Erfolgsfaktor Gesundheit

Schlafberatung und Trampolinspringen, Massage am Arbeitsplatz und Entspannungstechniken: Unternehmen, die es mit dem Gesundheitsmanagement ernst meinen, bieten ihren Mitarbeitern eine Menge. Als Einsteiger sollte man diese Angebote nutzen – und darüber hinaus selbst aktiv daran mitwirken, die Qualität des Arbeitsplatzes zu verbessern. Von André Boße

Ein Unternehmen, das eine Schlafberatung anbietet? Damit hätte man früher mal kommen sollen. In der Firma ging es nicht ums Schlafen, sondern ums Arbeiten. Wie und wann jemand schlief – das blieb Privatsache, solange der Mitarbeiter nicht auf die Idee kam, ein Nickerchen im Betrieb zu machen. Heute ist der Schlaf der Mitarbeiter dagegen sehr wohl ein Thema. Zum Beispiel im Offenburger Werk von Tesa. Das Unternehmen bietet einen eigenen Schlafberater an, der sich um die Ruhephasen der Mitarbeiter kümmert. Weitere Angebote der Beiersdorf-Tochter: Massage am Arbeitsplatz, von eigens dafür ausgebildeten Mitarbeitern geleitete Sportangebote wie Trampolinspringen sowie wechselnde Kampagnen zum Thema Gesundheit. „Vorbildlich“, urteilte Frank Hauser, Geschäftsführer des Instituts Great Place To Work Deutschland, das sich jährlich auf die Suche nach den besten Arbeitgebern im Land macht. Tesa erhielt den Sonderpreis in der Kategorie „Betriebliche Gesundheitsförderung“. Prävention macht sich bezahlt Langsam, aber sicher gewinnt das Thema Gesundheitsmanagement in immer mehr Unternehmen an Bedeutung – und zwar aus gutem Grund. Eine Studie der Unternehmensberatung Booz & Company aus dem Jahr 2011 hat ergeben, dass die deutsche Wirtschaft durch die Krankheit von Erwerbstätigen jährlich rund 225 Milliarden Euro verliert. Um die abstrakte Summe greifbarer zu machen: Das ist rund ein Zehntel des deutschen Bruttosozialprodukts. Und das Problem droht sich noch zu verschärfen. Durch den demografischen Wandel werden die Belegschaften in den Unternehmen immer älter: Laut einer Umfrage unter 50 Unternehmen von Pricewaterhouse- Coopers aus dem Herbst 2011 ist in den deutschen Unternehmen derzeit jeder fünfte Beschäftigte älter als 50 Jahre; im Jahr 2016 wird es bereits jeder dritte sein. Dass das Thema Gesundheit längst nicht nur ein Thema für die ältere Generation ist, zeigt die neue „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ des Robert Koch-Instituts. Ihr zufolge sind 9,9 Prozent der 18- bis 29-Jährigen an Depressionen erkrankt sind – so hoch ist der Anteil in keiner anderen Altersgruppe.

Karriereziel Gesundheitsmanager

Der betriebliche Gesundheitsmanager ist ein Jobprofil der Zukunft. Noch fehlt vielen Unternehmen professionelles Know-how auf diesem Gebiet, sodass externe oder interne Berater langfristig viel Wissen zum Thema in die Unternehmen hineinbringen werden. Wer sich als Betrieblicher Gesundheitsmanager ausbilden lassen möchte, kann sich an diversen Hochschulen einschreiben. Das auf Mitarbeiterberatung fokussierte Coaching- und Consulting- Unternehmen Carpe Diem 24 kooperiert mit der Uni Schwerin und bietet Weiterbildungsstudiengänge mit Hochschulzertifikat zu diversen Themen des Gesundheitsmanagements an – von der Betriebs- über die Kommunikations- bis zur Wirtschaftspsychologie. Frisch gegründet und eine gute Adresse für weitere Tipps zu diesem Thema: der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement, zu erreichen unter www.bgm-bv.de Mehr dazu hier
Kranke Menschen verursachen aus wirtschaftlicher Sicht Kosten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Ein zeitgemäßes Gesundheitsmanagement wird somit zur Investition, die sich lohnt: Nach der Analyse von Booz & Company zahlt sich jeder Euro, der in betriebliche Gesundheitsprävention investiert wird, für die deutsche Volkswirtschaft mit 5 bis 16 Euro aus. Chronische Überforderung vermeiden Kein Wunder also, dass immer mehr Arbeitgeber das Gesundheitsmanagement in der Unternehmensstruktur ganz oben aufhängen. Zum Beispiel SMA, international erfolgreicher Hersteller von Wechselrichtern für Solarmodule aus Nordhessen. Verantwortlich für das Thema ist Personalvorstand Jürgen Dolle. Jährlich erstellt das Unternehmen einen Strategiebericht, in dem die betriebliche Gesundheitssituation systematisch analysiert wird. „Wir kooperieren mit den gesetzlichen Krankenkassen, der Berufsgenossenschaft sowie insbesondere mit einer Reihe von privaten Anbietern“, sagt Dolle. Dazu gehörten Präventionsexperten sowie Trainer und Berater für Themen wie Stressbewältigung, Entspannung, Bewegung, Ernährung, Sucht oder Führungsverhalten. Die Topmanager bei SMA sind sich sicher, beim Thema Gesundheitsmanagement eine Investition in die Zukunft zu tätigen. „Die Bedeutung des Themas wird in Zukunft noch weiter zunehmen“, sagt Personalvorstand Dolle. „Hintergrund ist neben dem demografischen Wandel und dem Mangel an Nachwuchskräften vor allem die Arbeitsverdichtung und die Zunahme des individuellen Verantwortungsdrucks infolge des globalen Wettbewerbs.“ Aus Sicht des Gesundheitsmanagements sei es daher zwingend erforderlich, dafür Sorge zu tragen, dass die beruflichen Anforderungen mit dem Leistungsvermögen des Mitarbeiters übereinstimmen. Dolle: „Nur so vermeidet man chronische Überforderungen.“ Konkret bietet das Unternehmen seinen Mitarbeitern Seminare rund um die Gesundheit im Arbeitsalltag an. Die Themen: „Progressive Muskelentspannung“ oder „Arbeiten im Gleichgewicht – Stress erfolgreich bewältigen“. Und auch bei SMA war gesunder Schlaf das Thema einer Veranstaltung. Gesundheit lebt vom Mitmachen Noch einen Schritt weiter geht man bei BASF in Ludwigshafen, wo derzeit ein Zentrum für Work-Life-Management entsteht. Das Konzept bietet ein Maßnahmenpaket: von der Kinderbetreuung über die Themen Sport und Gesundheit bis zur Sozialberatung. „In Zukunft werden die Mitarbeiter einen effektiven Zugang zu Problemanalyse, Beratung, Unterstützungs- und Trainingsmaßnahmen erhalten“, sagt BASF-Sprecherin Honorata Doba. Zielgruppe des Gesundheitsmanagements bei BASF sind gerade die akademischen Nachwuchskräfte. „Selbstverständlich begrüßen wir motivierte und leistungsbereite Bewerber“, sagt Honorata Doba. „Wir machen sie aber von Anfang an auf unsere Angebote zur Gesundheitsförderung und auf die ärztliche Betreuung aufmerksam.“ So startete BASF zuletzt das Projekt „Auftanken statt leerfahren“, das mit besonderem Blick auf die junge Generation vermittelt, warum Auszeiten und Pausen so bedeutend sind. „Es ist wichtig, dass gerade Berufsanfängern klar ist, dass sie verantwortungsbewusst mit ihrer Energie und ihren Ressourcen umgehen müssen“, so Doba. Schließlich seien gesunde Mitarbeiter die Grundvoraussetzung, um die unternehmerischen Ziele zu erreichen.

Buch-Tipp

Nachwuchskräfte mit Führungsverantwortung müssen nicht passiv warten, bis die Unternehmensleitung Konzepte für Gesundheitsmanagement erarbeitet. Im Gegenteil: Wer sich aktiv einbringt, sammelt wichtige Punkte auf dem Weg nach oben. Worauf es beim Entwurf dieser Konzepte ankommt, erklärt ein Buch von Thorsten Uhle und Michael Treier. Eine beigelegte Daten-CD bietet nützliche Arbeits- und Präsentationsmaterialien. Thorsten Uhle, Michael Treier: Betriebliches Gesundheitsmanagement. Springer 2011. ISBN 978-3540959335. 44,95 Euro

Ni hao China! Hallo China!

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China zählt zu den wichtigsten Wachstumsmärkten der Zukunft. Was muss man als Anwalt mitbringen, um in der aufstrebenden Wirtschaftsmacht zu arbeiten? Was erwartet einen M&A-Anwalt? Und wie wichtig sind chinesische Sprachkenntnisse? Die beiden Juristen Christian Atzler und Daniel von Devivere berichten über ihre Erfahrungen im Fernen Osten.

