Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin, Moderatorin, Model und hat das Buch „Ich bin dann mal Mama“ geschrieben. 2011 heiratete sie den Schauspieler und Moderator Christian Ulmen, 2012 bekam das Paar eine Tochter. Ihre Karriere in der Film- und Medienbranche verfolgen die beiden auch als junge Eltern weiter. Im Interview verrät die 34-Jährige, wie das funktioniert – und warum ihr ein rührendes Facebook-Posting quer im Magen liegt. Die Fragen stellte André Boße.
1. Christian Ulmen und Sie sind ein gutes Team. Wenn es aber einmal Streit wegen beruflicher Pläne gibt, worum geht es dann meistens?
Wir arbeiten gerade gemeinsam an der Boulevardsatire „Starshine“ und das klappt sehr gut. Erstaunlicherweise waren wir uns bisher immer einig. Wenn man kreativ zusammen arbeitet, muss man den gleichen Humor haben.
2. Abseits eines verständnisvollen Partners: Was ist weiterhin wichtig, um als Frau mit Familie die Karriere so zu verfolgen, wie man das möchte?
Ich denke, dass man das nicht so sehr am Geschlecht fest machen sollte. Väter können sich genauso liebevoll um Kinder kümmern wie Mütter. Dadurch, dass Christian und ich projektbezogen arbeiten und in einer besonderen beruflichen Situation sind, finde ich es schwierig, diese Frage allgemeingültig zu beantworten.
3. Mit Blick auf die Vereinbarung von Karriere und Familie: Welcher Kompromiss schmerzt rückblickend am meisten?
Wenn man arbeitet, ist man nicht beim Kind. Die Abwesenheit ist sowohl für Christian als auch für mich gleich hart. Der Elternteil, der gerade nicht beim Kind ist, vermisst es extrem, aber ganz auf die Arbeit verzichten wollen wir beide nicht.
4. Was sollte gesellschaftlich passieren, damit die Vereinbarung von Karriere und Familie für junge Frauen einfacher zu gestalten ist?
Ich habe das Gefühl, dass wir momentan noch nicht in einer gleichberechtigten Gesellschaft leben. Neulich ging ein Facebookpost eines jungen Mannes herum, ein Dankestext an Mütter, der hunderttausend Mal geteilt wurde. Er schrieb, es sei toll, dass die meisten Mütter arbeiten und trotzdem nebenbei den gesamten Haushalt schmeißen und sich mit einer Fürsorge um die Kinder kümmern, wie der Vater es niemals könne. Der Text war rührend geschrieben, ich fragte mich aber: Warum kümmert sich der Mann nicht genauso um den Haushalt und die Kinder? Ich denke, Frauen können die Gleichberechtigung zu Hause ruhig noch vehementer einfordern.
5. Wie würde sich Deutschland verändern, wenn mindestens die Hälfte der Top-Positionen in der Wirtschaft tatsächlich von Frauen besetzt wäre?
Ich habe in Produktionsfirmen und Sendern gleichermaßen mit männlichen und weiblichen Chefs zu tun. In unserer Branche sorgt das für eine schöne Themenvielfalt.
6. Ihre Tochter wird mitten in der Nacht weinend wach – Sie und Ihr Mann müssen beide am nächsten Tag voll arbeiten. Wer steht auf?
Wir legen uns die Termine so, dass wir nicht gleichzeitig sehr wichtige Jobs haben. Wenn ich am nächsten Tag ein wichtiges Casting habe oder eine Rolle spiele, bei der ich geistig fit sein muss, steht Christian auf. Wenn Christian wichtige Meetings hat, stehe ich auf.
7. Welche Kompetenz, die Sie als Mutter entwickelt haben, ist auch für Ihren beruflichen Werdegang wichtig?
Seitdem ich Mutter bin, komme ich wesentlich besser mit weniger Schlaf aus. Ich vermute, dass sich hormonell etwas verändert hat, das dafür sorgt, dass man auch mit vier Stunden Schlaf einigermaßen funktioniert.
8. Man sagt, ein Kind ändere alles. Stimmt das?
Auf jeden Fall! Meine Tochter ist das Einzige was mich ablenken und aufbauen kann, wenn ich nach einem nicht so guten Tag frustriert nach Hause komme.
Linda Papadopoulos, Es ist mein Leben, Cover GoldmannLEBE LIEBER UNPERFEKT
Perfekt sein in jeder Hinsicht? Lieber nicht, sagt die britische Psychologin Linda Papadopoulos. In ihrem Buch erklärt sie, warum man sich von gesellschaftlichem Erwartungsdruck besser befreit und wie man zufrieden und selbstsicher den eigenen Weg findet. Linda Papadopoulos: Es ist MEIN Leben! Wie junge Frauen sich von Erwartungsdruck und Perfektionswahn befreien. Goldmann 2016. 8,99 Euro
Katrin Bauerfeind, Hinten sind Rezepte drin, Cover: FischerVOM WAHNSINN EINE FRAU ZU SEIN
Vier CDs mit wahren und fast wahren Geschichten von Katrin Bauerfeind – komisch, aber ernst gemeint. Es geht um schlechten Sex und gute Freundinnen, um Männer, Playmobilfrisuren, Cellulite und die Frage, warum Gott eigentlich Brigitte heißt. Und die Autorin schwört: „Es geht echt nicht gegen Männer!“ Katrin Bauerfeind: Hinten sind Rezepte drin. Geschichten, die Männern nie passieren würden. Tacheles 2016. 19,99 Euro
Trailer: https://youtu.be/4OX6LDUr548Foto: Carina HerrmannDIE WELT EROBERN
Carina Herrmann ist Dauerreisende, Reisebloggerin und digitale Nomadin. Früher hat sie als Kinderkrankenschwester gearbeitet. Nach einem Burnout hat sie ihr Leben umgekrempelt: Sie ging alleine auf Reisen, zurzeit verbringt sie jeden Monat in einer anderen Stadt (darunter z.B. Städte in Thailand, Australien, Südkorea und Mexiko). Über ihre Erlebnisse schreibt sie ein erfolgreiches Reiseblog und hat Bücher veröffentlicht. Darin gibt sie allein reisenden Frauen Tipps zur Reiseplanung, zur Ausrüstung, zum Sparen und Arbeiten rund ums Reisen.
Meerblick statt Frühschicht, das neue Buch von Carina Herrmann, erscheint am 2. Mai im Piper Verlag. 9,99 Euro
www.pinkcompass.deFoto: Charta der VielfaltKALENDER ZUM DOWNLOAD
Die Charta der Vielfalt, eine Initiative zur Förderung von Diversity in Unternehmen und Institutionen, bietet einen „Kalender der Vielfalt“ mit vielen Terminen an.
Mehr erfahren unter:
www.charta-der-vielfalt.de/service/publikationen.html
Überdies: Ein ausführliches Interview mit der Chefin der Charta der Vielfalt, Aletta Gräfin von Hardenberg, auf karrieref.walhalla0299.nbsp.deBarbara Vinken, Angezogen, Cover: Klett-CottaMODE IM WANDEL
Prof. Dr. phil. Barbara Vinken: Angezogen. Das Geheimnis der Mode. Klett-Cotta, jetzt auch als Taschenbuch erhältlich. 9,95 Euro.
Hubertus Meyer-Burckhardt, Meine Tage mit Fabienne, Cover: LübbeLESEND ZU HÖREN
Kannstatt, Protagonist des Buches, nimmt sein Wohnhaus am liebsten über den Hörsinn wahr. Als Fabienne, eine Hutmacherin, dort einzieht, bereichert sie seine besondere Hausmusik mit neuen Tönen. Ein Roman über das Leben, die Liebe – und den Lebenstraum einer Modistin. Hubertus Meyer-Burckhardt: Meine Tage mit Fabienne. Roman Lübbe März 2016. 18 Euro. Auch als Audio-Download erhältlich.
Bild: Mallorca International FilmfestivalFRAUEN IN DER FILMBRANCHE
Die Filmbranche kann mehr weibliche Führungskräfte vertragen. Das findet auch Ben Kingsley, der Oscar-Preisträger forderte in einem Interview mehr Regisseurinnen in der Traumfabrik Hollywood. Ziel der ARD ist es, dass bei jeder fünften fiktionalen Produktion eine Frau Regie führt. Das Evolution! Mallorca International Film Festival wird schon von einer Frau geleitet. Die Berlinerin Sandra Seeling Lipski war sogar Gründerin des Festivals, das innovative, provokative und sozial relevante Filme aus allen Sparten präsentiert. Dieses Jahr findet das Festival vom 3. bis zum 13. November wie jedes Jahr in Palma de Mallorca, der Hauptstadt der beliebten Urlaubsinsel, statt.
