Ein Gespür für Situationen

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Studien zeigen, dass Legal Tech die Arbeit der Anwälte nicht auf den Kopf stellt. Im Gegenteil, die Bedeutung von Qualitäten wie interkultureller Kompetenz und Empathie nimmt weiter zu. Gesucht werden junge Juristen, die mögliche Konflikte erahnen und erkennen, was dem Mandanten wirklich wichtig ist. Ein Essay von André Boße

„Hype oder Paradigmenwechsel?“ Unter dieser Überschrift stellten der juristische Finanzdienstleister Foris und der Netzwerkanbieter AdvoAssist die Ergebnisse ihrer Studie zum Thema Legal Tech vor. Kernthema der Befragung von fast 1000 Anwältinnen und Anwälten war der Einfluss von Legal Tech-Lösungen auf den konkreten Arbeitsalltag in den kleineren und größeren Kanzleien Deutschlands. Eine wichtige Erkenntnis der Studie: Ein Einfluss der Digitalisierung ist zwar zu erkennen, aber die Revolution bleibt aus.

Legal-Tech: Welche Rechtsgebiete sind bedroht?

Gerade bei wenig komplexen Tätigkeiten glauben die Anwälte laut der Studie von Foris und AdvoAssist, dass Legal-Tech-Lösungen die Tätigkeiten des menschlichen Anwalts übernehmen. Aufgeteilt auf die verschiedenen Rechtsgebiete, ist laut Meinung der befragten Juristen die Gefahr in den Bereichen Verkehrs-, Medizin-, Vertrags- und Versicherungsrecht am größten. Die Befragten glauben, dass in den nächsten Jahren mehr als ein Drittel aller Tätigkeiten von der Technik übernommen werden könnten. Die geringste Gefahr sehen die Befragten in den Bereichen Erb-, Straf- sowie Strafverfahrensrecht. Quelle: www.foris.com
„Wenn in deutschen Kanzleien das Internet genutzt wird, geht es meistens um fachliche Inhalte“, heißt es in der Zusammenfassung der Ergebnisse. „Bei der Personalsuche oder der Mandantengewinnung spielt das Netz dagegen eine untergeordnete Rolle. Nicht einmal drei Minuten täglich widmen Kanzleien durchschnittlich dem Online-Recruiting.“ Da verwundert es auch nicht, dass die Mandantenakquise nach wie vor eher traditionell vonstatten geht: „95 Prozent der Befragten bezeichnen die traditionelle Weiterempfehlung durch Mandanten als ‚sehr wichtig‘ oder ‚wichtig‘ für die Gewinnung neuer Mandanten“, heißt es in der Studie. Bemerkenswert auch das Ergebnis bei der Frage nach den bestimmenden Trends für die Arbeit in den Kanzleien in den kommenden fünf Jahren: Fast 70 Prozent der Umfrageteilnehmer glauben, dass ihre eigene Kanzlei in fünf Jahren vom Einsatz digitaler Technologien „sehr stark“ oder „stark“ beeinflusst werde – die Digitalisierung ist also der Top-Trend. „Der zweitwichtigste Trend, den die Befragten für ihr eigenes Geschäft sehen, hat dabei gar nichts mit Legal Tech zu tun: Die fachliche Spezialisierung werde ‚stark‘ oder ‚sehr stark‘ zunehmen, glaubt etwas mehr als die Hälfte.“ Weitere Digitalthemen wie die Nutzung mobiler Anwendungen folgen erst mit weitem Abstand.

Weiterhin ein People Business

Die Studie zeigt: Die Digitalisierung dockt an die Anwaltsarbeit an. Aber sie bestimmt diese nicht. Was daran liegt, dass menschliche Faktoren weiterhin eine große Rolle spielen, seien es persönliche Weiterempfehlungen oder das Recruiting auf Basis des persönlichen Kennenlernens. Kurz gesagt: Die Anwaltsbranche bleibt ein People Business. Damit bleiben soziale und emotionale Kompetenzen wichtig. Mehr noch, ihre Rolle wird noch zunehmen, weil die Mandanten neben den digitalen Lösungen bei komplexen Angelegenheiten gesteigerten Wert auf den Menschen legen, der sie in ihrer Sache vertritt. Neben der fachlichen Spezialisierung wird auch interkulturelle Kompetenz weiter an Bedeutung zunehmen. Schließlich wird sich die Internationalisierung gerade in der Wirtschaft weiter fortsetzen – wobei globale Handelskrisen zeigen, wie groß das Konfliktpotenzial in diesem Bereich ist. Anwälte, die ihre Mandanten beim Thema globaler Handel beraten und vertreten, sind also sehr gefragt.

Unterschiede einschätzen lernen

Was genau sind aber eigentlich internationale Kompetenzen, wie zeichnen sie sich aus? Silvio Cappellari leitet für die Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz das Brüsseler Büro, gefragt sind dort fast ausschließlich Bewerber mit internationaler Ausrichtung. Diese bestehe zunächst einmal natürlich aus Sprachkenntnissen: „Englisch ist Pflicht, aber auch Grundkenntnisse in anderen Sprachen sind ein wichtiges Startkapital für Berufsanfänger“, sagt Silvio Cappellari. Mindestens ebenso wichtig sei eine gewisse Flexibilität im Umgang mit Kollegen aus anderen Ländern.

Mandaten gewinnen: Persönliche Empfehlung weit vorne

Was ist den großen Kanzleien wichtig, wenn es darum geht, Mandaten zu gewinnen? Die Foris/AdvoAssist-Studie zeigt, dass persönliche Weiterempfehlungen von 95 Prozent als „sehr wichtig“ oder „wichtig“ eingeschätzt werden, das ist der absolute Spitzenwert. Die eigene Homepage landet auf Platz zwei, aber mit nur noch 64 Prozent Nennungen als „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Ein eigener Blog erhält diese Zustimmung nur von 13 Prozent der Befragten.
Der Leiter des Brüsseler Büros von SZA Schilling, Zutt & Anschütz gibt ein Beispiel, das zeigt, dass es auch innerhalb der EU erhebliche Unterschiede gibt, auf die man sich als Einsteiger einstellen und einlassen müsste: „Bei meiner ersten Kanzlei in Brüssel – einer US-Kanzlei – waren viele italienische Anwälte tätig“, erzählt Silvio Cappellari. „Während wir Deutschen pünktlich um 8.30 Uhr begannen, starteten die Kollegen aus Italien mit einem gemeinsamen Frühstück gegen 10 Uhr, vor 11 Uhr saß da niemand am Schreibtisch. Mittags wurde ebenfalls ausgiebig gespeist, während es bei uns oftmals nur Sandwiches vor dem Computer gab. Dafür gab es dann aber bei den italienischen Kollegen ein ‚Open End‘, nicht selten haben sie bis Mitternacht gearbeitet.“ Darauf habe er sich einstellen müssen – zumal, wenn man in einem gemeinsamen Team tätig war. „Aber das machte die Arbeit auch spannend“, zieht Silvio Cappellari sein Fazit. Ein weiterer fachlicher Aspekt, der die Unterschiede verdeutlicht: „Frankreich, Deutschland, Italien und die meisten anderen EU-Länder setzen auf dem Civil Law-System auf, während zum Beispiel in den USA, Großbritannien und Irland das Common Law-System herrscht, das stark auf Fallrecht beruht.“ Wobei das EU-Recht wiederum letztlich ein Mix aus beiden Systemen sei. „Daraus ergeben sich sehr unterschiedliche Denkweisen und Ansätze, wie man an einen Fall herangeht, so dass man sich auch insofern eine gewisse Flexibilität und Gewandtheit aneignen muss“, sagt Silvio Cappellari. Was übrigens auch für den Umgang mit den Führungskräften in den Kanzleien gelte: Je nach Herkunft der Sozietät gebe es ein unterschiedliches Management, unterschiedliche Erwartungshaltungen sowie eine unterschiedliche Bedeutung von Hierarchien. „Auch darauf muss man sich einstellen.“ Heißt: Die Welt der Juristen ist international – aber nationale Eigenheiten und Traditionen spielen weiterhin eine Rolle. Gut durch dieses Dickicht kommt, wer die notwendige Flexibilität mitbringt.

Rational oder spielerisch verhandeln?

