Erfolgsfaktoren im Bewerbungsprozess

Die Einstiegsmöglichkeiten in der Banken- und Versicherungsbranche sind sehr gut – insbesondere Nachwuchsbanker werden dringend gesucht. Für Absolventen ist es dabei wichtig, sich im Vorfeld genau die Bank anzusehen und auf Einsatzmöglichkeiten sowie Entwicklungsperspektiven hin zu prüfen. Im Bewerbungsprozess gilt es, mit einer aussagekräftigen Bewerbung und einem guten Hochschulabschluss sowie einem seriösen und engagierten Auftreten in den Bewerbungsgesprächen von sich zu überzeugen. Von Irina Kummert

Dr. Irina Kummert ist Geschäftsführende Gesellschafterin der IKP Executive Search GmbH und Präsidentin des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft e.V.

Klassische Privatbanken, Sparkassen und Volksbanken, aber auch Großbanken sind interessante Arbeitgeber, da sie ein vielfältiges Aufgabenspektrum anbieten. Besonders gefragt sind Absolventen für den Vertrieb, die im direkten Kundenkontakt arbeiten möchten und darin ihre Berufung sehen. Auch Finanzanalysten mit einem ökonometrischen Hintergrund, also Mathematiker, werden gesucht. Letztere sind in der Produktentwicklung und Produktauswahl sowie im Marktresearch tätig. Grundsätzlich gilt: Wer überzeugend darstellt, in einem bestimmten Bereich unbedingt arbeiten zu wollen, und dies durch sein Auftreten sowie die Zeugnisse glaubhaft macht, wer zeigt, dass er sich für die Verwirklichung seines Berufswunsches einsetzen will, bekommt in der Regel auch eine Chance. Der potenzielle Arbeitgeber muss sofort erkennen können, dass der betreffende Absolvent eine Bereicherung wäre.

Um an diesen Punkt zu kommen, müssen Bewerber mit ihren Bewerbungsunterlagen überzeugen: Dazu gehören ein sauber formatierter Lebenslauf mit aktuellem und professionellem Bewerbungsfoto, aussagekräftige Referenzen und ein auf das Unternehmen abgestimmtes Anschreiben. Aus dem Anschreiben sollte hervorgehen, warum Sie sich für das Unternehmen interessieren, welche Qualifikationen und Erfahrungen Sie mitbringen und welche Argumente für ein persönliches Gespräch sprechen. Das erste Ziel muss sein, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. In der Vorbereitung sollte sich daher jeder Absolvent fragen: Wie kann ich dieses Ziel erreichen? Am besten funktioniert das, indem man seine eigene Bewerbung mit den Augen eines Personalers liest und sie kritisch hinterfragt: Ist das Geschriebene interessant? Wird deutlich, welchen Mehrwert ich dem Unternehmen bringen kann? Würde ich mich selbst zu einem Bewerbungsgespräch einladen? Was könnte gegen mich sprechen, und kann ich diese Gegenargumente vielleicht schon im Anschreiben aufgreifen und argumentativ auflösen?

Auch im Bewerbungsgespräch überzeugen Bewerber in erster Linie, indem sie sich von anderen mit einer guten Vorbereitung abheben. Dazu gehört, Informationen zum Unternehmen zu sammeln und sich Antworten auf mögliche Fragen im Vorfeld zu überlegen. Auch kritische Fragen wie zum Beispiel: „Was waren Ihre größten Erfolge oder Misserfolge?“ oder „Warum sollen wir uns für Sie entscheiden?“ sollten gut vorbereitet und authentisch beantwortet werden können. Im Bewerbungsgespräch selbst zählt der erste Eindruck. Bewerber sollten sich über ihre Kleidung Gedanken machen und sich dem Unternehmen vom Auftreten her anpassen. Ein Blick auf die Internetseite hilft manchmal, um zu sehen, wie die Menschen sich dort präsentieren. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Unternehmenskultur ziehen. Grundsätzlich gilt: eher dezent als zu auffällig, nicht zu viel Schmuck, kein zu kurzer Rock, kein zu tiefer Ausschnitt, keine Tennissocken zur Hose, keine ungeputzten Schuhe. Alles, was vom Wesentlichen, nämlich der Kompetenz und der Persönlichkeit des Bewerbers, ablenkt, sollte vermieden werden.

Normalerweise treffen Bewerber im Vorstellungsgespräch auf mehrere Unternehmensvertreter. Die Gesprächspartner sollten nach Hierarchie – unabhängig von Alter und Geschlecht – begrüßt werden. Im Gespräch ist es einerseits wichtig, auf gleichmäßigen Blickkontakt zu allen Beteiligten und andererseits auf den eigenen Redeanteil zu achten: Binden Sie alle Teilnehmer in das Gespräch ein und reden Sie nicht zu viel. Fragen sollten Sie so konkret wie möglich beantworten – gerne auch mit Beispielen untermauert. Gegen Ende des Gespräches sollten Sie unbedingt selbst Fragen zum Unternehmen, zur Aufgabenstellung und zum Team stellen. Damit signalisieren Sie Interesse. Auf unerwartete Fragen sollten Bewerber schließlich so sachlich wie möglich reagieren. Wer nicht sofort eine Antwort parat hat, darf ruhig darum bitten, dass die Frage zurückgestellt wird. So gewinnen Sie Zeit zum Nachdenken. Das Beantworten der Frage sollten Sie aber auf keinen Fall vergessen. Sogenannte Stressfragen, die häufig unerwartet kommen, sind zum Beispiel: „Was ist besser: Sollte ein Chef geliebt oder gefürchtet werden?“ oder „Was ist der Unterschied zwischen gut und außergewöhnlich?“ oder „Was spricht dagegen, dass wir uns für Sie entscheiden?“ Läuft all das gut, sollte es auch mit einem erfolgreichen Start ins Berufsleben funktionieren.

Redaktionstipp

In der Bewerbungsrubrik des karriereführers finden Sie umfassende Informationen zum gesamten Themenbereich Bewerbung: karrieref.walhalla0299.nbsp.de/bewerben

Interview mit Dr. Günther Bräunig

Unter den deutschen Banken nimmt der KfW-Konzern eine Sonderstellung ein. Die Bank ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt und besitzt einen nachhaltigen Förderauftrag. Für den Personalvorstand Dr. Günther Bräunig ist das ein Grund, warum sein Haus bei Einsteigern besonders beliebt ist. Ein Gespräch über den Ruf der Branche, das Berufsbild des Bankers und die herausfordernde Zeit des 58-Jährigen als Retter der IKB Bank. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Günther Bräunig, 1955 in Wiesbaden geboren, studierte Rechtswissenschaften in Mainz und Dijon. Seine Promotion zum Dr. jur. legte er 1982 in Mainz ab. Nach zwei Jahren als Referendar am Landgericht Wiesbaden und 2. Staatsexamen stieg er 1984 als Referent und später Referatsleiter in die Investment-Banking-Abteilung der Commerzbank in die Finanzbranche ein. 1986 wechselte er zu Airbus, wo er in Frankreich und in den USA als Sales Finance Manager und Direktor tätig war. 1989 wurde er dann von der KfW abgeworben für die Position des Abteilungsleiters Internationale Kapitalmärkte. Nach weiteren Stationen als Abteilungsleiter wurde er 1996 Bereichsleiter Vorstandssekretariat und 2000 Generalvollbemächtigter. Seit Oktober 2006 ist er Mitglied des Vorstands und hier unter anderem verantwortlich für Personal, Recht und Kapitalmarkt. Vom 1. August 2007 bis zum 31. Oktober 2008 wurde er als Krisenmanager zum Vorstandsvorsitzenden der krisengeschüttelten IKB Bank bestellt. Der 58-Jährige ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Herr Dr. Bräunig, Sie sind vor 30 Jahren in die Bankenbranche eingestiegen. Würden Sie gerne mit den Einsteigern von heute tauschen?
Ich habe schon sehr früh eine starke Neigung für das Bankgeschäft gespürt. Würde ich diese heute als junger Mensch bei mir entdecken, würde ich sicherlich wieder in die Branche einsteigen. Wobei man nicht verhehlen darf, dass das Geschäft mit seiner Reputation zu kämpfen hat. Vor drei Jahrzehnten hatten die Banken einen anderen, einen deutlich besseren Ruf.

Sie sprechen vom Ruf der Branche. Wie gehen Ihre Einsteiger damit um?
Die KfW ist im Vergleich zu Geschäftsbanken eine andere Art von Institut. Wir haben ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit einer sinnstiftenden Wirkung für Wirtschaft und Gesellschaft. Was wir dagegen nicht haben, sind Ziele zur Gewinnmaximierung oder übertriebene Renditeerwartungen. In dieser Hinsicht genießen wir durchaus ein Privileg, und wir merken schon, dass die Werte, für die wir stehen, die junge Generation anziehen. Unsere Themen wie Entwicklungs- und Exportfinanzierung oder Mittelstandsförderung besitzen einen konkreten Bezug zur Gesellschaft und stoßen bei Absolventen auf ein großes Interesse.

Warum gelingt es einigen anderen Unternehmen der Finanzbranche heute nicht mehr, diesen Bezug zur Gesellschaft zu verdeutlichen?
Die Gewinnorientierung ist bei Unternehmen eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Auch Industrieunternehmen agieren am Kapitalmarkt, auch sie müssen für ihre Aktionäre Gewinne erwirtschaften. Bei Banken wird das Streben nach Gewinn von der Gesellschaft jedoch sehr kritisch gesehen.

