Digitaler Wandel und Klimaschutz

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Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Und vieles ließe sich durch den Einsatz digitaler Technologien verbessern. Doch es gibt auch noch eine andere Sicht: Der digitale Wandel kann den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Schädigung von Umwelt und Klima auch beschleunigen. Von Christoph Berger

Das Thema „Digitalisierung und Klimawandel“ ist äußerst komplex. „Wir müssen im Kampf gegen den Klimawandel noch stärker als bisher digitale Innovationen nutzen“, sagte beispielsweise Bitkom-Präsident Achim Berg zum Beginn der entscheidenden Verhandlungsphase des UN-Klimagipfels im polnischen Kattowitz, der von Anfang bis Mitte Dezember 2018 stattfand. Intelligente Stromnetze, die die Nutzung von regenerativen Energien wie Solar- und Windkraft fördern, eine intelligente digitale Heizungssteuerung, die dafür sorgt, in Privatwohnungen den Energieverbrauch deutlich zu reduzieren oder eine intelligente digitale Verkehrssteuerung, durch die Staus vermieden werden und der CO2-Ausstoß reduziert wird, sind dabei nur einige Möglichkeiten, positiv auf die Klimaentwicklung einzuwirken. Berg fordert: „Die Digitalisierung gehört in den Mittelpunkt der Energiewende.“ Schon 2017 kam der Verband zu der Prognose, dass ITK-Lösungen zwischen 2014 und 2030 das Potenzial hätten, die CO2-Emissionen um 288 Millionen Tonnen zu verringern. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) verfasste Gutachten „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“, das Mitte April 2019 an Vertreterinnen der Bundesregierung übergeben wurde. Doch erst einmal heißt es darin unter anderem: Nur wenn der digitale Wandel und die Transformation zur Nachhaltigkeit synchronisiert werden, kann es gelingen, Klima- und Erdsystemschutz sowie soziale Fortschritte menschlicher Entwicklung voranzubringen – ohne aktive politische Gestaltung wird der digitale Wandel den Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Schädigung von Umwelt und Klima weiter beschleunigen.
Unsere gemeinsame digitale Zukunft Das WBGU-Gutachten „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ gibt es kostenfrei zum Download: www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/unsere-gemeinsame-digitale-zukunft
Um dieses Negativszenario zu vermeiden, so eine WBGU-Empfehlung, sollte die Digitalisierung kurzfristig mit den im Jahr 2015 vereinbarten globalen Nachhaltigkeitszielen sowie den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang gebracht werden. So sollten die neuen Technologien unter anderem gezielt und umfassend dazu genutzt werden, Energie und (Umwelt-)Informationen zu verschaffen und zugleich Umweltzerstörung zu verhindern. Genauso wie vonseiten des Branchenverbands Bitkom werden auch hier intelligente Energienetze und die Nutzung digitaler Technologien für die Kreislaufwirtschaft als Beispiele genannt. Außerdem könnte das Fahrzeugaufkommen in Städten durch geteilte Mobilität, die den Besitz eines PKW überflüssig machen, gesenkt werden. Da sich der WBGU in seinem Gutachten mit sämtlichen Nachhaltigkeitsaspekten im Kontext der Digitalisierung beschäftigt hat, wird prinzipiell die Forderung gestellt: Alle digitalen Veränderungen sollten auf das Gemeinwohl und die Steigerung der Lebensqualität der Menschen hin ausgerichtet werden.

Wirtschaftsphilosoph Anders Indset

Wirtschaftsphilosoph Anders Indset plädiert für ein neues „Betriebssystem“ für den Kapitalismus. Die Philosophie wird bei der Implementierung eine wesentliche Rolle einnehmen. Denn es wird immer mehr darum gehen, alles zu hinterfragen. Die Fragen stellte Christoph Berger

Herr Indset, warum muss Wirtschaft neu gedacht werden? Weil die „Old Economy“ tot ist und die „New Economy“ ebenso. Das Versprechen der 1990er-Jahre, es könne Ferraris und Yachten für alle geben, hat sich doch mittlerweile selbst entlarvt. Turbo-Kapitalismus und Hyper-Konsum führen zu einer Zerstörung unserer Lebensgrundlage. Zudem folgt auf die rapide Entwicklung der exponentiellen Technologien ein „Winner-Takes-It-All“-Szenario. Wir brauchen eine stabile Wirtschaft, um gesellschaftliche Stabilität zu bewahren. Also brauchen wir ein neues „Betriebssystem“, wir müssen neue Wege finden. Es folgt die „Q Economy“, oder eben die Quantenwirtschaft. Wie kann es zu diesem neuen Denken kommen, sind wir nicht alle zu sehr von den Systemen geprägt, in denen wir seit Jahrzehnten leben? Wir sind von den Systemen sehr geprägt, das ist richtig. Wir reagieren nur noch, wenn die Krise eintrifft, so war es immer. Wir können uns allerdings nicht mehr erlauben, nur noch zu reagieren, also müssen wir den Weg zu unseren Gefühlen und das Gespür und vor allem das Verständnis dessen was wir machen, auf anderen Wegen bekommen. Die junge Generation bringt eine gesunde Naivität mit und ist nicht vorbelastet, verfügt auch über ein höheres Bewusstsein über unsere bevorstehenden Herausforderungen. Die ältere Generation setzt auf die Fortschritte der Technologie und auf Innovationen. Dies ist aber nur ein Teil des benötigten Wandels. Wir brauchen auch eine neue Sichtweise auf die Dinge – und das erfordert, nachzudenken. Zeit fürs Nachdenken sowie Neugierde und echtes Interesse führen uns langsam hin zu einer Art Bewusstseinsevolution. So können auch die Führungskräfte und Politiker aus den alten Systemen ausbrechen. Sie sagen, dass der Kapitalismus an sich kein schlechtes Modell ist, sind gleichzeitig aber auch davon überzeugt, dass wir auf ein neues Level im Kapitalismus steigen müssen. Können Sie dieses neue Level beschreiben, wie sieht Ihr weiterentwickelter Kapitalismus aus? Wir brauchen einen Humanistischen Kapitalismus, denn wir stehen vor existenziellen Herausforderungen. Zum einen muss alles unendlich gedacht werden. Unendliche Nutz- und Wiederverwendbarkeit ist heute ein Muss. Wir brauchen eine perfekte Kreislaufwirtschaft, eine singuläre Unendlichkeit. Denn die Menschen werden sich von „Verbrauchern“ zu „Gebrauchern“ entwickeln. Wir benötigen außerdem neue Formen der Zusammenarbeit. Kooperenz – also Kollaboration und Konkurrenz (gesunde Rivalität) – ersetzt das Gewinnen und Verlieren (endliches Denken). Ferner brauchen wir komplett neue Modelle wie etwa eine Kapitalisierung auf Vital-Energie. Die Frage ist: Wie kann es uns gelingen, wirtschaftliche Modelle basierend auf Verstand, Mitgefühl und Liebe zu entwickeln? Es geht darum, einen Kapitalismus aufzubauen, der nicht nur auf die untere Stufe der „Maslowschen Bedürfnispyramide“ ausgelegt ist und Wohlstand nicht nur auf unseren Kontostand reduziert. Wie kann die Digitalisierung auf diesem Weg dorthin unterstützen? Alleine kann sie das nicht, denn sie hat ja keine eigene Agenda. Wir müssen uns Klarheit darüber verschaffen, was wir überhaupt unter dem Begriff „Digitalisierung“ verstehen. Meinen wir eine Umwandlung von analogen Werten in Binäres, also 0 und 1 – was ja per se nichts bewirkt, sondern nur durch Automatisierung oder Technologie zum Leben gebracht wird – oder sprechen wir etwa von einer Umwandlung von Atomarem (Physischem) in Virtuelles? Egal wie wir es definieren, in beiden Fällen gibt es keine Grenzen. Alles ist also vorstellbar und zumindest in der Theorie möglich. Wir müssen uns fragen, welche Zukunft für uns erstrebenswert ist. Wenn wir uns darüber klar werden, kann uns Technologie dabei helfen, viele Bereiche im Leben zu vereinfachen und womöglich unser Leben besser, gerechter und mit einer besseren Verteilung der Ressourcen zu gestalten. Und wie bewerten Sie die Rolle der Philosophie als Begleiterin auf diesem Weg? Die philosophische Kontemplation halte ich für wesentlich. Wir müssen lehren zu lernen und lernen zu lehren. Nur wenn wir zu neuem Wissen oder plausiblen Erklärungen gelangen, wird es organisiertes Menschenleben über die nächsten Generationen hinaus noch geben. Ich bin davon überzeugt, dass es in weniger als zehn Jahren auch einen CPO (Chief Philosophy Officer) im Unternehmen geben wird. Was wir heute brauchen sind Menschen, die im Unternehmen in der Lage sind, alles zu hinterfragen. Wer Dinge aus einer anderen Perspektive beleuchtet, kann durch Kollaboration, Dialoge und Ko-Kreationen und mit philosophischer Methodik zum Fortschritt gelangen. Für mich ist die Philosophie etwas Praktisches – also etwas, das wir tun. Bleibt der Mensch: Was ist und wird seine Aufgabe sein? In Sachen Bewusstsein haben wir viele Theorien, jedoch keine, die uns annähernd eine Antwort darauf liefert, warum wir subjektive Erlebnisse haben. Heißt: Warum es sich nach irgendetwas anfühlt, wie es ist, etwas zu sein. Wir verstehen mehr und mehr über unseren Körper und wie unser Gehirn und Neuronen reagieren, wissen aber auch aus Neurowissenschaften und der Psychoanalyse, dass es nicht das eine „ICH“ gibt. Der Mensch ist mehr als die dualistische Sichtweise von Körper und Geist und wir sind nicht eine Algorithme der Informationsbearbeitung, welche wir irgendwann „knacken“ werden. Wir stehen vor einer Intelligenz-Explosion, doch vielleicht ist Intelligenz nicht genug? Wenn wir Intelligenz über das Bewusstsein hinaus kreieren und nicht wissen, was Bewusstsein ist, könnte das womöglich fatale Folgen haben. Die Aufgaben für die Menschen in der Zukunft definieren wir also selbst. Wir können jetzt „zukünften“. Würden wir unbewusst eine digitale Superintelligenz gestalten, würden wir uns selbst überflüssig machen (Homo Obsoletus) oder wir würden unsere Lebensgrundlage zerstören. Wir müssen uns also fragen, welche Zukunft für uns erstrebenswert ist. Was wollen wir? Um diese Frage zu beantworten, brauchen wir zunächst ein größeres Verständnis von uns selbst. Und wir brauchen dafür Querdenker aller Disziplinen. Ihr Buch trägt den Titel „Quantenwirtschaft“. Wollen Sie damit ausdrücken, dass alles mit allem zusammenhängt und in Wellen abläuft? Wir leben in einer Quantenrealität, auch wenn das viele in der wahrgenommenen physischen Wirklichkeit nicht so erkennen. Die Wirtschaft ist in ihrem Kern der Quantenphysik ähnlicher als die linearen Modelle, Hierarchien und Strukturen, auf denen wir alles aufbauen. Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel und eher chaotisch und merkwürdig. Die Welt besteht aus Wellen und Partikeln und kann das eine oder das andere sein. Wir leben in einer Parallelgesellschaft, einer Gleichzeitigkeitsgesellschaft – und erleben Niedergang und Blüte.
Anders Indset ist einer der weltweit führenden Wirtschaftsphilosophen und ein vertrauter Sparringspartner für internationale CEOs und politische Führungskräfte. Thinkers50, das führende Ranking der globalen Wirtschaftsdenker, das von vielen als „Oscar der Managementdenker“ angesehen wird, hat Anders auf dem „Radar 2018“ als einen von 30 Global Thinkern anerkannt, „der die Zukunft der Unternehmensführung nachhaltig gestalten wird“. www.wirtschaftsphilosoph.com Anders Indset: Quantenwirtschaft. Econ 2019, 22 Euro (Amazon-Werbelink)