Das gilt auch für den direkten Kontakt mit den Mandanten, wie Dr. Stefan Heutz verdeutlicht. Heutz ist Anwalt und Notar Partner bei der Full-Service-Kanzlei Kümmerlein mit Sitz im Ruhrgebiet. „Gerade bei Verhandlungen lässt sich eine unterschiedliche Herangehensweise erkennen“, verdeutlicht er. „Während mitteleuropäische Verhandler oftmals rational argumentieren, sehen angloamerikanische Unternehmen die Verhandlungen eher als ein Spiel, in dem es darum geht, auszutesten, welches Ergebnis sich erzielen lässt. Einige asiatische Parteien wiederum sehen eine Einigung nicht als abschließendes Ergebnis, sondern vielmehr als einen Zwischenschritt, über den weiterverhandelt werden kann.“ Gehe es bei diesen Verhandlungen um komplexe internationale Transaktionsgeschäfte, wird schnell deutlich, wie wichtig es für Anwälte ist, die typische „deutsche“ Haltung in Verhandlungen zu verlassen.

Anwaltsjob in Brüssel: Kartellrecht im Fokus

Wirtschaftskanzleien mit Sitz in Brüssel beschäftigen sich häufig mit Kartellrecht. Hier sei in der jüngeren Vergangenheit ein deutlicher Trend hin zu Schadensersatzklagen von Kunden im Nachgang zu Kartellen zu verzeichnen, erklärt Silvio Cappellari, Leiter des Brüsseler Büros der Wirtschaftskanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz. „Bislang arbeiten bei uns an solchen Mandaten die Kartellrechtler mit den Litigation-Spezialisten zusammen, aber ich erwarte, dass sich sehr bald wie auch in den USA das neue Berufsfeld der ‚Antitrust Litigators‘ entwickeln wird.“ Zudem berät er mit seiner Kanzlei häufig zu EU-regulatorischen Fragen. „Es ist zu erwarten, dass in Zukunft erheblicher Beratungsbedarf in den Feldern Energie, Umwelt und Datenschutz bestehen wird.“
Um die Flexibilität in den international ausgerichteten Wirtschaftskanzleien von Beginn an zu gewährleisten, findet man in diesen in der Regel heterogene Teams. Gerade bei den großen Kanzleien werden diese mittlerweile in der Tendenz noch stärker gemischt, wie Silvio Cappellari als Leiter des Brüsseler Büros von SZA Schilling, Zutt & Anschütz beobachtet: „Während früher ein spanischer Partner vor allem mit spanischen Associates gearbeitet hat, legen viele Kanzleien mittlerweile verstärkt Wert darauf, dass ein Associate mit möglichst vielen Partnern zusammenarbeitet.“ Nicht zuletzt helfe das später bei der etwaigen Entscheidung, ob jemand für Partnerschaft oder Counsel in Frage kommt. Die interkulturelle Kompetenz ist also ein Skill, der auch langfristig über die Karrierewege mitentscheidend ist. In die Wertung fließen dabei die recht leicht zu bewertenden Fakten ein: Sprachkenntnisse, Anzahl der praktischen Erfahrungen im Ausland sowie erfolgreiche Mandantenbetreuungen. Jedoch gebe es auch eine Kompetenz, die an Bedeutung zunehme, auch wenn man sie nur schwer messen kann, wie Dr. Stefan Heutz von Kümmerlein sagt: „Für noch wichtiger halten wir Empathiefähigkeit. Nur wer in der Lage ist, sein Gegenüber – unabhängig vom Kulturkreis – zu verstehen, Stimmungen, Sorgen, Interessen zu erkennen und sich auf unterschiedliche Charaktere einzustellen, wird langfristig in der Lage sein, Mandate erfolgreich zu bearbeiten und Mandanten von sich zu überzeugen.“
Wer versteht, welche Aspekte eventuell Reizfaktoren sein können, ohne dass dies rational begründbar sein muss, hat die Möglichkeit, Konfliktpotential von vornherein zu vermeiden.
Der Partner weiß, dass die Formulierung, sich „in andere Menschen hineinversetzen zu können“ schnell zur Worthülse wird. Und doch sei diese Kompetenz wichtig: „Wer versteht, welche Aspekte eventuell Reizfaktoren sein können, ohne dass dies rational begründbar sein muss, hat die Möglichkeit, Konfliktpotential von vornherein zu vermeiden.“ In diesem Sinne seien, so Stefan Heutz, auch Humor sowie eine grundlegende Gelassenheit „wesentliche Elemente im Umgang mit anderen Menschen – auf der Gegen- wie auf der eigenen Seite.“

Digitale Dienste beeinflussen Markt

People’s Business „as usual“ also? Nicht ganz. „Wir merken schon jetzt, dass insbesondere technologisch versierte Mandanten verstärkt Wert darauf legen, dass die Anwälte sich vorrangig mit den komplexen Fragestellungen der Digitalisierung beschäftigen“, sagt Silvio Cappellari. Dies spiele auch bei den Budget-Verhandlungen und den Gesprächen über die Team-Zusammensetzung eine zunehmende Rolle. Sprich: Auch Digital-Know-how wird zum Erfolgsfaktor. Mit der Folge, dass sich nach Ansicht von Silvio Cappellari perspektivisch Probleme vor allem für Kanzleien, die mit hoher Leverage, also großen Teams, arbeiten: „Die Zeiten, in denen man zehn oder mehr Associates auf einen Document Review ansetzen kann, dürften bald der Vergangenheit angehören.“ Stattdessen werde sich die anwaltliche Tätigkeit auf die Durchsicht der wenigen Dokumente konzentrieren, die nach mehreren Durchläufen durch computergestützte Auswertungen ausgesiebt worden sind. Generell sei es dabei schon heute zu beobachten, dass sich der Markt für Wirtschaftskanzleien in drei Bereiche aufteile, wie Silvio Cappellari sagt: „Eine zunehmende Anzahl gerade großer Mandanten hat ein dreistufiges Konzept der Rechtsberatung eingeführt: sehr große, oftmals sehr komplexe Mandate wie zum Beispiel große Transaktionen gehen an Top-Kanzleien, mittelkomplexe Fälle wie zum Beispiel Anpassungen eines Vertriebs oder Rabattsystems an neue kartellrechtliche Vorgaben werden an ‚Middle Tier‘-Kanzleien vergeben, Routineaufträge wie das Aufsetzen von Standardverträgen gehen an noch günstigere Kanzleien.“ Die letzt genannten dürfen auf mittlere bis lange Sicht am meisten unter der zunehmenden Bedeutung von KI-Lösungen leiden, schätzt er. Ganz einfach, weil Standards übernommen werden können – interkulturelle Kompetenzen hingegen nicht.

Buchtipp

Angetrieben von der fortschreitenden Technologie, neuen Geschäftsmodellen und veränderten Kundenerwartungen steht die Rechtsbranche vor einem beispiellosen Wandel über die gesamte Wertschöpfungskette. Leider befürchten viele Juristen den Technologietransfer und die Konvergenz anderer Bereiche mit dem Recht. Die Autoren und Herausgeber des Buchs „New Suits“ beleuchten hingegen die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Entwicklung ergeben, es sei eine enorme Chance, sich zum Wohle der Kunden und für einen selbst neu zu erfinden. Dieses Buch enthält Kapitel, die von Experten im Schnittpunkt von Recht, Innovation und Technologie verfasst wurden und bietet eine globale Perspektive auf das vielfältige Ökosystem der Rechtsdienstleistung. Michele DeStefano, Guenther Dobrauz-Saldapenna: New Suits. Stämpfli 2019, 89 CHF.

