guten Abfindung, aber sie sind weg. Auch deswegen ist die Luft oben dünn.

Zum Unternehmen

Kögels Firma Media Control GmbH richtet seit 1992 den Deutschen Medienpreis aus, der an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich um eine bessere Welt verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern gehören Nelson Mandela, Bill Clinton, Königin Silvia von Schweden und Kofi Annan. Der aktuelle Medienpreis wurde kürzlich an Steffi Graf und Andre Agassi verliehen. Auch privat engagiert sich Karlheinz Kögel immer wieder sozial und ehrenamtlich: Er unterstützt Nelson Mandela und die Aids Foundation und hat mit seinen Kindern – 15, 17 und 19 Jahre alt – vergangenes Jahr in Kambodscha ein Aids-Projekt besucht, um dort bei der täglichen Arbeit mitzuhelfen.

Interview mit Claus Kleber

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Neigungswechsel wäre ein völlig falscher Begriff: Claus Kleber hat zwar sein Jurastudium inklusive Promotion abgeschlossen, wollte aber nie Jurist werden. Doch was er dabei gelernt hat, nutzt der Journalist ganz bewusst – bei großen Reportagen und im „heute journal“-Studio. Von Petra Engelke

Zur Person

Claus Kleber, geboren am 2. September 1955 in Reutlingen, promoviert 1985 über „Privater Rundfunk – Gestaltungsmöglichkeiten im Verfasssungsrahmen“. 1986 geht er als Hörfunkkorrespondent nach Washington, wechselt dort 1992 zum Fernsehen. 2003 kehrt er zurück nach Deutschland als Leiter und Moderator des „heute journal“. Als ihm 2007 die Chefredaktion des Magazins „Der Spiegel“ angeboten wird, lehnt er ab. 2009 wird er für seine Reportage „Die Bombe“ mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Claus Kleber ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Claus Kleber hat seine Füße auf den Tisch gelegt. Das sagt er jedenfalls, als er für einen Moment vom Telefonat abgelenkt ist: Die Kollegen amüsieren sich über ihn, sie schauen nicht nur durch die Fenster des aquariumartigen Büros, sie haben auch eine Fotokamera geholt. Die Szene kann man sich gut in einer schrägen Anwaltsserie wie „Boston Legal“ oder „Eli Stone“ vorstellen. Vor der Kamera steht Claus Kleber tatsächlich; allerdings weder als Schauspieler noch als Jurist, sondern als Moderator des „heute journal“ im ZDF. „Ich wollte unbedingt in den Rundfunk“, sagt er heute. Sein Sendungsbewusstsein entdeckt er als Schülersprecher einer Schule, die als Modell für die Gesamtschule erkoren war – und ebenso modellhaft die Mitbestimmung erprobt. Dort spricht Kleber über Lerninhalte und Baupläne für 2000 Schüler, verschafft sich in großen Konferenzen Gehör. Das hätte gut auf eine politische Karriere hinauslaufen können. „In der Tat war da mehr das Gestalten gefragt“, sagt Kleber. „Gleichzeitig fing ich aber auch beim Kölner Stadt-Anzeiger an. Da habe ich gesehen, dass Journalismus eher mein Ding ist.“ In den Sommerferien jobbt er in der Lokalredaktion Bergisch-Gladbach. Daraus wird eine freie Mitarbeit. Ein Berufsziel. Trotzdem studiert Kleber ab 1974 Rechtswissenschaften. Etwas Vernünftiges eben, ein Plan B für die Karriere. „Ich hatte von Anfang an große Sorgen, dass ich beim Rundfunk irgendwann einmal in eine Situation komme, in der ich gerne eine Alternative hätte und sagen können möchte: ‚Ich kann auch etwas völlig anders machen, tschüss.’ Und das geht nur mit einem, wenn man so will, nutzbringenden Studium.“ Nebenher arbeitet der Pragmatiker weiter für die Zeitung, nach vier Semestern moderiert er im Radio. Als freier Mitarbeiter beim Südwestfunk verdient er genug Geld fürs Studentenleben in Tübingen. Das Studium dauert derweil satte 14 Semester. „Elend lang, nicht?