Mehr Informationen unter:
www.evolutionfilmfestival.comBild: SuffragetteZEITREISE
England, 1920. Schaufenster werden eingeschlagen und Explosionen ausgelöst. Gleichberechtigung, das Recht zu wählen und die eigene Meinung zu äußern, all das verdanken wir Frauen den Taten mutiger Aktivistinnen. Das Hollywood Historiendrama „Suffragette – Taten statt Worte“, zeigt den Kampf der Frauenrechtlerinnen des frühen 20. Jahrhunderts in Großbritannien. Seit dem 4. Februar ist der Film mit Oscar-Preisträgerin Meryl Streep als Suffragetten-Anführerin Emmeline Pankhurst in den deutschen Kinos zu sehen – ab Juni 2016 auch auf DVD erhältlich.
Trailer und weitere Infos
Beatrice Reszat ist Schriftstellerin, Moderatorin und Songtexterin. Sie schrieb für Udo Lindenberg den Text „Hinterm Horizont geht’s weiter“ und arbeitete auch an seinem gerade frisch erschienenen Album mit. Ihr Gastartikel ist ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, die Segel zu setzen und sich auf den Weg zu machen, um den eigenen Träumen zu folgen.
Als ich mit der Schule fertig war, hatte ich keinen blassen Schimmer, was ich beruflich machen wollte. Um mich herum schien jeder einen minutiös durchgetakteten Karriere- und Lebensplan zu haben. Studium, Praktikum, dann bei der Firma soundso anfangen, Karriereleiter mit den und den Etappen… Ich dagegen hatte zwar viele Ideen im Kopf, aber keinen Plan. Also begann ich, alles Mögliche auszuprobieren.
Beatrice Reszat, Mutmachbuch für Träumer, Cover: Scorpio
Beatrice Reszat: Mutmachbuch für Träumer. Denn hinterm Horizont geht‘s weiter. Scorpio 2015. 17,99 Euro
Ich war Fotoassistentin, arbeitete in einer Werbefilmproduktion, untertitelte Fotoromane, und dann ging ich auch noch zur Schauspielschule. Wenn ich mich dabei nicht ständig als Versagerin gefühlt hätte, hätte ich diesen unglaublich bunten und spannenden Weg viel mehr genießen können. Ich war dauernd im Stress, weil ich nicht den Job fand, der es dann für immer sein sollte. Dabei habe ich damals so viel gelernt, interessante Menschen getroffen, mehr über mich selbst erfahren, eigentlich eine unglaublich wertvolle und spannende Zeit. Schade um all den verpassten Spaß auf diesem Weg!
In meinem Buch heißen solche Menschen Traumsammler. Und es gibt viel mehr von ihnen, als wir glauben. Nur schämen sie sich oft, so wie ich damals, und versuchen sich in etwas hineinzuzwingen. Doch wo steht geschrieben, dass es nur einen Weg gibt? Ich habe mich inzwischen ausgesöhnt mit dem bunten Hund in mir. Noch heute mag ich nicht nur an einer Sache arbeiten.
Ich schreibe Songtexte, gleichzeitig beginne ich ein neues Buch und verhandle mit einem Sender über einen Moderationsjob. So liebe ich es, so macht mir arbeiten Freude. Jahrelang habe ich mir angehört, ich würde mich verzetteln, würde zu viel und nichts richtig machen, bis ich dachte, irgendetwas stimmt nicht mit mir. Aber niemand läuft in meinen Schuhen, niemand weiß, wie ich mich fühle, was mir Spaß macht. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer.
Wir kümmern uns viel zu sehr darum, was andere von uns denken oder von uns erwarten. Ich war selbst jahrelang unglücklich in meinem Job. Paradoxerweise in einer Phase, in der ich sehr erfolgreich war und super verdient habe. Aber ich war nicht ich. Ich verstellte mich pausenlos, um der Person, die ich darstellen wollte, gerecht zu werden und endlich Anerkennung zu bekommen. Ich gab Unsummen aus, um Dinge zu kaufen, die ich nicht brauchte, um damit Menschen zu gefallen, die ich nicht mochte. Aber so füllt man keine Leere.
Eines Tages hatte ich genug und schmiss alles hin. Ich war nicht mehr bereit, meine Seele zu verkaufen, um angesehen und erfolgreich zu sein. Ich wollte herausfinden, was ganz allein für mich richtig war. Auch wenn mir der Allerwerteste auf Grundeis ging und meine Mutter sich Tabletten gegen Bluthochdruck verschreiben ließ. Mein Weg war nicht leicht, aber er führte mich zu dem, wonach ich mich immer gesehnt hatte: zu einem erfüllten Leben.
Überall begeisterte Menschen, die das Beste aus sich herausholen, die in ihrem Job das Bestmögliche erreichen.
Ich bin seither vielen Menschen begegnet, deren Augen wie erloschen sind, müde von einem Leben, das so anstrengend ist, weil sie es gegen ihre eigenen Träume und Bedürfnisse leben. Und das Schlimme ist, sie haben sich damit abgefunden. Es muss wohl so sein. Wo kämen wir hin, wenn jeder seinen Traumberuf leben würde. Ja, wo kämen wir hin? Stellen wir uns das doch einmal vor! Was für eine wunderbare Welt wäre das? Überall begeisterte Menschen, die das Beste aus sich herausholen, die in ihrem Job das Bestmögliche erreichen. Weil die Leidenschaft sie entzündet. Weil sie Spaß haben an dem was sie tun, weil sie morgens aufwachen, aus dem Bett springen und sich darauf freuen, ihren Job zu machen.
Wir alle werden als Träumer geboren. Die Phantasie und die Welt eines Kindes sind ohne Grenzen. Es möchte alles entdecken, alles erforschen. Aber irgendwann wird das Funktionieren wichtiger als unsere nimmermüde Lebendigkeit. Leistung und Erfolg heißt das goldene Kalb, um das wir von nun an tanzen. Und am Ende des Lebens steht der Mensch oft da und fragt sich, wozu das Ganze? Um der Reichste auf dem Friedhof zu sein? Karriere nur um des Erfolges oder Geldes willen hat oft einen hohen Preis. Unsere Träume verkümmern, unser Feuer der Begeisterung erlischt. Aber wir können es wieder entzünden!
Jeder hat irgendetwas, an dem sein Herz hängt, der Ausdruck seiner Einzigartigkeit, sein innerer Ruf. Ja, es kostet Mut und es gibt womöglich viel Gegenwind. Wenn wir davon ausgehen, dass die Statistik stimmt und 80 Prozent der Menschen unglücklich sind in ihrem Job, dann ist die Chance sehr groß, dass Sie vielen von ihnen begegnen, und sie alle werden einstimmen in den großen Chor der Miesepeter. „Das schaffst du nicht, das ist naiv. So funktioniert das Leben nicht!“ Lächeln Sie freundlich, drehen Sie sich um und verschwinden Sie! Es sind ihre eigenen Ängste, die sie Ihnen erzählen.
Umgeben Sie sich mit Menschen, die ihre Begeisterung leben, die Sie inspirieren und mitreißen. Lassen Sie sich nicht einreden, dass Sie es nicht wert seien, dass Sie nicht gut genug, schön genug, schlau genug seien, um Ihren Traum zu leben. Niemand kann das entscheiden, außer Ihnen selbst. Etwas zu tun, das Sie wirklich zutiefst befriedigt, ist jeden Stein auf dem Weg wert. Jeder Traum ist kostbar und sollte gelebt werden. Auch Ihrer – geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden!
Wussten Sie, dass es eine Frau war, die in den sechziger Jahren die Software für die erste Mondlandung programmiert hat? Im August wird sie 80 Jahre alt. Ihr Name: Margaret Hamilton. Im vierten Teil unserer Pionierinnen- Reihe stellen wir sie und drei weitere Frauen vor, die mit ihrem Mut und ihrem Durchsetzungsvermögen den Weg ebneten und Vorbilder wurden. Von Leonie Pohlmann
Bertha von Suttner (1843-1914) die erste weibliche Friedensnobelpreisträgerin
Die Pazifistin und Publizistin Bertha von Suttner stellte sich an die Spitze der Friedensbewegung und wurde dafür 1905 als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Österreicherin arbeitete für einige Wochen in Paris als Sekretärin von Alfred Nobel, mit dem sie auch später freundschaftlichen Kontakt beibehielt – eine Zeit, die prägend für ihr weiteres Schaffen wurde. Durch die Gespräche mit Nobel wurden der Pazifismus und die Frage, wie Frieden zu erreichen sei, ihr zentrales Thema.
