Berufe im Fokus: Einkaufsberater

0

Der Bedarf an Einkaufsberatern ist in den letzten vier bis fünf Jahren deutlich gestiegen. Immer mehr mittelständische Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung eines starken Einkaufs zur Verbesserung der Gewinnmargen – getreu der alten Unternehmerweisheit „Im Einkauf liegt der Gewinn“. Von Esther Jansen, Consultant bei der Einkaufsberatung Kloepfel Consulting

Laut Schätzung von Experten beläuft sich das Einsparpotenzial im deutschen Mittelstand auf mindestens 40 bis 45 Milliarden Euro. Während früher der Einkauf kein hohes Ansehen hatte und eine reine Bestellabteilung war, geht der Trend ganz klar zur Einkaufs- beziehungsweise in größeren Unternehmen zur Supply-Chain-Abteilung. Der Einkäufer bestellt nicht mehr einfach nur, er ist heute ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Unternehmen und strategisch wichtigen Lieferanten, um beispielsweise die Entwicklung innovativer Produkte voranzutreiben. Zudem ist es seine Aufgabe, national wie international Lieferanten so zu managen, dass das Unternehmen mit seinen Lieferketten im Preis-Leistungs- Wettbewerb stets die Nase vorne hat. Entsprechend besteht auch der Bedarf an Einkaufsberatern.

Coachs statt Besserwisser
Doch hier sind nicht Besserwisser gefragt, sondern Menschen, die mit dem Kunden und den eigenen Leuten im Team arbeiten, die pragmatisch sind und anpacken. Der Kunde sucht Kollegen und Coachs auf Zeit, um seinen Einkauf im Rahmen eines Projektes zu stärken. Der Mittelständler will kein Geld ausgeben für teure Analysen auf PowerPoint- Folien, überladen mit Fachbegriffen.

Unternehmer und Einkäufer wollen schließlich die vom Einkaufsberater beispielsweise im Rahmen eines Workshops konkret aufgezeigten Einsparpotenziale während des Projektes heben und die Einkaufsmannschaft unterstützen. Entsprechend lernen die jungen, noch weniger erfahrenen Einkaufsberater in internen Schulungen der Einkaufsberatungen beziehungsweise durch Learning by Doing sämtliche Techniken und Kniffe, um beim Verhandeln gute Ergebnisse zu erzielen.

Wichtig ist für den Einkaufsberater neben persönlichen Eigenschaften wie Teamgeist, Belastbarkeit, interkulturellen Kompetenzen und analytischem Denken auch, dass er sich Branchenwissen aneignet. Daher sind viele Einkaufsberater entweder auf bestimmte Einkaufsthemen, wie die Optimierung etwa von Sach- und Gemeinkosten oder die Logistikoptimierung oder aber auf eine Branche wie den Maschinenbau, die Hightech-Industrie oder die Konsumgüterindustrie spezialisiert.

Wie sieht ein ganzheitliches Einkaufsoptimierungsprojekt eigentlich aus? Meistens arbeitet der Einkaufsberater beim Kunden vor Ort. Zunächst wird der Ist-Zustand geprüft, Einkaufsdaten werden analysiert und Waren und Dienstleistungen in sogenannte Materialgruppen geclustert. Dies ist sehr wichtig, um später gezielter am Markt nach alternativen Lieferanten Ausschau zu halten. Dann wird mit dem Kunden die Beziehung zu den Bestandslieferanten überprüft. Sind es einfach austauschbare Lieferanten? Oder wichtige strategische Partner, auf die das Unternehmen angewiesen ist? Gab es bereits Verhandlungen, und wie ist der aktuelle Stand? Welche bestehenden Verträge gibt es? Das strategische Vorgehen während des Projektes wird aus dem so analysierten Ist-Zustand abgeleitet. Um den Soll-Zustand herbeizuführen, geht man in die Ausschreibungen beziehungsweise Verhandlungen.

Ein guter Einkaufsberater muss allerdings deutlich mehr können, als einfach nur Ausschreibungen durchzuführen und bessere Einkaufspreise und -konditionen zu verhandeln. Die Einsparpotenziale stecken eben nicht nur im Preis, sondern entstehen auch in ineffektiven Einkaufszielen/-strategien, schlechten Einkaufsprozessen oder einer mangelnden Einkaufsorganisation. Dadurch entstandener Stress und Zeitmangel im Tagesgeschäft des Einkäufers gehen wiederum zu Lasten von Produktivität, Motivation und letztlich Rendite. Also gibt es auch in den sogenannten Einkaufsstrukturen häufig Optimierungsbedarf. Mit einer solchen Einkaufsstrukturoptimierung gewinnen Unternehmen deutlich an Effizienz. Sie gewinnen mehr Zeit für den strategischen Einkauf sowie für ihre Kernlieferanten. Dies bringt Einsparungen von mindestens fünf Prozent auf ihr gesamtes Einkaufsvolumen.

Technisch spezialisierte Einkaufsberater wiederum untersuchen, wie man ein Produkt günstiger herstellen kann. Zum Beispiel, indem man es mit günstigeren Materialien oder effektiveren Arbeitsabläufen herstellt. Und so kann ein Einkaufberater auch ein Gewinn für die Lieferanten sein. Mit spezieller Software und anhand technischer Zeichnungen ermittelt er, wie der Lieferant sein Produkt innovativer und sparsamer anfertigt, sodass der eigene Kunde das Produkt günstiger einkaufen kann. Dies bringt dann eine Win-Win-Situation für den Kunden wie für den Lieferanten. Letztlich ist es das Ziel des Einkaufsberaters, dafür Sorge zu tragen, dass der Kunde gemeinsame Projekterfolge nach Projektende selbstständig realisiert. Man merkt: Je mehr der Berater mit dem Kunden zusammenarbeitet, umso mehr Verständnis und Begeisterung entwickelt er für seinen Job und seine neu entdeckte Bedeutung für das Unternehmen.

Voraussetzung für den Einkaufsberater
Ein Einkaufsberater kann sowohl ein betriebswirtschaftliches als auch ein technisches Studium absolviert haben. So bieten sich für Betriebswirte genauso gute Zugangsmöglichkeiten wie für Maschinenbauer oder Wirtschaftsingenieure. Darüber hinaus kann man beispielsweise als Mechatroniker quer in den Beruf einsteigen, was aber eher die Ausnahme ist. Grundsätzlich empfiehlt sich ein Abschluss als Bachelor oder Master. Um einen Eindruck vom Beruf des Einkaufsberaters zu bekommen, sollten Studenten nach ihrem Grundstudium ein Praktikum bei einer Einkaufs- und Supply-Chain-Beratung absolvieren. So kann man später bei den meisten Einkaufsberatungen direkt als Consultant einsteigen. Allerdings sollte man darauf achten, dass vielfältige Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden und die Hierarchien flach sind, um sich rasch weiterentwickeln zu können.

Aufgaben

  • Durchführung von Branchen-, Markt- und Unternehmensanalysen
  • Lieferantenrecherche unter Beachtung globalisierter Beschaffungsmärkte
  • Lieferantenverhandlungen
  • Einholung von Angeboten und anschließende Auswertung
  • Führung sowie Vor- und Nachbereitung von Lieferantenverhandlungen
  • Mitwirkung beim Abschluss von Liefervereinbarungen und Rahmenverträgen
  • Durchführung von Wert-, Outsourcing-, Make-or-Buy-Analysen
  • Gestaltung und Abschluss von Liefervereinbarungen und Rahmenverträgen
  • Erarbeitung und Umsetzung von kundenspezifischen Problemlösungen
  • Erstellung des projektbezogenen Berichtswesens

Voraussetzungen

  • Leistungsbereitschaft, Kommunikations- und Teamfähigkeit, sicheres Auftreten gepaart mit hoher Kundenorientierung
  • Ausgeprägte analytische Fähigkeiten, technisches Verständnis
  • Zielorientiertes Arbeiten
  • Sprachkenntnisse: fließend Deutsch und Englisch, weitere Fremdsprachen von Vorteil
  • Sehr gute Kenntnisse des MS-Office-Pakets (Excel, Word, PowerPoint)
  • Reisebereitschaft

Ausbildung

  • Abgeschlossenes Wirtschafts- oder/und Ingenieurstudium, alternativ technische/kaufmännische Ausbildung und Weiterqualifizierung zum Facheinkäufer
  • Praktika
  • Training-on-the-Job

Blickpunkt: Kind und Karriere

0

Eine Karriere in der Unternehmensberatung klingt für viele verlockend. Damit der Beruf auch mit der Familie vereinbar ist, bietet McKinsey spezielle Förderprogramme für Frauen und viel Flexibilität für die Karriere. Von Dr. Stephanie Eckermann, Consultant bei McKinsey

Für viele Frauen ist eine Karriere in der Unternehmensberatung vor dem Beginn oft eine große Unbekannte: Sie können nicht abschätzen, was auf sie zukommt. Vielfältige Herausforderungen, hohe Flexibilität und individuelle Weiterentwicklung auf höchstem Niveau sind der Reiz der Topmanagementberatung – für Männer ebenso wie für Frauen. Bei uns können sie sich in mehr als 100 Büros in über 50 Ländern und Klienten aus fast allen Industrien ihre Projekte ganz gezielt nach den eigenen Interessen und Stärken auswählen. Consultants bei McKinsey arbeiten von Beginn an mit dem Top-Management der Klienten zusammen und bewirken nachhaltige Veränderungen. Dies ist für beide Geschlechter ein gewichtiges Argument für eine Karriere in der Beratung.