Woran liegt das?
Die Deutschen ordnen dem Bankengeschäft traditionell eine dienende Funktion zu: Banken sollen für Unternehmen und Privatkunden möglichst günstige Finanzierungen zur Verfügung stellen. Aus diesem Gedanken entsteht bis heute der sehr harte Wettbewerb um Firmen- und Privatkunden. Wenn Banken dann Gewinne einfahren, stellt sich die deutsche Öffentlichkeit schnell die Frage, warum diese Rendite nicht an die Kunden weitergegeben wird. Eine Frage, die man bei Industrieunternehmen kaum stellen würde. Was mir an dieser Stelle fehlt, ist ein stärkerer wirtschaftspolitischer Fokus in der Schulbildung. Zum Beispiel werden komplexere Finanzierungsfragen in der Oberstufe sehr selten thematisiert – und wir merken diese Wissenslücken dann, wenn wir Studenten über unseren Studienkredit informieren. Die Selbstverständlichkeit, dass ein Kredit zurückbezahlt werden muss, ist bei manchen Studenten tatsächlich eine neue Erfahrung.

Wie schwer fällt der Branche vor diesem Hintergrund das Recruiting?
Wenn ich mich mit Vorständen der großen deutschen Banken unterhalte, bemerke ich schon die Sorge, dass es schwer fällt, die besten Talente für das Bankgeschäft zu gewinnen. Das ist für die Branche eine Herausforderung, die wir nur meistern können, wenn es uns gelingt, den Banken einen neuen Ruf zu verschaffen. Und hier müssen auch Begriffe wie Ethik, Sinn und Werte eine neue Rolle spielen. Nur dann wird der Beruf für die jungen Menschen mit besonders hohem Potenzial wieder interessanter.

Wie gelingt es Ihnen, die Werte der KfW-Bank Ihrem Nachwuchs zu vermitteln?
Häufig reicht da ein Blick auf die Themen, um die wir uns kümmern. So drehen sich ein Drittel unserer Finanzierungen um Unternehmen und Projekte im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Themen wie die Energiewende und der demografische Wandel haben wir zu Megatrends ernannt. Die Bekämpfung der Armut in Entwicklungsländern steht weiterhin im Fokus. Die Schwerpunkte unseres Geschäfts stehen also für eine nachhaltige Entwicklung, und das bekommt der Nachwuchs schon im Bewerbungsprozess mit.

Sie sind seit 1989 bei der KfW. Welchen Rat geben Sie Einsteigern, die sich nicht ganz sicher sind, ob sie eine so lange Zeit bei einem Institut bleiben möchten?
Meine Erfahrung lautet, dass sich in einem Unternehmen Dinge deutlich schneller verändern, als man das als junger Mensch zunächst einmal glaubt. Wenn ein Unternehmen erfolgreich ist und wächst, ergeben sich regelmäßig personelle Veränderungen und neue Perspektiven durch strategische Veränderungen. Wer hier die Augen auf hat, kann sich schnell und immer wieder weiterentwickeln. Wer auf der anderen Seite das Gefühl hat, schon als junger Mensch nicht weiterzukommen, sollte gegebenenfalls die richtigen Schlüsse ziehen und zu einem anderen Unternehmen wechseln.

Sie waren von August 2007 bis Oktober 2008 als Vorstandsvorsitzender der IKB Bank ein wichtiger Krisenmanager der Finanzkrise. Ihre Aufgabe war es, die Bank vor dem Abgrund zu retten. Was haben Sie in diesem einen Jahr über sich gelernt?
Diese Aufgabe war sicherlich meine größte berufliche Herausforderung. Ziel war es, das Institut über diverse Restrukturierungsrunden über Wasser zu halten – und hinterher zu verkaufen. Geblieben ist mir aus diesem Jahr die Erfahrung, dass es immer einen Ausweg gibt. Auch in der größten Krise darf man nicht verzweifelt sein, da sich immer Lösungen ergeben – sofern man mit dem richtigen Team und mit der richtigen Strategie und Motivation danach sucht.

Ist das eine Erkenntnis, die Sie guten Gewissens jungen Bankern mit auf den Weg geben können?
Ja. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass Banking auch das Eingehen von Risiken bedeutet. Wirtschaftswachstum entsteht nur dann, wenn Menschen optimistisch sind, wenn sie an Geschäftsmodelle und die Zukunft glauben. Das gilt auch für den Bankberuf. Wobei man als Banker mit einem guten Blick für Risiken auch wissen muss: Das beste Geschäft ist das schlechte Geschäft, das man nicht gemacht hat. Diese Erfahrung, die die gesamte Branche nicht zuletzt in der Finanzkrise gemacht hat, sollte man auch als Einsteiger immer im Hinterkopf behalten.

Zum Unternehmen

Die KfW mit Sitz in Frankfurt am Main ist eine der führenden Förderbanken der Welt und mit Blick auf die Bilanzsumme von 464,8 Milliarden Euro die drittgrößte Bank in Deutschland. Die Bank ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und unterliegt der Rechtsaufsicht des Finanzministeriums. Zukünftig wird sie auch von der BAFIN beaufsichtigt. Gegründet wurde die KfW nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, um den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft zu fördern. Heute finanziert das Geldhaus eine Reihe von nachhaltigen Projekten. Dazu zählt unter anderem die Förderung von mittelständischen Unternehmen und Existenzgründern, die Finanzierung kommunaler Infrastruktur und energetischer Sanierungen, die Finanzierung der deutschen Exportwirtschaft sowie von Projekten in der Entwicklungszusammenarbeit. Derzeit beschäftigt die KfW etwa 5300 Mitarbeiter.

„Veränderungen sind Dauerzustand“

Auch in der Versicherungsbranche ist der Wandel gegenwärtig. Für Axa-Personalchef Robert Szwedo schlägt daher in den Konzernen die Stunde der flexiblen und kommunikationsstarken Querdenker. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Robert Szwedo, Foto: Axa
Robert Szwedo, Foto: Axa

Robert Szwedo, 42 Jahre, ist Leiter Human Resources Management beim Axa Konzern in Köln, dem deutschen Ableger der internationalen Versicherungsgruppe Axa. Nach der Ausbildung zum Versicherungskaufmann studierte Szwedo berufsbegleitend BWL (mit Schwerpunkt Personal) an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in Hannover.

Herr Szwedo, was muss ein Einsteiger in ein großes Versicherungsunternehmen heute mitbringen?
Inhaltliche Flexibilität, denn die Aufgabengebiete ändern und erweitern sich ständig. Einflüsse sind dabei neue rechtliche Rahmenbedingungen, die Digitalisierung sowie die Internationalisierung der Branche. Es kann also sein, dass Mitarbeiter innerhalb kurzer Zeit mit anderen rechtlichen Vorgaben und neuen Techniken arbeiten müssen. Ich darf als Nachwuchskraft daher nicht erwarten, als Mathematiker oder Aktuar einzusteigen und bis zur Rente den gleichen Job zu machen. Im Verlauf der Karriere wird man manches Mal nach links oder rechts schauen müssen. Veränderungen sind nicht die Ausnahme, sondern der Dauerzustand.

Welche Bedeutung hat hier der stärkere Wettbewerb, der in der Branche herrscht?
Der Wettbewerb prägt die Versicherungsunternehmen. Er setzt sie unter Druck, sich zu verändern, um am Markt zu bestehen. Treiber des Wettbewerbs sind die Kunden. Sie nutzen Vergleichsmöglichkeiten für Prämien im Internet und verlangen von uns Transparenz, weil sie gezielt wissen wollen: Wie setzt sich eine Prämie zusammen? Die „gemütlichen“ Zeiten, die man der Branche früher nachgesagt hat, sind vorbei.

Welche Fähigkeiten sind für Einsteiger wichtig?
Neben einer technischen Affinität sind sprachliche Kompetenzen bedeutsam. Die großen Versicherer in Deutschland sind alle internationale Konzerne, in denen es Schnittstellen zu Kollegen aus anderen Ländern gibt. Ohne Englisch kommt man da nicht weiter. Zudem sollte man Freude daran haben, sich auf andere Kulturen einzulassen.

Welche Rolle spielt die Kreativität?
Die Branche braucht Leute, die außerhalb der erprobten Kategorien denken. Leute, die Dinge hinterfragen und daraus neue Verbindungen herstellen, die dafür sorgen, dass das Unternehmen eine Idee besser ist als der Wettbewerber. Wichtig sind diese Fähigkeiten im Marketing, in der Produktentwicklung und im Produktmanagement. Aber auch in der IT kommt es darauf an, die technischen Möglichkeiten auf neue Art mit Verkaufsprozessen zu verbinden. Wir suchen Charaktere, die als Digital Natives Ideen dafür entwickeln, wie man die sozialen Medien für die Versicherungswirtschaft nutzt, wie man neue Zielgruppen identifiziert und anspricht.

Das sind Leute, die auch in anderen Branchen gefragt sind.
Ja, wir konkurrieren hier mit Unternehmensberatungen und anderen Unternehmen aus dem Sektor der Finanzdienstleistungen. Darum ist es entscheidend, dass wir mit Blick auf unsere Unternehmenskultur einiges zu bieten haben. Entsprechend wichtig ist uns die soziale Kompetenz unserer Mitarbeiter: Wir suchen Absolventen, die Spaß daran haben, in einer Konzernstruktur mit anderen zusammenzuarbeiten – und zwar auf Dauer, denn wir brauchen keine Bulldozer, die hier vier Jahre durchpreschen, dann ausgebrannt sind und bei den Kollegen keinen Respekt mehr genießen. Wobei eine gewisse Durchsetzungsstärke ebenfalls wichtig ist, denn natürlich orientiert sich die Branche weiterhin auch an Ergebnissen und Leistungen.

Wie groß ist die Vielfalt an Menschen in Ihrem Konzern?
Wir haben eine riesige Bandbreite, nicht zuletzt, weil wir sowohl Privatals auch gewerbliche Kunden bedienen. Wir versichern Unternehmen, aber auch Wälder, Windräder oder Photovoltaikanlagen – und in diesen Bereichen arbeiten Leute, die sich ein sehr spezielles Know-how angeeignet haben. Dabei ist es auch entscheidend, dass diese Experten in der Lage sind, ihr Wissen so aufzubereiten, dass auch andere es verstehen. Denn nur dann sind Diskussionen zwischen Experten unterschiedlicher Fachrichtungen möglich, die in der Regel zu den besten Lösungen führen.