Bertha von Suttner publizierte zunächst unter einem Pseudonym Essays und literarische Texte. 1889 veröffentlichte sie „Die Waffen nieder!“, indem sie die Schrecken des Krieges aus der Sicht einer Ehefrau und Pazifistin beschrieb. Der Roman machte die Friedensbewegung bekannt und Bertha von Suttner zu deren prominentester Vertreterin. In den folgenden Jahren wurde sie auch politisch aktiv, wurde auf dem Weltfriedenskongress 1891 zur Vizepräsidentin des Internationalen Friedensbüros gewählt und unternahm Vortragsreisen in die USA. Wenige Wochen vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges, vor dem sie wiederholt gewarnt hatte, verstarb sie an einem Krebsleiden.
Margaret Hamilton (*1936) Software-Entwicklerin
In den 60ern hüteten Frauen in den USA die Kinder und standen hinter dem Herd? Nicht Margaret Hamilton. Die Software-Entwicklungs-Pionierin arbeitete als Programmiererin für die NASA und ermöglichte mit ihrer Arbeit die erste Mondlandung. In einer Branche, die auch heute noch als Männerdomäne wahrgenommen wird, setzte sie sich als berufstätige Mutter an die Spitze der Innovation. Als sie als Mathematikerin mit dem Programmieren begann, gab es noch kein Informatik-Studium an den Universitäten. Sie eignete sich ihr Wissen in der Praxis an und übernahm 1965 im Raumfahrtprogramm der NASA die Leitung der Softwareentwicklung, wo sie die Flugsoftware der Apollo-Computer entwickelte.
Vorausschauend programmierte sie diese so, dass die Computer sich in Problemfällen auf die wichtigen Aufgaben konzentrierten und die weniger wichtigen zurückstellten. So verhinderte sie den Abbruch der Apollo-11-Mission: Kurz vor der Mondlandung löste der Computer mehrere Warnungen aus, weil er von den eingehenden Daten überlastet war. Aufgrund der cleveren Programmierung von Margaret Hamilton konnte die Landung dennoch stattfinden und in die Geschichte eingehen.
Gabriele Münter (1877-1962) „Sturmfrau“ des Expressionismus
Ingrid Pfeiffer, Max Hollein (Hg) STURM-FRAUEN. Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910-1932. Wienand:
Ingrid Pfeiffer, Max Hollein (Hg.): STURM-FRAUEN. Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910-1932. Wienand 2015. 45 Euro www.schirn.de/ausstellungen/2015/sturm_frauen
Klee, Chagall, Kandinsky – die Namen der großen Künstler der Moderne kennt jeder. Weniger bekannt sind hingegen die Namen der vielen Künstlerinnen, die einen ebenso wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Kunst leisteten. Eine dieser Künstlerinnen war Gabriele Münter, die heute zu den bedeutendsten expressionistischen Malerinnen gezählt wird. Weil die Kunstakademien Ende des 19. Jahrhunderts keine Frauen aufnahmen, trat sie in die private Kunstschule Phalanx in München ein. Dort lehrte Wassily Kandinsky, der ihr Lebensgefährte wurde. Gemeinsam mit ihm verkehrte Gabriele Münter in den Münchener Künstlerkreisen und entwickelte ihren eigenen expressionistischen Stil stetig weiter.
Ihre erste Ausstellung 1911 wurde ein großer Erfolg. Nach der Machtergreifung der Nazis erhielt sie 1937 Ausstellungsverbot. Erst 1949 wurden ihre Arbeiten in der Ausstellung „Der Blaue Reiter in München“ wieder öffentlich gezeigt, und erst dann konnte sie sich in der Kunstrezeption aus dem Schatten Kandinskys lösen. Gabriele Münter stand wie viele Künstlerinnen ihrer Zeit in enger Verbindung mit Herwarth Waldens Zeitschrift „Der Sturm“ sowie seiner Galerie. Die Rezeption der Avantgarde hat den weiblichen Beitrag lange Zeit außer Acht gelassen. Dieser wurde kürzlich erstmals in der Ausstellung „STURM-FRAUEN“ der Schirn Kunsthalle Frankfurt und dem dazugehörigen Katalog umfassend aufbereitet:
Emmeline Pankhurst (1858-1928) Kämpferin für das Frauenwahlrecht
Sie mobilisierte in Großbritannien die Frauenbewegung und schreckte auch Foto: Fotolia/Masson trotz mehrfacher Verhaftungen nicht davor zurück, ihre Meinung öffentlich zu vertreten. Emmeline Pankhurst war eine der Anführerinnen der Suffragetten- Bewegung, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts für das Frauenwahlrecht einsetzte. Bereits mit 14 Jahren nahm sie an ihrer ersten politischen Versammlung teil. Enttäuscht von der Erfolglosigkeit der bisherigen Frauenbewegung gründete sie 1903 die Women’s Social and Political Union (WSPU), der nur Frauen beitreten konnten und die sich auf den Kampf für das Frauenwahlrecht konzentrierte. Die Organisation wurde unter anderem dadurch bekannt, dass sie auch vor der Anwendung radikaler Praktiken wie Sachbeschädigung und Brandstiftung nicht zurückschreckte. Das führte dazu, dass die Mitglieder der WSPU wiederholt festgenommen wurden, so auch Emmeline Pankhurst. Sie beendete ihren militanten Einsatz mit Ausbruch des ersten Weltkrieges, um die britische Regierung zu unterstützen. Sie verstarb 1928, kurz bevor in Großbritannien das allgemeine Frauenwahlrecht in Kraft trat. Ihre Methoden werden heute von Historikern unterschiedlich bewertet, aber ohne Zweifel lenkte sie damit große Aufmerksamkeit auf die Frauenbewegung und bereitete mit ihrem Kampf für das Frauenwahlrecht den Weg für den Feminismus.
Dr. Rebekka Reinhard ist Philosophin. Als Referentin, Vortragsrednerin und Beraterin für internationale Unternehmen und Führungskräfte beschäftigt sie sich mit den Themen Persönlichkeit, Führung, Ethik und Female Empowerment. In ihrem Gastartikel erklärt sie, warum Frauen aufhören sollten, sich permanent selbst zu optimieren und perfekt sein zu wollen. Von Dr. Rebekka Reinhard
„Es steht fest, dass es Frauen gibt, deren Gehirn ebenso groß ist wie das irgendeines Mannes“, schrieb der britische Philosoph und Frauenfreund John Stuart Mill 1869. Inzwischen hat die Forschung beträchtliche Fortschritte gemacht. Heute wissen wir, dass die moderne Frau nicht nur zu erstaunlichen Denkleistungen fähig ist, sondern zu weit mehr. Es gibt heute Konzernlenkerinnen, eine Bundeskanzlerin, Nobelpreisträgerinnen – und ab November möglicherweise die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika.
Dr. Rebekka Reinhard, Foto: Peter Lindbergh
Rebekka Reinhard hat Amerikanistik, Philosophie und Italianistik studiert und in Amerikanistik promoviert. Sie war unter anderem als philosophische Beraterin für Krebs- und Burnout-Patienten tätig und ist Autorin und Redakteurin des Philosophie-Magazins HOHE LUFT. Sie meint: Frauen sollten sich trauen, mächtig zu sein. Denn Macht zu haben, bedeutet, das eigene Leben zu gestalten. Ohne Macht kein Glück, keine Freiheit, keine echte Anerkennung.
www.philosophyworks.de www.facebook.com/mikrophilosophie
Weltweit boomen „Diversity“, „Gender Shift“ & Co. Dass der modernen Frau die Zukunft gehört, gilt als sicher. Warum? Weil sie wie kein anderes Lebewesen durch soziale Kompetenz, Engagement, Empathie und Multitasking-Skills besticht und hochambitioniert ist.
Mit Anfang zwanzig wollen wir einen Job, der sinnvoll ist und Spaß macht, eine solide Beziehung und tolle Freunde. Problemlösungsorientiert, wie wir sind, bemühen wir uns im Studium um gute Noten, damit wir später im Job zügig vorankommen – und uns bloß kein negatives Feedback einhandeln. Die Jahre vergehen. Wir verlassen die Universität, doch die Prüfungen hören nicht auf. Nur heißen sie jetzt nicht mehr „Neurologie und Neurochirurgie 2“ oder „Technik des betrieblichen Rechnungswesens“ sondern „Perfekt über Nacht“ oder „Ohne Schlaf durch die Verhandlung“.