“, lacht Kleber. Gerne kokettiert er heute damit, er habe die Uni über Jahre hinweg nur für Interviews betreten. Doch immerhin reicht sein Engagement für zwei stipendienfinanzierte Auslandssemester in Lausanne, auch für die Recherchen zur Doktorarbeit in den USA gibt es Fördermittel. „Ich habe das Studium sozusagen als Basis genommen für das Berufsziel Journalismus. Dann hat mir wider Erwarten die Juristerei nicht nur Spaß gemacht, sondern ich entdeckte auch ein gewisses Talent dafür.“ Am Ende arbeitet er in einer Anwaltskanzlei, berät hochkarätige Mandanten in Urheberrechtsfragen und gewerblichem Rechtsschutz – und diese Kanzlei macht ihm ein sehr lukratives Angebot. Fast zeitgleich bietet der Südwestfunk eine Festanstellung an: als Studioleiter in Konstanz. Claus Kleber muss sich entscheiden. Seine Wahl fällt auf den Journalismus. Kleber ist davon überzeugt, dass man sich am besten davon leiten lässt, was man wirklich tun will. Er wollte immer Journalist werden. Davon lässt er sich jetzt nicht abbringen. Und der Preis? Erst einmal muss er vom Anfängergehalt einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt leben: „Wenn man Karriere als eine Staffel steigender Einkommen versteht, dann war es eine Entscheidung gegen die Karriere.“ 25 Jahre später gilt Claus Kleber als bestbezahlter deutscher Nachrichtenmann, verdient eine mittlere sechsstellige Summe im Jahr. Plus Honorare für Vorträge. Dennoch beharrt er auf seiner Position. „Auch meine Entscheidung gegen das Angebot, Chefredakteur des ‚Spiegel’ zu werden, war trotz der Großzügigkeit des ZDF eine Entscheidung gegen das Geld.“ Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, lernt Kleber als Referendar. Während er dicke Akten wälzt, den Schriftwechsel von mehreren Jahren durchforstet und daraus die Grundlage einer Entscheidung aufzubauen versucht. Ebenso hat ihm die Juristerei ins Bewusstsein gehämmert, dass es zu jeder Überzeugung auch eine Alternative gibt. Und dass jede Position ihre Schwächen hat. Auch die eigene. Das nutzt er bei der journalistischen Arbeit. Und es beschleunigt Entscheidungen: Kanzlei oder Studioleitung – für die Antwort braucht er keine Woche. Bald darauf freut er sich auf das erste Kind, und schon donnert die nächste Frage in die Familienplanung: Weil er für seine Doktorarbeit in den USA war, kommt die ARD auf ihn zu, als sie kurzfristig eine Aushilfe für das Studio in Washington sucht. Spontan sagt der Amerikafan zu – und bleibt 15 Jahre im Land. Dort entwickelt sich die Lässigkeit, die ihn heute zum Vorzeige-Anchorman macht. Als er 2003 zurück nach Deutschland kommt, um Redaktionsleiter des „heute journal“ zu werden, gibt es nur ein Problem: die formelle Anrede.

Personen

Infos zu Uli Gack Infos zu Gundula Gause
„Wenn Amerikaner ‚Hörr Klebörr’ sagen, nehmen sie einen auf den Arm oder haben ein Problem mit einem“, sagt er. Also bittet der neue Chef die Redaktion, ihn mit „Claus“ und „Sie“ anzusprechen. Dabei ist es geblieben. Claus Kleber duzt nur seine Co-Moderatorin Gundula Gause. Und den Reporter Uli Gack. Mit ihm war Kleber für eine große Reportage einmal fünf Wochen lang in Afghanistan unterwegs. „Und wenn man einmal nebeneinander mit dem Schlafsack auf dem Boden übernachtet hat, dann siezt man sich nicht mehr.“ Für diesen Teil seiner Arbeit ignoriert Claus Kleber den üblichen Termindruck, den Sendebeginn der nächsten Nachrichten. Deshalb definiert er die Zeitplanung für Reportagen stets mit „so lange, wie es braucht“. Ganz ähnlich schätzt er auch eine gute Ausbildung ein: Studenten sollten Zeit dazu haben, sich eine Weile lang mit einer Sache zu beschäftigen, die vielleicht am Ende nicht nützlich ist für den Beruf. Wichtig sei die Freiheit, sich auch einmal zu irren. „Wer diese Freiheit nimmt, macht die sogenannte geistige Elite kaputt.“

