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Interview mit Prof. Dr. rer. nat. Martin Winterkorn

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Mit einem VW Käfer begann einst seine Liebe zum Auto, heute führt Martin Winterkorn mit Audi eine ganze Automarke.Winterkorn ist ein echter „Audianer“ und Auto-Liebhaber durch und durch. Im karriereführer spricht er über Zukunftsmärkte, Qualifikationen und Deutschland als Land der Ideen. Die Fragen stellte Sabine Olschner.

Zur Person

Prof. Dr. rer. nat. Martin Winterkorn ist seit März 2002 Vorstandsvorsitzender der Audi AG sowie Vorstandsmitglied im VW-Konzern. Geboren am 24. Mai 1947, studierte der Leonberger von 1966 bis 1973 Metallkunde und Metallphysik an der Universität Stuttgart. Anschließend promovierte er am Max-Planck- Institut für Metallforschung. Nach vier Jahren bei Bosch wechselte er 1981 als Vorstandsassistent zu dem Ingolstädter Autohersteller. 15 Jahre und eine Reihe von leitenden Funktionen später übernahm Winterkorn den Vorstand für die „Technische Entwicklung“ der Marke Volkswagen. Im Juli 2000 wurde er Mitglied des VW-Konzernvorstands für den Geschäftsbereich „Forschung und Entwicklung“. Der zweifache Familienvater lehrt als Professor an der Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Budapest sowie an der Technischen Universität Dresden.

Woher rührt Ihre Leidenschaft fürs Auto?
Ich war schon immer von Autos fasziniert. Denn das Auto ist nicht nur Fortbewegungsmittel; es bedeutet Fahrspaß, Leistung, Technik, Innovation und schönes Design. Mein erstes Auto war ein Käfer, an dem ich als Student auch ab und zu geschraubt habe. Nach dem Studium in Stuttgart habe ich bei Bosch angefangen, in der Kältemittelentwicklung. Das war zwar sehr interessant. Aber meine Begeisterung fürs Auto hat sich auch beruflich bald durchgesetzt – und dabei ist es bis heute geblieben.

Sportwagen, Geländewagen oder Cabriolet – welchen Wagen fahren Sie am liebsten?
Jeder Fahrzeugtyp hat seine Vorteile. Hinter welches Steuer ich mich setze, ist von mehreren Faktoren abhängig, zum Beispiel von Entfernung, Strecke und Wetter. Auf meinen Dienstreisen fahre ich meistens im Audi A8, denn unser Luxusmodell bietet besonderen Fahrkomfort. Seit kurzem genieße ich immer öfter das tolle Fahrerlebnis in unserem neuen SUV, dem Audi Q7.

Wie sähe Ihr perfektes Auto aus?
Wie ein Audi.

Wo liegen in der Automobilbranche die Märkte der Zukunft?
Das ist bei jeder Marke anders. Audi ist in Westeuropa bereits in mehreren Segmenten Marktführer. Potenzial haben wir noch in den USA, in Asien, Osteuropa und den Golfstaaten.

Wie können sich Ingenieurabsolventen auf den Einsatz in diesen Märkten vorbereiten?
Gute Sprachkenntnisse und Auslandserfahrung schon während des Studiums sind generell nützlich. Innerhalb unserer Personalentwicklung bietet die Audi Akademie ein gezieltes Training-on-thejob für den Einsatz im Ausland. Das betrifft die spezifischen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Marktes ebenso wie Sprachunterricht und Kommunikationstechniken, die speziell auf die Kultur des Landes zugeschnitten sind.

Audi gilt bei Hochschulabsolventen als attraktiver Arbeitgeber.Wie erklären Sie sich das?
Die Beliebtheit von Audi ist zum einen auf das gute Image der Marke und unsere attraktive Produktpalette zurückzuführen, die wir in den kommenden Jahren mit vielen zusätzlichen Modellen erweitern werden. Die neuen Herausforderungen in der Fahrzeugentwicklung sind vor allem für Ingenieure interessant. Zum anderen bieten wir jungen Nachwuchskräften sichere und leistungsgerecht vergütete Arbeitsplätze mit sehr guten Entwicklungs- und Aufstiegschancen. Und natürlich spielt für Absolventen auch eine Rolle, dass Audi extrem erfolgreich ist: Das Jahr 2005 war das zehnte Rekordjahr in Folge.

Als Professor an der TU Dresden haben Sie engen Kontakt zu Studenten.Wie gut sind die deutschen Ingenieurabsolventen auf den Einsatz in der Wirtschaft vorbereitet?
Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten.Wir stellen an unsere Bewerber hohe Anforderungen. Fachliche Qualifikation, hohe Motivation, Analysefähigkeit, unternehmerisches Denken und Handeln sind Grundvoraussetzungen. Neben guten Studienleistungen und praktischer Erfahrung ist für uns die Persönlichkeit des Bewerbers sehr wichtig. So genannte Soft Skills wie Teamfähigkeit und soziale Kompetenz haben an Bedeutung gewonnen.

Welche Rolle spielt der Bereich Forschung und Entwicklung für Audi?
Eine sehr große. Das wird schon an unserem Anspruch „Vorsprung durch Technik“ deutlich. Audi ist ein Unternehmen, das für Innovationskraft steht. Beispiele sind Leichtbautechnik, quattro-Antrieb, fortschrittliche Motorentechnologie wie TDI und FSI und Hightech-Elektronik wie das MMIBediensystem. Forschung und Entwicklung müssen der Konkurrenz immer eine Nasenlänge voraus sein. Nur so kann ein Unternehmen wie Audi im internationalen Wettbewerb eine Spitzenposition einnehmen.

Wie fördern Sie Motivation, Engagement und Kreativität der Mitarbeiter?
Ein wichtiger Motivationsfaktor ist die hohe Identifikation mit unseren Produkten. Die meisten Mitarbeiter fühlen sich als „Audianer“ und wollen die Marke weiter nach vorne bringen, ich spüre diese Begeisterung jeden Tag aufs Neue. Es ist uns wichtig, dass die Mitarbeiter Freude an ihrer Arbeit haben. Jeder erhält daher vielfältige Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Wir fördern gezielt Engagement und Kreativität, zum Beispiel durch unser Ideenprogramm: Jede gute Idee zur Verbesserung der Arbeitsabläufe wird belohnt, das kann sehr lukrativ sein. Noch wichtiger als finanzielle Anreize sind Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume der Mitarbeiter, um neue Herausforderungen mit Teamgeist zu meistern.

Audi ist Partner der Initiative „Deutschland, Land der Ideen“. Sind denn die deutschen Ingenieure besonders gut bei der Ideenfindung?
Vor allem bei technischen Innovationen hat „Made in Germany“ nach wie vor weltweit einen guten Ruf. Das ist unter anderem auf gut ausgebildete Ingenieure zurückzuführen. Mit den beiden Standorten Ingolstadt und Neckarsulm steht Audi zum Standort Deutschland. Auf den Lorbeeren früherer Erfolge dürfen sich die Deutschen jedoch keinesfalls ausruhen, denn die internationale Konkurrenz ist stark.

Sie haben als Vorstandsassistent bei Audi begonnen. Ist diese Position eine gute Voraussetzung für eine Karriere in einem Unternehmen?
Als ich 1981 Vorstandsassistent wurde, hatte ich schon einige Jahre Berufserfahrung. Diese Position ist weniger Voraussetzung als Teil der Karriere. Unsere Vorstandsassistenten erfüllen anspruchsvolle, bereichsübergreifende Aufgaben.Wenn sie diesen Job einige Jahre gut machen, bieten sich im Anschluss für gewöhnlich interessante Möglichkeiten.

Was sollten Absolventen beherzigen, wenn sie es in die Führungsebene eines Unternehmens schaffen wollen?
Neben fachlichen Fähigkeiten sind Ehrgeiz, Ausdauer und die Bereitschaft zum kontinuierlichen Lernen wichtig. Am ehesten kommt weiter,wer Spaß an seiner Arbeit hat – dann kommt der Erfolg oft von ganz alleine.

Interview mit Anton Winkler

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Oberstaatsanwalt Anton Winkler arbeitet an der Schnittstelle zwischen Justiz und Öffentlichkeit. Er ist Sprecher des Bayerischen Justizministeriums und erzählt im karriereführer-Interview, was ihn an deutschen Kriminalfilmen und Gerichtsshows stört, warum sich die Justiz noch stärker der Öffentlichkeit öffnen muss und wie junge Juristen ein gutes Verhältnis zu den immer wissbegierigeren Medien aufbauen können. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Anton Winkler, Jahrgang 1954, legte 1983 sein zweites Staatsexamen ab und arbeitete zunächst in der Finanzverwaltung. 1987 wechselte er zur Justiz nach München, wo er als Staatsanwalt und als Richter tätig war. Seit 2000 ist er Oberstaatsanwalt, von 2003 und bis zum Sommer 2009 war er zusätzlich Pressesprecher der Staatsanwaltschaft München.
In dieser Funktion war er erster Ansprechpartner für die Medien in vielen aufsehenerregenden Fällen, unter anderen bei den Vorbereitungen für den Prozess gegen den als NS-Verbrecher angeklagten John Demjanjuk, bei den Korruptionsverfahren gegen Siemens und MAN sowie im Prozess um den Erpresser von BMW-Erbin Susanne Klatten. Anton Winkler wechselte Anfang September 2009 ins Bayerische Justizministerium. Dort ist er Sprecher und Leiter des Pressereferats.

Herr Winkler, schauen Sie häufig deutsche Kriminalfilme im Fernsehen?
Das kommt schon vor, ja.

Mir fällt auf, dass die Oberstaatsanwälte in diesen Filmen entweder die Ermittlungen behindern oder selber Dreck am Stecken haben. Wie zufrieden sind Sie mit dem Bild Ihrer Zunft in fiktiven Stoffen?
Mir tut es manchmal weh, wie die Justiz in Spielfilmen dargestellt wird. Da ist der Oberstaatsanwalt mal der Verrückte, mal der Rächer, mal ein Wüterich – und das stimmt ganz einfach nicht. Die Staatsanwälte in unserer Justiz sind besonnene Menschen. Selbstverständlich gibt es Fälle, in denen ein Staatsanwalt hart entscheiden und auftreten muss. Denken Sie an Fälle, wenn Ihnen ein sexueller Missbrauchstäter an Kindern gegenübersitzt. Aber der Staatsanwalt, der regelmäßig ausrastet, kommt in der Praxis nicht vor. Übrigens genauso wenig wie der Richter, der kein Interesse an der Arbeit hat.

Vielleicht wird es Zeit für eine Einführung in die Realität der Justiz für Drehbuchautoren.
Nach manchen Filmen spüre ich schon den Impuls, am nächsten Morgen den Kontakt zu suchen, um zu fragen: Liebe Leute, wie kommt ihr eigentlich dazu, die Justiz so total daneben darzustellen? Es kommt aber auch vor, dass Drehbuchautoren bei mir anrufen und mich fragen, was sie bei der Inszenierung einer bestimmten Szene in einem Gericht beachten müssen oder welche Strafen bei einem bestimmten Delikt überhaupt möglich sind. Ich freue mich über solche Anrufe. Aber es zeigt sich schon, dass viele überhaupt nicht wissen, was in Deutschland bei Durchsuchungsmaßnahmen oder im Gerichtssaal wirklich passiert.

Hat denn diese schiefe Darstellung in Filmen Auswirkungen auf das Bild der Öffentlichkeit von der Justiz?
Das kann man feststellen, ja. Nehmen Sie die Gerichtsshows, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben – außer, dass vorne ein Richter sitzt. Bitter ist, dass sich die Atmosphäre, die in diesen Filmen im Gerichtssaal herrscht, langsam in die Praxis überträgt. Da haben Sie im Zuschauerraum hinten Leute sitzen, die meinen, sie könnten sich wie im Fernsehen lauthals einmischen und ihre Meinung kundtun. Die sind dann tatsächlich verdutzt, wenn sie vom Richter ermahnt werden oder ihnen vielleicht sogar ein Ordnungsgeld angedroht wird.

Ist denn garantiert, dass sich Juristen nicht von diesen Stimmungen beeinflussen lassen?
Das wäre in der Tat problematisch. Aber noch wissen Richter, Staats- und Rechtsanwälte, wie sie ihren Job auszuüben haben.

Sie sagen „noch“. Haben Sie Befürchtungen, dass jüngere Juristen in dieser Hinsicht Probleme bekommen?
Nein, denn jeder, der ein Jurastudium abgeschlossen und in der Referendarzeit in der Praxis gearbeitet hat, weiß, wie es in der Justiz wirklich zugeht. Es kommen keine jungen Leute in den Beruf, die glauben, sie könnten den Fernsehzirkus auch in der Realität veranstalten.