Internet-Rechtler Prof. Dr. Dirk Heckmann im Interview

Prof. Dr. Dirk Heckmann zählt zu den renommiertesten Internet- Rechtlern Deutschlands. Als Mitglied der Datenethikkommission der Bundesregierung ist er im stetigen Dialog mit juristischen Kollegen, Data-Experten und Politikern, um das Verhältnis zwischen Recht und Digitalisierung zu optimieren. Den derzeitigen Wandel beschreibt er wie folgt: „Wir kommen vom Recht der Digitalisierung zu einer Digitalisierung des Rechts.“ Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Prof. Dr. Dirk Heckmann studierte Rechtswissenschaften in Trier. Nach Abschluss seiner juristischen Staatsprüfungen ab, einer wissenschaftlichen Assistenz und Promotion trat er 1996 eine Professorenstelle an der Uni Passau an. Als nebenamtlicher Verfassungsrichter am Bayerischen Verfassungsgerichtshof widmet sich Heckmann besonders dem Grundrechtsschutz der Bürger. 2018 wurde er in die Datenethikkommission der Bundesregierung berufen. Neben zahlreichen anderen Funktionen ist Heckmann zudem Direktor im Bayerischen Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) sowie Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik DGRI. Zum 1.10. wird er Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München.
Herr Prof. Heckmann, Sie sind ab Oktober Inhaber des neuen Lehrstuhls für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der Technischen Universität München. Die Digitalisierung, so heißt es, durchdringe alle Lebensbereiche. Wie wirkt sie sich auf das Recht aus? Die digitale Transformation erfasst auch das Recht. So verliert das Recht einerseits zunehmend an Steuerungskraft, etwa im Urheberschutz oder Persönlichkeitsschutz. Obwohl dessen gesetzliche Regelungen selbstverständlich auch im Internet gelten, werden diese vielfach ignoriert – zum Beispiel beim illegalen File-Sharing oder Cybermobbing, Rechtsverstöße werden nicht sanktioniert. Andererseits bietet Digitalisierung auch neue Chancen automatisierter Rechtsdurchsetzung, die ihrerseits aber – wie die Uploadfilter im Urheberrecht – nicht unumstritten sind. Oder denken wir an das autonome Fahren, bei dem die Durchsetzung der Straßenverkehrsordnung durch die Programmierung der digitalen Verkehrs infrastruktur abgelöst wird. „Code is law“, wie Lawrence Lessig schon vor 20 Jahren zutreffend sagte. Dies gilt heute mehr denn je. Wir kommen vom Recht der Digitalisierung zu einer Digitalisierung des Rechts. Mit Blick auf die Begriffe „Recht und Sicherheit“: Stehen diese beim Thema der Digitalisierung in einem kausalen Zusammenhang? Bei zunehmender Digitalisierung aller Lebensbereiche hat die Gewährleistung von IT-Sicherheit eine überragende Bedeutung: Ohne diese sind alle Bemü hungen um eine Modernisierung der Verwaltung (E-Government), der Justiz (E-Justice), des Gesundheitswesens (E-Health) oder der Wirtschaft (E-Business, Industrie 4.0) Makulatur. Wenn IT-Systeme versagen, leiden auch die durch sie gesteuerten Lebensbereiche. Ein Lehrstuhl, der sich mit dem Recht der Digitalisierung befasst, muss deren Sicherheit immer mitdenken. Wie beurteilen Sie denn aktuell die Sicherheitslage in der digitalen Welt? Wo haben wir zuletzt gute Fortschritte gemacht, wo nehmen die Herausforderungen überhand, weil sich zu wenig tut? Liest man die jährlichen Lageberichte des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), ergibt sich ein trauriges Bild: Die Bedrohungslagen nehmen zu, die Methoden der Angreifer werden immer professioneller, die Komplexität der IT-Systeme erschwert deren Absicherung. Von „Fortschritt“ kann man allenfalls bei dem Bewusstsein um IT-Unsicherheit und deren Überwindung sprechen. Die bisherige IT-Sicherheitsgesetzgebung greift zu kurz, weshalb ich in einem großen Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesamts für Sicherheit und Informationstechnik Alternativen zur IT-Sicherheitsregulierung entwickle. Die Ergebnisse werden Anfang 2020 vorliegen.
Ich sehe unterdessen in KI-Anwendungen – die ihrerseits auf der Analyse großer Datenmengen, also Big Data beruhen – ein großes Potenzial.
Technische Entwicklungen wie Big Data oder Künstliche Intelligenz rufen bei vielen Menschen eher ein Potenzial von Bedrohung hervor, als eine Lust auf den technischen Fortschritt. Liegen die Menschen mit diesem skeptischen Gefühl richtig? Das nachvollziehbare Unsicherheitsgefühl der Menschen mit Blick auf technische Innovationen wie dem Einsatz sogenannter Künstlicher Intelligenz, also selbstlernender Systeme, beruht im Wesentlichen auf dem fehlenden Verständnis für die zugegebenermaßen komplexen Zusammenhänge. Ich sehe unterdessen in KI-Anwendungen – die ihrerseits auf der Analyse großer Datenmengen, also Big Data beruhen – ein großes Potenzial. Denken wir nur an die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge durch bessere Diagnosen und zielgerichtete Therapien. Recht hat hier die Aufgabe, einen regulatorischen Rahmen herzustellen, in dem Chancen und Risiken, etwa für Privatheit und Persönlichkeitsschutz, in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Wie beurteilen Sie generell den „Gleichschritt“ von Recht und digitaler Entwicklung, kann das Recht das Tempo noch mitgehen, muss es das überhaupt? Sicherlich hinkt das Recht der Digitalisierung hinterher; das ist dem demokratischen Prozess einerseits und der rasanten technologischen Entwicklung andererseits geschuldet. Dies muss aber kein Nachteil sein. Wir beobachten heute eine neue Auseinandersetzung um politische Ziele, ihre Durchsetzung und das Aushandeln von Interessen. Pointiert formuliert: Sie erreichen manchmal mehr Menschen über ein Youtube-Video als über eine parlamentarische Debatte. Natürlich ersetzen solche Diskurse nicht die demokratischen Verfahren, die unsere Verfassung aus guten Gründen vorschreibt. Sie tragen aber zur Akzeptanz der Menschen hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen im Internet bei und bewirken damit etwas, was im klassischen Schema „Befehl und Zwang“ heute oft nicht mehr funktioniert: den tatsächlichen Ausgleich von Interessen durch faires Verhalten. Gesetze bieten nach wie vor einen notwendigen regulatorischen Rahmen, auch in digitalisierten Lebensbereichen. Wie sich Menschen aber tatsächlich verhalten, hängt nicht weniger von sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen ab, auf die das Recht nur bedingt Einfluss hat.
Wir brauchen faktisch einsetzbare Alternativen zu fragwürdigen IT-Systemen aus den USA oder China – und nicht den untauglichen Versuch, diese durch Gesetze fernzuhalten.
Die digitale Welt verlangt in einigen Bereichen nach internationalen Gesetzen. Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist ein Anfang, zunächst wurde sie sehr kritisch betrachtet. Wie bewerten Sie die Verordnung heute? Die DSGVO hat das vor ihr geltende Datenschutzrecht in Deutschland kaum verändert, sehr wohl aber Bewusstsein geschaffen für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Das war notwendig und dient letztlich dem Schutz von Privatheit und Persönlichkeitsschutz in einer zunehmend transparenten digitalen Welt, die den einzelnen durch Profilbildung determiniert. Teilweise erweist sich die DSGVO sogar als Exportschlager, schaut man nach Kalifornien, wo sie Vorbild neuer Datenschutzregulierung ist. Im Übrigen brauchen wir in Europa weniger Regulierung als vielmehr eine Mentalität zur verantwortungsbewussten Gestaltung von Technologien. Wir brauchen faktisch einsetzbare Alternativen zu fragwürdigen IT-Systemen aus den USA oder China – und nicht den untauglichen Versuch, diese durch Gesetze fernzuhalten. Mit Blick auf junge Juristen, die im Bereich Recht und Digitalisierung Karriere machen möchten, welches Knowhow und welche Interessen abseits des Jura-Fachwissens sind für Sie wichtig? Jura sollte interdisziplinär, praxisorientiert und mit Leidenschaft für Innovationen gelehrt und gelernt werden. Digitalisierung sollte nicht nur Gegenstand, sondern auch Mittel der Lehre sein, um technische Zusammenhänge besser zu begreifen. Man sollte deren Durchdringung nicht als anstrengend, sondern als bereichernd empfinden. Die Themen der Digitalisierung entwickeln sich schnell weiter, immer wieder tauchen neue auf. Wie informieren Sie sich? Wie halten Sie persönlich Schritt? Neben der Lektüre hervorragender Newsletter und Blogs ist es besonders der persönliche Austausch in meinem großen fachlichen Netzwerk mit Vertretern der Hochschulen, Unternehmen, Ministerien oder Verbände, von dem ich täglich profitiere. In meinen Forschungsprojekten lerne ich viel von meinen Projektpartnern aus den anderen Fachdisziplinen.

Zum Lehrstuhl

Mit der Berufung von Prof. Dr. Dirk Heckmann setzt die TU München in der Forschung zur Digitalisierung einen neuen Akzent: Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche führe zu völlig neuen juristischen Herausforderungen, heißt es in einer Pressemitteilung der Uni zur Personalie. „Die Rechtsordnung muss die technischen Entwicklungen nicht nur berücksichtigen, Technologien ermöglichen bereits eine automatisierte Rechtsdurchsetzung.“ Mit der Berufung von Dirk Heckmann zum Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung eröffne die TUM ein neues Feld in der Forschung zur Digitalisierung und setzte dabei konsequent auf die Verschränkung der Sozial- und Technikwissenschaften. Mit diesem fachübergreifenden Ansatz wolle sie dazu beitragen, den gesellschaftlichen Wandel durch rasante technologische Entwicklung zu verstehen und verantwortungsbewusst zu gestalten.

