Medizin, die schmeckt – Buch-, Link- und Veranstaltungstipps

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„Medizin ohne Ärzte“

cover Medizin ohne ÄrzteDer Frage, ob künstliche Medizin die menschliche Heilkunst ersetzen kann, geht Christian Maté in seinem neuen Buch nach. Er beleuchtet dabei große Themen: die Zukunft der Medizin, den Einsatz von Artificial Intelligence und Big Data in Diagnostik und Therapie. Was über Jahrhunderte als ärztliche Kunst bezeichnet wurde, können Maschinen zum Teil schon jetzt besser: Krankheiten diagnostizieren, individuelle Behandlungen auswählen oder operative Eingriffe durchführen. Sind Ärzte aus Fleisch und Blut schon bald überflüssig? Was hat der Patient der Zukunft zu erwarten? Christian Maté, selbst Mediziner, entwickelt spannende Thesen für die digitale Zukunft. Christian Maté: Medizin ohne Ärzte. Residenz Verlag 2020. ISBN 978-3-701-73502-0. 22 Euro

„Die Netzwerkbibel“

Kontakteknüpfen mittels Networking ist im Zuge der Digitalisierung einerseits einfacher, andererseits auch komplexer geworden: Es gibt ein Überangebot an digitalen Plattformen, immer mehr Events und immer mehr Entscheider und Multiplikatoren, die wichtig erscheinen. Gleichzeitig hat Networking an Bedeutung gewonnen: Ein tragfähiges Netzwerk und die richtigen Kontakte helfen, sich als Experte zu positionieren und beruflich erfolgreich zu sein – das gilt für Führungskräfte ebenso wie für Berufseinsteiger. Tijen Onaran zeigt, wie Networking heute wirklich funktioniert. In ihrem ersten Buch gibt die Autorin eigene Erfahrungen weiter, reflektiert ihre Erlebnisse, erzählt Anekdoten aus ihrer Zeit in der Politik und Wirtschaft und leitet daraus konkrete Handlungsempfehlungen ab. Tijen Onaran: Die Netzwerkbibel. Springer 2019. ISBN 978-3-658-23735-6. 19,99 Euro

Digitale Wisenschaftskommunikation

Die Wissenswerkstatt ist ein Blog zu Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation und weiteren zeitgenössischen Sachverhalten mit Texten über Naturwissenschaften, Medizin, Soziologie, Philosophie und anderes.

„Ist das gesund oder kann das weg?“

cover Ist das gesund oder kann das wegDie erfahrene Apothekerin Christine Gitter nimmt die bunte Welt der Nahrungsergänzungsmittel unter die Lupe. Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Superfood – die Hersteller versprechen mehr Gesundheit, Energie und Konzentration. Über Risiken und Nebenwirkungen wird gerne geschwiegen. Informativ und erfrischend unterhaltsam schafft Christine Gitter Abhilfe und beantwortet Fragen wie diese: Was genau bewirken Vitamine und Mineralstoffe im Körper? Sind die versprochenen Wirkungen eigentlich bewiesen? Und können wir getrost auf das eine oder andere Präparat verzichten? Christine Gitter: Ist das gesund oder kann das weg? Droemer HC 2020. 978-3-426-27808-6. 18 Euro

Podcast für Studium und Weiterbildung

In lockerer Folge interviewt in diesem Podcast Dr. Horst Gross, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin, interessante Menschen und Experten zu Themen, die für Medizinstudierende und Ärzte relevant sind.

Studienbuch zur Ethik in der Medizin

Cover Ethik in der MedizinDas bewährte Grundlagenwerk für das Wahlpflichtfach „Ethik in der Medizin“ inzwischen in fünfter Auflage wurde gründlich überarbeitet und aktualisiert. Vollständig neu hinzugekommen sind die Kapitel „Ethik und Alter(n) in der Medizin“ sowie „Digitalisierung“. Ethik in der Medizin. 5. Aufl. Reclam 2020. ISBN 978-3-15-019337-2. 16,80 Euro

Bewerben mit der Micro-Learning-Methode

Cover Bewerbung to goDer Ratgeber „Bewerbung to go“ ist für alle, die keine Zeit haben, sich stundenlang mit einem Bewerbungsanschreiben zu beschäftigen, und die keine Lust haben, zu googeln, wie viele Leerzeilen zwischen Anschrift und Anrede stehen sollen. Denn für das perfekte Anschreiben reichen schon 15 Minuten, zeigt Sandra Gehde in ihrem neuen Buch. Sandra Gehde: Bewerbung to go. Entspannt und zeitgemäß zum neuen Job. Erfolgreich bewerben mit der Micro- Learning-Methode. metropolitan 2019. ISBN 978-3-96186-030-2. 14,95 Euro

Digitales Infomationsangebot zum Corona-Virus

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beantwortet auf der Webseite infektionsschutz.de aktuell und fachlich gesichert Fragen zum Corona-Virus. Auf der Seite finden sich mehrsprachig wichtige Hygiene- und Verhaltensregeln und -empfehlungen zur Vorbeugung von Infektionen. Alle Infos sind tagesaktuell.

„Die beste Depression der Welt“

Cover Die beste Depression der WeltDer Roman „Die beste Depression der Welt“ bricht Tabus und handelt von einer Frau, die nach einem missglückten Suizidversuch mit ihrem Blog berühmt wird und nun einen Ratgeber zum Umgang mit Depressionen schreiben soll. Die Protagonistin Vera probiert alles aus, was gegen Depressionen helfen soll – und scheitert, scheitert, scheitert. Um sich wirklich besser zu fühlen, muss sie sich ihren eigenen Problemen stellen. Ein lehrreiches und gleichzeitig unterhaltsames Buch! Helene Bockhorst: Die beste Depression der Welt. Ullstein 2020. ISBN: 978-3-55020-076-2. 20 Euro

Kuratiert: Neuigkeiten aus der Gesundheitsbranche

Lebensretter werden Klimaretter

Unternehmen und Einrichtungen der gesamten Gesundheitsbranche können sich gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Klimaschutz engagieren: Mit dem seit 2017 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderten Projekt „Klimaretter – Lebensretter“ der Stiftung „viamedica“ werden die Beschäftigten des Gesundheitswesens zu Klimarettern. Die Teilnehmer erhalten kostenlos ein komplett ausgearbeitetes Maßnahmenpaket für ein firmeninternes Klimaschutzprojekt sowie wertvolle Tipps, wie man mehr Klimaschutz am Arbeitsplatz erreicht. Bis Sommer 2020 wurden schon 615.337 kg CO2 vermieden von 4.508 Teilnehmer*innen aus 88 Unternehmen im medizinischen Bereich.

Hausärzte mit Schlüsselstellung

Wie die „Ärztezeitung“ schreibt sind die niedergelassenen Hausärzte wichtige Personen bei Diagnose und Therapie von psychosomatischen Erkrankungen, an denen in Deutschland jedes Jahr 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung erkranken. In einem von der „Ärztezeitung“ zitieren Gutachten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gaben deutlich mehr als die Hälfte der Befragten an, sich mit Depressionen (56,7 Prozent) oder Schmerzen ohne körperliche Erkrankung (69,4 Prozent) zunächst an den Hausarzt zu wenden. Damit steht der Hausarzt als Vertrauensperson an erster Stelle.

Roboter in der Pflege – Chancen und Risiken

Der deutsche Ethikrat hat im Frühjahr 2020 eine Stellungnahme zum Einsatz von Robotern in der Pflege veröffentlicht. Er gelangt zu dem Urteil, dass sie einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen und der Arbeitsqualität im Pflegebereich leisten können. Dies setzt jedoch voraus, dass der Einsatz von Robotertechnik zwischenmenschliche Beziehungen nicht ersetzt. Die Erforschung und Entwicklung robotischer Anwendungen sowohl für die häusliche Pflege als auch für Pflegeeinrichtungen wird seit einigen Jahren mit erheblichen öffentlichen Mitteln gefördert. Zur Begründung wird von politischer Seite auf die drängenden infrastrukturellen, personellen und finanziellen Probleme verwiesen, die sich angesichts des Fachkräftemangels in der Pflege bei gleichzeitig wachsender Zahl pflege- und assistenzbedürftiger Menschen stellen. Der Deutsche Ethikrat erkennt zwar den möglichen Nutzen der Robotik für den gesamten Pflegebereich an, sieht diesen jedoch weniger in der Beseitigung von Personalengpässen oder Pflegenotstand als vielmehr in ihrem Potenzial zur Förderung guter Pflege.

Hilfe auf der Straße

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Das ArztMobil Hamburg ist ein Team aus Ärzten, Krankenschwestern und -pflegern sowie anderen engagierten Menschen, die auf der Straße notwendige medizinische Hilfe leisten. Sie alle handeln aus Überzeugung und ausschließlich ehrenamtlich. Die Fragen an die Geschäftsführerin Julia Herrmann stellte Christiane Martin.

Frau Herrmann, Was waren die Beweggründe für die Gründung von „ArztMobil Hamburg“?
Ende des Jahres 2016 haben wir festgestellt, dass eine eklatante medizinische Versorgungslücke für Menschen besteht, die auf der Straße leben. Wir wollten und wollen diese Lücke schließen. Deswegen haben wir uns zunächst mit nur beschränkter medizinischer Ausrüstung zu Fuß aufgemacht, um buchstäblich Nothilfe vor Ort zu leisten: Behandelt wurde auf der Straße, in Hauseingängen, auf Autohauben.

Heute sind Sie per Auto unterwegs …
Ja, zunächst hatten wir ein Maskenmobil, das zum Schminken von Schauspielern genutzt und von uns entsprechend medizinisch ausgestattet wurde, zur Verfügung. Und jetzt nutzen wir seit August 2019 zusätzlich ein vom Hamburger Spendenparlament, einem Verein, der für soziale Aktivitäten Spenden sammelt, finanziertes Fahrzeug.