Christian Atzler, Foto: Baker & McKenzie
Christian Atzler, Foto: Baker & McKenzie
Christian Atzler arbeitet seit 2009 als Anwalt bei Baker & McKenzie in Frankfurt am Main und berät Mandanten bei internationalen Transaktionen, vor allem mit China-Bezug. Von 2005 bis 2008 war er als deutscher Rechtsanwalt in Hongkong und Shanghai tätig. Er studierte Rechtswissenschaften in Passau und an der National Taiwan University in Taipei sowie Chinesisch am Mandarin Training Center in Taipei.
In eine fremde Kultur eintauchen, den eigenen Horizont sowie das fachliche Know-how erweitern und den Boommarkt China live erleben – viele Gründe sprechen dafür, als Anwalt eine Zeit lang im Reich der Mitte aktiv zu sein. Die Arbeit in einer ausländischen Kanzlei setzt sich im Wesentlichen aus zwei Bereichen zusammen: Zum einen berät man ausländische Mandanten bei ihren Tätigkeiten im Land („China Inbound- Geschäft“), zum anderen betreut man chinesische Unternehmen bei ihren Aktivitäten außerhalb des eigenen Landes („China Outbound- Geschäft“). Traditionell fokussierten sich ausländische Kanzleien in China bislang auf das Inbound-Geschäft. Die dortigen Anwälte unterstützen ihre Mandanten etwa bei der Gründung von Tochtergesellschaften in China, beispielsweise bei Joint Ventures mit chinesischen Partnern oder bei Akquisitionen von chinesischen Unternehmen durch ausländische Investoren. Weitere typische Betätigungsfelder umfassen beispielsweise die Verfolgung von Markenrechtsverletzungen oder die Gestaltung von Verträgen ausländischer Mandanten mit chinesischen Lieferanten. Auch das Outbound-Geschäft spielt inzwischen eine große Rolle: Durch den Wirtschaftsboom im Reich der Mitte sind chinesische Investitionen im Ausland sprunghaft angestiegen. Chinesische Unternehmen interessieren sich hierzulande vor allem für mittelständische Betriebe, die über großes technisches Know-how verfügen. Darüber hinaus investieren chinesische Unternehmen sehr stark im Rohstoffbereich, etwa in Australien, Afrika oder Südamerika.
Daniel von Devivere, Foto: Baker & McKenzie
Daniel von Devivere, Foto: Baker & McKenzie
Daniel von Devivere ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Baker & McKenzie in Frankfurt am Main. Er studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt und Chinesisch in Beijing.
„Brückenkopf“ im Wachstumsmarkt Eines wird es einem ausländischen Anwalt in China nie: langweilig. Da das Land ein sehr dynamischer und weiter wachsender Markt ist, warten auf den Anwalt stets spannende und vielfältige Aufgaben. Besonders reizvoll ist es, dass ein ausländischer Anwalt in China als „Brückenkopf“ zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen und Kulturen tätig ist. Dies zeigt sich häufig bei Verhandlungen zwischen ausländischen und chinesischen Unternehmen, wo Verhandlungsgeschick und kulturelles Verständnis unerlässlich sind. Interessant ist außerdem, dass das chinesische Zivilrecht aus historischen Gründen in vielen Bereichen stark an das deutsche Zivilrecht angelehnt ist. Verglichen mit einem US-amerikanischen oder englischen Juristen, fällt es daher einem deutschen Juristen leichter, sich ins chinesische Recht einzuarbeiten. Besonders in größeren ausländischen Kanzleien spezialisieren sich Anwälte in China sehr früh auf ein bestimmtes Rechtsgebiet. Ähnlich wie in großen Kanzleien hierzulande gibt es auch in den chinesischen Büros eine Aufteilung in verschiedene Praxisgruppen, um dem immer höher werdenden Detailgrad der Gesetzgebung und Rechtspraxis gerecht zu werden. Der früher häufig anzutreffende, umfassend beratende ausländische „China-Anwalt“ ist heute in der Praxis kaum mehr zu finden.

karriereführer-Tipp: Expat Coaching

Auf Expats warten ein neuer Job, eine fremde Umgebung, ein anderes Team und eine völlig neue Arbeitsweise – das ganze Leben ändert sich. Der strukturierte Umgang mit der Situation und das Wahrnehmen neuer Aufgaben setzen wichtige Kompetenzen voraus. Petra Motte lebte viele Jahre in Asien und bereitet Expatriats gezielt auf ihren Auslandsaufenthalt vor. Mehr Infos hierzu unter: www.movasis.de
Sprechen Sie Chinesisch? Wer mit dem Gedanken spielt, für einige Zeit im Wachstumsmarkt als Anwalt zu arbeiten, sollte sehr gute chinesische Sprachkenntnisse mitbringen. Die Erfahrung zeigt, dass zum Erlernen der Sprache ein längerer Aufenthalt im Land notwendig ist. Es versteht sich von selbst, dass man neben Chinesisch auch fließend Englisch sprechen muss. Auch Anwälten, die in Deutschland chinesische Mandanten beraten, helfen entsprechende Sprachkenntnisse weiter: Meist sprechen die Führungskräfte auf Mandantenseite kein Englisch, sodass man auf Chinesisch miteinander kommunizieren muss. Die praktische Arbeit als ausländischer Anwalt ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass in vielen Fällen Gesetze und Regelungen unklar formuliert und sehr stark von der Umsetzung durch die Behörden vor Ort geprägt sind. Daher ist es üblich, bestimmte Vorhaben und Projekte vorab – auf allgemeiner Basis – mit den Behörden vor Ort zu besprechen, um ein Verständnis für die lokale Handhabung zu entwickeln. Das geschieht etwa im Rahmen eines Treffens oder Telefonats mit den Behörden, in dem man, ohne den Namen des Mandanten zu nennen, die Eckpunkte des Projektes erläutert und die wichtigen rechtlichen Auswirkungen bespricht. Auch dafür sind chinesische Sprachkenntnisse unerlässlich.

Landesinformationen

Größe: 9,57 Mio. km2 Einwohner: ca. 1,3 Mrd. Hauptstadt: Peking Klima: Chinas Klima wird überall mehr oder weniger vom Monsun beeinflusst, der im Sommer den Regen bringt. Darüber hinaus ist es überall, bis auf die küstennahen Gebiete, stark kontinental beeinflusst. Es reicht von extrem trockenem Wüstenklima über winterkaltes Nadelwaldklima bis hin zu tropischem Klima Landessprache: Chinesisch (Mandarin) Währung: 1 Euro (EUR) = 7,92 Chinesische Renminbi Yuan (CNY) Stand: 21.8.2012 Flugdauer Direktflug: Frankfurt/Main – Shanghai: 12 Stunden Kosten: ab 900 Euro Zeitverschiebung: + 6 Stunden Aufenthaltsgenehmigung: Die Aufenthaltsgenehmigung in Form des Visums ist an den Arbeitsvertrag gekoppelt und wird in der Regel vom Arbeitgeber in China organisiert. Ein Muss ist außerdem eine Registrierung bei den örtlichen Behörden innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft. Kosten für einen Aufenthalt: 2-Zimmer-Wohnung in der Stadtmitte mit günstiger Verkehrsanbindung in Beijing oder Shanghai: circa 700 Euro pro Monat. Mittagessen in einem einfachen Restaurant : circa 6 Euro.

Karriereleiter: Wahlstation

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Auf dem Weg zum Partner einer Kanzlei müssen junge Juristen nach dem 1. Staatsexamen zunächst mehrere Stationen im Referendariat durchlaufen. Neben den Pflichtstationen gehört auch die Wahlstation dazu. Manuel Goetzendorf entschied sich für die Weltbank in den Vereinigten Staaten. Von Manuel Goetzendorf

Unmittelbar nach dem Beginn des Referendariates stand für mich fest, dass ich die dreimonatige Wahlstation in den USA absolvieren wollte. Zunächst stellte sich dabei die Frage nach einer geeigneten Ausbildungsstätte. Das Internetangebot des Auswärtigen Amtes hat mir hier weitergeholfen und mich auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, die Wahlstation bei der Weltbank in Washington D.C. zu verbringen. Nachdem ich die üblichen Bewerbungsunterlagen eingereicht hatte, kontaktierte mich mein späterer Ausbilder bereits kurze Zeit danach und vereinbarte einen Termin zu einem Telefoninterview. Nachdem auch diese Hürde genommen war, durfte ich mich auf die Wahlstation in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten freuen. Deutsche Referendare werden in der Weltbankgruppe bei der sogenannten „Special Litigation Unit“ eingesetzt, einer Abteilung der „Integrity Vice Presidency“, die die missbräuchliche Verwendung von Weltbankgeldern verfolgt. Der Leiter der Abteilung ist ein deutscher Jurist und weiß die Referendare daher gezielt einzusetzen. Vom ersten Tag an habe ich mich als vollwertiges Mitglied eines multinationalen Teams von Anwälten gefühlt. Dabei war gerade die Zusammenarbeit mit den Juristen aus den verschiedensten Regionen der Welt eine Herausforderung, die die täglichen Arbeitsabläufe geprägt hat. Mir wurden während der Station vielfältige Aufgaben zugewiesen. Grundsätzlich sollte jeder Referendar ein sogenanntes „Statement of Accusation and Evidence“ anfertigen, das in etwa vergleichbar mit einer Anklage der deutschen Staatsanwaltschaft ist. Hierbei steht man mit den für die Weltbank tätigen Ermittlern, die im Einzelfall vor Ort die jeweiligen Korruptionsvorwürfe untersuchen, in engem Kontakt. Neben allgemeinen Rechercheaufgaben gehören zu den Tätigkeiten eines Referendars auch Stellungnahmen zu diversen rechtlichen Fragestellungen. Letztlich hatte ich noch die Gelegenheit, einen Vortrag über das Thema „Strafzumessung in Deutschland“ zu halten. Ein persönliches Highlight war für mich die Teilnahme an einem Trainingsmodul, das für die Ermittler der Weltbank und der UNO organisiert wurde. Hier konnten wir uns mit Mitarbeitern der Vereinten Nationen austauschen und dadurch einen vertieften Einblick in die Arbeitsweise einer weiteren internationalen Organisation erhalten. Neben dem wirklich einzigartigen internationalen Arbeitsumfeld trug auch das Leben in der Hauptstadt der USA dazu bei, dass ich die Station als sehr gelungen empfunden habe. Ich kann eine Wahlstation bei der Weltbank jedenfalls uneingeschränkt empfehlen.