Zwischen Wettbewerb und Regeln

Das Bankgeschäft hat sich grundlegend gewandelt. Nicht nur, dass immer neue Regularien die Geldhäuser fordern, auch der Wettbewerb wird härter und die Kunden anspruchsvoller. Daher suchen die Banken Nachwuchskräfte, die ihnen bei der Lösung dieser Herausforderungen wirklich helfen. Von André Boße

Der Berufseinstieg bei einer Bank – das war früher mal ein Schritt in vergleichsweise ruhiges Fahrwasser. Umgangssprachlich sprach man sogar von „Bankbeamten“, eine Bezeichnung, die arbeitsrechtlich nie stimmte, aber doch einen wahren Kern hatte: Wie Beamte des öffentlichen Dienstes genossen Mitarbeiter einer Bank einen sehr sicheren Arbeitsplatz ohne große Überraschungen. Dieser Zustand ist inzwischen längt passé. Heute stellt sich die Bankenwelt grundsätzlich anders dar. Erstens ist der Wettbewerb um Privat- und Geschäftskunden groß. Zweitens stehen Banken auch rund sieben Jahre nach dem Ausbruch der weltweiten Bankenkrise unter Druck: zum einen gesellschaftlich, weil die Öffentlichkeit die Geschäfte der Banken mit Argusaugen betrachtet, zum anderen politisch und rechtlich, weil Banken eine Vielzahl gesetzlicher Vorgaben zu erfüllen haben.

Verschärfter Wettbewerb und immer neue Regulierungen: Wer heute bei einer Bank einsteigt, steckt automatisch in diesem Spannungsfeld. Gefragt sind daher Typen, die sich darauf verstehen, mit diesen besonderen Rahmenbedingungen umzugehen, die je nach Art der Bank eine mehr oder weniger große Rolle spielen.

Duales Master-Studium

Wer den Bachelor in der Tasche hat, nun den Master anstrebt, dabei aber schon die Bankenbranche kennenlernen möchte, findet bei vielen Großbanken wie der Commerzbank oder der Deutschen Bank, aber auch bei Finanzdienstleistern wie MLP sowie einigen Genossenschaftsbanken die Möglichkeit für ein duales Studium, bei dem die Unternehmen direkt mit den Hochschulen kooperieren. Der Vorteil: Oft lassen sich die Studieninhalte direkt in der Praxis anwenden. Zudem hilft die Theorie der Nachwuchskraft dabei, sich in den Banken als Experte zu profilieren.

Großbank oder Genossenschaftsbank?
„Großbanken und Genossenschaftsbanken unterscheiden sich zum Teil erheblich in den Anforderungen, die an Hochschulabsolventen gestellt werden“, sagt Thomas Haibach, Geschäftsführer der Wiesbadener Personalberatung Haibach & Cie., die sich auf die Suche und Auswahl von Führungskräften und hochqualifizierten Experten für Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen spezialisiert hat. Momentan suchen Großbanken für ihre jeweiligen Fachbereiche vor allem Einsteiger und Nachwuchskräfte mit fachlichem Know-how. Haibach sagt: „Hilfreich sind hier zum Beispiel Fachkenntnisse in den Bereichen Rechnungswesen oder Controlling, die im Rahmen des Studiums oder durch studienbegleitende Praktika erworben werden.“ Es kommt also vielfach auf sehr passgenaues Wissen für die jeweilige Abteilung an. Aufgrund ihrer internationalen Ausrichtung seien bei Großbanken zudem sehr gute Englischkenntnisse für den Einstieg unabdingbar. „Hilfreich ist auch hier, wenn ein Bewerber bereits während seines Studiums ein Auslandspraktikum absolviert hat“, weiß der auf Banken spezialisierte Personalberater aus Erfahrung. Bei Genossenschaftsbanken wiederum ergeben sich aufgrund ihrer mittleren Größe und der regionalen Aufstellung weiterhin Einstiegsmöglichkeiten in „generalistischen Funktionen oder in der Kundenbetreuung“, erklärt Haibach.

Typ für den Wettbewerb
Um gleich ein Vorurteil zu widerlegen: Auch die regionalen Volksbanken und Sparkassen stehen heute im Wettbewerb zueinander oder zu anderen Finanzanbietern und dürfen sich daher nicht mit mittelmäßigem Personal zufrieden geben. „Ob Großbank oder Genossenschaftsbank: Alle Unternehmen brauchen hochqualifizierte und engagierte Mitarbeiter, um im Wettbewerb zu bestehen“, sagt Karin Reuschenbach-Coutinho, verantwortliche Karriereexpertin bei der Frankfurt School of Finance & Management. Laut dem „Bankenbarometer 2014“ der Unternehmensberatung Ernst & Young sehen die Banken in Deutschland ihre größten Geschäftsperspektiven derzeit in den Bereichen Retail Banking sowie dem gehobenen Privatkundengeschäft. Hier geht es darum, Kunden auf dem offenen und dynamischen Markt der Banken zunächst von den eigenen Leistungen zu überzeugen – und sie dann nicht zu enttäuschen, denn immer wieder zeigt sich: Kunden sind heute viel schneller bereit, ihre Bank zu wechseln, als das früher der Fall war. Welche entscheidende Rolle dabei der Service spielt, zeigt der Report „Effektives Kundenmanagement im Retail Banking“ der Unternehmensberatung PwC. In dem heißt es: „42 Prozent der Kunden wechseln die Bank, weil sie mit dem Service unzufrieden sind.“

Diesen Serviceanspruch haben nicht nur die Privatkunden, auch das Firmenkundengeschäft ist vom Wettbewerb geprägt. Ein Bereich mit ebenfalls besonders guten Perspektiven ist das Commercial Banking. „Hier geht es darum, individuelle Finanzlösungen für DAX-Konzerne zu schaffen und so international tätige Unternehmen in ihrem Geschäft und dessen Expansion zu unterstützen“, sagt Meike Keber, Referentin Personalentwicklung bei der Ing-Diba. Im Commercial Banking sind vor allem engagierte Kundenbetreuer gefragt, Experten für Finanzprodukte sowie Analysten, die „durch fachliche Expertise, interkulturelle Kompetenz sowie das nötige Fingerspitzengefühl den Kunden im Fokus haben und für ihn den besten Service liefern“, sagt Meike Keber. Commercial Banking ist daher ein ideales Einstiegsfeld für Absolventen, die gerne unternehmerisch denken und Freude daran haben, mit hoher Eigenverantwortung ein dynamisches Geschäftsfeld aufzubauen. Da der Bereich im Kern ein internationales Geschäft ist, erwarten die Banken von Einsteigern die Bereitschaft zu Auslandsaufenthalten und der Pflege internationaler Kundenbeziehungen.

Ob im Geschäft mit Privat- oder Gewerbekunden: Der „Bankmonitor 2014“ zeigt, dass deutsche Banken in naher Zukunft am ehesten in den Aufbau neuer Kanäle und Technologien für den Vertrieb investieren möchten. „Die Vernetzung von IT und Banking schafft weitere spannende und zukunftsweisende Berufszweige“, schätzt Karin Reuschenbach-Coutinho von der Frankfurt School of Finance & Management. Durch die weiter zunehmende Technisierung im Banking werden ihrer Ansicht nach Arbeitsplätze in den Filialen weiter an Bedeutung verlieren. Das gilt insbesondere für die großen internationalen Banken, in denen die Geschäftsfelder vielfach neu strukturiert werden. „Dadurch konzentrieren sich viele Abteilungen in den Zentralen der Institute“, erklärt die Expertin für Bankkarrieren. Wer sich also als Typ für die Arbeit in Filialen betrachtet, findet Tätigkeitsfelder in den auch heute noch regional stark vertretenen Genossenschaftsbanken und Sparkassen – wobei auch hier weiterhin Fusionen dafür sorgen werden, dass die Zentralen der Unternehmen größer werden und das Filialnetz tendenziell ausgedünnt wird.

Typ für Regeln
Die vielfältigen Auswirkungen der Krise fordern die Banken nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, auch die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Finanzbranche stellen die Unternehmen vor immense Herausforderungen. Prozesse und Projekte müssen hinterfragt werden, in vielen Geldhäusern steht sogar die gesamte Unternehmenskultur auf dem Prüfstand – und das funktioniert in den Banken nicht ohne speziell dafür ausgebildetes Personal. „Themen wie Compliance, Risk Management und Corporate Governance gewinnen daher weiter an Bedeutung. In diesen Bereichen entstehen neue und fordernde Tätigkeitsfelder für angehende Banker“, prognostiziert Karin Reuschenbach-Coutinho.

Konkret suchen die Banken laut Personalberater Thomas Haibach verstärkt Einsteiger und Nachwuchskräfte für den Bereich Audit. Intern und unabhängig vom Tagesgeschäft prüfen hier Compliance-Experten die Geschäftsfelder der Bank. Sie machen sich auf die Suche nach möglicherweise nicht regelkonformen Teilbereichen des operativen Geschäfts, nehmen die verschiedenen Finanzdienstleistungen unter die Lupe und analysieren die internen Prozesse und Strukturen. Besonders für große Banken werden diese Compliance- und Audit-Experten immer wichtiger: Sie stellen sicher, dass Banken regelkonform ihrem Geschäft nachgehen. Das schützt die Institute vor möglichen Strafen. Dementsprechend gut sind die Karrierechancen für Einsteiger, die sich in diesem Bereich profilieren können. Und zukunftssicher ist der Bereich auch, weil die Zeit der Regulierungen noch nicht vorbei ist. Seit Anfang 2014 ist zum Beispiel die neu verfasste Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen in Europa in vollem Umfang in Kraft getreten, nach der Banken eine noch höhere Liquidität und ein höheres Eigenkapital vorweisen müssen.