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In der Justiz hat sich der Begriff der Litigation-PR etabliert, also einer den Prozess begleitenden Öffentlichkeitsarbeit. Werden Public Relations in der Justiz derzeit über- oder unterschätzt?
Ich glaube, in der Justiz wird noch zu wenig Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Mir liegt viel daran, die Justiz transparent zu machen. Früher war es so, dass sich fast ausschließlich die Verteidigung öffentlich geäußert hat. Dabei hat der Rechtsanwalt selbstverständlich für seinen Mandanten gesprochen, wodurch viele Urteile in der Öffentlichkeit als skandalös wahrgenommen wurden. Ich möchte daher, dass auch wir gefragt werden. Dass wir unsere Meinung äußern und dafür geradestehen, warum wir jemanden angeklagt oder ein Verfahren eingestellt haben. In dieser Hinsicht muss sich die Justiz öffnen, um der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen. Aber vielleicht noch ein Satz zum Begriff Litigation-PR. Hier wird es bedenklich, weil diese gelegentlich versucht, über die Medienarbeit die Justiz zu beeinflussen. Und das darf nicht passieren. Richter und Schöffen müssen ihre Entscheidungen auch künftig alleine auf Grundlage der Hauptverhandlung finden. So steht es im Gesetz: Nur, was im Gerichtssaal gesprochen wird und stattfindet, kann für die Urteilsfindung als Entscheidungsgrundlage dienen. Was in den Medien gesagt oder geschrieben wird, darf keine Rolle spielen.

Muss ein Richter dann aufhören, bestimmte Zeitungen zu lesen?
Nein, das natürlich nicht. Aber jeder Richter muss die zwei Dinge, Verhandlung und Medien, strikt trennen können. Was den deutschen Richtern auch gelingt.

Sind denn die Rechts- oder Staatsanwälte auf die verstärkt nachgefragten Auftritte in den Medien vorbereitet?
Generell schon, ja. Es kommt natürlich vor, dass ein Kollege von der Justiz oder auch von der Polizei mal Dinge sagt, die wenig glücklich sind. Daher ist es wichtig, stets mit Augenmaß zu kommunizieren. Egal, wie hoch der Druck der Medien auch sein mag.

Haben Sie einen Tipp für junge Juristen, wie es gelingt, dieses Augenmaß zu erhalten?
Sauber und korrekt arbeiten. Seinen Beruf in der Justiz würdig ausüben. Und zwar nach innen wie nach außen. Vor Mikrofonen, im Gerichtssaal, aber auch in den Akten. Denn wer Fehler vermeidet, bietet keine Angriffsfläche. Ich empfehle zudem, die Berichte der Medien tatsächlich auch zu lesen. Nur wenn ich mitbekomme, was Journalisten über eine Verhandlung schreiben, weiß ich, wie bestimmte Medien funktionieren und wie sie berichten. Ob neutral oder Position beziehend, nüchtern oder auf den Skandal zielend. Nur dadurch lerne ich, wie ich mit den Medien umgehen muss, wann ich vorsichtig sein muss und welchen Journalisten ich als vertrauenswürdig einschätzen kann, um ihm auch mal Hintergrundinformationen erzählen zu können. Denn eines ist auch klar: Nur ein Journalist, der korrekte Informationen bekommt, ist in der Lage, objektiv, fair und verständlich über die Justiz zu schreiben. Und solange diese Kriterien erfüllt sind, ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn der Beitrag kritisch ausfällt.

Zum Unternehmen

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Sitz in München ist oberste Dienstbehörde für rund 14.000 Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, Bewährungs- und Gerichtshelfer, Beamte und Arbeitnehmer sowie für etwa 4500 Beamte und Arbeitnehmer im Justizvollzug.

Die politische Leitung und Verantwortung hat die derzeitige Ministerin Dr. Beate Merk (CSU); seit 30. Oktober 2008 ist sie zusätzlich für den Verbraucherschutz zuständig. Im Ministerium selbst sind derzeit rund 195 Mitarbeiter tätig, darunter rund 75 Beamte des höheren Dienstes. Es ist zuständig für die drei Oberlandesgerichte in München, Nürnberg und Bamberg sowie für 22 Land- und 73 Amtsgerichte.

Interview mit Jörg Will

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(Aus BerufSZiel 1.2008) Jörg Will erscheint und geht gleich ans Limit. Gedanklich. Bei unserem Heftthema „Höhentraining“ fühlt er sich an den Film „Am Limit“ erinnert: zwei Bergsteiger, bekannt als die „Huberbuam“, wollen gemeinsam den Rekord im Speedklettern an einer Steilwand im Yosemite-Park aufstellen. Will ist fasziniert: von der Extrem-Situation, dem gemeinsamen Kraftakt der Brüder, der Rivalität unter- und dem unabdingbaren Vertrauen zueinander. Aber auch von tiefen Stürzen, die dank der Körperbeherrschung nur zu leichten Verletzungen führen. Der Personalberater gibt damit Stichworte für das Gespräch mit Sabine Olschner und Viola Strüder. „Welche Gefühle der Bergsteiger lassen sich auf Management-Situationen übertragen?“, wollen wir von ihm wissen. Antwort: der Ehrgeiz, der Kampfgeist, die Angst zu scheitern und das Bewusstsein, dass ohne Vertrauen nichts geht. Und ohne Glück auch nicht.

Zur Person

Jörg Will übernahm 1996 die Leitung des Kölner ifp – Institut für Personal- und Unternehmensberatung. Das Unternehmen für Auswahl und Beurteilung von Führungskräften wurde von seinem Vater Horst Will gegründet. Nach der Schule entschied sich der Kölner zunächst für eine Lehre als Bankkaufmann, eine Ausbildung, die ihm seine Eltern nahegelegt haben. Im Anschluss an die Ausbildung studierte Will Betriebswirtschaftslehre an der Universität Passau, bevor er sich mit dem Unternehmen seines Vaters selbstständig machte. Zu den Hobbys des dreifachen Familienvaters gehören Segeln und Bergwandern.

Braucht man in Ihrem Beruf als Headhunter Jagdinstinkt?
Man braucht Instinkt, ja, aber weniger zum „Jagen“. Es ist vielmehr der Instinkt herauszufinden, welche Person für eine bestimmte Position die richtige wäre und Spaß an dieser Aufgabe haben könnte.

Sie haben fast täglich mit Top-Managern der verschiedensten Branchen zu tun. Was fasziniert Sie am Thema Führung?
Natürlich ist mir das Thema durch meinen Vater, der das ifp gegründet hat, in die Wiege gelegt worden. Für mich stand schon früh fest, dass ich in das Geschäft einsteigen würde. Ich persönlich finde es sehr interessant, aus unserer Perspektive zu beobachten, wie unterschiedlich Führung aussehen kann, welche Persönlichkeiten hinter den Führungskräften stehen. Viele überzeugen mich und haben für mich eine gewisse Vorbildfunktion, weil sie bewusst einen anderen Weg gehen. Mit anderen kann ich mich weniger identifizieren.

Welche Wege sind denn für Sie die überzeugendsten? Es gibt Führungskräfte, die trotz der Dimension ihrer Aufgabe ein gewisses Wertegerüst nicht verlassen.
Das beeindruckt mich. Derzeit wird ja häufig darüber diskutiert, wie Manager mit Werten umgehen und ab wann sie Grenzen überschreiten. Ich kenne immer mehr, die diese Wertegrenzen niemals überschreiten würden und damit sehr erfolgreich sind. Häufig sind das Führungskräfte aus dem Mittelstand, die dem Druck des Kapitalmarktes nicht ausgesetzt sind. Sie handeln langfristiger und damit nachhaltiger. Börsennotierte Unternehmen beschäftigen häufig einen anderen Typus von Manager. Darunter gibt es nur wenige, die sich dem Druck von außen entgegenstellen.

Welche weiteren Unterschiede zwischen Managern im Mittelstand und in börsennotierten Großunternehmen gibt es?
Führungskräfte im Mittelstand sind häufig Unternehmer und gleichzeitig Eigentümer der Firma. Sie gehen mit einem anderen Verantwortungsbewusstsein an die Sache heran. Sie sind sich – von Ausnahmen abgesehen – ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stärker bewusst. Auch für sein Umfeld trägt der Unternehmer oft mehr Verantwortung. Das liegt sicherlich auch daran, dass sein Betrieb häufig auf dem Land ansässig ist und der Unternehmer dort auch lebt. Daher kann er es sich gar nicht leisten, Entscheidungen zu treffen, die sich gegen die Menschen vor Ort richten. Unternehmer sind auch eher bereit, für ihre Entscheidungen einzutreten. Sie wissen: Wenn es eine schlechte Entscheidung war, muss ich persönlich dafür zahlen. Manager in Großunternehmen nehmen aufgrund der Größe des Unternehmens die Wirkung ihrer Entscheidungen manchmal gar nicht richtig wahr.

Gibt es Eigenschaften, die allen Top-Managern, egal welcher Unternehmensgröße, gemein sind?
Auf jeden Fall sind alle nachhaltig erfolgreichen Top-Manager intelligent, das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Eine zweite Eigenschaft, die man braucht, um ein guter Manager zu sein, ist Demut. Manager und Unternehmer, die sich nicht so sehr selbst in den Mittelpunkt stellen, sondern vielmehr das Unternehmen, sind erfolgreicher als andere. Und nicht zuletzt müssen Führungskräfte Dinge gestalten und weitertreiben wollen.

Oft fällt in diesem Zusammenhang das Stichwort Persönlichkeit. Was genau ist das eigentlich?
Ein Begriff, den wir gerne in diesem Zusammenhang verwenden, ist Authentizität. Bei unserer Personalauswahl fragen wir uns oft: Bekommen wir von der Person einen greifbaren Eindruck, oder haben wir jemanden vor uns, der fassadenhaft wirkt, an den wir nicht so richtig herankommen? Authentizität hat viel mit Aufrichtigkeit und Geradlinigkeit zu tun. Menschen mit Persönlichkeit sind in der Lage, sich eine Meinung zu bilden und diese auch zu vertreten – ohne dabei mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Sie schaffen es, jemand anderen von ihrem Standpunkt zu überzeugen, und die Menschen folgen ihnen. Mein Tipp: Machen Sie einen guten Job. Nur dadurch reift die Persönlichkeit – oder eben nicht. Auf diesem Weg findet die Auslese statt zwischen Menschen, die das Zeug zur Führungskraft haben, und denjenigen, die das Zeug nicht haben. Ich glaube, man kann sich nicht gezielt zum Manager entwickeln. Man kann viel lernen, aber man muss auch bestimmte Gaben haben.

Wie erkenne ich denn, ob ich diese Gaben oder Begabungen habe?
Irgendwann spürt man, dass man als Führungskraft akzeptiert wird. Zum Beispiel, weil die Menschen, für die man verantwortlich ist, sich an einen wenden und den Austausch suchen. Wenn dieser Austausch nicht stattfindet, muss sich eine Führungskraft ernsthaft fragen, warum keiner mit ihr spricht. Die Begabung zur Führung erkennt man auch, indem man Feedback aus dem Umfeld einfordert, es wahr- und auch ernst nimmt.

Was sind die wichtigsten Kriterien, auf die Unternehmen bei der Einstellung von Führungskräften achten?
Ich glaube, in Deutschland achtet man bei der Auswahl von Mitarbeitern noch viel zu sehr auf formale Kriterien und zu wenig auf die Persönlichkeit. Die Bereitschaft ist gering, jemanden einzustellen, von dem man eigentlich persönlich überzeugt ist, aber der aufgrund fehlender Fachkompetenzen ein höheres Risiko für das Unternehmen sein mag. In managergeführten Unternehmen herrscht die Tendenz, es eher mit vertrauten Profilen zu versuchen. Ein Grund dafür mag sein: Wenn das Engagement schiefgeht, kann man zumindest sagen, dass dies formal nicht absehbar war. Eigentümerunternehmer hingegen sagen sich eher einmal: Was dieser Mensch bei uns können muss, bringe ich ihm bei. Aber das ist der richtige Mann – oder auch die richtige Frau –, der hat die richtige Denke, der passt ins Unternehmen. Dies ist zwar mit mehr Risiko verbunden, aber der Unternehmer glaubt einfach stärker an die Persönlichkeit. Und wenn man bedenkt, dass bei Führungspositionen letztlich nicht die Fachkompetenz, sondern die Persönlichkeit entscheidet, dann ist das der richtige Weg.

Wie wichtig sind in dem Zusammenhang Zeugnisse?
Wenn Zeugnisse allzu viele Standardfloskeln enthalten, sind sie recht wertlos. Je mehr ein Vorgesetzter sich Mühe gegeben hat, jemanden zu beurteilen, umso interessanter wird ein Zeugnis zur Bewertung. Letztlich sind Zeugnisse aber sowieso nur ein kleiner Ausschnitt aus vielen Aspekten bei der Entscheidung für einen Mitarbeiter.

Welche Rolle spielen Netzwerke, vor allem die internetbasierten?
Ich bin davon überzeugt: Tragfähige Netzwerke basieren immer und ausschließlich auf persönlichen und belastbaren Beziehungen. Die Betonung liegt auf der Silbe „Last“. Im Erfolgsfall brauche ich kein Netzwerk, ich brauche es, wenn es nicht gut geht. Ich halte daher nicht allzu viel von Online-Netzwerken, über die derzeit so viel gesprochen wird. Die helfen einem nicht bei der Karriere.