Juristen im TV-Journalismus

Claus Kleber ist längst nicht der einzige Jurist, der sich für eine journalistische Karriere entschieden hat – und deshalb nicht gleich Gerichtsreporter wurde. Auch Wolf von Lojewski, sein Vorgänger im „heute journal“, kann ein abgeschlossenes Jurastudium vorweisen. Ulrich Wickert, Ulrich Deppendorf und Joachim Wagner sind ebenfalls aus den Fernsehnachrichten bekannt. Urteile über sportliche Leistungen sind das Thema von Heribert Faßbender und Manfred Breuckmann. Eher mit Unterhaltung befassen sich Alfred Biolek und Günther Jauch – Letzterer brach sein Studium allerdings ab, als er auf einer Journalistenschule angenommen wurde.

Interview mit Werner Kieser

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Der Gründer von Kieser Training hat mit eigener Kraft eine Menge geschafft. Die Idee, dass ein starker Rücken keinen Schmerz kennt, hat ihn zu einem der erfolgreichsten Unternehmer Europas gemacht – mit über 130 Trainingsbetrieben, in denen mittlerweile rund 235000 Kunden ihre Muskulatur stärken. Und es werden immer mehr. Anne Thesing vom karriereführer traf den 64-jährigen Schweizer in einer seiner Kölner Zweigstellen.Von Anne Thesing