Handlungsbedarf beim neuen Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG)

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Anders als die DSGVO rund ein Jahr zuvor, hat das am 26. April 2019 in Kraft getretene GeschGehG kein großes Medienecho ausgelöst. Zu Unrecht, ergeben sich dadurch doch wichtige Änderungen: Geschäftsgeheimnisse sind nur noch dann geschützt, sofern Unternehmen „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ umgesetzt haben. Von Dr. Simon Lauck (Rechtsanwalt), Ebner Stolz, Hamburg.

Geschäftsgeheimnisse wie Kundenlisten, Preiskalkulationen oder technisches Erfahrungswissen können für Unternehmen einen hohen wirtschaftlichen Wert haben. Dennoch war der Know-how-Schutz bisher in Deutschland nur lückenhaft geregelt und über mehrere Normen verteilt (UWG, BGB). Mit dem GeschGehG wurde die Richtlinie (EU) 2016/943 vom 8. Juni 2016 umgesetzt und ein „Stammgesetz“ zum effektiveren Schutz von Know-how geschaffen. Die wichtigste Änderung im Know-how-Schutz erscheint angesichts des Gesetzeszwecks, den Know-how-Schutz zu verbessern, fast schon paradox: Unternehmen müssen aktiv werden und „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ umsetzen (§ 2 Nr. 1 b) GeschGehG). Solche Maßnahmen können bauliche, technische, organisatorische und vertragliche Maßnahmen sein (z.B. Firewalls, Schulungen von Beschäftigten). Aber welche Art und welcher Umfang an Maßnahmen ist „angemessen“? Die Beantwortung dieser Frage dürfte in der Beratungspraxis die größte Rolle spielen. Fest steht nur, dass sich die für einen Know-how-Schutz notwendigen Maßnahmen von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden können und Unternehmen dadurch nicht unverhältnismäßig finanziell belastet werden sollen. § 4 GeschGehG enthält im Vergleich zu §§ 17 ff. UWG a.F. weitergehende Verbote der Erlangung, Nutzung und Offenlegung fremder Geschäftsgeheimnisse. §§ 6 ff. GeschGehG bieten nun deutlich mehr Ansprüche, um gegen unzulässige Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen vorzugehen. Der Schutz wird nicht schrankenlos gewährt: §§ 3, 5 GeschGehG enthalten kontrovers diskutierte Ausnahmeregelungen etwa für Whistleblower und – zum Teil abdingbar – im Bereich des Reverse Engineerings. Das GeschGehG gehört für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes zum Standardrepertoire. Bei der Durchsetzung von Ansprüchen bei Rechtsverletzungen sind Kenntnisse aus dem Bereich immaterialgüterrechtlicher Ansprüche gegen Verletzer von Vorteil. Bei der Umsetzung von Geheimhaltungsmaßnahmen können Datenschutzrechtler*innen unterstützen – hier bestehen Parallelen zu den technischen und organisatorischen Maßnahmen nach Art. 32 DSGVO. Kolleginnen und Kollegen aus dem Arbeits- und Gesellschaftsrecht werden beim Entwurf von Geheimhaltungsvereinbarungen mit dem GeschGehG konfrontiert. Vor allem eines muss in der Beratung verhindert werden: Dem Mandanten zu suggerieren, durch die Anpassung von Geheimhaltungsvereinbarungen sei die Arbeit getan. Denn solche Regelungen sind nur noch ein Baustein von vielen für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen.

Braucht es Sicherheitslücken bei 5G?

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Die 5. Mobilfunkgeneration, 5G, ist im Kommen. Und die Erwartungen der Wirtschaft in die neue Technik sind groß, denn schon die Menge und Schnelligkeit der zu übertragenen Daten sind für viele Anwendungen in den Bereichen Industrie, Medizin oder Mobilität unerlässlich. Doch die Strafverfolgungsbehörden nehmen für sich auch Nachteile wahr, die mit 5G kommen. Von Christoph Berger

Auf der 90. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, die am 5. und 6. Juni 2019 stattfand, wurde ein Beschluss gefasst, der den Strafermittlungsbehörden Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung bei Einführung der fünften Mobilfunkgeneration (5G) sichern soll. So stellen die Ministerinnen und Minister fest, dass die Einführung von 5G erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden haben kann, Ermittlungsmaßnahmen gem. §§ 100a ff. der Strafprozessordnung durchzuführen – geregelt ist darin die Telekommunikationsüberwachung. Doch von welchen Auswirkungen ist hier die Rede? Da 5G sicherer als vorherige Mobilfunkgenerationen ist, hätte das zur Folge, „dass die technischen Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden gem. §§ 100a ff. der Strafprozessordnung faktisch eingeschränkt werden oder ins Leere gehen“, wie es weiter in dem Beschluss heißt. Konkret wird zum Beispiel die geplante Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Erschwernis für mögliche staatliche Überwachung gesehen. Diese Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sorgt dafür, dass zwei Menschen sicher miteinander kommunizieren können, die Ver- und Entschlüsselung der übertragenen Informationen wird direkt von den beiden Kommunikationspartnern vorgenommen. Daher, so die Minister, sollten im Rahmen der Spezifikation und der Vergabe der 5GMobilfunkfrequenzen die Anforderungen der Strafverfolgung berücksichtigt werden. Was nichts Geringeres heißt: In 5G sollen Sicherheitslücken offengehalten beziehungsweise geschaffen werden. Doch ist das so einfach möglich? Auf die Frage, inwiefern die Forderungen der Justizminister über bestehende Gesetze hinausgehen und ob die geforderten Maßnahmen Rechte von Bürgern verletzen könnten, sagt Dr. Stephan Dreyer, Senior Researcher Medienrecht & Media Governance am Leibniz-Institut für Medienforschung, Hans-Bredow-Institut (HBI) an der Universität Hamburg: „Die technischen Spezifikationen des 5G-Netzes können bisherige behördliche Überwachungsmöglichkeiten erschweren. So können Inhaltsdaten etwa aufgrund der Ende-zu-Ende- Verschlüsselung oder einer Direktkommunikation zwischen zwei Endgeräten (D2D-Kommunikation) nicht ohne weiteres auf Ebene der Vermittlungsstellen oder beim Mobilfunkprovider abgehört werden. Auch können die faktischen Möglichkeiten der Mobilfunkprovider bei der Herausgabe von Verbindungsdaten aufgrund verschlüsselter Endgerätenummern (IMSI) erschwert sein. Die jetzigen sicherheits- und kriminalpolitischen Forderungen beziehen sich insoweit nicht auf einen Ausbau, sondern die Gewährleistung vergleichbarer Zugriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden auch in einem zukünftigen 5G-Netz.“ Die Kehrseite dieser Forderungen sei aber, dass die Mobilfunkprovider sich dazu verpflichtet sehen könnten, die eigens zur erhöhten Kommunikationssicherheit entwickelten 5G-Spezifikationen absichtlich abzuschwächen und technische Verfahren zur besseren Abhörbarkeit einzubauen, die den jetzigen, weniger sicheren Mobilfunknetzen entsprechen würden. Diese bewusste Schwächung der Sicherheitsaspekte von 5G-Netzen zum Zweck der besseren Verfolgung von Straftätern träfe dann aber alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen – und auch solche mit besonderen Geheimhaltungsinteressen und -pflichten wie Ärzte, Anwälte oder Journalisten. Insbesondere wäre bei einer absichtlichen Lockerung der Kommunikationssicherheit der neuen Mobilfunknetze nicht auszuschließen, dass auch böswillige Dritte diese Lücken beziehungsweise Abhörmöglichkeiten nutzten. Im Prinzip gehe es also einmal mehr um die politische wie gesellschaftliche Grundabwägung zwischen Freiheit und Sicherheit, erklärt Dreyer. Welche Folge die absichtliche Lockerung der Kommunikationssicherheit, die auch von „böswilligen Dritten“ genutzt werden könnte, haben könnte, erklärt Prof. Dr. Jörn Müller-Quade, Professor für Kryptographie und Sicherheit vom Institut für Theoretische Informatik (ITI) und Leiter des Kompetenzzentrums für angewandte Sicherheitstechnologie (KASTEL) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): „Wenn die Eingriffsmöglichkeiten der Ermittlungsbehörden zu einer Schwächung der Sicherheit führen, die von Verbrechern oder ausländischen Geheimdiensten ausgenutzt werden kann (oder dazu führt, dass Angriffe einfacher werden und in größerem Maßstab erfolgen), ist klar, dass Verbrecher dies nutzen werden und uns Industriespionage droht. Industriespionage oder Erpressung mit Zugriff auf die Infrastruktur, die dem autonomen Fahren, der Industrie 4.0 oder dem Internet of Things zugrundeliegt, ist eine riesige Bedrohung für unsere Zukunft.“

5G-Strategie für Deutschland

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, soll Deutschland zum Leitmarkt für den neuen Mobilfunkstandard 5G werden. Dafür hat das Bundeskabinett 2017 die „5G-Strategie für Deutschland“ auf den Weg gebracht. Nach der sollen bis 2020 die Voraussetzungen für die kommerzielle Markteinführung der 5G-Netze stehen.
Und der Institutsleiter Systemsicherheit der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, Prof. Dr. Konrad Rieck, fügt an: „Mechanismen zur legalen Überwachung von Kommunikation schwächen leider immer auch die Sicherheit der Systeme. Dies liegt zum einen daran, dass diese Mechanismen selbst Verwundbarkeiten erzeugen können (wie zum Beispiel die absichtlich geschwächte Verschlüsselung des GSM-Standards). Zum anderen ist nicht klar, wie eine rechtmäßige Nutzung der Mechanismen sichergestellt werden kann. Es besteht die Gefahr, dass eingefügte Überwachungsfunktionen durch Dritte missbraucht werden.“ Es gilt also abzuwägen zwischen der Sicherheit des Netzes und den Ermittlungsbefugnissen der Behörden. Dazu sagt Prof. Dr. Konrad Rieck: „Diese Abwägung ist schwer zu treffen. Die Ermittlungsbehörden verfügen jedoch bereits über starke Instrumente, wie die Onlinedurchsuchung und die Quellen-TKÜ (Anm. d. Red.: Quellen- Telekommunikationsüberwachung, eine Überwachung, die auf dem zu überwachenden Gerät selbst ansetzt und so zum Beispiel auch Gespräche bei Messengern vor der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abhören kann. Bekanntes Beispiel ist der sogenannte Staatstrojaner), die es ermöglichen, gezielt Kommunikation zu überwachen. Ich sehe daher keine Notwendigkeit, die Sicherheit von 5G-Netzen einzuschränken.“

Containern wird nicht straffrei

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Zur Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2019 war von Hamburgs Justizsenator Till Steffen ein Antrag eingereicht worden, der das Ziel hatte, Containern zu entkriminalisieren. Doch der wurde abgelehnt. Von Christoph Berger

Anfang des Jahres 2019 erregte ein Gerichtsurteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck breites öffentliches Aufsehen und Interesse. Das Gericht hatte zwei Studentinnen nach dem „Containern“ von Lebensmitteln schuldig gesprochen und verwarnt. Die Entnahme entsorgter Lebensmittel aus dem Abfallcontainer eines Supermarktes sei Diebstahl, so die Begründung, weggeworfene Lebensmittel in dem Abfallcontainer eines Supermarktes seien zwar wertlos, können aber als Eigentum gestohlen werden. Verteidiger Max Malkus, Rechtsanwalt im Liebknechthaus Leipzig, vertrat hingegen die Auffassung, dass die entsorgten Äpfel, Birnen und Joghurtbecher als juristisch derelinquiert anzusehen seien (§959 BGB), und sich bei den im Müllcontainer befindlichen Lebensmitteln kein ehemaliger Besitzer als Eigentümer geschädigt sehen könne. Zudem sei der Hausfrieden zu keiner Zeit gestört worden, weil der Abfallcontainer nicht umzäunt, sondern auf dem Gelände zugänglich war. Und auch der Supermarkt hätte angegeben, dass ihm kein Schaden entstanden sei. Die Verteidigung berief sich in diesem Fall auch auf die Wertung des Grundgesetzes in Art. 20a Grundgesetz. Malkus legte im Februar 2019 Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts ein. Nun landet der Fall vor dem Obersten Bayerischen Landesgericht. Auch auf der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister nahm man sich des Themas Containern an. Till Steffen, Hamburgs Justizsenator hatte den Antrag „Containern entkriminalisieren – Lebensmittelverschwendung bekämpfen“ eingebracht. Doch der wurde abgelehnt. Begründung: Obwohl Einigkeit darüber bestehen müsse, Lebensmittelvernichtung zu vermeiden, biete das Straf- und Zivilrecht keinen Anlass, dieses Problem zu lösen. Vielmehr gelte es, Lebensmittelverschwendung von vornherein zu vermeiden. Die Minister sind der Ansicht, dass das Strafverfahrensrecht ausreichende Möglichkeiten bereithält, allen denkbaren Fallkonstellationen Rechnung zu tragen. Till Steffen sagte im Anschluss an die Entscheidung zu dem von ihm eingebrachten Tagesordnungspunkt: „Leider konnten wir die Ministerinnen und Minister der Union nicht überzeugen, Containern straffrei zu stellen. Es versteht kein Mensch, warum die Entnahme von Müll bestraft werden muss. Wir schmeißen in Deutschland jedes Jahr Millionen Tonnen Lebensmittel weg. Dass Menschen auch noch strafrechtlich verfolgt werden, die beim Containern gegen diese Verschwendung aktiv werden, halte ich für falsch. Um das zu ändern, könnten durchaus entweder der Eigentumsbegriff im BGB oder die Straftatbestände im StGB geändert werden.“

Hej Sverige

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Den Skandinaviern wird Innovationsfreude und eine überdurchschnittliche Sozialverträglichkeit in vielerlei Dingen nachgesagt. Charakteristika, die Rechtsanwältin Julia Loos nur bestätigen kann. Auch wenn sie für eine deutsche Kanzlei arbeitet. Doch die ist eng mit der skandinavischen Kultur und Wirtschaft verbunden. Aufgezeichnet von Christoph Berger

Julia Loos Studium: Jura an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Schwerpunkt im Referendariat und Staatsexamen: Arbeitsrecht, Referentin einer Bundestagsabgeordneten im Rechtsausschuss und Unterausschuss Europarecht, 2014 Start als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro der schwedischen Kanzlei Mannheimer Swartling, aus deren deutschen Büros 2016 kallan als neue, eigenständige Kanzlei hervorging, für die Julia Loos seitdem tätig ist.
Auch wenn der Zufall letztlich Schicksal spielte, nach Schweden blickte Julia Loos schon vor ihrem Einstieg in eine auf Skandinavien spezialisierte Kanzlei. „Nach dem 2. Staatsexamen überlegte ich, in Schweden einen Master of Laws zu absolvieren. Da kam das Angebot einer Bundestagsabgeordneten dazwischen, als Referentin für sie zu arbeiten. Das wollte ich gerne annehmen“, sagt sie. In diese Jobphase fiel auch die Geburt ihres ersten Kindes. Später, aus der Elternzeit heraus, bewarb sie sich auf eine Stellenausschreibung für Arbeitsrechtler bei der führenden skandinavischen Wirtschaftskanzlei Mannheimer Swartling. Und wurde genommen. Das war 2014. Seitdem berät sie vorrangig Rechts- und Personalabteilungen skandinavischer Unternehmen hinsichtlich arbeitsrechtlicher Maßnahmen in Deutschland. Seit 2016 tut sie dies für kallan, die als eigenständige Kanzlei aus den deutschen Büros von Mannheimer Swartling hervorgegangen ist. „Gerade im Arbeitsrecht zeigt sich, dass es große Unterschiede zwischen Deutschland und insbesondere Schweden gibt“, erklärt Loos. Während man in Schweden eher von einer Konsensgesellschaft ausgehe, in der versucht werde, Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen, werde in Deutschland eher und schneller geklagt. „In Schweden gibt es auch keine Betriebsräte“, nennt Loos einen weiteren Unterschied. Dafür würden in Schweden die Gewerkschaften eine größere Rolle spielen – selbst, wenn der Arbeitgeber keinem Tarifvertrag unterliegt. „Da braucht es Fingerspitzengefühl, um den schwedischen Mandanten zum Beispiel zu vermitteln, dass Klagen von Arbeitnehmern in Deutschland üblich sind“, sagt Loos, „alleine schon die kurzen Fristen für das Einreichen einer Kündigungsschutzklage sind ein Grund für den Gang vor Gericht.“ Da fast alle Kanzleipartner sehr eng mit Skandinavien verbunden sind, fließend Schwedisch sprechen und eine Partnerin sogar die schwedische Anwaltszulassung hat, fand sich Julia Loos sehr schnell in den gesellschaftlichen und rechtlichen Unterschieden zurecht. In der Kanzlei werde skandinavische Kultur gelebt, sagt sie. Auch eine gebürtige Dänin zählt zu den Kolleginnen. Und sie selbst sei gerade dabei, die schwedische Sprache zu lernen. Dazu stellt die Kanzlei Sprachkurse zur Verfügung. „In länderübergreifenden Meetings, auf Reisen und bei gemeinsamen Events bekomme ich ebenfalls sehr viel mit“, erzählt sie. Zur skandinavischen Kultur passt auch, Familien- und Arbeitsleben so miteinander zu verbinden, dass keiner der beiden Aspekte zu kurz kommt. Inzwischen hat Julia Loos ein zweites Kind bekommen und eine einjährige Elternzeit hinter sich. Diese zu nehmen, sei überhaupt kein Problem gewesen, erzählt sie: „Das liegt auch an unserer engen Verbindung zu Skandinavien, die unsere Unternehmenskultur prägt.“ Selbst bei ihren männlichen Kollegen werde diese Möglichkeit immer wieder – auch für längere Zeit – in Anspruch genommen. Einen Karrierestillstand ziehe das nicht nach sich, direkt nach ihrem Wiedereinstieg wurde sie unmittelbar in große Mandate integriert. Außerdem stehen ihr flexible Arbeitszeiten und das Home Office als Möglichkeiten zur Verfügung, die beiden Welten unter einem Hut miteinander zu vereinen. Sie sagt: „Das wird wirklich gelebt und ist einzigartig.“

„Es braucht extrem gute IT- und Software-Systeme“

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Seit 2004 sind die Rechte der Flugpassagiere in der EUFluggastrechteverordnung geregelt. Und auch das Bürgerliche Gesetzbuch schützt Passagiere bei weiteren relevanten Flugrechtsvergehen. Diese Gesetze machte sich Igor Maas zunutze, um ein Legal Tech-Unternehmen zu gründen. Die Fragen stellte Christoph Berger.

Zur Person

Igor Maas, Foto: MYFLYRIGHT GmbH
Igor Maas, Foto: MYFLYRIGHT GmbH
Igor Maas studierte in den USA Betriebswirtschaftslehre und absolvierte dann einen MBAStudiengang in Grenoble, Frankreich. Danach arbeitete er sieben Jahre lang für kleine, schweizerische Unternehmensberaterboutiquen, später für eine Unternehmensberatung in München. 2016 gründete er mit seinem Cousin und heutigen Partner, Djavad Ali, MyFlyright.
Igor, wie kam es zu der Gründung von MyFlyright? Wir waren damals schon länger auf der Suche nach einer Idee für eine Unternehmensgründung. Da ich als Unternehmensberater viel unterwegs war, es auf den Reisen immer wieder zu Flugverspätung kam, fragte mein heutiger Partner eines Tages, ob ich meine Fluggastrechte kenne. Damals wusste ich nichts davon. Aber ich schaute mir die Sache genauer an und stellte fest, dass es vielen Menschen wie mir ging und, dass dahinter ein riesiger Markt stecken könnte. So war die Idee geboren. Es gab zwar schon einige Anbieter mit ähnlichem Angebot, doch der Markt war noch längst nicht abgeschöpft. Grundlage eurer Idee ist eine Rechtsberatung. Wie kam es dann dazu, ein Legal Tech-Unternehmen zu gründen? Da wir beide keine Juristen sind, machten wir uns auf die Suche nach Lösungsansätzen. In Gesprächen mit Anwälten stellten wir aber fest, dass die Mandanten bei derartigen Fällen nicht die beliebtesten Kunden sind: Zwar gibt es einen Streitwert, der allerdings auch einem Aufwand gegenübergestellt werden muss. Für viele Anwälte lohnt es sich nach einem solchen Vergleich nicht, in diesem Bereich tätig zu werden. Gleichzeitig stellten wir bei unseren Anwaltsbesuchen fest, dass es in den Kanzleien noch zahlreiche ineffiziente Vorgänge gibt. So kam uns die Idee, eine Logik hinter den Prozessen zu suchen und diese festzuhalten. Und eine, die sich digitalisieren lässt. Dann galt es, die Theorie in ein IT-Produkt umzuwandeln. Das war die Geburtsstunde unserer Website. Die letzten Jahre scheinen zu zeigen, dass euer Produkt ankommt. Ja, wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir mit dem Produkt Kunden abfangen können. Die Hauptherausforderungen bestanden somit in der Technik sowie in den hinter jedem Fall stehenden Prozessen. Die Anschreiben müssen aufgesetzt und die Erfolgschancen eines jeden Fall ausgewertet werden; es braucht ein automatisiertes Monitoring, um Mahnschreiben automatisch zu verschicken; Anwälte müssen über Schnittstellen angegliedert werden, damit sie die Fälle automatisiert in ihre Systeme übertragen bekommen und entsprechende Klagen stellen können. So ist mit der Zeit aus einem Softwareprodukt eine Maschine geworden, in die sämtliche Stakeholder eingebunden sind. Jede Aktion wird dabei im Grunde von der Maschine vorgegeben, alle Beteiligten haben dann wiederum ihre eigenen Systeme, um ihre Aufgaben schneller abarbeiten zu können. Es gibt demnach noch Aufgaben für den Menschen, die nicht von der Maschine übernommen werden? Jein. Es gibt sicherlich noch Schritte, in die der Mensch integriert ist, aber vieles läuft auch vollkommen automatisiert. Zum Beispiel: Ob sich aus einer Verspätung oder einem Flugausfall ein Anspruch ergibt, entscheidet in 95 Prozent der Fälle die Maschine. Ein Vorteil von künstlicher Intelligenz ist, dass sie selbst dazulernt. Trifft das auch auf eure Maschine zu? Das kann man so sagen, ja. Ein Beispiel: der Vergleich von Fällen, die reinkommen, mit denen, die wir erfolgreich abschließen. Anhand der dabei gewonnenen Daten kann das System seine Prognosen hinsichtlich eines erfolgreichen Ausgangs für uns immer besser vorhersagen. Erfasst werden dabei beispielsweise Wetterdaten, Angaben zum Flugzeugtypen und der Flughafen. Neue Fälle werden dann mit den bereits existierenden Daten sowie dem Ausgang alter Fälle abgeglichen. Ein anderes Beispiel – man wird es kaum glauben: Wir hatten schon Fälle, in denen wir an drei verschiedenen Standorten der Airline klagen konnten. Prinzipiell dachten wir, dass es egal ist, wo wir klagen. Doch wir hatten auch schon Fälle, in denen sich Gerichte zum selben Fall nicht einig waren. Unser System sucht sich daher vor allem die Gerichte, sofern eine Auswahl besteht, die uns wohlgesinnt zu sein scheinen. Natürlich ist dies alles dynamisch zu betrachten. Unser System basiert letztlich auf Statistiken, anhand derer es entscheidet. Wie viele Fälle landen überhaupt vor Gericht, geht es nicht oftmals vor allem um einen Schriftwechsel mit der jeweiligen Fluggesellschaft? Du wirst es nicht glauben, aber etwa 40 Prozent der Fälle landen vor Gericht. Und der Umstand ist nicht optimal für uns: Wir gehen mit den Kosten in Vorleistung, Kunden müssen lange auf Entschädigung warten. Im Mai 2019 habt ihr euren Service auf Gepäck und Zusatzkosten ausgeweitet. Laufen diese Fälle mit einem ähnlichen Algorithmus? Hierbei befinden wir uns noch in der Lernphase, prinzipiell laufen die Fälle aber nach einem ähnlichen Muster. Wir haben gewisse Hypothesen getroffen, nach denen wir arbeiten, und sammeln nun unsere Erfahrungswerte. Die Herausforderung mit diesen neuen Angeboten ist allerdings, dass sie nicht auf eine EU-Verordnung zurückzuführen sind, sondern auf anderen Gesetzesgrundlagen basieren und es mit diesen vor die Gerichte geht. Das macht zum einen das Prozessieren vor Gericht schwieriger, zum anderen die hinter den Vorgängen stehenden Prozesse komplexer. All das muss von unserem System koordiniert werden. Als Gründer hast du Einblick in die Legal Tech-Szene: Wie ist deine Einschätzung, wie sehr wird die Rechtsbranche noch von der Digitalisierung durchgerüttelt werden? Seit unserer Gründung ist es spannend zu sehen, wie das Thema Legal Tech an Fahrt zugenommen hat. Gerade auch in der Politik und bei den Lobbyisten hat es an Bedeutung gewonnen. Allerdings ist die Frage zu stellen, wie viele dieser Start-ups tatsächlich erfolgreich sind. Nach meiner Einschätzung hält sich die Anzahl in Grenzen. Man muss erstens ausreichend Kunden für seine Idee finden, zweitens braucht es extrem gute IT- und Software-Systeme, um die Prozesse effizient durchzuarbeiten – das kostet extrem viel Geld und Know-how, und drittens braucht es eine solide Finanzierung. Das Problem von Gründern ist ja, dass sie extrem viel vorfinanzieren müssen. Mit Geld wird man in dieser Phase nicht wirklich überhäuft und muss lean arbeiten. Die Unternehmen, die diesen Spagat hinbekommen und tatsächlich den Durchbruch schaffen, kann ich aus meiner Sicht an einer Hand abzählen. Aber es werden mehr und die Digitalisierung wird weiter an Bedeutung gewinnen. Das ist spannend zu beobachten.