Viele junge Leute wechseln vor allem am Anfang ihrer Karriere im Zwei- oder Drei-Jahres-Rhythmus den Job. Ziehen sie sich dadurch nicht aus der Verantwortung heraus, weil sie für mögliche Misserfolge, die sich abzeichnen, nicht mehr geradestehen müssen?
Zwei Jahre sind sehr wenig, um nachhaltig Leistung zu beurteilen. Doch es ist ein Unterschied, ob man alle zwei Jahre das Unternehmen wechselt oder ob sich innerhalb eines Betriebs die Aufgabe verändert. Unternehmenswechsel alle zwei Jahre führen sicherlich nicht zum Erfolg. Ganz im Gegenteil: Interessant ist, wer innerhalb des Unternehmens seine Schritte macht, wo man ihn mitsamt seiner Schwächen kennt. Wenn er trotz dieser Schwächen befördert wird, dann spricht das für ihn. Interne Beförderungen haben daher bei der Bewertung einer Vita einen sehr hohen Stellenwert für mich. Nur wer seine Aufgaben zu Ende führt und sich auch mal durchbeißen muss, wer auch mal verlieren kann und gelernt hat, durch Täler zu gehen, kann daran wachsen.

Verlieren Führungskräfte ab einem gewissen Level ihre Fähigkeit, Kritik anzunehmen?
Meiner Ansicht nach ist das weniger eine Frage der Hierarchie als vielmehr eine Frage des Alters. Viele Menschen werden im Alter nicht gerade offener für Kritik und für Veränderung. Wahrscheinlich sind sie oft durchaus kritikfähig – aber sie bekommen keine Kritik, weil sich kaum jemand traut. Starke Führungskräfte achten allerdings darauf, dass sie von guten Leuten umgeben sind, die auch mal Kritik üben. Ja-Sager überleben nicht lange, sie kommen schnell unter die Räder. Hier sind wir wieder bei der Eigenschaft Demut: Diese hat auch etwas mit Selbstkritik zu tun, mit der Bereitschaft, auch einmal eine Meinung gegen sich gelten zu lassen und einzusehen, dass man nicht immer alles richtig macht. Gute Führungskräfte sollten sich immer wieder mit den Mitarbeitern austauschene, um zu verstehen, was auf den verschiedensten Ebenen und Bereichen gedacht und getan wird.

Wie funktioniert eigentlich die Führung von Mitarbeitern auf höchster Ebene?
Je höher man kommt, umso stärker fokussiert man sich auf sein Ziel. Führungskräfte müssen stets bemüht sein, ihre Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Je höher sie kommen, umso mehr können sie davon ausgehen, dass sie ihre Mitarbeiter nicht mehr motivieren müssen.

Läuft es auf dieser Ebene nicht darauf hinaus, dass gezielte Fragen das Führungsinstrument sind und „Leitplanken“ gesetzt werden?
Nein, das Führungsinstrument ist die Persönlichkeit. Die Spielräume, die man in der Führung hat, werden jedoch nach oben immer geringer: Jede Abweichung, die Sie oben zulassen, vergrößert sich nach unten. Das ist wie beim Segeln: Wenn man um zwei Grad vom Kurs abweicht, merkt man dies in den ersten zwei Stunden nicht unbedingt – aber nach zwei Tagen haben Sie viel Zeit und Ihr Ziel aus den Augen verloren.

Was sind die Nachteile des Vorstandsdaseins?
Bei aller Verantwortung, die man trägt, ist eine hohe Fremdbestimmtheit sicherlich sehr belastend. Bei manchen Vorständen sind die Kalender schon im Januar für das ganze Jahr durchgeplant.

Ist es überhaupt ein erstrebenswertes Ziel, Top-Manager zu werden?
Ich glaube, die nachhaltig erfolgreichen Top-Manager haben sich nie zum Ziel gesetzt, Top-Manager zu werden. Sie haben einfach immer nur einen guten Job gemacht.

Statt einen Job von der Pike auf lernen zu wollen, sagen viele junge Leute gleich zu Beginn: „Ich will in die Strategie“. Was raten Sie denen?
Ich würde Ihnen sagen, dass sie in der Strategie wahrscheinlich einen interessanten Einstieg finden werden – aber auch Gefahr laufen, dort hängen zu bleiben. Für die Karriere und auch die eigene Entwicklung ist es enorm wichtig, auch das operative Geschäft zu kennen. Damit einher geht nämlich nicht nur fachliches Wissen, sondern auch ein Reifungsprozess der Persönlichkeit. Ein Einstieg in die Strategie kann gut sein, aber man muss erkennen, dass der Weg zur größeren Verantwortung meist über ein fundiertes Verständnis für das gesamte Unternehmen führt. Führung hat viel mit Akzeptanz zu tun. Und Akzeptanz schafft man vor allem dadurch, dass die Menschen merken: Das ist jemand, der weiß, wovon er redet.

Zum Schluss: Ihre Tipps zum Thema „Höhentraining“ im Unternehmen?
Das beginnt schon vor dem Studienabschluss: Ich empfehle, lieber ein verrücktes Projekt in Russland zu übernehmen, als das dritte Praktikum in einer Unternehmensberatung oder in der Investmentbank zu absolvieren. Erweitern Sie Ihren Horizont und bilden Sie dadurch Ihre Persönlichkeit! Nach dem Abschluss gilt: Beim Berufseinstieg nicht aufs Geld schauen, sondern eher darauf, was Sie in dem Job lernen können. Berufswechslern rate ich: Sie können aufs Geld schauen, aber bitte erst recht spät. Ihre Bezugspersonen im Unternehmen sind wichtiger als ein hohes Gehalt. Denn diese Menschen werden Einfluss auf Ihre Entwicklung haben. Nur so können Sie langfristig Karriere machen. Und nicht zuletzt: Man muss Dinge mit einer gewissen Überzeugung tun. Wenn man merkt, dass man sich dauerhaft verbiegen muss, dass bestimmte Dinge nicht zu einem passen, sollte man sich lieber etwas anderes suchen.

In Führung gegangen:

In der 9. Klasse hat Will die Schüler Union an seinem Gymnasium in Rösrath aufgebaut, die Jugendorganisation der CDU. In der 11. Klasse ist er wieder aus der Partei ausgetreten. Beim Segeln hat er gelernt, Menschen anzuleiten, genau das zu tun, was man ihnen sagt, und zwar genau in diesem Moment. In turbulenten Situationen kann nicht immer diskutiert werden: „Man muss Verantwortung für ein Schiff und für die Menschen auf dem Schiff übernehmen“, so Will.

Interview mit Wendelin Wiedeking

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Dr. Wendelin Wiedeking schaffte es nach der schweren Unternehmenskrise von Porsche zu Beginn der 90er Jahre, das Unternehmen wieder an die Spitze der deutschen Wirtschaft zu bringen. Im karriereführer spricht er über die Zukunft der Branche und der Ingenieure sowie über Kreativität, Visionen und Ziele. Die Fragen stellte Meike Nachtwey.

Zur Person

Dr. Wendelin Wiedeking wurde 1952 in Ahlen (Westfalen) geboren. Nach dem Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen, wo er auch promovierte.

1983 kam er erstmals mit Porsche in Kontakt und ging als Referent des Vorstandes Produktion und Materialwirtschaft nach Zuffenhausen. Fünf Jahre später wechselte er zur GLYCO Metall-Werke KG in Wiesbaden, wo er 1990 Vorsitzender der Geschäftsleitung wurde.

1991 kehrte Wiedeking als Vorstandsmitglied des Bereiches Produktion und Materialwirtschaft zu Porsche zurück. Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen auf einem Tiefpunkt angekommen.

Bereits ein Jahr später rückte Wiedeking als Sprecher des Vorstands an die Spitze und leitete einen erfolgreichen Umstrukturierungsprozess ein, der Porsche zu einem der profitabelsten Automobil-Unternehmen weltweit machte.

Seit 1993 ist er Vorstandsvorsitzender der Porsche AG.

Welches Auto würden Sie fahren, wenn es keinen Porsche gäbe?
Da bringen Sie mich jetzt aber etwas in Verlegenheit. Ich bin nun einmal ein begeisterter Porsche-Fahrer. Selbst der Traktor, mit dem ich in der Freizeit meinen privaten Kartoffelacker bestelle, ist ein Porsche – ein historischer Porsche-Schlepper, Baujahr 1961. Als junger Mann, als ich mir noch keinen Porsche leisten konnte, bin ich natürlich auch andere Fabrikate gefahren. Mein erstes Auto war ein VW-Käfer. Und später, während meines Maschinenbau- Studiums, konnte ich mir mit meinem selbstverdienten Geld sogar einen gebrauchten Mercedes leisten. Klar, andere Hersteller bauen ebenfalls schöne Fahrzeuge. Aber ein Porsche ist eben doch etwas ganz Besonderes, ja sogar Einzigartiges.

Den deutschen Herstellern wird vorgeworfen, sie hätten sich bisher zu wenig um den Klimaschutz gekümmert. Müssen die Unternehmen umdenken, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
Keine Frage, der Klimaschutz ist ein wichtiges Anliegen. Aber wir müssen diese Diskussion ehrlich führen. Die deutsche Automobilindustrie hat in den vergangenen Jahren Milliarden in die Entwicklung verbrauchs- und emissionsarmer Fahrzeuge investiert und dabei erhebliche Fortschritte erzielt. Würden die ausländischen Hersteller bei ihren Kleinwagen die gleichen innovativen Technologien einsetzen wie die deutschen Premium- Hersteller bei ihren Oberklasse- Fahrzeugen und Sportwagen, wäre die internationale Automobilindustrie den von der Politik vorgegebenen CO2-Reduktionszielen heute schon sehr viel näher. Das sollten wir zunächst einmal zur Kenntnis nehmen. Selbstverständlich dürfen wir uns jetzt nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Die Unternehmen müssen auch künftig gezielt forschen und entwickeln, um den CO2-Ausstoß weiter zu minimieren. Das ist und bleibt eine große Herausforderung. Allerdings sollte niemand so tun, als ob allein die deutsche Automobilindustrie das Weltklima retten könnte. Die Erwärmung der Atmosphäre ist ein weltweites Problem, das nur global unter Einbeziehung sämtlicher Ursachen gelöst werden kann. Der Pkw-Verkehr trägt ja nur knapp zwölf Prozent zu den gesamten CO2-Emissionen bei.

Wie sieht die Zukunft der Automobilbranche aus?
Das lässt sich so pauschal kaum beantworten. Die Hersteller stehen heute weltweit in einem heftigen Wettbewerb. Und noch ist es nicht ausgemacht, ob am Ende tatsächlich alle überleben werden. Den deutschen Unternehmen geht es aber insgesamt gut – einigen, wie beispielsweise Porsche, sogar sehr gut. Und ich bin davon überzeugt, dass die deutschen Automobilhersteller und ihre Zulieferpartner noch ein großes Zukunftspotenzial haben.

Und wie sieht die Zukunft der heutigen Jung-Ingenieure aus?
Wer heute Ingenieurswissenschaften studiert, der muss sich um seine spätere berufliche Zukunft sicher keine allzu großen Sorgen machen. Derzeit gibt es weit mehr Stellenangebote für Ingenieure als Bewerber. Und daran wird sich auf mittlere Sicht kaum etwas ändern. Auch wenn wir bei Porsche unsere freien Ingenieursstellen immer noch recht schnell besetzen können, so gibt es doch viele Unternehmen, die heute über einen Nachwuchsmangel klagen. Es wird in unserem Land immer einen großen Bedarf für hochqualifizierte Ingenieure geben. Denn die deutsche Wirtschaft lebt nun einmal vorrangig von innovativen Spitzentechnologien, für die am Weltmarkt vergleichsweise hohe Preise erzielt werden können. Im Innovationswettbewerb muss der Standort Deutschland die Nase vorne haben. Und dafür brauchen die Unternehmen das Know-how von Ingenieuren.

Welchen Tipp geben Sie jungen Ingenieuren auf dem Weg ins Berufsleben?
Das erfolgreich abgeschlossene Studium ist nur der Anfang. Die eigentliche Bewährungsprobe beginnt mit dem ersten Job. Da muss man Engagement und Verantwortung zeigen. Nur wer hart arbeitet und sich ständig weiter fortbildet, wird im Beruf Erfolg haben.

Glauben Sie, dass Ingenieurinnen die gleichen Karrierechancen haben wie Männer?
Die Zeiten, in denen Frauen im Ingenieursberuf gegenüber Männern benachteiligt waren, sind zum Glück vorbei. In deutschen Unternehmen hat man längst begriffen, dass Ingenieurinnen ihren Job ebenso gut machen wie ihre männlichen Kollegen. Ich sehe da ein ganz anderes Problem: Es gibt leider immer noch viel zu wenig Mädchen, die sich in der Schule für Fächer wie Physik und Mathematik begeistern – und in der Folge daher auch zu wenig Abiturientinnen, die einen technikwissenschaftlichen Studiengang wählen. Wir würden in unserem Entwicklungszentrum gerne mehr junge Nachwuchs- Ingenieurinnen einstellen, wenn es sie denn gäbe. Aus diesem Grund unterstützt Porsche beispielsweise auch Femtec, das Hochschulkarrierezentrum für Frauen in den Ingenieur- und Naturwissenschaften an der TU Berlin. Eigentlich müsste man aber schon in der Grundschule, spätestens aber in den Gymnasien ansetzen und die Schülerinnen dabei unterstützen, sich stärker den naturwissenschaftlichen Fragestellungen zu widmen.

