Interview mit Zygmunt Mierdorf

Der Zukunftsforscher

Zygmunt Mierdorf, Foto: Metro AG
Zygmunt Mierdorf, Foto: Metro AG

Zygmunt Mierdorf ist bei der Metro nicht nur für weltweit 260.000 Mitarbeiter verantwortlich, sondern auch für den Future Store bei Düsseldorf, wo neue Technologien wie Computerchips und ein Personal Shopping Assistant getestet werden. Im karriereführer sprach er über die Faszination und den Ruf der Handelsbranche und die Veränderungen, die auf Einsteiger zukommen. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Zur Person

Zygmunt Mierdorf wurde 1952 in Frankfurt am Main geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Wiesbaden. Nach Geschäftsführerpositionen bei Betrix Cosmetics, LRE Inc. Group (Leach Relais & Electronic) und Black & Decker Deutschland nahm er seit 1991 verschiedene Führungsaufgaben innerhalb der Metro wahr.

1999 wurde Zygmunt Mierdorf in den Vorstand der Metro AG berufen . Er ist Arbeitsdirektor und zuständig für Personal und Soziales, Informatik, Logistik, E-Business und Immobilien. Darüber hinaus ist er als Coach verantwortlich für die Vertriebslinien Media/Saturn und Real.

Zygmunt Mierdorf ist verheiratet, hat zwei Kinder und widmet sich in seiner Freizeit seinen Hobbys Tennis, Golf, Radfahren und Joggen.

Kann man mit der Verantwortung für 260.000 Mitarbeiter eigentlich noch gut schlafen?
Glücklicherweise lastet diese Verantwortung nicht allein auf meinen Schultern. In einem so großen Konzern wie der Metro Group gibt es hoch qualifizierte Mitarbeiter, die mein Vertrauen besitzen und mit denen ich gemeinsam meine Personalaufgaben erfüllen kann. Bei konzernübergreifenden Personalfragen sitzen wir am großen Tisch und erarbeiten bestmögliche Lösungen. Über aktuelle Themen und Projekte wird im kleineren oder größeren Kreis diskutiert und gearbeitet.

Was fasziniert Sie an der Handelsbranche?
Seine Schnelligkeit: Die Wünsche des Kunden zu erfühlen, bevor er sie selbst real wahrnimmt, ist eine große, manchmal sogar visionäre Aufgabe. Sie dann auch noch in kürzester Zeit zu bewältigen, bedeutet im Vorfeld, schnell Entscheidungen zu treffen. Dieses Tempo fordert natürlich eine sehr hohe Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter. Aber immer wieder höre ich auch von ihnen, wie viel Spaß es macht, die Verantwortung für die Umsetzung neuer Ideen zu übernehmen und zu guten Ergebnissen zu gelangen.

Warum hat die Branche bei Hochschulabsolventen noch immer einen so schlechten Ruf?
Viele denken auch heute noch beim Thema Handel ans Kisten schleppen und Kittel tragen. Das ist jedoch ein Irrtum, den es auszuräumen gilt. Der Handel ist heute ein hochkomplexer Wirtschaftssektor, wo modernste Technologien und Management- Methoden zum Einsatz kommen. Hier arbeiten Vertriebsspezialisten am profitablen Einkaufserlebnis und Category Manager an der Attraktivität der Sortimente. Und im strategischen Einkauf werden die bestmöglichen Preise und Qualitätsstandards ausgehandelt.

Was kann der Handel Einsteigern bieten, was andere Branchen nicht haben?
75 Prozent aller Führungspositionen sind bei uns mit Leistungsträgern aus den eigenen Reihen besetzt. Wenn wir sehen, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter Engagement und Eigeninitiative zeigt, übertragen wir ihr oder ihm schon früh Verantwortung. Es ist durchaus möglich, dass ein junger Mann oder eine junge Frau eine Filiale leitet – und damit bis zu 50 Millionen Euro Nettoumsatz, 100 Mitarbeiter und das Ergebnis verantwortet. Damit führt er oder sie praktisch ein mittelständisches Unternehmen.