Wir behandeln jeden, der Hilfe benötigt, kostenfrei, respektvoll und immer auf Augenhöhe.

Wo sind die Fahrzeuge im Einsatz?
Wir fahren gezielt Standorte an, die den Hilfesuchenden inzwischen bekannt und die hoch frequentiert sind. Beendet ist die Sprechstunde erst dann, wenn auch der letzte Patient versorgt ist.

Und wer genau sind die Menschen, die Sie behandeln?
Bei der medizinischen Versorgung geht es um Menschen, die auf der Straße leben; aber das Klientel ist bunt gemischt: Unter anderem suchen auch von Altersarmut Betroffene, Flüchtlinge und Drogenabhängige unsere Hilfe. Es sind genau diese Menschen, die häufig von der üblichen Regelversorgung abgeschnitten sind; sie haben kaum Chancen auf eine adäquate medizinische Versorgung – ob aufgrund fehlender Krankenversicherung oder der Scham, Arztpraxen aufzusuchen. In den meisten Fällen handelt es sich um chronisch oder akut kranke Menschen, denen ohne medizinische Versorgung schwerwiegende gesundheitliche Folgen drohen können. Das Team vom ArztMobil Hamburg setzt genau hier an: Wir behandeln jeden, der Hilfe benötigt, kostenfrei, respektvoll und immer auf Augenhöhe – ohne Nachweis von Krankenversicherung und Personalien und unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Lebensweise. Wir handeln dabei ganz nach unserem Leitmotiv: Wer die Not sieht, muss handeln!

Das letzte Wort hat: Tobias Schlegl, Autor, Moderator, Reporter und Notfallsanitäter

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Tobias Schlegl ist Autor, Moderator, Reporter – und Notfallsanitäter. Der Wunsch, etwas gesellschaftlich Relevanteres zu machen, hatte ihn 2016 dazu veranlasst, sich weitgehend aus dem Fernsehgeschäft zurückzuziehen und die Ausbildung zum Notfallsanitäter zu beginnen. Nach drei Jahren Lehre bestand er die Prüfung – und nun rettet Tobias Schlegl Leben.

Rettungswagen statt Fernseh-Studio – was genau hat sie zum Umstieg bewogen?
Ich habe als Reporter oft über Menschen berichtet, die etwas „Großes“ leisten. Dabei habe ich mich immer öfter gefragt, was ich eigentlich leiste und ob das wirklich einen entscheidenden gesellschaftlichen Wert hat. Deshalb die Notfallrettung. Hier kann man ganz konkret helfen. Und das damals neu geschaffene Berufsbild „Notfallsanitäter“ mit seiner dreijährigen Ausbildung plus Staatsexamen war da sehr reizvoll.

Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Ja. Ich konnte helfen. Ich konnte Leben retten. Jedenfalls dazu beitragen. Gleichzeitig sind die Arbeitsbedingungen mit ihren Überstunden und der mäßigen Bezahlung alles andere als extrem motivierend. Darunter leiden viele Kollegen im Rettungsdienst.

Was war bisher Ihr eindrücklichstes Erlebnis als Notfallsanitäter?
Dass sich jemand, den ich auf der Straße reanimiert habe, persönlich bei mir bedankt hat. Allein dafür hat sich alles gelohnt.

Tobias Schlegl, Foto: Thomas Leidig
Tobias Schlegl, Foto: Thomas Leidig

Seit einigen Monaten sieht man Sie auch wieder ab und an im Fernsehen. Hat Ihnen die Kamera gefehlt oder warum sind Sie wieder eingestiegen?
Ich arbeite auch noch als Notfallsanitäter. Der Rettungsdienst ist aber leider kein Bereich, in dem man wirklich alt werden kann. Außerdem habe ich meinen alten Job tatsächlich vermisst. Das wusste ich aber erst, als er nicht mehr da war. Jetzt strebe ich eine Fifty-fifty-Mischung aus Rettungsdienst und Moderatorendasein an.

Was würden Sie angehenden jungen Ärztinnen und Ärzten gern beim Berufseinstieg mit auf den Weg geben?
Auf jeden Fall würde ich ihnen empfehlen, Erfahrungen in der Notfallrettung zu sammeln. Wir haben den Erstkontakt zu den Patienten. Wir sehen das wahre Leben. Wir haben für die Versorgung keine Klinikbedingungen: gutes Licht, Verstärkung, den Oberarzt auf Zuruf in der Nähe.

Sie haben ein Buch geschrieben? Es heißt „Schockraum“. Worum geht es?
Es ist ein Roman. Die fiktive Geschichte des Notfallsanitäters Kim, der durch einen Einsatz schwer traumatisiert ist und dessen Leben vor seinen Augen zerbricht. Es geht um Freundschaft, Tod und den Umgang mit Ängsten. Eine emotionale Achterbahnfahrt, die im Schockraum beginnt und im Schockraum endet. Eine eindringliche Geschichte und gleichzeitig ein Weckruf, die psychischen Belastungen des Rettungsdienstes ernst zu nehmen.

Lesetipp

Tobias Schlegl: Schockraum Piper 2020 ISBN 978-3-492-07019-5 22 Euro

karriereführer ingenieure 2.2020 – Wasserstoff marsch! Für den Green Deal

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Cover karriereführer ingeniuere 2-2020

Wasserstoff marsch! Für den Green Deal

Politik und Industrie sind sich einig: Grüner Wasserstoff ist der Schlüssel für eine klimaneutrale Energieversorgung. Damit das Element die Hoffnungen erfüllen kann, liegt noch Arbeit an: Effiziente Elektrolyse-Verfahren, zuverlässige Transporte und genügend Strom aus erneuerbaren Energien sind die Voraussetzungen dafür, dass Wasserstoff zum entscheidenden Faktor für den „Green Deal“ wird.

Wasserstoff marsch! Für den Green Deal

Politik und Industrie sind sich einig: Grüner Wasserstoff ist der Schlüssel für eine klimaneutrale Energieversorgung. Damit das Element die Hoffnungen erfüllen kann, liegt noch Arbeit an: Effiziente Elektrolyse-Verfahren, zuverlässige Transporte und genügend Strom aus erneuerbaren Energien sind die Voraussetzungen dafür, dass Wasserstoff zum entscheidenden Faktor für den „Green Deal“ wird. von André Boße

Wer große Schiffe in Bewegung, Passagierflugzeuge in die Luft oder industrielle Anlagen in Betrieb bringen möchte, benötigt dafür viel Energie. Noch immer hält sich hartnäckig die Vorstellung, ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe könne das technisch und wirtschaftlich nicht funktionieren. Jedoch hat in den vergangenen Monaten eine Technologie für Aufmerksamkeit gesorgt, die der Energiewende neue Impulse geben kann – eben weil sie das Potenzial besitzt, den großen Energiehunger der Industrie zu stillen: Grün produzierter Wasserstoff wird zum Hoffnungsträger einer Energieversorgung, die selbst Anlagen der Stahl- oder Chemie-Industrie antreibt – und dabei doch klimaneutral bleibt.

Wasserstoff als Treiber für den Green Deal

Im Juni 2020, mitten in der Corona-Pandemie, überraschte die Bundesregierung mit der Vorstellung einer „Nationalen Wasserstoffstrategie“, inklusive Einberufung eines „Nationalen Wasserstoffrats“. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Die Politik hofft, der Ökonomie mit Hilfe der neuen Energietechnik einen „doppelten Schub“ zu geben, wie Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagt: erstens in Richtung Klimaschutz, zweitens in Richtung Aufschwung nach der Corona- Krise. „Grüner Wasserstoff bietet uns die Chance, Klimaschutz in den Bereichen voranzubringen, wo wir bisher noch keine Lösungen hatten, zum Beispiel in der Stahlindustrie oder im Flugverkehr“, sagte Svenja Schulze. Das funktioniere, weil die Strategie vor allem auf die Förderung von „grünem Wasserstoff“ ausgerichtet ist, der zu „100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen wird“.

Neue Energiepartnerschaften

In einer „Wasserstoff-Roadmap für Deutschland“ zeichnen verschiedene Fraunhofer-Institute das Bild einer „globalen Energiewende“: Künftige Energie-Exporteure werden Länder und Regionen sein, in denen viel erneuerbare Energie gewonnen werden kann und selbst vergleichsweise wenig Energie benötigt wird. „Viele Regionen in der Welt bereiten sich auf diese Form des Handels nachhaltig erzeugter Energieträger und Basis-Chemikalien vor, was für Deutschland neue Energiepartnerschaften jenseits der bisherigen fossilen Energiepartnerschaften ermöglicht“, heißt es in der Fraunhofer-Roadmap. Zur Realisierung solcher Handelsrouten werde den internationalen Häfen und deren angrenzenden Industrieregionen eine große Bedeutung zukommen, da hier häufig nicht nur Raffinerien angesiedelt seien, sondern auch über die Logistikrouten eine Verteil-Infrastruktur der Wasserstoffprodukte gegeben sei. Direkt transportiert werden kann Wasserstoff in flüssiger Form sowie in chemisch gebundener Form wie Ammoniak, Methanol oder auch LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carriers).

Auf die Initiative der deutschen Bundesregierung folgte einen Monat später eine Wasserstoffstrategie der EU: Für die Kommission ist die Wasserstofftechnologie ein entscheidendes Standbein, um den europäischen „Green Deal“ zu verwirklichen, der auf dem Kontinent fortan die Bereiche Technik, Ökonomie und Ökologie prägen soll. „Wasserstoff wird in der EU bisher nur begrenzt eingesetzt und weitgehend aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Ziel der Strategie ist es, die Wasserstofferzeugung zu dekarbonisieren“, heißt es in einem „Fragen und Antworten“-Dokument der EU-Kommission.

