Beim Spritsparen die Nase vorn

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Jedes Jahr treffen sich 3000 Schüler und Studenten zum weltgrößten Effizienzwettbewerb. Die Idee des Shell Eco-Marathon ist es, ein Fahrzeug zu konstruieren, das mit einem Liter Sprit die größtmögliche Strecke zurücklegt. Von Cornelia Wolber, Shell Deutschland

Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb. Entsprechend sind auch die Münchner schon wieder eifrig dabei, ihr batteriebetriebenes Fahrzeug „H TU 012“ weiter zu optimieren. „Wir müssen uns noch besser auf die neuen Bedingungen einstellen“, sagt Andreas Löckler von der TU München. Die Bayern waren eines von 24 deutschen Teams, die sich beim diesjährigen Shell Eco-Marathon im Wettbewerb um den geringsten Energieverbrauch der Konkurrenz aus Europa und Afrika stellten. Der weltweit größte Energieeffizienzwettbewerb wurde nach Amerika (Houston/Texas) und Asien (Malaysia/Kuala Lumpur) erstmals auch in Europa mitten in der Stadt ausgetragen. Das stellte die Teilnehmer vor neue Herausforderungen: Die Rennstrecke rund um die „Ahoy Arena“ im Herzen von Rotterdam war dichter an städtische Bedingungen angepasst und somit schwieriger. „Wir mussten die komplette Hinterachse umkonstruieren, um mit neuem Lenksystem die kurvenreiche Strecke besser meistern zu können“, erinnert sich Löckler. Ziel der Wettbewerbsteilnehmer ist es, ein Fahrzeug zu konstruieren, das mit einem Liter Kraftstoff so weit wie möglich fährt und dabei so wenig CO2 wie möglich ausstößt. Dr. Peter Blauwhoff, Geschäftsführer der Deutschen Shell Holding, sagt: „Der Eco-Marathon bietet Schülern und Studenten die Möglichkeit, nachhaltige Konzepte für eine zukünftige Mobilität zu entwickeln und zu erproben.“ Der Gedanke des Wettbewerbs ist seit seiner Gründung vor 28 Jahren relevanter denn je: „Heute gibt es rund 900 Millionen Autos. 2035 werden es laut Internationaler Energieagentur voraussichtlich bereits 1,7 Milliarden sein. Um den steigenden Bedarf zu decken, müssen unsere Mobilitätskonzepte sparsamer und nachhaltiger werden. Shell setzt dabei sowohl auf Effizienzsteigerung konventioneller als auch auf die Entwicklung alternativer Kraftstoffe“, so Blauwhoff. Gestartet wird in zwei Kategorien: Während in der Konstruktion der Prototypen der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, ist bei den UrbanConcepts Straßentauglichkeit Pflicht. Beim ersten europäischen Wettbewerb 1985 in Frankreich wurden noch alle teilnehmenden Fahrzeuge mit Benzin angetrieben. Beim diesjährigen Wettbewerb starteten bereits mehr als die Hälfte der Fahrzeuge mit alternativen Energien, bei den deutschen Teams waren es sogar mehr als zwei Drittel. Die Teilnehmer fahren zehn Runden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 25 Stundenkilometern. Dann wird anhand des Verbrauchs hochgerechnet, wie weit das Fahrzeug gekommen wäre, wenn es den ganzen Liter verbraucht hätte. Löckler und sein Team wollen auch im kommenden Jahr wieder dabei sein und ihren persönlichen Rekord brechen.

Sonnenkälte

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Es ist Sommer, im Passivhaus ist es warm, die Bewohner könnten eine Klimatisierung vertragen. Auf dem Dach ist eine thermische Solaranlage installiert. Könnten wir die Sonnenenergie nicht auch zur Kühlung nutzen? Von Volker Bergholter

Vor gut 15 Jahren hat Jürgen Schukey eine Maschine erfunden, mit deren Hilfe man Sonnenenergie zur Kühlung nutzen kann. Dieses „Schukey-Maschine“ genannte Aggregat ist eine sogenannte Verdrängermaschine. In ihrem Inneren drehen sich in einem gemeinsamen Gehäuse zwei Flügelkreuze, zwischen denen sich insgesamt acht Kammern abwechselnd öffnen und schließen. Ein in den Kammern befindliches gasförmiges Medium kann also expandiert oder komprimiert werden. Möglich ist auch, ein und dasselbe Medium in einer Kammer zu expandieren und in einer anderen Kammer zu komprimieren.
Mit der Schukey-Technologie ist Volker Bergholter von Anfang an bestens vertraut. Nachdem diese Technologie fast vergessen war, hat er das Team zusammengestellt, das jetzt die Herbeiführung der Marktreife betreibt. Seine derzeitige Funktion: Projektleiter.
Das Kühlprinzip der Schukey-Technik funktioniert folgendermaßen: Umgebungsluft wird zunächst komprimiert und dabei erwärmt. Die erwärmte und unter Druck befindliche Luft wird anschließend in einem Wärmetauscher abgekühlt und in eine weitere Kammer derselben Maschine zurückgeleitet. Dort wird sie dann auf Umgebungsdruck expandiert und dabei abgekühlt. Dann verlässt sie die Maschine. Die Umgebungsluft wird in diesem Prozess direkt gekühlt, ohne chemische Kältemittel. Mithilfe einer zweiten Schukey- Maschine als Expansionsmaschine, angetrieben von Heißdampf, wird die solare Kühlung komplett. Vakuumröhrenkollektoren erzeugen Dampf, der die Expansionsmaschine antreibt. Diese bewegt die zweite Schukey-Maschine, die Kältemaschine. Elektrischer Strom wird nicht benötigt. Jürgen Schukey hat diese Idee gemeinsam mit Ingenieuren des Maschinenbaus und der Verfahrenstechnik umgesetzt. Die Markteinführung hat er nicht erlebt, schwer erkrankt ist er 1999 ausgeschieden, seine Technologie geriet vorübergehend in Vergessenheit. Seit zwei Jahren arbeitet nun ein neues Team an der Herbeiführung der Marktreife. Beteiligt sind Professoren und Ingenieure des Maschinenbaus und der Verfahrenstechnik, Wirtschaftsingenieure sowie ein Kaufmann. Besonders erfreulich ist es, dass wir einen jungen Verfahrenstechniker im Team haben, der schon während seines Studiums an Projekten zur Schukey-Technologie mitgearbeitet hat und bis heute dabei ist. Ein junger Maschinenbauingenieur würde das Team komplettieren. Wir arbeiten als virtuelles Unternehmen: Bis auf den Geschäftsführer ist kein Mitwirkender Angestellter. Für die Kommunikation und die Dokumentation nutzen wir internetbasierte IT-Systeme. Die Zusammenarbeit erfolgt auf kurzen Wegen, die Bürokratie ist auf das absolut Notwendige beschränkt. Dank mehrerer Entwicklungs- und Lieferaufträge stehen wir jetzt kurz vor der Markteinführung der Schukey-Technologie. Die Pilotanlage wird eine Klimaanlage sein, die ausgelegt ist für die Klimatisierung von beispielsweise Tankstellenshops. Die Markteinführung ist für 2013 vorgesehen.