Typ fürs Risiko
Auch abseits der Regeln hat die Bankenkrise die Jobprofile der Branche geändert. Sehr gefragt sind demnach Nachwuchskräfte, die sich auf das Abschätzen und die Quantifizierung von Risiken für die Institute verstehen. Dabei kommt es darauf an, Risiken zu erkennen und durch mathematische und statistische Methoden zu analysieren. Am Ende des Prozesses sollte dabei ein Ergebnis stehen, aus dem die Risiken und Chancen hervorgehen. „Gefragt sind hier Mitarbeiter, die sich immer wieder mit neuen Aufgaben befassen wollen, neue Entwicklungen antizipieren können und die Sicherheit für Kunden und Bank in den Vordergrund stellen“, erläutert Meike Keber von der Ing-Diba. Man darf sich Jobs im Risikomanagement jedoch nicht so vorstellen, dass Experten im stillen Kämmerlein basteln und analysieren. „Chancen haben kommunikative Typen“, sagt Meike Keber, „denn man arbeitet an vielen Schnittstellen mit Kollegen zusammen und findet im Dialog adäquate Lösungen.“ Ihr Wunschprofil für Talente im Risikomanagement: „Problemlöser, die das große Ganze verstehen – und sich trotzdem auf das Wesentliche konzentrieren.“

Praxiserfahrung

Mit ihren vielfältigen Einstiegsmöglichkeiten bietet die Finanzwelt Absolventen die Qual der Wahl. Oft ist es gar nicht so einfach herauszufinden, welches Jobprofil am besten passt. Da hilft manchmal nur eins: hinein in die Praxis. Denn wer in den Unternehmen diverse Stationen ausprobiert, erkennt recht schnell, was ihm Spaß macht und wo die eigenen Talente liegen. Karriereexperten empfehlen daher studienbegleitende Tätigkeiten als Werkstudent oder – auch nach dem Studium – das Absolvieren von Praktika, um in der Praxis die Anforderungen der spezifischen Tätigkeitsprofile in den Fachbereichen zu erkennen.
Quelle: Thomas Haibach, Haibach & Cie.

Work-Life-Balance wichtigtes Karriereziel

Für welchen Arbeitgeber willst du arbeiten? Und welche Erwartungen hat du an ihn mit Blick auf Gehalt, Arbeitsumfeld und Familienplanung? Das Wunschkonzert von knapp 17.000 deutschen Studierenden wird uraufgeführt in der jährlichen Studentenbefragung der Employer Branding-Spezialisten von Universum Global. Ein Überblick.

Autobauer sind attraktivste Branche, IT verliert erneut

Die Automobilindustrie ist für die Studierenden der wirtschafts- und ingenieurwissenschaftlichen Fachbereiche die mit Abstand attraktivste Branche – und dies schon seit Jahren. Unter den Top 10 im diesjährigen Unternehmensranking der beliebtesten Arbeitgeber sind fünf Autobauer.

Arbeitgeber aus der Technologie- und Hardware-Industrie verlieren dagegen bereits im vierten Jahr in Folge an Attraktivität bei angehenden Ingenieuren. IT-Arbeitgeber werden von ihnen nicht als Garanten für sichere und dauerhafte Arbeitsverhältnisse angesehen, ein Bedürfnis, das für diese Zielgruppe aber sehr relevant ist.

Universum Student Survey 2014, Bild: Universum Global
Universum Student Survey 2014, Bild: Universum Global

Berater und Banken sind bei Wirtschaftsstudierenden wieder attraktiver

Unternehmensberatungen konnten den seit einigen Jahren anhaltenden Negativtrend stoppen. Banken und Versicherungen, die sich seit der Finanzkrise schwer damit tun, bei den Wirtschafts-Studierenden zu punkten, verzeichnen in diesem Jahr jedoch eine leichte positive Entwicklung. Besonders die Arbeitgeberattraktivität der Investmentbanken profitiert von diesem Trend.

Das erwarten Studierende von ihren künftigen Arbeitgebern:

Wenn man die Studierenden fragt, was für sie einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht, stehen ein attraktives Grundgehalt, ein freundliches Arbeitsumfeld, eine sichere Anstellung, ein hohes Einkommen in der Zukunft und vielfältige Arbeitsaufgaben ganz oben auf der Wunschliste.

Die Work-Life-Balance, also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Arbeit und dem Privaten, ist für die Studierenden schon seit einigen Jahren das wichtigste langfristige Karriereziel, gefolgt von Jobsicherheit und der intellektuellen Herausforderung.

Zukunftsplanung in den Köpfen der Studierenden

Bereits vor Beginn des Berufslebens machen sich Studierende Gedanken um ihre langfristige Karriere- und Familienplanung. Aspekte wie Weiterbildung, ausreichend Zeit für Familie und Freizeit sowie Altersvorsorge sind Aspekte, mit denen sich junge Talente bereits im Studium beschäftigen.

Wer sind denn aber nun die idealen Arbeitgeber? Universum nennt sie beim Namen:

Ranking der idealen Arbeitgeber für Studierende der Wirtschaftswissenschaften und des Ingenieurwesens

1. Audi (21%)

2. BMW Group (20%)

3. Porsche (18%)

4. Volkswagen (15%)

5. Google (13%)

6. Daimler/Mercedes-Benz (13%)

7. Deutsche Lufthansa (13%)

8. McKinsey & Company (8%)

9. adidas group (7%)

10. Siemens (7%)

1. Audi (28%)

2. BMW Group (24%)

3. Porsche (24%)

4. Volkswagen (17%)

5. Daimler/Mercedes-Benz (16%)

6. Siemens (15%)

7. Lufthansa Technik (12%)

8. EADS (8%)

9. Robert Bosch (7%)

10. Deutsche Bahn (7%)

Die Studierenden waren übrigens zum Zeitpunkt der Befragung durchschnittlich 23 Jahre alt. Sie erwarten ein Einstiegsgehalt von knapp 41.000 Euro brutto ohne Zusatzleistungen (Wirtschaftswissenschaften) bzw. knapp 43.000 Euro (Ingenieure).

Checkliste Bewerbung

Sind Sie sicher das Sie nichts vergessen haben? Gehen Sie unsere Checkliste zur vollständigen Bewerbungsmappe für die schriftliche Bewerbung durch und Sie können sich sicher sein. Von Christian Püttjer und Uwe Schnierda, www.karriereakademie.de

Lebenslauf

Internet-Bewerbungen setzen sich durch
6 von 10 Unternehmen wollen Unterlagen per Internet
Nur jeder vierte Personalchef wünscht sich noch klassische Bewerbungsmappen

Quelle: Bitkom-Umfrage 2015

  • Achten Sie auf vollständige Kontaktdaten und eine seriöse Mailadresse.
  • Persönliche Daten sollten Geburtsdatum, Geburtsort, Ihr Familienstand sein.
  • Ist die Reihenfolge des Lebenslaufes korrekt, und sind die einzelnen Stationen nachvollziehbar?
  • Sind die Zeiträume mit Monat und Jahr aufgeführt?
  • Ist der Schwerpunkt des Studiums herausgearbeitet und passt er zur Stellenausschreibung?
  • Sind Unternehmen korrekt mit ihrer Firmierung benannt?
  • Sind zu Praktika und anderen Tätigkeiten erklärende Unterpunkte eingebaut?
  • Außeruniversitäres Engagement: Sind die Tätigkeiten schlüssig und gut beschrieben?
  • Weiterbildungen: Passen sie zur ausgeschriebenen Stelle?
  • Wurden Fachkenntnisse und Soft Skills herausgearbeitet?
  • Haben Sie Sprach- und EDV-Kenntnisse bewertet?
  • Ist das aktuelle Datum angegeben, und haben Sie den Lebenslauf unterschrieben?

Anschreiben

  • Achten Sie auf die genaue Firmenanschrift.
  • Wenn Sie einen persönlichen Ansprechpartner anschreiben, stellen Sie sicher, dass Vor- und Nachname richtig geschrieben sind und ggf. Titel nicht fehlen.
  • Haben Sie Erstellungsort und Tagesdatum aufgeführt?
  • Beziehen Sie sich auf die richtige Stellenausschreibung?
  • Haben Sie die Quelle der Stellenausschreibung in der Bezugszeile genannt?
  • Ist Ihr Anschreiben auch lesefreundlich aufbereitet (Absätze, Schriftgröße, Schrifttyp, Seitenrand)?
  • Haben Sie eine Endkontrolle durchführen lassen?
  • Haben Sie Ihr Anschreiben unterschrieben?
  • Sind Sie genügend auf das Anforderungsprofil der Stelle eingegangen?
  • Falls es verlangt wurde, haben Sie eine Angabe zu Ihrem Eintrittstermin und Ihren Gehaltswünschen gemacht?
  • Soft Skills: Haben Sie diese mit aussagekräftigen Praxisbeispielen umschrieben?
  • Ist Ihr Anschreiben eine Erleichterung für den Leser zur Abgleichung von Bewerber- und Stellenprofil?
  • Entspricht das Anschreiben trotz aller formalen Empfehlungen Ihrem Stil?

Bewerbungsmappe

  • Haben Sie Ihr Anschreiben lose auf die Mappe gelegt?
  • Sind Ihre Anlagen in der richtigen Reihenfolge sortiert?
  • Falls vorhanden: Sind Ihre Praktikumsbescheinigungen beigefügt?
  • Deckblatt: Ist dies auf die Einstiegsposition und das ausschreibende Unternehmen zugeschnitten?
  • Falls Sie vor dem Studium eine Ausbildung abgeschlossen haben: Liegen Kopien des Ausbildungszeugnisses oder der Prüfungsergebnisse bei?
  • Wenn Sie nach der Ausbildung gearbeitet haben: Ist Ihr Arbeitszeugnis beigefügt?
  • Falls vorhanden, haben Sie Weiterbildungszertifikate ausgewählt, die für die ausgeschriebene Stelle wichtig sind?
  • Gibt es auch Bestätigungen über Soft-Skill-Trainings? (Präsentieren, Rhetorik, Verhandlungsführung u. a.)
  • Falls Sie umfangreiche Anlagen beifügen, haben Sie eine Anlagenliste erstellt?
  • Sind die beigefügten Kopien in einer angemessenen Qualität?