Wir setzen dabei gezielt auf gemischte Gruppen. Denn unsere Studien belegen, dass die Ergebnisse von Teams besser sind, je heterogener die Teilnehmer sind. Frauen haben für den richtigen Kommunikationsweg oft ein gutes Gespür. Sie achten darauf, die Teammitglieder zu überzeugen und gemeinsam mit den Kollegen zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass sich Frauen in reinen Frauengruppen anders verhalten und andere Fragen stellen. Sie agieren in gemischten Runden oft zurückhaltender.

Mit der richtigen Förderung gelingt die Karriere
Daher hat unser Unternehmen den Women’s Day entwickelt, damit Frauen ein Forum haben, in dem sie sich austauschen können. Dort stehen Kommunikations- und Businesstrainings sowie Vorträge von herausragenden Frauen zu den unterschiedlichsten Themen auf dem Programm. Natürlich werden auch die Themen Networking und Karriereplanung jedes Mal aufgegriffen. Im Rahmen des Events treffen sich alle Beraterinnen unserer Firma aus Deutschland und Österreich einmal im Jahr zum gemeinsamen Austausch. Mitarbeiterinnen der unterschiedlichsten Hierarchiestufen nehmen daran teil, egal ob Praktikantin, Projektleiterin oder Partnerin. So erhalten Beraterinnen bereits beim Einstieg die Möglichkeit, in einer vertraulichen Umgebung offen berufliche oder private Fragen anzusprechen, zum Beispiel zu Arbeitsorganisation, Dienstreisen, Elternzeit, Teilzeitmodellen oder zum Umgang mit belastenden Situationen in Teams oder beim Klienten.

Auch bei Trainings- und Förderprogrammen geht unser Unternehmen ganz individuell auf die Wünsche der Beraterinnen ein. In den ersten zwei Jahren erhält jede Beraterin fünf bis neun Wochen lang Trainings, um Kommunikations- und Führungsfähigkeiten zu verbessern. Wenn gewünscht, erhält sie im Rahmen des Women’s-Mentoring-Programms eine zusätzliche Mentorin, die als Ansprechpartnerin in allen Fragen zur Verfügung steht.

Karriere und Familie schließen sich nicht aus
Um den Alltag für Familien zu erleichtern, gibt es bei uns verschiedene Teilzeitmodelle: So gibt es zum Beispiel den sanften Wiedereinstieg, bei dem die Beraterin nur in Projekten in der Nähe des Wohnortes eingesetzt wird und unter 60 Prozent der ursprünglichen Arbeitszeit bleibt.

Jeder unserer Berater, ob Mann oder Frau, kann jährlich bis zu zwei Monate zusätzlich Urlaub nehmen. Das Gehalt wird angepasst weitergezahlt, bestehende Sozial- und Krankenversicherungen bleiben bestehen. Das „Take Time“-Programm erfreut sich nicht nur bei Eltern großer Beliebtheit: Die gesamten Sommerferien mit den Kindern zu verbringen, eine ausgedehnte Reise zu unternehmen oder Zeit für ein eigenes Projekt zu haben – die unbürokratische Alternative zum klassischen Sabbatical steht jedem Berater ohne Angabe von Gründen offen. Auch bei der Kinderbetreuung unterstützt der Arbeitgeber seine Mitarbeiter und bietet individuell Betreuungsplätze.

An allen deutschen Büros haben die Berater die Möglichkeit, Krippenplätze für Kinder im Alter von bis zu drei Jahren in Anspruch zu nehmen. Je nach den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Standortes wird entweder eine neue Krippe gegründet oder es werden Plätze in bereits bestehenden Einrichtungen angeboten. Allen ausgewählten Kinderkrippen liegt ein einheitliches Prinzip zugrunde: eine hochqualitative Betreuung, ein umfangreiches pädagogisches Konzept, ein hoher Betreuungsschlüssel und lange Öffnungszeiten. Sollte doch einmal ein Betreuungsnotfall eintreten, wenn beispielsweise die Kinderkrippe geschlossen ist, aber die Kollegen arbeiten müssen, steht allen Mitarbeitern ein externer Dienstleister, der „Familienservice“, zur Verfügung, der mit Back-Up-Einrichtungen aushilft. In diese Kinderkrippen und Kindergärten können Kinder von bis zu zwölf Jahren in dringenden Fällen gebracht werden. Durch diese vielfältige Unterstützung bei der Kinderbetreuung können Consultants mit einem guten Gefühl ins Arbeitsleben zurückkehren.

Für eine Karriere in der Beratung sind in erster Linie Persönlichkeiten gefragt – Menschen, die sich engagieren und hohe Einsatzbereitschaft erbringen. Besonders wichtig sind aber auch analytische und kommunikative Fähigkeiten sowie soziale Kompetenz.

Das größte Plus an einer Karriere in der Unternehmensberatung sind die Gestaltungsmöglichkeiten. Diese werden bei uns unterstützt von einem Umfeld, das die unterschiedlichen Stärken von Männern und Frauen gezielt einsetzt.

„Ökologie, aber wirtschaftlich sinnvoll“

Anne-Kathrin Kuhlemann, 34 Jahre, ist Geschäftsführerin von Blue Economy Solutions, einem Unternehmen, das Firmen, Gemeinden und Bürgern hilft, nachhaltige Lösungen für ihre Probleme zu finden. Im Mittelpunkt stehen dabei Produkte und Dienstleistungen, die im Einklang mit der Natur entwickelt, hergestellt und verbraucht werden können – ohne die Wettbewerbsnachteile klassischer „grüner Produkte“. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Frau Kuhlemann, Sie plädieren für den Einsatz von „Blue Economy“ – was bedeutet das?
Das bedeutet, mit einer intelligenteren Ressourceneffizienz zu wirtschaften, als wir das heute tun. Denn wir bei Blue Economy Solutions sind der Meinung, dass man mit Produkten, die teurer sind, nur weil sie „die Umwelt retten“, das Rad nicht zurückdrehen kann. Wir erreichen damit nur vielleicht fünf Prozent der Bevölkerung, die sich diese teuren Produkte kaufen können. Das gilt für Bio-Lebensmittel ebenso wie für Öko-Strom. Wir aber wollen, dass sich jeder ökologische Produkte und Dienstleistungen sowie Umweltbewusstsein leisten kann.

Was sind die Prinzipien der Blue Economy?
Zum einen schauen wir uns von der Natur ab, wie sie Probleme löst, und versuchen, davon zu lernen. Das bedeutet zum Beispiel, soweit wie möglich systemisch zu denken, also nicht nur das einzelne Produkt zu sehen, sondern auch alle damit verbundenen Ressourcen, Arbeiten und Aufgaben, sowie in regionalen Kreisläufen und lokal zu produzieren. Das heißt auch: weglassen, was man weglassen kann. Es gibt in der Natur beispielsweise keine Batterien. Denn die Natur nutzt ganz andere Möglichkeiten, Energie zu speichern. Für menschliche Technologien übersetzt sich das beispielsweise in Wasser, Salze oder Biogas aus „Abfällen“. Zum anderen ist eines der Prinzipien, die Ressourcen zu nutzen, die vor Ort vorhanden sind. Das betrifft sowohl die Rohstoffe als auch die Menschen. Wir schauen, was die Menschen der Region traditionell und kulturell besonders gut können, und nutzen diese Fähigkeiten genau an dem Ort, an dem diese Menschen leben.

Michael Braungart (siehe auch Interview, Anm. d. Red.) verfolgt mit seinem „Cradle to Cradle“-Prinzip einen ähnlichen Ansatz – worin liegt der Unterschied zwischen Ihrer und seiner Idee?
Beim „Cradle to Cradle“-Ansatz bleibt man mehr bei einem einzelnen Produkt und versucht, innerhalb dieses Produktes umzudenken. Wir versuchen, eher in die großen Systeme zu schauen. Unser Ziel ist nicht, zum Beispiel aus einem Stuhl wieder einen Stuhl herzustellen, sondern zu schauen, wie man die Materialien einer höheren Wertschöpfung zuführen kann. Der Baum klebt ja auch nicht im Frühling die alten Blätter vom Herbst wieder an. Wir versuchen, in größeren Kontexten zu denken. Da reicht es dann nicht, wenn man nur ein einzelnes Unternehmen berät, dafür muss man alle Unternehmen einbeziehen, die an den Stoffströmen partizipieren.