„Auktionen sind ein hartes Geschäft“

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Marco Peege, 42 Jahre, schloss 1995 sein Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg ab. Nach seinem Rechtsreferendariat arbeitet er seit 1998 als Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Kunsthandel und Auktionshandel. Als Auktionator ist der zweifache Familienvater im Auktionshaus der Familie in Freiburg tätig, das von seinem Vater geführt wird. Das Interview führte André Boße

Marco Peege, Foto: Marco Peege
Marco Peege, Foto: Marco Peege
Sie arbeiten sowohl als Anwalt als auch als Auktionator. Jurist darf sich nur nennen, wer sein Studium abgeschlossen hat. Ist der Beruf des Auktionators eigentlich auch geschützt? Für den Beruf des Auktionators gibt es keine bestimmte Ausbildung. Um ihn auszuüben, benötigt man eine Versteigerungserlaubnis, die durch die Gewerbebehörde erteilt wird. Auf diese Erlaubnis hat im Prinzip jeder Anspruch, der nicht in gewissem Maß vorbestraft ist und der in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt – also nicht in die Privatinsolvenz gegangen ist. Hat man die Versteigerungserlaubnis, kann man sein Auktionsgewerbe anmelden, und schon kann es losgehen. Nun sind Sie bestellter und vereidigter Kunstversteigerer, wie erreicht man diesen Status? Nach der Gewerbeordnung werden besonders sachkundige Versteigerer auf Antrag öffentlich bestellt und vereidigt. Diese besondere Sachkunde muss man durch eine fünfjährige Erfahrung als Auktionator sowie durch eine Fach- und Sachkundeprüfung nachweisen. Was darf der bestellte und vereidigte Versteigerer, was andere nicht dürfen? Nur er führt öffentliche Versteigerungen im Rechtssinne durch und darf zum Beispiel Pfandsachen versteigern. Mit welchen Rechtsbereichen kommt ein Auktionator in Berührung? Das ist ein sehr weites Feld. Im Zentrum steht sicher das Kaufrecht mit allen Facetten von der Gewährleistung bis zum Fernabsatz. Eine Rolle spielen aber auch das Urheber- und das Steuerrecht sowie Themen wie zum Beispiel Kulturgüterschutz oder die Restitution von Raubkunst. Die Kunstwerke, die Sie versteigern, sind in der Regel sehr alt. Ist der Bereich des Auktionsrechts dennoch einer, der sich in einem stetigen Wandel befindet? Im Grunde funktionieren Auktionen seit ewigen Zeiten gleich. Dennoch müssen sie sich aber natürlich an die aktuelle Rechtsentwicklung anpassen. Es gab und gibt zum Beispiel Gesetzesdynamik beim Kulturgüterschutz oder auch im Bereich des internationalen Rechts, vor allem mit Hinblick auf die Gesetzgebung der EU. Entscheidend ist sicher, dass das Auktionsrecht heute nicht mehr regional oder national begrenzt wahrgenommen werden kann: Da der Markt durch die Internetentwicklung praktisch keine Grenzen mehr kennt, werden internationale Fragen immer wichtiger. Angenommen, ein frischgebackener Jura-Absolvent interessiert sich für einen Seiteneinstieg ins Auktionsgeschäft. Welche zusätzlichen Qualitäten muss er sich aneignen? Jeder, der einsteigen möchte, sollte eines wissen: Das Auktionsgewerbe ist ein hartes Geschäft. Neben Rechtskenntnissen benötigt man vor allem betriebswirtschaftliche Kompetenz. Natürlich sollte man auch von der Materie Ahnung haben – wobei man nicht gleich Kunsthistoriker sein muss, um diesen Beruf auszuüben. Ich beobachte, dass sich bei den größeren Auktionshäusern zum Teil Juristen in der Geschäftsleitung finden; die weltweit renommiertesten Häuser unterhalten eigene Rechtsabteilungen. Der Einstieg funktioniert in vielen Fällen über persönliche Kontakte oder, wie bei mir, über das Elternhaus. Der Rest ist dann zumeist Learning by Doing. Wann profitieren Sie als Auktionator ganz direkt von Ihrem breiten juristischen Fachwissen als Anwalt? Angenommen man hat es mit einer Nachlassverwertung zu tun. Dann ist es natürlich von Vorteil, wenn man über Kenntnisse zum Erbrecht verfügt, weil man dann schon im Vorfeld gewisse Komplikationen durchschaut, die auftreten können. Auch wenn ein Auktionator kein Kunsthistoriker sein muss: Ein Liebhaber der Kunst sollte er aber schon sein, oder? Ja. Man merkt schon, dass bei den meisten erfolgreichen Auktionatoren der Beruf auch gleichzeitig Berufung ist. Welchen Hammerschlag empfinden Sie denn als spannender: den im Gerichtssaal nach dem Urteil oder den im Auktionshaus nach einer vollzogenen Versteigerung? Eines vorweg: Ich habe in 14 Jahren Erfahrung als Rechtsanwalt noch keinen einzigen Hammer in einem Gerichtssaal gesehen. Zu Ihrer Frage: Da ein Urteil im Zivilprozess zumeist erst Wochen nach der Verhandlung schriftlich zugestellt wird, ist die Spannung im Gerichtssaal – oder im Richterzimmer, wo meist verhandelt wird – nicht besonders hoch. Da ist eine Auktion schon deutlich spannender. Verraten Sie uns zum Abschluss das Kunstobjekt, mit dem Sie als Auktionator bislang den höchsten Preis erzielen konnten? Kurioserweise habe ich den bis dato höchsten Zuschlag bei der Versteigerung eines virtuellen Gutes erzielt: der Versteigerung einer Internetdomain für 695.000 Euro.

Auktionator

Versteigerer oder Auktionator ist eine eigenständige Berufsbezeichnung, die fast jeder erwerben kann. Eine abgeschlossene Berufsausbildung jedweder Art ist Voraussetzung, um ein zweitägiges Versteigerer- Seminar zu absolvieren. Der Abschluss wird auch Online-Auktionatoren angeraten. Zulassungsstelle für den „öffentlich bestellten und vereidigten Auktionator“ ist die jeweilige Industrie- und Handelskammer. Versteigerer müssen nicht immer in festen Auktionshäusern arbeiten. Viele konzentrieren sich auf ein bestimmtes Spezialgebiet, für das sie bundesweit tätig werden. Zu ihren Aufträgen gehören zum Beispiel Haushaltsauflösungen, Insolvenzversteigerungen oder Fundsachenauktionen. Die IHK Potsdam hat die Gesetze zur Tätigkeit als Versteigerer ins Netz gestellt: www.potsdam.ihk24.de Eine Teilnahme an diesem Seminar eröffnet den neuen Berufsweg als Auktionator: www.versteigerer-seminar.de Quelle: www.auktionshaeuser.com

Reisen bildet

Die beruflichen Perspektiven für Spezialisten im europäischen Reiserecht und im Passagierrecht sind glänzend. Der europäische Gesetzgeber harmonisiert die vielen Rechtsgebiete des Reiserechts auch zukünftig. Spezialisten sind daher gefragt. Von Jan Bartholl

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“, wusste schon der Dichter Matthias Claudius. Die unerfreulichen Geschehnisse des Urlaubs werden im Nachhinein aufgearbeitet. Eine Reise besteht aus fünfzig Prozent Vorfreude und aus fünfzig Prozent Nachsorge. Im Rahmen der Nachsorge kommen Reiserechtsanwälte ins Spiel. Deren Arbeit ist abwechslungsreich. Der Urlaub soll die schönste Zeit des Jahres sein. Geht etwas schief, ist die Frage der Entschädigung nicht weit. Reiserechtliche Rechtsstreitigkeiten sind immer emotionsgeladen. Daher geht die Beratung durch den Rechtsanwalt weit über rein rechtliche Fragestellungen hinaus. Das persönliche Gespräch ist für viele Betroffene besonders wichtig. Daher sollte ein Rechtsanwalt im Reiserecht gut zuhören und gezielt Fragen stellen können. „Reiserecht“ ist häufig die Chiffre für die verschiedenen Rechtsgebiete Reisevertragsrecht, europäische Fluggastrechte, Gepäckschadensrecht, Luftverkehrsrecht und Luftfahrtrecht. Das europäische Fluggastrecht ist ein junges Rechtsgebiet und daher sehr spannend. Auf Grund der nur spärlich harmonisierten gesetzlichen Regelungen basiert die Rechtsentwicklung vor allem auf case law. Die Rechtsprechung im Passagierrecht entwickelt sich rasant. Für Rechtsanwälte im Bereich der europäischen Fluggastrechte ist es faszinierend, aktiv an der Entwicklung eines derart jungen Rechtsgebietes mitwirken zu können. Die angerufenen Gerichte sind auf Grund der vielen offenen Rechtsfragen häufig bereit, ungeklärte Rechtsfragen dem EuGH vorzulegen. Wer als Rechtsanwalt verzwickte Rechtsfragen lösen will, kann hier glänzen. Immer häufiger wird versucht, Rechtsstreitigkeiten im Reise- und Luftverkehrsrecht gütlich im Rahmen einer Schlichtung beizulegen. Diese bietet Rechtsanwälten ein ganz neues Betätigungsfeld. Schlichtungsstellen für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über Passagierrechte oder Fluggastrechte werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Rechtsanwälte mit Verhandlungskompetenzen und Spezialkenntnissen im europäischen Luftverkehrsrecht werden gefragt sein. Eine weitere interessante Disziplin des Reiserechts ist die Vertragserstellung und -gestaltung. Von der Gestaltung allgemeiner Reisebedingungen europäischer Reiseveranstalter über Haftungsfragen aus Geschäftsprozessen von Reisebüros und kleinen Reiseunternehmern ist die kautelarjuristische Arbeit eines Rechtsanwaltes für Reiserecht die hohe Kunst, aufkommende Konfliktherde zu erkennen und diese elegant zu umschiffen.