Was kann Wasserstoff als Energieträger leisten – und was nicht? Sein großer Vorteil: Er ist das chemische Element, das auf der Erde und auch im ganzen Universum am häufigsten vorkommt. Das Problem: Wir begegnen dem Element fast immer in gebundener Form, also als Wasser, H2O. Mit dem Verfahren der Wasserelektrolyse kann das Wasser mit Hilfe von Elektroden gespalten, also der Sauerstoff vom Wasserstoff getrennt werden. Doch dieser Schritt benötigt viel Energie, und ein „grüner“ Energieträger ist Wasserstoff nur dann, wenn der Strom, der für das Verfahren benötigt wird, zu einhundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Ist das realistisch?

Elektrolyse effizienter machen

Am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) arbeitet eine Arbeitsgruppe daran, den Vorgang der Aufspaltung von Wasser effizienter zu machen. Ansatzpunkt ist dabei das Material, das für die Elektroden benutzt wird: Gesucht werden Stoffe, die wie Katalysatoren wirken und den Vorgang besser unterstützen als es die Edelmetalle tun, die bislang häufig eingesetzt werden. Die Forschenden vermischen dafür verschiedene Materialien und analysieren ihre Wirkung auf die Elektrolyse. Auf diese Art entsteht eine „Wanderkarte der Katalyse“, die Dr. Marcel Risch aus der Nachwuchsgruppe Oxygen Evolution Mechanism Engineering entwickelt hat. „Die Idee dazu kam mir bei einer Wanderung durch den Harz“, berichtet er. „So wie es die unterschiedlichsten Wanderrouten gibt, existieren auch verschiedenste Wege der Elektrolyse mit verschiedenen Katalysatoren, die sich oft an Zwischenstufen kreuzen. Wie auch beim Wandern kosten manche davon mehr Energie, manche weniger. Sie alle in einer Karte zu verzeichnen, könnte letztlich die Suche nach dem effizientesten Weg beschleunigen.“

Die Kosten für Elektrolyseure haben sich in den letzten zehn Jahren bereits um 60 Prozent verringert und werden sich bis 2030 im Vergleich zu heute voraussichtlich halbieren.

Wird die Herstellung von Wasserstoff effizienter, steigt die Chance, die für die Energiewende benötigten Mengen des Energieträgers mit Hilfe von klimaneutralem Strom herzustellen. Aber rechnet sich das auch wirtschaftlich? Noch nicht. Im Hinblick auf die Kosten sei erneuerbarer Wasserstoff gegenüber fossilem Wasserstoff aktuell nicht wettbewerbsfähig, heißt es im Papier der EU-Kommission: „Die Kosten für fossilen Wasserstoff, die in hohem Maße von den Erdgaspreisen abhängen, werden unter Außerachtlassung der CO2-Kosten für die EU derzeit auf etwa 1,50 Euro pro Kilogramm geschätzt, die geschätzten Kosten für erneuerbaren Wasserstoff auf 2,50 bis 5,50 Euro pro Kilogramm.“ Ernüchternd? Nicht, wenn man in die Zukunft blickt.

Energie aus Afrika

Die Strategieberatung Arthur D. Little veröffentlicht die neue Analyse „The efficiency of hydrogen rethought“ zur Energieeffizienz von grünem Wasserstoff im Vergleich zur direkten Stromnutzung durch zum Beispiel Batteriefahrzeuge: vom Solarpanel bis zum Antrieb im Fahrzeug. Das Ergebnis: Wasserstoff, häufig mit dem Makel mangelhafter Energieeffizienz versehen, hat das Potenzial, Nachteile bei der Umwandlung in großen Teilen zu egalisieren, sofern grüner Wasserstoff aus Regionen mit hohem Solareintrag – etwa in Afrika – importiert wird.

Positiv stimmt die EU ein Blick auf die Preisentwicklung: Die Kosten für „grünen Wasserstoff“ sinken bereits rasch. „Die Kosten für Elektrolyseure haben sich in den letzten zehn Jahren bereits um 60 Prozent verringert und werden sich bis 2030 im Vergleich zu heute voraussichtlich halbieren.“ Die Prognose der EU: „In Gebieten, in denen Strom aus erneuerbaren Energiequellen billig ist, werden Elektrolyseure im Jahr 2030 voraussichtlich mit fossilem Wasserstoff konkurrieren können.“ Das Handelsblatt zitiert aus einer Studie der Energieexperten der New Yorker Investmentbank Morgan Stanley, nach der der Preis für erneuerbaren Strom an „besonders günstigen Orten“ bereits ab 2023 so niedrig sein wird, dass grüner Wasserstoff aus Windstrom zu Wasserstoff aus Erdgas konkurrenzfähig sein werde, wenn zeitgleich die Elektrolyse-Technik effizienter werde und die „grüne Wasserstoffwirtschaft politische Unterstützung erhält“, zitiert das Handelsblatt aus der Energiemarkt-Analyse.

Real-Labor an der Nordseeküste

Während das US-Investmentunternehmen Morgan Stanley bei diesen „besonders günstig gelegenen Orten“ das weitläufige Texas im Blick hat, findet sich in Deutschland eine solche Gegend in der Nordsee. „Westküste 100“ nennt sich eine branchenübergreifende Partnerschaft aus Unternehmen, die vor der Küste von Schleswig-Holstein aus Offshore- Windenergie mit Hilfe einer innovativen Elektrolyse- Anlage Öko-Wasserstoff produzieren will. Dabei versteht sich das Projekt als „Real-Labor“, in dem die Erzeugung, aber auch die Verteilung der Wasserstoffenergie entwickelt und ausprobiert werden sollen. Für die Wasserstoffproduktion wird dabei nur überschüssiger Strom genutzt, heißt es in der Projektvorstellung. Der gewonnene Wasserstoff soll in einem unterirdischen Speichersystem gelagert und über Pipelines den ans Netz angeschlossenen Industrieunternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Wasserstoff wird günstiger

Die Kosten von Wasserstoff-Anwendungen werden in den nächsten zehn Jahren um bis zur Hälfte sinken. Dadurch würde Wasserstoff mit anderen kohlenstoffarmen Alternativen konkurrenzfähig werden. Dies ist das Ergebnis der Studie „Path to hydrogen competitiveness“ des Hydrogen Council und der Unternehmensberatung McKinsey. Hydrogen Council ist eine globale Vereinigung aus 60 führenden Energie-, Transport- und Industriekonzernen, darunter Airbus, Audi, BMW, Daimler, Bosch, Thyssenkrupp und zahlreichen Wasserstoffkonzernen. Besonders im Schwerlastbereich, in der Rohstoffwirtschaft und in industriellen Wärmeprozessen, die zusammen 15 Prozent des globalen Industrieverbrauchs ausmachen, sehen Experten großes Potenzial für die Brennstoffzelle.

Noch weitergedacht: Weil bei der Aufspaltung des Wassers zusätzlich auch Sauerstoff entsteht, kann dieser in ein Zementwerk eingespeist werden, um dort die Stickstoff-Emissionen zu senken. Zementwerke stehen generell in der Kritik, weil der CO2-Ausstoß ihrer Produktion beträchtlich ist, und auch hier soll das Projekt Positives bewirken: Bringt man nämlich das CO2 als Rohstoff mit dem grünen Wasserstoff zusammen, kann daraus in einer Raffinerie Methanol oder synthetischer Kraftstoff für den Flugsektor hergestellt werden, der eine bessere Treibhausgas-Bilanz besitzt als herkömmliches Kerosin. Am „Real-Labor“-Projekt beteiligt ist auch der Industriekonzern Thyssenkrupp, bei dem grüner Wasserstoff auch in anderen Unternehmensbereichen ein Thema ist.

„Insbesondere den energie- und ressourcenintensiven Industriezweigen wie der Kraftstoff-, Chemie- oder Stahlproduktion eröffnet erst grüner Wasserstoff den Weg zur Klimaneutralität“, sagt Christoph Noeres, Leiter des Bereichs Energy Storage & Hydrogen. Mit Blick auf die Stahlproduktion entstehen dabei neue Kooperationen: Im Juni kündigte Thyssenkrupp eine „Wasserstoffpartnerschaft“ mit dem Energieversorger RWE an: Eine Elektrolyse- Anlage in Lingen soll mit Hilfe von Ökostrom pro Stunde 1,7 Tonnen gasförmigen Wasserstoff erzeugen, der rechnerisch dafür genutzt werden kann, im Duisburger Hochofen rund 50.000 Tonnen „klimaneutralen Stahl“ herzustellen, wie die Verantwortlichen von Thyssenkrupp in einer Pressemitteilung hochrechnen. 2022 soll es soweit sein. Über Wohl und Wehe der Kooperation entscheidet auch die Frage, wie der Wasserstoff zuverlässig und kostengünstig vom Emsland ins Ruhrgebiet kommt. Geplant ist dabei, dass der Wasserstoff über Pipelines transportiert wird, für die ähnliche Regeln gelten wie für den Transport von Erdgas. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass an dieser Schnittstelle zwischen Technik, Infrastruktur und Regelwerk neue Jobs entstehen werden. Die klare Aufgabe: dabei helfen, den „Green Deal“ möglich zu machen.