Wie nachhaltig wirtschaften wir aktuell in Deutschland?
Es gibt sehr viele Unternehmen, die echte Pionierarbeit leisten, aber das steckt weitestgehend noch in den Kinderschuhen, ist wirtschaftlich kaum messbar. Aber das gilt nicht nur für Deutschland. Die große Masse der Unternehmen stellt Produkte her, die aus Sicht der Blue Economy nicht nachhaltig sind.

Warum hat sich Ihr Ansatz noch nicht in Deutschland durchgesetzt?
Blue Economy ist erst im fünften Jahr seiner Entstehung, und Veränderungen brauchen Zeit. Systemisch zu denken ist nicht einfach, sondern komplex. Das müssen wir alle erst einmal lernen und dann auch umdenken. Unternehmen müssen ihre Prozesse ändern und Ressourcen effizienter einsetzen – nur so kommen Innovationen zustande und sind in 20 Jahren noch am Markt. Mittelständische Unternehmen verstehen das zunehmend, aber einen Dax-Manager interessiert oft nur das nächste Quartal, dem ist es erst einmal egal, ob das Unternehmen in 20 Jahren noch existiert. Und so haben wir einen Zielkonflikt. Auch deshalb wird es dauern, bis sich Blue Economy durchsetzt.

Was müsste in Deutschland passieren, damit mehr nach Ihrem Prinzip gewirtschaftet wird?
Wir schaffen Beispiele, die anschaubar zeigen, welche wirtschaftlichen Perspektiven die Blue Economy heute schon bietet. Nur mit konkreten Erfolgen lassen sich Unternehmen von unserem Ansatz überzeugen. Manager wiederum müssten anders gelagerte Zielvorgaben bekommen. Dann würden sie auch umlenken und anders handeln.

Sie selbst haben ein „klassisches“ Wirtschaftsstudium absolviert und anschließend als Consultant bei einer großen Unternehmensberatung gearbeitet. Wann haben Sie angefangen umzudenken?
Das war ebenfalls ein Prozess, der länger gedauert hat, weil er so komplex ist. Aber ich hatte glücklicherweise Mentoren, die mich auf diesen Weg mitgenommen haben. Und je mehr ich nachgefragt und das eingefahrene Denken verlassen habe, desto mehr Möglichkeiten erkannte ich dann auch. Man muss aber erst einmal aus ganz vielen Schubladen herauskommen, und das ist auch anstrengend.

Was sollten junge Consultants beherzigen, wenn sie im Einklang mit dem Blue-Economy-Prinzip Karriere machen möchten?
Die Frage, die sie sich stellen müssen, lautet: Ist Maximierung die richtige Strategie? Oder geht es nicht vielmehr darum, dass insgesamt für alle genug da ist? Die Suffizienzfrage wird sich in den nächsten Jahren immer mehr stellen, und irgendwann werden wir gezwungen sein, sie zu beantworten, weil wir dann keine Wahl mehr haben. Deshalb sollte sich jeder frühzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen. Das ist auch karrierefördernd, weil zunehmend Menschen gefragt sein werden, die sich mit Blue Economy auskennen.

Blue Economy

Die Prinzipien basieren vor allem auf den Funktionsgesetzen von natürlichen
Ökosystemen. Sie bilden die Grundlage für das Blue Economy-
Konzept, das Emissionen und Abfälle als fehlgeleitete Ressourcen versteht.
Lokal verfügbare, regenerierbare Ressourcen sollen über Innovationen und
unternehmerische Initiativen so effektiv wie möglich genutzt werden.
Dabei bildet der Abfall des einen Produkts automatisch das Ausgangsmaterial
für ein neues Produkt.
Quelle: www.blueeconomy.de

Was macht eigentlich ein Strategieberater, Herr Niederauer?

Während meines Studiums der Politik- und Europawissenschaften in Bamberg und Berlin, jeweils mit Schwerpunkt auf VWL, sammelte ich eine Reihe von Erfahrungen an der Schnittstelle von Politik und Wirtschaft. Von Julian Niederauer, Berater für öffentliche Verwaltungen bei Accenture Strategy.

Durch mein Praktikum bei Accenture rückte die Strategieberatung von öffentlichen Institutionen in meinen Fokus. Accenture ist ein internationales Unternehmen mit rund 280.000 Mitarbeitern, das zusätzlich zu reinen Strategieberatungen eine große Bandbreite an Dienstleistungen anbietet, einschließlich Technologie- und Outsourcingdiensten. Interessant daran ist für mich, dass wir Klienten nicht ausschließlich strategisch beraten, sondern unsere Empfehlungen auch umsetzen, bis hin etwa zum Betrieb ganzer Dienstleistungen und Systeme.

Das Ziel unserer Arbeit ist es, einen Mehrwert für unsere Klienten zu schaffen, indem wir die Leitungsebene beim Treffen von strategischen Entscheidungen unterstützen. Als Berater haben wir den Vorteil, einen externen Blick auf die Dinge zu haben und über Experten für die unterschiedlichsten Bereiche zu verfügen. Unsere Klienten sind große Unternehmen sowie in unserem Fall die öffentliche Verwaltung. Dazu zählen etwa Bundes- und Landesministerien, Behörden oder der Gesundheitssektor.

Tagesgeschäft und Wochenendreisen
Unsere Arbeit findet ausschließlich projektbasiert und in Teams statt, bestehend aus Junioren und erfahrenen Kollegen. Immer dabei sind Experten für die jeweiligen Themen und Bereiche. Spannend ist, wie vielfältig die Hintergründe der einzelnen Kollegen sind. Auf meinem letzten Projekt arbeitete ich zum Beispiel mit einem Betriebswirt, einem Sozialwissenschaftler und einem Sinologen zusammen. Dies ist kein Zufall, sondern sogar hilfreich für unsere Arbeit, denn komplexe Fragestellungen erfordern unterschiedliche Herangehensweisen und Methoden. Bei diesem Projekt begleiteten wir einen Klienten bei der Restrukturierung eines Geschäftsbereichs. In Zusammenarbeit mit dem Klienten stellten wir ein strategisches Konzept auf, wie die Steuerung des Bereichs verbessert und gleichzeitig die Kosten gesenkt werden können. Ich habe Interviews mit Mitarbeitern geführt und Daten analysiert, um die Ausgangssituation zu verstehen. Auf Basis des so identifizierten Bedarfs führten wir Marktanalysen durch, um im letzten Schritt verschiedene Entscheidungsoptionen für die künftige Struktur des Bereichs aufzuzeigen. Besonders begeisterte mich dabei, diese Struktur aktiv mitzugestalten und direkten Kontakt zu Entscheidungsträgern zu haben.

Reisen ist ein großer Bestandteil unserer Arbeit, und so beginnt eine Woche üblicherweise mit dem Weg zum Flughafen oder Bahnhof. Um nahe an unseren Klienten zu sein, werden uns meistens Räumlichkeiten direkt vor Ort zur Verfügung gestellt. In der Regel verbringen wir vier Tage der Woche beim Klienten und arbeiten freitags entweder in den eigenen Büros oder von zu Hause aus. Insbesondere Letzteres ist eine angenehme Abwechslung zu der doch manchmal anstrengenden Reisetätigkeit.

Praktikum erleichtert den Einstieg
Die Anforderungen an Strategieberater sind vielfältig. Ein gutes Zeugnis reicht nicht aus. Mir haben vielmehr analytische Fähigkeiten geholfen: Man sollte in der Lage sein, Sachverhalte und Problemstellungen zu strukturieren, um eigenständig Ableitungen zu bilden und Modelle zu entwickeln. Da kein Projekt wie das andere ist, ist es außerdem wichtig, sich schnell in neue und komplexe Sachverhalte einarbeiten zu können. Speziell im Falle unserer Abteilung ist es natürlich zentral, sich mit Funktionen und Zielen der öffentlichen Verwaltung auszukennen. Dabei hilft mir, dass ich im Rahmen von Studium und Praktika verschiedene Institutionen kennengelernt habe. Mir persönlich zeigt sich außerdem immer wieder, wie hilfreich ein gesundes Maß an Pragmatik und „Um-die-Ecke-Denken“ ist. Die Anforderungen an den Bewerber werden in einem mehrstufigen Auswahlverfahren überprüft. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ein Praktikum den Einstieg erleichtert. Nach der Einstellung lernt man vieles auf Projekteinsätzen, darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe an Trainings und Fortbildungen. So verbrachte ich im vergangenen Sommer zwei Wochen in einem Trainingszentrum in der Nähe von Chicago in den USA, wo ich mit rund 150 internationalen Kollegen betriebswirtschaftliche Kenntnisse, aber auch Präsentations- und Moderationstechniken vertiefte.