Wie definieren Sie Karriere?
Karriere heißt, sich ehrgeizige Ziele vorzunehmen und diese dann konsequent und mit harter Arbeit zu verfolgen. Und wenn ein Ziel erreicht ist, darf man sich nicht selbstzufrieden zurücklehnen, sondern muss die Messlatte eben noch ein Stück höher legen. So arbeitet man sich Schritt für Schritt, von einer Herausforderung zur nächsten weiter nach oben – und wächst beständig an seinen Aufgaben.

Sie fordern in Ihrem Buch „Anders ist besser“ mehr Geradlinigkeit – ist das auch eine Forderung an Hochschulabsolventen, die Karriere machen wollen?
Geradlinigkeit ist zweifellos eine ganz hervorragende Charaktereigenschaft, die weder im Privatleben noch im Beruf schadet. Im Gegenteil: Wer keine eigenen, klaren Ziele hat, sondern ziellos den ständig wechselnden Trends hinterherläuft, wird sich auf seinem Karriereweg verzetteln und auf Dauer mittelmäßig bleiben.

Welche Eigenschaften muss ein Hochschulabsolvent mitbringen, wenn er in die Führungsetage eines Unternehmens aufsteigen will?
Zunächst einmal fundiertes Fachwissen. Das ist die notwendige Basis. Dann aber auch eine gute Portion Ehrgeiz, Selbstbewusstsein, Mut, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsfähigkeit. Und was auf keinen Fall fehlen darf, ist das Verantwortungsbewusstsein. Man sollte sich immer darüber im Klaren sein, welche Auswirkungen das eigene Handeln für Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre und die Gesellschaft insgesamt hat.

Heutzutage sind kreative Thinktanks gefordert – warum ist Kreativität aus Ihrer Sicht wichtig?
Ganz einfach: Weil es für Unternehmen unabdingbar ist, aus dem Windschatten der Wettbewerber herauszutreten, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Der kreative Einsatz von Wissen ist ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor. Nur wer die besseren Ideen, die intelligenteren Konzepte und die klügste Strategie hat, um seine Kunden dauerhaft zufrieden zu stellen, ist in der Lage, sich positiv aus dem Wettbewerbsumfeld herauszuheben, die Konkurrenten zu überflügeln und am Markt eine Spitzenposition zu besetzen. Kreativität ist allerdings kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um definierte Ziele zu erreichen. Dessen sollte man sich immer bewusst sein.

Wie kann der Nachwuchs selbst kreativer werden – und was tut Porsche dafür, dass sein Nachwuchs kreativer wird?
Kreativität kann sich erst dann richtig und zielgerichtet entfalten, wenn auch das notwendige Handwerkszeug und fachliche Know-how vorhanden ist. Denn Ingenieure sind keine Künstler, sondern qualifizierte Experten, die technische Lösungen entwickeln, die dem Kunden einen echten Mehrwert bringen und ihn dauerhaft zufrieden stellen. Wir bei Porsche unterstützen unsere Nachwuchskräfte deshalb darin, ihr Wissen ständig weiter zu vertiefen und zu verbessern – etwa durch maßgeschneiderte Trainingsund Förderprogramme, mit denen sie ihre individuellen Fähigkeiten weiterentwickeln können.

Was bedeutet für Sie Erfolg?
Erfolg heißt, Ziele, die man sich selbst gesteckt hat oder die einem vorgegeben wurden, in einem angemessenen Zeitrahmen zu erreichen und das einmal Erreichte dauerhaft abzusichern.

Was war Ihr größter Erfolg?
Der Turn-around von Porsche nach der schweren Unternehmenskrise zu Beginn der 90er Jahre. Den kann und will ich mir aber nicht alleine ans Revers heften. Das war natürlich eine Teamleistung, an der alle beteiligt gewesen sind: der Vorstand und das Management genauso wie der Aufsichtsrat und die Familien Porsche und Piëch, die als Gesellschafter auch in der Krise ohne Wenn und Aber zu unserem Unternehmen standen. Eine besonders lobende Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang aber die Belegschaft. Unsere Mitarbeiter haben die notwendigen Veränderungen nicht nur mitgetragen, sondern aktiv mit großem Engagement in ihren Bereichen umgesetzt. Wir haben damals zusammengehalten und alle an einem Strang gezogen, sonst hätte das nicht funktioniert. Und diese Kultur pflegen wir noch heute. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass man sich den Erfolg jeden Tag neu erarbeiten muss.

Sie fordern, dass Unternehmen eine Vision entwickeln und leben sollen – wie ist Ihre Vision?
Unabhängig zu sein, im Denken wie im Handeln, und dabei niemals die Verantwortung zu vernachlässigen, die ich gegenüber unseren Kunden, den Mitarbeitern und Geschäftspartnern, den Aktionären, aber auch der Gesellschaft insgesamt trage. Das ist allerdings weit mehr als nur meine persönliche Vision. Das wird bei Porsche von allen Mitarbeitern gelebt. Wir verstehen uns als ein Unternehmen, dass seine Unabhängigkeit unter allen Umständen bewahren will, ohne dabei seine Verantwortung aus dem Blick zu verlieren.

Was ist Ihr nächstes Ziel bei Porsche?
Ein wichtiger Meilenstein für Porsche ist zweifellos die künftig vierte Baureihe, der Panamera, den wir 2009 einführen werden. Dabei handelt es sich um einen viertürigen Gran Turismo, mit dem wir unsere Kundenbasis beträchtlich erweitern werden. Außerdem arbeiten wir gerade mit Hochdruck an der Entwicklung eines Hybrid-Antriebs für den Cayenne, der noch in diesem Jahrzehnt auf den Markt kommen wird. Auch der Panamera wird einen Hybrid-Antrieb erhalten.

Sie bezeichnen Porsche als den kleinsten unabhängigen Autobauer der Welt und sind gleichzeitig Anteilseigner von VW – welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit kleine Einheiten sich am Markt gegenüber den Großen durchsetzen?
Die Unternehmensgröße allein ist sicherlich nicht der alles entscheidende Erfolgsfaktor. Innovationsstärke, Prozess- und Kosteneffizienz, Flexibilität, eine schlanke Organisationsstruktur und die konsequente Kundenorientierung spielen für den geschäftlichen Erfolg eine weit bedeutendere Rolle. Und was das betrifft, sind kleinere Unternehmen den großen oft mindestens ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Das heißt aber nicht, dass große Konzerne notwendigerweise schwerfällig und unflexibel sein müssen. Wir erleben ja gerade bei Volkswagen, dem größten europäischen Automobilhersteller, hautnah mit, wie schnell sich eine Unternehmensorganisation dieser Größenordnung verändern und an neue Gegebenheiten anpassen kann. Und dass Porsche als größter Einzelaktionär diesen Prozess heute strategisch mitgestalten kann, ist eine Herausforderung, die wirklich viel Spaß macht.

Zum Unternehmen

Porsche ist das kleinste selbstständige Automobilunternehmen der Welt. Hervorgegangen ist das heutige Unternehmen aus dem von Professor Ferdinand Porsche senior (1875-1951) im Jahre 1931 in Stuttgart gegründeten Konstruktionsbüro. Der erste Sportwagen mit dem Namen Porsche wurde 1948 von Ferry Porsche (1909-1998), dem Sohn des Firmengründers, als Porsche 356 Nr. 1 im österreichischen Gmünd/Kärnten gebaut. Seit 1950 laufen die Porsche-Sportwagen am heutigen Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen vom Produktionsband. Porsche ist weltweit in mittlerweile rund 80 Märkten vertreten.

Nach tiefgreifenden Umstrukturierungen Anfang der neunziger Jahre wurde der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG 1996 der Titel „Fabrik des Jahres“ verliehen. Noch drei Jahre zuvor hatte sich das Unternehmen in einer schweren Krise befunden. Dr. Wendelin Wiedeking, der im Geschäftsjahr 1992/93 den Vorstandsvorsitz der Porsche AG übernahm, gelang es innerhalb relativ kurzer Zeit, den angeschlagenen Sportwagenhersteller in die Gewinnzone zurückzuführen und damit dessen Selbstständigkeit zu sichern. Ausschlaggebend hierfür waren Strukturveränderungen in praktisch allen Bereichen des Unternehmens: Nach dem Vorbild japanischen Unternehmensmanagements und den Prinzipien von Lean Production wurden schlankere Strukturen eingeführt und die Prozesse in Produktion, Entwicklung, Vertrieb und Verwaltung optimiert.

Die Produktpolitik wurde den Markterfordernissen angepasst, die Fabrik in Zuffenhausen neu konzipiert und ausgebaut. Porsche ist damit in der Lage, seine Sportwagen hoch effizient zu produzieren und flexibel auf die Anforderungen des Marktes zu reagieren.

Interview mit Götz W. Werner

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Drogist, Denker, Ruderer – Götz W. Werner stellt den Menschen bei seiner Unternehmensführung in den Mittelpunkt. Sabine Olschner sprach mit ihm über Theaterworkshops, Goethe und unternehmerisches Handeln.

Zur Person

Professor Götz W. Werner wird im Februar 1944 als Sohn einer Drogistenfamilie geboren. Nach der mittleren Reife und einer Lehre zum Drogisten arbeitet er für verschiedene Drogerieunternehmen. Im Alter von 29 Jahren gründet er seinen eigenen Laden: die Drogeriemarktkette dm.
Für seine am Menschen orientierte Unternehmensphilosophie sowie sein Engagement für soziale und kulturelle Projekte bekam Werner 2004 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Der 61-Jährige ist Mitglied mehrerer Aufsichtsräte und Beiräte international und national operierender Unternehmen. Seit Oktober 2003 leitet er das Inter fakultative Institut für Entrepreneurship an der Universität Karlsruhe (TH). Götz W. Werner ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von sieben Kindern. Privat hält er sich seit vielen Jahren mit Rudern fit.

Herr Professor Werner, wieso haben Sie sich 1973 ausgerechnet mit einer Drogerie selbstständig gemacht?
Das liegt bei uns in der Familie: Schon mein Urgroßvater hatte seinerzeit eine Drogerie. Da auch mein Vater Drogist war, stand mein Berufsziel schon früh fest: Als kleiner Junge habe ich mir einen weißen Kittel gewünscht, um damit im Laden herumzulaufen, und es war klar, dass auch ich Drogist werden wollte. Mit 26 Jahren sollte ich dann das Geschäft meines Vaters übernehmen. Letztendlich habe ich allerdings nur sechs Wochen im Betrieb meines Vaters gearbeitet und bin dann ausgeschieden, weil wir unterschiedliche Auffassungen hatten, wie das Geschäft weitergeführt werden sollte. Nach einigen Jahren in einer anderen Drogerie in Karlsruhe habe ich mich selbstständig gemacht. Da ich für meine Ideen keine Mitstreiter gefunden habe, blieb mir nichts anderes übrig, als sie selbst umzusetzen.

Welche Idee war das konkret?
Ich wollte eine Discount-Drogerie eröffnen: mit einem straffen Sortiment, niedrigen Preise, einem hohen Warenumschlag. Dies war möglich, weil Mitte der 70er-Jahre die Preisbindung für Drogerieartikel aufgehoben worden war. Unser dm-Geschäft war der erste Drogeriemarkt, der in Süddeutschland eröffnet wurde, vorher hatte es nur kleine Drogerie Geschäfte gegeben. Der erste Laden hatte 180 Quadratmeter und führte rund 2 000 Artikel. Heute sind die Läden bis zu 1 000 Quadratmeter groß und führen ein Sortiment mit bis zu 13000 Artikeln. Deospray gab es früher zum Beispiel nur in den drei Sorten frisch, mild und herb, während es heutzutage Dutzende unterschiedliche Deosprays gibt. Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert.

In Ihren Drogeriemärkten liest man den abgewandelten Goethe-Spruch: „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein“. Wie verträgt sich denn Goethe mit Zahnpasta?
Es geht hier um die Frage, ob man den Kunden als reinen Verbraucher ansieht oder als Mitmenschen. In dem Spruch kommt also eine grundsätzliche Haltung unseres Unternehmens zum Ausdruck. Wir sehen den Kunden als Partner. Wir wollen ihm im Rahmen unserer Möglichkeiten die Produkte geben, die er tatsächlich braucht, so dass er sich langfristig mit uns verbinden kann. Der abgewandelte Goethe-Spruch spielt aber auch für unsere Mitarbeiter eine Rolle. Wenn die Mitarbeiter unter dem Eindruck eines solchen Slogans stehen, treten sie anders gegenüber der Kundschaft auf, als wenn wir sie drängen würden, dem Kunden auf jeden Fall etwas zu verkaufen. Aus diesem Grund gibt es in unserem Unternehmen auch keine Provision, wie es zum Beispiel bei Optikern oder Textilhändlern die Regel ist. Dort bekommt der Kunde unter Umständen etwas aufgeschwatzt, was ihm gar nicht gut steht oder passt. Uns ist es wichtiger, die tatsächlichen Bedürfnisse des Kunden im Auge zu haben.