Art of Engineering

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Kunst und Technik haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun. Schaut man aber genauer auf die Geschichte des menschlichen Fortschritts, zeigt sich, dass beide großen Einfluss aufeinander hatten. Der „Art of Engineering“ von Ferchau Engineering verbindet sie auf kreative Weise. Von Martina Gebhardt

Das Universalgenie Leonardo da Vinci war Künstler und Ingenieur zugleich; die Erfindungen eines Nikola Tesla können als Kunstwerke betrachtet werden. Seit der Renaissance bis einschließlich Ende des vergangenen Jahrhunderts waren Kunst und Technik Verbündete im fortschrittlichen und kreativen Denken. Diese Tatsache möchte der interdisziplinäre Kunstwettbewerb „Art of Engineering“ (AoE) von Ferchau in Erinnerung rufen. Seit 2008 schafft der AoE eine künstlerische Verbindung zwischen Technik und Ästhetik. Geschäftsführer Frank Ferchau zur Philosophie: „Technik und Kunst sind zwar ursprünglich nicht artverwandt, haben aber dennoch eine Gemeinsamkeit: die Veränderung des Status quo. Wir wollen Begeisterung für Technik und Ingenieurwissenschaften wecken und neue Perspektiven aufzeigen.“ Teilnahmeberechtigt sind Studenten, Absolventen und (Young) Professionals aus dem technischen Bereich mit künstlerischer Affinität beziehungsweise Künstler, deren Werke technischen Bezug haben, aber auch Unternehmen. Thematisch steht die künstlerischtechnische Auseinandersetzung mit aktuellen Phänomenen im Vordergrund. Das Motto in diesem Jahr war „Swarming – Kollektive Mobilität“, mit der Aufgabe, eigene „Schwärme“ zu entwickeln oder Schwarmverhalten in sozialen Netzwerken in Kunst und Technik neu zu integrieren und darzustellen. Jurymitglied Prof. Dr. Patrick Hoyer von der Fraunhofer Gesellschaft: „Für die Kunstwerke sollten technische Grundlagen für die Darstellung interaktiver und rückkoppelnder Prozesse genutzt werden, die für das Swarming typisch sind. Für uns als Jury waren die maßgeblichen Kriterien technische Finesse und Qualität, die Originalität und Aktualität der künstlerischen Aussage sowie Interaktivität und Einfallsreichtum der Konzeption.“ Der diesjährige Gewinner, der Student Christoph Kilian, erfüllt diese Maßstäbe eindrucksvoll mit seinem Kunstwerk „Tuchfühler“. Bei dieser Rauminstallation hängt ein riesiges Seidentuch von der Decke bis zum Boden, das auf die Bewegungen von Anwesenden und der Luft mittels elektromechanischer Einheiten reagiert. Dies führt zu einem fortwährenden Wechselspiel zwischen dem Betrachter im Raum und dem Tuch, was durch die wechselseitigen Reaktionen Schwarmverhalten simuliert. So ist „Tuchfühler“ ein Beweis dafür, wie sich Kunst und Technik wirkungsvoll verbinden lassen. Ganz im Sinne des Art Of Engineering. Weitere Informationen: artofengineering.ferchau.de

Wasser unter der Wüste

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Tagesordnungspunkt: Wasser unter der Wüste Verteiler: Angehende Ingenieure CC: Absolventen aller ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtungen Ort: Namibia Datum: im Juli 2012 Protokolliert von: Meike Nachtwey Wer hätte gedacht, dass deutsche Hydrogeologen in 200 Metern Tiefe im Cuvelai-Etosha-Becken, im Norden Namibias, ein riesiges Süßwasservorkommen von fünf Milliarden Kubikmetern finden würden? Für Namibia ist dieser Fund eine Sensation. „Allein die gespeicherte Menge entspricht nach sehr vorsichtigen Berechnungen dem Verbrauch der dicht besiedelten nördlichen Region von mehr als 400 Jahren“, sagt der Projektleiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Martin Quinger. Die Regierung Namibias blickt jetzt positiv in die Zukunft und sieht durch diese Entdeckung nicht nur die Trinkwasserversorgung für die Einwohner gesichert, sondern auch die Förderung des Ackerbaus. Die Menschen könnten sich besser selbst versorgen, und die Flucht der Bevölkerung in die Hauptstadt Windhuk könnte dadurch eingedämmt werden. Das Wasser, das sich schätzungsweise seit über 10.000 Jahren an dieser Stelle unterhalb der Erde befindet, soll von bester Qualität sein und vermutlich aus höhergelegenen Teilen des benachbarten Angola stammen. Laut Quinger ist diese Art von tief zirkulierenden Grundwassersystemen zudem resistent gegenüber Klimaereignissen, sodass selbst mehrere Trockenjahre in Folge keinen Einfluss auf die Versorgung aus dem unterirdischen Reservoir hätten. Entdeckt worden war das Grundwasser nach geophysikalischen Messungen und Probebohrungen, die ein Team aus Mitarbeitern der BGR und des namibischen Landwirtschaftsministeriums durchgeführt hatten. Nach Angaben der Behörden sollen nun weitere Untersuchungen für genauere Analysen folgen. Das Wasser liegt unter einer 100 Meter dicken Sperrschicht. „Diese Schicht muss durchbrochen werden, um das Grundwasser zu fördern“, erklären die Experten. Das unter Druck stehende Wasser steige dann bis etwa 20 Meter unter der Oberfläche auf, was die Förderkosten gering halte. Das Ziel der Experten ist es, die Trinkwasserversorgung für die Menschen, die im Norden des Landes leben, zu sichern. Das sind rund 60 Prozent der zwei Millionen Einwohner. Noch steht nicht fest, wann und wie es im Cuvelai- Etosha-Becken weitergeht. Wenn aber der Startschuss für das Projekt fällt, dann kann man davon ausgehen, dass ein immenser Bedarf an gut ausgebildeten Ingenieuren entsteht, die unter anderem Kenntnisse in den Themenfeldern Energierohstoffe, mineralische Rohstoffe, Grundwasser, Boden und im Gebrauch von Geoinformationen mitbringen. Auch viele deutsche Ingenieure werden sicherlich gerne das Ticket nach Namibia lösen, um an diesem einmaligen Projekt mitarbeiten zu können.

Pionier: Denis Papin

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Hätte es damals einen europaweiten Innovations-Award gegeben, wäre Denis Papin ein würdiger Preisträger gewesen. Die Liste seiner Erfindungen ist lang: Ein Unterwasserfahrzeug, ein mit Dampfzylinder betriebenes Schaufelradboot, eine Schießpulvermaschine und der erste Dampfdruckkochtopf der Welt gehen auf sein Konto. Allerdings nur im übertragenen Sinne, denn er starb verarmt. Von Christiane Siemann

Würde man Denis Papin heute interviewen, würde er wahrscheinlich bedauernd feststellen, dass das Material 1706 noch nicht reif für seine Erfindung war. Der Mediziner, Physiker, Mathematiker und bekannteste Forscher seiner Zeit experimentierte unermüdlich und legt die Grundlagen für viele technische Entwicklungen. Denis Papin, Sohn einer wohlhabenden calvinistischen Familie in Blois/Frankreich, studierte zunächst Medizin an der Universität Angers. Er promovierte auch, aber wandte sich dann von der Medizin ab. Seine Leidenschaft galt der Mathematik und der Physik. Erstes Ansehen erwarb er sich an der Akademie der Wissenschaften in Paris und ab 1675 an der Royal Society in London. In diese Zeit fällt seine Erfindung des Dampfdruckkochtopfes. Es wird erzählt, dass die erste Vorführung vor den Mitgliedern der Royal Society in einer Explosion mündete – er musste erst noch ein Sicherheitsventil entwickeln, bevor seine Erfindung Gebrauchswert erhielt. Dann aber stand sie Pate für die modernen Dampfdrucktöpfe. Der Wissenschaft bleibt er in Erinnerung, weil seine Ideen einen Meilenstein auf dem Weg zur funktionierenden Dampfmaschine darstellen. Als Professor für Mathematik an der Universität Marburg lehrte er Hydraulik, Sonnenuhrkunde und Astronomie. Vor allem aber baute er 1690 die erste Versuchsdampfmaschine, bei der es sich um die erste funktionierende Wärmekraftmaschine handelte – 80 Jahre vor James Watt, der als ihr Erfinder gelten sollte.