Was ich am meisten an meinem Beruf schätze, ist das hohe Maß an Abwechslung. So konnte ich in den letzten zwei Jahren Erfahrungen im Gesundheitswesen, in der Logistik sowie in einem Versorgungsunternehmen sammeln. Kein Tag ist wie der andere, man steht ständig vor neuen Herausforderungen, und insbesondere die ersten Jahre sind mit einer steilen Lernkurve verbunden. Wichtig ist mir außerdem, dass man ab dem ersten Tag Verantwortung übernimmt und oft im direkten Austausch mit Klienten steht. Schlussendlich motiviert es mich jeden Tag aufs Neue, in einem Team von Leuten zu arbeiten, die eine Passion für Veränderung im öffentlichen Sektor haben.

Job-Steckbrief Strategieberater

Ausbildung:
Abgeschlossenes Studium – nicht nur Wirtschaftswissenschaftler sind gefragt, sondern beispielsweise auch Naturwissenschaftler und Fachinformatiker, die auch in der Technologieberatung eingesetzt werden.

Voraussetzungen:
Kommunikationsstärke, analytische Fähigkeiten, Flexibilität und Reisebereitschaft

Einstiegsmöglichkeiten:
Praktika, Abschlussarbeiten oder Direkteinstieg, häufig verbunden mit Intensivtrainings zum Start

Gehalt:
Berufseinsteiger ab ca. 45.000-60.000 Euro/Jahr (u. a. abhängig von vorheriger Berufserfahrung)

Informationen:
Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU: www.bdu.de

Steile Lernkurve

Albert Martienssen absolvierte sein Bachelorstudium im Studienfach Quantitative Finance in Hongkong und Pennsylvania, bevor er als Junior Associate bei BCG einstieg. Nach drei Jahren Berufserfahrung bekam er von seinem Arbeitgeber die Möglichkeit, ein MBA-Studium zu beginnen, das er 2014 abschließen wird. Hier berichtet er von seinem Werdegang. Von Albert Martienssen.

Zur Person

Albert Martienssen, Foto: BCG
Albert Martienssen, Foto: BCG

Albert Martienssen, 27 Jahre, Associate im Frankfurter Büro von BCG

Im Januar 2009 erhielt ich zwei Zusagen: eine für ein Masterstudium in Volkswirtschaftslehre in London und eine andere für eine Stelle als Junior Associate bei der Boston Consulting Group (BCG) in Frankfurt. Zu diesem Zeitpunkt war ich im letzten Semester meines Bachelorstudiums in Hongkong mit dem Schwerpunkt Quantitative Finance, hatte ein Auslandssemester an der Wharton School der University of Pennsylvania und Praktika im Finanzwesen sowie in der Beratung absolviert. Ich entschied mich für den Einstieg bei BCG, da mich die Möglichkeit reizte, an strategisch wichtigen Projekten in unterschiedlichen Branchen mit verschiedenen Kunden und Kollegen sowohl inner- als auch außerhalb von Deutschland mitwirken zu können. Das war jedoch keine Entscheidung gegen ein Masterstudium. Im Gegenteil: Mein Arbeitgeber bot mir nach drei Jahren eine Förderung für ein Masterstudium an. Derzeit bin ich nun im letzten Semester meines Master of Business Administration (MBA)-Studiums an der Sloan School des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston.

Schon beim Vorstellungsgespräch wurde ich überrascht: Einer meiner Interviewpartner fragte mich, wie ich denn den Nahostkonflikt friedlich lösen würde. Obgleich wir in der einen Interviewstunde nur mögliche Ursachen des Problems und Ansätze verschiedener Lösungen besprachen, wurde mir doch klar, dass mich dieser unorthodoxe Ansatz und die Einstellung meines Gegenübers, keiner Frage auszuweichen, ansprachen. Vor meinem ersten Projekt nahm ich an einem zweiwöchigen Einstiegstraining mit mehr als 100 Kollegen aus den europäischen Büros teil. Neben Trainings in Excel, PowerPoint, Moderationstechniken und anderen im Berateralltag nützlichen Werkzeugen konnte ich auch wertvolle Kontakte knüpfen und Freundschaften schließen.

Während meiner dreijährigen Beratertätigkeit arbeitete ich für Kunden in unterschiedlichsten Industrien und Funktionen. Der Schwerpunkt meiner Projekte lag im Finanzsektor, zudem war ich für Kunden in der Logistikbranche, im Chemie-, im Energie- und im Industriegütersektor tätig und konnte an Wachstumsstrategien, der Implementierung von Restrukturierungs- und Effizienzsteigerungsprogrammen oder Personalstrategien mitwirken. Für meine Projekte in der Schweiz, in Großbritannien, Italien und Korea konnte ich meine interkulturellen Erfahrungen erweitern, die ich in meinen vorherigen Auslandsstationen gesammelt hatte.

Eines meiner spannendsten Projekte war mein Einsatz für einen europäischen Industriegüterhersteller in Korea. Der Reiz des Projekts lag darin, dass ich mich in eine neue Industrie, neue Produkte und eine neue Kultur einfinden sollte. Zudem hatten wir bis zum ersten Steuerungsausschuss nur fünf Wochen Zeit. Gemeinsam mit koreanischen Kollegen erarbeiteten wir ein Marktmodell, führten Interviews mit Marktexperten durch, analysierten Wettbewerber und leiteten hieraus Strategieempfehlungen für einen möglichen Eintritt in Korea und anderen asiatischen Märkten ab.

Die wichtigsten Faktoren, die die Strategieberatung und BCG für mich so reizvoll machen, sind die steile Lernkurve, vielfältige Teams und die enge Arbeit mit den Kunden. Sowohl von Kollegen als auch von Kunden habe ich sehr hilfreiche Impulse zur Weiterentwicklung erfahren. Jeder Kollege war bereit, sich trotz stressiger Projektarbeit für Fragen Zeit zu nehmen. Genossen habe ich auch die Freiheit, trotz meiner Position als Juniorberater meine individuelle Beraterrolle so auszugestalten, wie sie dem Kunden am meisten nutzt.

Neben den berufsrelevanten Vorteilen finde ich die Arbeit als Strategieberater auch persönlich bereichernd. Noch heute verfolge ich aktiv, wie sich Kundenunternehmen entwickeln, und pflege Kontakt zu vielen Kollegen und Kunden, die ich während meiner Projektarbeiten kennengelernt habe.

Die mögliche Karriereleiter

Nach dem Abschluss des Studiums mit einem Bachelor starten Einsteiger bei BCG als Junior Associate. Nach 12 Monaten werden diese bei entsprechender Leistung zum Associate befördert. Nach weiteren 15 bis 24 Monaten ist es möglich, zum Consultant aufzusteigen. Mit dem Erreichen dieses Levels ist für Junior-Associate-Einsteiger ein MBA/Master an einer Top-Universität Pflicht. Mit einem abgeschlossenen Master- oder Diplomstudiengang starten Associates dann in die Beratung. Mit der Beförderung zum Consultant haben sie die Wahl, im Rahmen des Scholarship-Programms einen weiteren akademischen Abschluss (MBA/Master oder Promotion) oder zügig die nächste Beförderung zum Projektleiter anzustreben. Die akademische Weiterbildung wird von BCG im Rahmen des BCG-Scholarship-Programms gefördert.

Interview mit Margarete Heidler

Bevor Margarete Heidler als Partnerin bei der Kölner Personalberatung ifp einstieg, war die 48-Jährige Erste Bürgermeisterin in Heilbronn. Als Beraterin nutzt sie ihr Know-how, um Kunden aus der Verwaltung und Energieversorgung bei Personalthemen zu helfen. Im Interview erzählt sie, warum der Wechsel zur richtigen Zeit kam und wie man ein gutes Bauchgefühl für Berater entwickelt. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Margarete Heidler, geboren 1965 in Schwäbisch-Gmünd, begann ihre Berufslaufbahn als OP-Fachschwester in Stuttgart und bildete sich zur Betriebwirtin im Bereich Krankenhaus und Sozialmanagement weiter. Ab 1994 studierte sie in Tübingen Jura, ihr zweites Staatsexamen schloss sie 1999 ab. Sie arbeitete von 1999 bis 2003 als Justiziarin in der Uniklinik Freiburg, bevor sie 2003 von den Bürgern der Gemeinde Eningen unter Achalm zur hauptamtlichen Bürgermeisterin gewählt wurde. 2007 wechselte sie als Erste Bürgermeisterin in die Stadtverwaltung von Heilbronn, im Februar 2013 nahm sie ihre Tätigkeit in der Personalberatung als Partnerin beim ifp in Köln auf.

Frau Heidler, warum sind Sie Anfang 2013 als Erste Bürgermeisterin in die Beraterbranche gewechselt?
Wie so oft spielte der Zufall eine Rolle. Ich hatte mich entschieden zu wechseln, vor Augen hatte ich jedoch eher einen Wechsel in die Geschäftsführung eines Unternehmens aus einem Bereich, in dem ich bereits Erfahrungen gesammelt hatte. Um den Markt zu sondieren, wandte ich mich an einen Partner vom ifp – und nach und nach entwickelte sich die Idee eines Wechsels in dieses Haus.