Wird der Anteil an Hochschulabsolventen in der Branche weiter steigen?
Der Handel ist mit 22 Millionen Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber Europas. Die Metro ist dabei die Nummer eins in Deutschland und weltweit der viertgrößte Handelskonzern. Mit der Expansion unseres Konzerns im In- und Ausland ist der Bedarf an Akademikern in den vergangenen Jahren ständig gestiegen und wird auch weiter steigen. Unser Einstellungsbedarf liegt jährlich weltweit bei rund 200 bis 250 Hochschulabsolventen. Meist handelt es sich um Absolventen mit betriebswirtschaftlichem Studium mit den Schwerpunkten Einkauf, Controlling, Vertrieb oder Category Management.

Welche Eigenschaften sind im Handel unverzichtbar?
Wer sich für einen Einstieg im Handel interessiert, sollte möglichst schon während des Studiums praktische Phasen durchlaufen, bei der Diplomarbeit mit Handelsunternehmen kooperieren oder das Studium international ausrichten. Das rasante Tempo und die permanente Veränderung unserer Zeit betreffen den Handel natürlich ebenso, und damit auch die Anforderungen an seine Mitarbeiter. Die Fähigkeit, sich selbst stetig neu zu erfinden, ist die Grundlage dafür, Kundenwünsche zu erkennen und zu erfüllen. Der ideale Bewerber sollte daher kundenorientiert denken, interkulturelle Kompetenz, ein hohes Maß an Lernbereitschaft und die Fähigkeit mitbringen, das Unternehmen als permanenten Lernort zu nutzen.

Gibt es für Einsteiger die Möglichkeit, international tätig zu sein?
Neben dem nationalen Markt bietet gerade das Auslandsgeschäft dem Führungsnachwuchs interessante Optionen. Schon während unseres Traineeprogramms absolvieren einige Nachwuchskräfte ihre ersten Auslandsstationen. Später bieten wir interessierten Mitarbeitern die Chance, sich über die Grenzen von Ländern und Gesellschaften hinweg zu entwickeln. Steht dann ein Auslandseinsatz an, werden die Mitarbeiter speziell vorbereitet und im Rahmen eines Expatriate-Programms betreut. Aber auch am Standort Deutschland arbeiten wir in Teams, in denen mehrere Nationen vertreten sind.

Sie sind der Vater des Metro Future Stores. Was verbirgt sich dahinter?
Der Future Store in Rheinberg ist der Supermarkt der Zukunft. In diesem Verbrauchermarkt testen wir zusammen mit über 60 Kooperationspartnern neue Lösungen für das Lagermanagement und den Verkauf. Im Mittelpunkt steht dabei der Nutzen für den Verbraucher. So haben wir beispielsweise Selbstzahlerkassen getestet, die wir nun schrittweise in anderen Märkten einsetzen. Aber es geht uns nicht darum, die traditionellen Kassen zu ersetzen. Vielmehr wollen wir ein zusätzliches Angebot schaffen. Der Kunde soll selbst entscheiden, ob er lieber eine traditionelle Kasse nutzt oder eine Selbstzahlerkasse.

Sieht so der Handel der Zukunft aus?
Der Future Store ist zunächst einmal so etwas wie ein Labor, in dem wir neue Technologien zusammen mit unseren Partnern erproben. Jede einzelne neue Technologie muss hier beweisen, ob sie tatsächlich alltagstauglich ist. Erst wenn eine Neuerung diesen Testlauf erfolgreich absolviert hat, kann sie in anderen Märkten zum Einsatz kommen.

Was bedeuten diese Veränderungen für den Einsteiger?
Das Thema Zukunft spielt insgesamt eine große Rolle. Der Arbeitsalltag unserer Mitarbeiter ist längst geprägt durch den Einsatz modernster Technologien. Aus diesem Grund erwarten wir auch von unserem Führungsnachwuchs, dass er nicht nur offen ist gegenüber Veränderungen, sondern insbesondere auch für den Umgang mit neuen Technologien.