Bertram Hilgen ist seit Juli 2005 Kasseler Oberbürgermeister.Der SPD-Politiker absolvierte ein Studium der Rechts- und Politikwissenschaften in Marburg und startete seine Karriere als Referent des damaligen Kasseler Oberbürgermeisters Hans Eichel. Nachdem Eichel zum hessischen Ministerpräsidenten gewählt wurde, folgte er ihm in die Landeshauptstadt Wiesbaden. 1996 kehrte Hilgen nach Kassel zurück, wo er das Amt des Regierungspräsidenten im Regierungsbezirk Kassel bekleidete.
Interview mit Kassels OB Bertram Hilgen
Was macht eigentlich ein Aktuar, Herr Buse?
Der Beruf Aktuar ist den meisten Menschen unbekannt. Mit seiner ursprünglichen Bezeichnung, dem Schreiber im römischen Senat, hat der moderne Aktuar nichts mehr gemein. Heute versteckt sich hinter dieser Berufsbezeichnung ein Versicherungsmathematiker. Von Michael Buse
Michael Buse ist Aktuar bei der Gothaer Versicherung„Wir rechnen mit der Zukunft“, so lautet das offizielle Motto der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Das bedeutet: Ein Aktuar erstellt mathematische Modelle, mit denen auf Basis einer Vielzahl von analysierten Daten aus der Vergangenheit benötigte Zielgrößen für die Zukunft berechnet werden können. Dazu einige Beispiele aus dem Bereich der Schaden- und Unfallversicherung: Im Rahmen der Tarifkalkulation erstellen Aktuare mit mathematischen Methoden Risikomodelle. Mit denen versuchen sie, die zu versichernden Risiken in einem Portefeuille möglichst realitätsnah abzubilden. Aus einem solchen Modell entwickeln sie dann unter Hinzunahme weiterer Informationen, wie den Abschluss- und Verwaltungskosten, einen Tarif. Der stellt die Grundlage für die Prämienbemessung für die Versicherung solcher Risiken dar. Oder der Aktuar kalkuliert Rückstellungen. Dabei sucht er durch seine Berechnungen Antworten auf die Frage: In welchen Jahren sind zukünftig welche Zahlungsleistungen für versicherte Schäden zu erbringen – und zwar sowohl in Bezug auf bereits gemeldete Schäden als auch noch nicht bekannte Schäden? In einem anderen Fall erstellt er auf Basis aller verfügbaren Daten mit Data-Mining-Methoden Modelle, die Auskunft darüber geben, mit welcher Wahrscheinlichkeit Kunden mit bestimmten Merkmalen Verträge stornieren oder weitere Verträge abschließen werden, welchen voraussichtlichen Schadenaufwand sie generieren und welchen ökonomischen Wert sie somit für das Unternehmen mittel- und langfristig darstellen werden. Und ein Aktuar erstellt zur Unterstützung der Unternehmenssteuerung komplexe mathematische Modelle mittels Simulationstechniken. Diese sollen Auskunft darüber geben, welches versicherungstechnische Ergebnis für eine laufende oder künftige Periode zu erwarten ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit Abweichungen von diesem erwarteten Ergebnis eintreten können. Aus diesen Modellen leitet er Zielgrößen für das Unternehmen ab, zum Beispiel den Risikokapitalbedarf. Die Problematik bei all diesen Aufgaben liegt darin, dass die Ergebnisse des Aktuars am Ende Wahrscheinlichkeitsaussagen sind. Er sollte jedoch in der Lage sein, in Bezug auf die zu berechnende Größe nicht nur den Erwartungswert, sondern auch die Schwankungsbreite des Ergebnisses um diesen Erwartungswert herum anzugeben. Die Präzision der Aussagen und die Schwankungsbreite möglicher Ergebnisse hängen dabei von der Datenqualität ab. Ein kompetenter und fachlich versierter Umgang mit den gegebenen Werten ist daher unumgänglich. Die mathematische Abteilung eines Versicherungsunternehmens, Aktuariat genannt, ist die „Heimat“ der Aktuare. Dort werden Tarife kalkuliert, Reserven berechnet und mathematische Modelle zur Unternehmenssteuerung erstellt. Aktuare sind aus Versicherungsunternehmen nicht wegzudenken. Ihre Aufgaben sind für das Kerngeschäft einer Versicherung essenziell, denn die gesamte Versicherungstechnik basiert auf Versicherungsmathematik und deren zahlreichen komplexen Modellen und Formeln, die fachkundiges Expertenwissen erfordern. Zudem ist es nicht damit getan, komplexe mathematische Formeln einmalig durch Aktuare programmieren zu lassen und danach nur noch eine entwickelte Spezialsoftware anzuwenden. Im Rahmen der Erstellung und Anwendung eines aktuariellen Modells bedarf es an unzähligen Stellen der Expertise eines kundigen Menschen, um unter verschiedenen Parametern oder Methoden die geeignetste auszuwählen, um zu plausibilisieren oder zu validieren. Mit Aufnahme in die DAV verpflichten sich die Aktuare, den Satzungsregeln der Vereinigung zu folgen. So darf der Aktuar die sogenannten „Aktuariellen Grundsätze“ nicht verlassen. Das bedeutet: Seine Berechnungen und Modellierungen müssen anerkannten mathematischen Methoden entsprechen. Insofern ist der Aktuar ein unbestechlicher Dienstleister im Unternehmen. In diesem verantwortungsvollen und vielseitigen Aufgabengebiet sind die Berufsperspektiven für Aktuare sehr gut, die Nachfrage seitens der Versicherer nach derartigen Experten ist hoch. Ein Grund dafür ist, dass das Anwendungsgebiet der Mathematik in Versicherungsunternehmen – nicht zuletzt durch gesetzgeberische Entwicklungen wie beispielsweise Solvency II – stetig wächst. Wer daher eine Karriere als Spezialist anstrebt, in der Eigenverantwortung und selbständiges Handeln gefragt sind, findet in der Ausbildung sowie dem Aufgabenfeld des Aktuars eine interessante Herausforderung und eine attraktive Alternative zu den anderen mathematischen Berufen.