In der Unternehmenszentrale von dm ist ein anderes Zitat von Freiherr von Stein zu lesen: „Zutrauen veredelt den Menschen, ewige Bevormundung hemmt sein Reifen.“ Was bedeutet dies für Sie und Ihr Unternehmen?
Sie kennen sicher auch den Ausspruch, der Lenin zugeschrieben wird: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Wenn ich diese Philosophie bei einem Unternehmen mit 800 Filialen anwenden würde, könnte ich gar nicht mehr ruhig schlafen. Ich bin der Auffassung, man muss in die Menschen investieren und ihnen etwas zutrauen, so dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Es ist eine Grundfrage, ob man den Menschen kontrollieren oder ihm Verantwortung übertragen will. Meiner Meinung nach ist jeder verantwortungswillig und auch verantwortungsfähig. Damit habe ich ein ganz anderes Menschenbild als Lenin.

Wie kamen Sie zu dieser Lebenseinstellung, die ja in der Wirtschaft eher selten anzutreffen ist?
Wenn man ein Geschäft langfristig erfolgreich betreiben will, kommt man meiner Meinung nach um so eine Einstellung nicht herum. Vor allem im Handel sind wir ja darauf angewiesen, dass sich alle gegenseitig helfen, denn wir leben in einer totalen Arbeitsteiligkeit. Das heißt, dass immer jemand etwas für mich leistet und ich etwas für jemand anderen leiste. Wir sind zum Beispiel darauf angewiesen, dass die Lieferanten pünktlich die Ware anliefern, so dass wir wiederum unseren Kunden pünktlich die Ware anbieten können. Somit muss ich immer die Bedürfnisse beider Seiten im Blick haben. Je mehr dieses Prozessbewusstsein ausgeprägt ist, umso besser funktioniert ein Unternehmen. Im Großen und Ganzen klappt das sehr gut bei uns, obwohl es natürlich immer auch mal Enttäuschungen gibt. Wer Vertrauen gibt, wird zwangsläufig hin und wieder mal enttäuscht. Aber dadurch darf man sich nicht von seinem Weg abbringen lassen, wenn man diesen einmal für richtig erkannt hat.

dm schreibt sich auf die Fahnen, eine „dialogische Unternehmenskultur“ zu haben – was heißt das genau?
Das bedeutet, dass man sich mit jedem Mitarbeiter auf Augenhöhe bewegt und man in den menschlichen Beziehungen keine Hierarchien kennt. Alle unsere Mitarbeiter sollen sich bemühen, miteinander so ins Gespräch zu kommen, dass sie sich gegenseitig verstehen und respektieren. Ein Lehrling soll dabei nicht anders behandelt werden als ein Kollege aus der Geschäftsleitung. Es geht um den Dialog und nicht darum, gehorsam Befehle auszuführen. Wir wollen, dass unsere Kollegen Dinge ausführen, weil sie einsehen, dass es vernünftig ist, und nicht, weil ihnen gesagt wurde, dass sie sie ausführen sollen.

Teil der Berufsausbildung bei dm sind Theaterworkshops – tragen diese auch zur dialogischen Unternehmenskultur bei?
Unbedingt! Wir führen die Workshops bereits im vierten Jahr durch, allein in diesem Jahr waren es 51 Gruppen. Wir versuchen, durch die Workshops die Lehrlinge aus den verschiedenen Kulturen, die wir im Einzelhandel haben, einander näher zu bringen. Es ist mittlerweile empirisch bewiesen, dass Theaterworkshops ein sehr gutes Mittel zur Persönlichkeitsfindung und zur Teambildung sind. Die Teilnehmer lernen, dass sie sich aufeinander verlassen müssen und sind außerdem schöpferisch tätig, was dem Selbstbewusstsein gut tut.

Sie haben vor ihrer Existenzgründung nicht studiert. Haben Sie das jemals bereut?
Bereut habe ich es nie, obwohl ich schon oft gedacht habe, dass mir heute das eine oder andere sicher leichter fallen würde, wenn ich damals studiert hätte. Was man in der akademischen Ausbildung lernt, lässt sich später nicht mehr nachholen. Je früher man mit dem Lernen anfängt, umso besser. Ich persönlich meine, die Nachwuchskräfte sollten sich viel mehr mit Sprachen beschäftigen, etwas, das ich persönlich versäumt habe. Aber wenn ich in meiner Biografie zurückschaue, kann ich doch sagen, dass alles irgendwie seinen Sinn gehabt hat. Meine Entwicklung wäre wahrscheinlich eine ganz andere gewesen, wenn ich studiert hätte.

Würden Sie Gründungswilligen empfehlen, sich im Handel selbständig zu machen – auch wenn es der Branche derzeit nicht besonders gut geht?
Der Handel hat den großen Vorteil, dass man mit wenig Aufwand starten kann. Die Einstiegsbarriere ist – zum Beispiel im Vergleich zur Produktion – recht gering, schon ein kleiner Laden genügt zu Beginn. Ich selbst habe damals ganz ohne Eigenkapital angefangen. Sicher ist: Überall, wo Menschen sich befinden, sind sie darauf angewiesen, dass sie sich mit Gütern und Dienstleistungen eindecken können. Beim Einzelhandel ist das Wichtigste die Standortfrage. Viele Existenzgründer im Einzelhandel achten viel zu wenig auf die Lage ihres Geschäftes. Wir bemerken diesen Effekt immer wieder Wenn ein dm-Markt umzieht und den Standort verbessert, wirkt sich das sofort auf den Umsatz aus.

Würden Sie dem Satz zustimmen, dass der Handel bei Berufseinsteigern ein schlechtes Image hat?
Man darf nicht vergessen: Deutschland ist eine Industrienation, die mit Technologie und Produktion groß geworden ist, während andere Länder wie Großbritannien oder die Niederlande Händlernationen sind. Dort hat der Handel auch ein sehr gutes Renommee. Letztendlich ist das Image des Handels also auch kulturell geprägt.

Sie leiten das Institut für Entrepreneurship in Karlsruhe. Was möchten Sie den jungen Leuten dort vermitteln?
Es gibt drei Säulen, dessen Zusammenhang ich den jungen Menschen klarmachen will: „Unternimm Dich selbst“, „Unternehmen für andere“ und „Unternehmen Zukunft“. Die erste Säule fängt bei jedem persönlich an: Wer sich ziellos in der Welt treiben lässt, wird das Unternehmerische nie verstehen, er wird nie seinen eigenen Weg gehen und selbstbestimmt etwas tun können. Die zweite Säule meint den Kunden: Man muss sich klar machen, was es heißt, etwas für andere zu tun und einen Kundennutzen zu generieren. Die dritte Säule zeigt, wie man ein zukunftsträchtiges Unternehmen gestaltet. Das Institut richtet sich jedoch nicht nur an Menschen, die sich eine eigene Existenz aufbauen wollen, sondern es geht um das unternehmerische Denken im Allgemeinen. Auch innerhalb eines Unternehmens braucht es viele unternehmerisch denkende Menschen, die mehr als nur ihren Arbeitausschnitt sehen. Wenn sich biografisch die Möglichkeit ergibt, sich selbstständig zu machen, dann ist es umso besser.

Kann denn jeder Unternehmensgründer werden, oder ist das eine Typfrage?
Meiner Ansicht nach ist das eine Schicksalsfrage. Es muss aber auch nicht jeder ein Unternehmen gründen. Eine unternehmerische Grundhaltung hingegen kann sich jeder aneignen.

Auf den Punkt:

Was wollten Sie als kleiner Junge werden?
Kapitän auf einem Neckarschiff.

Was wollten Sie am Start Ihres Berufslebens?
Das väterliche Unternehmen übernehmen.

Was ist Ihr Hauptcharakterzug?
Beharrliche Konsequenz, wenn ich etwas als richtig erkannt habe.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen?
Wenn sie bereit sind, sich von ihren Vorstellungen zu lösen und offen sind für Neues. Denn das ist die Voraussetzung für Entwicklung.

Was dulden Sie auf keinen Fall?
Arroganz und Statusdenken.

Was ist Ihnen sehr unangenehm?
Wenn jemand Forderungen an mich stellt.

Was entschuldigen Sie sofort?
Irrtum.

Was nehmen Sie unbedingt auf eine Reise mit?
Das, was ich gerade lese.

Wo tanken Sie Energie auf?
In der Familie und in der Beschäftigung mit geistigen Dingen.

Was war Ihr größter Flop?
Ich hatte so viele – aber Gott sei Dank keinen wirklich großen.

Und Ihr größtes Erfolgserlebnis?
Hm, da kann ich auf Anhieb gar keins nennen…

Zum Unternehmen

Die Drogeriemarktkette dm zählt seit 2004 zu den 200 umsatzstärksten Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Der Umsatz in Deutschland lag 2004 bei 2 220 Millionen Euro. In Europa hat der Konzern die Drei-Milliarden- Euro-Marke überschritten. In rund 1500 Filialen europaweit, davon rund 700 in Deutschland, sind über 21 200 Mitarbeiter beschäftigt (in Deutschland: ca. 13 500).

Deckblatt zur Bewerbungsmappe

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Mit der Bewerbungsmappe erstellen Sie eine Werbebroschüre über Ihre eigene Person. Neben dem Inhalt ist der erste Eindruck ein wichtiger Entscheidungsfaktor. Eröffnen Sie Ihre Bewerbung daher mit einem persönlichen Deckblatt. Setzen Sie Ihren Namen und Ihr Porträt auf die Titelseite.

Auf das Deckblatt gehören üblicherweise folgende Informationen:

  • Ihre Adresse und Telefonnummer – falls vorhanden auch Fax-Nummer und E-Mail-Adresse
  • Eine Überschrift: z. B. „Bewerbung als …“ (Bezeichnung der Stelle, wie ausgeschrieben) oder „Bewerbungsunterlagen für die … GmbH“ (Firma des Stellenanbieters)
  • Ihr Lichtbild (entweder sorgfältig aufgeklebt oder als Scan)
  • Eventuell das Inhaltsverzeichnis zur Bewerbungsmappe.
 

Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.

Bewerbungsmappe

Sind Bewerbungsmappen in Zeiten von E-Mail- und Online-Bewerbungen eigentlich noch zeitgemäß? Je nach Unternehmen sehr wohl: In den Stellenanzeigen ist meist vermerkt, ob der potenzielle Arbeitgeber die Bewerbung lieber per Post oder auf elektronischem Wege erhält. Und wer sichergehen will, welches der richtige Weg ist, fragt am besten schnell in der Personalabteilung nach. 

Soll es die bewährte Postbewerbung sein, sollten Sie eine gute Mappe wählen – denn auch hier zählt der erste Eindruck. In gut sortierten Schreibwarengeschäften wird eine Vielzahl von Bewerbungsmappen angeboten. Geeignet sind sie alle – von einfachen Klemm-Mappen bis hin zu den dreigeteilten, hochwertig gestalteten Mappen. Egal, für was Sie sich entscheiden: Verwenden Sie für den Inhalt keine Klarsichthüllen.

Die Unterlagen werden, ohne Sie zu lochen, in der folgenden Reihenfolge zusammengestellt:

  1. Das Anschreiben liegt oben auf der Mappe, nicht innen.
  2. Das Foto, mit Ihrer Adresse auf der Rückseite, wird auf die erste Seite des Lebenslaufs oben rechts geklebt.
  3. Der Lebenslauf wird mit Datum und Unterschrift versehen.
  4. Dahinter ordnen Sie Zeugnisse und Anlagen ein.

Achten Sie darauf, dass die Zeugnisse und Bescheinigungen so sortiert sind, dass die für die aktuelle Stelle wichtigen und aussagekräftigen zuerst kommen. Die Reihenfolge kann also von Bewerbung zu Bewerbung unterschiedlich sein. Achten Sie auf die Vollständigkeit Ihrer Unterlagen. Stimmt die Adresse auf dem Anschreiben mit der auf dem Umschlag überein? Ist der Umschlag ausreichend frankiert? Mit Ihrem Absender versehen, kann die Bewerbung nun „ab in die Post“.

Interview mit Ulrich Weiss

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Ulrich Weiss ist der Enkel des Firmengründers Leonhard Weiss. Schon als Kind verbrachte er mit seinem Vater viel Zeit auf Baustellen. Seit mehr als drei Jahrzehnten leitet der Ingenieur die Geschicke des traditionsreichen Bauunternehmens im Schwabenland. Im karriereführer spricht er über die Philosophie des Familienunternehmens, Qualifikationen der Nachwuchskräfte und die Zukunft des Baugewerbes. Die Fragen stellte Britta Hecker.