Mit Mitte, Ende zwanzig möchten wir unser Wirken nicht als Erfüllung einer Notwendigkeit sehen, sondern als Berufung – bis wir plötzlich ein Kind wollen und vor der wichtigsten Prüfung überhaupt stehen: der Vereinbarkeit von gut bezahltem, sinnigem Beruf und harmonischem Familienleben. Unsere Ansprüche sind hoch, auch die an uns selbst. Spätestens jetzt müssen wir uns entscheiden: Wollen wir Macht – oder Ohnmacht? Das Wort Macht stammt vom gotischen „magan“ für „machen“ oder „können“ ab. Macht ist eine Fähigkeit. Ein Vermögen. Es ist die Potenz, Einfluss zu nehmen, etwas zu bewirken, zu gestalten, zu verändern. Ohne Macht kein Glück, keine Freiheit, keine echte Anerkennung. Wenn die Zukunft wirklich uns gehören soll, brauchen wir mehr Mut zur Macht.
Zu den größten Hindernissen weiblicher Potenzialentfaltung zählen das Lechzen nach positivem Feedback genauso wie die uns eigene hohe Problemlösungskompetenz. Wir können so viel, dass dieses Viele uns beinahe unterjocht. Je älter wir werden, je professioneller wir uns in die Rolle der Karrieristin, Partnerin oder Mutter einfinden, desto mehr tun wir uns in den Fächern „vorauseilende Pflichterfüllung“ und „Delegieren“ hervor. Wir delegieren einfach alles an uns selbst! Und zwar so schnell wie möglich. Wir rennen zur Arbeit, in den Supermarkt, in die Kita, um anschließend noch schnell die Wäsche zu machen und die Wände zu streichen. Warum? Damit wir perfekt sind. Wozu? Damit wir uns nichts vorzuwerfen haben und alle uns mögen.
Wenn wir an diesem abstrusen Sachverhalt etwas ändern wollen, sollten wir die Ohnmachtposition in Richtung Macht verlassen. Zu diesem Zweck brauchen wir uns nur einer Körperregion zuzuwenden, die wir vor lauter Diszipliniertheit zu lange vernachlässigt haben: unserem Gehirn. Einem Ort, der von Selbstzweifeln und Optionen-Wälzen derart verstellt ist, dass die brillanten Ideen dahinter kaum noch zu erahnen sind. Wie das geht?
Schalten Sie Ihr Hirn auf Stufe fünf. Stoppen Sie die überflüssige Selbstoptimierung. Filtern Sie aus den vielen Ansprüchen an Ihr Leben die wahren Prioritäten heraus: Machen Sie sich frei vom Über-Perfektionismus (den 100% auf jedem Gebiet), bei dem das Wort „Müssen“ eine zentrale Rolle spielt. Denken Sie nicht länger „Eigentlich will ich ja dies und das … nur leider muss ich jenes tun.“ Stellen Sie sich die philosophische Grundfrage: „Wofür lebe ich?“
Lassen Sie die Frage auf sich wirken (ohne zu googeln!) – denken Sie selbst, experimentieren Sie, lösen Sie sich von der Meinung anderer, tun Sie das, was Ihnen wichtig erscheint und respektieren Sie sich dafür. Wenn Sie sich selbst nicht liken, tut es keiner für Sie. Legen Sie den Slow-Motion-Gang ein: Lassen Sie sich von den vielen Möglichkeiten, die Ihnen offenstehen, bloß nicht hetzen. Das rasche, steife Marschieren ungeduldiger Frauen ist kein Zeichen von Macht, sondern von Ohnmacht. Stellen Sie die Schnappatmung ab. Pflanzen wachsen nicht schneller, wenn man an ihnen zieht. Geben Sie sich Zeit. Keiner verlangt von Ihnen, dass Sie spätestens mit fünfunddreißig eine zweifache verheiratete Working Mom mit optimaler Work-Life-Balance sind.
Machtvoll ist nicht die Frau, die alles möglichst noch gestern zu erzwingen sucht. Sondern jene, die die Souveränität besitzt, auch mal zu warten und zu vertrauen. Sagen Sie überkommenen geschlechtsspezifischen Stereotypen (z. B. „Frauen sind artig“) den Kampf an – vor allem, wenn Sie in einem Bereich arbeiten, wo Männer das Sagen haben.
Signalisieren Sie in jeder Konferenz, jedem Meeting Leuten, die noch in den 1950er Jahren leben, Zero Tolerance. Seien Sie eine der ersten, die das Wort ergreift. Reagieren Sie, wenn ein männlicher Kollege Ihre Ideen nachplappert (die Sie eine Minute zuvor geäußert haben). Machen Sie den Mund auf: Zeigen Sie den Plagiator an und beharren Sie auf Ihrem Urheberrecht für Ihre Gedanken. Haben Sie Mut zur Macht. Tun Sie, was Sie vermögen. Für sich selbst. Und für Ihre Kolleginnen, Freundinnen und Töchter.
Bereits zum 13. Mal treffen sich am 29. April rund 1400 weibliche Fach- und Führungskräfte sowie Young Professionals und Studierende mit Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft in Hannover, um sich im Rahmen des Karrierekongresses WoMenPower auf den neuesten Stand der Themen Arbeitsmarkt und Karriere zu bringen.
Der eintägige Kongress steht vor allem für neue berufliche Impulse, individuelle Weiterbildung und Networking. Unter dem Motto „Arbeitswelt 4.0 – Karrierekulturen im Wandel“ bietet er rund 40 Workshops, Vorträge und Diskussionsrunden zu Karrierefragen, Erfolgsstrategien und innovativen Arbeitsformen. Bei der Eröffnung des Kongresses gibt es Vorträge von hochkarätigen Sprechern, unter anderem von EU-Kommissarin Marianne Thyssen und dem ehemaligen Telekom-Vorstand und Vordenker Thomas Sattelberger. Das Programm ist thematisch in vier Schwerpunkte gegliedert:
Kompetenzen im Beruf
Die Workshops vermitteln Impulse zur Weiterentwicklung persönlicher Kompetenzen und praktische Tipps für den Berufsalltag. So gibt es neben Rhetorik, Stimmtraining oder Konfliktmanagement z.B. auch Workshops zu Design Thinking oder Datenschutz am Arbeitsplatz.
Führung und Karriere
Die Angebote richten sich an alle, die spezifische Leadership-Skills erwerben möchten. Behandelt werden Fragen wie: Führe ich oder lasse ich mich führen? Wie ändert der digitale Wandel die Anforderungen an Führungskräfte? Wie können weibliche Führungskräfte die Unternehmenskultur verändern?
Beruf und Leben
Dieser Bereich befasst sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und dem systematischen Weg einer beruflichen Lebensplanung. Themen sind u.a. Karriere in Teilzeit, kreatives Zeitmanagement für berufstätige Eltern, Karriere 50+ und Existenzgründung.
Arbeitswelt im Wandel
Dieser Themenblock thematisiert die aktuellen arbeitspolitischen Fragen und Herausforderungen der Arbeitswelt. Diskutiert werden Themen wie die Frauenquote, kulturelle oder Generationen-Diversity ebenso wie Fragen nach Sinnstiftung und Wegen in ein glückliches Unternehmen.
Neben den Workshops wird Networken auf der WoMenPower groß geschrieben. Ein erstes Kennenlernen kann bereits am Vorabend des Kongresses auf der Networking-Night erfolgen. Abgerundet wird das Programm von einer begleitenden Ausstellung mit rund 70 Unternehmen, Institutionen, Netzwerken und Verbänden sowie Beratern und Coaches. Die Aussteller informieren über Berufsperspektiven, Karrierechancen und Förderprogramme, bieten Kurzcoachings, Zeugnis- und Lebenslauf-Checks und vieles mehr.