Flexzeit wird gewünscht – und geboten

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Flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit des Home Offices sind Wünsche der Generation Y, auf die die Unternehmen – auch die der Rechtsbranche – reagiert haben. Die Generation Z wiederum, glaubt man den Definitionen, wünscht sich die klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Die Kanzleien bieten auch dafür Lösungen. Von Christoph Berger

Zeit mit den eigenen Kindern verbringen zu wollen, ist für die Kanzlei Latham & Watkins kein Ausdruck fehlender Karriereorientierung. „Das halten wir für überholt. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass unsere Mitarbeiter bessere Leistungen erbringen und ambitioniertere Karriereziele entwickeln, wenn sie gleichzeitig den Bedürfnissen ihrer Familien angemessen nachgehen können“, sagt Harald Selzner, Managing Partner in der Kanzlei. Neben schon länger eingeführten Teilzeitmodellen bietet man Associates und Counsels daher für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf seit Juli dieses Jahres, zusätzlich zu der gesetzlichen Regelung, weltweit Anspruch auf 14 Wochen Familienzeit bei voller Bezahlung. Die Möglichkeit, die Arbeitszeiten flexibel den eigenen Bedürfnissen anzupassen, ist in Kanzleien keine Seltenheit mehr – trotz der oftmals zeitkritischen Projekte von den Mandanten. Fast alle Rechtsunternehmen betonen auf ihren Karriereseiten im Internet, dass sie sich mit harter Arbeit und Leidenschaft den Herausforderungen stellen. Doch gleichzeitig wurde erkannt, wie bei Latham & Watkins, wie wichtig das innere Gleichgewicht ihrer Anwälte ist, um die gewünschte Leistung zu erbringen. Je nachdem, welche Ziele verfolgt werden und in welchen Lebenssituationen die Anwälte stecken, bietet die Kanzlei Hengeler Müller ihren Angestellten eine Vielzahl von flexiblen Arbeitszeitmodellen an, wobei auch zwischen Teil- und Vollzeit flexibel gewechselt werden kann. Die Entwicklung des Karrierewegs und des Gehalts werde entsprechend angepasst, heißt es vonseiten der Kanzlei. Und: Das Angebot richtet sich an alle, unabhängig von Karrierestufe und Tätigkeitsbereich – Partner eingeschlossen. Gemeinsam finde man eine Lösung für die jeweiligen individuellen Lebensumstände, heißt es bei der in Köln ansässigen Rechtsanwaltsgesellschaft Luther. Neben flexiblen Arbeitszeitmodellen wird Mitarbeitern auf Wunsch auch ein Familienservice beratend zur Seite gestellt – kostenfrei. Dieser hilft bei Vermittlung von Personal zur Betreuung von älteren oder pflegebedürftigen Angehörigen oder für die Betreuung des Nachwuchses. Flexible Angebote gibt es also ausreichend. Wie und in welchem Umfang diese in Anspruch genommen werden, liegt bei jedem einzelnen – es darf entsprechend der eigenen Ziele und Bedürfnisse gewählt werden, sodass sich Privat- und Berufsleben gut miteinander verbinden lassen, auch wenn sie voneinander getrennt aufgefasst werden.

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SEHE ICH RECHT?

Cover Sehe ich Recht

Philipp Heinisch war 20 Jahre Anwalt in Berlin. Seit 1992 ist er freier Künstler und Karikaturist. In seinem karikaturistischen Bildband „Sehe ich Recht?“ beschäftigt er sich mit grundsätzlichen und elementaren Fragen im Zusammenleben – immerhin bewegt die Frage Juristinnen und Juristen ebenso wie Nicht-Juristen mehr oder weniger jeden Tag. Heinischs Werke sind Bild-Reflexionen über Recht und Gerechtigkeit, Juristen und Justiz. Ob mit Feder, Kohle oder Acryl – alles ist ihm recht. Philipp Heinisch: Sehe ich Recht? Schaltzeit Verlag 2018, 29,90 Euro.

ERRICHTUNG EINER „STIFTUNG FORUM RECHT“

Der Bundestag hat am 22. März 2019 einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer „Stiftung Forum Recht“ angenommen. Aufgrund des Gesetzes wird eine selbstständige, bundesunmittelbare Stiftung mit Sitz in Karlsruhe geschaffen, die der Bevölkerung den Wert und die Bedeutung des Rechtsstaats verdeutlichen soll. Stiftungszweck soll sein, in einem auf Bürgerbeteiligung angelegten Kommunikations-, Informations- und Dokumentationsforum aktuelle Fragen von Recht und Rechtsstaat in Deutschland als Grundvoraussetzung einer funktionsfähigen und lebendigen Demokratie aufzugreifen und diese für alle gesellschaftlichen Gruppen in Ausstellungen und Aktivitäten vor Ort und im virtuellen Raum erfahrbar werden zu lassen. Weitere Infos unter: www.forum-recht-karlsruhe.de

JETZT ALS TASCHENBUCH: FORDERUNG

Cover ForderungSie wollten die Welt verändern, als sie ihr Jurastudium aufnahmen. Doch jetzt stehen Zola, Todd und Mark kurz vor dem Examen und müssen sich eingestehen, dass sie einem Betrug aufgesessen sind. Die private Hochschule, an der sie studieren, bietet eine derart mittelmäßige Ausbildung, dass die drei das Examen nicht schaffen werden. Doch ohne Abschluss wird es schwierig sein, einen gut bezahlten Job zu finden. Und ohne Job werden sie die Schulden, die sich für die Zahlung der horrenden Studiengebühren angehäuft haben, nicht begleichen können. Aber vielleicht gibt es einen Ausweg. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, nicht nur dem Schuldenberg zu entkommen, sondern auch die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ein geniales Katz- und Mausspiel nimmt seinen Lauf – von keinem geringeren als John Grisham entworfen. John Grisham: Forderung. Heyne 2019, 10,99 Euro.

MITTELALTERLICHE LOCHGEFÄNGNISSE DER STADT NÜRNBERG

Die Lochgefängnisse in den Kellergewölben des Nürnberger Rathauses dienten seit dem 14. Jahrhundert zur Untersuchung und Verwahrung von Häftlingen bis zur Urteilsvollstreckung. Zwölf kleine Zellen und eine Folterkammer vermitteln ein bedrückendes Bild damaliger Gerichtsbarkeit. Auf Führungen kann man in diese Welt hinabsteigen, seit September 2018 führt ein Medienguide durch die mittelalterlichen Räume und berichtet anschaulich von früheren Zeiten. Weitere Informationen unter: http://museen.nuernberg.de/lochgefaengnisse

DAS RECHTSLEXIKON

Cover Das Rechtslexikon „Kompetenz im handlichen Format.“ Nichts Geringeres verspricht das Rechtslexikon zu sein. Erklärt werden darin wichtige Begriffe, Normen und Grundsätze, vor allem des deutschen und europäischen Rechts, knapp, zuverlässig, verständlich und auf dem aktuellen Stand. Grundlegende Fragen und Zusammenhänge werden in besonderen Überblicksartikeln erläutert. Querverweise machen auf verwandte Themen im Lexikon aufmerksam. Lennart Alexy, Andreas Fisahn, Susanne Hähnchen, Tobias Mushoff, Uwe Trepte: Das Rechtslexikon. Dietz 2019, 22 Euro.