Von der Straße aus weist nur der berühmte blau-gelbe Schriftzug darauf hin, dass hier ganz in der Nähe an wuchtigen Geräten hart trainiert wird – Muskel für Muskel. Das Studio selbst ist im Hinterhof untergebracht. Unauffällig, schlicht, geschmackvoll. Außen eine sanierte Altbaufassade und viel Glas, innen ein großer, heller Raum mit Holzfußboden und einem Gerät neben dem anderen. Noch ist hier nicht viel los, der große Andrang kommt am späten Nachmittag und Abend. Oder in der Mittagspause, schließlich dauert eine Trainingseinheit nur 30 Minuten. Einige Kunden mittleren Alters, bequem statt hip gekleidet, geben aber schon jetzt, am frühen Morgen, alles. Bis zum muskulären Erschöpfungszustand. Die Einrichtung des Kölner Studios gleicht denen der anderen 132 Betriebe. Ob in Zürich, Eindhoven oder Wien: Kieser Training ist für seine technisch ausgefeilte, aber schlichte Einrichtung bekannt. Damit grenzt sich das Unternehmen bewusst von der Konkurrenz ab. Weder Sauna, Solarium, Getränkebar Fernseher oder Musikgedudel sollen vom Wesentlichen ablenken: der Kräftigung der Muskulatur. Die Hektik, der Lärm und die grellen Farben der Fitnesswelt sollen draußen bleiben, scheint sich Werner Kieser gedacht zu haben. Und das passt zu ihm. Auch er ist alles andere als hektisch, laut und grell. Seine Bewegungen sind langsam und kontrolliert, seine Sätze überlegt, seine Kleidung ist schlicht und korrekt, sein schweizerischer Dialekt gemütlich und zugleich fröhlich, sein Umgang mit den Mitarbeitern familiär vertraut. Werner Kieser lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht ist das das Geheimnis seines Erfolges? Herr Kieser, 1967 haben Sie Ihr erstes Kraftstudio in Zürich eröffnet. Wie sah das aus? Mein erstes Studio war ein Abbruchobjekt, in das ich sehr günstig einziehen konnte. Die Geräte habe ich anfangs selber zusammengeschweißt – aus Eisen vom Schrottplatz. Das klingt nach harter Arbeit. Ja, ich habe mich damals auch oft gefragt: Wieso machst du das überhaupt? Meine Frau hielt mich für besessen, und wahrscheinlich war ich das auch. In meiner Vermessenheit habe ich dann zur Eröffnung sogar die Presse eingeladen. Es kam nur eine einzige Journalistin von der Neuen Zürcher Zeitung. (Schmunzelt). Dass die über mein Studio berichtet haben, werde ich ihnen nie vergessen. Was haben Sie gemacht, bevor es Kieser Training gab? Eine Tischlerlehre, also „was Rechtes“. (Lacht). Außerdem habe ich geboxt und wurde sogar als Talent gehandelt. Aber dann, ich war 17 oder 18, verletzte ich mich: eine Rippenfellquetschung, schmerzhaft und langwierig. Ich durfte nicht mehr boxen und ein Kollege empfahl mir Krafttraining. Das war damals in Deutschland noch relativ unbekannt, das Wort stand noch nicht einmal im Duden. Ich habe mit Hanteln und anderen Geräten trainiert und in der Tat gingen die Schmerzen weg. Der Clou an der Sache war, dass sowohl mein Arzt als auch mein Trainer dagegen waren. Mein Trainer meinte, ich würde dadurch an Beweglichkeit verlieren und könnte danach meine Boxerkarriere vergessen. Damit hatte er ja auch Recht. Das Boxen verlor für mich immer mehr an Bedeutung. Zu Gunsten des Krafttrainings? Ja, das war für mich wie eine neue Entdeckung. Ich habe weiter trainiert und das wenige Material, das es zu dem Thema damals gab, intensiv studiert. Und wovon haben Sie in der Zeit gelebt? Ich habe Boxunterricht gegeben, heute würde man sagen als „Personal Trainer“. Nebenbei habe ich auch noch andere Jobs angenommen, zum Beispiel auf dem Bau. Wie kam es dann zur Gründung Ihres ersten Studios? Inspiriert wurde ich durch das erste deutsche Fitness-Studio in Berlin. Als ich das gesehen hatte, wusste ich plötzlich: Das ist meine Zukunft. Das war, als hätte ich mich verliebt. Ich war so begeistert von der ganzen Szene, dass ich sogar den Schweizer Bodybuilding-Verband mitgegründet habe. Warum haben Sie sich dann im Laufe der Zeit von Bodybuilding und Fitness-Studios distanziert? Anfangs war