StartProminenteInterview mit Frieder C. Löhrer

Interview mit Frieder C. Löhrer

Seit Juni 2008 tritt er in die Fußstapfen von „Mr. Loewe“ Rainer Hecker: Frieder C. Löhrer übernimmt nach 18 Jahren den Vorstandvorsitz beim bayerischen Fernsehgeräte-Hersteller Loewe. Im karriereführer spricht er über Internationalität, die Zukunft der Unterhaltungselektronik-Branche und darüber, wie wichtig Design sein kann. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Zur Person

Frieder C. Löhrer wurde 1956 in Aachen geboren. Bereits in jungen Jahren beherrschte er diverse Musikinstrumente. Als Jugendlicher studierte er Komposition an der Musikhochschule Köln. Mit 18 Jahren wurden seine Werke bereits international aufgeführt. Mit Karlheinz Stockhausen verband ihn zu dessen Lebzeiten eine enge Freundschaft. Nach seinem Schulabschluss ging Löhrer aber in eine andere Richtung und studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen und Business Administration (MBA) am Henley-College in Großbritannien. Seine berufliche Laufbahn führte ihn durch verschiedene Branchen: von Thyssen Krupp über die Wacker Chemie zur österreichischen Zumtobel AG und zurück nach Deutschland zum Brillenhersteller Rodenstock. Von 2004 bis 2008 war er Vorstandschef des Möbelherstellers Rolf Benz. Im Juni 2008 hat er den Vorstandsvorsitz der Loewe AG übernommen. Frieder Löhrer ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Sie haben bereits eine beachtliche Karriere auch in einem anderen Bereich hinter sich: der Musik. Warum haben Sie sich dennoch für ein Ingenieurstudium entschieden?
Der Hauptgrund war die Erkrankung meines Vaters. Er überlebte mit einer Herz-/Lungen-Maschine. Die Technik hat mich fasziniert und gefangen genommen. Da habe ich entschieden, dass ich etwas Sinnvolles und Wertvolles für Menschen tun kann. Ich wollte künstliche Herzen entwickeln, etwas, das dem Menschen hilft. Darüber bin ich zum Ingenieurstudium gekommen.

Was haben Musik und Technik gemeinsam?
Es geht bei der Musik und der Technik um Struktur und Sinn. Eine Symphonie hat einen Aufbau, im Großen wie im Kleinen. Wer Analogien gebraucht, sieht Atome, Moleküle bis hin zu Armen und Beinen und zum Schluss den Körper. Oder einzelne Noten, Melodien, Sätze, Symphonien. Das große wird durch „smart simplicity“ erst großartig, nicht durch Kompliziertes. Technik und Musik sind schon aus der Zeit der Antike verwandte Musen und Künste.

Welche Rolle spielt Ihre technische Ausbildung für Ihre heutige Tätigkeit noch?
Loewe ist zu einem hohen Anteil ein technikgeprägtes Unternehmen. Zu unseren zentralen Markenwerten gehört „sinnvolle Innovation“. Die Begeisterung für technische Zusammenhänge hat mich zum Technikstudium gebracht. Diese Faszination habe ich mir erhalten. Heute erleichtert mir mein Studium auch die Beurteilung technologischer Zusammenhänge. Genauso spannend finde ich aber die Verbindung der Technik zur zeitgemäßen Form, zum Design. Themen also, die Loewe wesentlich prägen.

Warum haben Sie sich für eine Managerlaufbahn entschieden?
Manager können gestalten, können neue Wege gehen und die Zukunft prägen. Das hat mich immer herausgefordert. Ich brauche den Umgang mit Menschen. Die Stärken eines Unternehmens weiter auszubauen, ganz neue Chancen zu entdecken und sich darauf mit ganzer Kraft zu konzentrieren, das fordert mich heraus.

Würden Sie manchmal gerne noch technisch arbeiten?
Aus meiner Perspektive arbeite ich heute immer noch technisch. Durch das Studium habe ich nicht nur Technik gelernt, sondern auch Denk-Techniken. Methoden, um Aufgabenstellungen zu lösen. So gesehen arbeite ich immer noch technisch.