Als studierte Juristin und langjähriger Verwaltungsprofi gehören Sie in der Beratung zu den Quereinsteigerinnen. Fühlen Sie sich im Unternehmen als Exotin?
Nein, denn es gibt hier Kollegen mit den unterschiedlichsten Werdegängen. In der Beratung ist es so, dass man entweder im Consulting beginnt und über die Beratung Erfahrungen in den Branchen sammelt, oder man steigt später aus einer dieser Branchen ins Consulting ein.

Als Beraterin sind Sie nun hinter den Kulissen tätig, haben aber nicht mehr so viel direkte Einflussmöglichkeiten wie als Erste Bürgermeisterin. Fällt Ihnen diese neue Rolle leicht?
Ich habe mich bewusst für den Wechsel entschieden, um ein wenig von der öffentlichen Bühne zu verschwinden. Als Verantwortliche in der Kommunalpolitik kann man nicht das Haus verlassen, ohne für jeden ansprechbar zu sein. Man muss sein Handeln erklären und rechtfertigen – und das kann schon kräfteraubend sein. Der Wechsel in die Beraterrolle ist für mich eine Art Rolle vorwärts hinter die Mauer: Ich nehme mein Wissen und meine Erfahrungen mit, als Person verschwinde ich jedoch hinter den Kulissen. Ich kann mich auf die fachliche Arbeit mit den Kunden konzentrieren, ohne mich dabei einer diffusen Öffentlichkeit zu stellen. Was den Einfluss betrifft: Die finale Entscheidung trifft nun in der Tat der Kunde. Wir Berater machen Vorschläge und begründen sie. Wir liefern Argumente und vertreten eine Meinung. Aber am Ende ist der Kunde am Zug. Das ist für mich eine andere Situation, und man muss in dieser Branche das Rollenverständnis verinnerlichen: Wir sind Berater – wenn auch mit Meinung und Rückgrat.

Sie haben als Erste Bürgermeisterin von Heilbronn häufig die Beratung auch aus Kundensicht kennengelernt. Welche Art von Beratung hat Ihnen damals besonders gut gefallen?
Mir war ein selbstbewusster Berater mit fundierten Kenntnissen am liebsten. Man begegnet auch Beratern, bei denen man den Eindruck gewinnt, dass sie den Auftrag schnell abarbeiten und das Geld mitnehmen möchten – aber man kann in diesen Fällen davon ausgehen, dass die Geschäftsbeziehung zu diesen Beratern nicht lange halten wird. Wenn wir uns damals bei der öffentlichen Hand für ein Beratungsunternehmen entscheiden mussten, war daher immer auch die persönliche Ebene ausschlaggebend. Letztlich entscheidet häufig die Frage: „Kann ich mir vorstellen, mit dieser Person partnerschaftlich zusammenzuarbeiten?“

Sie beraten hier im Unternehmen schwerpunktmäßig Verwaltungen und Energieversorger. Was macht diese Branchen interessant?
Verwaltungen sind eine eigene Welt. Hier begegnen Sie anderen Entscheidungsstrukturen und Zeithorizonten. Die Menschen, die dort arbeiten, sind geprägt von einer anderen Art von Ausbildung und Arbeitsweise. Das zu verstehen ist für einen Außenstehenden eher schwierig. Mir macht es Spaß, weil ich die Mechanismen kenne und daher bei manchen Entwicklungen vorhersagen kann, dass als nächstes dieses oder jenes Argument kommen wird. Bei den Energieversorgern haben wir es häufig mit Stadtwerken als den größten Ausgründungen der städtischen Verwaltungen zu tun, die nicht erst seit der Energiewende hohe Ansprüche an ihre Mitarbeiter stellen. Aufgabe der Personalberatung ist es hier, Führungskräfte für ein kommunales Unternehmen zu gewinnen oder Spitzenkräfte von dort in die freie Wirtschaft hinauszuführen. Das geht nicht ohne Fingerspitzengefühl.

Wenn Sie als Personalberaterin auf Kandidaten für eine Position treffen, woran machen Sie fest, ob die Person passt oder nicht?
Wir arbeiten zunächst einmal mit Interviews, das übrige Instrumentarium nutzen wir, wenn der Kunde es wünscht. Dabei spüre ich in der Regel recht schnell, ob ein Kandidat funktionieren kann. Zwar fällen wir Entscheidungen erst nach dem Gespräch und in Zweierteams, aber häufig bestätigt sich dann der Eindruck vom ersten Auftreten: Wie reagiert jemand, wenn die Personalberater in den Raum kommen? Wie begrüßt er Sie, wie steigt er ins Gespräch ein, wie lässt er sich durch das Gespräch führen, wie reagiert er auf die Fragen?

Mit wem arbeiten Sie in diesen Zweierteams zusammen?
Unsere Berater sind häufig Diplom-Psychologen, die eine fundierte Methodik in der Eignungsdiagnostik mitbringen. Ich bringe in meinen Branchen das fachliche Wissen ein und verlasse mich bei den menschlichen Eindrücken auf meine Erfahrungen. Der Abgleich mit den Psychologen ist dann natürlich sehr sinnvoll.

Zum Abschluss: Welchem Absolvententypen raten Sie, sofort ins Consulting einzusteigen – und wer sollte besser erst Erfahrungen in anderen Branchen sammeln?
Für Diplom-Psychologen ist es durchaus möglich, direkt in die Beratung einzusteigen. Wer als Wirtschaftswissenschaftler außerhalb des Studiums bereits viele Erfahrungen gesammelt hat oder ehrenamtlich in einem Verein oder in der Jugendarbeit tätig war, hat sicherlich an vielen Stellen bereits Dinge gelernt, die einen direkten Einstieg möglich machen. Ansonsten rate ich jungen Menschen aber eher, zunächst in ein Unternehmen zu gehen, um dort die Strukturen und Abläufe kennenzulernen. Ich zumindest hätte mir meinen jetzigen Job nicht ohne meinen Erfahrungshorizont zugetraut, denn irgendwo muss das Gefühl, das einen guten Berater auszeichnet, eine Basis haben.

Zum Unternehmen

Das ifp – Institut für Personal- und Unternehmensberatung in Köln wurde 1964 gegründet und besteht aus den Geschäftsfeldern Personalberatung und Managementdiagnostik. In der Personalberatung fokussiert sich das Geschäft auf den Bereich Executive Search, also die Suche und Auswahl von Führungskräften. Im Geschäftsbereich Managementdiagnostik, seit 2005 ein eigenes Geschäftsfeld, widmet sich das Beratungsunternehmen der Begutachtung und Entwicklung von Führungskräften, Teams und Organisationen. Beim ifp arbeiten derzeit rund 100 Mitarbeiter, das Unternehmen hat über 14 Partner.

„Mathematisches Know-how ist gefragt“

0

Per Breuer, 38 Jahre, ist Personalchef bei der Strategieberatung Roland Berger. Im Interview erklärt er, wie es gelingen kann, als Berater eine Strategie mit der Realität abzugleichen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Per Breuer ist Partner bei der Strategieberatung Roland Berger und leitet dort seit 2008 den Bereich Global Human Resources. Er studierte BWL in Hamburg, machte an der London School of Economics einen Bachelor-Abschluss in International Management und stieg 1998 bei Roland Berger ein.

Herr Breuer, wie haben sich die Ansprüche der Kunden an eine Beratung zuletzt verändert?
Die Anforderungen der Kunden sind heute konkreter und umfassender. Immer seltener fragen Unternehmen eine reine Strategieberatung nach, sondern sie legen Wert darauf, dass die Resultate der Beratung tatsächlich kurzfristig umsetzbar sind. Wir Berater werden daher weniger mit kurzen Projekten beauftragt, sondern sind auch dann noch dabei, wenn die von uns angestoßenen Veränderungen in den Unternehmen umgesetzt werden.

Wie ändert sich dadurch konkret die Arbeit der Berater?
Es reicht vielfach nicht mehr aus, Methoden anzuwenden, die die erforderlichen Veränderungen lediglich durchrechnen. Die Kunden möchten, dass die Berater das, was sie vorschlagen, im realen Arbeitsprozess umsetzen helfen. Möglich ist das zum Beispiel über Pilotprojekte, wobei es für Berater eine große Herausforderung ist, Modelle zu entwickeln, die in der Lage sind, die Komplexität der Realität abzubilden. Nicht ohne Grund ist daher heute in vielen Beratungen mehr mathematisches Know-how gefragt, mit dem eben diese Aufgaben zu lösen sind.