das beim Bodybuilding noch ein ganz anderer Ansatz, das war eine gesunde, idealistische Geschichte. Eine Art modernes Turnen. Aber nach und nach wurden das Show-Element und die äußere Erscheinung immer wichtiger als die Funktion und der Nutzen. Natürlich ist es schön, wenn man gut aussieht, aber es ist nicht das Wesentliche. Also bin ich meinen Weg allein gegangen. Welche Eigenschaften haben Ihnen dabei geholfen, diesen Weg so erfolgreich zu gehen? Ich glaube, ich kann mich sehr lange mit Dingen beschäftigen und denke Ideen gerne zu Ende. Man könnte mich also als konsequent und hartnäckig charakterisieren. Und ich gehe immer an die Quelle, frage nach den Ursprüngen. Mein ältestes Buch, auf das ich bei meinen Studien zum Krafttraining gestoßen bin, wurde 1711 geschrieben. Mit Ihrer Trainingskette machen Sie sich sicher nicht nur Freunde. Ein Spiegel-Journalist bezeichnete Sie mal als „Todfeind der Orthopäden“. Was halten Sie von dieser Aussage? (Lacht). Der Spiegel-Journalist bezog sich damals auf mein Buch „Die Seele der Muskeln“, in dem ich das Dilemma der Orthopäden beschrieben habe: Die Rückenpatienten kommen in ihre Sprechstunde, die Orthopäden geben ihnen eine Spritze und im nächsten Jahr sind die Patienten mit den gleichen Beschwerden wieder da. Bei Kieser Training dagegen werden sie ihre Rückenschmerzen für immer los. Die ehemaligen Patienten gehören also nicht mehr zum „Krankengut“ und bringen auch kein Geld mehr ein. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb der Spiegel mich als „Todfeind der Orthopäden“ bezeichnete. Die Aussage ist aber insofern widersprüchlich, als sehr viele Orthopäden für uns arbeiten. Orthopäden sind die uns am nächsten stehende medizinische Berufsgruppe. Insofern ist der „Todfeind“ hier ein bisschen übertrieben. Was war bisher Ihr größtes Erfolgserlebnis? (Überlegt.) Das war ein Zeitungsartikel, 1972. Ich hatte einen ziemlich umfangreichen Text über Krafttraining geschrieben, den ich an die Neue Zürcher Zeitung schicken wollte. Meine Frau damals war Germanistin und hielt mich für völlig verrückt, als ich ihr davon erzählte. Ich habe den Artikel trotzdem abgeschickt, und zwei Tage später erschien er auf der Wissenschaftsseite der Zeitung. Das war für mich ein Highlight. Aber daneben gibt es viele andere Erfolgserlebnisse und natürlich auch viele Misserfolge. Zum Beispiel? Misserfolge gibt es laufend, das ist mein Tagesgeschäft. (Lacht). Einige haben sich aber auch in Erfolge verwandelt. Mein Beginn in Deutschland zum Beispiel war ein Riesen-Misserfolg, aus dem dann ein Erfolg wurde. Meine ersten beiden Studios in Hamburg liefen einfach nicht an. Ich hatte aber schon Mietverträge in München und Köln unterschrieben, also blieb mir nur die Flucht nach vorn. Aber bis sich das Blatt schließlich wendete, war das ein gigantischer Misserfolg. Millionen habe ich damals in den Sand gesetzt. Und wie wendete sich das Blatt? Irgendwann kam es einfach anders. Es kamen immer mehr Leute, man schrieb darüber, man hörte davon, das Fernsehen berichtete. Zum Beispiel lief im Fernsehen ein Bericht über „das andere Studio“, ohne Namensnennung. Über die nüchterne Atmosphäre und darüber, dass dort auch ältere Menschen trainierten. Daraufhin wurde der Sender mit Anfragen nach dem Studio überhäuft. So wurde Kieser Training langsam immer bekannter. Heute haben Sie über 130 Betriebe. Wollen Sie Ihren Bekanntheitsgrad noch weiter steigern? Ja, in Deutschland sollen weitere 30 Betriebe entstehen. Wegen der Wirtschaftsflaute läuft das allerdings alles etwas langsamer als geplant. Aber wir sind auch dabei, im Ausland Fuß zu fassen: in England, in Holland und in Spanien. Und dann haben wir auch die ersten Kontakte nach China, Indien und in die USA. Dieser Schritt in den Weltmarkt ist die logische Konsequenz der bisherigen Unternehmensentwicklung: In den 80er-Jahren haben wir uns vom Ein-Mann-Betrieb ausgehend in der ganzen Schweiz verbreitet. Im zweiten Schub kam die