Leidenschaft für Kultur

Nicht zuletzt durch die Politik ist das Rechtsgebiet Urheberrecht derzeit in aller Munde. Grundlegende Fragestellungen müssen geklärt werden, und im Anschluss stehen viele Veränderungen an. Hervorragende Entwicklungsmöglichkeit mit vielfältigen Aufgaben also für Absolventen mit Interesse an Medien und Kultur, die sich auf diesen Bereich spezialisieren wollen. Von Dr. Axel von Walter

Wie kaum ein anderes Rechtsgebiet wurde zuletzt das Urheberrecht in sehr kurzer Zeit aus der Orchideennische in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit katapultiert. Mit dem Erstarken der Piratenpartei, der Diskussion um das Anti- Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) oder Leistungsschutzrechte für Presseverleger und der in den Massenmedien begleiteten Strafverfahren zu kino.to ist eine breite gesellschaftliche Debatte über das Urheberrecht als solches entbrannt. Letztendlich ist die Auseinandersetzung um das Urheberrecht und die begleitenden Leistungsschutzrechte nur Symptom der grundlegenden Fragestellung einer Informationsgesellschaft: Wem gehören die Informationen, wie weit reicht die Verfügungsgewalt der Kreativen über ihre Werke? Jahrzehntelang galt das Urheberrecht als Rechtsgebiet für Juristen mit Faible für Kunst und Kultur. Mit der Verbreitung elektronischer Medien avancierte das Urheberrecht nun zu einem grundlegenden Rechtsgebiet mit wirtschaftlich herausgehobener Bedeutung, und diese wird mit neuen Medienformen und innovativen Medienprodukten zunehmen. Juristen, die sich mit dem Urheberrecht beschäftigen, sollten Interesse und Leidenschaft für Kultur und Medien mitbringen und vor dem Hintergrund der neuen Medien innovativen Geschäftsmodellen der Mandanten aufgeschlossen sein. Es handelt sich beim Urheberrecht um ein traditionsreiches Rechtsgebiet, dem eigenständige Prinzipien und eine spezifische Dogmatik zugrunde liegen. In der Ausbildung findet man den Zugang zum Urheberrecht meist über die Schwerpunktausbildung an den Universitäten im geistigen Eigentum (IP-Recht, englisch: intellectual property, kurz IP). Die Faszination, die vom Urheberrecht ausgeht, liegt in der Möglichkeit, an innovativen Medienprodukten mitzuarbeiten und dabei mit vielfältigen neuen Rechtsfragen konfrontiert zu werden, die einer tieferen rechtlichen Analyse bedürfen. Durch die grenzüberschreitende Mediennutzung im Internet hat das Urheberrecht auch eine starke internationale Perspektive. Die Tätigkeitsfelder für im Urheberrecht beratende Juristen sind abwechslungsreich und vielfältig. Sie gestalten und verhandeln Verträge über Informationen und Inhalte, die den Rohstoff für die gesamte Kultur-/ Kreativ-/Medienwirtschaft bilden. In den neuen Medien begleiten sie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Auf Urheberrecht spezialisierte Rechtsanwälte setzen Urheberrechte oder Leistungsschutzrechte nötigenfalls auch gerichtlich durch, sodass auch die klassische Prozessführung Teil des vielfältigen Aufgabenspektrums ist.

Langweilig war gestern

Die Zeiten staubiger Aktenberge sind lange vorbei: Im bunten Internetzeitalter ist die Anwendung des Datenschutzrechts genauso spannend und vielseitig wie die Internetangebote selbst. Wer keine Berührungsängste vor ständig neuen Entwicklungen und Spaß an der Gestaltung und dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen hat, kann im Datenschutz ein spannendes und abwechslungsreiches Betätigungsfeld als Anwalt finden. Von Dr. Bettina Enderle und Dr. Thorsten Thaysen

Bereits 1983 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass persönliche Daten nicht belanglos sind, und begründete dies mit den Auswertungsmöglichkeiten automatisierter Datenverarbeitungssysteme. Heute ist es jedoch möglich, Daten in einem Ausmaß zu sammeln, auszuwerten und zu verwenden, wie es vor 30 Jahren nicht absehbar war. Die Menge der „nicht belanglosen“ Daten hat seitdem erheblich zugenommen. Das Datenschutzrecht schränkt jedoch die technischen Möglichkeiten des Umganges mit Daten durch rechtliche Vorgaben ein. In Deutschland wird der Datenschutz vor allem durch das Bundesdatenschutzgesetz und für elektronische Medien, zum Beispiel soziale Netzwerke, durch das Telemediengesetz geregelt. Ein Umgang mit personenbezogenen Daten ist danach nur zulässig, wenn eine spezielle Vorschrift dies erlaubt oder die Person – der sogenannte Betroffene – eingewilligt hat, auf die sich die Daten beziehen. So dürfen beispielsweise die für die Durchführung eines Vertrages erforderlichen personenbezogenen Daten verwendet werden, ohne dass der Betroffene eingewilligt hat. Er muss jedoch einwilligen, wenn sie für Werbezwecke verwendet werden sollen. Nehmen wir als Beispiel den Einsatz von Analysesoftware, etwa Google Analytics, auf Internetseiten. Diese Software wertet das Nutzungsverhalten der Besucher aus und erstellt Nutzungsprofile, womit die Gestaltung der Internetseite für eigene Angebote und fremde Werbeanzeigen optimiert wird. Der Einsatz von Analysesoftware ist mit zahlreichen datenschutzrechtlichen Problemen verbunden, wie bei der Erstellung und Weitergabe von Kundenprofilen. Im Fall von Google Analytics haben die Datenschutzbehörden Kriterien entwickelt, bei deren Einhaltung der Einsatz der Software datenschutzrechtlich zulässig ist. Anwälte in internationalen Großkanzleien beraten vor allem Unternehmen und Banken im Datenschutzrecht, etwa im Rahmen von Unternehmenskäufen und Fusionen (M&A), bei der Verwendung von Arbeitnehmerdaten und Marketingprojekten. Dabei setzen sie Rechtspositionen auch in Verfahren vor den Datenschutzbeauftragten oder vor den Gerichten bis hin zum Bundesverfassungsgericht durch. Außerdem entwickeln Anwälte zusammen mit dem Mandanten kreative Lösungen, wenn das geplante Vorhaben mit den Vorgaben des Datenschutzes nicht vereinbar ist. Zuweilen schaltet der Mandant den Anwalt auch erst ein, wenn die Aufsichtsbehörden bereits ein Verfahren eingeleitet haben. Dann geht es darum, einen möglichst positiven Ausgang für den Mandanten zu erreichen.

Recht 2.0

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Neben den „Klassikern“ Promotion und Master of Laws (LL.M.) im Ausland erfreut sich auch der LL.M. an deutschen Hochschulen wachsender Beliebtheit. Mit dem Inlands-LL.M. werden Spezialkenntnisse auf solchen Gebieten des deutschen Rechts erworben, an denen die Juristenausbildung vorbeigeht. Zu den zukunftsträchtigsten dieser Rechtsgebiete zählt das Informationsrecht. Von Marc Menrath