Buchtipp

Karsten Gaulke et al.: Denis Papin: Erfinder und Naturforscher in Hessen-Kassel. Euregio Verlag 2009. ISBN 978-3933617361. 20,00 Euro.
Der Pionier und die Stadt Kassel In der Stadt Kassel hat er die bedeutendsten technologischen Spuren hinterlassen. Landgraf Karl holte Papin 1696 an den Hof, weil er sich von ihm Hilfe bei der Entwicklung einer großen Wasserpumpe versprach. Diese sollte die hessischen Bergwerkstollen entwässern, aber zugleich auch den neu angelegten Lustgarten in der Karlsaue trockenlegen. Wie viele andere Barockfürsten wollte Karl in einer Parkanlage mit hoher Fontäne seinen Glanz krönen. Dabei setzte er auf Papin. Der widmete sich vor allem der Frage, wie man Dampf in Energie umwandeln kann. Er entwarf verschiedene Pumpen, ein U-Boot und eine Hochdruckdampfmaschine, in der zum ersten Mal die Kraft von Wasserdampf auf einen Kolben übertragen wurde. In der Kurhessischen Eisenhütte Veckerhagen baute Papin den ersten Dampfzylinder und entwickelte daraus eine Hochdruck- Dampfpumpe, die Wasser 24 Meter hoch fördern konnte. Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit wurde diese Konstruktion im Jahre 1706 vor dem Ottoneum – dem ältesten und ersten feststehenden Theaterbau Europas – vorgeführt. Dort erinnert heute der Papin-Brunnen an den genialen Physiker. Die Konstruktion, die dann im heutigen Schlosspark Wilhelmshöhe zum Einsatz kam, war allerdings nur kurz in Betrieb. Die Metallverarbeitung war noch nicht so weit: Das Wasser sprudelte, und dann brachen Rohre und die Dichtungsringe. Nach zwölf Jahren verließ Papin Kassel. Seine letzte Erfindung in Hessen war 1707 ein Schaufelradboot, das mit einem Dampfzylinder betrieben wurde. Damit wollte er nach London zurückkehren. Doch die Expedition endete bereits in Hannoversch Münden, wo die örtliche Fischergilde das Boot im Streit um Passierrechte zerstörte. Der Forscher kehrte nach London zurück. Dort gelang es ihm aber nicht mehr, Fuß zu fassen. Er starb verarmt vermutlich im Jahre 1712. Weltkulturerbe Heute erinnert nicht nur der Papin- Brunnen vor dem Ottoneum an den Physiker und Erfinder, sondern auch das Technik-Museum Kassel. Hier befindet sich der funktionsfähige Nachbau der Papinschen Pumpe mit der Erläuterung, dass sich Denis Papin erfolgreich der „Kunst, das Wasser zu heben“ widmete und die erste Hochdruckdampfpumpe der Welt baute. Möglicherweise wird Papin mit der Stadt Kassel jedoch noch zu späten Ehren kommen. Denn die Stadt hat den Antrag zur Aufnahme des Kasseler Bergparks und seiner Wasserspiele in die Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO gestellt. Unter anderem wegen des Dreiklangs „Technik-Kunst- Natur“. Und daran hat Papin seinen Anteil. Auch wenn seine Maschine in Kassel nicht zum Einsatz kam, war sie der direkte Vorläufer der Dampfmaschine, die wenig später die Welt revolutionierte. „Technische Innovationen am Hofe der Kasseler Fürsten im Kontext der Wasserspiele haben damit Einfluss auf die Technikgeschichte der Welt gehabt. Die Notwendigkeit, für die Wasserspiele druckfeste Rohre zu bauen, führte in den landgräflichen Gießereien zu wegweisenden Fortschritten, ein Teil der 300 Jahre alten Rohrleitungen ist (…) bis heute in Gebrauch“, heißt es im Aufnahmeantrag der Stadt. Über die Aufnahme Kassels in die „Champions League“ der bedeutendsten Kulturstätten der Welt wird die UNESCO voraussichtlich im Sommer 2013 entscheiden.

Lebenslauf Denis Papin

  • Geboren am 22.08.1647 in Chitenay (Frankreich), gestorben 1712 (genaues Datum unbekannt)
  • Er besucht die Jesuitenschule, 1661 beginnt er sein Studium an der französischen Universität Angers, das er mit der medizinischen Prüfung abschließt
  • Von 1671 bis 1674 lebt Papin in Paris, 1675 geht er nach London, um bei dem Chemiker Robert Boyle zu arbeiten. 1679 wird er Assistent bei dem Physiker Robert Hooke und 1680 Mitglied der Royal Society. 1681 geht er nach Italien, wo er bis 1684 Leiter der experimentellen Abteilung der accademia publicca di science in Venedig ist. Von 1684 bis 1687 ist er wieder in London tätig
  • 1687 bis 1696 lehrt er als Professor für Mathematik in Marburg. Papin erfindet die Zentrifugalpumpe und veröffentlicht erste Arbeiten zur Kolbendampfmaschine
  • Landgraf Karl ruft ihn 1696 an den Hof nach Kassel, wo er nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit eine Hochdruckdampfpumpe baut
  • Nach zwölf Jahren kehrt Papin nach London zurück und stirbt dort unbekannt und in Armut

Spitzentechnologie für Senioren

Ältere Menschen und moderne Technologie: Lange ging das nicht zusammen. Nachlassende Fähigkeiten und Angst vor Komplexität erschwerten Senioren den Zugang zur Technik. Inzwischen findet ein Paradigmenwechsel statt: Gerade die Anpassung an die Bedürfnisse alter Menschen führt zu guter Bedienbarkeit für alle. Die Ingenieure der Uni Stuttgart arbeiten im Studiengang „Integrierte Gerontologie“ mit Sozial-, Sport- und Wirtschaftswissenschaftlern zusammen und wissen: Ästhetik ist für Senioren genauso wichtig wie Ergonomie. Von der Redaktion Lehrstuhl für Sport- und Gesundheitswissenschaften I, Universität Stuttgart