Was ist das für ein Gefühl, in die Fußstapfen von „Mr. Loewe“ zu treten?
Die Fußstapfen von Dr. Hecker sind zweifellos groß. Er hat über Jahrzehnte das Unternehmen wesentlich geprägt und konsequent ausgerichtet. Ich bin aber sehr zuversichtlich, diesen Weg aufgrund meiner Erfahrung gut fortsetzen und eigene Akzente einbringen zu können.

Mussten Sie auch schon mal Krisen durchstehen?
Jeder muss Krisen bewältigen. Daran wird man geformt. Hier hilft das Wissen um das Wort Krise. Im altgriechischen kommt Krise von krinein und das bedeutet urteilen/beurteilen, also nicht schon negativ vorbesetzt, sondern zur Tat, zur Aktion auffordernd. Im Chinesischen steht das Schriftzeichen Krise für Chance und Risiko. Gerade Krisen fordern den Manager. Ohne Krisen wird man keiner.

Sie möchten mit Loewe die Internationalität der Marke stärken und erweitern. Ist Internationalität heute eine Karriere-Voraussetzung?
Die großen Chancen für Loewe liegen im internationalen Bereich. In Deutschland hat die faszinierende Premiummarke eine ausgezeichnete Marktposition. Wenn es uns gelingt, im ersten Schritt in den europäischen Kernmärkten eine vergleichbare Stellung zu erreichen, dann hat das Unternehmen großes Wachstumspotenzial. Das stellt auch an jeden persönlich große Anforderungen. Sich einlassen auf andere Länder und Kulturen, Sprachkompetenz, Führen im internationalen Netzwerk – diese Themen und Qualifikationen werden tatsächlich für Führungskräfte zu einer zentralen Karriere-Voraussetzung; auch in Unternehmen mittlerer Größe wie Loewe.

Was müssen Hochschulabsolventen der Ingenieurswissenschaften beachten, wenn Sie eine Karriere wie die Ihre machen möchten?
Studenten sollten möglichst frühzeitig wissen, was sie später beruflich machen wollen. Schon die Ausrichtung des Studiengangs und der Studienschwerpunkte kann Karriere fördern. Sie sollten während des Studiums auch schon praktische Erfahrungen sammeln. Während und nach dem Studium international tätig zu sein, öffnet den Blick und erweitert den Horizont. Und dann gilt: sich das berufliche Umfeld suchen, für das man sich mit Leib und Seele einsetzen will, wofür es sich aus der jeweils individuellen Sicht wirklich zu kämpfen lohnt. Denn was Spaß macht, macht man gut. Was man gut macht, fällt auf. Wer auffällt, kommt weiter.

Was sollte ein Hochschulabsolvent sonst noch mitbringen, damit Sie ihn einstellen?
Er sollte kein Fachidiot sein. Gesellschaftliches oder fachliches Engagement über den fachlich-beruflichen Tellerrand hinaus ist immer mehr ein ganz wesentliches Persönlichkeitsmerkmal. Es wird zudem in unserer Gesellschaft dringend gebraucht. Unternehmen wie Loewe unterstützen dieses Engagement der Mitarbeiter aktiv. So ist eine Entwicklungsingenieurin von uns seit kurzem Stellvertreterin des Bürgermeisters von Kronach, der Stadt unseres Firmensitzes.

Wie sehen Sie die Zukunft der Unterhaltungselektronik- Branche?
Unsere Branche ist hoch innovativ. Fast drei Viertel der Produkte unseres Sortiments sind erst seit weniger als einem Jahr am Markt. Neue, wesentlich bessere Fernsehgeräte und Audio-Anlagen mit intelligenten neuen Anwendungen wie dem Festplattenrecorder schaffen neue Nachfrage. Erst gut 25 Prozent der Haushalte haben ein modernes, flaches Fernsehgerät. Auch diese Ersatzbeschaffung bringt Umsatz für die nächsten Jahre. Deshalb hat unsere Branche hervorragende Zukunftsaussichten. Und Loewe – als deutsches Unternehmen – hat im Premiummarkt auch im Wettbewerb mit den internationalen Global Players ausgezeichnete Perspektiven.