Computertechnologie und Internet haben in den vergangenen 20 Jahren den Alltag vieler Menschen weltweit revolutioniert. Ob soziale Netzwerke, Software, Musiktauschbörsen, Online-Banking oder Internetshopping – die moderne Technik beeinflusst ganze Lebensbereiche. Das geltende Recht steht vor der Aufgabe, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und Lösungen für ständig neue, zuvor unbekannte Herausforderungen zu finden, etwa beim Datenschutz, der Computerkriminalität, der Vertragsgestaltung oder dem Urheberrecht. Das Gebiet, das grob formuliert die rechtliche Würdigung der Informationstechnologie von der Basisinfrastruktur bis hin zur Nutzung erfasst, lässt sich mit dem Oberbegriff Informationsrecht umschreiben. Ein Jurist, der sich im Informationsrecht fortbilden will, sieht sich mit der Schwierigkeit konfrontiert, zunächst hinsichtlich der technischen Grundlagen auf sicheren Füßen zu stehen. Auch deshalb handelt es sich beim Informationsrecht trotz seines weitläufigen Umfangs um einen eigenen Mikrokosmos, welcher Jurastudenten oder Rechtsreferendaren üblicherweise verschlossen bleibt. In diese Nische kann ein Masterstudiengang im Informationsrecht stoßen, wie ihn die Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf anbietet. Der Masterstudiengang Der Studiengang Informationsrecht in Düsseldorf ist ein zweisemestriger Weiterbildungsstudiengang, der berufsbegleitend ausgerichtet ist. Neben dem akademischen Grad des Master of Laws erwirbt der Studienteilnehmer mit erfolgreichem Bestreiten des Studienganges auch die theoretischen Kenntnisse für den Fachanwalt Informationstechnologierecht nach der Fachanwaltsordnung. Der Studiengang unterteilt sich in insgesamt sechs Module, welche jeweils zwei Monate dauern: Im sogenannten interdisziplinären Modul werden zu Beginn technische und rechtliche Grundlagen vermittelt, an die im Fortgang des Studiums angeknüpft wird. Anschließend folgen nacheinander die drei Fachmodule im IT-Recht, Medienrecht und Telekommunikationsrecht. Im Modul IT-Recht dreht sich alles um die Rechtsfragen des Gebrauchs von Informationstechnologie insbesondere im Geschäftsverkehr. So kann Informationstechnologie einerseits dazu genutzt werden, Verträge abzuschließen (etwa per E-Mail oder bei eBay), sie kann aber auch selbst Gegenstand von Verträgen sein (zum Beispiel beim Kauf von Hard- oder Software oder beim Outsourcing von IT). Stärker um die durch Informationstechnologie transportierten Inhalte geht es im Fachmodul Medienrecht. Die Teilnehmer lernen hier unter anderem, wo die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit bei Presseäußerungen sowie dem Verbreiten jugendgefährdender oder volksverhetzender Inhalte im Internet liegen, welche Risiken die Nutzung von Internettauschbörsen und Streaming-Portalen birgt und was eigentlich „Skimming“ und „Pharming“ sind. Das Fachmodul Telekommunikationsrecht deckt besonders den Bereich ab, der das Haupttätigkeitsfeld größerer IT-Rechts-Kanzleien bildet – nämlich regulatorische, kartell- und wettbewerbsrechtliche Fragestellungen im Telekommunikationssektor. Rechtsprobleme dieser Art bietet beispielsweise derzeit der Mobilfunkmarkt in Europa, der durch die Etablierung des Smartphones boomt. Vorlesungen, E-Learning und Fallstudien Passend zum zukunftsorientierten Rechtsgebiet findet die Vermittlung der Lerninhalte nicht nur auf altbewährte Weise in Vorlesungen statt, sondern auch in Form sogenannter E-Learning-Einheiten oder Fallstudien. Die Studenten haben beim E-Learning die Möglichkeit, am heimischen Computer den Stoff einer Vorlesung auf interaktive Weise zu erlernen. Bei der Fallstudie simulieren die Teilnehmer anhand eines konkreten Falles beispielsweise eine Vertragsverhandlung zweier Parteien mit gegensätzlichen Interessen, worauf sie sich zuvor in zwei Teams vorbereitet haben. Die ersten vier Module enden jeweils mit einer mehrstündigen schriftlichen Prüfung. Im fünften Modul müssen die Studenten an einem Seminar teilnehmen, während das sechste Modul schließlich die Anfertigung der Masterarbeit beinhaltet. Aufgrund des nicht abnehmenden Interesses an Informationstechnologie und des unentwegten technischen Fortschritts im Bereich Computer, Internet oder Mobilfunk handelt es sich beim Informationsrecht um ein äußerst attraktives Rechtsgebiet für Nachwuchsjuristen. Besonders gute Chancen, ihren Platz in der Welt des Informationsrechts zu finden, haben diejenigen, die sich auch abseits juristischer Pfade im Computer- oder Medienbereich kreativ bewegen, zum Beispiel als Programmierer oder Journalisten. Doch auch für die anderen sieht es gut aus: Die Befragung früherer LL.M.-Absolventen in Düsseldorf ergab ein breites Feld möglicher Tätigkeiten für Informationsrechtler. Gefragt sind sie vor allem in Rechts-, Marken- oder Patentabteilungen von größeren Medien- und Softwareunternehmen, in Branchenverbänden sowie in IT-rechtlich spezialisierten Anwaltskanzleien.

LL.M. Informationsrecht

Den Masterstudiengang Informationsrecht bieten zurzeit nur folgende Universitäten in Deutschland an: Universität Oldenburg: www.uni-oldenburg.de Universität Düsseldorf: www.uni-duesseldorf.de

Wie wird man eigentlich Notar, Herr Klingler?

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Marius Klingler ist Notarassessor bei der Bundesnotarkammer in Berlin. Der Jurist arbeitete zunächst einige Jahre als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei, bevor er sich entschied, Notar zu werden. Als Notariatsverwalter leitete er bereits kommissarisch ein Notariat, dann wurde er an die Bundesnotarkammer abgeordnet. Von Meike Nachtwey

Marius Klingler, Foto: privat
Marius Klingler, Foto: privat
Marius Klingler hat sich bei der Landesjustizverwaltung Nordrhein-Westfalen als Notarassessor beworben. Notarstellen sind begrenzt; deshalb werden nur so viele Notarassessorenstellen ausgeschrieben, wie voraussichtlich ein paar Jahre später Notarstellen frei werden. Daher sind auch die Stellen für Notarassessoren begrenzt. „Die Hürde ist also, zunächst Notarassessor zu werden“, so Marius Klingler. „Ist man das einmal, kann man sehr sicher sein, dass man irgendwann Notar wird.“ In Deutschland gibt es historisch bedingt zwei unterschiedliche Notariatsformen: das hauptberufliche Notariat, auch „Nur-Notariat“ genannt, und das Anwaltsnotariat. Bei der ersten Form ist man ausschließlich Notar, bei der zweiten Form ist man Rechtsanwalt und Notar gleichzeitig. Die Form hängt vom Bundesland beziehungsweise der Region ab: Im Rheinland gibt es zum Beispiel das Nur-Notariat, in Berlin ist man Rechtsanwalt und Notar. In Baden-Württemberg gibt es derzeit noch beide Formen und eine dritte Form, das Amtsnotariat.

Fünf Jahre Erfahrung als Anwalt ist Voraussetzung für den Anwaltsnotar

Wer Anwaltsnotar werden will, muss mindestens drei Jahre an dem Ort, an dem er Notar werden will, als Rechtsanwalt tätig gewesen sein, und insgesamt mindestens fünf Jahre. Vor allem aber muss er die notarielle Fachprüfung ablegen, die wie ein kleines 3. Staatsexamen ist. Wenn er diese besteht, kann er sich auf freie Notarstellen bewerben und wird dann zusätzlich zu seinem Anwaltsberuf zum Notar ernannt.
Nur wer für fähig befunden wird, wird zum Notarassessor ernannt
Im Bereich des hauptberuflichen Notariats wird man hingegen – wie Klingler – erst Notarassessor, also Notaranwärter. Darauf kann man sich nach dem bestandenen 2. Staatsexamen bewerben. Vor der Ernennung zum Notarassessor findet ein Auswahlgespräch mit dem OLGPräsidenten und der Notarkammer statt. „Nur wer dabei für fähig befunden wird, wird zum Notarassessor ernannt“, erläutert Klingler. Anschließend muss der Bewerber in der Regel drei Jahre warten, bis er sich auf freie Notarstellen bewerben kann. In dieser Zeit wird er einem Notar zur praktischen Ausbildung zugewiesen. Zu den Aufgaben der Notarassessoren gehört es auch, Notare bei Krankheit oder Urlaub zu vertreten – und zwar bezirksweit. „So komme ich innerhalb meines Kammerbezirks viel herum und lerne unterschiedliche Notariate kennen“, erzählt Klingler. Außerdem besuchen die Notarassessoren Fortbildungsveranstaltungen, die nicht nur Fachwissen, sondern auch Soft Skills vermitteln, wie Verhandlungs- und Kommunikationstechniken oder Mediation. „Da die Mandanten einem Notar großes Vertrauen entgegenbringen, sollte er dieses auch ausstrahlen“, meint Marius Klingler.

Ein Notar muss nicht wie ein Anwalt kämpfen

Notar ist kein kämpferischer Beruf wie Anwalt, da er zur Unparteilichkeit verpflichtet ist, deshalb hält Klingler ein ausgleichendes Wesen für vorteilhaft. Darüber hinaus sollte ein Notar geduldig sein und gut erklären können, da er komplexe juristische Sachverhalte ganz unterschiedlichen Menschen darlegen muss. Nicht zuletzt deshalb muss er Menschen und ihre Interessenlagen sehr schnell einschätzen können.
Ich bin nicht wie ein Rechtsanwalt gezwungen, eine Sache gegen meine Überzeugung durchzudrücken.
Die Tätigkeitsgebiete eines Notars sind begrenzt: Zu den Hauptaufgaben gehört die Beurkundung von Rechtsgeschäften im Immobilienrecht, im Familien- und Erbrecht und im Gesellschaftsrecht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beratung der Beteiligten und auf der Gestaltung der Urkunde sowie der anschließenden Abwicklung des Geschäfts. Er berät die Beteiligten rechtlich sowie unparteiisch und zeigt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten auf. Dabei wird er in der Regel mit einem Urkundsentwurf beauftragt und nimmt schließlich die Beurkundung vor. Marius Klingler reizt besonders die große Freiheit und Selbstbestimmtheit, die er durch die Zwitterstellung zwischen öffentlichem Amt und Freiberuflerdasein genießt. „Auch die Unparteilichkeit ist für mich attraktiv, da ich nicht wie ein Rechtsanwalt gezwungen bin, eine Sache gegen meine Überzeugung durchzudrücken.“ Persönlich ist für ihn befriedigend, „dass ich mit vielen ganz unterschiedlichen Menschen zu tun habe, die mir in Angelegenheiten, die für sie in der Regel sehr wichtig sind, großes Vertrauen schenken“.

Notar in Ausbildung: Die „Sonderverwendung“

Seit zwei Jahren ist Marius Klingler nun in einer sogenannten „Sonderverwendung“: Er ist ausnahmsweise keinem Notar zur Ausbildung zugewiesen, sondern in die Geschäftsführung der Bundesnotarkammer in Berlin abgeordnet. Sie vertritt die deutschen Notare im nationalen und internationalen Bereich, wirkt in Gesetzgebungsverfahren mit und sorgt für die Fortbildung der Notare. Bei der Bundesnotarkammer ist Klingler vor allem für den elektronischen Rechtsverkehr zuständig. „Es ist sehr spannend, an der Zukunft des eigenen Berufsstandes und an Gesetzgebungsverfahren mitzuarbeiten. Die Arbeit eröffnet neue Perspektiven auf den eigenen Beruf. Gerade im elektronischen Rechtsverkehr ist bei der Bundesnotarkammer unheimlich viel in Bewegung; die Notare gelten auf dem Gebiet als Vorreiter. Die Zusammenhänge zwischen technischen, rechtlichen und berufspolitischen Fragen hat man als Jurist normalerweise nicht so auf dem Schirm. Für mich ist das eine Bereicherung. Dennoch oder gerade deshalb freue ich mich noch immer darauf, Notar in meiner rheinischen Heimat zu werden.“

Job-Steckbrief Notar

Ausbildung Jurastudium, drei Jahre praktische Tätigkeit als Notarassessor Voraussetzungen Hervorragende Staatsexamina (mindestens „vollbefriedigend“), Ernennung durch das zuständige OLG, Unparteilichkeit, Menschenkenntnis, Einfühlungsvermögen, Geduld, Kommunikationsfähigkeit, Vertrauen erweckend. Gehalt Es gibt eine Gebührenordnung, die nicht verhandelbar ist. Als Notarassessor bekommt man das Äquivalent zur Einstiegsbesoldung eines Richters (R1). Literatur Kersten/Bühling: Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Heymanns Verlag Köln; 26. Aufl. 2018. ISBN 978-3452290083. 319 Euro (Amazon-Werbelink) Dr. Peter Limmer, Christian Hertel, Dr. Norbert Frenz (Hrsg.): Würzburger Notarhandbuch. Heymanns Verlag Köln, 5. Auflage 2017. ISBN 978-3452288356. 249 Euro (Amazon-Werbelink) Informationen unter www.bnotk.de Fachliteratur unter www.notarverlag.de

Interview mit Jürgen Bock

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Jürgen Bock hat Jura studiert und als Rechtsanwalt gearbeitet, bevor er als Berater und Business-Coach tätig wurde. Heute hält er Vorträge zu Themen wie Persönlichkeitsentwicklung und ist bei Otto für den Bereich Kulturentwicklung und Corporate Values zuständig. Er ist überzeugt, dass Karriere sich nicht erzwingen lässt, aber fast von selbst läuft, wenn man tut, was man liebt. Das Interview führte Meike Nachtwey.

Zur Person Jürgen Bock

Jürgen Bock, 60 Jahre, studierte Jura und arbeitete zunächst bei der Otto Group als Leiter Kunden- und Handelsrecht in der Rechtsabteilung und als Leiter des juristischen Referats, daneben war er als Rechtsanwalt in eigener Kanzlei tätig. 1989 wechselte er als Leiter Personalmarketing in den Personalbereich. Anschließend war er 13 Jahre Leiter der Personalentwicklung. Seit 2005 arbeitet Jürgen Bock als Berater und Businesscoach, er hält Vorträge zu den Themen „Persönlichkeits-Entwicklung“ und „Unternehmenskultur-Entwicklung“ und leitet gleichzeitig den Bereich „Kulturentwicklung und Corporate Values“ der Otto Group. http://jürgenbock.de
Herr Bock, Sie haben Jura studiert und als Anwalt gearbeitet. Was hat Ihnen daran am meisten Spaß gemacht? Die Logik des Argumentierens und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen. Heute sind Sie Coach und im Bereich Unternehmenskultur tätig. Wieso haben Sie Ihren Beruf geändert? Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich erkannt habe, dass mir die derzeitige Arbeit keine Freude mehr macht, und habe entdeckt, dass ich noch andere Talente in mir habe. Woher wussten Sie, dass der neue Job der richtige für Sie ist? Ich hatte das Gefühl, dass ich in dem Beruf richtig bin und meine Talente dort einsetzen kann. Steve Jobs hat mal gesagt: Du musst herausfinden, was du wirklich liebst! Im richtigen Job ist es wie in einer Liebesbeziehung: Wenn ich einfach nur da bin, weil ich nichts Besseres gefunden habe, ist das die falsche Stelle, der falsche Job. Es geht darum, für sich den richtigen Platz zu finden. Wie entdeckt man seine Talente, um den richtigen Platz zu finden? Testen und erkennen. Dabei sollte man auf seinen Bauch hören. Und manchmal muss man auch seine Angst überwinden. Oft ist es schwer zu unterscheiden, was man nicht mag und wovor man nur deshalb Angst hat, weil es für einen neu ist. Man muss auch mal bereit sein, aus seiner Komfortzone herauszutreten. Wie bringen Sie Führungskräfte dazu, ihre Komfortzone zu verlassen? Im Unternehmen ist es nicht so schwierig, auch wenn die Leute erst einmal komisch gucken, wenn sie singen oder tanzen sollen. Es geht dann einerseits darum, dass ich überzeugt bin von dem, was ich tue, und das Gefühl vermittle: Wir machen das jetzt, und daran gibt es auch keinen Zweifel, und wir fangen jetzt an. Wenn sie dann nach zwei, drei Minuten merken: „Och, geht ja irgendwie“, dann machen sie auch mit. Ab und zu muss ich aber auch Widerstände der Mitarbeiter aushalten können. Andererseits muss die Aufgabe, die ich als Coach den Mitarbeitern stelle, vor allem auch sinnhaftig sein, die Mitarbeiter müssen erkennen, dass die Übung eine Bedeutung für das Thema hat. Und wenn man seine Komfortzone verlassen hat, findet man den Job, den man liebt? Um den Job zu finden, den man liebt, sollte man sich selbst und seine Persönlichkeit kennen, mit den eigenen Stärken und Mustern, die einen auch immer wieder behindern, um daran arbeiten zu können. Ich habe drei Lieblingssätze zum Thema Arbeit. Erstens: Arbeit macht Spaß oder krank. Burnout entsteht dadurch, dass ich an der falschen Stelle bin. Wenn ich Spaß habe, läuft‘s wie geschmiert. Zweitens: „You get paid for the bad times in your job.“ Das bedeutet, ich sollte ein hohes Schmerzensgeld für die hoffentlich seltenen Momente in meinem Leben bekommen, in denen das Arbeiten unangenehm ist. Ansonsten sollte es möglichst so sein, dass ich ganz viel Zeit in Themen investiere, die mir Spaß machen. Und drittens halte ich es mit Konfuzius: Wenn du tun kannst, was du gern tust, musst du dein ganzes Leben nicht arbeiten. Als Coach sind Sie selbst viel unterwegs – wie gelingt Ihnen eine gesunde Work-Life-Balance? Work-Life-Balance impliziert, dass es einen Unterschied zwischen Arbeit und Leben gibt. Bei mir ist Arbeit und Privatleben ein einheitliches Bild, ich tue gern, was ich tue, und empfinde Arbeit insofern weder als Arbeit noch als unangenehm. Was raten Sie im Hinblick auf die Work-Life-Balance jungen Anwälten, die oft mehr als die normale 40-Stunden- Woche arbeiten müssen, wenn sie Karriere machen wollen? Am Anfang einer Karriere muss ich mich voll reinhängen, da steht Arbeit an erster Stelle. Aber irgendwann sollte ich mir eine Strategie zurechtlegen, zum Beispiel mithilfe eines Coaches. Mit ihm sollte ich erarbeiten, wie ich mich besser abgrenzen kann, sodass mein Leben nicht nur aus Arbeit besteht. Gleichzeitig sollte ich immer darauf achten, ob mir die Arbeit noch Spaß macht oder ob schon eine Grenze erreicht ist, an der es mir zu viel wird. Denn müssen muss man nichts, es gibt auch andere Wege, Arbeit und Privatleben miteinander zu verbinden. Ich sollte mich nur auf die Reise begeben, und ich muss genügend Motivation haben, um das Bessere zu finden. Spätestens wenn ich krank werde, sollte ich darüber nachdenken, was ich ändern muss. Aber soweit muss es nicht kommen, es gibt auch schon ein Stadium vor dem Krank- und Ausgebranntsein. Oft sind Karrierewege in den Kanzleien aber so eng vorgegeben, dass man nicht das Gefühl von Wahlfreiheit hat. Wie nehme ich mein Leben selbst in die Hand? Zum Regisseur meines Lebens werde ich, indem ich selbst-bewusst bin, das heißt, ich kenne mich und meine Muster, übernehme Verantwortung für mein Denken, Fühlen und Handeln. Ich kann mich auf mich verlassen, weil ich meine Vereinbarungen einhalte, und bin bereit zu lernen, weil ich mich außerhalb der Komfortzone bewege und über meine selbstgesetzten Grenzen hinausgehe. Der Rest ergibt sich daraus allein. Also: Wie ich aufgestellt bin, ist viel wichtiger als das äußere Spiel, ob man mich befördert. Denn nur wenn ich für mich gut aufgestellt bin, kann ich mit allem gut umgehen, was auf mich zukommt. Wenn ich zum Beispiel nicht befördert werde, sollte ich mich fragen, was ich in meinem Auftreten und in meiner Wirkung ändern muss. Karriere kann man nicht erzwingen, sondern man muss sein Bestes geben und abwarten, was daraus wird. Wenn ich der Richtige zur richtigen Zeit für den richtigen Job bin, dann ergeben sich die Dinge. Das muss leicht und einfach gehen. Und wenn es nicht leicht geht, sondern sich Widerstände auftun, muss ich überlegen, warum das so ist und welche Bedeutung diese Widerstände für mich haben. Haben Sie selbst Niederlagen in Ihrem Job erlebt? Und wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen? Ich wurde auch mal nicht befördert. Das war dann aber keine Niederlage, sondern ich habe erkannt, dass es etwas Besseres für mich gibt. Karriere hat immer etwas mit dem Ego zu tun, weniger mit der inneren Zufriedenheit, sondern mit etwas, das von außen kommt. Innerlich sollte ich mich fragen, ob ich glücklich bin mit dem, was ich tue, ob ich mich hier an dieser Stelle wohlfühle. Eine innere Zufriedenheit ist wichtiger als äußere Titel oder Beförderungen.