Am Anfang waren es riesige Handy-Tasten. Sie sollten älteren Menschen, deren Seh- und Tastsinn nachlässt, eine Hilfe sein. Doch als sie Mitte der 90er-Jahre auf den Markt kamen, wollte sich kaum jemand damit sehen lassen. Denn schon von Weitem war sichtbar: Hier ist jemand nicht mehr ganz auf der Höhe. Weil sich keiner das Etikett „Technik- Opa“ anheften wollte, verschwanden die gut gemeinten Senioren-Telefone bald vom Markt. Den Leiter des Forschungs- und Lehrgebiets Technisches Design am Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Uni Stuttgart, Prof. Thomas Maier, wundert das überhaupt nicht. „Man hat gedacht, dass man das Handy einfach größer machen muss“, sagt er. „Dabei hat man die Stigmatisierung nicht beachtet.“ Das hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. „Wir versuchen Ergonomie, also die gute Handhabung, und ästhetische Aspekte zusammenzubringen“, beschreibt Maier den Paradigmenwechsel, den die Entwickler vom IKTD verinnerlicht haben. Auch ältere Menschen wollen schöne Dinge ansehen und anfassen. Diese Einsicht liegt dem „Universal Design“ zu Grunde, das aus den USA kommt. Das Prinzip: Wenn ein Gerät für ältere Menschen gut geeignet ist, dann bedienen es auch jüngere gerne. Idealtypisch für diese Entwicklung stehen die Smartphones und Tablet Computer, denen die Firma Apple den Weg in den Massenmarkt geebnet hat. Tasten gibt es nur wenige, die Symbole und Schriften können leicht im Display vergrößert werden, ohne dass der Sitznachbar etwas merkt. In Deutschland folgt man diesem Mega- Trend bisher zögerlich. Thomas Maier sieht den Grund dafür auch in der mangelnden Wertschätzung gegenüber den Älteren in der Gesellschaft. In Japan etwa, dem Industrieland mit dem höchsten Anteil älterer Menschen, sind die Senioren auch bei der Produktentwicklung viel stärker im Blick. In Deutschland wird die Alterspyramide in 10 bis 15 Jahren ähnlich aussehen. Maier setzt deshalb auf die Öffnung der technischen Disziplin für andere Fächer. „Wir sind auf die Gesellschafts-, Sozial- und Sportwissenschaftler angewiesen“, sagt er. Seit zwei Jahren kooperiert das IKTD deshalb eng mit diesen Fächern im Rahmen des Studiengangs „Integrierte Gerontologie“. Welche Synergien dabei entstehen, zeigt das Beispiel von Attila Holder. Der technikbegeisterte Sozialwissenschaftler gehört zum Management des Master-Online-Studiengangs „Integrierte Gerontologie“. Im Auftrag des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart bringt er Patienten zwischen 60 und 80 Jahren den Umgang mit Tablet-Computern bei. Auch er hat festgestellt, dass der Touchscreen und die intuitive Steuerung prinzipiell gut ankommen bei Senioren. Sie spielen, recherchieren, lesen Bücher und hören Radio mit den flachen Rechnern. Holder sieht aber auch Verbesserungspotenzial: „Optimal wäre es, wenn es ein Betriebssystem gäbe, das noch übersichtlicher ist“, sagt er. Dafür wäre wohl auch mancher junge User dankbar. Seine Erkenntnisse aus der praktischen Arbeit im Krankenhaus tauscht Holder bei monatlichen Treffen des Studiengangs mit den Kollegen aus – so entstehen produktive Wechselwirkungen. Für die Ingenieure mit Designausbildung vom IKTD sind Telefone und Tablet- Computer nur ein Teil ihrer Arbeit. Sie prüfen und verbessern viele Produkte aus gerontologischer Perspektive: Bankautomaten, Fernbedienungen oder auch DVD-Spieler. Eine ganz entscheidende Erkenntnis über das Bedienverhalten von Senioren: Ihr Seh- und Hörvermögen lässt oft stark nach, aber ihr Tastsinn bleibt länger erhalten. Senioren wollen sich die Geräte durch Ertasten erschließen. Außerdem ist es wichtig, dass sie vom Gerät Rückmeldung erhalten. „Deshalb arbeiten wir am haptischen Feedback“, so Maier. Inzwischen gibt es erste Exemplare von Displays, die dem Benutzer fühlbar Rückmeldung geben. Neben modernster Kommunikationstechnologie entwickeln die Stuttgarter Ingenieure auch klassische Hilfsmittel, bei denen ebenso die Erkenntnisse der Integrierten Gerontologie zum Tragen kommen. In enger Zusammenarbeit mit einem mittelständischen Betrieb wurde ein „Treppensteiger“ für Rollstühle ergonomisch optimiert. Nach eingehenden Gebrauchsanalysen auf den Treppen des Instituts entstand ein Prototyp, der die Prinzipien von Einfachheit und Eleganz verband. Inzwischen ist der Treppensteiger erfolgreich in Serie gegangen. Nicht nur Spezialbetriebe, sondern auch die großen Technologiekonzerne haben erkannt, wie wichtig es für Ingenieure ist, sich in Ältere einfühlen zu können. Autohersteller wie BMW und Audi arbeiten schon lange an Lösungen für ältere Fahrer, immer mehr Firmen setzen gezielt auf „Senior-Entwickler“. Denn junge Ingenieure können sich nur bedingt vorstellen, wie Ältere mit Technik umgehen. Maier ist überzeugt, dass die Entwicklungsabteilungen in Zukunft verstärkt Ingenieure mit gerontologischer Kompetenz suchen werden. „In fünf bis zehn Jahren sind diese Spezialisten heiß begehrt“, sagt er.

Holztechnik-Ingenieur

Das Berufsziel Ingenieur verbinden viele mit einem Maschinenbau- oder Elektrotechnikstudium. Doch nicht nur die klassischen Ingenieurdisziplinen bieten Absolventen gute Einstiegsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt. Gerade im Hinblick auf global aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Ressourcenschonung sind andere Ingenieurdisziplinen im Aufwind: zum Beispiel der Bereich Holztechnik. Von Prof. Frieder Scholz, Studiendekan Master Holztechnik an der Hochschule Rosenheim