Olá Mosambik! Hallo Mosambik!

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Gut ein Drittel der über 14-Jährigen in Deutschland engagiert sich ehrenamtlich. Eine davon ist Brita Emmermacher: Statt im Urlaub die Füße hochzulegen, arbeitete sie bei einem Projekt in Mosambik mit. Das ist nicht gerade die klassische Form der Erholung, aber für sie ist es erfüllend und lädt ihre Akkus wieder auf, wie sie berichtet.

Ich bin 32 Jahre alt und habe an der Fachhochschule Berlin Ingenieurwissenschaften studiert. Als Laboringenieurin arbeite ich am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm und beschäftige mich mit der Alterung von Lithium-Ionen-Batterien. In meiner Freizeit engagiere ich mich bei „Ingenieure ohne Grenzen“.

Im Jahr 2011 war ich zweimal in der Gaza-Provinz in Mosambik und habe gemeinsam mit einem kleinen Team von „Ingenieure ohne Grenzen“ zwölf Schulen mit Solarstrom ausgestattet. Jetzt gibt es elektrisches Licht in den Schulen, es kann also auch abends Unterricht stattfinden – für viele Mosambikaner wird Bildung damit überhaupt erst möglich: Sie arbeiten tagsüber auf dem Feld und können erst danach in die Schule gehen. In Mosambik wird es früh dunkel, das heißt, ab 18 Uhr wird Licht für den Unterricht benötigt.

Das erste Mal war ich Anfang März 2011 für zwei Wochen mit einem Kollegen vor Ort, um die Gegebenheiten zu erkunden und unseren Einsatz zu planen. Wir waren zwei Tage in der Hauptstadt Maputo, um unsere Projektpartner kennenzulernen und weitere Kontakte zu knüpfen. Dann sind wir in die Provinz Gaza gereist und haben insgesamt 14 Gemeinden besucht. Wir haben sie gefragt, ob sie überhaupt ein Projekt mit uns durchführen möchten, und ihre Wünsche und Anregungen mitgenommen. Wir wussten zwar schon, dass die Menschen vor Ort großes Interesse an den Solaranlagen haben, aber wir mussten sicherstellen, dass sie auch bereit waren, Reparatur und Wartung der Systeme selbst zu übernehmen.

Unsere Gespräche verliefen positiv, und ein halbes Jahr später reiste ich als Mitglied eines vierköpfigen Teams noch einmal für vier Wochen nach Mosambik, um das Solarschulprojekt endlich umzusetzen. Meine Aufgabe war und ist es, das Projekt in Mosambik von Anfang bis Ende zu begleiten.

Durch mein Engagement bekomme ich kleine Einblicke in ein Land auf dem afrikanischen Kontinent. Mir wird immer wieder bewusst, was alles in meinem Leben selbstverständlich ist. Solche Projekte sind für einen selbst wertvoll. Natürlich ist es zeitintensiv, solch ein Projekt vor- und nachzubereiten. Aber es macht enorm Spaß, hier in Ulm gemeinsam diese Projekte voranzutreiben, und besonders die Erfahrung vor Ort gleicht alles wieder aus. Als ich gesehen habe, wie gut die Mosambikaner unsere Arbeit annehmen, wusste ich: Mein Einsatz hat sich gelohnt. Morgens haben wir die Beleuchtung installiert, abends fand in der Schule schon Unterricht statt. Mein Umfeld ist begeistert und unterstützt mich in meinem Tun – auch mit Spenden, wir waren nämlich auch für die Finanzierung unseres Projekts verantwortlich.

Ingenieure genau wie Nichtingenieure, die ein Projekt unterstützen möchten, sollten mindestens eine Fremdsprache sprechen. Englisch und Französisch sind in vielen afrikanischen Ländern offizielle Amtssprachen. Mosambik bildet eine Ausnahme, denn das Land stand fast 500 Jahre unter portugiesischer Herrschaft. Zum Glück hatten wir lokale Begleiter, die übersetzten und mit uns gemeinsam das Projekt durchführten. In der Provinz Gaza wird hauptsächlich eine Bantusprache gesprochen. Die Kommunikation und somit das Verständnis unter- und füreinander ist das A und O einer guten Zusammenarbeit, das haben wir immer wieder gemerkt. Ohne die Übersetzungskünstler hätten wir kaum eine Chance gehabt.

Um die Projekte dauerhaft wirkungsvoll implementieren zu können, arbeiten wir immer mit einem Partner zusammen, meist mit einer lokalen Nichtregierungsorganisation. In unserem Fall ist das die Caritas in Gaza – ein absolut zuverlässiger Partner. Die Caritas war der Mediator zwischen uns und den Gemeindemitgliedern. Darüber hinaus unterstützte uns Dr. Boaventura Cuamba, Professor für Erneuerbare Energien an der Eduardo Mondlane Universität in Maputo. Er kennt sich vor Ort sehr gut aus und hatte uns mit der Caritas in Gaza zusammengebracht. Außerdem stellte er uns zwei seiner besten Studenten für sechs Wochen als Dolmetscher und angehende Jungunternehmer zur Seite. An sie haben wir unser Wissen und die Praxis vermittelt.

Wir haben in einer kleinen Pension gewohnt, da das Gästehaus der Caritas leider noch nicht fertiggestellt war. Meistens haben wir uns mit den ortsüblichen Lebensmitteln Fleisch, Reis und Gemüse eingedeckt. An den Wochenenden war immer viel für das Projekt zu tun, doch einmal war es möglich, sich den wunderschönen Limpopo Nationalpark anzuschauen. Ein echter Geheimtipp, wenn man Giraffen, Elefanten, Schlangen, Büffel oder Krokodile sehen will. Die Menschen sind unglaublich gastfreundlich, ich habe mich immer sehr willkommen gefühlt. Nur eins hat mir nicht so gut gefallen: die Moskitos nach der Regenzeit. Sie interessieren sich nämlich auch sehr für Gäste aus Deutschland.

Selbstverständlich möchte ich zurück nach Mosambik. Das ist sogar ein Muss, um zu schauen, wie es den Menschen vor Ort mit der Technik geht. Derzeit bereite ich ein zweites, ähnliches Projekt im Norden des Landes vor. Ich bin schon sehr gespannt und hoffe, dass ich bald wieder vor Ort dabei sein kann. Es bleibt aufregend.

Mosambik

Landesinformationen:
Größe: 799.380 qkm
Einwohner: circa 23 Millionen
Hauptstadt: Maputo (circa 1,5 Millionen Einwohner)
Klima: Schwül-heiße Regenzeit von November bis April.
Durchschnittstemperatur Maputo: Juli +20°C/Februar +26°C
Landessprache: Portugiesisch
Zeitverschiebung: MEZ + 1 Stunde

Währung:
Metical (MZN)
1 Euro = 35,18 MZN (Stand: 15.03.2012)

Flugdauer Direktflug:
Frankfurt – Maputo: Circa 14 Stunden
Kosten: ab circa 1000 Euro

Einreisebedingungen:
Deutsche Staatsbürger brauchen einen Reisepass, der noch mindestens sechs Monate gültig ist, und ein Visum, das Botschaft oder Konsulate ausstellen.

Essen:
Fisch und Meeresfrüchte bestimmen die mosambikanische Küche. Die bekanntesten Gerichte sind Matapa (Meeresfrüchte mit Maniokblättern und Reis) und Camarão National (Mosambikanische Shrimps in Knoblauch, Zwiebeln, Zitronensaft und Essigsoße).

Impfungen:
Wer aus Deutschland einreist, muss keine Impfungen vorweisen. Empfehlenswert ist aber, vor der Reise mit einem Arzt zu sprechen und abzuklären, ob ein Impfschutz beispielsweise vor Hepatitis A und B sinnvoll ist. In Mosambik ist Malaria weit verbreitet, eine Prophylaxe wird dringend angeraten.

E-Mail für Dich

Von: Thomas Fritz
Gesendet: Montag, 26. März 2012, 14:11
Dringlichkeit: hoch
An: Absolventen mit vielseitigen Interessen
Betreff: „Personal Time“ für die spannenden Dinge im Leben

Liebe Leserinnen und Leser,

„Work-Life-Balance“ ist ja derzeit in aller Munde und auch Thema dieser Ausgabe des karriereführer. Uns war es schon immer wichtig, dass wir Menschen einstellen, die nicht nur herausragende Qualifikationen mitbringen, sondern auch spannende Dinge in ihrem Leben machen, vielseitig interessiert und engagiert sind. Aus vielen Gesprächen mit Kollegen und Absolventen wissen wir, dass sie mehr von ihrem Leben möchten, als möglichst schnell Karriere zu machen. Ein ausgefülltes Leben ist ihnen sehr wichtig. Und uns auch, denn ausgewogene Persönlichkeiten sind die besseren Berater.

Ich treffe zum Beispiel Kollegen, die soziale Stiftungen leiten, sportlichen Ambitionen nachgehen oder einfach nur mal eine Zeit lang für Familie und Freunde wirklich da sein wollen. Das macht unser neues Programm „Personal Time“ noch besser möglich. Mit dem Programm haben alle Berater die Möglichkeit, jedes Jahr neben dem regulären Urlaub zusätzlich zwei Monate freizunehmen. Während dieser Auszeit sind sie weiterhin sozial- und krankenversichert und bekommen ihr angepasstes Gehalt. Wenn jemand zum Beispiel zwei Monate frei nehmen möchte, bekommt er oder sie das ganze Jahr über 10/12 seines Gehalts.