Anna Lütje ist 25 Jahre alt, macht gerade ihren Master in Nachhaltigkeitswissenschaft, ist Mutter einer kleinen Tochter und hat gemeinsam mit Nikita Kornev, 29, einen Onlineshop gegründet: Cradlelution. Das erklärte Ziel der beiden Gründer: Eine gesunde und bunte Welt ohne Abfall. Alle Produkte, die sie verkaufen, folgen dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, sind fair, nachhaltig, transparent, positiv und nützlich. Dieses Prinzip begeistert nicht nur die zahlreichen Unterstützer der Crowdfunding-Kampagne, die den Shop finanziell ermöglicht haben, sondern auch Superstar Brad Pitt, der in New Orleans Cradle-to-Cradle-Wohnungen baut. Von Kerstin Neurohr
Bücher, Bekleidung oder Gebrauchsgegenstände wie Stifte, Putzmittel und Toilettenpapier – sie tragen alle das Cradle-to-Cradle (C2C)-Siegel, eines der am strengsten zertifizierten Siegel weltweit. „Ich wurde immer wieder gefragt, wo man die zertifizierten Produkte denn kaufen kann – unser Shop ist die Antwort darauf. Alles, was wir anbieten, entspricht dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Und viele zertifizierte Produkte machen wir in Deutschland erstmals verfügbar“, erklärt Anna Lütje.
Der Verein Cradle to Cradle ist in über 20 Regionalgruppen in ganz Deutschland gegliedert. Die Mitglieder informieren über das Konzept, halten Vorträge, veranstalten Workshops und einen Kongress. http://c2c-ev.de www.facebook.com/C2C.eV.
Der C2C-Kongress findet 2016 bereits zum dritten Mal statt, und zwar am 24. September in Lüneburg. www.c2c-kongress.de
Sie lebt in Lüneburg, ist 25 Jahre alt und Mutter einer kleinen Tochter. Den Bachelor als Umweltschutzingenieurin hat sie bereits in der Tasche. Derzeit macht sie ihren Master in Nachhaltigkeitswissenschaft, die Promotion hat sie bereits im Blick. Ihr Kompagnon, der vier Jahre ältere Nikita Kornev absolviert ein Studium Individuale mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeitswissenschaften, Umwelt- & Industrietechnik. Mit ihm hat sie die Idee zum Shop entwickelt, eine Crowdfunding-Kampagne gestartet und mit den mehr als 8.000 Euro, die gespendet wurden, die Idee in die Tat umgesetzt.
Die Produkte, die die beiden Studierenden verkaufen, folgen dem Vorbild der Natur: Es entsteht kein Abfall, sondern alles zirkuliert als Nährstoff in Kreisläufen. Statt von der Wiege bis zur Bahre (also von der Produktion bis zum Zustand als Müll) werden Produkte von der Wiege bis zur Wiege gedacht. Die kompletten Produkte beziehungsweise ihre Bestandteile sind sortenrein trennbar designt. So können sie entweder in einen biologischen oder technischen Kreislauf zurückgeführt werden, also biologisch abgebaut oder wiederverwendet werden.
Dabei gelten drei Grundprinzipien. Erstens: Abfall ist Nahrung oder Nahrung ist Nahrung. Alles wird zu Nahrung oder Nährstoffen für etwas anderes. Zweitens: Nutzung erneuerbarer Energien. Die Energie entspringt Sonne, Wind, Wasser und Erde. Und drittens: Unterstützung von Diversität. Es gibt eine schier unendliche Vielfalt.
Kennengelernt haben sich Anna Lütje und Nikita Kornev durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit für den Verein Cradle to Cradle, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Öffentlichkeit über das Konzept und die Denkschule von Cradle to Cradle zu informieren. Schließlich ist das Konzept hierzulande der breiten Masse noch nicht bekannt – anders als in den USA oder den Niederlanden, wo die Idee bereits viele Anhänger hat. Anna Lütje und Nikita Kornev arbeiten daran, dass sich das ändert: Seit drei Jahren halten sie Vorträge, veranstalten Workshops und machen Aktionen an der Uni. „Über den Verein haben wir auch Kontakt zu Prof. Michael Braungart bekommen, der das Konzept entwickelt hat“, sagt Anna Lütje. „Er ist für uns zu einem Mentor geworden, von dessen Wissen und Erfahrungen wir profitieren und der immer ein offenes Ohr für uns hat.“
Mittlerweile gibt es den Cradlelution-Shop seit rund einem Jahr. Die beiden Gründer haben in dieser Zeit ein Lager aufgebaut, viele Messen besucht und Kontakte geknüpft und sind stolz darauf, ihr Unternehmen ohne Kredite von Banken oder das Geld von Investoren an den Start gebracht zu haben. 2500 Produkte wurden bisher mit dem Cradle-to-Cradle-Siegel zertifiziert, 150 davon bietet der Cradlelution-Shop zum Verkauf an. Die Inhaber erweitern ihr Sortiment stetig, wollen weiter wachsen – „aber das soll nachhaltig geschehen“, betont Anna Lütje. Ihr ist es wichtig, neben ihrer Tätigkeit als Unternehmerin ihr Studium weiterzuführen und Zeit für ihre Tochter zu haben. „Das alles unter einen Hut zu kriegen, ist nicht immer einfach. Aber meine Tochter motiviert mich natürlich auch, weiter für eine gesunde und bunte Welt ohne Abfall zu arbeiten.“
Braungart, McDonough, Cradle to Cradle, Cover: Piper
Unzufriedenheit im Job – das kennen viele. Aber den Traumjob zu finden, ist gar nicht so einfach. Jannike Stöhr hat es ausprobiert. Die 30-jährige hat Wirtschaftswissenschaften studiert, danach als Personalerin in einem großen Industrieunternehmen gearbeitet und eine Auslandsstation in Peking absolviert. Zufrieden war sie damit nicht. So begab sie sich auf die Suche und probierte innerhalb von einem Jahr dreißig verschiedene Jobs aus. Über ihre Erlebnisse hat sie ein Buch geschrieben: Das Traumjob-Experiment.
Sie hatten eine anspruchsvolle Stelle in einem großen Unternehmen, ein gutes Gehalt und nette Kollegen. Wie haben Sie gemerkt, dass Sie in Ihrem Job trotzdem nicht glücklich sind?
Das war ein langer Prozess. Über Jahre probierte ich glücklich zu werden und zu bleiben. Aber ich merkte, egal was ich mir kaufte, wohin ich auch reiste, was für einen guten Job auch immer ich hatte, nach einer kurzen Zeit reichte es nicht mehr. Ich dachte, es müsste doch einen Zustand geben, wo es einfach gut ist. Ein Schüsselerlebnis wiederum veranlasste mich dann dazu, die Konsequenzen zu ziehen und mich auf die Suche zu begeben. Das war, als mein Vater an Krebs erkrankte, und ich intensiv mit der menschlichen Endlichkeit in Berührung kam, die ja letztendlich auch mich betrifft.
Hat es Sie Überwindung gekostet, Ihr altes, sicheres Leben loszulassen und noch einmal komplett von vorne anzufangen?
Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, mich von dem Lebensstandard zu trennen, von dem ich mir eingebildet hatte, ich bräuchte ihn. Letztlich war das aber Quatsch und ich komme äußerst gut mit nur einem Bruchteil von dem aus, was ich früher besaß oder verdiente. Und ich hatte vorher viele Ängste. Ich wusste nicht, ob es überhaupt funktionieren würde, ob es der richtige Weg für mich ist und ich hinterher schlauer bin, ob ich finanziell über die Runden kommen würde, wie es ohne Zuhause sein würde.
Um Ihren Traumjob zu finden, haben Sie 30 Jobs in einem Jahr ausprobiert und unter anderem als Erzieherin, Winzerin, Reiseleiterin, Pathologin, Hebamme und Politikerin gearbeitet. Was hat Ihnen bislang am besten gefallen?
Es ist schwer, genau einen Beruf zu nennen, da jede einzelne Woche auf ihre Weise so spannend war. Mir persönlich hat der Beruf als Journalistin sehr gut gefallen, da ich zum einen meine Liebe zum Schreiben entdeckt habe und mich gern mit den verschiedensten Sachen beschäftige. Da kommt man als Journalist schon auf seine Kosten.
Gab es andererseits auch Berufe, bei denen Ihnen sehr schnell klar war, dass dies nicht Ihr Traumjob war?
Es gab einige Berufe, die ich getestet habe, obwohl ich sie als Traumjob für mich im Vorfeld ausgeschlossen hatte. Das war vor allem in der zweiten Hälfte meines Projektes, in der ich etwas freier bei der Berufsauswahl geworden bin und zum Beispiel den Job als Tierpräparatorin, Pastorin und Opernagentin getestet habe. Es stellte sich im Nachhinein zwar auch heraus, dass sie nicht in die engere Auswahl kommen würden, aber dennoch hat mich jeder Job überrascht und ein paar Lektionen für mich bereitgehalten.