Holz war schon immer ein natürlicher, nachhaltiger und flexibel einsetzbarer Werkstoff. In den letzten Jahren profitiert die Branche vom allgemeinen Umdenken: Allen voran bei alternativen Baukonzepten wird Holz als innovativer Werkstoff herangezogen. Entsprechend ausgebildete Ingenieure, die sich mit den spezifischen Materialeigenschaften von Holz auskennen, sind für die Industrie unerlässlich. Doch nicht nur im Bereich Bau, sondern entlang der gesamten Prozesskette der Holzbe- und -verarbeitungsindustrie bieten sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Holztechnik-Ingenieure. In Deutschland wird die spezialisierte Ausbildung zum Ingenieur im Bereich Holz nur an einer Handvoll Hochschulen angeboten. In Teilen decken weitere Hochschulen und Universitäten in Studiengängen wie zum Beispiel Bauingenieurwesen einen kleinen Bereich des Themenfeldes ab. Was viele nicht wissen: Gemeinsam mit der Forstwirtschaft zählt die Holzbranche zu den Leitbranchen Deutschlands. Der Wirtschaftszweig hat laut einer Studie der Universität Münster mehr Beschäftigte als die Automobil- oder die Elektroindustrie: fast eine Million Menschen. Im Bereich der Holzbearbeitungsmaschinen beispielsweise sind die deutschen Unternehmen weltweit Markt- und Technologieführer. Ganz der Ausbildung von Führungskräften im internationalen Umfeld der Holzbranche hat sich die Hochschule Rosenheim mit ihrem englischsprachigen Masterstudiengang Holztechnik mit dem Abschluss Master of Science verschrieben. Die Wurzeln der Hochschule liegen in einer der ersten Ingenieurschulen für Holztechnik des Landes – heute ist die Einrichtung eine der europaweit führenden Ausbildungsstätten der Branche. Gemeinsam mit der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau in der Schweiz führen die Rosenheimer den Masterstudiengang als sogenannten „Joint Master“ durch: Die Absolventen erhalten ein Abschlusszeugnis beider Hochschulen. Im Zentrum des Studiums stehen die Kompetenzerweiterung im Umgang mit den neuesten Technologien der Holzwirtschaft sowie die aktive Mitarbeit in aktuellen Forschungs- und Industrieprojekten der Hochschulen. Praxisnahe Ausbildung auf hohem wissenschaftlichen Niveau ist eine der Stärken des europaweit einzigartigen Studiengangs. Dabei wird durch eine interdisziplinäre Betrachtungsweise das Verständnis von Systemzusammenhängen ebenso geschult wie verantwortungsbewusstes Handeln in technischen Projekten. Der Weg zum Masterstudium im Bereich Holztechnik führt über einen ersten fachlich einschlägigen Studienabschluss (Bachelor oder Diplom). Für den Rosenheimer Master werden Abschlüsse in den Studienrichtungen Holztechnik, Holzbau und Ausbau, Innenausbau oder verwandter Gebiete anerkannt. Bei vielen Studierenden geht dem Holztechnikstudium zudem oft eine handwerkliche Ausbildung voraus, wie die Statistik der Rosenheimer zeigt. Eine Tätigkeit als Tischler, Zimmerer oder Schreiner sensibilisiert im Umgang mit dem Werkstoff Holz – ist jedoch keine Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums. Eine gewisse Faszination für den Werkstoff mit seinen Rundungen, Ecken und Kanten ist aber von Vorteil. Ein Blick auf die Lebensläufe der aktuellen Studierenden und Absolventen des Rosenheimer Holztechnik-Masters zeigt: Die Beweggründe für das Masterstudium sind so vielseitig wie die späteren Beschäftigungsmöglichkeiten. Alumni Johann Betz nutzte den Master, um nach erster Berufstätigkeit mit Diplomabschluss seine Einstiegschancen im englischsprachigen Ausland zu erhöhen. Mit Erfolg: Heute ist er als selbstständiger Ingenieur und Berater für neuartige Holzprodukte im Großraum Australien und Neuseeland tätig. Andere entscheiden sich gleich nach dem Bachelor für das Masterstudium, um ihre Kenntnisse in anwendungsorientierten Gebieten zu intensivieren. Absolvent Frank Hoffmann beispielsweise stieg mit dem Mastertitel direkt als Projektleiter in einer Innenausbau-Firma ein, wo er nun die operative Unternehmensentwicklung leitet. Ein Karriereschritt, auf den ihn der Master gut vorbereitet hat. Wiederum andere wollen nach längerer Berufstätigkeit im Masterstudium die aktuellen Hintergründe ihrer beruflichen Praxis erforschen – weit mehr als in beruflichen Fortbildungsseminaren. Durch die Möglichkeit zur Aufnahme des Studiums in Teilzeit muss dabei nicht auf den Job verzichtet werden: Weiterqualifikation und Berufstätigkeit lassen sich in Rosenheim verbinden. Der modular aufgebaute Studiengang erlaubt ein individuell abgestimmtes, an unterschiedlichste Bedürfnisse angepasstes Studium. Die Studierenden wählen zwischen den Vertiefungsrichtungen „Products and Processes“ und „Timber Engineering“ und legen damit den Grundstein für ihre Spezialisierung. Im Bereich Products and Processes werden Fragestellungen der Produktion und der Produktentwicklung behandelt: Produktmanagement und -entwicklung, Werkstofftechnologie, Automatisierung und Logistik. Die Vertiefung im Bereich Timber Engineering beinhaltet alle Aspekte des Entwurfs und der Konstruktion von Holzbauten und angrenzender Bereiche wie der Bauphysik im Innenausbau, Bauen im Bestand oder Gebäudetechnik. Je nach gewähltem Studienschwerpunkt umfassen spätere Aufgaben der Holztechnik- Master beispielsweise Planung, Aufbau, Nutzung und Betreuung von Fertigungsanlagen der Möbel-, Fenster-, Türenindustrie, der Treppen- oder der Bauelementeherstellung. Auch die Entwicklung von Maschinen und Anlagen, von Produkten und Verfahren, wirtschaftliche Abschätzung von Produktionsprozessen, Produktionsorganisation und Personalführung gehören zu den Tätigkeiten des Holztechnik-Ingenieurs. Als Spezialist erkennt er Marktforderungen und setzt diese in Ideen und Entwicklungen um – im Einklang mit ökologischen Erfordernissen. Darüber hinaus bieten sich Arbeitsmöglichkeiten in den Bereichen Vertrieb, Kundendienst und Beratung von Abnehmern. Mit dem großen internationalen Rosenheimer Netzwerk im Hintergrund sind die Absolventen bestens für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft gerüstet.

Holztechnik (M. Sc.) an der Hochschule Rosenheim (Joint Master mit Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau)

Ausbildung
  • modular aufgebauter, englischsprachiger Masterstudiengang
  • Studienziel: Master of Science
  • Regelstudienzeit: 3 Semester (Vollzeit)/6 Semester (Teilzeit), 90 ECTS
  • Akkreditierung durch ASIIN
Voraussetzungen für Masterstudium
  • Bachelor- oder Diplomstudium der Studienrichtungen Holztechnik, Holzbau und Ausbau oder Innenausbau oder verwandter Gebiete mit einem Studienabschluss der Gesamtnote „gut“ (also besser als 2,5)
  • Nachweis von Englischkenntnissen
  • Motivationsschreiben
  • Persönliche Voraussetzungen: zielorientiertes Arbeiten und Fähigkeit zur Selbstorganisation
Weitere Informationen unter www.fh-rosenheim.de/holztechnik_master.html

Kaum sichtbare Spuren

Von der Formulierung der Anforderungen bis hin zum marktreifen Produkt – Erick Drost ist als Entwicklungsingenieur in der Endoskopie für die Entwicklung von neuen Instrumenten zuständig. Um einen Eindruck davon zu bekommen, worum es sich in seinem Job dreht, durfte er bei einigen realen Operationen zusehen. Von Erick Drost, M.Sc. Biomedical Engineering, Entwicklungsingenieur für Endoskopie bei Aesculap