Globale Energieverträge

Wenn grüner Wasserstoff also tatsächlich zum Alleskönner der Energiewende wird und wenn er darüber hinaus auch noch in Brennstoffzellen die nachhaltige Mobilität vorantreibt oder in Gebäuden als Öko-Alternative für Heizsysteme genutzt wird: Wo sollen die dafür benötigen Mengen herkommen? Klar ist: Deutschlands Offshore-Windparks sind begrenzt – und damit auch diejenigen Orte, die regelmäßig Energieüberschüsse bereithalten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sieht die Sache realistisch: Deutschland wird auf Exporte aus dem Ausland angewiesen sein, denn der Energiebedarf der Bundesrepublik ist höher als die Energiemenge, die Deutschland selbst produzieren kann. Die Bundesregierung setzt daher auf „strategische Partnerschaften mit West- und Südafrika, wo genügend Flächen und Potenzial für Solar- und Windenergie zur Verfügung stehen, um nicht nur den Energiebedarf vor Ort decken, sondern Energie in Form von Grünem Wasserstoff auch exportieren zu können.“

Für die Politik und die deutschen Unternehmen geht es nun darum zu prüfen, wie dieser Export organisiert werden kann – und zwar nicht nur zuverlässig, sondern auch zu Bedingungen, die nicht neue Formen von Ausbeutung zur Folge haben, sondern die auf fairen Partnerschaften basieren. Schließlich darf es auf keinen Fall dazu kommen, dass die Länder der Nordhalbkugel von grünem Wasserstoff aus afrikanischen Ländern profitieren, dessen Produktion aber den Menschen in den Herkunftsländern selbst Schaden zufügt. Hier kommt es auch für Ingenieure darauf an, globale Energieverträge mitzuentwickeln, die den Wasserstoff der Zukunft nicht nur grün denken – sondern auch fair.

Foto: AdobeStock/Picture P.Foto: AdobeStock/Picture P.

Kleine Farbenlehre

Das Energie-Infoportal Solarify definiert die Unterscheidung der verschiedenfarbigen Wasserstoffarten wie folgt:

Grüner Wasserstoff
Bei der Elektrolyse kommt ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz, die Produktion des Wasserstoffs erfolgt damit CO2-frei.

Grauer Wasserstoff
Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen. In der Regel wird bei der Herstellung Erdgas unter Hitze in Wasserstoff und CO2 umgewandelt. Bei der Produktion einer Tonne Wasserstoff entstehen rund zehn Tonnen CO2.

Blauer Wasserstoff
Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, dessen CO2 bei der Entstehung jedoch abgeschieden und gespeichert wird, sodass es nicht in die Atmosphäre gelangt.

Türkiser Wasserstoff
Wasserstoff, der über die thermische Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt wurde. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Voraussetzung für die CO2-Neutralität ist daher die dauerhafte Bindung des Kohlenstoffs.

Klimaaktivistin Luisa Neubauer im Interview

Gar nicht einfach, Luisa Neubauer für ein Interview zu erwischen. Regelmäßig ist sie in den großen Talkshows zu Gast, zusammen mit Greta Thunberg besucht sie Angela Merkel, im Sommersemester schloss sie ihr Bachelorstudium in Geographie ab. Zudem ist ihr Job, als bekanntestes Gesicht die deutsche „Fridays for Future“-Bewegung voranzubringen, in Pandemie-Zeiten nicht einfacher geworden. Kurz vor Redaktionsschluss hat es aber geklappt: Wir reden mit der 24 Jahre alten Klimaaktivistin über die Rolle von Unternehmen im Kampf gegen die Klimakrise – und über das, was Nachwuchskräfte bei der Jobwahl bedenken sollten, wenn sie ihr Engagement ernst nehmen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Luisa Neubauer, geboren 1996 in Hamburg, wurde stark von ihrer Großmutter geprägt, die eine bedeutende Aktivistin der Anti- Atomkraft-Bewegung in den 1980er-Jahren war. Sie war es auch, die ihre Enkelin früh für die gewaltige Klimakrise sensibilisierte. Nach ersten Engagements in der Kirche arbeitete Luisa Neubauer nach dem Abitur für ein Entwicklungshilfeprojekt in Tansania, in England war sie auf einem Bio- Bauernhof tätig. Ab 2015 studierte sie in Göttingen Geographie, im Sommersemester 2020 schloss sie das Studium mit einem Bachelor ab. Nach einigen Posten bei NGOs lernte Luisa Neubauer auf dem Weltklimagipfel 2018 Greta Thunberg kennen. Seit 2019 ist sie nicht nur eine der führenden Aktivistinnen von Fridays for Future in Deutschland, sondern auch die bekannteste. Insbesondere mit ihren unerschrockenen Talkshow-Auftritten machte die 24-Jährige auf sich aufmerksam.

Der Sommer 2020 war nicht ganz so heiß und trocken wie in den vergangenen Jahren. Stattdessen überschattet die Pandemie fast alles. Und schon werden die Stimmen derjenigen lauter, die sagen: „Erderwärmung, war da was?“ Was tun Sie, damit solche Aussagen Sie nicht demotivieren?
Die Klimakrise wird Tag für Tag gefährlicher, Millionen Menschen bekommen sie bereits heute zu spüren. Menschen, die eine Wetterlage in Deutschland mit der geophysikalischen Extremsituation des Planeten verwechseln, demotivieren mich natürlich nicht. Eher frage ich mich, wie anstrengend es sein muss, so vehement die Augen vor den Bränden, Fluten, Gletscherschmelzen und Klimaleiden zu verschließen. Die Klimakrise ist da, und sie passiert jetzt.

Durch die Pandemie erlebt Deutschland ein Jahr, in dem der Staat eine ganz andere Rolle spielt, als in den Jahren zuvor: Er prägt, bestimmt Regeln, setzt Rechte für ein höheres Ziel außer Kraft. Ist das für den Kampf gegen den Klimawandel ein gutes Zeichen, weil sich zeigt, was möglich ist, wenn der politische Wille da ist?
Das stimmt zum einen, ja. Was Sie beschreiben, zeigt aber eben auch, dass die Klimakrise von vielen Verantwortlichen in diesem Sinne überhaupt noch nie „ernst“ genommen wurde – oder auch nur ernst genommen werden wollte.

Auch wissenschaftliche Erkenntnisse und technische Innovationen prägen dieses Jahr. Wie wichtig ist es für Ihre Bewegung, sich mit neuen Entwicklungen aus diesen Bereichen auseinanderzusetzen?
Wir sprechen regelmäßig mit Wissenschaftler* innen. Viele Menschen aus diesem Bereich treten mit ihren Ideen und Visionen an uns heran. Dabei sehe ich spannenderweise auch, wie viele Menschen sich ein wenig auf uns als Bewegung ausruhen.

Wie meinen Sie das konkret?
Diese Leute erklären uns enthusiastisch, mit wem wir noch alles sprechen, was wir unbedingt angehen und umsetzen sollen. Das ist jedoch ein Missverständnis, denn: Die Klimakrise verlangt von uns als Gesellschaft, dass wir uns alle – und ich betone: wirklich alle! – selbstkritisch befragen, was wir denn eigentlich beitragen und was wir darüber hinaus beitragen könnten. Fridays for Future übernimmt einen Teil der Arbeit, das reicht aber bei Weitem nicht, um das Problem zu lösen. Da sind alle anderen auch gefragt.

Was glauben Sie, welche Rollen werden Ingenieure beim Kampf gegen die Erderwärmung spielen?
Ich mag diese Frage. Denn es ist merkwürdig, dass in Talkshows und auf Podien zum Klima vor allem Aktivst*innen und Klimaforscher*innen befragt werden – dabei sind, wie erwähnt, ja alle gefragt. Die Architekt*innen, die Manager* innen, die Lehrer*innen und natürlich auch die Ingenieur*innen dieses Landes. Wie alle Menschen sind sie gefragt, an Lösungen zu arbeiten.

Wir brauchen dringend junge Menschen, die sich bei ihrer Berufswahl die Frage stellen, auf welcher Seite der Geschichte sie stehen möchten.

Die Pandemie zeigt: Bevor es eine „technisch-medizinische Lösung“ gibt, also einem Impfstoff, ist der Mensch auf sich allein gestellt, Gesellschaften müssen beweisen, ob sie über ihr Verhalten Probleme lösen können. Gibt Ihnen das, was Sie aktuell beobachten, für den Kampf gegen den Klimawandel Hoffnung?
Nun, wir sehen, dass eine beispiellose Zahl an Menschen bereit ist, für das Klima auf die Straßen zu gehen, sich in Gemeinschaften, Gewerkschaften und Betrieben zu organisieren. Ich glaube, dass immer mehr Menschen verstehen, dass die Zivilgesellschaft gefragt ist, um Druck auf Entscheidungsträger*innen in allen Institutionen aufzubauen – und sie bringen sich ein. Das gibt mir Hoffnung.

Die Industrie ist ein Bereich, in dem es in Sachen Klimaschutz noch viel zu tun gibt. Die Unternehmen, die hier tätig sind, werden für Uni-Absolventen die Arbeitgeber von morgen sein. Was würden Sie jungen Menschen raten: Wie kann es gelingen, Karriere und Klimabewusstsein zusammen zu denken?
Macht die Klimastrategie der Unternehmen zum Kriterium bei Bewerbungen und in Bewerbungsgesprächen! Das hat unfassbar große Effekte, das sehen wir jetzt schon. Wir brauchen für die Lösung der Klimakrise dringend junge Menschen, die sich – soweit sie eine Wahl haben – bei ihrer Berufswahl die Frage stellen, auf welcher Seite der Geschichte sie stehen möchten. Das klingt drastisch, aber so drastisch ist die Situation. Ich denke, man kann schon unterscheiden zwischen Jobs in Unternehmen, die für eine gerechte Zukunft für alle auf einem intakten Planeten einstehen – oder die eben dagegen arbeiten.

Fridays for Future

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Mit diesem Satz macht die globale Bewegung Fridays for Future die Weltgesellschaft darauf aufmerksam, dass die Zeit des Abwartens vorbei sein muss. Daher versteht sich die Gruppierung weniger als Sammelbecken für Aktivisten, sondern als Motor, der durch seine Aktionen möglichst viele Menschen für den Klimaschutz gewinnen will – wohlwissend, dass es zum Erfolg der Initiative eigentlich keine Alternative mehr gibt. Gegründet wurde die Bewegung von der Schwedin Greta Thunberg als Resultat eines Schulstreiks. „In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir intensiv mit zahlreichen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen zusammengearbeitet, um konkrete Forderungen an die Politik aufzustellen“, heißt es in der aktuellen Zielerklärung. „Diesen Folge zu leisten, ist notwendig, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten und die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.“

Erkennen Sie an Ihren Gesprächen mit den Führungspersönlichkeiten der großen Unternehmen, dass dort tatsächlich ein Umdenken einsetzt? Oder beurteilen Sie das, was dort geschieht, eher als „Green wa shing“?
Ein Umdenken sehe ich bisher höchstens punktuell. Man hat in vielen Unternehmen erkannt, dass man mit grünen Logos und Slogans über Nachhaltigkeit – man könnte es auch „Futurewashing“ nennen – Menschen für sich gewinnen kann. Ich kenne aber leider nicht mehr als eine Handvoll Unternehmen, bei denen ich jenseits von Feel-Good- Marketing oder Scheinlösungen tatsächlich ein ernsthaftes Bemühen erkenne. Gleichzeitig wird das politische Gewicht von Unternehmen krass unterbewertet.

Inwiefern?
Viele Unternehmen signalisieren die Bejahung von Klimazielen, CO2-Preisen und Gesetzen – nur kommt diese Bereitschaft nicht bei der Politik an. Da sind auch Unternehmen und Personen in Führungspositionen gefragt, deutlicher Farbe zu bekennen.

Angenommen, Sie wären Mitglied eines Teams, das eine Strategie ausarbeitet, welche Rolle große Konzerne in der Zukunft haben, zum Wohle der Gesellschaft und des Gemeinsinns. Welche Aspekte würden Sie in diese Runde einbringen, wofür steht in Ihren Augen das „Unternehmen der Zukunft“?
Nun ja, am Ende des Tages stellt sich die Frage, wie wir auf diesem Planeten mit unseren begrenzten Ressourcen haushalten. Und wie Ökonomien tatsächlich auf das Wohlergehen der vielen ausgerichtet werden können. 71 Prozent der Emissionen von CO2 werden von den 100 größten Unternehmen der Welt emittiert – und zwar, weil man sie emittieren lässt. Weil es keine Gesetze und keine Regeln gibt, die das verhindern. Das muss sich ändern, wenn ich an die „Unternehmen der Zukunft“ denke.

Welche technische Entwicklung ist für Sie ein echter Hoffnungsträger im Kampf gegen die Erderwärmung?
Erneuerbare Energien, ganz klar.

Und bei welcher technischen Entwicklung würden Sie eher sagen: „Finger weg!“?
Bei derjenigen, die uns die Illusion gibt, sie würde auf magische Art unsere Probleme lösen. So ein vermeintliches technisches Wundermittel würde nämlich vom Wesentlichen ablenken.

Buchtipp: „Vom Ende der Klimakrise“

Zusammen mit dem Aktivisten und Wissenschaftsautoren Alexander Repenning veröffentliche Luisa Neubauer Ende 2019 das Buch „Vom Ende der Klimakrise: Eine Geschichte unserer Zukunft“. Wer etwas über die Relevanz der Publikation erfahren will, sollte die Amazon-Bewertungen anschauen: Es hagelt Ein-Sterne- Bewertungen von Menschen, die sich von den kritischen Ausführungen und der direkten Sprache der Autoren offensichtlich auf den Schlips getreten fühlen. Dabei ist das Buch keineswegs pessimistisch, sondern zeigt Wege aus dem Dilemma auf. Die Voraussetzung dafür: Sehr viele müssen dabei mitmachen. Gerade auch die Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die nicht nur an den Hebeln der Wirtschaft sitzen, sondern auch genügend Einfluss haben, eine neue Klimapolitik einzuleiten.
Luisa Neubauer, Alexander Repenning: Vom Ende der Klimakrise. Eine Geschichte unserer Zukunft. Tropen Verlag 2019. 18 Euro

Künstliche Intelligenz verändert das Antlitz der Digitalisierung

Wer heute als Hochschulabsolvent ins Berufsleben startet, wird dort vermutlich früher oder später auf das Thema Künstliche Intelligenz, kurz KI, stoßen. Aber wie weit ist die Entwicklung im Bereich KI schon fortgeschritten? Von Nabil Alsabah, Bereichsleiter Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom

Google-Chef Sundar Pichai hat Anfang 2020 beim Weltwirtschaftsforum in Davos erklärt, dass KI tiefgreifendere gesellschaftliche Veränderungen auslösen wird als Feuer oder Elektrizität. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Zeitungsinterview der KI eine disruptivere Rolle zugeschrieben als der Dampfmaschine im 19. Jahrhundert. Diese Erkenntnis ist auch in der Wirtschaft inzwischen weit verbreitet. Der Digitalverband Bitkom hat im Juni 2020 die Ergebnisse einer Unternehmensumfrage veröffentlicht. Demnach halten Unternehmer und Manager künstliche Intelligenz für herausragend wichtig. Drei Viertel der Unternehmen mit 20 oder mehr Mitarbeitern sehen KI sogar als die wichtigste Zukunftstechnologie. Gründe genug, sich mit KI etwas intensiver zu beschäftigen.

Angehende Ingenieure wissen, dass der Begriff „Künstliche Intelligenz“ eine Familie von Algorithmen umschreibt, mit denen Informatiker, Techniker und Ingenieure bestimmte kognitive Aufgaben wie Bild- und Spracherkennung, Schachspielen oder die Erstellung von Prognosen automatisieren können. Aber es gibt technische Grenzen. Diese haben sich über die Jahrzehnte oft verschoben. Als 1956 eine Gruppe brillanter interdisziplinärer Wissenschaftler künstliche Intelligenz ins Leben gerufen hat, war KI nur ein Traum. In den ersten fünf Jahrzehnten ihrer Existenz arbeitete sich die KI an Fragen der Bild- und Spracherkennung, autonomem Fahren und Robotik, Schach und Logik ab. Die Erfolge waren meistens Laborerfolge ohne nennenswerten wirtschaftlichen Nutzen.

In den 1970er- und 80er-Jahren gab es wiederholte Versuche, einsatzbereite KI-Produkte zu entwickeln: für die medizinische Diagnose, die Kaufberatung oder eine vorausschauende Wartung. Dabei haben KI-Entwickler die jeweiligen Experten befragt und Verhaltensregeln aufgeschrieben, um diese anschließend einzuprogrammieren. Ein Programm für die Diagnose und Behandlung von Infektionen wurde beispielsweise mit circa 500 Regeln eingespeist. Im Alltag haben sich diese sogenannten Expertensysteme selten bewährt. Deren Erfolge bestanden vielmehr darin, die Grundlagenforschung und die Entwicklung von KI-Algorithmen voranzubringen. In den ersten 50 Jahren seit ihrer Gründung hat die KI Zyklen von hoffnungsfrohen Frühlingen und enttäuschenden Wintern durchgemacht. Doch an der Spitze der digitalen Revolution stand sie nie. Das begann sich jedoch vor 15 Jahren zu ändern.

KI-Algorithmen findet man heutzutage in vielen digitalen Produkten. Oft arbeiten sie im Hintergrund und tragen zur Effizienzsteigerung bei.

Ein bislang verhöhnter Teilbereich der KI leitete seinen Eroberungsfeldzug ein, zunächst in die Forschungslabore und anschließend in die Großraumbüros der Entwickler. Das sogenannte maschinelle Lernen wurde in den 1950er-Jahren mit der Prämisse konzipiert, gewünschtes Verhalten nicht über Regeln einzuprogrammieren, sondern über Beispiele zu vermitteln. Doch der Mangel an Trainingsdaten und an Rechenressourcen hat dieses Konzept zum Scheitern gebracht. Die heutige Triade von Massendaten, Rechenleistung und Algorithmen haben eine Reihe von Anwendungen massenmarkttauglich gemacht: von Bilderkennung und Sprachverarbeitung über Empfehlungssysteme in Videoportalen und E-Commerce-Plattformen bis zu vorausschauender Wartung von Großanlagen. KI-Algorithmen findet man heutzutage in vielen digitalen Produkten. Oft arbeiten sie im Hintergrund und tragen zur Effizienzsteigerung bei.

Der KI-Erfolg geht weit über Produkte für Endanwender hinaus. In den letzten Jahren ist eine agile KI-Wirtschaft entstanden, die den Markt für Unternehmenskunden bedient. Ein Unternehmen bietet zum Beispiel KI-Module für die automatische Textgenerierung an. Mithilfe dieser Module lassen Banken, Nachrichtenportale und Werbeagenturen nach Vorlagen Texte formulieren. Ein anderes Unternehmen macht die Produktivitätsverluste von Anlagen mit Hilfe von KI-Technologien messbar. Es optimiert die Anlagenproduktivität durch Vollauslastung von Maschinen. Ein Start-up betreibt mit KI ein Scouting von Zulieferern für die Automobilbranche. Bei all diesen Beispielen liefern die Dienstleister mithilfe von KI hochwertige maßgeschneiderte Lösungen an den Kunden.

Ein Programm, das mit Beispieldaten trainiert wird, kann zur Erkennung von Betrugsfällen etwa in der Versicherungsindustrie eingesetzt werden.

Der Erfolg des maschinellen Lernens hat eine weitere, oft übersehene Komponente: Die Machine-Learning-Community stellt quelloffene und kostenlose Programmiergerüste, sogenannte Frameworks, zur Verfügung. Mit diesen können Entwickler ohne tiefes Vorwissen einfach und unkompliziert KI in ihre Apps einbauen. Ein Programm, das mit Beispieldaten trainiert wird, kann zur Erkennung von Betrugsfällen etwa in der Versicherungsindustrie eingesetzt werden. Frameworks wie TensorFlow, PyTorch und Create ML nehmen den Entwicklern einen wichtigen Teil der Arbeit ab. Diese Frameworks bieten auch Nicht-Informatikern, etwa Ingenieuren, die Chance, mit vergleichsweise geringem Aufwand selbst KI-Anwendungen zu entwickeln.

Der renommierte KI-Pionier Kai-Fu Lee argumentiert, dass wir im Zeitalter der KI-Implementierung leben. KI-Forschung ist weniger wichtig als KI-Einsatz. Wir haben bereits zuverlässige Algorithmen der Bilderkennung, Sprachverarbeitung und Datenanalyse. Nun gilt es, industrielle Use Cases zu konzipieren und umzusetzen. Die oben zitierte Bitkom-Studie zeigt nicht nur, dass die Wirtschaft KI für außerordentlich wichtig hält, sondern auch, dass sie sich schwer damit tut, KI praktisch zu nutzen. Gerade einmal sechs Prozent der Unternehmen setzen KI selbst ein. Nur rund jedes fünfte Unternehmen plant die KI-Nutzung oder diskutiert zumindest darüber. Politik und Wirtschaft ergreifen konkrete Maßnahmen, um dies zu ändern. Innovative Unternehmen stellen branchenspezifische Anwendungsfälle als Blaupausen zur Verfügung. Start-ups zeigen mit ihrem KI-Vorsprung etablierten Unternehmen, wie sie KI erfolg- und ertragreich nutzen können. Und die internationale Forschungsgemeinschaft verschiebt die Grenzen des Machbaren jeden Tag aufs Neue.

Der KI-Campus

Im Oktober 2019 wurde der Startschuss für den Aufbau einer digitalen Lernplattform zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) gegeben. Dabei handelt es sich um ein auf drei Jahre angelegtes und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Pilotprojekt. Motivation und Ziel des Projekts „KI-Campus – die Lernplattform für Künstliche Intelligenz” ist es, eine breite Befähigung im Umgang mit KI zu vermitteln, um für die Herausforderungen den damit verbundenen technischen und gesellschaftlichen Veränderungen gewappnet zu sein. Der KI-Campus soll diesem Bedarf durch die Entwicklung einer offenen Lernplattform begegnen, auf der sich die Nutzer untereinander sowie mit Professoren und anderen Fachexperten vernetzen und sich mit hochwertigen, digitalisierten Lernangeboten weiterbilden können.

„Lernt, gesamtheitlich zu denken“

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Prof. Dr. Fritz Indra aus Österreich hat beim Thema E-Auto seine ganz eigene Meinung. Lange Jahre war er Motoren- und Fahrzeugentwickler bei BMW Alpina, Audi, Opel und GM. Zudem unterrichtete er an der Universität Wien Ingenieure. Im karriereführer ingenieure begründet er, warum seiner Ansicht nach Elektroautos nicht die Lösung für den Verkehr der Zukunft sind. Die Fragen stellte Sabine Olschner

Sie kritisieren die Entwicklung im Bereich der Elektromobilität. Was sind Ihre konkreten Kritikpunkte?
Was mich am meisten stört: Die Politik in Mitteleuropa fördert den Verkauf von Elektroautos – also von Autos, die eigentlich keiner kaufen dürfte, wenn er sich das Fahrzeug einmal genauer anschauen würde. Meiner Ansicht nach werden Elektroautos von der Politik völlig falsch eingeschätzt.

Inwiefern?
Die Politik interessiert es nur, wie sauber ein Auto im Betrieb ist. Mit seinem guten Wirkungsgrad schaut der Elektromotor hier natürlich gut aus. Dabei wird aber übersehen, das Elektroauto ganzheitlich zu beurteilen. Wenn man den gesamten Lebenszyklus betrachtet, leistet das Elektroauto keinerlei Beitrag zum globalen Klimaschutz. Hier vor Ort mag das Klima durch das Elektroauto besser werden, aber an anderen Stellen auf der Welt verschlechtert sich das Klima. Das gilt vor allem für die Lithium-Ionen-Batterie: Ihre Herstellung benötigt wahnsinnig viel Energie. Die Produktion erfolgt vornehmlich in China, dort werden alle paar Wochen neue Kohlekraftwerke eröffnet, um den steigenden Energiebedarf der Industrie zu decken. Auch der Betrieb des Elektroautos bei uns vor Ort benötigt zusätzlichen Strom – aber wir haben keinen überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien. Deshalb werden auch wir weiterhin Kohlekraftwerke brauchen, um den Strom für die Ladung der E-Autos zu produzieren. Damit ist auch im Betrieb ein Elektroauto umweltschädlicher als ein Auto mit Verbrennungsmotor.

Wir werden junge Ingenieure brauchen, die das Ganze noch besser machen.

Wie steht es um die Lebenszeit eines Elektroautos?
Für den Austausch der Batterie gibt es bislang noch keine befriedigende Lösung. Damit stirbt das Auto zusammen mit der Laufzeit der Batterie. Im Schnitt nach acht Jahren lässt die Laufzeit stark nach, somit wird das Auto unbrauchbar und lässt sich nicht mehr verkaufen. Das Lithium und das Kobalt in der Batterie lassen sich kaum extrahieren. Man forscht zwar an Möglichkeiten, aber diese sind sehr teuer, weswegen sich das Recycling der Batterie finanziell nicht lohnt. Damit landet das gesamte Auto nach acht Jahren auf dem Schrottplatz. Herkömmliche Autos fahren 20, 30 Jahre oder sogar länger.

Der Verbrennungsmotor ist ja nun aber auch nicht gerade umweltfreundlich. Was wäre also Ihre Lösung?
Wenn wir nach China schauen, liegt dort meiner Ansicht nach eine Lösung: Die Chinesen arbeiten derzeit an neuen Verbrennungsmotoren, die einen besseren Wirkungsgrad haben. Diese Motoren verbrauchen synthetische Kraftstoffe, die bei der Herstellung CO2 aufnehmen. Dadurch wird der Betrieb eines Autos klimaneutral. Das ist in Summe ein viel besseres Paket als ein Elektroauto. Denn zum einen macht ein Auto mit synthetischen Kraftstoffen den Verkehr sauberer. Zum anderen ist es kundengerecht, weil es eine genauso gute Reichweite hat wie herkömmliche Verbrenner und genauso schnell zu betanken ist. Aus Sicht des Kunden gibt es also überhaupt keinen Grund, warum er sich ein Elektroauto kaufen soll, das zudem teurer ist als bisherige Autos.

Wie schaut es mit der Brennstoffzelle als Lösung aus?
Hier liegt das Problem bei der Betankung: Der Wasserstoff, der der Brennstoffzelle Strom liefert, braucht zum einen viel Platz zur Lagerung und muss zum anderen auf etwa 1000 bar verdichtet werden. Dazu benötigt man an der Tankstelle dreistufige Kolbenkompressoren. Zudem muss der Wasserstoff bei der Verdichtung immer wieder zwischengekühlt werden. Bevor er in den Tank geleitet wird, muss er am Ende auf minus 40 Grad heruntergekühlt werden. Dieser Prozess ist lange, teuer und aufwendig, sodass er an Tankstellen kaum umzusetzen ist.

Was raten Sie denn nun jungen Ingenieuren, die in die Automobilbranche einsteigen möchten?
Ich habe meinen Studierenden an der Universität Wien immer gesagt: Lernt, gesamtheitlich zu denken! Glaubt nicht an alles, was die Politiker auf diesem Gebiet erzählen, schließlich seid ihr die Ingenieure. Ihr müsst an den Problemen, die auf uns zukommen, sinnvoll weiterarbeiten. Dabei muss es ja nicht immer ein radikaler Schnitt sein. Wenn man sich etwa die Autos mit Verbrennungsmotor anschaut, so sind sie im Laufe der Jahre immer sparsamer und sauberer geworden. Auch das ist schon ein großer Fortschritt. Wir werden junge Ingenieure brauchen, die das Ganze noch besser machen, indem sie zum Beispiel neue Verbrennungsmotoren entwickeln, wie es in China bereits geschieht. Ich bin der Meinung, dass ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor das Einzige ist, womit Otto Normalverbraucher zufrieden bleibt und das er sich auch in Zukunft leisten kann. Und für die Umwelt ist es so auch besser.

Zukunft von Robotaxis und -Shuttles

Laut der aktuellen Studie „Urbane Mobilität und autonomes Fahren im Jahr 2035“ der Unternehmensberatung Deloitte verändern selbstfahrende Taxis und Shuttles die Art und Weise, wie wir uns in den Städten von morgen fortbewegen werden. Robotaxis und autonome Fahrdienste haben zwar ein großes Marktpotenzial. Aber die Erwartungen, dass sie zu weniger Staus und besser fließendem Verkehr auf unseren Straßen führen, werden sich nicht erfüllen, so ein Studienergebnis. Die Anzahl der täglich mit dem Auto zurückgelegten Kilometer wird pro Person in deutschen Städten um rund ein Viertel ansteigen, weil auch Personen, die keinen Führerschein besitzen und bisher andere Verkehrsmittel genutzt haben oder zu Fuß gegangen sind, autonome Fahrzeuge nutzen werden. Außerdem wird es zu Leerfahrten der Fahrzeuge kommen, um zum nächsten Kunden zu gelangen. Wenn die Nutzung von Robotaxis und Roboshuttles nicht reguliert wird, wären durchschnittlich 30 Prozent mehr Autos gleichzeitig in den Städten unterwegs als heute, schätzt die Studie.

„Ich will Teil der Energiewende sein“

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Christoph Babbe arbeitet in der Windbranche. Der Elektroingenieur berichtet über seine Aufgaben bei eno energy systems: die Netzplanung und -berechnung für Windparks.

Auf dem Weg zu meiner Schule in Schleswig-Holstein an der Nordseeküste fuhr ich täglich an Windenergieanlagen vorbei. Schon früh war ich von der Technik begeistert. Aufgrund der Vielzahl an Windenergieanlagen in dieser Region nahm mein Interesse an dieser Technologie schnell zu. Nach dem Abitur war für mich daher klar, dass meine berufliche Laufbahn im regenerativen Bereich starten sollte: Ich wollte ein Teil der Energiewende werden.

Um in Zukunft beruflich dennoch flexibel zu bleiben, wählte ich das Elektrotechnikstudium an der Universität Rostock. Beim Berufspraktikum im Bachelorstudiengang lernte ich bei eno energy systems die Projektierung von Windparks und die Produktion von Windenergieanlagen kennen. Meine Hauptaufgabe war, einen Umrichter-Teststand simulativ abzubilden. Zusätzlich erhielt ich durch meine Kollegen Einblicke in die Bereiche der Netzanbindung von neuen Windparks, die elektrische Zertifizierung sowie die Fehlersuche an Windenergieanlagen. Während des Masterstudiums arbeitete ich bei eno energy systems als Werkstudent an der Entwicklung einer neuen Baugruppe für die Ansteuerung des Generators mit. Durch die praktischen Erfahrungen während des Studiums wuchs mein Interesse an den regenerativen Energien. Daher entschied ich mich, in den folgenden Semestern die passenden Module aus den Bereichen Leistungselektronik und Energietechnik zu belegen.

Nach meinem Abschluss als Master of Science im Bereich Elektrotechnik fing ich 2017 bei eno energy systems im Bereich der Netzplanung und -berechnung an. Meine Schwerpunkte: Ich plane das Mittelspannungsnetz der neu entstehenden Windparks bis zur Verbindung mit dem Verteilnetz des zuständigen Netzbetreibers und berechne die Einhaltung der Netzanschlussbedingungen durch die eingesetzten Windenergieanlagen. Ich begleite die Projekte vom Netzanschluss bis zur Inbetriebnahme der Übergabestation beziehungsweise des Umspannwerks.

Im Zuge des Netzanschlusses eines neuen Windparks muss dieser elektrisch zertifiziert werden. Vor der Errichtung ist es notwendig, ein Zertifikat erstellen zu lassen, bei dem geprüft wird, ob der geplante Windpark allen Anforderungen nach den technischen Richtlinien entspricht. Wenn der geplante Windpark, wie in dem Zertifikat angegeben ist, errichtet wurde, muss eine Konformitätserklärung erstellt werden, in der die Übereinstimmung des errichteten Windparks mit dem geplanten Windpark geprüft wird. Diese Betreuung der Zertifizierung gehört zu meinen Aufgaben. Die Trafostation vor jeder unserer Windenergieanlagen stellt die Verbindung vom Mittelspannungsnetz des Windparks mit der Windenergieanlage dar. Die Spezifikation, die technische Betreuung der Bestellung und auch die Abnahme der Trafostationen im Windpark liegen mittlerweile in meinem Verantwortungsbereich.

Das bisher interessanteste und zeitgleich das Projekt, das mich am stärksten forderte, war die elektrische Zertifizierung der Windenergieanlage eno126 – 3.5 / 4.0 MW mit einem Rotordurchmesser von 126 Metern. Im ersten Schritt war messtechnisch zu zeigen, dass die neue Windenergieanlage, die zunächst als Prototyp errichtet wird, sich den geltenden Richtlinien entsprechend verhält. Wir mussten nachweisen, dass die Windenergieanlage sich bei ändernder Frequenz, Spannung oder geändertem Sollwert innerhalb der zeitlichen und betragsmäßigen Grenzen an die Gegebenheiten anpasst und dass im Betrieb, beim Starten und Abschalten die Oberwellen innerhalb der Grenzwerte bleiben.

Gerade für die Änderung der Spannung auf der Mittelspannungsebene ist ein erheblicher technischer Aufwand zu betreiben: Es werden große schaltbare Spulen und Kondensatoren in das System eingebaut, um die Spannung annähernd sprungartig zu ändern. Hierfür mussten wir ein unterstützendes Messinstitut finden, das die Technik für die Messungen bereitstellen konnte und im Anschluss die Messungen mit uns durchführte. Der zweite Schritt der Zertifizierung: das vermessene Verhalten durch Simulationen mit einem Modell der Windenergieanlage nachzubilden. Hierfür diente ein älteres Modell einer anderen Windenergieanlage als Grundlage, das ich an die neue Windenergieanlage und die neuen Richtlinien angepasst habe. Dieses Projekt dauerte insgesamt zwei Jahre. Wir haben es vor Kurzem erfolgreich abgeschlossen, sodass nun weitere Windenergieanlagen des Typs eno126 mit 3,5 beziehungsweise 4,0 MW Leistung ohne Prototypenstatus an die Netze in Deutschland angeschlossen werden können.

Da die Entwicklung unaufhörlich voranschreitet, steht zeitnah bereits die nächste Generation von Windenergieanlagen, in Form der eno152 und eno160, im Feld und muss zertifiziert werden. Das Wissen aus meinem Studium war für meine berufliche Laufbahn eine gute Grundlage. Trotzdem musste ich mich in alle Bereiche einarbeiten und mir umfangreich neues Wissen aneignen. Aber gerade dieses ständige Lernen und die Vielfältigkeit der neuen Aufgaben, die gerade ein mittelständiges Unternehmen mit sich bringt, machen für mich den Reiz an meinem Job aus. Es begeistert mich jeden Tag aufs Neue, ein Teil der Energiewende geworden zu sein und mit meiner Leidenschaft meinen Lebensunterhalt verdienen zu können.

Linktipps zur Windenergie

Bundesverband der Offshore-Windparkbetreiber
Das Branchenportal rund um die Windenergie
Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien
Branchennetzwerk für die Windenergie

Zirkuläre Wertschöpfung: Aus Alt mach Neu

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Die zirkuläre Wertschöpfung ist ein wirtschaftliches System, in dem Produkte nach ihrer Nutzungsphase wieder in ihre Komponenten zerlegt werden, die als Ausgangsstoffe für neue Produkte dienen. Es ersetzt das Konzept des „End of Life“ bestehender linearer Wertschöpfungsketten durch Wertschöpfungskreisläufe, die so weit wie möglich geschlossen werden. Von Dr.-Ing. Hans-Jürgen Schäfer, Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Materials Engineering.

Das Konzept der zirkulären Wertschöpfung ist nicht neu. Einige Vordenker und Unternehmen haben bereits Ende der 1970er-Jahre praktische Anwendungen gezeigt. Zirkuläre Wertschöpfung bedeutet, Materialien aller Art durch sorgfältiges Design, Management und technologische Innovation auf ihren höchsten Nutzen und Wert zu bringen. Das übergeordnete Ziel ist, Materialien und Produkte durch wirtschaftlich und ökologisch effiziente Stoff-, Energie-, Arbeits- und Informationsflüsse im Kreislauf zu führen. Zirkuläre Wertschöpfung vermeidet oder verwertet Abfälle, integriert Stoffstrommanagement und Energiesystem auf nachhaltige Weise und minimiert Klima- und Umweltbelastungen ganzheitlich. Der Übergang von der linearen zur zirkulären Wirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigen, CO2-armen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Durch die Einführung einer zirkulären Wertschöpfung wird das Wirtschaftswachstum schrittweise vom Verbrauch endlicher Ressourcen entkoppelt.

Insbesondere in Deutschland kann die Anhebung der Ressourceneffektivität zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Denn für die deutsche Industrie sind Ressourceneffizienz, klimaneutrale Energieversorgung und Klimaschutz wichtige Exportmärkte, die große Wachstumschancen beinhalten. Schaffen wir es, in Deutschland ein Wirtschaftsmodell zu errichten, das auf zirkulären Stoffkreisläufen, erneuerbaren Energien und klimaangepasstem Bauen basiert, bestehen sehr gute Chancen, diese Modelle in andere Länder zu exportieren. Insbesondere für Schwellenländer werden hier große Potenziale ausgerechnet. Für rohstoffarme Länder wie Deutschland lassen sich zudem die Kosten des Rohstoffverbrauchs durch zirkuläre Wertschöpfung deutlich senken und Wachstumseffekte erzielen.

Bei Kunststoffabfällen zum Beispiel wird in Deutschland der größere Anteil durch Verbrennung entsorgt. Erst an zweiter Stelle folgt das Recycling des Kunststoffabfalls. Der verhältnismäßig geringe Anteil des Kunststoffrecyclings bedeutet nicht nur einen Verlust des Wertstoffs Kunststoff, sondern durch die Verbrennung auch eine Belastung des Klimas mit CO2 und im Falle des unkontrollierten Ausbringens in vielen anderen Ländern außerhalb Deutschlands eine große Belastung für die Umwelt. Die Belastung der Weltmeere mit Plastik ist inzwischen jedem bekannt.

Es ist eine Aufgabe von Ingenieuren verschiedener Ingenieurdisziplinen, den Wert von Materialien durch die Schaffung einer zirkulären Wertschöpfung zu erhalten.

Im EU-Durchschnitt werden nur rund 30 Prozent der Kunststoffabfälle für das Recycling gesammelt, in China sind es 25 Prozent, in den USA 9 Prozent. Sammlung bedeutet jedoch nicht, dass es auch recycelt wird. Die Notwendigkeit des Recyclings wird vielerorts gar nicht gesehen, teilweise stehen keine geeigneten Recycling-Technologien zur Verfügung. Deutschland steht im weltweiten Vergleich verhältnismäßig gut da und kann mit derzeitigen und weiterentwickelten Technologien eine Vorreiterrolle übernehmen. Recycling-Technologien bieten Exportchancen für deutsche Unternehmen. Diese Chancen sollten wir ergreifen.