Von: Initiative FRAUEN unternehmen
Gesendet: 14.3.2016
Dringlichkeit: hoch
An: Studentinnen, die sich für Selbstständigkeit interessieren
Betreff: Vorbilder mit Inspiration und Leidenschaft
Hallo liebe Studentinnen,
als Karrierestarter kennt Ihr das: Ihr wollt hoch hinaus! Vielleicht wollt Ihr Euch sogar selbstständig machen. Ein Weg ist, sich an Vorbildern zu orientieren, die bereits vor Euch den Weg in die Selbstständigkeit gegangen sind. Von ihrem Erfahrungsschatz und ihren Netzwerken könnt Ihr profitieren. Genau hier setzt die Initiative „FRAUEN unternehmen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie an.
Sie liefert Euch die Vorbilder, die Ihr sucht. Vorbilder sind Menschen, die Orientierung geben können und mit ihrem Beispiel zeigen, dass man im Leben wie im Beruf seine Träume und Ziele verwirklichen kann. In der Wirtschaft haben Vorbilder eine enorme Bedeutung. Gerade Frauen mangelt es aber oftmals an weiblichen Rollenvorbildern, die sie auf ihrem Weg an die Spitze von Unternehmen bestärken oder die sie zur Gründung inspirieren.
Im Rahmen der Initiative „FRAUEN unternehmen“ wurden 180 Vorbild- Unternehmerinnen ausgesucht, die ihre Inspiration und Leidenschaft für ein Leben als Unternehmerin weitergeben möchten. Dabei handelt es sich um Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen aus den unterschiedlichsten Branchen. Sie kommen zudem aus allen Regionen Deutschlands. Zentrale Aufgabe einer Vorbild-Unternehmerin ist es, über ihre Erfahrungen zu berichten und damit den UnternehmerINNENgeist bei Mädchen und Frauen zu wecken.
Und was rät Euch so eine Vorbild-Unternehmerin, wenn Ihr Eure Gründungsidee umsetzen wollt? „Einfach trauen! Vorher erkundigen, was es für Hilfen und Unterstützung von öffentlicher Hand gibt, um die erste Zeit zu überbrücken. Möglichst viele Kontakte knüpfen und pflegen! Auf viele Veranstaltungen gehen, Netzwerken und zur IHK Kontakt aufnehmen“, rät Ursula Kafka, Vorbild-Unternehmerin und Geschäftsführerin von Kafka Kommunikation.
Auch auf die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf reagiert sie gelassen: „Unternehmertum und Selbstständigkeit lassen sich wunderbar mit Familie vereinbaren und viele erfolgreiche Frauen beweisen dies Tag für Tag in Deutschland!“ Wenn Ihr Euch auch selbstständig machen wollt und dafür nach Vorbildern sucht, dann schaut auf www.frauen-unternehmen-initiative.de. Dort findet Ihr alle Vorbild- Unternehmerinnen der Initiative.
Sprecht sie an, stellt ihnen alle Fragen, die Euch einfallen, und lasst Euch inspirieren! Wir als Koordinierungsstelle im RKW Kompetenzzentrum helfen und beraten Euch natürlich gern, die richtige Ansprechpartnerin zu finden. Schreibt uns: info@frauen-unternehmen-initiative.de.
Viele Grüße
Eure nationale Koordinierungsstelle der Initiative FRAUEN unternehmen
RKW Kompetenzzentrum
Düsseldorfer Straße 40 A
65760 Eschborn
Tel: 06196 495-3232
E-Mail: info@frauen-unternehmen-initiative.de
Internet: www.frauen-unternehmen-initiative.de
Jacqueline Bauernfeind richtet ein besonderes Augenmerk auf ambitionierte Frauen. Im Gespräch wünscht sich die Partnerin der Personalberatung Board Consultants International nicht nur mutige Frauen, sondern auch einen Kulturwandel in Unternehmen und Gesellschaft. Das Interview führte André Boße.
Frau Bauernfeind, seit Anfang des Jahres gilt die gesetzliche Frauenquote. Wie schätzen Sie die Wirkung ein?
Die Diskussion über ein Für und Wider der Quote hat sicherlich dazu geführt, dass einige Unternehmen ihre Bemühungen gesteigert haben, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Man muss hier jedoch grundsätzlich unterscheiden: Die Quote gilt nur für die Aufsichtsräte und auch nur für bestimmte Unternehmen. Weiterhin keine Quote gibt es dagegen für exekutive Top-Positionen, also für Vorstände oder Geschäftsführer.
Zur Person
Jacqueline Bauernfeind studierte in München VWL. Ihre berufliche Karriere begann sie beim Marktforschungsunternehmen Infratest, bevor sie bei der Unternehmensberatung Roland Berger als Beraterin und Projektleiterin tätig war. Seit 1990 ist sie als Partnerin in der Personalberatung tätig. 2003 zählte sie zu den Gründungs-gesellschaftern von Board Consultants International. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind nationale und internationale Besetzungen von Top-Positionen in den Bereichen Konsumgüter, Einzelhandel, Mode, Luxus, Lifestyle und Medien.
Diese Unterscheidung ist wichtig, denn die Anforderungen an diese Positionen sind andere. Aufsichtsräte müssen, verkürzt gesagt, vor allem professionelle Erfahrungen und Menschenkenntnis mitbringen, um ihre Kontrollfunktion auszuüben. Vorstände und Geschäftsführer sind diejenigen, die im Unternehmen ganze Truppen in Bewegung setzen. Das sind die Macher.
Beobachten Sie weiterhin, dass noch immer zu wenige Frauen unbändige Lust auf dieses Machen mitbringen?
Es ist tatsächlich auch weiterhin so: Wird im Unternehmen eine Führungsaufgabe neu besetzt, rufen die Frauen noch immer zu selten oder nicht laut genug: Hier bin ich. Es gibt also durchaus ein Manko an Führungsambition. So, was machen wir nun damit? Erstens müssen sich diejenigen, die diese Positionen besetzen, darauf einstellen, die Frauen auf eine andere Art anzusprechen. Es sollte also nicht unbedingt gelten: Der Erste oder der Lauteste bekommt die Position, denn man kann eine solche Frage ja auch differenzierter stellen. Zweitens appelliere ich an die Frauen: Macht es denjenigen, die diese Führungspositionen besetzen, nicht unnötig schwer. Zeigt euch!
Erkennen Sie, dass die Frauen, die heute in die Führungskarriere starten, diesen Appell verstärkt beherzigen?
Durchaus, ja. Es tut sich was. Die jungen Frauen bringen Selbstbewusstsein mit, bringen sich deutlicher und offensiver in Stellung. Eine Sache aber bleibt problematisch: Irgendwann stellt sich die Kinderfrage.
Hat sich nicht auch in Sachen Vereinbarkeit einiges getan?
Ja, es gibt in vielen Unternehmen gut funktionierende Angebote zur Kinderbetreuung. Zudem ist das Betreuungsnetz in Deutschland besser als noch vor wenigen Jahren. Man darf dennoch nicht vergessen: Wir reden hier von Führungspositionen. Diese Jobs enden nicht um fünf oder sechs, sondern in der Regel um acht und nicht selten erst um zehn Uhr. Der zeitliche Anspruch an diese Jobs wird sich also immer mit der Elternrolle beißen, das ist derzeit nicht zu verhindern.
Was halten Sie von Modellen, die Arbeit anders einzuteilen – sprich: nicht zuzulassen, dass der Job bis in den späten Abend hinein geht?
Als Einzelkämpferin im Unternehmen wird das nicht gelingen. Dafür benötigen wir ein Umdenken in der Gesellschaft, Wirtschaft und den Unternehmen. Das ist sicherlich wünschenswert, und ich bin davon überzeugt, dass man viele Führungsaufgaben auch hinbekommen kann, ohne regelmäßig bis 22 Uhr zu arbeiten. Noch aber gibt es Rituale, die genau das verlangen. Zudem gelten ungeschriebene Gesetze, wie zum Beispiel dieses: Karriere macht nur der, der auch lange arbeitet. Ganz ehrlich, ich kenne kein großes Unternehmen, in dem die Top-Manager den Laden regelmäßig um sechs Uhr verlassen. Das gibt es noch nicht.
Suchen Sie sich als Einsteigerin jemanden im Unternehmen aus, von dem Sie wirklich etwas lernen können.