Job-Steckbrief „Aktuar“
Voraussetzungen:Besondere Anforderungen:
- Abgeschlossenes Mathematikstudium, das durch gleichwertige Abschlüsse ersetzt werden kann
- Grundkenntnisse in Stochastik und Statistik
- Voraussetzung für die Teilnahme an der wohl wichtigsten Teilprüfung, der sogenannten „Spezialwissen-Prüfung“, ist der Nachweis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit in einem Aktuariat oder in einer vergleichbaren Stelle
Einkommen:
- Fachliche Qualifikation, nachgewiesen durch Diplom oder Master in Mathematik und den Titel „Aktuar (DAV)“. Darüber hinaus: gute Kommunikationsfähigkeiten, Fähigkeit zur fachlichen Führung, Fähigkeit, Ergebnisse und Vorgehensweisen auch Nicht-Mathematikern, insbesondere im Kreise des Managements, verständlich zu erklären
Hier gibt’s weitere Informationen!
- Variabel; circa 45.000 Euro Einstiegsgehalt
Ahoi, MBA
Hinter einem MBA-Abschluss stand einst der Anspruch, Teilnehmern ein generalistisches Managementwissen zu vermitteln. Inzwischen ist das nicht mehr immer so. Zahlreiche Programme haben sich auf bestimmte Branchen spezialisiert. Dazu zählen auch auf die Bankenund Versicherungsbranche ausgerichtete Programme. Von Christoph Berger
Leichter als es einem die London School of Business and Finance macht, geht es momentan wohl kaum: Über die Facebook-App LSBF Global MBA stellt die Business School Hunderte Lehrstunden frei zur Verfügung. Darin integriert sind Fallstudien, Diskussionsforen, Videokurse und Vorlesungen von Dozenten aus der ganzen Welt. Studiert werden kann von jedem Ort aus, sofern ein Internetzugang vorhanden ist. Es gibt keine zeitlichen Vorgaben, und auch die Reihenfolge der Kurse ist nicht festgelegt. Die Business School will mit diesem Angebot Barrieren bei Interessierten abbauen, frei nach dem Motto: „Try before you buy“. Und sie will Studierende für sich gewinnen. Denn auch wenn die Lehrmaterialen frei sind: Die Zulassung zur Prüfung kostet schließlich doch Gebühren. Ebenso müssen die formalen Kriterien – ein erster Studienabschluss und Berufserfahrung – erfüllt sein. Allerdings wissen Studierende bei der Anmeldung dann längst, worauf sie sich eingelassen haben. Es wundert daher nicht, dass das Konzept angenommen wird: Bereits nach einem Jahr nutzen 30.000 Anwender das Angebot aktiv. Der Master of Business Administration, kurz MBA, soll Absolventen befähigen, führende Managementaufgaben erfolgreich zu meistern. Während es bei seiner Entwicklung um einen generalistischen Ansatz ging, in dem alle Managementbereiche gelehrt wurden, hat sich dieser Gedanke inzwischen gelockert. Immer mehr Programme sind auf bestimmte Branchen oder gewisse Themen spezialisiert. Dies liegt sicher auch an der Fülle der Angebote: Im deutschsprachigen Raum gibt es etwa 400 MBA-Angebote, weltweit über 10.000 Programme. Mit dem Abschluss in der Tasche erhoffen sich die Absolventen Fachwissen, das ihnen den Aufstieg die Hierarchiestufen hinauf erleichtert. Daher ist diese Form der Weiterbildung so gefragt. Laut der Umfrage „Management-Weiterbildung: Was High Potentials wirklich wollen“, durchgeführt von der Universität Mannheim, ist das Interesse an Management-Weiterbildungen groß. Insbesondere Berufseinsteiger planen sie schon in den ersten fünf Jahren nach ihrem Studienabschluss ein. Um bei den vielen Auswahlmöglichkeiten die richtige Wahl zu treffen, sollten Interessierte außer auf die inhaltliche Ausrichtung auch auf eine vorhandene Akkreditierung des ausgesuchten Studiengangs achten. Die fungiert als Qualitätsmerkmal und garantiert einen definierten Standard – sowie die internationale Vergleichbarkeit. Vergeben wird sie von nationalen und internationalen Agenturen. Sucht man allerdings deutsche Business School mit internationaler Akkreditierung, schrumpft die Auswahl erheblich. Laut dem Online-Portal MBAGuide sind von den 130 Anbietern in Deutschland mit ihren 280 MBA-Angeboten nur zehn Hochschulen international akkreditiert. Dazu zählen beispielsweise die Handelshochschule Leipzig (HHL), die School of Business and Economics der RWTH Aachen, die Business School der Universität Mannheim und der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Besser sieht es auf nationaler Ebene aus: Etwa 70 Prozent aller deutschen MBA-Studiengänge sind da bereits akkreditiert beziehungsweise durchlaufen momentan den Anerkennungsprozess. Auch in den unterschiedlichen MBA-Rankings der internationalen Wirtschaftszeitungen sind deutsche Business Schools bisher selten zu finden. Dies hat jedoch formale Gründe. Entweder fehlt ihnen die bereits erwähnte internationale Akkreditierung oder aber ihre Teilnehmerzahl