Es ist eine Aufgabe von Ingenieuren verschiedener Ingenieurdisziplinen, den Wert von Materialien durch die Schaffung einer zirkulären Wertschöpfung zu erhalten. Um die Stoffkreisläufe schließen und Werkstoffe – also Wertstoffe – möglichst oft wiederverwenden zu können, benötigen wir insbesondere ein Umdenken in der Produktentwicklung. Produkte müssen so konzipiert werden, dass sie sowohl den Anforderungen des Gebrauchs wie auch der Zerlegung in ihre Komponenten und der Separierung in kreislaufgerechte Stofffraktionen gerecht werden. Am Ende der Produktnutzungsphase soll ein Produkt so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig verändert werden müssen, um es wieder dem Stoffkreislauf zuführen zu können? Ein Hauptschlüssel zur Etablierung der zirkulären Wertschöpfung ist also ein Umdenken bei der Konstruktion von Produkten. Hier gibt es grundlegende Designprinzipien, die eine Zerlegung der Produkte nach ihrer Nutzungsphase ermöglichen und vereinfachen. Ein Produkt, das weitgehend werkstofflich recyclingfähig ist, soll

  • werkstofflich wiederverwertbare Komponenten enthalten,
  • aus langlebigen Werkstoffen bestehen,
  • lösbare Verbindungselemente aufweisen,
  • eine leichte Demontage sowie Austauschbarkeit seiner Bestandteile erlauben,
  • aus möglichst wenigen unterschiedlichen Werkstoffen bestehen.

Werden diese Prinzipien nicht eingehalten, werden sortenreine Trennung und Recycling oft erheblich erschwert oder nicht möglich sein. Zudem müssen geeignete Infrastrukturen geschaffen werden, um die Stoffe zu sammeln und sortenrein getrennt den produzierenden Unternehmen wieder als Rohstoff zur Verfügung stellen zu können. Das betrifft Logistikdienstleister, aber auch Anlagenbauer, die eine sortenreine Trennung der Stoffkomponenten gewährleisten können.

Ist die werkstoffliche Verwendung von Produkt-Rezyklaten nicht effizient, soll möglichst die rohstoffliche Verwertung erfolgen. Im Fall von Kunststoffen bedeutet dies, dass die Polymerketten unter anderem durch Einwirkung von Wärme wieder zu petrochemischen Grundstoffen wie Öle und Gase gespalten werden, die dann erneut zur Herstellung hochwertiger Kunststoffprodukte eingesetzt werden können. Hier sind besondere chemische Kenntnisse erforderlich. Die zirkuläre Wertschöpfung betrifft auch andere Bereiche, wie Architektur und Bautechnik.

Aus Wertschöpfungsketten sollen Wertschöpfungsnetzwerke werden.

Die zirkuläre Wertschöpfung ist inzwischen bei fast allen großen und vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in den Unternehmensstrategien angekommen. Es gibt zahlreiche Beispiele für zirkuläres Produktdesign und neu geschaffene Wertschöpfungsnetzwerke. Das Thema gewinnt rasant an Bedeutung. Derzeit setzen sich alle Stakeholder – Industrie, Wissenschaft, Politik und Verbraucherverbände – an einen Tisch und loten gemeinsam Möglichkeiten aus. Aus Wertschöpfungsketten sollen Wertschöpfungsnetzwerke werden. Der Verein Deutscher Ingenieure gestaltet entsprechende Gesprächskreise seit 2019. Die zirkuläre Wertschöpfung ist auch bereits in politische Rahmenbedingungen eingezogen.

Schließlich muss uns aber auch bewusst sein, dass es zwar theoretisch möglich ist, fast jedes Produkt wieder sortenrein zu zerlegen. Doch ist das nicht immer sinnvoll. Wenn wir mehr Energie und materielle Ressourcen für Recyclingverfahren aufwenden und mehr CO2 und andere Schadstoffe dabei freisetzen als bei den Verbrennungsprozessen, ist das ökonomisch und ökologisch nicht mehr sinnvoll. Eine 100-prozentige Kreislaufführung werden wir daher in naher Zukunft nicht erreichen. Aber sehr deutlich erhöhte Recyclingquoten sind technisch in naher Zukunft sehr wohl möglich und werden uns wie oben erwähnt ganz nebenbei wirtschaftliche Vorteile und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.

Nachhaltiges Engagement im Green Office

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Anfang Mai gründeten Marlon Welsch, Mira Dickel und Lisa Bartkowiak, drei Studierende der Hochschule Fresenius, zusammen mit Pressesprecherin Melanie Hahn das Green Office am Kölner Campus. Das Green Office ist ein Büro für Nachhaltigkeit und eine zentrale Anlaufstelle für Ideen, Kritik und Fragen zur nachhaltigen Entwicklung des Campuslebens. Das Anliegen der Studierenden: einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Von Marlon Welsch, Mira Dickel und Lisa Bartkowiak, Hochschule Fresenius

Wie fanden wir drei zusammen? Marlon Welsch studiert International Business Management an der Hochschule Fresenius und hatte die Idee für mehr Nachhaltigkeit an der Hochschule im Rahmen einer Projektarbeit 2019. Bei seiner Recherche stieß er auf das aus Maastricht stammende Konzept des Green Office. Von diesem Konzept war er sofort begeistert und wollte es auch an unserer Hochschule einführen. Die Mitgründerin Lisa Bartkowiak erfuhr über ihre Studiengangsleiterin des Studiengangs Tourismus-, Hotel- und Eventmanagement von der Idee. Da sie sich schon vor ihrem Studium sehr für nachhaltige Themen interessiert hatte, stellte ihre Studiengangsleiterin den Kontakt zwischen Marlon und ihr her. Auch die Psychologiestudentin Mira Dickel engagierte sich zuvor für mehr Nachhaltigkeit. Ihr war aufgefallen, dass in unserer Kölner Kantine keine umweltfreundliche Alternative für Einweg- Kaffeebecher angeboten wurde. Mit diesem Anliegen wandte sie sich direkt an die Hochschulleitung, die sie auf das Engagement ihrer Kommilitonen aufmerksam gemacht hat. Zwischenzeitlich hat sich der Hochschulpräsident dafür eingesetzt, dass es nun ein Pfandbechersystem in der Kantine gibt.

Trotz der coronabedingten Umstände entwickelten wir drei ein Konzept für ein digitales Green Office, um nachhaltige Ideen und Themen umsetzen zu können. Von unserer Idee konnten wir den Hochschulpräsidenten und die Hochschulleitung schließlich überzeugen. Unser grundlegendes Ziel ist es, eine Plattform für Nachhaltigkeit zu schaffen. Das Green Office soll Studierende, Dozierende und Mitarbeitende vor Ort dazu motivieren und inspirieren, ihr Handeln zu überdenken und sich mehr dem Thema Nachhaltigkeit zuzuwenden. Wir arbeiten daran, nachhaltige Ideen gemeinsam mit den anderen Stakeholdern der Hochschule zu entwickeln und somit ein Netzwerk auf die Beine zu stellen. Momentan bauen wir unsere Social-Media-Kanäle auf, um insbesondere die Studierenden auf die Notwendigkeit von nachhaltigen Konzepten aufmerksam zu machen. Des Weiteren soll eine aktuelle Bestands aufnahme gemacht werden, um das ökologische Verbesserungspotenzial an unserer Hochschule wirkungsvoll ausschöpfen zu können. Dafür haben wir bereits Wünsche und Kritik der Studierenden gesammelt und Lösungsansätze entwickelt.

Die Green-Office-Bewegung

Ein kostenloser Onlinekurs der Green-Office-Bewegung für Studierende, die selber ein Green Office an ihrer Hochschule starten möchten.

Wir Green-Office-Mitglieder sind als studentische Hilfskräfte für je 25 Stunden im Monat am Kölner Standort der Hochschule Fresenius angestellt. Wir unterstützen die Hochschule bei der Koordinierung und Umsetzung fachund standortübergreifender Nachhaltigkeitsaktivitäten. Da wir uns in den höheren Semestern befinden und unser Studium daher bald endet, werden nun Nachfolger beziehungsweise Nachfolgerinnen für das Projekt gesucht. Dies können Studierende aller Präsenz- und Online-Studiengänge an der Hochschule sein. Umweltschutz macht nicht vor bestimmten Studiengängen halt, sondern betrifft uns alle. Es ist sogar von Vorteil, wenn möglichst viele Studiengänge im Green Office vertreten sind, damit sich die Mitglieder mit verschiedenem Vorwissen und Kenntnissen gegenseitig unterstützen und inspirieren können. Studierende, die sich für das Thema Nachhaltigkeit interessieren und einen aktiven Beitrag leisten wollen, können sich also gerne bewerben. Bei der Arbeit werden die Stärken der Mitglieder gefördert, und sie können sich in nachhaltigen Themen weiterbilden.

Das Green Office am Standort Köln befindet sich noch am Anfang und daher auch in einem stetigen Lernprozess. Wir haben jedoch schon einige Erfahrungen gesammelt und teilen diese gerne schon jetzt mit anderen Studierenden, die ebenfalls ein solches Projekt an ihrer Hochschule oder Universität umsetzen möchten. So haben wir bereits gelernt, wie wichtig konkrete Zielsetzungen und eine offene Kommunikation sind. Das Gleiche gilt für Alternativstrategien, da jederzeit Hindernisse auftauchen könnten und nicht immer alles nach Plan läuft. Hierbei sind die Erfahrungen anderer Green Offices eine große Hilfe.

Kontakt zum Green Office der Hochschule Fresenius

E-Mail: greenofficekoeln@hs-fresenius.de
Instagram: frese.green.office
Facebook: Frese Green Office
YouTuBe: FreseZoom