DACHSER SE

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Branche
Logistik

Produkte oder Dienstleistungen
Als einer der führenden Logistikdienstleister Europas bietet DACHSER mit Hauptsitz in Kempten, Deutschland, eine umfassende Transportlogistik, Warehousing und kundenindividuelle Services innerhalb von zwei Business Fields: DACHSER Air & Sea Logistics und DACHSER Road Logistics. Letzteres teilt sich in die beiden Business Lines DACHSER European Logistics und DACHSER Food Logistics auf. Übergreifende Kontraktlogistik-Services sowie branchenspezifische Lösungen ergänzen das Angebot. Ein flächendeckendes europäisches sowie interkontinentales Transportnetzwerk und komplett integrierte Informationssysteme sorgen weltweit für intelligente Logistiklösungen.

Standorte
376 weltweit, davon 72 in Deutschland

Anzahl der MitarbeiterInnen
31.756, davon 17.302 in Deutschland

Einsatzmöglichkeiten
Informationstechnik
Logistik/Spedition
Controlling

Einstiegsprogramme
Trainee-Programm, Direkteinstieg

Mögliche Einstiegstermine
Jederzeit

Auswahlverfahren
Interview

Angebote für Studierende
Praktika und Werkstudententätigkeiten sind möglich, Bachelorarbeiten werden betreut

Ansprechpartner/in
Verena Linder

Anschrift
Thomas-Dachser-Str. 2
87439 Kempten

Fon
0831/59160

E-Mail
karriere@dachser.com

Internet
dachser-career.com
www.dachser.de

Universitätsstudium an der TUM School of Management in Heilbronn

Die Technische Universität München (TUM) ist mit ihrer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, der TUM School of Management, mit einem eigenen Lehr- und Forschungsstandort in Heilbronn vertreten. Schwerpunkte sind das Management des digitalen Wandels und das Management von Familienunternehmen. Eine weitere Besonderheit der Studiengänge ist die enge Verzahnung von Management und Technologie. Die englischsprachigen Studiengänge an der TUM School of Management in Heilbronn bereiten die Studierenden optimal auf von Schlüsselpositionen in technologiegetriebenen Unternehmen vor:

Bachelor in Management & Data Science
Ein Programm, das Management und digitale Technologien kombiniert, um den Herausforderungen der digitalen Transformation zu begegnen.

Master in Management
Weiterführendes Studium zum Erwerb von Managementkompetenzen für Absolventinnen und Absolventen eines ingenieurwissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Bachelorstudiums.

Master in Management & Digital Transformation
Weiterführendes Studium, das fundierte Managementkenntnisse mit Kompetenzen im Bereich der digitalen Technologien verbindet.

Erfahre alles, was du über die Studiengänge wissen möchtest in einer digitalen Infosession! Termine findest du auf chn.tum.de/events

Exzellenz in Lehre und Forschung

Die Technische Universität München (TUM) gilt in der Betriebswirtschaftslehre als führende Forschungsuniversität Deutschlands. Die herausragende Ausbildungsqualität der TUM School of Management zeigt sich in den drei international anerkannten Akkreditierungssiegeln AACSB, EQUIS und AMBA. Für die sogenannte Triple Crown Akkreditierung müssen Business Schools zahlreiche Kriterien erfüllen, darunter fallen die hohe Qualifikation des Lehrpersonals, Internationalität der Lehre, vitaler Austausch mit der Wirtschaft sowie dezidiertes Engagement in Ethik und Nachhaltigkeit.

Logo-TUM-CHN

Ansprechpartner
Tanya Göttinger

Anschrift
Bildungscampus 2 und 9
74076 Heilbronn

Fon
07131 26418-603

E-Mail
admission_heilbronn@mgt.tum.de

Internet

chn.tum.de
chn.tum.de/bmds
chn.tum.de/mim
chn.tum.de/mmdt

karriereführer consulting 2019.2020 – Freiheit all inclusive

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Cover karrierefuehrer consulting 2019-2020_1110

Freiheit all inclusive

Effizient im Kerngeschäft, vorne dran bei Neuerungen: Unternehmen müssen heute beides können. Der Fachbegriff dafür lautet: organisationale Ambidextrie. Damit dies gelingt, darf die Idee von Arbeit nicht mehr starr sein, müssen Experimente und Rebellion erlaubt sein. Home-Office als Recht, Selbstbestimmung und Ortsunabhängigkeit als Ziel – das ist der Weg. Die Revolution hat begonnen. Berater unterstützen die Unternehmen bei der Umsetzung, doch auch ihre Arbeit ändert sich in Zeiten von New Work.