ist zu gering, um überhaupt betrachtet zu werden. Denn qualitativ mithalten können die deutschen Angebote, wenn sie auch nicht die ganz großen Namen haben, allemal. MBA-Banking, MBA-Finance, MBA-Versicherungswesen oder MBA-Insurance: So heißen Angebote für die Banken- und Versicherungsbranche. Am House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt wird zum Beispiel der Executive Master of Finance and Accounting angeboten. Es handelt sich bei ihm um einen berufsbegleitenden Studiengang, der gemeinsam von der Goethe Business School und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG entwickelt wurde. Nach eigener Aussage werden darin Managementkompetenzen für eine Karriere im Finanz- und Rechnungswesen vermittelt. Im Kommen sind zudem Programme, die mit Abschlüssen zweier Hochschulen enden. Sie tragen dem Gedanken eines internationalen Abschlusses noch einmal in ganz besonderer Weise Rechnung. Das Institut of International Education und die Freie Universität Berlin haben in ihrem Report „Joint and Double Degree Programs in the Global Context“ herausgefunden, dass bereits zwei Drittel der Business Schools derartige Studiengänge anbieten. Denn dies ist ein weiterer Vorteil eines MBA: Er bereitet auf eine internationale Karriere vor.Aufgestiegen zur Associate
Stephanie Bürgel, 29 Jahre, studierte Betriebswirtschaftlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München mit den Schwerpunkten Finance und Accounting/Auditing. Direkt nach ihrem Diplom stieg sie bei der UniCredit Group in München als Trainee ein. Den Kontakt zu dem Unternehmen hatte sie bereits durch ein Praktikum kurz vor dem Studienabschluss geknüpft. Von Beginn arbeitet sie im Bereich Corporate & Investment Banking. Ihre Schwerpunkte sind die Vorbereitung und Begleitung von Fusionen und Übernahmen in der Versicherungsbranche. Von Christoph Berger
Zur Person
Jung und erfolgreich bei: Horbach
Zu keinem Zeitpunkt während Inad Baassiris Studium gab es Anzeichen dafür, dass er seine berufliche Karriere in der Finanzbranche starten würde. Bis zu seinem Abschluss hatte er seinen Blick auf die Industrie gerichtet – nicht weit entfernt von der Universität Hohenheim sind in der Region zwischen Stuttgart und Ulm einige Automobilunternehmen und deren Zulieferer beheimatet. Dort machte er seine studienbegleitenden Praktika. Dabei lernte er jedoch nicht nur Fachliches, sondern auch sich selbst besser kennen. Ihm wurde bewusst, wie wichtig ihm der Umgang mit Menschen ist, dass ihm die Beratung rund um ihre Bedürfnisse nicht nur Spaß macht, sondern auch liegt. Von Christoph Berger
Zur Person
Privatbank versus Großbank
Weltweiter Konzern oder familiäre Atmosphäre? Beim Berufseinstieg ist die Entscheidung für eine Privat- oder eine Großbank eine richtungweisende Frage. Möglichkeiten zur großen Karriere bieten beide Modelle. Allerdings auf unterschiedliche Weise. Von Jürgen Bröker
Als Martina Lohmüller vor mehr als 20 Jahren – damals noch bei der Dresdner Bank – in die Welt einer Großbank eingestiegen ist, hat sie sich das genau überlegt. Sie war sich der Karrierechancen bewusst, die ein breit aufgestelltes Kreditinstitut seinen Mitarbeitern bietet. Die Dresdner Bank ist mittlerweile mit der Commerzbank verschmolzen, und Lohmüller ist immer noch dabei. Seit 2009 ist sie als Teamleiterin für Nachwuchs und Beratung in der Region Süd zuständig. Von der Rekrutierung bis hin zur Weiterentwicklung koordiniert sie die Nachwuchsarbeit für die Großräume Frankfurt am Main, München und Stuttgart. Bis zu 150 Trainees stellt die Commerzbank jedes Jahr ein – in ganz unterschiedlichen Bereichen. „Wir suchen IT-Leute und Controller genauso wie junge Menschen, die ihre Karriere eher im Vertrieb sehen“, sagt Lohmüller. Dabei achtet die Bank darauf, dass das Gesamtpaket jedes Bewerbers stimmt. Neben den gängigen Qualifikationen aus Studium und Abschlussnoten sind für die Großbank Leistungs- und Lernbereitschaft sowie Teamfähigkeit ganz wichtig. Dafür gibt es für Einsteiger Möglichkeiten in sämtlichen Finanzbereichen. Zudem erhalten gerade Akademiker schnell die Chance, sich auf einen bestimmten Bereich zu spezialisieren. Eine Option ist die Karriere zum sogenannten Private-Banking-Berater. Dieser betreut vermögende Kunden. Hierbei sind die Aufstiegschancen in eine Führungsposition laut Lohmüller sehr gut. Im Bereich des Mittelstands können sich Einsteiger zum Firmenkundenberater ausbilden lassen. Die Einsatzmöglichkeiten richten sich nach den jeweiligen Stärken. Dabei stützt sich das Karrieremodell der Commerzbank auf drei Säulen: Diejenigen, die ihr Talent in der Mitarbeiterführung haben, gehen in Richtung Führungskarriere. Wer sich in Projekten wohlfühlt, kann dort Karriere machen. Und wem die Einarbeitung in ein bestimmtes Gebiet liegt, kann eine Spezialistenkarriere anstreben. Neben der Vielzahl an unterschiedlichen Bereichen sieht Lohmüller noch einen weiteren Vorteil im Vergleich zu kleinen Banken: Das Kreditinstitut ist nicht nur bundesweit, sondern auch im Ausland vertreten. Das eröffnet Absolventen internationale Perspektiven. Kontinuität und Tradition: Das sind die Säulen, auf die sich das Bankhaus Lampe beruft. Das wirkt sich auch auf die Karrieremöglichkeiten aus. Die sehen bei der Privatbank mit ihren insgesamt etwa 600 Mitarbeitern ganz anders aus als bei einer Großbank. „Wer zu uns kommt, entscheidet sich ganz gezielt für die besondere Atmosphäre einer unabhängigen Privatbank, die durch den unternehmerischen Hintergrund der Familie Oetker geprägt ist“, sagt Christiane Wolff, stellvertretende Personalleiterin des Bankhauses. Großbank sieht Wolff dabei für Trainees und Hochschulabsolventen die Möglichkeiten der Entwicklung abseits vorgegebener Karriereleitplanken. „Wir binden uns nicht an eine strenge Karriereplanung für bestimmte Funktionen, sondern schauen auf die Stärken und Neigungen unserer Mitarbeiter“, sagt sie. Individuelle Förderung und flache Hierarchien sorgen dafür, dass sich ein Berufseinsteiger im Laufe seiner Karriere in einem bestimmten Gebiet ein breites Wissen erwirbt und bei entsprechender Eignung sowie Engagement schnell als Experte fungieren kann. Dieses Jahr startet zudem ein neues Traineeprogramm, bei dem die Teilnehmer innerhalb von zwölf Monaten alle wesentlichen Geschäftsfelder der Bank und ihrer Tochtergesellschaften kennenlernen, um sich im Anschluss daran für einen künftigen Schwerpunkt zu entscheiden. „Unsere Stärke ist sicherlich, dass wir jeden Mitarbeiter persönlich kennen“, sagt Wolff. Sie glaubt zudem, dass die Querdurchlässigkeit und Flexibilität einer kleineren Bank größer ist. „Uns zeichnet außerdem vor allem Kontinuität aus“, sagt sie. Diesem Anspruch will man sich auch in der Sache Nachwuchs stellen. „Und den wollen wir nach Möglichkeit bei uns im Haus halten. Im Idealfall wird der Berater mit seinen Kunden älter“, sagt Wolff.„Haus der 100 Berufe“
Mit Sicherheit Karriere machen
Versicherungen haben es im Gegensatz zu anderen Bereichen in der Finanzwirtschaft geschafft, ohne nennenswerte Verluste durch die letzten Jahre zu kommen. Sie hielten nicht nur das Beschäftigungsniveau, sondern haben sogar die Sorge: Wo bekommen wir ausreichend Fachkräfte für die Zukunft her? Von Christoph Berger
Gute Noten, einen Masterabschluss und Praxiserfahrung im Versicherungsbereich: Dominique Zeh brachte zu ihrem Berufsstart bei der Allianz alles mit, was sich ihr Arbeitgeber erhoffte und was die Wunschanforderungen vieler Versicherer sind. Bereits während ihres Studiums hatte die heute 29-jährige Betriebswirtin begonnen, Kontakte zu Deutschlands größtem Versicherer zu knüpfen. Erst arbeitete sie als Werkstudentin in dem Unternehmen, später schrieb sie dort ihre Masterarbeit zum Thema Marktmanagement im Bereich Alternative Vertriebswege. Darin analysierte sie die Vertriebsstrukturen von Versicherungen und arbeitete alternative Wege des Verkaufs von Finanzdienstleistungsprodukten heraus. „Nach dieser strategischen Arbeit wollte ich das operative Geschäft eines Versicherungsunternehmens kennenlernen. Deshalb habe ich mich um eine der Traineestellen beworben“, sagt sie. Ein Jahr lang lernt sie nun die unterschiedlichen Personenversicherungsbereiche des Unternehmens kennen – also die Sparten Leben und Kranken. Gerade hat sie zehn Wochen Schulung zum Thema betriebliche Altersversorgung hinter sich. Im ersten Jahr des Traineeprogramms sind auch einige Stationen im Vertrieb vorgesehen. Im zweiten Jahr sind Stationen geplant, die sie auf ihre weitere Laufbahn vorbereiten. Zum Ende wird sie eine Projektarbeit durchführen. Dominique Zeh hat sich für ihren Berufseinstieg eine Branche ausgesucht, die zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland zählt. Die Versicherungswirtschaft wird im Umsatzvergleich mit anderen Branchen nur vom Maschinenbau und der Chemischen Industrie überflügelt. Laut dem Statistischen Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2011, das vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft herausgegeben wird, arbeiten in und für die 582 Versicherungsunternehmen in Deutschland 561.600 Menschen. 53 Prozent von ihnen sind abhängig beschäftigt, 47 Prozent selbstständige Versicherungsvermittler und -berater. Die meisten Versicherer haben sich auf Schaden und Unfall spezialisiert. Es folgen die Pensionskassen, Lebensversicherungen, Krankenkassen und Rückversicherer. Legt man das Prämienaufkommen zugrunde, ist Deutschland im Segment der Rückversicherung der führende Standort weltweit, eines der größten Unternehmen ist die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, bekannt unter der Marke Munich Re. Dort arbeitet seit 2010 die Mathematikerin und Geowissenschaftlerin Linda Gleser. In der Abteilung Global Clients/North America ist die 28-Jährige zuständig für die Risikomodellierung von Sachversicherungen im nordamerikanischen Markt. Ihre Kunden sind zumeist Erstversicherer, die sich mögliche Schäden ihrer Klientel absichern lassen wollen. Gleser schätzt anhand stochastischer Modelle zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, mit der Industrieanlagen in verschiedenen Regionen von Naturkatastrophen getroffen werden. „Die Berechnung von Naturkatastrophen- Risiken besteht vor allem in der Plausibilisierung, zu der eine intensive Auswertung eigener Daten und Ergebnisse gehört“, erklärt sie. Neben den Modellen nutzt Gleser aber auch Satellitenbilder, weitere Experteneinschätzungen und Datenmaterial. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse wird schließlich für jeden Versicherungsbestand, der rückversichert werden soll, entschieden, zu welchen Bedingungen das passieren kann und was dafür der risikoadäquate Preis ist. Beides fließt in den Vertrag mit dem Kunden ein, den ein Underwriter zeichnet. Der Rückversicherer übernimmt bei Naturkatastrophendeckungen oft das Spitzenrisiko aus dem Bestand des Erstversicherers und sorgt durch seine Internationalität für geografische Streuung der Risiken. Immer behält der Risikomodellierer dabei die Grenzen des eigenen Risikoappetits im Auge. „Unsere Modelle dienen auch der Kontrolle unseres gesamten Versicherungsbestandes“, sagt sie. „Das heißt, dass wir in besonders gefährdeten Regionen Haftungen deckeln; das Risiko kann ansonsten auch für den Rückversicherer zu hoch werden.“ Schon etwas länger in der Versicherungsbranche ist die 31-jährige Nicole Heidemeyer. Nachdem sie Ende 2006 bei der Generali Deutschland Gruppe ein zwölfmonatiges Traineeprogramm begonnen und durchlaufen hat – inzwischen wurde es auf 18 Monate ausgeweitet –, arbeitete sie im Personalmanagement des Unternehmens. Dort baute sie das strategische Personalmarketing auf. „Der Reiz lag für mich darin, mitzugestalten und gemeinsam mit Mitarbeitern der unterschiedlichen Konzernunternehmen eine Strategie für den Auftritt der Generali Deutschland im Bewerbermarkt zu entwickeln“, erinnert sie sich an ihr erstes Projekt. Schon während ihres Traineeprogramms konnte sie von dem großen Unternehmensverbund und der Markenvielfalt des Unternehmens profitieren, verschiedene Tätigkeitsfelder bei unterschiedlichen Konzernunternehmen kennenlernen. So wurde sie auf eine zukünftige Führungsaufgabe im Konzern Schritt für Schritt vorbereitet. Seit einem halben Jahr leitet sie nun die Gruppe Projekte im Projekt-und Anforderungsmanagement der Generali Deutschland Schadenmanagement, einer internen Dienstleistungsgesellschaft des Konzerns. „Unser Betätigungsfeld sind die aus der jährlichen Maßnahmenplanung abgeleiteten IT-Projekte zur Erweiterung und Optimierung der Anwendungslandschaft im Schadenmanagement“, erklärt sie. Zu ihren Aufgaben gehört dabei nicht nur, die Projekte mit ihrem Team abzuwickeln und zu begleiten. Sie muss auch die Schnittstellenfunktion zwischen IT und Fachbereich sicherstellen und dafür sorgen, dass die fachlichen Anforderungen in den IT-Systemen abgebildet werden. Ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten und auf Fakten basierende Überzeugungsarbeit sind dafür extrem wichtig. Fragt man die drei Versicherungsexpertinnen nach ihren Motivationen und den Gründen dafür, warum sie sich die Versicherungsbranche für ihren Karrierestart ausgesucht haben, sind die Antworten ähnlich: „Auch wenn es nach außen hin nicht immer den Anschein macht: Die Versicherungsbranche ist eine spannende und interessante Branche.“ Das beginne schon bei der Vielfalt im Mitarbeiterstamm. Fast sämtliche Berufsgruppen sind in einem Versicherungsunternehmen vertreten: vom Betriebswirt über den Informatiker und Ingenieur, vom Zahnarzt und Juristen bis hin zum Kunsthistoriker – dieser Mix macht die Arbeit nach Ansicht der drei äußerst interessant. Hinzu kommt, dass die Branche ständigen Veränderungen und Anpassungen unterworfen ist – hervorgerufen durch rechtliche Vorgaben, den technischen Fortschritt sowie durch soziale und gesellschaftliche Entwicklungen. Die Unternehmen müssen zum einen reagieren, zum anderen vordenken. Dies mache sie innovativ, ständig sei man dabei, Lösungen zu suchen und zu entwickeln. Nicht nur die drei Einsteigerinnen sind sich bezüglich der Attraktivität der Branche einig, sondern auch die Personalverantwortlichen, wenn es um das Anforderungsprofil von Absolventen geht. An erster Stelle steht dabei der zu Beginn erwähnte sehr gute Notendurchschnitt im Studium. Dominik Hahn, Personalreferent im Personalmarketing bei der Allianz, sagt: „Für unsere Einstiegsprogramme suchen wir die 10 bis 15 Prozent der Besten.“ Wer in das Vorstandsassistentenprogramm aufgenommen werden will, sollte außerdem einen MBA oder die Promotion in der Tasche haben. Verena König, Personalverantwortliche bei Munich Re, fügt hinzu: „Wir suchen außerdem Absolventen international ausgerichteter Studiengänge und erwarten sehr gute Fremdsprachenkenntnisse, Praktikums- und Auslandserfahrungen.“ Dafür wird einiges geboten: Neben einer intensiven Betreuung, einem gegenüber anderen Branchen überdurchschnittlichen Gehalt und vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten weiten die Unternehmen ihr Angebot aus. Christoph Zeckra, Leiter Konzernpersonal bei der Generali Deutschland, sagt: „Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie wird durch unterschiedliche Familien- und Betreuungsangebote und flexible Arbeitszeitmodelle auch für Führungskräfte besonders gefördert.“Interview mit Andreas Schmitz
Begonnen hat Andreas Schmitz seine Banker-Karriere bei HSBC Trinkaus vor 23 Jahren als Assistent eines persönlich haftenden Gesellschafters. Heute ist er Sprecher des Vorstandes und zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Im Interview erzählt der 52-Jährige über seinen Weg nach oben und die Anforderungen, auf die Einsteiger heute in der Bankenbranche treffen. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Andreas Schmitz, Jahrgang 1960, beendete sein Studium der Volkswirtschaft und der Rechtswissenschaften an der Universität Bonn nach Abschluss des zweiten Staatsexamens als Rechtsanwalt. Seine berufliche Laufbahn bei HSBC Trinkaus begann er als Assistent eines der persönlich haftenden Gesellschafter. Anschließend arbeitete er im Firmenkundengeschäft und baute später die Investmentbanking-Aktivitäten der Bank auf. 2002 wurde Andreas Schmitz persönlich haftender Gesellschafter der Bank, 2004 zum Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter berufen und mit dem Rechtsformwechsel 2006 zum Sprecher des Vorstands ernannt. Heute ist er verantwortlich für die Bereiche Global Banking und Investment Banking sowie für das Emissions- und Konsortialgeschäft. Er ist zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Präsident der Börse Düsseldorf, Vizepräsident der IHK Düsseldorf und Mitglied des Verwaltungsrats der KfW sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Andreas Schmitz ist verheiratet und hat drei Kinder.
Zum Unternehmen
HSBC Trinkaus ist eine international aufgestellte, kundenorientierte Geschäftsbank. Das Haus versteht sich als Bank, die zum einen als Tochter der britischen Mutterbank HSBC Teil einer der weltweit größten Bankengruppen ist, zum anderen ihre Kunden individuell und persönlich mit den Werten einer 227-jährigen Geschichte betreut. Das Mutterhaus HSBC hat rund 7200 Niederlassungen in mehr als 80 Ländern und Regionen. Für die deutsche Tochter HSBC Trinkaus sind rund 2500 Mitarbeiter tätig, von denen mehr als ein Drittel länger als zehn Jahre im Unternehmen arbeiten. Das Durchschnittsalter liegt bei 39 Jahren. Der Fokus liegt auf der Beratung von vermögenden Privatkunden sowie Firmen- und institutionellen Kunden. Stammsitz des Unternehmens ist Düsseldorf. Zudem verfügt die Bank über Standorte in Baden-Baden, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Luxemburg. Mit „AA“ besitzt HSBC Trinkaus das beste Fitch-Rating einer privaten Geschäftsbank in Deutschland. [/pull_quote_center]„Hohe Nachfrage im Vertrieb“
Als Recruiting-Spezialistin für die Finanzbranche weiß Daniela Schmidt, wie man für einen erfolgreichen Karriereeinstieg gestrickt sein muss und was dem Nachwuchs wichtig ist, wenn er sich für ein Unternehmen entscheidet. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Daniela Schmidt ist studierte Soziologin und Psychologin und gründete 1995 die Recruiting-Agentur DS Connection. Ihre Spezialgebiete sind Direktsuche, Eignungsdiagnostik und Auswahlverfahren in der Finanzdienstleistungsbranche. Zu ihren Kunden gehören Regionalbanken, Großbanken und Versicherungsgesellschaften. Seit 2005 ist Daniela Schmidt auch in der Organisationsberatung tätig.
karriereführer banken/versicherungen 2012.2013
Titelthema: Sie können es! – Den Wandel gestalten
Fokussiert. Die Finanzbranche befindet sich im Wandel. Die Zocker und Jongleure mag es zwar noch geben, doch die Banken erwarten von ihrem Nachwuchs keine neuen Risikonummern mehr: Sie suchen Absolventen mit einem Verständnis für das, was die Kunden wollen. Diesen Grundsatz wollen sie nicht nur propagieren, sondern leben. Dazu gehören verstärkt langfristige Geldanlagen und ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis des Kunden zu Bank und deren Beratern. Mit alten Tugenden zum Erfolg „Hohe Nachfrage im Vertrieb“Top-Interview:
Andreas Schmitz, Vorstandssprecher von HSBC TrinkausSpecial Versicherungen
Mit Sicherheit Karriere machen „Haus der 100 Berufe“Einsteigen
Privatbank versus Großbank Jung und erfolgreich bei: HorbachAufgestiegen
Aufgestiegen zur Associate der UniCredit GroupWeiterbilden
Ahoi, MBAProjekt
Was macht eigentlich ein Aktuar?Sichtweise
Schwester Katharina Rohrmann, früher Bankerin, heute OrdensschwesterService: Aktuelle Firmenporträts für Ihre Bewerbung
AXA Konzern AG Bayerische Landesbank (BayernLB) BERENBERG BANK Deloitte HFH · Hamburger Fern-Hochschule Hannover Rück SE HORBACH Wirtschaftsberatung GmbH ING-DiBa AG Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG R+V Versicherung Steria Mummert Consulting AGPartner
IQB JOBWARE TALENTS – Die JobmesseKomplette Ausgabe
E-Paper karriereführer banken/versicherungen 2012.2013 Download karriereführer banken/versicherungen 2012.2013 (ca. 10 MB)Mit alten Tugenden zum Erfolg
Die Bankbranche sucht nach Einsteigern, die mehr im Blick haben als trockene Zahlen. Ob im Investmentbanking oder im Beratungsgeschäft: Gefragt sind Persönlichkeiten, für die solide Lösungen im Sinne der Kunden wichtiger sind als kurzfristige Erfolge. Von André Boße
Der Banker von heute? Ein Zahlenspezialist muss er immer noch sein. Ohne dieses Know-how geht es nicht. Aber das alleine reicht nicht aus. Der Banker von heute muss mehr können als jeder noch so hyperschnelle Algorithmus, jede noch so intelligent programmierte Software. „Viele meinen, dass sich bei einer Bankkarriere immer noch alles um trockene Zahlen dreht“, sagt Claudia Gutscher, Personaldirektorin der Targobank, und schüttelt dabei mit dem Kopf. Dann definiert sie, was einen Banker von heute wirklich auszeichnet: „Es geht vor allem um den Menschen.“ Seit dem Crash der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 steckt die Bankenbranche in einer ungeheuer heraufordernden Zeit. Das Wort „Krise“ passt schon deshalb nicht, weil Krisen als Zuspitzung zu verstehen und daher eher von kurzer Dauer sind. Krisen bedeuten Einschnitte: weniger Arbeitsplätze, weniger Freiräume, weniger Chancen. Doch die Situation für Hochschulabsolventen gestaltet sich anders. Die Banken sind auf der Suche nach talentierten Nachwuchskräften, weil sie sich von ihnen neue Impulse und neue Ideen für das Geschäft erhoffen. Auf eines legen die Häuser dabei besonderen Wert: Gefragt sind keine Kandidaten, die sich nach der Uni sofort ein Dutzend Anzüge oder Kostüme zulegen, sich den vermeintlich passenden Sprachduktus der Banker draufschaffen und mit dem Ziel ins Vorstellungsgespräch ziehen, dem potenziellen Chef neue Möglichkeiten für riskante Anlagestrategien zu präsentieren. Risikoreich rechnen können Computer nämlich auch. Und zwar wesentlich schneller. Was Computer aber nicht besitzen, sind menschliche Tugenden. Und genau nach diesen sucht die Branche. Weil – und da sind die meisten Häuser ganz ehrlich – es eine Zeit gab, in der klassische Werte im Geschäft eine zu geringe Rolle gespielt haben. Anke Kirn ist bei der Deutschen Bank für die Talentsuche verantwortlich und nennt die Tugenden, auf die es in ihrem Unternehmen ankommt: „Höflichkeit, Fleiß, Pünktlichkeit, Disziplin und Maßhalten. Hinzu kommen die Werte, die beim redlichen Kaufmann selbstverständlich sein sollten: Ehrlichkeit, Anstand und Integrität.“ Wobei die Personalverantwortliche klarstellt, dass dies keine lobenswerten Kann- Eigenschaften sind. „Kunden, Aktionäre und die Gesellschaft als Ganzes verlangen von jedem Mitarbeiter einer Bank, insbesondere von ihren Führungskräften, dass sie sich untadelig verhalten. Daher sind das die Kriterien, nach denen wir bei der Personalsuche entscheiden, ob jemand zu uns passt.“ Zudem hat die Deutsche Bank laut Kirn einen „unmissverständlichen Verhaltenskodex“ definiert, den jeder Mitarbeiter kennen und leben muss. Und noch etwas ist den Banken wichtig: Sie sind auf der Suche nach Talenten, deren Horizont weit über die Zahlenanalytik hinausgeht. Die Branche hat begriffen, dass es ein Problem ist, wenn sich einige Bereiche eines großen Bankhauses vom Bedürfnis der Gesellschaft nach Sicherheit oder Nachhaltigkeit abkoppeln. Daher haben derzeit auch Kandidaten eine Chance, die als Seiteneinsteiger in die Finanzbranche einsteigen und die Teams mit anderen Ansichten und Perspektiven ergänzen. „Ein wirtschaftswissenschaftlicher oder mathematischer Studienhintergrund ist nicht zwangsläufig Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung“, sagt Anke Kirn. „Wir suchen neben Wirtschaftswissenschaftlern auch Naturwissenschaftler, Juristen, Informatiker und Ingenieure mit wirtschaftlichem Schwerpunkt.