FRAU RECHTSANWÄLTIN SINGT

Romy Graske ist Rechtsanwältin und Mitbegründerin von Graske Rechtsanwälte. Doch nicht nur das. Denn unter dem Namen „Frau Rechtsanwältin singt“ singt sie auch „über Fragen des Rechts und das Leben dahinter“, wie es auf ihrer Website heißt. Das tägliche Anwaltsleben bringe viele schöne, traurige und manchmal auch kuriose Geschichten hervor. Dies lasse einen schon einmal über das Leben im Ganzen sinnieren. Graske macht dies hin und wieder in Liedern. Zu hören sind diese beispielsweise auf Spotify unter: https://spoti.fi/2MjpyIX

KATERGERICHT

Cover Katergericht Zwei Todesfälle in zwei Tagen. Suizid oder Mord? Die Toten, ein verurteilter Mörder und sein Anwalt, hatten schon von Berufs wegen nicht nur Freunde. Bei den Ermittlungen kommt Kommissar Flott immer wieder sein Kater in die Quere. Die neugierige Spürnase hat ihre ganz eigenen Methoden und Motive, Nachforschungen anzustellen. Heike Wolpert: Katergericht. Gmeiner 2019, 12 Euro.    

LEITFADEN DER RECHTSGESCHICHTE

Cover Leitfaden der Rechtsgeschichte Der von Sibylle Hofer, Ordinaria für Rechtsgeschichte und Privatrecht am Institut für Rechtsgeschichte der Universität Bern, erstellte Leitfaden stellt zentrale Rechtstexte aus der Zeit vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts vor, wobei in geographischer Hinsicht ein Schwerpunkt auf dem Gebiet der heutigen Länder Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt. Diese Quellen bilden gleichzeitig die Basis für eine Gliederung der Rechtsgeschichte in Epochen. Für die einzelnen Epochen werden sodann Grundzüge der Rechtsordnung aufgezeigt. Dies geschieht an Hand von drei Aspekten: Die Möglichkeit von Privatpersonen, Verträge oder Eigentumsverfügungen vornehmen zu können; das Gerichtswesen sowie die Verfolgung von Straftaten. Bei der Ausgestaltung dieser Themenbereiche kommt die Ausbildung staatlicher Strukturen bzw. das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern zum Ausdruck. Sibylle Hofer: Leitfaden der Rechtsgeschichte. Utb 2019, 29,99 Euro.

WIE REICH DARF MAN SEIN?

Cover Wie reich darf man sein? Christian Neuhäuser ist Professor für Praktische Philosophie an der TU Dortmund; er beschäftigt sich vor allem mit Theorien der Würde und Verantwortlichkeit sowie der Philosophie der Ökonomie und der internationalen Beziehungen. Sein aktuelles Buch trägt den Titel: Wie reich darf man sein? Untertitel: Über Gier, Neid und Gerechtigkeit [Was bedeutet das alles?]. Der Band erhellt das Phänomen „Reichtum“ und gibt präzise Antworten auf die Fragen: Was ist Reichtum und wer gilt überhaupt als reich (oder superreich)? Ist Reichtum immer ungerecht? Spielen bei Kritik am Reichtum stets Gier und Neid eine Rolle? Und wie könnte ein gerechterer Umgang mit Reichtum aussehen? Christian Neuhäuser: Wie reich darf man sein? Reclam 2019, 6 Euro.

Das letzte Wort hat Susanne Nickel: Mixed-Leadership

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Susanne Nickel hat selbst Karriere gemacht. Erst im Angestelltenverhältnis, in verschiedenen Management- Positionen und später als eigene Unternehmerin. Und sie plädiert für die Quote. Warum und was ihr eigentliches Thema neben der Gleichberechtigung ist, erklärt sie im Interview. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Susanne Nickel, Foto: Jurga Graf
Susanne Nickel, Foto: Jurga Graf
Susanne Nickel ist Expertin für Change Management und innovative Leadership und war als Principal bei Kienbaum im Bereich Management Development tätig. Sie ist zudem Executive Coach, Rechtsanwältin und Management-Beraterin. Und sie zählt zu den Top-100-Speakern in Deutschland. Bekannt ist Nickel außerdem aus dem Fernsehen. Zu ihren Beratungsschwerpunkten zählen Change 4.0 und New Leadership auf dem Weg zu mehr Agilität. www.susannenickel.com
Frau Nickel, die Rechtsbranche ist, man muss vielleicht ein „noch“ hinzufügen, von Männern dominiert. Sie sind selbst Rechtsanwältin, was sind Ihre Erfahrungen bezüglich des Geschlechterverhältnisses? Bis zum Studienabschluss ist das Verhältnis von Frauen und Männern noch ziemlich ausgeglichen. Wenn es dann allerdings in Richtung Kanzleipartnerschaft oder zu höheren Führungspositionen geht, dann wird der Frauenanteil immer kleiner. Woran liegt das? Zum einen liegt es oft am Selbstzweifel der Frauen selbst. Damit stehen sie sich selbst im Weg. Frauen assoziieren mit dem Wort „Macht“ im Gegensatz zu Männern als erstes etwas Negatives. Frage ich in Seminaren hingegen: ‚Wollt ihr Macht, um zu gestalten?‘, dann erhalte ich ein ‚Ja‘ als Antwort. Zum anderen gibt es natürlich diese Old-Boys-Netzwerke, die sich gut halten. Es wird noch sehr lange dauern, bis diese überwunden sind. Und schließlich sind da weiterhin die sich hartnäckig haltenden Stereotype. Daher bin ich – mittlerweile – auch für die Quote. Haben Sie einen Vorschlag, wie sich dieser Selbstzweifel überwinden lässt? Jeder Mensch muss sich selbst hinterfragen, was er eigentlich wirklich möchte. Viele werden Anwälte oder Partner, um eine Familientradition fortzusetzen. Das ist kein eigenes Ziel. Wenn ich aber mein Ziel mit einem Augenleuchten gefunden habe, dann braucht es eine Strategie: Wo will ich in fünf Jahren stehen, welche Wege gibt es dorthin? Die Zweifel werden weniger, wenn ich im Flow bin und mein Selbstvertrauen aufbaue, dazu gibt es Übungen in meinem neuen Buch. Und es braucht natürlich Helfer. Das bedeutet: Wer in ein neues Unternehmen kommt, sollte aufmerksam beobachten und zuhören. Und dann filtern, wer einem auf dem Weg behilflich sein kein. Suchen Sie sich zum Beispiel eine Mentorin oder einen Mentor. Ohne Unterstützer wird das Erreichen des Ziels sehr schwierig. Und es geht darum, mit seinem Vorgesetzten eine gute Arbeitsebene zu finden. Unter Umständen verändert sich Ihr Ziel sogar auf dem Weg, wichtig ist aber vor allem das Loslaufen. Der Karriereweg kann aber auch durch private Ereignisse beeinflusst werden, zum Beispiel die Geburt eines Kindes. Kommt der berufliche Aufstieg damit zum Stillstand? Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang, sich den richtigen Partner zu suchen. Und wenn ein Ziel weiterhin darin besteht, Karriere zu machen, dann lässt sich das organisieren. Das ist nicht einfach, aber möglich. Wichtig ist, mit sich im Einklang zu stehen. Ihre Einschätzung: Reagieren Kanzleien auf das Bedürfnis, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen? Ich darf das als Rechtsanwältin sagen: Aber ich finde Kanzleien oft als sehr beratungsresistent und der Old Economy verhaftet inklusive Weisung und Kontrolle. Allerdings wird es auch für sie schwierig, 50 Prozent der Absolventen und deren Bedürfnisse außer Acht zu lassen, sodass sie reagieren müssen. Schließlich steht bei Ihnen aber das Mixed-Leadership-Prinzip im Fokus? Ja, wir brauchen die Qualitäten aller Geschlechter. Klar braucht es die Ratio im Anwaltsberuf. Um aber Mandanten abzuholen, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und innovativ zu arbeiten, braucht es kreative und empathische Eigenschaften. Somit müssen in den Geschäftsführungsebenen alle Fähigkeiten vertreten sein. Ebenso Männer und Frauen.
SuCover Gestatten Chefinsanne Nickel: Gestatten: Chefin. Haufe 2019, 9,95 Euro.

Aulinger Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

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Standorte in Deutschland
Bochum, Essen

Personalstruktur
50 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, davon 16 Partnerinnen und Partner

Mandantenstruktur
Konzerne, mittelständische Unternehmen und der öffentliche Sektor

Unser Fokus liegt auf Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Immobilien, Wasser, Energie, Lebensmittel, Gesundheit, Verkehr oder Telekommunikation.

Tätigkeitsbereiche
Gesellschafts- und Steuerrecht, M&A, Arbeitsrecht, Energiewirtschafts- und Infrastrukturrecht, Immobilienrecht, Kartell- und Vergaberecht, Sanierungsberatung, öffentliches Wirtschaftsrecht, IT-Recht

Bedarf an HochschulabsolventInnen
5 bis 10 pro Jahr

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