Das Programm haben wir im letzten Sommer auf Initiative unserer Berater eingeführt, und es kommt außerordentlich gut an. Die Kollegen bestätigen, dass sich Personal Time sehr unbürokratisch beantragen lässt: Am Anfang des Jahres legt man fest, ob und wie viel Personal Time man für die nächsten zwölf Monate einplant. Das Schöne daran ist, dass die Auszeit überhaupt nicht zweckgebunden ist. Die Berater können sie für das nutzen, was ihnen wichtig ist. Letztens habe ich mit einem Kollegen gesprochen, der seit vielen Jahren leidenschaftlich Klavier spielt. Sein großer Traum war es, gemeinsam mit seiner Frau professionelle Konzerte zu geben. Da er dafür über viele Wochen hinweg täglich mehrere Stunden üben müsste, ist ein solches Vorhaben mit den meisten Berufen nicht vereinbar. Er wird sich dieses Jahr mit der Personal Time insgesamt drei Monate frei nehmen und seinen Traum erfüllen.

Wie viel Wert wir auf die persönliche Weiterentwicklung legen, zeigt auch unser neues Programm „GapYear“ für Bachelor-Absolventen. Gemeinsam mit unseren Partnern Allianz, Bertelsmann und Henkel bieten wir die Möglichkeit an, vor dem Master ein Jahr mit bis zu drei hochkarätigen Praktika und einem persönlichen Projekt zu gestalten. Das kann ein soziales Engagement oder eine Weltreise sein. Uns geht es darum, deutlich zu machen, dass wir Persönlichkeiten mit vielfältigen fachlichen, aber eben auch persönlichen Erfahrungen suchen. Das ist uns sogar wichtiger als ein im Höchsttempo abgeschlossenes Studium.

Herzliche Grüße,
Ihr Thomas Fritz
Dr. Thomas Fritz | Director of Recruiting
McKinsey & Company, Inc. | Magnusstraße 11 | 50672 Köln | Germany
Direct +49 221 208-7555 | karriere@mckinsey.com

Familienbewusstsein mit Strategie

Es klingt simpel: Familienfreundliche Unternehmensführung fördert die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber und damit auch ihre Motivation. Aber der Teufel steckt im Detail: Was bedeutet Familienfreundlichkeit aus Unternehmenssicht eigentlich? Und wie lässt sie sich am besten umsetzen? Das audit berufundfamilie gibt Betrieben in allen Größen und Branchen Hilfestellungen, und Bewerbern Orientierung bei der Auswahl geeigneter Arbeitgeber. Von Stefan Becker, Geschäftsführer der berufundfamilie gGmbH

Mit der familienbewussten Personalpolitik verhält es sich wie mit der Stadt Rom: Sie lässt sich nicht an einem Tag erbauen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann nur dann gelingen, wenn die entsprechende Personalpolitik als fortlaufender Prozess angelegt ist. Denn die Bedürfnisse von Unternehmen und Mitarbeitern ändern sich, und das muss berücksichtigt werden. Arbeitgeber, die zur Initiierung und Steuerung dieses Prozesses das audit berufundfamilie nutzen, haben diese Schwierigkeit erkannt. Das audit wird seit 1999 von der berufundfamilie gGmbH angeboten, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, die auch die dazugehörigen Zertifikate erteilt. Seither hat sich das audit, das als strategisches Managementinstrument konzipiert ist, zum Qualitätssiegel für Familienbewusstsein in der deutschen Wirtschaft entwickelt.

Rund 1000 Arbeitgeber haben sich bereits dem Auditierungsverfahren unterzogen – diese sind auf der Website www.beruf-und-familie.de unter „Das audit“/„Zertifikatsträger“ gelistet. Wir erfassen immer als Erstes den Status quo der bereits angebotenen familienbewussten Maßnahmen. Gemeinsam mit geschulten Auditoren erarbeiten die Unternehmen dann konkrete Ziele und praktische, für den Betrieb passgenaue Lösungen. Die Maßnahmen lassen sich für jedes Unternehmen absolut individuell gestalten. Wir zählen in der Praxis mittlerweile über 250 verschiedene Modelle: von Familienteilzeitmodellen über Führungskräfte-Mentoring bis hin zu Workshops für Väter und Ferienaktionen für Mitarbeiterkinder. Die praktische Umsetzung der Maßnahmen überprüfen wir jährlich. Nach drei Jahren kommt es zur sogenannten Re-Auditierung. Dann wird kontrolliert, ob ein Betrieb die Ziele erreicht hat, und es werden gegebenenfalls weiterführende Ziele vereinbart.

Unternehmen, die mit dem audit berufundfamilie das Familienbewusstsein im betrieblichen Alltag langfristig etablieren, bieten ihren Beschäftigten nachhaltige Unterstützung und Entlastung. Für Bewerber lohnt es sich also, auf das Zertifikat zu achten – die meisten Unternehmen erwähnen es auf ihrer Website oder sogar in Stellenanzeigen. Weitere Infos: www.beruf-und-familie.de

Im Takt bleiben

Haben Sie heute schon gesungen? Wenn ja: herzlichen Glückwunsch. Sie haben damit Körper und Seele Gutes getan. Denn Gesang ist ein Heilmittel. Er fördert die Gesundheit, mindert Stress und wird sogar in vielen Therapien eingesetzt. Von Dr. Christian Lehmann, Musikwissenschaftler und Biologe

iPod, Stereoanlage und Kaufhausbeschallung: Unsere Alltagsbeziehung zur Musik ist eher eine passive. Doch es gibt gute Gründe, selbst musikalisch aktiv zu werden. Singen steigert das Wohlbefinden, schafft soziale Kontakte, hält Stimme und Geist fit und stärkt sogar das Immunsystem.

„Musik brauche ich zum Abschalten.“ Wenn wir in diesem Zusammenhang von Musik sprechen, meinen wir etwas, was es erst seit kurzer Zeit gibt: ein professionell hergestelltes Produkt zum Hören und Mitnehmen. Unsere eigentliche Beziehung zu Melodie und Rhythmus jedoch wurzelt viel tiefer. Vor wenigen Jahren fand ein Archäologenteam in einer schwäbischen Höhle Bruchstücke einer Flöte, aus einem Vogelknochen geschnitzt und rund 35.000 Jahre alt. Unsere Vorfahren spielten also längst Flöte, als sie den Ackerbau oder das Rad erfanden. Gut möglich, dass musische Betätigung in unserer Geschichte so etwas wie ein Sprungbrett für Erfindergeist und Innovation war.

In seinem Buch Der genetische Notenschlüssel erklärt Christian Lehmann anschaulich, was Musik mit Biologie zu tun hat, warum wir bei manchen Liedern eine Gänsehaut bekommen, wie die moderne Medizin sich die Wirkungen der Musik zunutze macht und vieles mehr.
Christian Lehmann: Der genetische Notenschlüssel.
Herbig 2010. ISBN 978-3776626469. 19,95 Euro

Das kostengünstigste und zugleich gesündeste Musikinstrument tragen wir immer bei uns: die Stimme. Wer singt, steigert nicht nur das psychische Wohlbefinden, sondern verbessert auch die Sauerstoffversorgung von Körper und Gehirn. Eine Langzeitstudie der Uni Frankfurt zeigte, dass Schulkinder, die verstärkt musizieren, auch in anderen Fächern ihre Leistungen steigern und besser miteinander auskommen.

Nicht genug damit: Chorsingen stärkt die Immunabwehr und baut Stresshormone ab. Fazit aller einschlägigen Erkenntnisse: Selbermachen ist besser als Hören, und gemeinsam ist besser als allein – sowohl im Hinblick auf positive „Nebenwirkungen“ wie auf das subjektive Empfinden. Wenn wir gemeinsam „im Takt“ sind und den Zusammenklang mit anderen Stimmen wahrnehmen, kommt über die Ausschüttung von Glückshormonen ein körpereigenes Selbstbelohnungssystem in Gang und motiviert uns, gemeinsam bei der Sache zu bleiben.

Genügend Gründe also gerade für Berufstätige, den iPod gegen eine Chormappe einzutauschen – wenigstens ab und zu. Doch wo findet man Gelegenheit zum Singen außerhalb der Dusche – und welche Voraussetzungen muss man mitbringen? Entgegen manchen Befürchtungen wird in den meisten Laienchören weder Vorsingen noch perfektes Notenlesen verlangt. Chorsänger müssen nicht über Superstar-Qualitäten verfügen, sondern auf ihre natürliche Musikalität vertrauen und Lust darauf haben, sich mit ihrer Stimme auszudrücken – was auch im Beruf hilfreich ist.

In Deutschland gibt es schätzungsweise rund 50.000 Jugend-, Männer-, Frauen-, Kirchen-, Jazz- und klassische Chöre, in denen zwei bis drei Millionen Menschen singen. Einige Firmen und Institutionen haben sogar eigene Chöre gegründet. So gibt es nicht nur Polizeichöre (und -orchester), sondern auch einen Lufthansa-Chor und einen Mitarbeiterchor der Bayerischen Staatsbibliothek. In vielen Betrieben werden für einen bestimmten Anlass – zum Beispiel für die Weihnachtsfeier – Projektchöre auf die Beine gestellt. In den Proben steht die Abteilungsleiterin neben der Volontärin, denn beide singen die gleiche Stimme. Statusdifferenzen sind hier aufgehoben, denn die Aufgabenverteilung richtet sich allein nach der Stimmlage. Gespräche zwischen Mitarbeitern verschiedener Abteilungen ergeben sich von selbst – ein Projekt, das so manche teambildende Maßnahme überflüssig machen kann.