Freiheit all inclusive

Effizient im Kerngeschäft, vorne dran bei Neuerungen: Unternehmen müssen heute beides können. Der Fachbegriff dafür lautet: organisationale Ambidextrie. Damit dies gelingt, darf die Idee von Arbeit nicht mehr starr sein, müssen Experimente und Rebellion erlaubt sein. Home-Office als Recht, Selbstbestimmung und Ortsunabhängigkeit als Ziel – das ist der Weg. Die Revolution hat begonnen. Berater unterstützen die Unternehmen bei der Umsetzung, doch auch ihre Arbeit ändert sich in Zeiten von New Work. Ein Essay von André Boße

Die Revolution hat Karriere gemacht. Kaum ein Wort wird in der Werbung häufiger benutzt, es geht hier längst nicht mehr um Politik, die Palette reicht von der Schmink-Revolution im Drogeriemarkt bis hin zur Garten-Revolution. Auch in der Berufswelt hagelt es Revolutionen. Die bekannteste ist die 4. Industrielle Revolution, kurz: Industrie 4.0. Oder auch: Digitale Revolution. Knapp auf den Punkt gebracht bezeichnet sie die Folgen der vierten Welle der digitalen Transformation für die Wirtschaft und die Unternehmen. Künstliche Intelligenz, Big Data, miteinander kommunizierende Maschinen – alle diese Entwicklungen führen dazu, dass sich in den Unternehmen Abläufe ändern.

Work Smart Initiative

In der Schweiz hat sich eine unternehmensübergreifende Initiative gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, flexible Arbeitsformen aktiv zu fördern. Zu den Aspekten von Smart Work – entwickelt von großen Unternehmen des Landes – zählen unter anderem die Förderung des Vertrauens des Unternehmens in die Mitarbeiter, die eigenverantwortliche Gestaltung der flexiblen Arbeitsorte sowie die Beachtung der unterschiedlichen Biorhythmen verschiedener Mitarbeiter. work-smart-initiative.ch/de
Damit ändert sich die Arbeit: Es gibt Job- Grundsätze, die viele Jahre lang sehr wichtig waren, heute aber keine große Rolle mehr spielen. Ständige Präsenzpflicht im Büro? Überhaupt ein Arbeitsplatz im Büro? Es geht auch ohne. Aber wie kann das funktionieren? Wie kann es Unternehmen und jungen Mitarbeitern gelingen, sich an die Revolution anzudocken? Welche Strategie ist die richtige, um vom Umsturz zu profitieren, statt zu den Verlierern zu gehören? Welche Typen von Beratern werden gesucht, in dieser revolutionären Phase: Business-Rebellen, die mutig voranschreiten, oder vorsichtige Geister, die auch mal auf die Bremse treten, als Mahner auftreten und das eigentliche Kerngeschäft im Auge behalten? Kurz gesagt: Gefragt sind beide Typen.

Organisationale Ambidextrie: Unternehmen mit zwei starken Seiten

Die Personalberatung Hays hat in einer Studie festgestellt, dass viele Fachbereiche in Unternehmen vor einer Zerreißprobe stehen: „Sie sind auf der einen Seite gefordert, das Kerngeschäft weiterzuentwickeln. Auf der anderen Seite gilt es, neue Themen voranzutreiben“, heißt es in der Studie „Zwischen Effizienz und Agilität“.
Im Grunde benötigen die Unternehmen zwei starke Hände: die eine treibt Innovationen voran, die andere betreut sicher, solide und fokussiert das Kerngeschäft.
Im Grunde benötigen die Unternehmen zwei starke Hände: die eine treibt Innovationen voran, die andere betreut sicher, solide und fokussiert das Kerngeschäft. Man fühlt sich an das Idealbild eines modernen Fußballers erinnert, der es – wie Sportkommentatoren gerne sagen – „links wie rechts kann“, also keinen schwachen Fuß mehr hat, sondern zwei starke. Wechseln wir von den Füßen auf die Hände, heißt der Fachbegriff dafür Ambidextrie, übersetzt: Beidhändigkeit. In der Wirtschaft spricht man von einer „organisationalen Ambidextrie“, was bedeutet, dass Unternehmen den oben beschriebenen Spagat hinbekommen, dass sie also gleichzeitig flexibel-innovativ und fokussiert-effizient sind. „Ohne eine solche Beidhändigkeit werden Unternehmen im digitalen Zeitalter nicht dauerhaft bestehen“, schreiben die Autoren der Hays-Studie. „Stand heute gibt es nur wenige etablierte Unternehmen, die bereits erfolgreich in hybriden Strukturen arbeiten.“ Im Grunde werde damit laut Studie das Sprichwort vom „alten Wein in neuen Schläuchen“ umgedreht: „Die neuen digitalen und innovativen Themen prägen schon den Geschäftsalltag, aber die Unternehmen verharren noch in alten Organisationsstrukturen“ – wobei diese mit wachsender Bedeutung der neuen Themen immer mehr an ihre Grenzen stoßen. „Zwei Drittel der Unternehmen bevorzugen es, die neuen Themen aus der bestehenden Organisation heraus zu entwickeln – mit Mitarbeitern, die sowohl in der Linie als auch in innovativen Projekten aktiv sind“, hat die Studie anhand einer Befragung von Führungskräften herausgefunden.

Studie Home-Office

Derzeit – so das Ergebnis einer Studie des Digitalbranchenverbands Bitkom – bieten 39 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern die Freiheit, auch abseits der Büros zu arbeiten. Zum Vergleich: 2016 waren es nur 30 Prozent, 2014 sogar nur 20 Prozent. Laut der Studie gehen 46 Prozent der befragten Unternehmen davon aus, dass der Anteil ihrer Mitarbeiter, die von Zuhause aus arbeiten, in den kommenden fünf Jahren weiter steigen wird. Unternehmen, die Home-Office ablehnen, geben dafür als häufigste Gründe an, dass Home Office nicht für alle Mitarbeiter möglich sei und niemand ungleich behandelt werden dürfe (65 Prozent) sowie, dass ohne direkten Austausch mit Kollegen die Produktivität sinke (58 Prozent). www.bitkom.org
Kein Wunder, dass es dabei an vielen Stellen zu knirschen beginnt: 88 Prozent der Führungskräfte berichteten von Konflikten bei der Priorisierung von Linien- und Projektaufgaben, 80 Prozent der Führungskräfte beklagten Spannungen wegen unklarer Verantwortlichkeiten, mehr als drei Viertel hielten das Management der organisatorischen Schnittstellen für enorm aufwendig.

Muster brechen, Experimente wagen

Konflikte sind offensichtlich, auch der Bedarf an Beratung – und dennoch tut sich in den Unternehmen wenig. Zu wenig, warnen die Studienautoren, denn: „Der technische Wandel wird sich weiter beschleunigen und die Komplexität zunehmen. Ein Bruch mit den herkömmlichen Mustern scheint vor diesem Hintergrund unausweichlich.“ Ihr abschließender Appell lautet: „Mehr experimentieren, mit herkömmlichen Mustern brechen und neue Formen der Zusammenarbeit austesten – aber alles ohne Garantie, dass der Wandel auch gelingt.“ Dazu passt ein Zitat von Stefan Kaduk und Dirk Osmetz, die zusammen die Initiative „Musterbrecher“ gegründet haben: „Zwar funktioniert nicht alles, was ausprobiert wird. Aber alles, was funktioniert, wurde irgendwann mal ausprobiert.“ Nun kennt man Experimente aus der Naturwissenschaft, dort gehören sie zum täglichen Geschäft der Forscher. Doch was haben Experimente in Unternehmen verloren? Sind sie dort nicht viel zu riskant? Geprägt wird die deutsche Ehrfurcht vor Experimenten von einem uralten Spruch des Altkanzlers Konrad Adenauer: „Keine Experimente“, beschwor dieser Ende der 1950er-Jahre. Das ist sehr lange her, hatte zudem mit der Unternehmenskultur wenig zu tun. Dennoch: „Der Wahlslogan Adenauers scheint auch als Richtschnur für die Entwicklung von Organisationen herzuhalten“, sagen die „Musterbrecher“ Kaduk und Osmetz. Ein Projekt jage das andere, eine Initiative löse die vorhergehende ab – doch bestehe der Anspruch, dass dabei alles sauber durchgeplant sein müsse: vom Ziel über den Mitteleinsatz bis hin zu den Meilensteinen. „Jegliche Überraschungen sollen ausgeschlossen werden. Natürlich funktioniert das nicht, insbesondere das Managen der Unternehmenskultur scheitert nach der typischen Projektlogik.“ Daher seien Experimente die intelligenteren Projekte, weil sie „ergebnisoffen sind und tatsächliche Veränderung ermöglichen“.

Home-Office: kein Defizit, sondern gutes Recht

Nur: Wir könnten auch darüber nachdenken, ob Menschen nicht in der Lage sind, ihren Stärken gemäß eigene Wege zu finden und eigene Beziehungen zur Tätigkeit aufzubauen. Finden wir doch den Mut, Stellenbeschreibungen als Tool, nicht als Gradmesser für Defizite einzusetzen!
Ein Begriff, den die beiden „Musterbrecher“ dagegen äußerst kritisch betrachten, ist der der „Job Description“. Klar, schreiben Kaduk und Osmetz in ihrem „Musterbrecher“-Glossar, „jede oder jeder möchte wissen, was auf sie oder ihn zukommt.“ Personalbedarfsplanung sei bis zu einem gewissen Grad sinnvoll, weil Qualifikationen besser zugeordnet werden können. „Nur: Wir könnten auch darüber nachdenken, ob Menschen nicht in der Lage sind, ihren Stärken gemäß eigene Wege zu finden und eigene Beziehungen zur Tätigkeit aufzubauen. Finden wir doch den Mut, Stellenbeschreibungen als Tool, nicht als Gradmesser für Defizite einzusetzen!“ Ein Thema, das in dieser Hinsicht erkennbar im Wandel ist, ist die Arbeit von Zuhause, auch für Unternehmensberater. Home-Office – da schwang bis vor einigen Jahren durchaus etwas Defizitäres mit, als sei die Arbeit von Zuhause aus weniger Wert, als sei es schon ganz richtig, dass man den Arbeitgeber zunächst um Erlaubnis fragen müsse, denn: Wer ins Unternehmen komme, der leiste auch mehr. Als wäre die körperliche Anwesenheit schon eine Leistung an sich. Im Zeitalter von digitalen Arbeitsplattformen ist diese Feststellung obsolet geworden. Klar, es gibt weiterhin Meetings, die besser funktionieren, wenn alle Teilnehmenden vor Ort sind. Es gibt aber auch viele andere Tage, an denen es besser ist, zu Hause tätig zu sein. Dass man um Arbeit im Home-Office nicht mehr betteln muss, sondern sich das Recht nehmen darf – daran arbeitet offensichtlich das Arbeitsministerium. Verschiedene Medien berichteten Anfang des Jahres von der politischen Initiative für einen Gesetzesvorstoß, nach dem ein Unternehmen, das einem Antrag nach Home-Office nicht zustimmt, sehr genau begründen müsse, warum die Heimarbeit in diesem Fall nicht möglich sei. Bisher können die Arbeitgeber dies noch ohne Begründung ablehnen. Die Revolution, von der wir oben sprachen, wird sehr konkret, wenn Björn Böhning, Staatssekretär des Arbeitsministeriums, dem „Spiegel“ sagt: „Die Digitalisierung verändert die Herrschaftsbeziehungen, und wir müssen sicherstellen, dass die Menschen von den Veränderungen profitieren.“

DNX: Festival der digitalen Nomaden

Digitale Nomaden verstehen sich als zweierlei: als Einzelkämpfer, aber auch als Teile einer Community und Bewegung. Am 8. und 9. Juni 2019 findet in Berlin das DNXFestival statt, ein Treffen der DNXies, wie sich die digitalen Nomaden hier nennen. Neben Keynotes und Workshops steht das gegenseitige Kennenlernen und Networking im Mittelpunkt. www.dnxfestival.de
Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, fordert, New Work endlich per Gesetz zu verankern: „Der selbstbestimmten Arbeitszeitgestaltung stehen gesetzliche Hürden wie der starre Acht-Stunden- Arbeitstag und die elfstündige Mindestruhezeit entgegen“, sagt er. Wer spätabends noch mal die Dienstmails checke und am nächsten Morgen wieder am Arbeitsplatz sei, verstoße gegen die Gesetze, das Arbeitsrecht sei in diesen Punkten daher nicht mehr zeitgemäß und setze Arbeitnehmer massenhaft ins Unrecht. „Es ist höchste Zeit, diese aus der Zeit gefallenen Regeln zu ändern.“

Digitale Nomaden: Trend für Freiheitspioniere

Die Gruppe, die bei der Selbstbestimmung der Arbeit am weitesten geht, besteht aus den digitalen Nomaden, ihrer Arbeitsphilosophie liegt eine komplette Ortsunabhängigkeit zugrunde. Ihr Ansatz: Demjenigen, der mich bezahlt, kann es egal sein, von wo aus ich meine Arbeit erledige – Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Wer im Netz nach dem Stichwort „Digitale Nomaden“ sucht, erhält als Ergebnis illusorische Bilder von schönen jungen Menschen, die mit Laptops in einer Hängematte an einem weißen Strand sitzen, viele von ihnen bezeichnen sich selbst als Berater. Dazu gibt es im Netz Dutzende Seiten mit „Learnings“, also Kurz-Anleitungen für Nomade-werden. Schnell zeigt sich: Das digitale Nomadentum ist ein Trend für gestresste Digital-Natives aus den Städten, der sich anhand von Blogs oder Podcasts gut verkaufen lässt. Doch es gibt digitale Nomaden, die seit Jahren den Weg aufzeigen, dass sich Freiheit und Business tatsächlich verbinden lassen. Sie sind damit die Pioniere eines Trends, der sich nicht umkehren lässt und die Arbeitswelt umwälzt: New Work steht für mehr Freiheiten. Diese sind wichtig, damit die Unternehmen genügend Agilität in ihrer Organisation erreichen. Daher sollten Einsteiger – auch in Beratungsgesellschaften – nicht mehr um die Freiheit betteln müssen: In Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, sind die Freiheiten von New Work „all inclusive“.

Buchtipp

Cover Die Rettung der ArbeitWie werden wir in Zukunft arbeiten? Künstliche Intelligenzen und Roboter übernehmen schon jetzt immer mehr Aufgaben und sorgen für Existenzängste, die in die Hände von Populisten spielen. Dabei sollten wir die Zukunft der Arbeit nicht dem Markt überlassen – sie ist eine Frage der politischen Gestaltung, die gerade jetzt couragiert beantwortet werden kann. Arbeit hält Gesellschaften zusammen, sie ist etwas fundamental Menschliches. Lisa Herzog, Professorin für Politische Philosophie und Theorie an der Hochschule für Politik an der Technischen Universität München, zeigt, wie sie in digitalen Zeiten gerechter und demokratischer werden kann, als sie es je war – für alle, nicht nur für wenige Privilegierte. Ihr Buch gibt neue Antworten auf eine der großen Fragen unserer Zeit und gibt wichtige Impulse für eine bessere Politik. Lisa Herzog: Die Rettung der Arbeit. Hanser 2019, 22 EuroJetzt kaufen bei Amazon
   

Ebner Stolz: Dr. Jens Petersen im Interview

Als Partner beim Consultingunternehmen Ebner Stolz Management Consultants setzt Dr. Jens Petersen auf eine Beratung, die digitale Möglichkeiten nutzt, ohne das psychologisch-individuelle Element zu vernachlässigen. Denn trotz Big Data und KI bleibt für ihn die Betriebswirtschaftslehre eine Sozialwissenschaft.

Zur Person

Dr. Jens Petersen begann seine Laufbahn als Unternehmensberater 1995 bei Roland Berger in München. Von 2003 bis 2010 war er erstmals Partner und Mitglied einer Geschäftsleitung bei RölfsPartner in Düsseldorf, bevor er 2010 als Partner bei Ebner Stolz Management Consultants in Köln einstieg. Dort ist Jens Petersen in Branchen wie Gesundheit, Groß- und Einzelhandel sowie Agrar- und Ernährungsindustrie tätig, seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Restrukturierung/Sanierung, Corporate Development und Strategie. Zu seinen persönlichen Leidenschaften zählen Literatur, klassische Musik und Sport.
Herr Dr. Petersen, Ihr Beratungsunternehmen bietet seit Herbst vergangenen Jahres die Web-App „Ebner Stolz To Go“ an. Lässt sich Beratung automatisieren? Das glaube ich nicht, nein. Bei der App geht es eher darum, Informationen, die es bereits gibt, jemandem nutzenorientiert zur Verfügung zu stellen. Aber an dieser Stelle beginnt noch nicht die eigentliche Beratung, denn diese ist immer etwas sehr Individuelles, meistens auch etwas sehr Persönliches. Und das lässt sich über ein solches Tool praktisch nicht organisieren. Wo können denn Lösungen mit künstlicher Intelligenz helfen? Bei Analysen. Beratung umfasst in einem frühen Schritt ja erst einmal, dass man das Problem versteht. Hier sind Analysen gefragt, und dabei spielen Techniken wie KI oder auch Data Mining eine wichtige Rolle. Aber dabei handelt es sich wirklich nur um einen kleinen Ausschnitt dessen, was Beratung auszeichnet. Um es konkret zu machen: Wenn Sie sich in einem Handelsunternehmen die Analysedaten des Käuferverhaltens anschauen, wann kauft wer wo was, dann helfen digitale Daten dabei, Öffnungszeiten, Angebote oder die personelle Besetzung zu optimieren.
Sie können aus Daten systematische Fehler, aber auch systematische Chancen erkennen.
Sprich: Das Problem wird erkannt, mögliche Lösungen ergeben sich. Genau, hier sind digitale Tools beteiligt. Sie können aus Daten systematische Fehler, aber auch systematische Chancen erkennen. Geht es nun aber in die tatsächliche Umsetzungsphase, dann wird die Beratung individuell und persönlich. Denn die Schlüsse, die man aus der Analyse zieht, die zieht man nicht alleine und die zieht schon gar nicht eine KI, sondern das geschieht im Team, sprich: zusammen mit dem Kunden. Wobei dann Data Mining und KI weiter eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, die Wirkung der Veränderungen zu verfolgen – oder zu tracken, wie man neudeutsch sagt. Haben Sie zum Beispiel ein Unternehmen mit vielen Buchungsprozessen und haben sie Veränderungen umgesetzt, dann lässt sich mit Hilfe der digitalen Daten sehr genau sagen, welche Auswirkungen diese Schritte haben. Sprich: Ist es besser geworden – oder eben nicht? Wie ändert sich Beratung dadurch? Handelt man freier, weil Transparenz herrscht? Oder ängstlicher, weil es möglich wird, jede nicht gelungene Umsetzung offenzulegen? Sagen wir es so, Beratung wird chancenorientierter, weil die Daten die Fehleranalyse deutlich erleichtern. Wir erhalten dadurch viel schneller und offener Hinweise über das, was wir besser machen können – und das ist allemal besser, als lange im Dunkeln zu tappen. Nehmen Sie das Thema Pricing: Ohne digitale Analysetools war lange unklar, welche konkreten Auswirkungen höhere oder niedrigere Preise haben. Heute lässt sich das Kundenverhalten quasi in Echtzeit analysieren, die Auswirkung sehen Sie in den Superoder Elektromärkten, wo es digitale Preisschilder gibt, deren Anzeige sich ständig ändert. Für mich sind diese digitalen Anzeigen ein Symbol dafür, dass uns die Digitalisierung dabei hilft, schneller und flexibler reagieren zu können – durchaus auch unter dem Leitgedanken „Trial & Error“. Ja, Beratung ist sprechende Medizin und hat viel mit Psychologie und Kategorien wie Vertrauen zu tun. Das ist die eine Seite der Medaille. Jedoch hat gute Beratung immer auch einen Bezug zu Daten und Fakten. Und hier helfen uns die digitalen Datentools. Ihr Werkzeugkasten ist also besser ausgerüstet denn je. Bei bestimmten Themen ist das so, ja. Voraussetzung dafür ist natürlich immer ein Mindestmaß an Daten über Abläufe, Buchungen und Kunden. Wird sich die Beratung auch mit Blick auf die Job-Profile aufteilen, einmal in psychologisch-individuelles Consulting sowie einmal mit Schwerpunkt technisch-analytischer Beratung? Das wird weiterhin zusammengehen, denn Sie können eine Beratung, die motivieren soll, ja nicht unabhängig von Fakten angehen. Sagen zum Beispiel Führungskräfte in einem Unternehmen, sie sähen sich nicht in der Lage, die vom Chef-Management ausgegebenen Wachstumsziele zu erfüllen, dann schlägt das negativ auf die Stimmung im Unternehmen – wobei die Grundlage dafür die Zahlen sind, die den Führungskräften Recht geben, weil sie besagen: Die Ziele sind nicht realistisch. Die beiden Aspekte hängen also zusammen, wobei wir früher die Situation hatten, dass manche Schlussfolgerungen beinahe faktenfrei waren, weil jemand ausschließlich aus der Erfahrung heraus argumentiert hatte. Nach dem Motto: Wenn wir den Preis so und so setzen, dann wird dieses und jenes passieren…
Nun zählt die Betriebswirtschaft zu den Sozialwissenschaften, woran sich ablesen lässt, dass es eben nie nur um Zahlen geht, sondern immer auch um einen allumfassenden und gesellschaftlichen Aspekt.
… das war nämlich schon immer so. Genau. Und dann musste man versuchen, diese Erfahrung mit Messungen zu bestätigen oder zu widerlegen, was nicht besonders effizient war. Heute ist das anders. Wobei die neuen Möglichkeiten der Datenanalyse auch nicht dazu führen dürfen, dass man glaubt, Zahlen würden einem alles sagen. Dann tritt das psychologische Moment zu sehr in den Hintergrund, und die Beratung verliert eine ihrer Stärken, nämlich das individuell-persönliche Element. Die Chance wiederum ist, dass ich sehr viel genauer arbeiten kann, dass beim Prinzip „Trial & Error“ deutlich weniger Streuverluste auftreten, weil ich sehr schnell gegensteuern kann. Wenn Beratung heute bedeutet, die beiden Seiten der Medaillen immer im Blick zu haben – steigt dadurch der Anspruch an den Consultant? Was wir leisten, ist eine betriebswirtschaftliche Beratung. Nun zählt die Betriebswirtschaft zu den Sozialwissenschaften, woran sich ablesen lässt, dass es eben nie nur um Zahlen geht, sondern immer auch um einen allumfassenden und gesellschaftlichen Aspekt. Hier geht es um Themen wie Motivation oder Führung – und diese psychologischen Bereiche sind eben auch ein Teil der Betriebswirtschaftslehre. Es ist ein möglicher Ansatz, ein Unternehmen über seine Jahresbilanz zu verstehen. Dieser Weg ist völlig okay. Ich muss mir nur klarmachen, dass ich damit die Chance, links und rechts von den Daten und Fakten auch andere Dinge zu erkennen, nicht wahrnehme.

Zum Unternehmen

Ebner Stolz zählt zu den größten unabhängigen mittelständischen Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Deutschland. Tätig ist das Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung und Unternehmensberatung. Angeboten wird dieses Spektrum von den rund 1.600 Mitarbeitern in einem multidisziplinären Ansatz in allen deutschen Großstädten und Wirtschaftszentren. Als Marktführer im Mittelstand betreut das Unternehmen überwiegend mittelständische Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen aller Branchen und Größenordnungen.

„Empowering und Enabling der Mitarbeiter*innen auf allen Leveln“

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Die Digitalisierung verändert alles: Angefangen bei den Wertschöpfungsketten, über die Produkte und Dienstleistungen bis hin zu unserer Auffassung von Arbeit – gerne zusammengefasst unter dem Begriff „New Work“. Im Interview mit dem karriereführer erklärt Pia Sielemann, Senior Recruiter bei der innogy Consulting GmbH, wie das Managementberatungsunternehmen auf die Veränderungen reagiert und seine Mitarbeiter*innen bei der Transformation begleitet.

Einhergehend mit der Digitalisierung verändern sich nicht nur Prozesse und Produkte der Unternehmen, auch die Arbeitswelt innerhalb der Unternehmen ist einer Transformation ausgesetzt. Wie machen sich Veränderungen der Arbeitswelt bei innogy Consulting bemerkbar? Veränderung zu gestalten und diese als Chance zu betrachten, gehört zu den Kernaufgaben einer Strategieberatung. Unsere Ambition ist, als digitales Vorbild für unseren Kunden zu agieren. In unserem Alltag macht sich die Digitalisierung vor allem in der Arbeitsweise bemerkbar: Ausgestattet mit Handy und Laptop inklusive SIM-Karte können unsere Mitarbeiter*innen ortsungebunden arbeiten, durch Methoden wie SCRUM reduzieren wir Komplexität und steigern die Effizienz, wir nutzen Videokonferenzen, um uns mit Kunden und Kolleg*innen weltweit auszutauschen, und nutzen Chat Bots, um 24/7 für interessierte Kandidat*innen ansprechbar zu sein. Flexibler arbeiten heißt aber auch, den passenden Raum dafür zu bieten – ob im Zug, an einem freien Arbeitsplatz oder in einer Sofaecke zum Brainstormen. Was sich nicht verändert hat, ist das Vertrauen in unsere Mitarbeiter*innen, egal von welchem Ort aus genauso gut zu arbeiten wie im Büro. Für Mitarbeiter*innen sind Veränderungen oftmals mit Unsicherheiten verbunden. Wie nehmen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen bei dem Kulturwandel mit, um ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu geben? Eines unserer Kernteams bei innogy Consulting beschäftigt sich ausschließlich mit dem Thema Change. Sie beteiligen sich am internen Trainingsportfolio unter anderem mit Trainings zu Change, Resilienz und Coaching-Techniken. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass Kolleg*innen von diesen gecoachet oder Projektteams der innogy Consulting bei der Zusammenarbeit unterstützt werden. In Zeiten von Unsicherheit ist es wichtig, den Mitarbeiter*innen die richtige Plattform zu bieten, um Fragen zu stellen oder Informationen einzufordern. Wir informieren in unserer Organisation über einen wöchentlichen Newsletter zu allen wichtigen Themen, und die Geschäftsführung lädt in sich verändernden Zeiten zu Breakfast-Talks ein, in denen Fragen offen gestellt, diskutiert und beantwortet werden. Ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor liegt heute in der Entwicklung innovativer Ideen durch agile Teams und mithilfe neuer Methoden – zum Beispiel Design Thinking. Oftmals setzen solch neuen Wege aber auch einen „neuen“ Führungsstil und die Übertragung von Verantwortung hinein in das Team voraus. Wie entstehen bei innogy Consulting Innovationen? Wir sind der Auffassung, dass die Digitalisierung nach einem transformationalen Führungsstil verlangt. Für uns bedeutet das Empowering und Enabling der Mitarbeiter*innen auf allen Leveln. Bei innogy Consulting fördern wir den Mut, Innovationen Raum zu geben und zu testen. Gleichzeitig betrachten wir etwaige Fehler als Lernkurve und fördern dadurch, sich nicht entmutigen zu lassen. SCRUM als auch Design Thinking finden bei uns Anwendung genauso wie klassisches Projektmanagement – auf diesen Wegen kommen wir in der tagtäglichen Arbeit zu neuen Produkten, Prozessen und anderen Innovationen. Zudem trägt bei uns der Austausch außerhalb der innogy Consulting zur Innovationsförderung bei. Dazu gehören beispielsweise der Besuch von Vorträgen, Konferenzen oder Meet-ups. Die Innovationskraft auch in anderen Organisationen zu fördern, hat sich unser LRN LAB in Berlin zur Mission gemacht und trainiert intern als auch extern innovative Methoden zum Beispiel in Form eines„Agile Basecamps“.
Zusammenarbeit ist bei uns dabei keine Frage der Hierarchie: In unseren Teams treffen Absolventen auf Berufserfahrene – über Arbeitsbereiche und Ländergrenzen hinweg – aufeinander.
Teamarbeit wird bei Ihnen also eine besondere Bedeutung zugesprochen? Der Grundgedanke der Kollaboration macht innogy Consulting aus und trägt maßgeblich zum Erfolg unserer Projekte bei. Zusammenarbeit ist bei uns dabei keine Frage der Hierarchie: In unseren Teams treffen Absolventen auf Berufserfahrene – über Arbeitsbereiche und Ländergrenzen hinweg – aufeinander. Unsere Führungskräfte motivieren ihre Teams in jeder Projektphase und unterstützen sie durch konstruktives Feedback. Dazu gehört es einerseits, gemeinsam Teamerfolge zu feiern, andererseits aber auch, Hindernisse der Zusammenarbeit offen adressieren zu können, um für jeden das optimale Arbeitsumfeld im Team schaffen zu können. Teamarbeit heißt bei innogy Consulting zudem, die Kolleginnen und Kollegen persönlich gut zu kennen, zu erkennen, wenn es jemandem nicht gut geht, um dann z.B. Hilfe anzubieten. Dazu gehört ein regelmäßiger Austausch beim Kaffee zwischendurch oder beim Feierabendgetränk. Und wie steht es um das Ausprobieren von neuen Ideen in „freien“ Räumen – ganz nach dem Trial and Error-Prinzip? Die einfachsten Lösungen sind oft nicht die erfolgreichsten. Kreativität und eine abwägende Risikobereitschaft zeichnen uns aus. Wir denken gerne um die Ecke und sind ständig auf der Suche nach dem besten Ergebnis. Dabei treiben uns unsere Begeisterung für Exzellenz sowie unsere vom Unternehmergeist geprägte Denkweise an. Gerade wenn es um Innovation geht, gehört eine gewisse Fehlertoleranz oder der Mut, als erstes etwas Neues zu tun, dazu. Bei innogy Consulting leben wir eine Kultur, die es ermöglicht, Fehler zu akzeptieren, zu analysieren und zu reflektieren. Mit den entsprechenden Learnings, dem ständigen Research zu neuen Methoden und Tools, Durchhaltevermögen und einer permanenten Ausrichtung an unseren Kunden leiten unsere Consultants innovative Lösungen anforderungsgerecht ab. Selbstverständlich ist ein „trial-and-error“-Ansatz nicht für jede Herausforderung oder für jeden Projektauftrag passend. Die entsprechende Flexibilität im Methodenportfolio zeichnet unseren Consulting-Ansatz aus. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln Sie unter anderem nach der 70:20:10-Methode. Was genau ist darunter zu verstehen? Grundsätzlich versteht man unter der Methode, dass der klare Entwicklungsfokus zu 70 Prozent „on the job“ liegt. Zu 20 Prozent wird die Praxiserfahrung durch ein strukturiertes Feedback und Reflektion analysiert und für die Zukunft adaptiert. Nur ein kleiner Teil der Entwicklung, etwa 10 Prozent, erfolgt durch Seminarformate, um Wissenslücken zu füllen. Die Erfahrung und Anwendung der Theorie in der Praxis stehen für uns als Erfolgstreiber und bringen die meisten Learnings mit sich. Unsere Projektteams tauschen sich regelmäßig u.a. in einem „Start-stop-continue“-Format über die Projektentwicklung aus. Gleichzeitig führen die Projektleiter regelmäßig Feedbackgespräche mit jedem einzelnen Teammitglied, um während des Projekteinsatzes sowohl die fachliche als auch persönliche Entwicklung kontinuierlich zu begleiten. Theoretisches Fachwissen wird bei uns größtenteils in interaktiven Classroom-Trainings, kurzen Spotlight-Sessions und selbstentwickelten online-Flashcards vermittelt. Und natürlich direkt im Projektalltag angewendet. Je nach Level und insbesondere bei wachsender Führungsverantwortung kommen individuelle Personalentwicklungsformate wie bspw. Coachings hinzu.