Loewe hat gerade eine Auszeichnung vom red dot award für den Loewe Connect Fernseher bekommen. Welche Rolle spielt Design und Innovationsforschung heute für ein erfolgreiches Unternehmen?
Neben der innovativen Technik ist ausgezeichnetes Design die wesentliche Erfolgsvoraussetzung für Loewe. Design macht nach außen hin sichtbar, was im Gerät steckt. Und es differenziert unser Angebot im Fachgeschäft eindeutig vom Wettbewerb. Konsequent weitergedacht heißt Designorientierung aber auch On-Screen-Design, Kommunikationsdesign, Laden-Architektur, Messestandsgestaltung und, und, und. Design ist für Loewe neben sinnvoller Technik und exklusiver Individualität zu einem von drei zentralen Markenwerten geworden, die wir konsequent in allen Bereichen unserer Arbeit umsetzen.

Welche Rolle spielt Kreativität generell im Berufsleben eines erfolgreichen Ingenieurs?
Solides Fachwissen, gewissenhafte und ausdauernde Konzentration auf eine Aufgabe sind unerlässlich für den Erfolg. Die Königsdisziplin allerdings ist die Kreativität: bereit zu sein, neue Wege zu entdecken und zu entwickeln. Kreativität darf aber nie zum Selbstzweck werden, sonst wird sie schnell zu Aktionismus. Ihre Partner müssen Beharrlichkeit und Vertiefung auf die wesentlichen Projekte sein. Thomas Alva Edison hat es wunderbar zusammengefasst: „Erfolg ist ein Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration.“ Und das schöne an diesem Wortspiel: Es geht um „Spirit“, um Geist und Hauch.

Wie bekommen Sie Beruf, Familie und Musik unter einen Hut?
Das geht nur mit Disziplin bei sich selber und Liebe, Verständnis sowie Hilfe durch die Familie. Ich arbeite viel und gerne. Doch wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringe, dann intensiv. Viel Essen und Trinken mit viel Gespräch, Bergwandern, Skifahren oder Segeln, Tanz oder Konzerterlebnis. Musik ist dann wie ein gemeinsamer Nenner ein unglaublicher Klebstoff.

Zum Unternehmen

Im Oktober 1923 gründete Dr. Sigmund Loewe zusammen mit seinem Bruder David die Loewe-Audion GmbH zu Herstellung von Elektronenröhren. 1938 muss Loewe aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA fliehen, 1942 wird das Unternehmen umbenannt in Opta-Radio AG. 1949 wird es aber wieder im vollen Umfang an die Familie Loewe rückübertragen.
Das Unternehmen produziert hauptsächlich Fernseher, aber auch DVD-Rekorder, Blu-Ray Player, Lautsprecher und HiFi-Anlagen. Der Umsatz des börsennotierten Unternehmens lag 2007 bei 372,5 Millionen Euro. Über die Hälfte davon erzielt Loewe auf internationalen Märkten. Das Unternehmen wurde von 1990 bis Juni 2008 von Rainer Hecker geführt. Er rettete es 2004 durch eine schwere Krise, indem er die rund 1000 Mitarbeiter davon überzeugen konnte, auf ein halbes bis ein ganzes Monatsgehalt zu verzichten. 2007 zahlte das Unternehmen dies dann mit einer Prämie zurück.
2008 brachte Loewe den ersten Multimedia-Fernseher der Welt auf den Markt. Der Loewe Connect kann mit seiner voll integrierten Vernetzung kabellos auf Bild-, Musik- und Videodateien eines Computers oder einer externen Festplatte zugreifen. Dafür erhielt die Loewe AG den renommierten Design-Preis „Best of the best“ des red dot awards.

Das könnte dich auch interessieren

Der Roman „Die Kündigung“ von Hubertus Meyer-Burckhardt

SPIEGEL-Bestseller: Der Roman „Die Kündigung“ von Hubertus Meyer-Burckhardt jetzt auch als Taschenbuch erhältlich.

Interview mit Annette Kulenkampff

Annette Kulenkampff leitet den Hatje Cantz Verlag in Ostfildern bei Stuttgart. Als einer der...

Interview mit Christian Pape

Christian Pape ist einer von Deutschlands Top-Personalberatern, passionierter Koch und Autor von „Traum! Job!...



Anzeige




Anzeige
BWI