Expansion in Deutschland und jetzt geht es auf den Weltmarkt. Dass die Wirtschaftszeichen im Moment nicht so günstig stehen, verlangsamt die Sache bestimmt etwas, wird sie aber kaum stoppen. Denn eine gute Sache sollte sich durchsetzen. Was raten Sie Menschen, die auch eine gute Idee im Kopf haben und daraus ein Unternehmen machen wollen? Wenn jemand eine Idee hat, sollte er sie erst einmal für sich behalten und nachforschen, ob es so etwas schon gibt. Dann muss er überlegen, ob er die Idee auch verwerten und vermarkten kann. Vielen Erfindern fehlt der Kommunikator, der sich zum Beispiel um Investoren kümmert. Das ist eine absolut überlebenswichtige Notwendigkeit. Nicht nur für den Erfinder, sondern auch für die Leute, denen sonst dieser Nutzen entgeht. Stellen Sie sich die vielen Tausend Menschen vor, die heute keine Rückenschmerzen mehr haben. Was wäre aus denen geworden, wenn ich aus meiner Idee nichts gemacht hätte? In der Tat gibt es viele Menschen, die über Rückenschmerzen klagen und etwas dagegen tun möchten. Das fängt ja schon bei den täglichen Verspannungen nach einem langen Bürotag an. Welche Tipps können Sie da geben – abgesehen vom Kieser Training? Naja, Kieser Training ist wirklich die beste Lösung. (Lacht). Grundsätzlich muss man die Beschwerden aber erst einmal beim Arzt abklären. Wenn sie wirklich etwas mit fehlender Kraft zu tun haben, brauchen Sie eine spezielle Technologie, um dieses Problem anzugehen. Maschinen, die genau Ihre Bewegungen verfolgen und den Widerstand dort dosiert abgeben, wo Sie ihn brauchen. Natürlich können Sie Dehnübungen machen oder zur Massage gehen. Das hilft aber nur kurzfristig. Zwei Tage später kommen die Schmerzen zurück, weil das Grundübel, der Mangel an Kraft, nicht behoben wurde. Mit welchen Sportarten sorgen Sie bei sich selbst für die nötige Kraft? Zweimal in der Woche gehe ich natürlich zu Kieser Training. Und dann gehe ich täglich eine knappe Stunde mit meinem Hund spazieren, das ist mein Kreislauftraining. Im Winter fahre ich auch mal Ski, aber ansonsten treibe ich nicht viel Sport. Kein tägliches Joggen? Nein, das halte ich auch für problematisch, vor allem in meinem Alter. Die Gelenke nutzen sich so schon ab, und beim Joggen müssen sie dann noch dauernde Schläge mit einem Mehrfachen des Körpergewichts aushalten. Wenn schon, dann würde ich Radfahren empfehlen. Das ist am sinnvollsten für den Kreislauf und belastet die Gelenke nicht so sehr. Wie können wir uns Ihren Alltag vorstellen? Ich stehe um vier Uhr morgens auf, manchmal auch später. Bis sechs Uhr lese ich und rufe meine E-Mails ab. Um halb sieben gehe ich dann mit dem Hund spazieren, einmal den Zürichberg rauf und runter. Wenn ich zurückkomme, ist meine Frau mittlerweile aufgestanden und wir frühstücken zusammen mit Hund und Katze. So gegen neun Uhr geht’s ins Büro, wo ich als erstes die Post durchsehe. – Mir wird gerade bewusst, dass mein Alltag nicht besonders aufregend ist. (Lacht). – Dann kommen meistens Sitzungen und Aktenstudium. So gegen drei Uhr gehe ich nach Hause, lege mich eine halbe Stunde hin und dann arbeite ich weiter. Um sechs oder sieben Uhr ist dann der Ofen aus. Abends lese ich noch leichte Kost oder treffe mich mit Freunden. Sie sehen, ein ganz normaler Tag. Herr Kieser, was ist Ihr Lebensmotto? Der Mensch wächst am Widerstand.

Kieser Training

Von eins auf 130 Expansion einer starken Idee 1967 Werner Kieser gründet sein erstes Kraftstudio in Zürich 1981 Kieser Training expandiert in der Schweiz mittels Franchising 1990 Erster Pilotbetrieb in Frankfurt 1994 Expansion in Deutschland mit vier weiteren Betrieben in Hamburg, Köln und München 1997 erster Franchisebetrieb in Deutschland (Bremen) 2002 100ster Kieser Training-Betrieb in Wien 2003 100ster Betrieb in Deutschland (Berlin-Köpenick) 2004 erster Franchisebetrieb in den Niederlanden (Eindhoven). Kieser Training gibt es jetzt in Deutschland, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz