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StartIngenieure„Lernt, gesamtheitlich zu denken“

„Lernt, gesamtheitlich zu denken“

Prof. Dr. Fritz Indra aus Österreich hat beim Thema E-Auto seine ganz eigene Meinung. Lange Jahre war er Motoren- und Fahrzeugentwickler bei BMW Alpina, Audi, Opel und GM. Zudem unterrichtete er an der Universität Wien Ingenieure. Im karriereführer ingenieure begründet er, warum seiner Ansicht nach Elektroautos nicht die Lösung für den Verkehr der Zukunft sind. Die Fragen stellte Sabine Olschner

Sie kritisieren die Entwicklung im Bereich der Elektromobilität. Was sind Ihre konkreten Kritikpunkte?
Was mich am meisten stört: Die Politik in Mitteleuropa fördert den Verkauf von Elektroautos – also von Autos, die eigentlich keiner kaufen dürfte, wenn er sich das Fahrzeug einmal genauer anschauen würde. Meiner Ansicht nach werden Elektroautos von der Politik völlig falsch eingeschätzt.

Inwiefern?
Die Politik interessiert es nur, wie sauber ein Auto im Betrieb ist. Mit seinem guten Wirkungsgrad schaut der Elektromotor hier natürlich gut aus. Dabei wird aber übersehen, das Elektroauto ganzheitlich zu beurteilen. Wenn man den gesamten Lebenszyklus betrachtet, leistet das Elektroauto keinerlei Beitrag zum globalen Klimaschutz. Hier vor Ort mag das Klima durch das Elektroauto besser werden, aber an anderen Stellen auf der Welt verschlechtert sich das Klima. Das gilt vor allem für die Lithium-Ionen-Batterie: Ihre Herstellung benötigt wahnsinnig viel Energie. Die Produktion erfolgt vornehmlich in China, dort werden alle paar Wochen neue Kohlekraftwerke eröffnet, um den steigenden Energiebedarf der Industrie zu decken. Auch der Betrieb des Elektroautos bei uns vor Ort benötigt zusätzlichen Strom – aber wir haben keinen überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien. Deshalb werden auch wir weiterhin Kohlekraftwerke brauchen, um den Strom für die Ladung der E-Autos zu produzieren. Damit ist auch im Betrieb ein Elektroauto umweltschädlicher als ein Auto mit Verbrennungsmotor.

Wir werden junge Ingenieure brauchen, die das Ganze noch besser machen.

Wie steht es um die Lebenszeit eines Elektroautos?
Für den Austausch der Batterie gibt es bislang noch keine befriedigende Lösung. Damit stirbt das Auto zusammen mit der Laufzeit der Batterie. Im Schnitt nach acht Jahren lässt die Laufzeit stark nach, somit wird das Auto unbrauchbar und lässt sich nicht mehr verkaufen. Das Lithium und das Kobalt in der Batterie lassen sich kaum extrahieren. Man forscht zwar an Möglichkeiten, aber diese sind sehr teuer, weswegen sich das Recycling der Batterie finanziell nicht lohnt. Damit landet das gesamte Auto nach acht Jahren auf dem Schrottplatz. Herkömmliche Autos fahren 20, 30 Jahre oder sogar länger.

Der Verbrennungsmotor ist ja nun aber auch nicht gerade umweltfreundlich. Was wäre also Ihre Lösung?
Wenn wir nach China schauen, liegt dort meiner Ansicht nach eine Lösung: Die Chinesen arbeiten derzeit an neuen Verbrennungsmotoren, die einen besseren Wirkungsgrad haben. Diese Motoren verbrauchen synthetische Kraftstoffe, die bei der Herstellung CO2 aufnehmen. Dadurch wird der Betrieb eines Autos klimaneutral. Das ist in Summe ein viel besseres Paket als ein Elektroauto. Denn zum einen macht ein Auto mit synthetischen Kraftstoffen den Verkehr sauberer. Zum anderen ist es kundengerecht, weil es eine genauso gute Reichweite hat wie herkömmliche Verbrenner und genauso schnell zu betanken ist. Aus Sicht des Kunden gibt es also überhaupt keinen Grund, warum er sich ein Elektroauto kaufen soll, das zudem teurer ist als bisherige Autos.

Wie schaut es mit der Brennstoffzelle als Lösung aus?
Hier liegt das Problem bei der Betankung: Der Wasserstoff, der der Brennstoffzelle Strom liefert, braucht zum einen viel Platz zur Lagerung und muss zum anderen auf etwa 1000 bar verdichtet werden. Dazu benötigt man an der Tankstelle dreistufige Kolbenkompressoren. Zudem muss der Wasserstoff bei der Verdichtung immer wieder zwischengekühlt werden. Bevor er in den Tank geleitet wird, muss er am Ende auf minus 40 Grad heruntergekühlt werden. Dieser Prozess ist lange, teuer und aufwendig, sodass er an Tankstellen kaum umzusetzen ist.

Was raten Sie denn nun jungen Ingenieuren, die in die Automobilbranche einsteigen möchten?
Ich habe meinen Studierenden an der Universität Wien immer gesagt: Lernt, gesamtheitlich zu denken! Glaubt nicht an alles, was die Politiker auf diesem Gebiet erzählen, schließlich seid ihr die Ingenieure. Ihr müsst an den Problemen, die auf uns zukommen, sinnvoll weiterarbeiten. Dabei muss es ja nicht immer ein radikaler Schnitt sein. Wenn man sich etwa die Autos mit Verbrennungsmotor anschaut, so sind sie im Laufe der Jahre immer sparsamer und sauberer geworden. Auch das ist schon ein großer Fortschritt. Wir werden junge Ingenieure brauchen, die das Ganze noch besser machen, indem sie zum Beispiel neue Verbrennungsmotoren entwickeln, wie es in China bereits geschieht. Ich bin der Meinung, dass ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor das Einzige ist, womit Otto Normalverbraucher zufrieden bleibt und das er sich auch in Zukunft leisten kann. Und für die Umwelt ist es so auch besser.

Zukunft von Robotaxis und -Shuttles

Laut der aktuellen Studie „Urbane Mobilität und autonomes Fahren im Jahr 2035“ der Unternehmensberatung Deloitte verändern selbstfahrende Taxis und Shuttles die Art und Weise, wie wir uns in den Städten von morgen fortbewegen werden. Robotaxis und autonome Fahrdienste haben zwar ein großes Marktpotenzial. Aber die Erwartungen, dass sie zu weniger Staus und besser fließendem Verkehr auf unseren Straßen führen, werden sich nicht erfüllen, so ein Studienergebnis. Die Anzahl der täglich mit dem Auto zurückgelegten Kilometer wird pro Person in deutschen Städten um rund ein Viertel ansteigen, weil auch Personen, die keinen Führerschein besitzen und bisher andere Verkehrsmittel genutzt haben oder zu Fuß gegangen sind, autonome Fahrzeuge nutzen werden. Außerdem wird es zu Leerfahrten der Fahrzeuge kommen, um zum nächsten Kunden zu gelangen. Wenn die Nutzung von Robotaxis und Roboshuttles nicht reguliert wird, wären durchschnittlich 30 Prozent mehr Autos gleichzeitig in den Städten unterwegs als heute, schätzt die Studie.

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