Es fing alles mit einem dualen Maschinenbaustudium in Friedrichshafen an, das ich in den Praxisphasen bei einem Endoskopie-Hersteller in Tuttlingen absolviert habe. Dabei kam ich zu Beginn eher zufällig in das Gebiet der Medizintechnik, zumal ich in Oberndorf am Neckar aufgewachsen bin, einem Zentrum für Rüstungstechnik. Als ich allerdings im Rahmen einer Projektarbeit zum ersten Mal bei einer Operation dabei sein durfte, stand für mich fest, dass dieser Job etwas Besonderes ist. Wer, außer dem medizinischen Personal, darf sonst bei einer OP live dabei sein und den menschlichen Körper von einer ganz anderen Seite kennenlernen? Daher stand für mich in dem Moment fest, dass ich mich nach meinem Bachelorstudium in diesem Bereich weiter spezialisieren wollte. Hierfür habe ich ein Masterstudium der Fachrichtung Biomedical Engineering an der Hochschule Furtwangen absolviert, die in der Nähe von Tuttlingen liegt, dem „Weltzentrum der Medizintechnik“. Nach dem Masterabschluss begann ich meine Ingenieurkarriere bei Aesculap, einem Unternehmen des Gesundheitsversorgers B. Braun. Hier bin ich als Entwicklungsingenieur für den Bereich Endoskopie eingesetzt. Wir sind auf die Entwicklung minimalinvasiver Instrumente und Geräte spezialisiert, die nach ihrem Einsatz kaum sichtbare Spuren (Narben) am Patienten hinterlassen. Für diesen Zweck werden die Instrumente immer kleiner und filigraner, in der Entwicklung jedoch anspruchsvoller. In den Entwicklungsabteilungen des Unternehmens trifft man Absolventen unterschiedlichster Studiengänge, beispielsweise dem Maschinenbau, der Produktionstechnik, der Medizintechnik und sogar dem Wirtschaftsingenieurwesen. Als Entwicklungsingenieur bin ich für die Entwicklung von neuen Instrumenten von der Formulierung der Anforderungen bis hin zum marktreifen Produkt zuständig. Dies schließt auch die Erstellung von Produktkonzepten in Zusammenarbeit mit internen und externen Spezialisten aus dem medizinischen Bereich ein. Der Kontakt und der Austausch mit Ärzten spielt dabei eine Schlüsselrolle, da wir, die Entwickler, unsere Produkte nicht selber am Patienten anwenden und erproben können. Des Weiteren ist jeder Entwickler Teil eines oder mehrerer Projekt- Managementteams, woraus sich eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Produktion und dem Marketing ergibt. Mein Einstieg begann mit einer ausführlichen Einarbeitung in meinen Aufgabenbereich, und die ersten Wochen vergingen aufgrund der vielen neuen Eindrücke wie im Fluge. Bei der Entwicklung der mechanischen Instrumente konnte ich bisher besonders die im Maschinenbaustudium vermittelten technischen Grundlagen bei der täglichen Arbeit sehr gut einsetzen. Für die Projektarbeit kommen mir die im Master vermittelten Inhalte zugute. Hier lag der Fokus auf der Projektarbeit gemeinsam mit anderen Kommilitonen, was sich im Unternehmen bei der täglichen Arbeit auszahlt. Dies war auch ein Punkt, in dem sich das Master- wesentlich vom Bachelorstudium unterschied. Darüber hinaus sind die im Master vermittelten Inhalte, beispielsweise die medizinische Produktzulassung, Werkstofftechnik und Teilgebiete der menschlichen Physiologie, sehr nützlich. Allerdings gab es für mich nach dem Studium auch einiges, was neu war, und Kenntnisse, die ich mir vor Ort erst aneignen musste. Dabei denke ich besonders an die Zusammenarbeit mit Ärzten, die sich aufgrund der starken Internationalität unserer Branche fast ausschließlich auf Englisch abspielt. Um die Kooperation mit Ärzten effektiv gestalten zu können, muss man sich bei jedem Projekt zu Beginn möglichst viel medizinisches Fachwissen aneignen. Dies betrifft besonders die angewandten Operationsmethoden und mögliche Ansatzpunkte zur Verbesserung der Ergonomie, Patientensicherheit und Verkürzung der Operationsdauer, wobei insbesondere Letzteres einen Kostenfaktor darstellt. Da sich die Medizin ständig weiterentwickelt, wird man hier als Entwickler auch nie auslernen. Innerhalb des Betriebes bestand eine weitere Herausforderung in der Einarbeitung in die Fertigungsabläufe. Dabei bewahrheitete sich schnell der Spruch: „Überlegenheit durch Kommunikation“. Ich kann nur empfehlen, einen intensiven Dialog mit den Spezialisten aus der Fertigung zu pflegen, um die im Hause vorhandenen Fertigungsmaschinen und Prozesse schnellstmöglich kennenzulernen und zu verstehen. An der Medizintechnik reizte mich bereits im Studium immer besonders, dass es eine äußerst innovative Branche ist, die sich sehr schnell weiterentwickelt. Neueste Technologien und die kontinuierliche medizinische Forschung öffnen sich dabei immer wieder gegenseitig neue Türen. Des Weiteren macht es mir auch Spaß, mit Ärzten und Kollegen aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten, wobei ich meine Fremdsprachenkenntnisse optimal einsetzen kann. Für die Zukunft ist die Medizintechnik bestens aufgestellt, da ihr aufgrund der immer höher werdenden Lebenserwartung der Bevölkerung eine größere Bedeutung zukommen wird. Dies macht sie zudem unabhängig von wirtschaftlichen Krisen. Für jeden Studenten gibt es in der Entwicklung eine entsprechende Herausforderung, sei es bei Instrumenten, Implantaten oder Geräten.

Technologie für Menschen

Immer mehr Absolventen entscheiden sich für eine Karriere in der Medizintechnik – eine rasant wachsende Branche mit Zukunft, die qualifizierten Nachwuchskräften zahlreiche Perspektiven bietet. Von Christina Hermann

Erik Albrecht-Laatsch stammt aus Göttingen und hat in Ulm Medizintechnik mit Schwerpunkt Mechatronik studiert. Nach seinem Diplom kehrte er in die Region zurück und fing bei dem Medizintechnik-Unternehmen Ottobock als Ingenieur im Bereich Forschung und Entwicklung an. Heute leitet er dort eine Abteilung mit 15 Mitarbeitern, die elektronische Baugruppen zum Beispiel für den Einsatz in Prothesen entwickeln. Hier stehen Erik Albrecht-Laatsch und seinen Kollegen modernste Messgeräte und Software-Umgebungen zur Verfügung. Fort- und Weiterbildungen sind seitens des Unternehmens ausdrücklich erwünscht, und auch die gute Vernetzung mit Forschungspartnern wie der Technischen Universität Berlin eröffnet neue Perspektiven. Zudem bleibt Raum für kreatives, experimentelles Arbeiten – die Basis für die Entwicklung innovativer Produkte, die die Mobilität und Unabhängigkeit von Menschen verbessern. An seiner Arbeit schätzt Erik Albrecht- Laatsch das kollegiale Miteinander und die gute Atmosphäre: „Wir sind ein gemischtes Team und profitieren von den individuellen Stärken jedes Einzelnen. Als Ingenieur reizt es mich, technische Herausforderungen zu meistern“, ergänzt der 35-Jährige und erklärt, was in seinem Beruf besonders wichtig ist: „Beharrlichkeit und der Wille, selbst bei schwierigen Aufgabenstellungen eine optimale Lösung zu finden.“ Weltweit beschäftigt das Unternehmen derzeit 285 Ingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen, darunter Maschinenbau, Feinwerktechnik, Adaptronik, Mess- und Regelungstechnik. Größtenteils werden sie wie Erik Albrecht- Laatsch in der Forschung und Entwicklung, aber auch in anderen Unternehmensbereichen wie etwa Produktion, Produktmanagement, Logistik, Vertrieb und Einkauf eingesetzt. „Künftig brauchen wir mehr Ingenieure, da die Technologien und Produkte komplexer und hierfür Spezialisten mit fundierter Ausbildung benötigt werden“, sagt Dr. Michael Hasenpusch, Geschäftsführer für Forschung und Entwicklung. Die wesentlichen Trends in der Medizintechnik bringt er mit „kleiner, leichter und preiswerter“ auf den Punkt. So würden Produktfunktionalitäten mehr und mehr durch Elektronik und Mechatronik bestimmt, gepaart mit Miniaturisierung und ansprechendem Design. Der Integrationsgrad werde weiter wachsen, ebenso der Einsatz von intelligenten Materialien wie zum Beispiel Elektronik in Textilien. Ferner rechnet Michael Hasenpusch mit einer weiteren Akademisierung ehemals handwerklicher Berufe, sodass auch hier Ingenieure entsprechende Stellen besetzen können. Jedes Jahr investiert Ottobock mehr als 30 Millionen Euro in die Entwicklung neuer Technologien. Neben Arm- und Beinprothesen, die verlorene Gliedmaßen beispielsweise nach einer Amputation ersetzen, umfasst das Produktportfolio auch manuell und elektrisch angetriebene Rollstühle sowie Orthesen und Neuroimplantate. Orthesen wirken entlastend und unterstützend und sichern nach einer Verletzung oder Operation die Funktion der betroffenen Körperregion. Neuroimplantate sind eine moderne Therapieoption für Schlaganfall-Patienten mit Fußheberschwäche und können das Gangbild und damit den Bewegungsradius der Betroffenen sichtbar verbessern. Das Unternehmen unterhält im Rahmen seiner wissenschaftlichen Netzwerke eine Vielzahl nationaler wie internationaler Forschungskooperationen mit verschiedenen Fachhochschulen, Universitäten, Kliniken sowie Einrichtungen wie dem Fraunhofer Institut. Ein Forschungsprojekt zur Entwicklung eines speziellen Ganganalysesystems hat es im Konsortium mit der TU Berlin und der Orthopädischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover auf den Weg gebracht. Ziel ist es, eine in die Prothese integrierte Messtechnik zu entwickeln, die Bewegungsdaten nicht nur unter Laborbedingungen, sondern in alltäglichen Situationen sowie bei der Versorgung der Patienten im Sanitätshaus messen kann. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung wurde das Projekt beim „Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik 2010“ ausgezeichnet. Um die Qualität der Patientenversorgung durch die Verbindung handwerklicher Fertigkeiten und wissenschaftlicher Inhalte zu verbessern, hat Ottobock den Studiengang Orthobionik initiiert, der kürzlich im „Zentrum für Healthcare Technology“ der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) gestartet ist. Für die Zukunft der Branche und des Unternehmens sieht Michael Hasenpusch zahlreiche Chancen durch innovative Produktentwicklungen: „Gerade die Neurostimulation ist ein spannendes Geschäftsfeld mit enormem Potenzial, denn die demografische Entwicklung hat für die Medizintechnik weitreichende Folgen.“ Mit der Lebenserwartung steigt die Zahl altersbedingter Erkrankungen wie Diabetes und Osteoporose, und auch Schlaganfälle werden weiterhin drastisch zunehmen. Bei rund einem Drittel der Betroffenen bleiben gesundheitliche Schäden zurück. „Diesen Menschen durch medizintechnische Innovationen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen, gehört für uns zu den größten Herausforderungen der kommenden Jahre.“ Auch in den anderen Geschäftsbereichen wie der Prothetik seien angesichts immer komplexerer Produkte und Technologien gut ausgebildete Fachkräfte gefragt: „Unsere Forschung an der gedankengesteuerten Armprothese mit Fühlfunktion ist ein erster Vorgeschmack auf die Zukunft.“