Zur Person

Der Enkel des Firmengründers Leonhard Weiss, Ing. Grad. Ulrich Weiss, ist Vorsitzender der Geschäftsführung des Bauunternehmens. Geboren 1943 in Göppingen, studierte er nach einer Maurerlehre Ingenieurwesen in Stuttgart. Anschließend arbeitete er zunächst bei der Firma Abele in Schorndorf, 1967 kehrte er zum Familienunternehmen zurück. Dort startete er als Bauleiter im Gleisbau. Zwei Jahre später übernahm er die Bereichsleitung und wurde persönlich haftender Gesellschafter der damaligen Leonhard Weiss KG.

Nach der Umstrukturierung wurde Ulrich Weiss stellvertretender Vorsitzender des Bereichs Gleisbau. 2003 wechselte er aus dem operativen Geschäftsbereich in den Beirat des Unternehmens. Zwei Jahre später kehrte er wieder als Vorsitzender in die Geschäftsführung zurück.

2004 erhielt Ulrich Weiss das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der 63-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Enkel des Firmengründers Leonhard Weiss, Ing. Grad. Ulrich Weiss, ist Vorsitzender der Geschäftsführung des Bauunternehmens. Geboren 1943 in Göppingen, studierte er nach einer Maurerlehre Ingenieurwesen in Stuttgart. Anschließend arbeitete er zunächst bei der Firma Abele in Schorndorf, 1967 kehrte er zum Familienunternehmen zurück. Dort startete er als Bauleiter im Gleisbau. Zwei Jahre später übernahm er die Bereichsleitung und wurde persönlich haftender Gesellschafter der damaligen Leonhard Weiss KG.

Nach der Umstrukturierung wurde Ulrich Weiss stellvertretender Vorsitzender des Bereichs Gleisbau. 2003 wechselte er aus dem operativen Geschäftsbereich in den Beirat des Unternehmens. Zwei Jahre später kehrte er wieder als Vorsitzender in die Geschäftsführung zurück.

2004 erhielt Ulrich Weiss das Bundesverdienstkreuz am Bande. Der 63-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Haben Sie sich jemals etwas anderes vorgestellt, als im Bauunternehmen Leonhard Weiss zu arbeiten?
Nach meinem Studium war ich zunächst in einer anderen Firma im Bereich Konstruktion tätig. Mein Vater war nicht erfreut darüber. Für mich jedoch war es ganz wichtig, in einem anderen Unternehmen zu lernen. Im eigenen ist man doch immer „der Sohn vom Chef“. Aber ich bin natürlich mit der Firma Leonhard Weiss aufgewachsen und habe das Bauwesen schon von klein auf hautnah miterlebt. Für mich gab es nichts anderes.

Was ist das Besondere an einem Familienunternehmen?
Das ganze Unternehmen ist wie eine Familie. Wir halten zusammen, vertrauen einander und setzen aufeinander. Unsere Mitarbeiter verstehen sich als Mitunternehmer und sind in viele wichtige Entscheidungen eingebunden. Wir Gesellschafter saugen das Unternehmen nicht aus, sondern lassen die Gewinne größtenteils im Unternehmen. So ist Leonhard Weiss in der Lage, modernste Techniken einzukaufen und einzusetzen. Zudem bleibt das Unternehmen dauerhaft bankenunabhängig. Die Mitarbeiter erkennen dadurch, wofür sie arbeiten – jeder für den Erhalt seines Arbeitsplatzes und die Entwicklung des Unternehmens. Als Geschäftsführer verstehe ich mich als einen von 2600 Mitarbeitern.

Welche Meilensteine in der Geschichte des Unternehmens haben Sie erlebt und mitgestaltet?
Die 50er, 60er und 70er Jahre standen für das Unternehmen ganz im Zeichen der Mechanisierung. Die Schlagworte heute heißen: schnell, wirtschaftlich, termintreu. Diesen Anforderungen werden wir mit bestens geschultem Personal und modernster Maschinentechnik gerecht. Ein Beispiel: Unsere Schnellumbauzüge sind Fließbänder auf Rädern und garantieren das Einhalten kürzester Sperrzeiten auf Gleisstrecken. In diesem Bereich sind wir heute führend. In der Zeit der Mechanisierung haben wir frühzeitig angefangen, Maschinen zu kaufen, um unsere Leistungsfähigkeit maßgeblich zu erhöhen. Unsere Erfahrungen und Ideen haben wir bei den Herstellern eingebracht, gemeinsam umgesetzt und so die Weiterentwicklung der Maschinentechnik in allen Bereichen des Bauens vorangetrieben.

An welchen Großprojekten hat Ihr Unternehmen mitgewirkt?
Wir haben zum Beispiel bei vielen Großprojekten der Bahn mitgearbeitet. An der Bahnstrecke Köln-Rhein-Main haben wir 42 Kilometer Gleise gebaut. Die ICE-Strecke wurde 2002 eingeweiht. Das war schon eine große Herausforderung, die wir gemeinsam mit Partnern aus dem Mittelstand erfolgreich gelöst haben. Dann bauen wir mit an der Neubaustrecke Nürnberg- München – ein Projekt mit einem Volumen von 300 Millionen Euro. Und ich denke natürlich gerne an das Großprojekt Messe Stuttgart. Dafür waren mehr als zwei Jahre Bauzeit vorgesehen. Wir haben nur eineinhalb Jahre gebraucht. In so kurzer Zeit so viele Bauwerke zu erstellen – das ist schon sehr anspruchsvoll. Im Moment bauen wir unter anderem für BMW einen beispielhaften Windkanal.

Wie oft sind Sie selbst noch auf der Baustelle?
Der Kontakt und das Gespräch mit jedem Mitarbeiter im Haus sind mir wichtig. Ich besuche heute, wann immer es mir möglich ist, verschiedene Baustellen.

Auf welche Entwicklung im Unternehmen sind Sie besonders stolz?
Wir haben uns 1998 neu positioniert. Unsere Niederlassungsstrukur wurde in eine Spartenstruktur umgewandelt: Straßen- und Netzbau, Ingenieur- und Schlüsselfertigbau, Gleisbau und die Zentralen Dienste. Entgegen der Konjunktur hat sich unser Unternehmen nach oben entwickelt. Trotz der Strukturkrise am Bau haben wir in den vergangenen zehn Jahren unsere Mitarbeiterzahl gehalten beziehungsweise sogar geringfügig erhöht.

Wie sieht es mit dem Bedarf an Hochschulabsolventen aus?
Wir brauchen laufend Bauingenieure in allen Sparten, weil wir uns ständig weiterentwickeln. Bei uns arbeiten im Moment etwa 180 Bauingenieure. Wir brauchen Praktiker, Unternehmer, die wissen, worum es geht. Denn auf der Baustelle verdienen wir unser Geld.

Welche Qualifikationen schätzen Sie bei Berufseinsteigern besonders?
Es kommt immer auf die persönlichen Eigenschaften an. Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen. Jeder hat einen ganzen Fächer an Begabungen, und die gilt es zu entdecken. Der Beruf des Bauingenieurs bringt den Umstand mit sich, jeden Tag mit Menschen umgehen zu dürfen. Dazu ist ein gesunder Menschenverstand erforderlich. Teamfähigkeit, Personalführung und gewisse rhetorische Fähigkeiten sind genauso gefragt.

Wie viel Wert legen Sie auf Auslandserfahrungen der Absolventen?
Das Baugewerbe wird immer internationaler werden. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Nachwuchskräfte während der Ausbildung ins Ausland gehen. Mit der Öffnung der Grenzen hat sich auch unser Betätigungsfeld erweitert. Unsere Aufträge außerhalb Deutschlands machen inzwischen zehn Prozent aus. Wir arbeiten in Skandinavien, Rumänien, Tschechien, in der Schweiz, in Italien und neuerdings auch in Dänemark.

Wie sieht die Zukunft des Baugewerbes aus?
Meiner Ansicht nach hat die Strukturkrise im Baugewerbe die Talsohle durchschritten. Wir werden uns auch in Zukunft interessante Projekte suchen – je anspruchsvoller, desto besser. Ob Infrastrukturprojekte, Schienenwege oder Ingenieurbauwerke – es gibt genug zu tun. Bauingenieure werden immer gebraucht. Die Strukturkrise hat zwar viele abgeschreckt, Bauingenieurwesen zu studieren. Aber wie es jetzt aussieht, haben sie die besten Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden und interessante Projekte zu betreuen.

Wird es in der Firma Leonhard Weiss einen weiteren Nachfolger aus der Familie Weiss geben?
Ja, mit Sicherheit. Leonhard Weiss soll auch in Zukunft ein familiengeführtes Unternehmen bleiben. Aus den Gesellschafterfamilien arbeiten heute bereits drei Söhne und Junggesellschafter in verantwortungsvollen Positionen.

Zum Unternehmen

Die Geschichte des Bauunternehmens, das Leonhard Weiss im Jahr 1900 gründete, beginnt mit dem Gleisbau. Nach dem Zweiten Weltkrieg kommen weitere Sparten hinzu. Heute ist das Unternehmen ein Komplettanbieter von Bauleistungen. Mit drei operativen Geschäftsbereichen, dem Straßen- und Netzbau, dem Gleisbau und dem Ingenieur- und SF-Bau (schlüsselfertiges Bauen), bedient das mittelständische Unternehmen sowohl regionale als auch überregionale Kunden.

Das Unternehmen hat zwei Standorte in Göppingen und Satteldorf sowie 13 weitere Niederlassungen bundesweit.

Bei Leonhard Weiss sind etwa 2600 Mitarbeiter beschäftigt.

Individuelle Selbst-PR: Die „Dritte Seite“

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Die „Dritte Seite“, auch „Persönliches Statement“ oder „Qualifikationsprofil“ genannt, ist für viele Personalentscheider noch neu und zieht daher Aufmerksamkeit auf sich. Sie bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihrer Bewerbung eine besondere persönliche Note zu geben. Wem es an dieser Stelle gelingt, in wenigen kurzen Sätzen einen überzeugenden Eindruck zu vermitteln, hat gute Chancen auf ein Vorstellungsgespräch.

Idee
Die Idee für diese Komponente wurde Mitte der 90er-Jahre im „Berliner Büro für Berufsstrategie“ Hesse/Schrader entwickelt. Hintergrund ist, dass die Informationen in Anschreiben und Lebenslauf aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen und des Zeitdrucks in den Personalabteilungen zu wenig Beachtung finden. Die „Dritte Seite“ dagegen spielt die Rolle eines „Eye-Catchers“ und liefert – gut konzipiert – überzeugende Argumente.

Form
Wie der Name schon sagt: Die „Dritte Seite“ sollte sich auf den Umfang einer Seite beschränken. Sie liegt in der Bewerbungsmappe hinter dem Deckblatt und dem Lebenslauf.

Inhalt
Zweck der „Dritten Seite“ ist es, Ihre Persönlichkeit zu unterstreichen. Inhaltlich sollte sie daher zentrale Aussagen in Anschreiben und Lebenslauf aufgreifen und pointieren. Hier können Sie persönliche Eigenschaften, Stärken oder Angaben zu Ihrer Motivation, Ihrem Arbeitsstil oder Erfahrungen aus Ihrem bisherigen Werdegang formulieren. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Insgesamt sollte die „Dritte Seite“ kurz und knackig formuliert sein sowie Optimismus und Tatendrang vermitteln.

Glaubwürdigkeit
Bei aller Kreativität sollten Sie überzogene Stilblüten vermeiden und darauf achten, dass Form und Inhalt zu Ihnen passen. Es geht nicht um eine gute B-Note für Erfindungsreichtum. Vielmehr stellt die „Dritte Seite“ unter Beweis, dass Sie Ihre Bewerbung und Eignung sorgfältig reflektiert haben.

Mögliche Überschriften

  • Zu meiner Person
  • Über mich
  • Warum Sie mich kennen lernen sollten
  • Was sonst noch für mich spricht
  • Was Sie sonst noch von mir wissen sollten
  • Meine Motivation
 

Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.

Interview mit Rolf-Magnus Weddigen

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In seinem 20. Berufsjahr bei der Strategieberatung Bain & Company wurde Rolf-Magnus Weddigen 2009 zum Deutschland-Chef berufen. Welche Aspekte seinen Job zum Traumberuf machen und wie es einem Consultingeinsteiger gelingt, die Grenzen des Erfolgs auszuweiten, erklärt der leidenschaftliche Berater im Interview.Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Rolf-Magnus Weddigen, 48 Jahre, studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Karlsruhe und erwarb einen MBA an der Business School INSEAD in Fontainebleau bei Paris. Vor seinem Einstieg bei Bain arbeitete er zunächst bei einem deutschen Automobilzulieferer sowie in England in der Computerindustrie und in Dänemark bei einem Unternehmen der Biotechnologie. 1989 begann er seine Karriere bei der Strategieberatung Bain & Company. Er arbeitete sich im Unternehmen Schritt für Schritt nach oben und wurde im August 2009 Deutschland-Chef. Der Managing Director ist Mitglied des weltweiten Board of Directors von Bain & Company und leitet zudem die Private-Equity-Gruppe im deutschsprachigen Raum. Zu seinen Kunden zählt Rolf-Magnus Weddigen in erster Linie Finanz- und strategische Investoren. Diese berät er bei M&ATransaktionen sowie den nachfolgenden Maßnahmen zur Integration und Wertsteigerung der Unternehmen.

