Der Weg zur klaren Aussage

Foto: Fotolia/Bertold Werkmann
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Case Studies sind Fallbeispiele im Bewerbungsgespräch. Dabei werden dem Bewerber ein oder mehrere fach- und berufsbezogene Fälle vorgelegt, die er innerhalb einer knapp bemessenen Zeitspanne lösen soll. Von Markus Gerds, Principal Energy & Utilities, Capgemini Consulting

Wie in einem Rollenspiel sitze ich als Personaler vor Ihnen, und Sie sollen die Fragen aller Fragen beantworten, mit Ja oder Nein. Und wenn das nicht möglich ist, erklären Sie mir bitte Ihre Lösungsansätze dazu. Das ist Ziel und gleichzeitig das Geheimnis einer Case Study: der Weg zu einer klaren Aussage. Denn mit Hilfe dieser Methode sollen Struktur, Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Konsistenz, Rhetorik und Transferleistung des Kandidaten in einer ersten Arbeitsprobe getestet werden.

Ein Beispiel: „Sie sind privater Investor. Ihr frei verfügbares Vermögen beträgt eine Million Euro. Ihnen wird die Autobahn München–Stuttgart für genau eine Million Euro zum Kauf angeboten. Kaufen Sie?“ Gefragt ist hier Ihr Weg zur Lösung, nicht Ihre Lösung! Würden Sie im ersten Schritt zum Beispiel auch eine vollständige Liste aller denkbaren konzeptionellen Ansätze erstellen, zum Beispiel Cash Flow versus Bilanz? Und wenn ja, warum? Wenn Sie diese Fragen beantworten können, demonstrieren Sie, dass Sie den Kern des Problems erfasst haben und in der Lage sind zu abstrahieren. Sie zeigen, dass Sie Abstraktion als Basis für Transferleistung nutzen, das heißt, Anwendung von theoretischem Wissen auf ein Problem aus der Praxis. Dies ist aus der Sicht eines Personalers ein guter Start in die Lösung einer Case Study.

So gerüstet können Sie die Case Study entweder in die Breite, zu einer Diskussion der verschiedenen konzeptionellen Ansätze, oder in die Tiefe, also die Entwicklung einer Lösung zur Berechnung des Cash Flows, entwickeln. Sie bieten Ihrem Gesprächspartner damit die Möglichkeit zu wählen, und das zeigt, dass Sie ein komplexes Thema leicht verständlich darstellen können. Oder Sie schlagen vor, wie es weitergehen soll, und zeigen damit, dass Sie ein Gespräch führen und den Gesprächspartner steuern können.

Im weiteren Verlauf der Fallstudie kommen Sie bei der Lösung der Case Study noch an mindestens zwei möglichen Stoppschildern vorbei: Rechnen und Annahmen. Bereiten Sie sich darauf vor, dass beides von Ihnen verlangt werden kann. Da Ziel und Struktur von Case Studies meist sehr ähnlich sind, können Sie sich mithilfe des Internets gut vorbereiten. Das unterstützt Sie dabei, einen guten Start in die Lösung zu finden. Ja oder Nein – eine Case Study soll auch Ihnen helfen zu entscheiden, ob Sie den für Sie richtigen Arbeitgeber gefunden haben.