“ Doch auch für Seiteneinsteiger gilt: Der Studienabschluss sollte gut bis sehr gut sein. Wichtiges Kriterium ist in den meisten Bereichen zudem ein verhandlungssicheres Englisch – am besten erworben in einem Auslandssemester oder durch praktische Erfahrungen im Ausland. Gute Chancen im Bereich Compliance Wer wissen möchte, welche weiteren Talente und Kenntnisse für Einsteiger in der sich wandelnden Bankenbranche wichtig sind, ist bei Thomas Haibach an der richtigen Adresse. Der Personalberater ist Geschäftsführer der Personalberatungsgesellschaft Haibach & Cie., die sich auf die Beratung von Banken und Asset-Management- Gesellschaften spezialisiert hat. Seit 1994 unterstützt er Kunden aus der Finanzbrauche beim Auf- oder Ausbau von Abteilungen. Sein Credo: „Banken suchen authentische Bewerber, die im Rahmen ihrer Ausbildung und während des Studiums bereits praktische Erfahrungen in Unternehmen gesammelt haben.“ Wichtig seien auch eine schnelle Auffassungsgabe sowie das Talent, sich flexibel auf wechselnde, stetig neue Herausforderungen einzustellen. „Die Arbeitgeber erwarten zudem, dass man es versteht, ganzheitlich zu denken sowie komplexe Sachverhalte adressatengerecht darzustellen“, sagt Haibach. Mit Blick auf die Abteilungen und Themen, in denen sich aktuell die besten Karrierechancen ergeben, nennt der Personalberater die Bereiche Risikomanagement, Controlling, Rechnungswesen und Recht – wobei besonders die immer neuen Regulierungen weiterhin einen steigenden Bedarf nach Compliance- Spezialisten hervorrufen werden. Absolventen und Einsteiger sind also gut beraten, ihren Blick auf Bereiche zu richten, in denen die Banken an soliden Lösungen für die Stärkung ihrer Geschäftsgrundlage arbeiten. Sich kreativ austoben zu können, gehört aktuell dagegen nicht zu den besonders stark nachgefragten Eigenschaften. Das gilt auch für das Investmentbanking, der Sparte, die besonders von den Veränderungen der gesamten Branche betroffen ist. Trotz aller negativer Schlagzeilen: Die großen Asset-Manager haben ihre Talentsichtung nicht eingestellt und suchen wieder nach Top-Nachwuchs. So beginnt J.P. Morgan im Spätsommer mit dem Recruiting und hält dabei Ausschau nach Kandidaten, die den aktuellen Anforderungen der Branche gerecht werden. „Wir erkennen einen klaren Trend hin zu konservativen Anlagestrategien“, sagt Marketing- Direktor Jean Guido Servais. Die Verunsicherung vieler Anleger sei noch immer groß – nun komme es für Investmentbanker darauf an, dem Kunden überzeugend darzustellen, dass auch langfristig orientierte Anlagen attraktive Erträge erwirtschaften können. Den Wandel mitgestalten Gefragt sind also Nachwuchsberater, denen es gelingt, die Vorsicht der Anleger zu respektieren und auf dieser Basis Anlagestrategien zu entwickeln, die kurzfristig vorsichtig wirken mögen, langfristig aber in der Lage sind, die Renditen der risikoreichen, auf Kurzfristigkeit orientieren Strategien in den Schatten zu stellen. „Gerade bezüglich des Themas Altersvorsorge ist der langfristige Erfolg elementar“, sagt Servais – was wiederum zeigt, worauf es beim Investmentbanking heute ankommt: Die Aussicht auf schnelles Geld spielt eine immer geringere Rolle, stattdessen investieren Anleger in eine sichere Zukunft. Wer als Nachwuchskraft dieses Bedürfnis versteht, wird erleben, dass die Investmentbranche weiterhin ausgezeichnete Karrierechancen bietet. Und zwar, wie es bei J.P. Morgan heißt, in allen Bereichen – von Sales, Trading und Research über Risikomanagement bis zum Quantitative Research, also der Bewertung von Produkten, Preisen, Märkten und Anlegerbedürfnissen. Wenn der Trend bei den Banken zur soliden Nachhaltigkeit geht, stellt sich die Frage: Regiert die Angst das Geschäft? Spielt persönlicher Freiraum keine Rolle mehr? Targobank-Personaldirektorin Claudia Gutscher beruhigt alle Absolventen, die beim Einstieg besonderen Wert darauf legen, persönliche Gestaltungskraft zu entwickeln und anzubringen: „Die Branche befindet sich nicht nur in einer herausfordernden, sondern auch in einer spannenden Situation. Der Bankenmarkt verändert sich, und Veränderungen sind immer mit neuen Möglichkeiten und Perspektiven verbunden.“ Der Wandel in der Bankenbranche stelle die Geldhäuser vor eine große Aufgabe. Gutscher ist daher überzeugt: „Daraus ergeben sich Chancen – insbesondere für die Mitarbeiter, die in diesem Wandelprozess vieles mitgestalten können.“ So komme es zum Beispiel bei Bankberatern darauf an, einen Beratungsansatz zu entwickeln, der besonders auf die Individualität der Kunden Rücksicht nimmt. Claudia Gutscher nennt weitere Fähigkeiten, die man mitbringen muss, um in diesem Bereich nach vorne zu kommen: „Die wichtigen Kriterien sind Kundenorientierung, Beratungskompetenz, Verhandlungs-geschick und Einfühlungsvermögen.“ Und es gilt: Zahlen sind die Grundlage – doch besitzen diese für jeden Kunden eine andere Bedeutung. Bei jedem von ihnen erzählt der Bedarf für eine Geldanlage oder Investition eine eigene Geschichte. Diese muss ein Anlageberater herauskitzeln, verstehen und in eine Strategie umsetzen. Gutscher sagt: „Jeder Kunde ist anders, es gibt keine einheitliche Vorgehensweise und gerade das macht vieles spannend.“