Eine Sache, die häufig in den Abendstunden ansteht, ist das Networking. Oft wird gesagt, Männer gingen hier zielstrebiger zur Sache. Stimmen Sie zu?
Wenn ich es pauschal formulieren darf: Männer gestalten Ihre Netzwerkzeit nach der Devise, ob es ihnen geschäftlich etwas nützt oder nicht. Frauen orientieren sich danach, ob sie jemanden mögen oder nicht. Und wenn sie eben keine Lust haben, mit einer Person abends noch etwas trinken zu gehen oder sich zum Squash zu verabreden, dann lassen sie es. Dass so eine Verabredung trotz der eher geringen Sympathiewerte karrieretechnisch interessant sein könnte – dieser Gedanke spielt bei den Frauen eine wesentlich kleinere Rolle als bei Männern. Anders gesagt: Männer sind, wenn es um die eigene Karriere geht, leidensfähiger.
Ich habe als Personalberaterin Männer erlebt, die sich für einen Top-Job beworben haben und bei denen ich mich hinterher fragte: Wie kamen die auf die Idee, dem Anspruch dieser Position zu genügen? Na ja, sie haben es halt probiert, sind auf die Nase gefallen, sind wieder aufgestanden und probieren es woanders. Frauen dagegen bringen die Haltung mit: Ich möchte mich auf gar keinen Fall selbst überschätzen und damit scheitern. Dadurch stecken sie die eigene Grenze, etwas zu probieren, sehr viel enger.
Was muss denn geschehen, damit diese Unterschiede in der Mentalität nicht länger Frauen in Führungspositionen verhindern?
Erstens ist es wichtig, das Angebot von Kitas und Schulen mit Ganztagsbetreuung weiter auszubauen. Zweitens müssen sich die Gesellschaft und die Unternehmen dahingehend wandeln, dass Männer nicht mehr schief angeguckt werden, wenn sie es sind, die sich eine Familienauszeit nehmen und sich mit den Kindern befassen.
Klar, es gibt Branchen, in denen das bereits üblich ist. Das sind aber nun gerade die Branchen, in denen Frauen sowieso schon stark in Führungspositionen vertreten sind, zum Beispiel in Konsum oder Medienunternehmen. Wer jedoch als Mann in einem Unternehmen der Maschinenbau- oder Autobranche ankündigt, eine gewisse Zeit zu pausieren, weil er den Nachwuchs betreuen wird, muss damit rechnen, dass zumindest hinter vorgehaltener Hand gesagt wird, dass das nicht geht, ohne dass die Karriere leidet.
Welchen Ratschlag können Sie einer weiblichen Nachwuchskraft mit auf den Weg geben, die Lust auf Karriere hat?
Spannend wird es immer dann, wenn im Unternehmen anspruchsvolle Aufgaben gestellt werden. Also neue Lösungen und Perspektiven gefragt sind. Frauen sollten Antennen für solche Momente entwickeln. Und dann den Mut mitbringen, dabei zu sein. Die Angst vor dem Versagen darf dagegen keine Rolle spielen.
Zudem möchte ich an dieser Stelle auf die Bedeutung von Mentoren und Mentorinnen hinweisen: Suchen Sie sich als Einsteigerin jemanden im Unternehmen aus, von dem Sie erstens wirklich etwas lernen können und der Ihnen zweitens immer mal wieder eine für Sie passende Aufgabe zuschustern kann, zum Beispiel ein Projekt in Lateinamerika oder Asien, eine Sache also, die durchaus mit dem Sprung ins kalte Wasser zu vergleichen ist. Wird diese Aufgabe von einem Mentor an junge Frauen herangetragen, beobachte ich, dass der weibliche Nachwuchs mehr Mut entwickelt. Schließlich wird der Frau durch den Mentor echtes Vertrauen entgegen gebracht. Und das tut ihr gut.
Noch immer dominieren in den MINT-Berufen die Männer. Der Frauenanteil in den MINT-Studiengängen ist in den letzten Jahren rasant gestiegen – doch wird der weibliche Nachwuchs es in den technischen Unternehmen bis nach oben schaffen? Wir haben mit MINT-Top-Frauen gesprochen, die wichtige Vorbildfunktionen übernehmen, ob als Kapitänin bei der Lufthansa oder Personalchefin bei Porsche. Sie meinen: Die jungen Frauen brauchen Mut – und die Gesellschaft einen Kulturwandel. Von André Boße
Planung ist alles: Cordula Pflaums Tochter war gerade acht Wochen auf der Welt, da war die junge Mutter schon wieder im Seminarraum von Lufthansa Flight Training tätig. Ihr Job dort: Als Ausbildungskapitänin bringt sie dem Konzernnachwuchs das Fliegen bei. Wie das mit einem zwei Monate alten Baby funktioniert? „Mein Vater begleitete mich zur Arbeit und schob den Kinderwagen über das Gelände, sodass ich mich in den Seminarpausen um meine Tochter kümmern konnte.“
BCG-Studien Kinder stoppen Karriere
Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) blickt in einer neuen Studie vom Dezember 2015 kritisch auf die Bemühungen, mehr Frauen in Führung zu bringen. Zwar sei das Thema in aller Munde, faktisch habe Deutschland in den vergangenen Jahren jedoch kaum Fortschritte gemacht. Entscheidender Faktor sind häufig die Kinder: „Frauen ohne Kinder schaffen es dreimal häufiger in die Topmanagementpositionen“, so Rocío Lorenzo, Partnerin bei BCG und Autorin der Studie.
Wirtschaft verschenkt Potenziale
Das Thema Frauen in Führungspositionen ist nicht nur eine Frage der Gleichberechtigung. Die BCG-Studie zeigt, dass die Unternehmen sich selbst schwächen, wenn sie die Potenziale der weiblichen Arbeitskräfte nicht nutzen. „Die Wertschöpfung könnte bis zu acht Prozent steigen, wenn die Potenziale der Frauen auf dem Arbeitsmarkt aktiviert würden. Auch die Arbeitskräftelücke könnte um 35 Prozent verringert werden“, sagt die Autorin Rocío Lorenzo, „doch die Chancen wurden bisher nicht ausreichend genutzt.“
Auch ihre Schwiegereltern haben mitgeholfen, die junge Familie unterstützt, damit Cordula Pflaum und ihr Mann ihre jeweiligen Karriereziele weiter verfolgen konnten. „Ich empfand es damals als besonders wichtig, thematisch am Ball zu bleiben“, begründet sie den schnellen Wiedereinstieg. Ihre erste Tochter kam zur Welt, als Cordula Pflaum kurz vor der Ernennung zur Kapitänin war. In dieser Situation eine lange Pause? Das schien ihr eher unklug zu sein. „Ich war mir der besonderen Herausforderung durchaus bewusst“, sagt sie – und hat mit Hilfe der ganzen Familie Beruf und Familie unter einen Hut bekommen.
Alte Rollenbilder bremsen Frauen
Trotz einer Frau als Ausbildungskapitänin: Weibliche Piloten im Cockpit einer Lufthansa-Maschine sind weiterhin die Ausnahme. „Derzeit fliegen 290 Frauen in einem Lufthansa-Cockpit. Bei insgesamt 4600 Lufthansa- Piloten ist das ein Anteil von sechs Prozent“, berichtet Cordula Pflaum. Generell beobachtet die Kapitänin, die von München aus auch selbst auf Langstreckenflügen unterwegs ist, dass das generelle Interesse von jungen Frauen an technischen Berufen steigt. Strebt der weibliche Nachwuchs eine Karriere als Pilotin an, würden die jungen Frauen in der ersten Zeit nicht vom Gender-Image des Berufs beeinflusst.