Link- und Literaturtipps

Interessenvertretung der Unternehmen der Medizintechnologie: Bundesverband Medizintechnologie (BVMed): www.bvmed.de Förderung der Medizintechnik durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): www.gesundheitsforschung-bmbf.de Literatur Erich Wintermantel/Suk-Woo Ha: Medizintechnik, Life Science Engineering: Interdisziplinarität, Biokompatibilität, Technologien, Implantate, Diagnostik, Werkstoffe, Business. 5. Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3540939351. 149,95 Euro

Form follows Function

Immer kleiner, immer leichter und immer komplexer – medizinische Geräte unterliegen hohen Anforderungen. Kommen sie direkt mit Patienten in Berührung, muss nicht nur die Technik einwandfrei funktionieren, sondern auch das Design stimmen. Von Helmut Wilczek

Ich habe im Auftrag der Firma Zebris ein Kieferregistriersystem entwickelt und designt. Es wird in Zahnkliniken und bei niedergelassenen Kieferchirurgen eingesetzt, um Probleme der Kieferverschiebung, Schmerzen bei Kaubewegungen oder Zahnverschiebung richtig zu erkennen und mit der entsprechenden Software für den Zahnarzt klar zu visualisieren. Es erfasst berührungslos alle Freiheitsgrade des Unterkiefers nach der Methode der Laufzeitmessung von Ultraschallimpulsen.

Maschinenbau-Konstrukteur

Wer als Konstrukteur oder Entwickler arbeiten möchte, bringt als beste Voraussetzung ein abgeschlossenes technisches Studium mit. Neben Maschinenbau und anderen technischen Studiengängen gibt es auch ganz spezielle Ausrichtungen in Konstruktionstechnik. Ein Beispiel ist die Hochschule Ravensburg-Weingarten. Dort gibt es den Masterstudiengang „Produktentwicklung im Maschinenbau“. Hierfür ist ein überdurchschnittlich guter Bachelor- oder Diplom- Abschluss in Maschinenbau, Fahrzeugtechnik oder in einem verwandten Studienfach Voraussetzung. Außerdem sollten Bewerber gern selbst Initiative ergreifen, Spaß bei der Arbeit im Team haben und bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Es ist dabei nicht entscheidend, ob Bewerber sich direkt nach ihrem Erststudium oder nach ein paar Jahren Industrieerfahrung für das Masterstudium entschließen. Infos unter: www.hs-weingarten.de
Das System besteht aus einem Gesichtsbogen, integrierten Empfängermodulen und einem gelenknachmessenden Unterkiefersensor. Um ein solch komplexes, biomechanisches Messgerät für Patienten zu entwickeln, ist der wichtigste Faktor die ergonomische Betrachtung. Bei dem Kieferregistriersystem ist dies die sogenannte statische Anthropometrie, im Speziellen die Kopf- und Gesichtsmaße von Frauen, Männern, Jugendlichen und Kindern. Denn außer den dürftigen maßlichen Festlegungen, welche es in der einschlägigen Literatur gibt, ist dies die einzige Möglichkeit, die Maße an mehreren Personen zu vermessen beziehungsweise Prototypen und deren Verstellbarkeit auszuprobieren. Der am Kopf befestigte Empfänger-Gesichtsbogen muss sowohl einen verstellbaren Öffnungswinkel als auch Verstellmöglichkeiten vor und zurück sowie rauf und runter (für die Kopfgröße) aufweisen. Alle Verstellmöglichkeiten sollen ohne großen Aufwand schnell und präzise ausgeführt werden können. Die wesentlichen Punkte, die ich bei der Gestaltung dieses Kieferregistriersystems beachten musste, sind neben der Handlichkeit die Bedienbarkeit, auch Usability genannt, die Gebrauchstauglichkeit und das Gewicht. Das Gewicht ist von besonderer Bedeutung, da die beiden Teile am Kopf des Patienten befestigt werden und der Patient während des Messvorgangs in relativer Bewegungslosigkeit verharren muss. Zudem muss der Patient den Unterkiefersensor mit der Bissgabel mithilfe eines Magneten im Mund halten. Für Benutzerfreundlichkeit und Handlichkeit spricht die schnelle Befestigungsmöglichkeit am Kopf sowie leichte Verstellbarkeit. Die korrekt festgelegten Kopfmaße für Mann, Frau oder Kind ermöglichen die richtige Befestigung am Kopf ohne Verrutschen oder Wackeln. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Entwicklung eines solchen medizinischen Systems ist die Psychologie. Der Patient befindet sich in einer Ausnahmesituation und reagiert meist sensibel. Auftretende Irritationen oder Ängste können abgebaut werden, wenn das Berühren des Gerätes als angenehm und nicht als kalt und rau empfunden wird und wenn das Produkt keine aggressive Form aufweist. So sollte die Anbringung an Ober- und Unterkiefer nicht einengen, Schmerzen oder Angst verursachen. Darüber hinaus sollte das System so klein und so leicht wie möglich sein. Um vom Design zum Produkt zu kommen, haben sich fünf Arbeitsphasen bewährt, die ich in enger Abstimmung mit dem Kunden durchlaufe. Zunächst fertige ich Skizzen vom Produkt an, um ein Produktdesign-Konzept zu finden. Dieses wird anschließend mit sogenannten Renderingzeichnungen eins zu eins visualisiert und mit Ansichtszeichnungen der ungefähren Konstruktion veranschaulicht. In der dritten Phase arbeite ich die ausgesuchte Produktdesign- Variante aus. Mit 2-D-Zeichnungen mit Vorkonstruktion bemühe ich mich, das Produktdesignmodell so realistisch wie möglich darzustellen. Die vierte Phase umfasst die 3-D-Konstruktion der designten Teile für einen Prototypenbau. In Phase 5 überarbeite ich, wenn nötig, die 3-D-Konstruktion. Wie so oft bei medizinischen Geräten ist auch hier das Produktdesign dem Diktat der Funktion unterworfen. Das entstandene Design des Geräts bezeichnet man als technisches Produktdesign. Hierbei sollte trotz der zuvor ausgeführten Funktion die Ästhetik und die sinnliche Wahrnehmung, der sogenannte ästhetische Wert des Produkts, nicht vernachlässigt werden, denn Design soll immer die Produktqualität sichtbar machen und das Produkt wertvoll erscheinen lassen. Bei der Konstruktion solch filigraner Produkte ist es wichtig, eine größere Gesamtstabilität des Ganzen zu erzielen. Hier war es notwendig, die filigranen Auslegerarme des Kieferregistriersystems zu verrippen. Dies ist mit einer 3-D-Software gut zu bewerkstelligen. Um den äußeren Wert des Produktdesigns anzuheben, achte ich immer darauf, eventuelle sogenannte Einfallstellen im Kunststoffteil zu vermeiden. Für die Fertigung ist das Verfahren des Kompaktspritzgusses am besten geeignet. So kann mit relativ dünnen Wandstärken und der Verrippung sowie unter Verwendung des richtigen Werkstoffs ein ausreichend stabiles Produkt entstehen. Zudem gibt der passende Werkstoff der Produktoberfläche die wichtige ästhetische Anmutung.