Welche weiteren Fähigkeiten werden durch diese Entwicklungen wichtiger?
Nicht nur in der Umsetzungsphase müssen unsere Berater natürlich die fachliche Expertise für das Projekt- und Maßnahmenmanagement erbringen können. Auch interpersonelle Skills spielen eine große Rolle. Unsere Experten müssen beim Kunden Verantwortung übernehmen und mitunter Konflikte bei der Umsetzung lösen können. Eine weitere Fähigkeit, die in unserer Branche immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist der sichere Umgang mit großen Datenmengen. Hier kommt es darauf an, in der Flut der Informationen die Komplexität zu reduzieren und wichtige Botschaften herauszufiltern. Ein Beispiel ist das Thema Kundensegmentierung: Unternehmen sammeln heute eine Vielzahl von Daten über ihre Kunden. Ein Berater, der die statistischen Verfahren beherrscht, um daraus sinnvolle Kundengruppen zu bilden, ist bei unseren Kunden heute sehr gefragt.

Sieben Trends für den Einstieg

0

Von der Herausforderung der Digitalisierung über einen noch intensiveren Kundenfokus bis hin zu ungewöhnlichen Beratungsthemen wie Ethik und Werte: Der Beratermarkt wandelt sich. Sieben Trends sind für Einsteiger besonders wichtig, weil sie die Branche von morgen bestimmen werden. Von André Boße

Wandel, wohin man schaut. Es gibt kaum eine Branche, kaum ein Unternehmen, das zuletzt nicht von wesentlichen Veränderungen getroffen wurde. Ob die Digitalisierung der Gesellschaft oder der demografische Wandel, ob der Trend zu mehr Ethik und Werten in der Wirtschaft oder die regulatorischen Folgen der Finanzkrise: Ein Unternehmen, das sein Geschäftsmodell, seine operativen Prozesse sowie seine Unternehmenskultur nicht an die neuen Gegebenheiten anpasst, gerät früher oder später ins Schlingern.

Zeiten des Wandels sind in der Regel gute Zeiten für Strategieberatungen. Schließlich sind sie es, die zusammen mit den Kunden die Veränderungen anstoßen und umsetzen. Und tatsächlich: Wer sich heute in der Branche umhört, erkennt eine optimistische Stimmung. Vorbei die Zeit, als die Consultingfirmen über die Sparmaßnahmen der Unternehmen klagten. Zwar spüren noch immer viele Kunden den Kostendruck, doch sind die Veränderungen von so großer Bedeutung und häufig von so immenser Komplexität, dass sie ohne Beratung kaum zu gestalten sind. Doch das Consultinggeschäft geht nicht einfach weiter wie bisher. Es gibt eine Reihe von neuen Trends, die heute schon erkennbar sind und die Beraterlandschaft in Zukunft prägen werden.

Trend 1: Große Projekte
Als COO des Consulting-Bereichs bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Sieben Trends KPMG ist Manfred Hannich für das operative Geschäft der Beratungssparte zuständig. Seine Prognose für die Zukunft: „Die Zahl der Beratungsprojekte wird insgesamt abnehmen, die Größe der Projekte jedoch tendenziell steigen.“ Die Nachfrage nach Beratungsdienstleistungen für große Transformationsprojekte oder Projekte mit übergreifenden Themen nehmen schon heute stetig zu. Einerseits sind diese Projekte sehr komplex. Andererseits wünschen sich die Kunden eine Beratung aus einer Hand. Darauf müssen sich die Consultingunternehmen und ihre Mitarbeiter vorbereiten. „Die starre Unterteilung in kleine Spezialberatungen, IT-Consultants, Strategieberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften lässt sich zukünftig nicht mehr aufrechterhalten“, glaubt Manfred Hannich. Nur zu beraten, ohne die Umsetzung im Blick zu haben, reiche heute nicht mehr. „Die Zukunft gehört daher Multispezialisten, welche die immer komplexeren Probleme ihrer Kunden bearbeiten können.“

Trend 2: Der Kunde will’s wissen
Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf den Einstieg in die Branche. „Berater müssen verstehen, dass der Kunde König ist. Und sie müssen sich immer wieder auf veränderte Rahmenbedingungen oder Wünsche ihrer Kunden einstellen. Mit vorgefertigten Konzepten nach dem Motto ‚Friss oder stirb‘ kann man heute keinen Auftrag mehr bekommen“, sagt Manfred Hannich. Für Berater bedeutet das, dass sie mehr denn je Abstand von vorgefertigten Standardlösungen nehmen müssen. Wenn der Kunde komplexe Fragestellungen formuliert und zudem wissen möchte, welche konkreten Verbesserungen ihm die Lösungen bieten, dann muss der Berater darauf Antworten finden – und zwar idealerweise solche, die sich belegen lassen. Und: Er muss auch dann noch im Unternehmen sein, wenn sich zeigt, ob diese Antworten tatsächlich die richtigen waren. Neu ist auch, dass Kunden sich verstärkt dafür interessieren, was andere Unternehmen oder Organisationen tun, um ihre Geschäfte zu optimieren. „Wir machen die Beobachtung, dass Unternehmen bei der Beurteilung von strategischen Themen zunehmend an Beispielen und Erkenntnissen aus anderen Ländern und Branchen interessiert sind, um von diesen Erfahrungen zu lernen“, sagt Daniel Milleg, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman und dort für den Bereich Recruiting in Deutschland zuständig.

Studie: Umsatz der Branche steigt

In der Studie „Facts & Figures zum Beratermarkt 2013/2014“ untersuchte der Bund Deutscher Unternehmensberater die Umsätze der deutschen Consultingfirmen. Das erfreuliche Ergebnis: Der Umsatz in der deutschen Unternehmensberaterbranche ist im Jahr 2013 erneut gestiegen. Insgesamt fragten die Auftraggeber aus Industrie, Wirtschaft und Verwaltung Beratungsleistungen im Wert von 23,7 Milliarden Euro nach. Dies entspricht einem Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das laufende Jahr 2014 erwartete der BDU erneut ein Umsatzplus von 5,5 Prozent.

Nähere Infos zur Studie unter www.bdu.de

Trend 3: Renaissance der Strategieberatung
Im Zuge der Diskussion um Kostenund Prozessoptimierungen stellte sich zuletzt die Frage, ob die klassische Strategieberatung ihre Königsposition verloren hat. Experten sind anderer Meinung. „Wir sehen eine sehr große Nachfrage bei den zentralen Themen der Unternehmensstrategie“, sagt Michael Staebe, Partner bei Bain & Company und verantwortlich für das Recruiting im deutschsprachigen Raum. „Viele unserer Kunden wollen sich auf das konzentrieren, was sie wirklich vom Wettbewerber differenziert, und fragen unsere Unterstützung bei der Strategieentwicklung an.“ Man kann es auch so formulieren: Im Zuge der immer größeren Komplexität und Internationalität verlieren viele Unternehmen das Gespür für das, was sie wirklich auszeichnet. Hier können Consultants helfen. Gefragt sind zum Beispiel Unternehmensberater, die sich darauf verstehen, strategische Programme zur Steigerung des Ertrags zu entwickeln. Dabei steht alles auf dem Prüfstand: die Organisation und das Geschäftsmodell, M&A-Geschäfte und die Unternehmensstruktur.

Trend 4: Digitalisierung als Herausforderung
Das Internet und die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind im Leben der Menschen längst allgegenwärtig. Die Strategien der Unternehmen, diese neue Form der Kommunikation für die eigenen Geschäfte zu nutzen, sind aber vielfach noch nicht ausgereift. „Viele Branchen stehen vor der Digitalisierung ihrer gesamten Wertschöpfungskette, was Veränderungen in den Unternehmensprozessen, aber auch in der Kultur bedeutet“, sagt Bain-Partner Michael Staebe. Die Aufgabe der Berater ist es, die Digitalisierung des Geschäfts der Kunden innerhalb der Organisation voranzutreiben und neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nachgefragt werden Consultants auch, wenn es darum geht, die vielen Daten, die Unternehmen von ihren Kunden sammeln, optimal zu nutzen, damit die Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser verstehen.

Trend 5: Beratung in Sachen Ethik und Werte
Früher brachte man Unternehmensberater nicht in erster Linie mit Begriffen wie Ethik und Werte zusammen. Doch auch hier haben sich die Zeiten geändert. „Gesellschaftliche Verantwortung und nachhaltiges Wirtschaften zählen zu den derzeit wichtigsten Themen für Unternehmen“, sagt Daniel Milleg von Oliver Wyman. Die Unternehmensberatung führt ein eigenes „Sustainability Center“, das Unternehmen und Regierungsorganisationen dabei unterstützt, wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen. Um als Berater bei diesen Fragen glaubwürdig zu sein, legen die Unternehmensberatungen selbst großes Gewicht auf Werte und ökologisches Denken. Pro-Bono-Beratungen für soziale und innovative Non-Profit-Organisationen gehören genauso dazu wie Richtlinien für ethisches Handeln und eine grüne Unternehmenskultur.