Herr Weddigen, wann haben Sie zuletzt gedacht, dass Sie einen wunderbaren Beruf ausüben?
Das denke ich eigentlich täglich, ob bei Besprechungsrunden in unseren Teams, im Gespräch mit Klienten oder im Kontakt mit Bewerbern. Ein Beispiel: Gestern saß ich mit meinem Team zusammen, wir arbeiteten an den Eckpfeilern einer Internationalisierungsstrategie für einen europäischen Industriekunden. Natürlich ist genau das der Job des Beraters. Aber ich finde es immer wieder erstaunlich, welche Dynamik sich entwickelt, wenn talentierte und leidenschaftliche Leute gemeinsam daran arbeiten, die beste Lösung zu finden. In meinem Team ist ein Kollege Projektleiter, den ich vor sechs Jahren als Associate Consultant eingestellt habe und dessen enorme Entwicklung mich seither sehr beeindruckt hat.

Wie ist denn die Atmosphäre in solchen Teambesprechungen? Enorm diszipliniert oder kreativ chaotisch?
Es geht munter zu. Grundlage ist eine gewisse Struktur in Gestalt der Problemstellung. In der Diskussion stellen sich schnell die wesentlichen Eckpfeiler heraus, und unter Zuhilfenahme der Fakten, Meinungen und Erfahrungen entstehen letztlich die Lösungen.

Wie sind diese Teams zusammengesetzt? Gibt es feste Rollen?
Nein, das wechselt ständig. Es kommt nicht selten vor, dass der Associate Consultant und der Partner unterschiedliche Standpunkte vertreten und auch auf Augenhöhe debattieren.

Was macht denn eine Strategie, die Sie mit Ihren Teams entwickeln, zu einer erfolgreichen Strategie?
Wenn aus der Strategie echte Ergebnisse und gelebte Veränderungen entstehen. Strategien werden gerne vorschnell als etwas Abgehobenes oder Abstraktes abgetan. Aber ich erlebe, wie Strategien in Unternehmen tatsächlich umgesetzt werden – und zwar vom Vorstand bis zum Vorarbeiter. Diese Momente machen meinen Beruf wunderbar, denn als Berater erlebe ich sie in einer Dichte, wie es in einer klassischen Industriekarriere wohl selten vorkommt.

Was muss ein Bewerber mitbringen, um Sie zu überzeugen?
Wer in die Beratung einsteigen möchte, sollte neben einer exzellenten Ausbildung eine ausgewogene Mischung aus Intellekt, Neugierde und Bodenhaftung sowie den Willen zum Erfolg mitbringen. Es geht darum, die Grenzen des eigenen Erfolgs zu erforschen und zu erweitern. Mein Großvater sagte immer: „Erfahrung ist die Summe aller Misserfolge.“ Klingt negativ, hat aber einen wahren Kern: Fehler sind wichtig, denn aus ihnen lernt man.

Wie geradlinig sollten Lebensläufe sein, die Ihnen imponieren?
Eine gewisse Zielstrebigkeit ist wichtig. Doch zwischen den einzelnen Stationen dürfen gerne mehrere Jahre und auch mal ein Umweg liegen. Denn auf den Umwegen können Sie viel Positives erleben, was Ihnen auf dem Königsweg möglicherweise verschlossen bleibt.

Welche Umwege sind Sie denn gegangen?
Ich habe einige Schleifen gedreht. Von der Uni bis zum Einstieg ins Consulting hat es bei mir drei Jahre gedauert. Ich habe in dieser Zeit eine Menge ausprobiert, war bei einem deutschen Automobilzulieferer, in einem englischen IT-Konzern und in Dänemark in einer Biotech- Firma. In diesen drei Jahren habe ich vor allem herausgefunden, was ich nicht möchte, und vieles gelernt, was mich letztlich zu einem besseren Berater gemacht hat.

Was raten Sie Absolventen, die vor dem Berufseinstieg noch Praxiserfahrungen sammeln möchten?
Praktika sind sinnvoll und notwendig, und zwar nicht ausschließlich in der Unternehmensentwicklung großer Konzerne oder im kaufmännischen Bereich. Mixen Sie das mit Ihrer ganz persönlichen „Bucket List“, also den Abenteuern oder Erfahrungen, auf die Sie in Ihrem Leben auf keinen Fall verzichten möchten. Das macht Ihren Lebenslauf für uns spannend. Denn letztlich geht es darum, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und den Horizont zu erweitern. Die heutigen Bewerber sind in dieser Hinsicht sehr vielseitig. Sie haben Erfahrungen im Ausland gesammelt, sich in gemeinnützigen Organisationen engagiert und haben über all diese Aspekte ein großes Selbstverständnis für ihre Karriere entwickelt. Solche Einsteiger sind ein Gewinn für die Consultingbranche.

Sie sprachen vom Erforschen und Ausweiten der Grenzen des Erfolges. Was meinen Sie konkret damit?
Beratung bedeutet lebenslanges Lernen – und das in einem sehr zügigen Tempo. Mit jedem Schritt, den ich gehe, lerne ich dazu. Dabei kommt es vor, dass man als Einzelner vor einer Aufgabe steht, die man als zu herausfordernd oder sehr umfangreich empfindet. Und dann muss sich ein Einsteiger als Teamplayer erweisen. Denn er arbeitet mit Kollegen zusammen, die selber schon an einem solchen Punkt waren und eine Antwort gefunden haben. Wer also die Teamkultur nutzt, erreicht deutlich mehr. Die Grenzen des Erfolgs auszuweiten, bedeutet für mich, von und mit anderen zu lernen.

Zügiges Tempo, lebenslanges Lernen, große Leistungsbereitschaft: Die Ansprüche an Consultants sind hoch. Wie gelingt Ihnen eine Work-Life- Balance?
Da musste ich auch erst ein bisschen experimentieren, wobei ich diese Balance als sehr wichtig erachte. Ich rate Bewerbern, Unternehmen dahingehend zu testen. Wer eine Karriere verfolgt, muss sich Freiräume schaffen, in denen der Job keine Rolle spielt. Das kann das Wochenende sein oder, wie bei mir vor einiger Zeit, ein halbjähriges Sabbatical. Aber auch während der Arbeitswoche ist es wichtig, sich einen Ausgleich zu suchen. In dem Begriff der Work-Life- Balance steckt aber eben auch „Work“, also die Arbeit. Und ein Arbeitsumfeld, in dem Sie als Person authentisch sein können, unterstützt Ihre Balance. Ich habe im Verlauf meiner Karriere gelernt, dass ich am erfolgreichsten bin, wenn ich im Job mit mir selbst im Einklang bin. Dazu brauche ich ein Arbeitsumfeld, das fördert und fordert.

Zum Unternehmen

Bain & Company ist mit mehr als 4800 Mitarbeitern sowie 44 Niederlassungen in 29 Ländern eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Gegründet wurde das Unternehmen 1973 in Boston. Von Beginn an setzte es darauf, nicht nur konzeptionelle Strategiearbeit zu bieten, sondern mit dem Management des Klienten konkrete Lösungen zu erarbeiten und auch umzusetzen.

An dieses Konzept angepasst hat Bain seine Vergütungspraxis: Als erstes Consulting-Unternehmen hat es die Honorierung für die Beratung an den Erfolg des Projekts gekoppelt. Im deutschsprachigen Raum ist Bain & Company seit 1982 vertreten. Das erste deutsche Büro eröffnete in München. Dort sowie in den weiteren Standorten in Zürich, Düsseldorf und Frankfurt am Main sind derzeit rund 500 Mitarbeiter beschäftigt.
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Interview mit Dr. Herbert Walter

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Dr. Herbert Walters Laufbahn im Bankgeschäft gleicht einer Bilderbuchkarriere. Vom Trainee bei der Deutschen Bank stieg er bis an die Spitze der Dresdner Bank auf. Seit seinem Rücktritt von diesem Posten im Januar 2009 arbeitet Herbert Walter als Unternehmensberater für Mittelstand, Finanzdienstleister und Investoren. Im Interview fordert er von Banken und Beratern ein Umdenken und gibt Hinweise, wie auch im Umfeld der Finanzkrise eine Bilderbuchkarriere gelingen kann. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Herbert Walter, geboren am 10.08.1953 in Prien am Chiemsee, schloss 1971 seine Ausbildung zum Bankkaufmann ab, machte 1974 sein Abitur und studierte anschließend BWL in München. Seine Promotion legte er 1982 ab, nachdem er zuvor als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Bankbetriebslehre und Finanzierung an der Universität München gearbeitet hatte. Ein Jahr später begann er seine Berufskarriere als Trainee bei der Deutschen Bank. Er war Direktionsassistent in der Münchener Filiale und von 1985 bis 1989 Referent des Vorstands Ulrich Cartellieri. Walter stieg 1989 in die Direktion der Bezirksfiliale Bochum auf. 1998 verantwortete man ihm die Leitung des Projekts Deutsche Bank 24 AG, der Zusammenführung des Filialgeschäfts der Deutschen Bank mit der Direktbank-Tochter Bank 24. Er war bis 2003 Vorstandssprecher der Deutschen Bank 24 und wechselte im März 2003 als Vorstandsvorsitzender zur Dresdner Bank.

Walter sanierte das unter Druck geratene Traditionshaus, bevor durch die Finanzkrise die Investmentbank-Tochter Dresdner Kleinwort riesige Verluste machte. Die Dresdner Bank wurde zum Kaufobjekt, im August 2008 schlug die Commerzbank zu. Im Januar 2009 trat Herbert Walter als Vorstandsvorsitzender zurück; im März 2009 verzichtete er auf die Abfindung in Höhe von 3,6 Millionen Euro, die ihm vertragsrechtlich zugestanden hätte. Seitdem ist er als freier Spitzenberater tätig und ist Mitglied im Aufsichtsrat der Lufthansa. Herbert Walter ist verheiratet, hat drei Kinder und ist in seiner freien Zeit ein leidenschaftlicher Rad- und Mountain-Bike-Fahrer.

Herr Walter, stimmt es, dass Sie eigentlich Journalist werden wollten?
Ich habe zumindest als Student und später in meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter als fester freier Mitarbeiter für zwei Zeitungen gearbeitet. Das hat mir viel Spaß gemacht, und ich habe in der Tat eine Zeit lang daran gedacht.

Gibt es eine Sache, die Journalisten und Banker gemeinsam haben?
Journalisten müssen beweglich sein, müssen die Strömungen der Zeit aufnehmen. In der Hinsicht muss der Bankmensch in ganz ähnlicher Weise unterwegs sein, weil auch bei ihm aus ganz verschiedenen Richtungen Informationen zusammenlaufen, die er dann zu interpretieren hat. Für beide Berufe benötigt man großes Interesse an allem, was um einen herum vorgeht.

Sie sind 1983 als Trainee in das Bankgeschäft eingestiegen. Lässt sich die Branche von damals noch mit der von heute vergleichen?
Im Grundansatz ist das Banking als Geschäftssystem heute nicht großartig anders als vor 30 oder auch 100 Jahren. Es geht immer darum, für Kunden Risiken zu managen. Festhalten muss man, dass Anfang der Achtzigerjahre der absolute Schwerpunkt der Banken im Kreditgeschäft lag. Das Wertpapiergeschäft war damals weit weniger entwickelt. Was sich bis heute geändert hat, ist die enorm gestiegene Komplexität des Angebots. Es gab eine regelrechte Explosion an Produkten – vor allem im Anlagebereich.

Hat diese Komplexität eine Vielzahl von Bankberatern überfordert?
Diese Komplexität war sicherlich neu; auf der anderen Seite hat der Bankberater die meisten Innovationen aber mundfertig serviert bekommen. Die Vor- und Nachteile eines Fonds sowie die dazu passende Kundenklientel hat die Vertriebssteuerung in einer einigermaßen übersichtlichen Art und Weise geliefert. Es ist grundsätzlich ja auch nicht schlecht, wenn die Alternativen bei der Geldanlage größer werden.

Klingt positiv, jedoch bekommen Bankberatungen heute miserable Noten. Die gesamte Finanzbranche steht im Fokus der Kritik. Was lief falsch?
Ich glaube schon, dass jeder Bankberater den Willen hat, ein Dienstleister für den Kunden zu sein. Gleichzeitig gibt es aber eben auch das Interesse seines Arbeitgebers. Diese beiden Interessen auszubalancieren, ist sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe, und sie gelingt in einem positiven Umfeld naturgemäß besser als in schlechten Zeiten.