Gesunde Karriere in der Medizintechnik

Zukunftsmarkt klingt immer ein wenig nach Wunschdenken. Doch was die Medizintechnik anbetrifft, stützen Daten die Hoffnung – und für Absolventen rollen viele Unternehmen den roten Teppich zur Karriereleiter aus. Von Petrina Engelke

Die Medizintechnik lockt mit spannenden Aufgabenfeldern für Ingenieure: Sie erfinden Prothesen, mit denen beinamputierte Menschen Marathon laufen können, oder überwachen und warten Geräte auf Intensivstationen. Sie bauen Roboter, die hochsensible Operationen vornehmen, oder machen das Personal im Dialysezentrum mit der neuesten Technik vertraut. „Mit einem Gesamtumsatz von 21,4 Milliarden Euro und 92.000 Mitarbeitern zählt die Branche zu einem der Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft“, sagt Daniela Waterböhr von Spectaris, dem Deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V. Ein Akzent liege auf der Entwicklung neuer Technologien. „Damit ist die Branche auf Ideenreichtum und helle Köpfe angewiesen.“

Innovationsbranche Medizintechnik

Der Studie „MedTech 2020“ des Verbands der Elektrotechnik zufolge führt die Medizintechnik in Deutschland bei den Patentanmeldungen. Die Medizintechnik-Industrie investiert doppelt so viel in Forschung und Entwicklung wie der Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes: nämlich neun Prozent ihres Umsatzes. Quelle: www.vde.com
Im Juni 2012 veröffentlichte die Personal- und Unternehmensberatung Kienbaum eine Studie zu aktuellen Personalthemen in der Gesundheitswirtschaft. Der für den Medizintechnikteil verantwortliche Kienbaum- Berater Alexander Mischner stellt fest: „Wir beobachten in der jüngeren Vergangenheit quer durch alle Bereiche der Medizintechnik einen stetig ansteigenden Bedarf an qualifizierten Fach- und Führungskräften. Vor allem in kundennahen Abteilungen wie Vertrieb und Marketing suchen viele Unternehmen mit verstärkter Kraft nach geeigneten neuen Mitarbeitern.“ Und worauf kommt es besonders an? „Medizinisches Wissen ist für eine Karriere in der Medizintechnik keine Voraussetzung, aber ein grundlegendes Verständnis für medizinische Abläufe ist sicher wünschenswert“, sagt Waterböhr. Schließlich arbeiten Ingenieure in diesem Berufsfeld oft mit Ärzten zusammen. Mit technischen Spezialkenntnissen kann man in der Forschung und Entwicklung punkten, im Vertrieb wiederum zählt anderes, erklärt Mischner: „Da kommt es eher auf überfachliche Qualifikationen an, zum Beispiel die Fähigkeit, einen komplizierten technischen Sachverhalt allgemeinverständlich darzustellen.“ Nach dem Einstieg in die Medizintechnik winken leistungsbezogene Vergütung, flexible Arbeitszeitmodelle und spezielle Karriereprogramme: Viele Unternehmen bemühen sich, jungen Absolventen mannigfaltige Anreize zu bieten. Der Fachkräftemangel spielt auch hier in die Hände der Bewerber. Auf die leichte Schulter sollte man das Gespräch mit dem zukünftigen Chef dennoch nicht nehmen. Mischner warnt: „Eine offen zur Schau getragene gleichgültige Haltung kommt auch in Zeiten des Ingenieurmangels nicht gut an.“

Schnittstelle

In Deutschland ist der Ingenieurberuf stark mit Forschung und Entwicklung verknüpft. Doch Absolventen der Ingenieurwissenschaften stehen weitere attraktive Berufsfelder offen, zum Beispiel die Strategische Unternehmensberatung. Von Katja Monschau.

Um für unsere Klienten die bestmöglichen Lösungen zu entwickeln, setzen wir unsere Projektteams interdisziplinär zusammen. Wir glauben, dass nur durch Vielfalt kreative und innovative Lösungen entstehen. Deshalb legen wir Wert darauf, Kollegen mit unterschiedlichen Sichtweisen und Know-how einzustellen. Mittlerweile haben mehr als 40 Prozent unserer Berater einen Ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Hintergrund. Viele der Ingenieure arbeiten in Teams, die beispielsweise Kunden aus der Automobilindustrie oder der Telekommunikation beraten, und bilden so die Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik. Gerade bei diesen Kunden ist technisches Wissen gefragt und für den Erfolg des gesamten Beratungsprojektes ausschlaggebend. Technologiegetriebene Projekte – unabhängig ob für Kunden der „old“, „new“ oder „green economy“ – verlangen umfassende technische Kenntnisse. Zunehmende Globalisierung und immer schneller wachsende Märkt erfordern darüber hinaus die Fähigkeit, vernetzt zu denken und zu kommunizieren. Ingenieure bringen ein ausgeprägtes technisches Verständnis mit, und haben gelernt, sich in komplexe Sachverhalte schnell einzuarbeiten. Diese Fähigkeit ist gerade für den Beratungsalltag sehr wertvoll. Berater müssen über technisches Wissen verfügen, um dieses Know-how auf die Bedürfnisse des Kunden übertragen zu können. Ingenieure bringen ihr Wissen über die Produktbeschaffenheit und die entsprechenden Produktionsprozesse in Beratungsprojekte ein. Auch analytische Fähigkeiten sind ein wesentlicher Punkt, denn schließlich müssen Berater in der Lage sein, ein Problem schnell zu analysieren, Stärken und Schwächen eines Unternehmens einzuschätzen und dem Klienten Lösungen anzubieten. Dabei spielen die sogenannten Soft Skills wie Kreativität, Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit eine wesentliche Rolle. Denn um optimale Lösungen zu finden, hilft nicht selten die Fähigkeit des Beraters, über den eigenen fachlichen Tellerrand zu schauen. Wichtig ist aber auch, dass der Berater in der Lage ist, sowohl mit dem Kunden als auch mit den eigenen Teamkollegen zu kommunizieren. Nur so kann er die Unternehmensprobleme ansprechen, optimale Strategien erarbeiten und sie kommunikativ transportieren. Und dann sind auch noch die Auslandserfahrungen wichtig: Da viele unserer Kunden auch im Ausland Standorte und Produktionsstätten haben, ist ein Studienaufenthalt oder ein Praktikum im Ausland nicht nur persönlich bereichernd, sondern trägt auch zum Gelingen des Projektes bei.