Trend 6: Talente so gefragt wie nie
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt für Consultants stellt Michael Staebe von Bain & Company allen Beratertalenten eine hervorragende Karriereperspektive in Aussicht: „Der ,war for talents’ bleibt auch weiterhin eine große Herausforderung für die Branche, denn alle Top-Managementberatungen suchen zusammengenommen mehr Nachwuchskräfte, als an Beratung interessierte Hochschulabsolventen zur Verfügung stehen.“ Doch bei den Anforderungen, die Strategieberatungen an den Nachwuchs stellen, werden die Arbeitgeber keine Kompromisse eingehen – dafür sind die Ansprüche der Kunden einfach zu hoch. Wer also als Consultant einsteigen und von der sehr steilen Lernkurve profitieren möchte, muss einiges mitbringen. „Neben analytischen Fähigkeiten sind praktische Erfahrungen in der Industrie von Vorteil“, nennt Oliver-Wyman-Partner Daniel Milleg einen Punkt. „Schließlich müssen sich Berater bei Projekten schnell in die jeweilige Unternehmensstruktur und -kultur der Kunden hineinversetzen. Ein Grundverständnis für große und mittelständische Unternehmen ist daher sehr hilfreich.“ Bei KPMG setzt man in erster Linie auf BWL-Absolventen, denn, so der COO Manfred Hannich, „ohne ein grundlegendes Verständnis von betriebswirtschaftlichen Prozessen ist es nur schwer möglich, ein Unternehmen auf höchstem Niveau zu beraten.“ Ergänzt werden die Teams jedoch von Beratern aus unterschiedlichsten Richtungen, von Ingenieuren und Mathematikern bis hin zu Informatikern und Statistikern.

Trend 7: Ohne Wachstum geht es nicht
Auch die Beratungsunternehmen selbst sind gefordert. Die Branche war zuletzt von einigen Übernahmeplänen geprägt, die Dynamik wird nach Meinung vieler Experten dazu führen, dass vor allem große Generalisten und kleine Nischenberatungen erfolgreich am Markt bestehen werden. Dass die Consultingfirmen wachsen, ist nicht nur wichtig für die Bilanz, sondern auch für das Recruiting. „Beratung ist ein People Business“, sagt Manfred Hannich. „Wir müssen wachsen, um unseren Mitarbeitern Karrierechancen bieten zu können. Sonst gehen sie woanders hin.“

Buchtipp: Ethik und Consulting

Der Autor Michael Hesseler ist Sozialwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftler. In seinem Buch fragt er, wie es gelingen kann, eine moderne Unternehmensberatung mit Fragen der Ethik zu verknüpfen. Das Buch beschreibt moralische Risiken, denen sich Consultants stellen müssen, und bietet im Serviceteil eine Reihe von Fallbeispielen sowie Informationen zu Weiterbildungen und speziellen Studiengängen.

Michael Hesseler: Unternehmensethik und Consulting: Berufsmoral für professionelle Beratungsprojekte.
Oldenbourg 2011. ISBN 978-3486586893. 39,80 Euro.

karriereführer banken/versicherungen 2014.2015

0

Cover karriereführer banken/versicherungen 2014.2015

Chancen erkennen, Wissen nutzen – Absolventen für die Zukunft gesucht

Finanzstart. Die Welt der Banken und Versicherungen bietet Absolventen eine Vielzahl an Einstiegsmöglichkeiten. Sie können zum Beispiel mit Kunden arbeiten, Risiken von Branchen und Unternehmen abwägen oder sich mit Regularien beschäftigen. Wir werfen einen Blick auf die Finanzbranche und zeigen die Bereiche mit den besten Einstiegschancen. Welche Anforderungen werden dort an Absolventen gestellt? Und welche Aufgaben erwarten die Einsteiger?

Face-to-Face am Bildschirm

Videointerviews im Bewerbungsverfahren nehmen zu. Dafür gibt es logische Gründe: Alle Beteiligten sind flexibler, Reisekosten werden reduziert und es braucht weniger Zeitaufwand. Doch auch Videointerviews bleiben Bewerbungsgespräche. Daher gibt es einiges zu beachten. Von Hanna Weyer, Viasto

Viasto entwickelt zeitversetzte Videointerviews für die Personalauswahl
www.viasto.com

Es gibt zwei Formen des Videobewerbungsgesprächs: Das erste wird live und direkt geführt, beispielsweise über den Online-Kommunikationskanal Skype. Bei der zweiten Variante handelt es sich um zeitversetzte Interviews. Bewerber loggen sich dabei über einen vom Unternehmen bereitgestellten Link in die Benutzeroberfläche der Videosoftware ein, schauen sich dann ein Willkommensvideo des Unternehmens an und können ein paar Testvideos durchführen, bevor es anschließend zum „richtigen“ Videointerview geht. Für die fünf bis sechs Fragen gibt es eine Vorbereitungsund eine Antwortzeit. Meistens haben die Bewerber mehrere Tage Zeit, um ihr Videointerview durchzuführen. Die Fragen selbst werden von Personal- und Fachabteilungen zusammengestellt und sind im Regelfall auf die ausgeschriebene Stelle gemünzt. Das abgespeicherte Video mit Ihren Antworten schauen sich die Unternehmensvertreter dann zu für sie passenden Zeiten an und bewerten die Antworten. Beide Formen des Videointerviews dienen aber einer Vorauswahl, der das persönliche Gespräch vor Ort folgt.

In jedem Fall setzt die Einladung zum Bewerbungsgespräch aber eine gezielte Vorbereitung voraus. Wie beim klassischen Gespräch gilt es, sich inhaltlich mit der Wunschstelle und dem Unternehmen auseinanderzusetzen, Antworten auf die eigenen Stärken und Schwächen parat zu haben, eventuell Fremdsprachenkenntnisse unter Beweis zu stellen und kleine Aufgaben zu lösen.

Um sich auf die Fragen und die Antworten konzentrieren zu können, ist ein vertrautes Umfeld vorteilhaft. Ein neutral gehaltener Hintergrund und ein aufgeräumter Schreibtisch sind sicher von Vorteil. Ebenso sollte das Licht am Rechner so justiert werden, dass Sie gut zu sehen sind, gleichzeitig aber nicht geblendet werden. Sinnvoll sind auch Testläufe. Die Übungen geben Ihnen Sicherheit. Weiterhin sollten die Telefone während des Interviews selbst ausgeschaltet werden, die Mitbewohner informiert und Haustiere aus dem Raum verbannt werden, damit es nicht zu unangenehmen Überraschungen kommt.

Die Antworten sollten, wie im klassischen Gespräch auch, natürlich und authentisch sein – genauso die Sprache. Eine deutliche und klare Aussprache könnte beim Videointerview eventuell aber noch wichtiger sein als beim Gespräch vor Ort. Und da Sie gesehen werden, können Sie versuchen, auch auf Ihre Mimik zu achten. Das Wichtigste aber: Bleiben Sie natürlich. Es geht darum, Ihnen eine Chance zu geben, sich über Ihre Bewerbungsunterlage hinaus mit Ihren Fertigkeiten und Ihrer Persönlichkeit beim Unternehmen vorzustellen – nutzen Sie diese.

Aufgestiegen zum Leiter der Maklerdirektion

Christian Pape hat sich seine Ziele schon immer bewusst gemacht, um dann einen Plan zur Verwirklichung aufzustellen. Wirtschaftliche Zusammenhänge fand er bereits zu Schulzeiten spannend. Also studierte er BWL. Um direkt praktische Erfahrung zu sammeln, entschied er sich für ein BA-Diplomstudium in Mannheim. Ein Erfahrungsbericht von Christian Pape, aufgezeichnet von Christoph Berger.

Christian Pape, 30 Jahre
Studium des BA-Diplomstudiengangs Betriebswirtschaftslehre und eines MBAs mit Schwerpunkt Versicherungswesen
eingestiegen 2006
als Maklerberater
aufgestiegen 2009
zum Leiter Maklerservice der Maklerdirektion Göttingen der Gothaer Versicherung
aufgestiegen 2010
zum Leiter der Maklerdirektion Göttingen
aufgestiegen 2013
zum Leiter der Maklerdirektion München

Später, während seines ersten Jobs, absolvierte er in 21 Monaten noch einen berufsbegleitenden MBA mit Schwerpunkt Versicherungsmanagement. Er wollte sein Wissen vertiefen, um seine Karriere voranzubringen. Dabei hatte Pape bis 2007 schon einiges erlebt: Er hatte in einer großen deutschen Versicherung ein Traineeprogramm durchlaufen und war mit zwei Kollegen nach Leipzig versetzt worden, um dort für das Unternehmen eine neue Maklerdirektion für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufzubauen.