Oft hört man den Einwand: „Ich kann nicht singen.“ Doch so wie wir (fast) alle laufen und sprechen können, besitzen wir auch ein musikalisches Gehör. Angeborene oder erworbene Störungen sind selten. Die häufigste Schwierigkeit besteht in mangelnder Übung. Unsere Stimme setzen wir im Alltag nur in einem sehr begrenzten Tonumfang ein. Es lohnt sich, sie zu trainieren: Singen ist Fitnesstraining für die Stimme, schafft nicht nur Ausgleich zum Arbeitsalltag, sondern fördert die Entfaltung der ganzen Persönlichkeit. Wie kommt der Mensch zur Musik?

Lange bevor Babys Worte verstehen, horchen sie auf Melodien und auf den Klang der Stimme. Intuitiv singen Mütter in allen Erdteilen ihren Kindern Wiegenlieder vor. Unser Gehirn ist für die Verarbeitung von Melodie und Rhythmus speziell ausgerüstet. Musikalität gehört zur „biologischen Serienausstattung“ des Menschen – mit existenziellen Funktionen: Diese erkennen wir etwa im Fußballstadion, wenn Fans spontan zu einem Chor werden. Musik ist ein Stoff, aus dem emotionale Bande geknüpft werden. Er festigt die lebenswichtige Bindung zwischen Mutter und Baby ebenso wie den Zusammenhalt einer Gruppe, die „im Takt“ nicht nur Bewegungen, sondern auch Gefühle und Ziele synchronisiert. Höchstwahrscheinlich ist der Mensch ein guter Teamarbeiter geworden, weil er Rhythmusgefühl besitzt und in der Lage ist, Misstöne von Harmonie zu unterschieden. Es wird deutlich: Wir sind nicht nur als Hörer, sondern auch als Musiker geboren – ein Gedanke, der in einer Umwelt, die uns an vielen Orten Musik als Hintergrundgeräusch aufnötigt, neue Bedeutung erlangt.

Blickrichtung Gesang:

www.musiktherapie.de
www.deutscher-chorverband.de
www.singende-krankenhaeuser.de
Dorothee von Moreau (Hrsg): Musiktherapie in der präventiven Arbeit.
Reichert 2012. ISBN 978-3895008689. 18,00 Euro

Gesund essen: Bloß kein Stress!

Gutes Essen ist ein wichtiger Faktor für alle, die in Balance bleiben wollen: Es hält fit, leistungsfähig und gut in Form. Aber wer ein stressiges Arbeitsleben hat, kann auf zusätzlichen Stress in Sachen Essen und Trinken vermutlich gut verzichten. Das Motto lautet also: Gesund und mit Genuss essen. Geht das überhaupt? Es geht! Von Ulrike Gonder, Ernährungswissenschaftlerin und Autorin

Ulrike Gonder ist Diplom-Ökotrophologin. Sie arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin, Referentin und Dozentin und hat zahlreiche Bücher geschrieben. Eine Übersicht über ihre Veröffentlichungen sowie Infos und Artikel finden Sie auf ihrer Website www.ernaehrgesund.de und bei Facebook unter www.facebook.com/Ernaehrung.kontrovers.

„Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“ heißt es in einem Opernlibretto von 1690 – mittlerweile ist daraus ein bekanntes Sprichwort geworden. Und die Ernährungswissenschaft bestätigt: Es stimmt. Essen entspannt. Die gütige Natur hat das Essen mit Lustgefühlen gekoppelt, die dafür sorgen, dass wir es immer wieder tun. Zur Entspannung kommt die Aktivierung der Belohnungszentren in unserem Hirn, die besonders auf süß und fettig stehen. Dass in stressigen und frustrierenden Zeiten vermehrt zur Schokolade gegriffen wird, erklärt sich damit von selbst. Doch wollten wir nicht auch gesund essen?

Wer kleine Mengen Süßes oder Salziges knabbert, braucht sich nicht zu sorgen. Das ist völlig in Ordnung. Wer jedoch von Schokolade, Gummibärchen, Rosinenschnecken, Pizza oder Chips lebt, versorgt seinen Körper nicht gut. Selbst wenn die Kalorienbilanz stimmt, kommen damit zu wenige wichtige Nährstoffe rein: zu wenige Magnesium, ein Mineralstoff, der bei Stress vermehrt verbraucht wird. Zu wenig Eiweiß, das die nötigen Bausteine für stimmungsaufhellende und leistungsfördernde Botenstoffe liefert. Zu wenig hochwertige Fette, die unser Hirn zur Signalverarbeitung braucht. Um es kurz zu machen: Vor allem bei hoher Arbeitsbelastung sollte die Nährstoffversorgung exzellent sein. Lebensmittel, die besonders viele Nährstoffe enthalten, sind nicht etwa nur Gemüse, Salate und Obst, sondern auch Fisch, Fleisch, Nüsse, Eier, Milch und Milchprodukte, Butter und gute Öle. Ideal ist es, täglich drei Handvoll Gemüse und Salat, zubereitet mit gutem Öl, zwei Handvoll Obst und zu jeder Mahlzeit eine Portion Eiweiß in Form von Fisch, Fleisch, Eiern, Käse oder Nüssen zu essen. Das ist die Basis für nährstoffreiche Mahlzeiten. Alles, was dazu kommt, sind „Luxuskalorien“. Und bitte das Wassertrinken nicht vergessen, es ist die einfachste und billigste Maßnahme gegen Kopfschmerzen und Leistungseinbußen.

Wer Glück hat, kann dort, wo er arbeitet, eine gute Kantine besuchen. Kommt nach dem Mittagessen die „Fressnarkose“, hat man zu üppig gegessen. Dann kann es hilfreich sein, weniger Nudeln, Kartoffeln, Reis, Knödel und Pudding zu essen und dafür mehr Gemüse, Milchprodukte oder Obst zu nehmen. Wem das Kantinenessen nicht schmeckt, der sollte sich etwas Leckeres von zu Hause oder unterwegs mitbringen und sich ein ruhiges Plätzchen zum Essen suchen. Denn vor dem PC Verschlungenes rauscht an den Geschmackspapillen fast unerkannt vorbei. Man merkt auch nicht richtig, wann und ob man satt ist. Schublade Nüsse, Studentenfutter, Eiweißriegel oder Eiweißpulver für einen schnellen Drink liegen. Diese „Notlösungen“ sind allemal besser als Weingummis oder Kekse. Sie sind nahrhafter und nährstoffreicher, sättigen besser und länger und sind doch ebenso schnell gefuttert. Sein Gemüse kann man dann auch abends noch essen, denn es ist egal, ob abends oder mittags warm gegessen wird.

Zum Abendessen passt dann auch ein Glas Wein oder Bier. Alkoholisches entspannt, die Kunst liegt jedoch gerade hier im Maßhalten. Viele Studien haben gezeigt, dass maßvoller Genuss mit einer besseren Herz- und Gefäßgesundheit einhergeht. Maßvoll bedeutet für Männer eine Alkoholmenge, wie sie etwa in 0,2 bis 0,4 Litern Wein steckt, und für Frauen entsprechend 0,1 bis 0,2 Liter Wein. Mehr ist schädlich, auch das ist gut untersucht. Und wem der Stress bereits den Blutdruck in die Höhe getrieben hat, muss ganz besonders aufpassen und weniger trinken. Übrigens ist Alkohol kein gutes Schlafmittel. Er mag beim Einschlafen helfen, stört aber das Durchschlafen und damit einen der besten Stresskiller, den wir haben: einen erholsamen Nachtschlaf.

Wer morgens keinen Bissen runterbekommt, sollte wenigstens etwas Nahrhaftes trinken, also einen Kakao, ein Milchmixgetränk, ein paar Instanthaferflocken mit Saft oder einen Smoothie. Außerdem ist es wichtig, etwas Nahrhaftes zur Hand zu haben, wenn der Hunger dann zuschlägt, sonst wird man unleidlich. Womit wir beim Thema Planung wären: Wer weiß, dass stressige Zeiten kommen, sollte vorher einkaufen gehen und sich Kühl- und Tiefkühlschrank vollpacken: mit Gemüse, Obst und Fisch, Milchprodukten und Selbstgekochtem. Auch gute Fertigprodukte sind sinnvoll, wenn sie aus Grundnahrungsmitteln hergestellt sind und ohne Aromen und Geschmacksverstärker auskommen – und die eine oder andere Pizza ist auch in Ordnung. Übrigens ist Stress ein schlechter Begleiter bei Tisch: Ein gestresster Körper ist hormonell auf Flucht oder Kampf eingestellt, wie soll er da eine Mahlzeit verdauen? Stresshormone blockieren die Verdauung und sorgen dafür, dass die Muskeln gut mit Energie und Sauerstoff versorgt werden. Deswegen ist körperliche Bewegung ideal zum Stressabbau, es ist die effektivste und natürlichste Antistressmaßnahme. Also: Erst einmal eine Runde um den Block marschieren oder beim Sport abreagieren und dann in Ruhe essen – mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen.