Die Zahl der Studienanfängerinnen in den so genannten MINT-Fächern bestätigt ihren Optimismus. MINT – das steht für die Disziplinen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Initiative „Komm, mach MINT“ versteht sich als nationaler Pakt für mehr Frauen in diesen MINT-Berufen und hat jetzt für das Jahr 2014 Zahlen von den Hochschulen veröffentlicht. Und die sind durchaus beeindruckend: „Waren es 2000 noch 45.671 Studienanfängerinnen im ersten Fachsemester, die sich für ein Studium im MINT-Bereich entschieden, so sind es im Studienjahr 2014 mit 105.449 mehr als doppelt so viele“, heißt es in einer Pressemitteilung der Initiative. Das Interesse ist also da. Stellt sich die Frage: Schaffen es die MINT-Frauen bis in die Führungspositionen? Und wo liegen die Stolpersteine, wann stoßen sie an die berüchtigten „gläsernen Decken“?Doch das ändert sich im Lauf des Berufslebens, wie Cordula Pflaum erkannt hat. „Der Einfluss der Geschlechter-Debatte wird den Frauen später im Berufsleben offensichtlich, und zwar vor allem in Form von Rollenbildern, die in unserer Gesellschaft weiterhin Gültigkeit haben.“ Zum Beispiel werde ein Mann am Arbeitsplatz nie gefragt, wie er es mit den Kindern regelt: „Man geht einfach davon aus, dass sich seine Frau kümmert.“ Einer Frau hingegen werde diese Frage grundsätzlich gestellt. „Das zeigt mir, dass es Generationen überdauern wird, bis sich dieses Rollenverständnis endgültig erledigt hat“, sagt die Kapitänin. „Aber meiner Meinung nach sind wir auf einem guten Weg.“
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Antje Neubauer sitzt im Vorstand der Initiative Generation CEO, einem Business-Netzwerk für Frauen im Top-Management. Sie ist sich sicher: „Die Grundlagenarbeit für mehr Frauen in Führungspositionen ist gemacht.“ Viele deutsche Unternehmen hätten Konzepte entwickelt, um schon Mädchen und junge Frauen für technische Berufe zu begeistern und Frauen zu fördern. Zudem habe der Staat Programme etabliert, an denen sich Konzerne beteiligen.
So entsteht Wandel
Wie es technischen Unternehmen gelingen kann, den Anteil von Frauen auf allen Ebenen zu erhöhen, zeigt das Beispiel Porsche. „Unsere Ideen greifen“, freut sich Elke Lücke, Leiterin Personalentwicklung und Personalstrategie. Der Sportwagenhersteller konnte nach eigenen Angaben den Frauenanteil bei der Neubesetzung von Führungspositionen in den vergangenen drei Jahren verdoppeln. Wie viele Frauen beim Autobauer aktuell in Führungspositionen tätig sind, darüber gibt das Unternehmen keine Auskunft.
Die Botschaft ist aber klar: Der Anteil soll in allen Bereichen massiv erhöht werden. „Insbesondere hat es sich bewährt, verbindliche Zielgrößen zur Beförderung von Frauen in Führungspositionen zu verankern“, sagt sie. Das Unternehmen gab dabei verschiedene Ziele für die einzelnen Ressorts vor, die Führungskräfte wurden bei der Formulierung der Vorgaben beteiligt. „Dadurch sind alle Führungskräfte in das Thema involviert und werden entsprechend gefordert.“ Die Ziele selbst seien anspruchsvoll, aber realistisch – „weil wir uns daran orientieren, wie viele Frauen es im jeweiligen Ressort gibt.“
Voraussetzung dafür, dass die Vorgaben eingehalten werden, sei eine Führungskultur, die für Chancengleichheit einsteht. Zählen soll alleine die Leistung, unabhängig von Faktoren wie zum Beispiel Geschlecht oder Herkunft. „Unterstützend wirken hierbei Faktoren wie Offenheit und Transparenz, aber auch das ständige Hinterfragen des Status quo“, sagt Elke Lücke. Was in Deutschland nun noch fehlt, bezeichnet Generation CEO-Vorstand Antje Neubauer als „gesellschaftliches Backing“. Sprich: Im beruflichen Alltag und gerade auf dem Weg nach oben fehlt jungen Frauen immer noch Akzeptanz und Rückhalt.
Antje Neubauer, die hauptberuflich bei der Deutschen Bahn die Abteilung PR und interne Kommunikation leitet, gibt Beispiele: „Väter, die in Elternzeit gehen, sind immer noch sehr viel weniger akzeptiert als Frauen; ein Sabbatical wird ebenso kritisch beäugt wie der wöchentliche Tag im Home-Office.“ Sie wünscht sich, dass flexible und moderne Arbeitszeitmodelle als genauso effizient bewertet werden, wie Acht- bis Zwölfstundentage im Unternehmen.
Damit das passiert, müssten in den technischen Unternehmen noch mehr Frauen ganz selbstverständlich ihren Platz finden. Mehr Frauen generell, mehr Frauen in Führung – nur so entstehe Wandel. Vor allem mit Blick in die oberen Etagen ist es noch nicht soweit. Neubauer: „Zwar gibt es inzwischen den einen oder anderen weiblichen Technik-Vorstand oder weibliche Führungskräfte in den technischen Ressorts, aber die meisten dieser Positionen sind nach wie vor männlich besetzt.“ So entstehe ein falscher Eindruck, nämlich der von Männerdomänen, in denen es Frauen prinzipiell schwer haben – als handele es sich um ein Naturgesetz. Das ist natürlich Quatsch. „Klassische Männerdomänen gibt es aber einfach nicht mehr“, sagt Antje Neubauer. „Das muss in den Köpfen der Menschen ankommen und gelebt werden.“
Frauen schätzen Jobs mit Sinn
Die Pharma- und Gesundheitsbranche ist in dieser Hinsicht schon weit. Annette Pascoe ist Geschäftsleiterin des Unternehmens Pascoe Naturmedizin. Viele Jobs im Gesundheitswesen haben mit Naturwissenschaft und Technik zu tun. Dennoch: „In kaum einer anderen Branche sind so viele Frauen beschäftigt, wie in der Gesundheitswirtschaft“, sagt sie. Pascoe will dieses Potenzial nutzen: „Junge Frauen sind heute hervorragend ausgebildet und bereit Verantwortung, zu übernehmen“, schwärmt die Geschäftsleiterin. Der Vorteil der Pharmabranche: „Frauen wünschen sich, in ihren Berufsfeldern auch einen Lebenssinn zu erkennen.“
Deutscher Ingenieurinnenbund (dib) Das Netzwerk für Ingenieurinnen, Ingenieurstudentinnen und Frauen in technischen Berufen gibt es bereits seit 30 Jahren. Es ist bundesweit aktiv und besteht aus 22 Regionalgruppen.
www.dibev.de
Das klappt beim Thema Naturmedizin leichter als beispielsweise beim Anlagen- oder Maschinenbau, womit sich den Unternehmen der klassischen Ingenieursbereiche eine Aufgabe stellt: Auch in diesen Branchen werden heute Innovationen entwickelt, die das Leben der Menschen positiv beeinflussen, das Thema Green-Tech ist hier nur ein Beispiel.
„Die Welt jeden Tag ein Stück besser zu machen“, das ist laut Annette Pascoe der Antrieb für die Mitarbeiter ihres Unternehmens. Diesen Wert auf andere Branchen zu übertragen – das ist ein wichtiger Schritt, um bei den Frauen die Begeisterung für MINT weiter zu stärken. Und die Frauen selbst? Sind natürlich auch gefordert. Das oberste Gebot: Mut beweisen, da sind sich die Expertinnen aus den Top-Managements der MINT Unternehmen einig. „Ich rate jeder Frau, bei der Berufswahl ihrem Herzen zu folgen“, sagt Annette Pascoe – und wenn das für einen technischen Beruf schlägt, dann sollte man sich nicht von der skeptischen Stimme im Kopf abbringen lassen.
„Trauen Sie sich!“, gibt auch Porsche-Personalleiterin Elke Lücke dem ambitionierten weiblichen Nachwuchs mit auf den Weg. Klar, der Name eines Traditionsunternehmens wie Porsche erweckt Ehrfurcht, bei Einsteigerinnen genauso wie bei Einsteigern. Doch gerade der weibliche Nachwuchs dürfe sich davon nicht abschrecken lassen. Schwellenangst ist unnötig. Lücke: „Bei uns gibt es weder goldene Wasserhähne noch übermenschliche Erwartungen an Bewerber.“
Frauen in Aufsichtsräten FidAr – die Initiative für mehr Frauen in die Aufsichtsräte wurde 2006 mit dem Ziel gegründet, den Frauenanteil in den deutschen Aufsichtsräten nachhaltig zu erhöhen. Mittlerweile hat die Initiative 550 Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft und dem öffentlichen Leben. www.fidar.de
Das Wirtschaftsrecht verändert sich – die Digitalisierung und die Globalisierung schreiten in den Unternehmen immer weiter voran. Daher braucht es Juristen, die sich mit Technik und IT auskennen und bereit sind, sich als Experten auch mit Datenschutz, mit Patenten und mit Produktionsprozessen auseinanderzusetzen.