Maklerberater betreuen und beraten die lokalen Versicherungsmakler, die schließlich den Kontakt zu den Endkunden haben. Diese Zeit prägt Christian Pape bis heute. Er war jung, musste unternehmerisch denken und hatte, trotz seiner damals erst 22 Jahre, direkt eine Menge Verantwortung übertragen bekommen. Außerdem traf er manchmal auf Menschen, deren Arbeitsleben seine Lebenszeit übertraf. Mit ihnen eine Kommunikation auf Augenhöhe hinzubekommen, war nicht immer leicht. Pape sieht diese Zeit heute als perfekte Vorbereitung für seine späteren Führungsaufgaben. Er sagt: „Für die Vertriebsarbeit ist eine Kombination aus Fachwissen und die Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Menschentypen einzustellen, notwendig. Ich brauche ein Gespür für meine Geschäftspartner und muss auf sie angemessen reagieren können.“ Der Entschluss für den Weg nach Leipzig zeigt aber auch noch eine andere Fähigkeit Papes: Er ergreift Chancen.

Während seines MBA-Studiums knüpfte Pape erste Kontakte zur Gothaer Versicherung. Sein Tipp: „Suchen Sie sich einen Arbeitgeber, mit dem sie sich indentifizieren können, für den es Spaß macht, zu arbeiten und der den Mut besitzt, junge Menschen zu fördern.“ Im März 2009 wechselte er dann zu dem Kölner Unternehmen in die Maklerdirektion Göttingen. Etwa 100 Makler hatte er dort in der Sparte Lebensversicherung zu betreuen. Zeitgleich wurde er zum Leiter des Maklerservices ernannt. Damit waren erste Führungsaufgaben verbunden: Er bekam die fachliche und disziplinarische Führung von acht Innendienstmitarbeitern übertragen. Er lernte, dass der eigene Anspruch nicht immer auf alle Mitarbeiter übertragbar ist, dass es unterschiedliche Interessen und Leistungsniveaus gibt. All das hatte er in Einklang zu bringen. Und er ergriff wieder eine Chance, um auf sich aufmerksam zu machen: Mit einem kleinen Team organisierte er neben dem Tagesgeschäft den gesamten Messeauftritt der Gothaer auf der DKM 2010 und 2011, der größten Messe für die Finanz- und Versicherungswirtschaft in Deutschland.

Als Pape im Dezember 2010 zum Leiter der Maklerdirektion in Göttingen befördert wurde, kamen zu den acht Innendienstmitarbeitern noch sieben Maklerbetreuer hinzu. Letztere sind in der Regel kommunikationsstarke Menschen mit großem Erfahrungsschatz und enormem Fachwissen. „Wichtig war es, nicht alles umkrempeln zu wollen und trotzdem in die Zukunft gerichtet zu arbeiten“, erklärt Pape. In vielen Gesprächen gelang es ihm, alle mit auf den Weg zu nehmen und auch mal mit liebgewonnenen Gewohnheiten zu brechen.

Papes Führungsverantwortung nahm immer weiter zu, und er hatte mehr und mehr repräsentative Aufgaben zu erfüllen. Mit seiner Ernennung Anfang 2013 zum Leiter der Maklerdirektion München wurden diese Aufgaben noch ausgebaut. „Der Assekuranz-Markt München hat eine sehr große Bedeutung in Deutschland“, sagt er. Dort gibt es viele traditionelle Maklerhäuser, die gleichzeitig auch sehr innovativ arbeiten. Und es gibt viele relativ neue internetbasierte Vertriebskonzepte. Insgesamt werden aus Papes Direktion etwa 2000 Maklerverbindungen gesteuert, er selbst hat 25 Mitarbeiter, für die er verantwortlich ist.

Die Liebe zum Beruf, symphatische Hartnäckigkeit, ein eigener Karriereplan und das Schaffen eines Netzwerkes im und außerhalb des Berufs nennt Pape als Tipps für Absolventen, die erfolgreich in die Branche einsteigen wollen. Darüber hinaus müsse man sein Fachwissen beständig weiterentwickeln. All dies sind Eigenschaften, die ihn selbst schnell die Karriereleiter aufsteigen ließen.

Christian Pape, 30 Jahre, studierte BWL an einer Berufsakademie und hängte später noch einen berufsbegleitenden MBA mit Schwerpunkt Versicherungsmanagement an der Universität Leipzig an. 2003 stieg er als Trainee bei einer großen Versicherung ein. Heute ist er Leiter der Maklerdirektion München der Gothaer Versicherung.

Risikomanagementberatung für die Kunden

Meinen Start bei Munich Re würde ich als „sanften“ Einstieg bezeichnen. Ich hatte bereits während meines Studiums ein mehrmonatiges Praktikum absolviert und meine Diplomarbeit zusammen mit dem Unternehmen geschrieben. Daher kannte ich schon einige meiner heutigen Kollegen und wusste in etwa, was auf mich zukommt und dass der Job gut zu mir passt. Von Norman Ducoffre

Norman Ducoffre,
32 Jahre, Consultant Solvency bei Munich Re

In meiner Diplomarbeit hatte ich mich mit den Abhängigkeiten zwischen operationellen und strategischen Risiken beschäftigt. Daher wollte ich gerne auch in einem Bereich einsteigen, der ähnliche Themen bearbeitet. Durch meine Praxisphasen wusste ich, dass sich Munich Re in der Abteilung „Solvency Consulting“ in dem Bereich „Integrated Risk Management“ mit genau diesem Thema beschäftigt. Hierbei handelt es sich um eine Art Inhouse-Beratung, die Kunden zusammen mit den Geschäftsbereichen bezüglich ihres Risikomanagements berät. Kundennähe und Internationalität sind dort gelebter Alltag. Ich wollte, wenn möglich, einen international ausgerichteten Job, der mir die Möglichkeit zu Kontakten mit Menschen aus aller Welt bietet. Darum habe ich mich für das 24 Monate dauernde internationale Traineeprogramm beworben, um einen möglichst großen Überblick über mein zukünftiges Arbeitsumfeld zu bekommen und weitere Abteilungen kennenzulernen.

Neben ihrer Tätigkeit in der Fachabteilung an ihrem Heimatstandort bekommen Trainees die Möglichkeit, auch in anderen Fachbereichen Erfahrungen zu sammeln. Ich war beispielsweise auf verschiedenen Projekten im Lebens- und Nicht-Lebensrückversicherungsgeschäft tätig. Durch den Auslandsaufenthalt in der Außenstelle in London konnte ich nicht nur den lokalen Markt und seine Besonderheiten, sondern auch unser dort gezeichnetes Geschäft und die dortigen Kollegen näher kennenlernen. Zudem gehört zum Traineeprogramm ein umfangreiches Aus- und Weiterbildungspaket: Hierzu zählen beispielsweise Sprachkurse oder zertifizierte externe Ausbildungen. Dennoch ist man von Anfang an in das Tagesgeschäft voll eingebunden.

Durch diese Form der Ausbildung habe ich mir einen sicheren Zugang zu den Themen und eine fundierte Einarbeitung in die Aufgabe meiner Abteilung erschlossen: Die Kunden von Munich Re und damit auch der Abteilung Solvency Consulting sind Erstversicherungsunternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen und Ländern. Für sie werden unter Berücksichtigung der jeweils zugrunde liegenden Regulierung Lösungen zur Risikokapitaloptimierung entwickelt, immer in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen geschäftsschreibenden Einheiten.

Unsere Arbeit beschäftigt sich mit verschiedenen Fragestellungen aus Themenbereichen wie Risikomanagement, Regulierung und natürlich auch Versicherungstechnik. Da wir und unsere Kunden besonders im Kontext moderner risikobasierter Regulierung, die sich in Europa im neuen Aufsichtssystem Solvency II darstellt, vor komplexen Herausforderungen stehen, ist es unsere Aufgabe, die Themen für unsere Kunden auf das Wesentliche zu reduzieren und individuell aufzubereiten. Mit Solvency II und Risikomanagementthemen möchten wir unseren Kunden Ansprechpartner sein und Lösungen und Know-How bieten. Dies geschieht in Form von Marktveranstaltungen, mit Seminaren zu aktuellen Themen oder natürlich auch in individuellen Meetings oder Workshops beim Kunden vor Ort.

Wir sind ein Team aus Mitarbeitern mit ganz verschiedenen fachlichen Hintergründen – Betriebswirte, Mathematiker oder Geisteswissenschaftler arbeiten in meiner Abteilung. So versuchen wir, Problemstellungen aus den unterschiedlichsten Denk- und Blickwinkeln zu betrachten. Die gegenseitige Unterstützung, das Einholen einer zweiten Meinung, aber vor allem die Zusammenarbeit in Projekten sind selbstverständlich – hängen aber natürlich auch von der Komplexität des jeweiligen Themas ab.

Mir waren immer abwechslungsreiche Aufgaben, ein internationales Umfeld sowie persönliche und fachliche Weiterentwicklung sehr wichtig. All das macht bis heute meine Arbeit bei uns aus. Mein Tipp für Absolventen lautet daher: Um einen guten Job zu finden, sind Offenheit gegenüber Menschen und Themen, genauso wie die Bereitschaft, sich immer wieder neues Wissen anzueignen, essenziell.