Digitalisierung ist der Treiber

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Der Umsatz der Beratungsbranche stieg 2018 um 7,3 Prozent. Und auch 2019 wird von den Unternehmen ein weiterer Kurvenanstieg prognostiziert. Getrieben wird diese Entwicklung vor allem durch Digitalisierungs- und IT-Themen. Von Christoph Berger

Die deutsche Beratungsbranche zählt zu den am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen in Deutschland. So das Ergebnis der im Herbst 2018 durch Lünendonk und Hossenfelder veröffentlichten Studie „Managementberatung in Deutschland“. Vor allem dank der Digitalisierung. Denn demnach werden Dienstleistungen rund um die Entwicklung von Digitalstrategien, Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle, Digital-Marketing-Services, Customer Journey, User-Experience- Design und App-Entwicklung immer wichtiger für Beratungsunternehmen. Auch Services werden relevanter, die den Mitarbeitern des Kunden helfen, die digitale Transformation des Unternehmens erfolgreich zu gestalten. Die Stichworte hierzu sind beispielsweise Change Management und Behaviour Transformation. Da passt es, dass beispielsweise McKinsey beabsichtigt, in diesem Jahr in Deutschland und Österreich bis zu 500 neue Beraterinnen und Berater einzustellen. Vor allem Mitarbeiter mit digitalen Kompetenzprofilen, darunter Experten in den Bereichen Analytics, künstliche Intelligenz oder neue Mobilität werden gesucht. Allerdings sind dies nicht die einzigen Technikbereiche, in denen Beratungsleistungen gefordert werden. Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) hat in seiner Branchenstudie „Facts & Figures zum Beratermarkt 2019“ festgestellt, dass im Jahr 2018 die Kunden der Consultants besonders Unterstützung bei Themenstellungen rund um IT-Datenschutz und Datensicherheit gehabt hätten. In diesem Bereich wurde eine um 16,2 Prozent gestiegene Nachfrage festgestellt. Hintergrund dafür sei zum einen die Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gewesen, aber auch die vermehrten Datenskandale, durch die das Bewusstsein für mehr Prävention gewachsen sei. „Beim Thema Cybersecurity hinken die meisten Unternehmen der Raffinesse der Cyberkriminellen hinterher. Das führt zu einem Vertrauensverlust in die digitale Wirtschaft“, sagt demnach auch Uwe Kissmann, Geschäftsführer von Accenture Security in Europa. Das Thema sei daher beim Vorstand anzusiedeln und Security ein integraler Bestandteil aller neuen Projekte werden. Und wie sieht es mit der Digitalisierung der Unternehmensberatungen selbst aus? Hierzu wurde in der Lünendonk und Hossenfelder-Studie festgestellt, dass softwaregestützte Beratungsangebote immer wichtiger werden, wobei der Fokus auf analytischen Tools zur Datenauswertung liege. Technologie wird also vor allem unterstützend eingesetzt. Da passt dann auch die BDU-Erkenntnis, dass die Präsenzberatung beim Kunden wichtig bleibt. Für die Umsetzungsberatung gelte das sowieso, dort spiele der menschliche Faktor eine entscheidende Rolle, dies könne nur bedingt durch künstliche Intelligenz oder Maschinen ersetzt werden.

Der Sinn für die Zukunft

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Die Märkte im Speziellen und die Welt im Allgemeinen befinden sich in einem permanenten und vor allem gravierenden Wandel. Orientierung kann da die Suche nach der ursprünglichen Idee, dem Sinn eines Unternehmens, geben. Tim Kuhrcke berät dazu und arbeitet bei der auf Purpose spezialisierten Unternehmensberatung Brighthouse in Berlin. Aufgezeichnet von Christoph Berger

Zur Person:

Tim Kuhrcke, Studium: Medienwissenschaften mit Schwerpunkt Psychologie. Seit 2018 Managing Director der BCG-Tochtereinheit Brighthouse
Es gibt Dinge, die ziehen sich wie rote Fäden durch Tim Kuhrckes Leben. Da ist zum einen die Frage nach dem Wirken des Menschen: Warum macht er manche Dinge und andere nicht? Diese Fragen beschäftigen den studierten Medienwissenschaftler schon lange. Der zweite Faden ist die Auseinandersetzung mit Innovationen. Als Gründer beschäftigte er sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Medienunternehmen, bei MTV Networks in New York arbeitete er an einer strategischen Neuausrichtung, um den Konzern noch stärker auf die Generation Y zu fokussieren. Zudem war er in einer Innovationsagentur und bei BCG Digital Ventures tätig, der auf die Inkubation innovativer Geschäftsmodelle für Konzerne spezialisierten Einheit der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt, Ende 2018, wechselte er zu einer weiteren BCG-Tochter, der Spezial-Beratung Brighthouse. Dort vereint er die Fäden nun zu einem Strang, indem er sich mit seinen Mandanten auf Sinnsuche begibt, den Sinn des jeweiligen Unternehmens. Oder, wie es im Fachjargon heißt: Purpose-Beratung. Er spürt beispielsweise dem einstigen Gründergeist nach, der vielleicht durch eine immer breiter werdende Produktpalette und über die Jahre verloren gegangen ist. Oder durch eine immer größere Diversifizierung über den Erdball hinweg. „Jetzt, im Zeitalter der Digitalisierung und der damit einhergehenden Komplexität, werden die Unternehmen erneut herausgefordert, darüber nachzudenken, wer sie überhaupt sind und wer sie sein wollen. Da hilft es, den Purpose wieder auszugraben“, sagt Kuhrcke. Denn eines hat er bei all seinen Stationen immer wieder erlebt: Wenn man sich mit Innovationen beschäftigt, steht zu Beginn die Frage: Warum? Wer da seine Wurzeln kennt, kann bessere Entscheidungen treffen, die erst einmal nicht auf Algorithmen basieren, sondern in der jeweiligen Geschichte des Unternehmens begründet sind. Ein Historiker ist Kuhrcke deshalb nicht. Eher ein Psychologe, der sich mit Menschen und deren Visionen beschäftigt – den einstigen und heutigen. Diese gilt es ins gesamte Unternehmen zu tragen. „Aus Betroffenen werden Beteiligte und dem Unternehmen wird die Möglichkeit gegeben, sich gemeinsam zu formieren. Eine Art Bewegung, die zu dem wiederentdeckten Purpose stehen kann“, fasst er seine Hauptaufgabe zusammen. Kann die Frage nach dem „Warum“ beantwortet werden, ist es wesentlich einfacher, die gesamte Belegschaft bei einer Transformation mitzunehmen. Dies passt zu seiner Prognose: „Viele Unternehmen realisieren derzeit, dass sie enorm viel in Technologien investieren können. Doch Technologie skaliert, Menschen nicht. Die Menschen werden daher auch in Zukunft den Unterschied machen. Da kommt man schnell zu den Fragen: Wie organisiert man ein Unternehmen und wie lassen sich die Menschen darin begeistern und involvieren?“ Und welche Voraussetzungen werden für den Job benötigt? „Man muss einerseits den Blick für das große Ganze und die Fähigkeit haben, qualifiziert über gesellschaftliche und marktwirtschaftliche Perspektiven reden zu können. Gleichzeitig muss man aber auch bereit sein, detailorientierte Arbeit zu leisten mit klassischen unternehmensberaterischen Fähigkeiten“, erklärt Kuhrcke.