Buchtipps

Industriell hergestellte Lebensmittel sind häufig vollgepackt mit Zusatzstoffen. Hans-Ulrich Grimm erklärt, was das für unsere Gesundheit bedeutet und worauf Verbraucher achten sollten.
Hans-Ulrich Grimm: Die Ernährungslüge.
Wie uns die Lebensmittelindustrie um den Verstand bringt.
Knaur 2011. ISBN 978-3426783931. 9,99 Euro

 

Als Allgemeinarzt kennt Dr. Gunter Frank die vielfältigen Probleme, die viele Menschen mit ihrem Gewicht haben. In seinem Buch setzt er dem Ernährungsstress ein Ende. Seine These: Am gesündesten und am besten für die Figur ist es, das zu essen, worauf man am meisten Appetit hat.
Gunter Frank: Lizenz zum Essen.
Stressfrei essen, Gewichtssorgen vergessen.
Piper 2009. ISBN 978-3492253703. 9,99 Euro
www.lizenz-zum-essen.de

 

Christian Rach ist Koch, Coach, Restauranttester und Buchautor. In seinem neuesten Kochbuch hat er Rezepte für eine gesunde und ausgewogene Ernährung zusammengestellt. Auf seiner Internetseite und bei Facebook unter „Rach getestet“ leistet er zusammen mit dem SGS Institut Fresenius einen Beitrag zu gesünderer Ernährung und hilft Verbrauchern bei der Auswahl hochwertiger Lebensmittel.
http://christianrach.de

Christian Rach: Besser: Besser essen.
Edel 2011. ISBN 978-3841901354. 19,99 Euro

Auf der Suche nach dem Gleichgewicht

Work-Life-Balance ist keinesfalls nur ein Thema für vom Burnout bedrohte Top-Manager oder Väter und Mütter. Untersuchungen zeigen, dass das Thema in den Fokus von Berufseinsteigern gerückt ist. Sie möchten ihre Arbeit und ihr Leben selbst gestalten, und dafür bieten Unternehmen mittlerweile die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Personaler und Coachs raten Einsteigern, sich früh klarzumachen, was ihnen wirklich wichtig ist – und diese Themen dann offen anzusprechen. Von André Boße

Was Karriere ist? Von Beginn an gutes Geld verdienen und schnell nach oben kommen – dorthin, wo es noch mehr Geld gibt. Eine provozierende Antwort? Vor allem eine überholte Antwort, denn für die junge Generation steht Karriere vielfach für etwas anderes. Das Beratungsunternehmen Universum hat im zweiten Halbjahr 2011 rund 7000 Professionals mit Hochschulabschluss nach ihren wichtigsten Karrierezielen gefragt. Mit weitem Abstand die meisten Nennungen erhielt der Aspekt „eine ausgewogene Work-Life-Balance haben“ (60 Prozent). Auf Platz zwei mit 49 Prozent: „intellektuell herausgefordert sein“. Klassische Aufsteigerziele erhielten dagegen deutlich weniger Zustimmung: Der Punkt „Führungskraft in leitender Position werden“ wurde von 34 Prozent der Befragten genannt, „Technischer oder Fachexperte sein“ lediglich von 17 Prozent. Mit Blick auf die Young Professionals, also auf Fachkräfte unter 40 Jahren und mit weniger als acht Jahren Berufserfahrung, spricht Stefan Lake, Country Manager Deutschland bei Universum, von einem klaren Trend bei den Karrierepräferenzen: „Parallel zu den Steigerungen bei Work-Life-Balance und der intellektuellen Herausforderung nimmt die Relevanz der eigenen Funktion im Unternehmen ab. Solange Young Professionals das Verhältnis zwischen Arbeit und Privatem ausgewogen sehen und vor herausfordernde, abwechslungsreiche Aufgaben gestellt werden, ist es den Befragten weniger wichtig, ob sie eine Führungsposition innehaben oder eine fachliche Laufbahn einschlagen.“

Buchtipp

Stress und Burnout werden leider oft undifferenziert zum Bedrohungsszenario erklärt in der Familie, in der Schule aber vor allem in der Arbeitswelt. Der Neurobiologe Bernd Hufnagl plädiert für mehr Geduld und Achtsamkeit in der Hektik des Alltags.
Bernd Hufnagl
Besser fix als fertig: Hirngerecht arbeiten in der Welt des Multitasking.
Molden Verlag 2014.
ISBN 978-3854853312.
22,99 Euro

Die Studie liefert ein Ergebnis mit großer Schlagkraft. Die junge Generation stellt die eigene Persönlichkeit vor die aufstiegsorientierte Laufbahn. Einschränkungen in der Lebensqualität zugunsten guter Gehälter und einflussreicher Posten sind nicht mehr akzeptabel. Der Weg nach oben? Ja, aber nur, wenn die persönliche Entwicklung Schritt halten kann. Die junge Generation betrachtet berufliche Arbeit und privates Leben nicht als zwei gegensätzliche, unvereinbare Welten. Gewünscht sind daher Konzepte, die Arbeit und Leben zusammenfließen lassen – in eine ausgeglichene Work-Life-Balance, in der Top-Leistung für den Arbeitgeber genauso an der Tagesordnung steht wie flexible Arbeitszeiten, mobile Arbeitsorte und berufliche Auszeiten, um sich zu erholen oder sich der Familie zu widmen.

Aber ist es nicht seltsam, dass schon Einsteiger eine gesunde Work-Life-Balance als Karriereziel Nummer eins betrachten? Sollten nicht Absolventen bei ihrem ersten Job das Privatleben zunächst einmal komplett hintanstellen und sich auf Leistung im Unternehmen fokussieren? „Nein, keineswegs“, findet Claudia Schlossberger, Personalbereichsleiterin beim Handelskonzern Metro. „Nachwuchskräfte hinterfragen zurecht kritisch einen ausschließlichen Fokus auf Arbeit und Karriere.“ Der Verantwortlichen für das Recruiting kommt es nicht verdächtig vor, wenn schon Einsteiger oder Young Professionals im Bewerbungsprozess sehr deutlich machen, dass für sie Work-Life-Balance ein wichtiges Thema ist. „Die gesellschaftlichen Werte haben sich verändert, und wenn junge Menschen heute schon beim Arbeitseintritt deutlich machen, dass sie auch Ziele außerhalb der Arbeitswelt verfolgen, sehen wir das positiv“, sagt sie – und weiß aus Erfahrung, das Selbstbewusstsein beim Thema Work-Life-Balance bedeutet, dass die Nachwuchskräfte im Unternehmen trotzdem mit hohem Engagement und Einsatzwillen glänzen. Der Vorteil dieser Mitarbeiter: Sie glänzen in der Regel länger als die, die sich ohne Rücksicht auf das persönliche Befinden auspowern.

Leistung ist also auch für die Work-Lifesensible Generation weiterhin selbstverständlich – wenn das Gesamtpaket stimmt. Claudia Schlossberger hat beobachtet, dass topqualifizierte Absolventen im Bewerbungsprozess deutlich kritischere Fragen stellen als noch vor einigen Jahren. Sie wollen nicht nur wissen, wie die Möglichkeiten für flexible Arbeitszeiten oder Arbeiten im Home Office sind, sondern auch, wie das Unternehmen zu Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder gesellschaftlicher Verantwortung steht. Auch diese Aspekte fließen in die Work-Life-Balance hinein, denn viele Nachwuchskräfte legen großen Wert darauf, dass ein Unternehmen, für das sie sich engagieren wollen, nachhaltig wirtschaftet und verantwortungsbewusst handelt. „Arbeitgeber sind daher gut beraten, zu all diesen Fragen das Gespräch anzubieten und sich kontinuierlich selbst kritisch auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Claudia Schlossberger. Sie erwartet für die nahe Zukunft eine Arbeitswelt, in der Unternehmen noch mehr als heute vor der Aufgabe stehen, ihren Fachkräften möglichst großen individuellen Gestaltungsraum zu geben.

„Die Arbeitswelt wird in zehn Jahren deutlich anders aussehen“, prognostiziert sie. „Mitarbeiter werden häufiger wechseln – ob innerhalb eines Unternehmens oder zu einem anderen Arbeitgeber.“ In dieser mobilen Arbeitswelt entsteht Loyalität nicht mehr durch langjährige Zugehörigkeit, sondern durch einen lebendigen und transparenten Austausch zwischen Unternehmen, Führungskräften und Mitarbeitern. Ein Einsteiger, dem besondere Aspekte der Work-Life-Balance wichtig sind, sollte diese daher direkt und offen ansprechen. Ein „zu früh“ gibt es bei diesen Themen nicht. Ein „zu spät“ jedoch sehr wohl. „Angesichts der steigenden Zahlen psychosozialer Erkrankungen – gerade auch bei Berufsanfängern – rate ich Einsteigern, von Beginn an auf eine gute Work-Life-Balance zu pochen“, sagt Birgit Wintermann, Expertin für Unternehmenskultur bei der Bertelsmann-Stiftung. Selbst in stark mitarbeiterorientierten Unternehmen könnten die Führungskräfte nicht in die Köpfe ihrer Mitarbeiter schauen. „Daher ist es wichtig, selbst seine Grenzen zu erkennen, diese nicht dauerhaft zu überschreiten und bei Bedarf das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen“, sagt Wintermann. Allerdings merkt sie an, dass die Nachricht, man wolle seine Arbeitszeit aus persönlichen Gründen einschränken, auch in fortschrittlichen Unternehmen keine Jubelszenen auslösen wird. „Kein Arbeitgeber hört es gerne, wenn ein Mitarbeiter weniger arbeiten möchte oder ein gewisses Arbeitspensum nicht schafft“, sagt Wintermann. Doch dies ist weder ein Grund dafür, das Bedürfnis zu verdrängen, noch, stur auf sein Recht zu pochen. „Ratsam ist es, sensibel zu sein und eigenverantwortlich Lösungsvorschläge mit ins Gespräch zu bringen“, sagt Birgit Wintermann. Denn am besten lässt sich eine Work-Life-Balance herstellen, wenn Unternehmen und Mitarbeiter gleichwertig daran beteiligt sind.

Mitarbeiterzufriedenheit als Unternehmensziel

Zwei Drittel aller Unternehmen und sogar fast drei Viertel der Großunternehmen ab 250 Beschäftigte haben ihre Führungskräfte explizit verpflichtet, die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter zu verbessern. Das belegt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, die im Rahmen des Projekts Vitness durchgeführt wurde. Vor allem innovative und erfolgreiche Unternehmen bemühen sich darum, Mitarbeiter langfristig zu binden. Dazu gehören unter anderem Vertrauen in die Eigenverantwortung der Mitarbeiter, jährliche Mitarbeitergespräche sowie eine familienfreundliche und chancengerechte Personalpolitik.