Zum Unternehmen

1949 in Deutschland gegründet, ist die Otto Group heute eine weltweit agierende Handels- und Dienstleistungsgruppe mit rund 53.100 Mitarbeitern. Die Gruppe ist mit 123 wesentlichen Unternehmen in mehr als 20 Ländern Europas, Nord- und Südamerikas und Asiens präsent. Ihre Geschäftstätigkeit erstreckt sich auf die drei Segmente Multichannel-Einzelhandel, Finanzdienstleistungen und Service. Im Geschäftsjahr 2011/12 erwirtschaftete die Otto Group einen Umsatz von 11,6 Milliarden Euro. Sie ist weltweit größter Online-Händler für Fashion und Lifestyle und weltweit zweitgrößter Online-Händler mit dem Endverbraucher. Kataloggeschäft, E-Commerce und der stationäre Einzelhandel bilden die drei Säulen des Multichannel-Einzelhandels der Otto Group.

Gesucht: geschickte Taktiker

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Dr. Jörg Schauf, Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg, sieht für auf Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht spezialisierte Absolventen beste Einstiegschancen – zumal, wenn sie zweigleisig fahren. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Jörg Schauf, Foto: Flick Gocke Schaumburg
Jörg Schauf, Foto: Flick Gocke Schaumburg
Dr. Jörg Schauf hat Rechtswissenschaften in Bielefeld studiert und ist seit 2001 Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Seine Promotion folgte 2004, seit 2005 ist er Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Bonn, die sich unter anderem auf Steuerstraf- und Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert hat.
Wie hat sich das Arbeiten von Rechtsanwälten im Bereich des Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts in der jüngsten Vergangenheit verändert? Die Gesetzeslage hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verschärft, im Bereich des Steuerstrafrechts zum Beispiel durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz. Die steuerstrafrechtlichen Risiken sind damit gestiegen – und das hat auch den Beratungsbedarf erhöht. Während früher häufig der Steuerrechtler auch die steuerstrafrechtlichen Aspekte mit abdeckte oder der Wirtschaftsstrafrechtler sich auch mit den steuerlichen Fragen beschäftigte, gibt es heute viel mehr Berater, die spezialisiert beide Gebiete direkt miteinander verbinden. Rechtsanwälte fahren hier also zunehmend zweigleisig. Und so ist es für Neueinsteiger in dem Bereich ideal, wenn sie beide Schienen bedienen können oder jedenfalls bereit sind, sich dort einzuarbeiten. Wie beurteilen Sie generell die Karrierechancen für Jura-Absolventen im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts? Welche Karrierewege sind derzeit besonders vielversprechend? Weil der Beratungsbedarf ständig wächst, sind gute junge Juristen hier enorm gefragt. Neben dem klassischen Tätigkeitsfeld des Richters, des Staatsanwaltes oder des Strafverteidigers in Wirtschaftsstrafsachen eröffnen sich auch andere interessante Arbeitsmarktaussichten. Zum Beispiel in der Unternehmensberatung und in Compliance- Abteilungen von Unternehmen. Mit welchem Know-how punktet man? Besonders gute Karten hat, wer einschlägige Praktika vorweisen kann und sich schon während der Ausbildung auf die steuer- und wirtschaftsstrafrechtlichen Themen spezialisiert hat. Hilfreich können auch Zusatzqualifikationen wie zum Beispiel der LL.M. im Wirtschaftsstrafrecht sein. Ansonsten sind gute Kenntnisse sowohl im Steuerrecht als auch etwa in den Grundlagen des Bilanz- und Handelsrechts oder des Insolvenzrechts wichtig. Die Beratung in unserem Bereich erfordert außerdem einen hohen Arbeitseinsatz und Kreativität. Oft sind taktisches Geschick und besonderes Einfühlungsvermögen gefragt, weil die Mandate immer auch eine psychologische Komponente haben: Es geht ja nie nur um die wirtschaftlichen Konsequenzen, sondern es sind Menschen persönlich betroffen. Auf welche psychologischen Faktoren kommt es an, um die Mandanten nicht nur zu vertreten, sondern auch für sie da zu sein? Wie man einen Geschäftsführer beruhigt, bei dem die Staatsanwaltschaft klingelt, lernen Sie an keiner Uni. Das geht nur über Erfahrungen. Oft geht es dann ja um ganz existenzielle Dinge, etwa wie das Unternehmen weiterlaufen soll, wenn der Kopf ausfällt. Solange es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt, tragen immer Einzelpersonen die Risiken. Es ist schon so, dass Rechtsfragen in solchen Situationen 30 Prozent des Jobs ausmachen, die Psychologie jedoch 70 Prozent. Aber je mehr Fälle man betreut, desto besser findet man sich hinein. Wenn Erfahrung so wichtig ist: Mit welchen Talenten punkten im Gegenzug junge Kollegen? Es ist schon richtig, dass die ganz großen Mandate häufig bei den älteren Strafverteidigern landen. Das hat dann eben auch mit Erfahrung und Vertrauen zu tun. Allerdings wächst das Netzwerk jüngerer Kollegen in diesem Bereich. Ich beobachte, dass hier ein echter Generationenwechsel stattfindet. Im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung. Sehen Sie diese Grundsätze in Gefahr? Es ist und bleibt Aufgabe des Strafverteidigers, darauf einzuwirken, dass rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt bleiben. Wichtig ist, früh eine aktive Verteidigung des Mandanten anzulegen, um das Verfahren in die richtigen Bahnen zu lenken. Man holt sich hier auch verstärkt Unterstützung etwa durch erfahrene Medienagenturen, die den Prozess dann professionell in der Kommunikation begleiten.

Stunde der Experten

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Mandanten benötigen exzellente Strafverteidiger, die ohne Wenn und Aber für sie eintreten. Zu ihnen zählen heute immer häufiger Unternehmen, die Beratung beim Thema Compliance oder im Steuerstrafrecht benötigen. Für Strafrechtler mit dem richtigen Schwerpunkt bieten sich somit hervorragende Chancen. Von André Boße