„Das Unausgesprochene gilt es, in Sprache zu bringen“

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Teamarbeit ist gängige Praxis in den Unternehmen. Aus ihr sollen Resultate entspringen, die sowohl das Unternehmen als auch die einzelnen Mitarbeiter voranbringen. Dr. Gundula Ganter berät Organisationen hinsichtlich neuer Teamstrukturen und der Entwicklung von Teams. Im Interview erklärt sie, was sie tut und wie sich Teamarbeit im digitalen Zeitalter verändert. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Dr. Gundula Ganter studierte Psychologie in Leipzig und Aachen. Ihr Schwerpunkt schon damals: Arbeits- und Organisationspsychologie. Ihre berufliche Karriere startete sie nach ihrem Diplom-Abschluss in einer Unternehmensberatung mit dem Fokus auf Human Resources (HR). Nach Dissertation, Auslandsaufenthalt und unterschiedlichen HR-Funktionen in einem mittelständischen Unternehmen stieg sie 2016 in das Beratungsunternehmen ABIS ein. Dort ist sie geschäftsführende Gesellschafterin am Standort Stuttgart und Expertin für Personal- und Organisationsentwicklung mit Schwerpunkt Führung, Unternehmenskultur, Vergütung und Veränderungsmanagement, Führungskräftetraining und Coaching. Außerdem übernimmt sie die Konfliktmoderation in (Management-)Teams. Weitere Infos: www.abis-business.de
Frau Dr. Ganter, Sie sind Expertin für Teamentwicklung. Weshalb suchen Unternehmen Ihre Beratung? Unternehmen kommen meistens dann auf uns zu, wenn agile Formen der Zusammenarbeit eingeführt werden sollen oder es in bestehenden Teams Konflikte gibt. Viele Unternehmen streben danach, schneller auf Kundenwünsche und Marktanforderungen zu reagieren und etablieren parallel zur Linienstruktur agile Teams. Das hat viel Potenzial in Bezug auf effizientes Arbeiten und Mitarbeiterbindung, birgt aber auch einige Risiken, wenn alt bewährte Handlungsmuster in Frage gestellt werden. Wie gehen Sie dabei vor, welche Instrumente stehen Ihnen zur Analyse zur Verfügung? Das wichtigste ist immer die gute Auftragsklärung zu Projektbeginn, die Beantwortung der Frage: Worum geht es? Bei der agilen Transformation arbeiten wir mit den Verantwortungsträgern und einem Projektteam in Workshops, um das Konzept zu erstellen und im zweiten Schritt die Mitarbeiter zu mobilisieren. Zur Konfliktklärung laden wir alle Beteiligten zu einem Teamentwicklungsworkshop ein. Wichtig dabei ist, dass keiner sein Gesicht verliert und alle das Gefühl haben, dass über Wichtiges gesprochen wird. Das Unausgesprochene gilt es, in Sprache zu bringen. Funktioniert das, wenn sich Menschen unter Beobachtung äußern sollen? Unsere Moderation läuft so, dass wir sehr sorgfältig alle Beteiligten in den Prozess einbeziehen. Wir nehmen jede Sichtweise ernst und ermöglichen, dass sich die Teammitglieder gegenseitig zuhören. Durch unsere Fragen erreichen wir, dass wertschätzend über Wichtiges gesprochen wird. Häufig wollen die Beteiligten einfach ernst genommen und verstanden werden. Sie sind meist sehr kooperativ und an guten Lösungen interessiert. Unsere Aufgabe ist es, den Prozess zu moderieren. Neutralität ist dabei ganz wichtig. Das spüren die Beteiligten. Wie wichtig ist es überhaupt, dass Teams aus unterschiedlichen Charakteren bestehen? Das ist extrem wichtig, weil nur so eine Vielfalt entsteht. Da gilt der Satz: Teams sind immer besser als die Leistung eines Einzelnen. Das funktioniert natürlich mit unterschiedlichen Charakteren und Erfahrungen am besten. Wir lieben die Mischung aus „alt“ und „jung“, aus verschiedenen Disziplinen und Nationalitäten. Ist der Teamgedanke wie so viele andere Unternehmensstrukturen derzeit auch einem Veränderungsprozess unterworfen? Ja. Der Trend geht zu stärker selbstorganisierten Teams – bei klassischen Linienteams und ganz bestimmt bei agilen und bereichsübergreifenden Teams. Hier gilt es, die Rollen und Verantwortlichkeiten in Teams zu definieren und Entscheidungsprozesse neu aufzusetzen. Das neue Führen heißt auch, mehr zu delegieren und in die Leistungsfähigkeit der Teammitglieder zu vertrauen. Dafür braucht es Leute, die bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen. Die Passung aus Rolle im Team, was bringe ich mit und wer möchte ich sein, die ist ganz wichtig. Dazu bedarf es dann aber einer intensiven Vorbereitung, oder? Genau, die Neuordnung von Teams muss strategisch geplant werden – schließlich wird das hierarchische Gefüge neu sortiert. Die Rollen einer Führungskraft werden auf verschiedene Schultern verteilt. Fach- und Methodenkompetenz sowie Entscheidungskompetenzen können in das Team verlagert werden. Unsere Erfahrung ist, dass hier vorab wichtige Weichen gestellt werden müssen. Festgelegt sein muss: Gibt es ein gemeinsames Ziel beziehungsweise einen Auftrag, wer hat welche Rolle, wer darf was entscheiden und wie wird kommuniziert. Dann kommt noch die Beziehungsebene dazu – wenn es da menschelt, im Guten wie im Kritischen, dann tritt das ganz schnell zutage. Welche Skills braucht es da von Beraterseite, um die richtigen Analysen durchzuführen, Schlüsse zu ziehen und Methoden anzuwenden? Bei uns funktioniert das nicht ohne eine systemische Ausbildung. Neben oder nach dem Studium kann das eine systemische Coaching-, eine systemische Berater- oder eine Organisationsentwicklungs-Ausbildung sein. Es gibt hierzu bereits gute Ansätze an den Hochschulen. Die Zusatzausbildungen ermöglichen aber erstens eine Vertiefung mit systemtheoretischen und neuen Konzepten zu Menschen, Teams und Organisationen. Zweitens erwerben die Teilnehmer eine hohe Methodenkompetenz beim Moderieren von Workshops. Das ist ein Stück weit learning by doing, aber auch Technik, die man in den Ausbildungen lernt.

Gute Gehälter für Berater

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Die Consulting-Branche wächst – unaufhörlich könnte man fast schon sagen. Nach wachsenden Personaleinstellungen in den vergangen Jahren, wird auch für 2019 erwartet, dass die großen Unternehmensberatungen mit über zehn Millionen Euro Umsatz sowohl berufserfahrene Consultants als auch Juniorberater einstellen. Und auch von den mittelständischen Marktteilnehmern wollen rund Dreiviertel neue Jobs für Seniorund Juniorberater schaffen. Das wirkt sich positiv auf die Gehälter aus. Von Christoph Berger

Für den im April 2019 veröffentlichten Stepstone Gehaltsreport 2019 sind die Autoren der Frage nachgegangen, was Fach- und Führungskräfte in der Consulting- Branche verdienen. Doch die Frage nach dem Verdienst lässt sich nicht ganz so einfach beantworten. Laut dem Gehaltsreport werden die Gehälter von Beratern durch vier Faktoren bestimmt. Zum einen spielt die Berufserfahrung beim Gehalt eine entscheidende Rolle. So verdienen Berufseinsteiger beziehungsweise Junior Consultants in der Regel um die 47.700 Euro. Das Durchschnittsgehalt von Senior Consultants liegt dann mit 75.100 Euro schon fast 30.000 Euro darüber. Hat man diesen Status erreicht, können in der Regel etwa sechs Jahre Berufserfahrung nachgewiesen werden. Consultants, also diejenigen, die sich zwischen dem Junior- und Seniorstatus befinden, verdienen um die 60.600 Euro. Ein Blick auf die Ausbildung der Berater verrät außerdem, dass zwei Drittel der Berater studiert haben – die meisten Consultants verfügen über einen akademischen Abschluss im Bereich Wirtschaftswissenschaften (42 Prozent), Ingenieurwissenschaften (21 Prozent) oder Naturwissenschaften (16 Prozent). Der zweite für das Gehalt relevante Faktor ist der Standort des Beratungsunternehmens. So verdient, wer beispielsweise in Frankfurt am Main (72.200 Euro) oder München (71.200 Euro) arbeitet, überdurchschnittlich gut. Auch Stuttgart mit 68.800 Euro, Düsseldorf mit 68.600 Euro und Köln mit 63.500 Euro Durchschnittsgehalt liegen noch in den Top 5. Faktor 3 ist in der Beraterrolle zu sehen: Arbeitet man als Inhouse-Berater oder bei einer Management-Beratung, die nur für einen bestimmten Zeitraum beauftragt wird und dafür unvoreingenommen Klienten bewerten kann? Hierzu haben die Autoren des Reports festgestellt, dass die bei einer Unternehmensberatung angestellten Consultants im Schnitt 68.600 Euro verdienen und damit meist bessergestellt sind als ihre Kollegen aus der Inhouse-Beratung. Wobei es auch Ausnahmen gibt: So kommen Inhouse-Consultants in der Automobilbranche mit durchschnittlich 72.500 Euro brutto auf das höchste Gehalt unter den Beratern. Und auch die Telekommunikationsbranche bezahlt Inhouse-Berater mit 67.300 Euro überdurchschnittlich. Bleibt schließlich noch Faktor 4. Und der ist von jedem einzelnen abhängig, da es um das Verhandlungsgeschick geht. Hier scheint Selbstbewusstsein gefragt, immerhin fragen 51 Prozent der Consultants ihren Arbeitgeber regelmäßig nach mehr Gehalt. Und dies mit Erfolg, denn immerhin rund zwei Drittel berichten von erfolgreichen Verhandlungen. Zur Vorbereitung tauschen sich fast drei von vier Beratern (72 %) vor der Gehaltsverhandlung mit Freunden und Kollegen über realistische Gehaltsvorstellungen aus.