Nun haben viele Menschen den Eindruck, der Bankberater lässt seine Kunden nicht nur im Regen stehen, sondern schickt sie sogar tiefer ins Unwetter hinein – ohne auf die Risiken hinzuweisen.
Wenn es um eine eindeutige Kommunikation von Risiken in der Geldanlage geht, sind zunächst einmal die Bankhäuser gefragt. Die Organisationen müssen von sich aus ein stärkeres Interesse haben, jedem Kunden ein einfaches Instrument an die Hand zu geben, damit er die Risiken seiner Anlage insgesamt abschätzen kann. So etwas ist kein Hexenwerk. Zur Steuerung von marktorientierten Geschäftsabteilungen gibt es ja bereits die Maßzahl des „value at risk“. So etwas Ähnliches muss es auch für Privatkunden geben. Die heutige Einteilung in Risikoklassen für einzelne Produkte reicht nicht.

Aber auch der Berater muss mitspielen.
Ja. Er muss sich bei allem, was er tut, immer bewusst sein, dass er das Geld des Kunden verwaltet und er primär dazu da ist, im Interesse des Kunden zu arbeiten. Das gilt besonders in den Momenten, in denen der Berater beim Kunden eine Unsicherheit in finanziellen Angelegenheiten bemerkt. In den vergangenen Jahren wurde zu oft die schnelle Rendite zum Thema gemacht. Die andere Seite der Medaille, ein mögliches künftiges Risiko, wurde eher verdrängt.

Hat denn ein junger Bankberater, der seinem Chef sagt, er setze auf langfristige und nachhaltige Beratung statt auf schnelle Abschlüsse, überhaupt eine Chance?
Eine Sorge muss er nicht haben: Instrumente, die auch diese langfristigen Erfolge sichtbar machen, sind vorhanden. Gut geführte Banken arbeiten heute mit Balanced Scorecards, die die verschiedenen Interessen ausbalancieren: die des Kunden, des Beraters und der Bank. Jedoch kommen wir ohne Frage aus einer Zeit, in der das kurzfristige Denken gesamtgesellschaftlich sehr ausgeprägt war und der schnelle Profit – beim Kunden wie bei der Bank – den größten Einfluss auf die Art der Geldanlage hatte. Da die Instrumente vorhanden sind, die verschiedenen Interessen auszutarieren, werden die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre dafür sorgen, dass das Kundeninteresse stärker in den Mittelpunkt rücken wird. Diese Entwicklung ist gut.

Den Preis dafür, das Interesse der Kunden nicht genügend beachtet zu haben, zahlt die Bankbranche mit einem enormen Imageverlust. Tut Ihnen das in der Seele weh?
Wenn man auf die Geschichte zurückblickt, hatte der Bankmann noch nie den allerbesten Ruf. Das hatte sich ein wenig geändert, als es in den Achtziger- und Neunzigerjahren neben den vielen Innovationen auf dem Finanzmarkt deutliches Wachstum zu verzeichnen gab. Die Geldanlagen der meisten Kunden zahlten sich aus – in solchen Zeiten ist es einfach, Banker zu sein. In den vergangenen zehn Jahren gab es jedoch zwei schwere Krisen, die beim Anleger einiges an Wert vernichtet haben. Dass in dieser Zeit der Berufsstand des Bankers kritischer beäugt wird, verwundert nicht. Die Branche muss jedoch ernsthaft darüber nachdenken, wie sie das in diesem Krisenjahrzehnt verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnt.

Wie schwierig ist es für einen jungen Finanzberater, selbstbewusst und motiviert Karriere zu machen?
Man darf eines nicht verkennen: Der Ruf der Banken in der Gesellschaft ist aktuell schlecht. Fragen Sie aber Menschen, wie sie mit dem, was ihr persönlicher Berater für sie tut, zufrieden sind, bekommen Sie auch viel Positives zu hören. Wer heute eine Karriere in dieser Branche beginnt, muss jedoch wissen, in welchem Umfeld er arbeiten wird. Er muss wissen, dass der Staat größeren Einfluss ausüben wird, dass es wieder mehr Regulierungen geben wird. Er muss wissen, dass er derzeit keinen großen Vertrauensvorschuss genießt. Doch er hat die Chance, dieses Vertrauen zu gewinnen, wenn er offen mit seinen Kunden redet, und – wenn die Bank ihm die Freiheit einräumt – dies auch zu tun.

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Lebenslauf mit internationalem Gütesiegel

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Sie haben also Ihre ersten beruflichen Erfahrungen in der Heimat gesammelt, jetzt möchten Sie erste Auslandserfahrungen sammeln. Doch wie wird ein internationaler, bzw. amerikanischer, Lebenslauf aufgebaut? Das verrät das kleine Bewerbungs-Einmaleins Berufserfahrenen und weniger Erfahrenen. Nähere Informationen zum „Europäischen Lebenslauf“ finden Sie in den weiterführenden Links.

Das perfekte Layout eines amerikanischen Lebenslaufes ist mehr als das Salz in der Suppe. Ob Sie sich auf ein bis zwei Seiten richtig verkaufen können, entscheidet schnell über eine Einladung zum Bewerbungsgespräch (Job-Interview) oder dem Mülleimer (circular file). Die Bewerbungs-Experten von squeaker.net (www.squeaker.net) haben einige Tipps zum Layout eines professionellen US-Lebenslaufes (Resume oder CV = Curriculum Vitae) zusammengestellt:
„Der US-Lebenslauf soll Ihre Fähigkeiten, Qualifikationen und Leistungen gegenüber Arbeitgebern vermarkten.“ Grundsätzlich gilt für den US-Lebenslauf, dass er weniger eine einfache Aufzählung Ihrer Lebensdaten ist, als vielmehr ein Marketinginstrument, das genau auf die anvisierte Stelle angepasst ist.

  • Überlegen Sie sich bei jedem Punkt, wie diese Information zu einem eindrucksvollen und stringenten Gesamtbild Ihrer Person beiträgt.
  • Verstehen Sie den Lebenslauf als „Teaser“ – ein Instrument zum Interesse-Wecken beim potenziellen Arbeitgeber.

Planen Sie die Informationsaufteilung so, dass der Personaler Interesse bekommt, Sie persönlich kennen zu lernen. Geben Sie nicht zu viele Informationen preis. Lassen Sie genügend Freiraum, die Informationshäppchen aus dem Lebenslauf mit interessanten Geschichten im Job-Interview zu ergänzen.

Struktur
Diese Anforderungen spiegeln sich besonders in der vom deutschen Lebenslauf abweichenden Anordnung wider. Der US-Lebenslauf ist meistens anti-chronologisch aufgebaut. Die wichtigsten – und somit meistens die neuesten – Fakten werden am Anfang angepriesen. Je länger Ihre Erfahrungen zurückliegen, desto weiter unten angesiedelt und oberflächlich abgehandelt erscheinen sie im US-Lebenslauf.
In den einzelnen Lebens-Stationen wird weniger Fokus auf Ihre Person als auf positions-relevante Fakten gelegt. Es geht im US-Lebenslauf weder darum, Lebensdaten bürokratisch akkurat aufzulisten, noch sich selber als alleskönnender Superman darzustellen. Heben Sie stattdessen hervor, welche konkreten Erfahrungen in der Vergangenheit für die neue Position wichtig sind.
Für Studenten und Absolventen mit wenig Berufserfahrung (Ausbildung, Praktika) empfehlen wir folgende Struktur:

  1. Education (=Studienschwerpunkte, Abschlüsse)
  2. Professional Experience (=Ausbildung, Praktika)
  3. Other relevant skills (Wichtig: Nur relevante Fähigkeiten!)
  4. Community Activities, Awards, Professional Recognition

Hier steht das Studium als Hauptkriterium zur Einstellung im Vordergrund. Es macht wenig Sinn, ein paar Praktika stärker als das Studium zu gewichten.

Schulabschluss:
Ersparen Sie dennoch sich und dem Personaler die Mühe, Ihre Leistungskurse oder Ihren Wehr-/Zivildienst im Detail zu beschreiben oder als besonders relevant für die Position zu erwähnen. Es reicht vollkommen, Ihren Schulabschluss mit Abschlussnote zu erwähnen. Letztere macht auch nur Sinn, wenn Sie überdurchschnittlich ist, also zu einer positiven Selbstpräsentation beiträgt. Angaben zu Ihrer Grundschulzeit sind gar komplett obsolet.
Absolventen und jungen Berufstätigen, bei denen die bereits gemachte berufliche Erfahrung für die Stelle besonders relevant ist, empfehlen wir abweichend folgende Struktur:

  1. Career objective
  2. Professional Experience
  3. Education
  4. Other relevant (!) skills
  5. Community Activities, Awards, Professional Recognition

1.) Career Objective
Fassen Sie am Anfang des Lebenslaufes in 1-3 Sätzen prägnant zusammen, wer Sie sind und warum Sie welches Karriereziel verfolgen. Bringen Sie’s auf den Punkt und vermeiden Sie leeres Geschwätz. Hier können Sie aus einer professionellen Sicht rechtfertigen, warum Sie für diese Stelle geeignet sind.
Studenten (s.o.) sollten diese Informationen eher im Anschreiben (=Cover Letter in den USA; Covering letter in GB) unterbringen.

2.) Education
Benutzen Sie ruhig die Originalbezeichnungen Ihrer Abschlüsse (Abitur, Diplomkaufmann) und finden Sie ein erklärende (aber passende!) Übersetzung.
Vermeiden Sie typische Fehler:

  • Gymnasium heißt in den USA „Turnhalle“!
  • Nennen Sie Ihr Diplom nicht einfach nur „Diploma“, da dies in den USA als nichts besonderes gilt!
  • Ein Diplomkaufmann ist kein MBA!
  • Listen Sie nicht jeden einzelnen Kurs auf, sondern nur relevante und herausragende Leistungen.

Machen Sie Ihre Durchschnittsnoten ruhig für Ihren Empfänger verständlich, indem Sie sie relativieren: Z.B.: Equals A-; Above average; Top 10% of class.

3.) Professional Experience
Vermeiden Sie es, die Unternehmen für die Sie gearbeitet haben detailiert zu beschreiben – heben Sie sich die Details für Ihre tatsächlichen Erungenschaften auf. Wiederholen Sie nicht einfach die Stellenbeschreibung, sondern erklären Sie, welche Fähigkeiten Sie erlernen konnten, die Sie in der neuen Stelle einsetzen können. Hierdurch beweisen Sie Ihren Wert für den potenziellen Arbeitgeber.
Scheuen Sie sich nicht vor Quantifizierungen oder Superlativen. Diese Form der Bescheidenheit mag in Deutschland angebracht sein, in den USA bedeutet jede geringere Formulierung als ein Superlativ Mittelmäßigkeit. Wenn Sie sich in den Formulierungen unsicher sind, holen Sie sich den Rat von US-Lebenslauf-Experten.
Bsp.:

  • „Achieved the highest gross sales in the history of the store, a 17% increase over prior manager”

Aber Vorsicht: Beschränken Sie sich auf Angaben, die für Ihren Wunsch-Job relevant sind und seien Sie niemals unehrlich!

4.) Other skills
Außeruniversitäres, soziales, religiöses oder politisches Engagement kann für Ihre Karriere und somit für Ihre Bewerbung sehr nützlich sein, besonders wenn Sie eine Führungsposition inne hatten.
Ordnen Sie Ihre sprachlichen Fähigkeiten in die Kategorien „native“ – „fluent“ – „advanced“ – „basic“ ein. Computerfähigkeiten sollten angepasst an die Anforderungen der Position übersichtlich und verständlich erklärt werden.
Grundsätzlich sollten Sie anhand Ihrer Erfahrungen einen roten Faden in der Entwicklung Ihrer Fähigkeiten aufzeigen. Als Sportler haben Sie möglicherweise Teamwork-Erfahrung, Ihre künstlerische Erfahrung zeugt von Kreativität und Ihr Studentenjob im Call-Center hat Ihre Kommunikationsfähigkeit verbessert. Eigeninitiative und ein ein reicher Erfahrungsschatz sind in den USA gerne gesehen, sofern es Ihnen gelingt, ein zusammenhängendes Bild mit Ihrem Lebenslauf abzugeben.

5 Tipps für den US-Lebenslauf:

  1. Passen Sie alle Aussagen an die Position an.
  2. Drucken Sie Ihren Lebenslauf mit einem Laserdrucker auf gutem Papier aus.
  3. Betonen Sie Ihre Errungenschaften.
  4. Benutzen Sie aussagekräftige „Action Words”.
  5. Bewahren Sie ein sauberes Layout und versuchen Sie, Ihren Lebenslauf auf eine Seite zu beschränken.

5 Fehler, die man vermeiden sollte:

  1. Vermeiden Sie Fehler in der Sprache, der Rechtschreibung und landestypischen Zahlenformaten.
  2. Erwähnen Sie nicht Ihre Gehaltswünsche.
  3. Lassen Sie keine langen, unerklärten Lücken im Lebenslauf.
  4. Erwähnen Sie nicht Ihre Grundschule, Ihre Eltern oder Ihre Haustiere.
  5. Erwähnen Sie in Ihrer US-Bewerbung nicht: Alter, ethnischen Hintergrund, Geschlecht, Religion. Fügen Sie kein Foto bei!

Mit freundlicher Unterstützung der Bewerbungs-Experten von squeaker.net, der
Insider-Community für Deine Karriere (www.squeaker.net).

 

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