Rechtsanwalt Sascha Böttner mag es, wenn er auf Veranstaltungen oder bei privaten Anlässen auf seinen Beruf als Strafverteidiger angesprochen wird. Selbst komplizierten und moralischen Fragen stellt sich der in Hamburg niedergelassene promovierte Jurist gerne. Wie er sich denn zum Beispiel fühle, wenn er einen mutmaßlichen Gewaltverbrecher zu verteidigen habe. „Aus diesen Fragen resultieren in der Regel interessante Gespräche, die – wenn es gut läuft – beim Gesprächspartner mit einer anderen Sichtweise auf die strafrechtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts enden“, sagt Böttner, der von der Rechtsanwaltskammer Hamburg zum Fachanwalt für Strafrecht ernannt wurde – eine geschützte Auszeichnung, die Rechtsanwälten verliehen wird, die genügend theoretische und praktische Erfahrungen im Bereich des Strafrechts gesammelt haben. „Strafrecht bedeutet Leben“ Der Absolvent der Uni Hamburg wird in solchen Gesprächen häufig mit den gängigen Klischees konfrontiert. Eines stimme schon, sagt er: „Man hat es als Anwalt für Strafrecht tatsächlich oft weniger mit komplizierter Rechtsmaterie als vielmehr mit interessanten Sachverhalten, Menschen und Konstellationen zu tun.“ Dadurch, dass man im Strafrecht in zahlreichen Verfahren mit menschlichen Ausnahmesituationen konfrontiert sei, gewinne man „konzentrierte Lebenserfahrung im Zeitraffer“, wie Böttner sagt. Ein anderer Vorbehalt gegen seinen Beruf trifft seiner Meinung nach jedoch überhaupt nicht zu: Nein, als anrüchig würde er den Bereich der Strafverteidigung keinesfalls bezeichnen. Im Gegenteil: „Eine nach den Regeln der Kunst und insbesondere den geltenden Gesetzen erfolgende Strafverteidigung ist eine äußerst ehrbare Tätigkeit.“ Der Hamburger Rechtsanwalt benennt das Strafrecht als das Instrument, an dem sich ein Rechtsstaat messen lassen müsse. „Für die am Strafverfahren unmittelbar beteiligten Juristen bildet sowohl das Strafrecht als auch die Strafprozessordnung mit allen ihren Rechten und Verfahrensformen eine der höchsten Errungenschaften des modernen Rechtsstaats.“ Kein Wunder, dass Böttner keinen Moment zögert, wenn er die Frage beantworten soll, ob er jungen Juristen den Schritt in eine Karriere im Strafrecht empfehlen kann. „Strafrecht bedeutet Leben“, fasst er die vielen interessanten und spannenden Facetten des Rechtsbereichs zusammen. Und, nicht unwichtig für Nachwuchskräfte: Man kann auch davon leben. Zwar sei im Strafrecht der Wettbewerbsdruck gestiegen, da immer mehr Anwälte auf den Markt drängen. Doch Böttner gibt ambitionierten Nachwuchsjuristen mit auf den Weg, dass es immer Möglichkeiten gibt, sich von der Konkurrenz abzuheben. „Strafrecht ist nicht jedermanns Sache“, sagt er. Wer daher als Spitzenjurist schnell gute Erfahrungen sammelt, sei gut im Geschäft. Zwei Etappenziele zum Erfolg Doch wie gelingt der Einstieg? Oliver Wallasch betreibt zusammen mit seinem Kollegen Michael Koch die Kanzlei Wallasch & Koch in Frankfurt am Main. Zuletzt gingen einige seiner Fälle durch die Presse: 2009 verteidigte Wallasch einen mutmaßlichen somalischen Piraten, der von einer deutschen Fregatte festgesetzt und dann nach Kenia gebracht wurde – seitdem trägt Wallasch in den Medien die Bezeichnung „Piraten-Anwalt“. Bekannt wurde der gebürtige Bergisch- Gladbacher zudem durch Mandanten wie der Ex-„No-Angels“-Sängerin Nadja Benaissa oder den kanadischen Tierschutzaktivisten Paul Watson, der wegen seiner Proteste gegen die Haijagd vor der Küste Costa Ricas angeklagt ist und dabei prominenten öffentlichen Beistand durch Pamela Anderson erfährt. „Aus meiner Sicht müssen sich Jura-Absolventen von dem Gedanken verabschieden, dass man sich mit einem Schild an der Tür als Rechtsanwalt niederlässt und Strafsachen quasi nebenbei ohne echte Spezialisierung bearbeitet“, sagt Wallasch – und weist auf die zwei wichtigsten Meilensteine in der Laufbahn eines erfolgreichen Strafverteidigers hin: „Der Weg zu einer erfolgreichen Karriere kann meiner Meinung nach nur über die Spezialisierung führen und den Willen, den Fachanwalt für Strafrecht zu erwerben.“ Um dieses Etappenziel zu erreichen, sind besondere Talente und Fähigkeiten gefordert. Fundiertes Fachwissen zum Beispiel, dazu insbesondere Kenntnisse der Strafprozessordnung, weil, so Wallasch, „eine exzellente Verteidigung in der Hauptverhandlung immer auch spontanes Eingreifen des Verteidigers erfordert“. In solchen Situationen gilt es, schnell und geschickt zum Wohle des Mandanten die Möglichkeiten zu nutzen, die die Strafprozessordnung vorsieht. Doch die eigentliche Verhandlung ist nicht alles. Schon weit vorher muss der Strafverteidiger das Talent mitbringen, auf die Menschen, die seinen rechtlichen Beistand benötigen, zuzugehen und ihre Lage zu erkennen. „Die Mandanten, die mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren konfrontiert sind, befinden sich allesamt in einer Ausnahmesituation“, sagt Wallasch. Hinzu komme, dass sie sich dem Machtapparat von Polizei, Justiz und – bei prominenten Mandanten – den Medien ausgesetzt fühlen. Für den Strafverteidiger komme es daher darauf an, drei Einflussbereiche in Balance zu halten: Da ist erstens der Strafanspruch des Staates, zweitens die Gewährleistung der Rechte von Beschuldigten und drittens der Anspruch aller Beteiligten, das Verfahren fair zu gestalten. „Dieses Austarieren hat man an der Universität im Laufe des Studiums höchstwahrscheinlich nicht gelernt“, sagt Wallasch. Da hilft nur eins: Lernen in der Praxis – mit dem Problem, dass das Motto „Learning by Doing“ in Strafsachen für den Mandanten erhebliche negative Konsequenzen haben kann.

Literaturtipps für Strafrechtler

Ob in der Literatur oder im Fernsehen: Es gibt eine Menge fiktiver Stoffe, die gnadenlos an der Realität des Alltags eines Strafrechtlers vorbeizielen. Besser wird es natürlich, wenn ein Strafverteidiger selbst ein Buch schreibt. Ferdinand von Schirach ist seit 1994 im Strafrecht tätig, das Motto seiner Kanzlei stammt von Max Alsberg, einem der wichtigsten Strafverteidiger der Weimarer Republik: Die Aufgabe des Strafverteidigers sei es, „den hochgemuten, voreiligen Griff nach der Wahrheit zu hemmen“. Wie schwer das manchmal ist, zeigt von Schirach in seinen zwei Story-Sammlungen, für die er tatsächliche Fälle literarisch aufbereitet hat. „Verbrechen“ (2009) und „Schuld“ (2010) sind beides: ein literarisches Vergnügen und zugleich ein Praxisseminar. Verbrechen. Piper 2009, ISBN 978-3 492 05362 4. 17,95 Euro Schuld. Piper 2010, ISBN 978-3 492 05422 5. 17,95 Euro
Gute Aussichten im Compliance Daher schlägt im Strafrecht die Stunde der topqualifizierten Spezialisten. Für Dr. Ines Kilian, die eine Kanzlei für Strafrecht in Dresden führt, hat vor allem die Ausweitung des Kern- und Nebenstrafrechtes dazu geführt, dass ein Fokus auf bestimmte Bereiche sinnvoller denn je ist. Eine chancenreiche Spezialisierung ist zum Beispiel die Orientierung auf das Wirtschaftsstrafrecht, dessen Bedeutung und Reichweite in den vergangen Jahren deutlich gestiegen ist. Das Führen eines Unternehmens sowie die Teilhabe am Wirtschaftsleben sind heute „strafrechtlich riskanter denn je“, sagt Kilian. Was Unternehmer vor große Herausforderungen stellt, bietet Strafrechtlern neue Karrierewege. „Der Beratungsbedarf von Unternehmen und Banken im Strafrecht steigt“, sagt die Fachanwältin. Auch habe die präventive Compliance-Beratung von Unternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Kilian: „Bei einer frühzeitigen Spezialisierung auf Strafrecht mit Kenntnissen im Wirtschafts- und Steuerrecht bestehen daher gute Berufsaussichten in den Compliance-Abteilungen von Großunternehmen.“ Nicht zuletzt durch diese Entwicklung hat sich im Markt der Strafverteidigung eine Dreiteilung gefestigt: Da sind zum einen die Allgemeinanwälte, die gelegentlich Strafdelikte bearbeiten. Zweitens die Strafverteidiger, die ohne weitergehende Spezialisierung ausschließlich in Strafsachen tätig sind. In diesen beiden Gruppen ist der Wettbewerb besonders hoch, der Markt dicht. Deutlich mehr Raum bietet sich den Mitgliedern der dritten Gruppe: den Spezialisten, die einen bestimmten Deliktsbereich abdecken und in Bereichen, bei denen andere sich erst noch schlau machen müssen, von ihrer Expertise und ihren Erfahrungen profitieren. Wer hier auf das richtige Thema setzt, hat am Markt besonders gute Chancen. „Daher haben sich vor allen in den Ballungsräumen auf Strafrecht spezialisierte Großkanzleien herausgebildet, deren Schwerpunkt im Unternehmensstrafrecht liegt“, hat Ines Kilian beobachtet, die als Referentin der Deutschen Anwalt Akademie an der juristischen Ausbildung zum Fachanwalt für Strafrecht beteiligt ist. Neu ist, dass sich die Strafrechtspezialisten in diesen Gebieten nicht mehr als Einzelkämpfer verstehen: „Unerlässlich sind gut funktionierende Netzwerke mit anderen Disziplinen wie Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern“, sagt die Dresdnerin. Um hier kooperieren zu können, müssen Strafverteidiger nicht nur Teamfähigkeit mitbringen, sondern auch ein ökonomisches Know-how . „Viele Strafrechtskanzleien setzen heute bei der Neueinstellung auf Wirtschafts- und Finanzmarktkenntnisse“, so Kilian. Ein Strafverteidiger, der seinen Beruf modern interpretiert, versteht sich also nicht mehr als „Mann für alle Fälle“, wie man ihn in Fernsehserien wie „Liebling Kreuzberg“ erlebte. Erfolg haben heute spezialisierte Experten, die zu kooperieren verstehen.

Was ein Strafverteidiger mitbringen muss

  • Top-Qualifikation in Strafverfahrens- und materiellem Strafrecht
  • Soziale Kompetenz, rhetorisches Geschick, sicheres Auftreten
  • Durchsetzungs- und Einfühlungsvermögen
  • Beharrlichkeit, Konzentrationsfähigkeit, Frustrationstoleranz
  • Talent für Büroorganisation und Aktenführung
  • Fundierte BWL-Kenntnisse
  • Verhandlungssicheres Englisch in Wort und Schrift
  • IT-Kenntnisse zur digitalen Bearbeitung von Akten (PDF mit Adobe Acrobat und dtSearch)
Quelle: Dozenten der Deutschen Anwalt Akademie www.anwaltakademie.de