Neuer Ansatz gegen Covid

Pandemien verhindern

Isolation erträglicher machen

Heinz Peter Dilly ist Arzt in Hargesheim, einer kleinen Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz. Als Landarzt hat er dem Ärztemangel den Kampf angesagt und ein Gesundheitszentrum mit vielfältigen Dienstleistungen in der 3000-Einwohner- Gemeinde gegründet. Ein gewagtes Unterfangen, das er vor sieben Jahren startete – und das heute erfolgreich ist. Die Fragen stellte Christiane Martin.
Was kennzeichnet die Arbeit als Landarzt? Die Arbeit als Landarzt ist sehr vielfältig und vor allem anspruchsvoll. Wenn man als Allgemeinarzt und Internist ein breites medizinisches Spektrum abdecken kann, ist man hier genau richtig. Die Patienten kennt man oftmals über Jahre, auch die familiären Zusammenhänge. Das macht es einfacher, Hintergründe zu verstehen. Was sind die Herausforderungen? Mittlerweile macht sich der zunehmende Ärztemangel bemerkbar, was steigende Patientenzahlen, längere Wartezeiten und auch Missmut auf beiden Seiten bedeuten kann. Die Ursachen sind bekannt. Junge Kollegen*innen möchten nicht unbedingt in den ländlichen Bereich, insbesondere auch nicht das finanzielle Risiko und Belastung mit einer eigenen Praxis tragen. Das ist eine Herausforderung für die Zukunft. Und wie begegnen Sie diesen Herausforderungen? Mit der Idee eines Gesundheitszentrums. Vor über zehn Jahren habe ich aus der ursprünglichen kleinen Einzelpraxis ein Medizinisches Versorgungszentrum – kurz MVZ – entwickelt. Hierzu gehörten neue großzügige Praxisräume in einem modernen Neubau. Andere Dienstleister wurden eingebunden. Auf der grünen Wiese entwickelte sich relativ schnell ein zentrales Versorgungszentrum. Der Einzugsbereich wuchs. Trotz weiterhin steigenden Patientenzahlen, ist es für die meisten Kollegen möglich, variable Arbeitszeiten bei festen Sprechstundenzeiten festzulegen. Auf welche Schwierigkeiten sind Sie auf Ihrem Weg gestoßen und wie habe Sie die ausgeräumt? Schwierigkeiten sind auf dem Weg zum MVZ von allen Seiten aufgetreten. In der Bauphase, beim Einholen von Genehmigungen, mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Anträge mussten viele gestellt werden, Aufbau des Praxisteams, Fluktuation, hohe finanzielle Belastung mit entsprechendem Risiko … Was können Sie speziell jungen Ärztinnen und Ärzten mit auf den Weg geben, die am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn stehen? Junge Kollegen*innen, die eine klare Richtung und ein Konzept vor Augen haben, sollten Mut zum Risiko zeigen. Sie sollten sich eigene medizinische Schwerpunkte setzen, Tätigkeitsbereiche, die besonders Spaß machen und in diese dann intensivieren. Dadurch entwickelt sich das Klientel auch entsprechend und man behält die Freude an der Arbeit.Branche
Gesundheitsbranche
Produkte/Dienstleistungen
Vitos Südhessen: Behandlung von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen
Bei Vitos Südhessen steht der Mensch im Mittelpunkt. Das Selbstverständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es, für die Menschen in Südhessen eine individuelle und für sie beste Hilfe anzubieten: stationär/teilstationär, ambulant oder Zuhause. Mit einem gemeindenahen Netzwerk bietet Vitos Südhessen wohnortnahe Behandlungs- und Betreuungsangebote.
Zu den beiden Hauptstandorten in Riedstadt und Heppenheim kommen Tageskliniken, Ambulanzen und die Behandlung Zuhause hinzu sowie die Betreuungsangebote für Klientinnen und Klienten der begleitenden psychiatrischen Dienste.
Anzahl der MitarbeiterInnen
Fast 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Bedarf an HochschulabsolventInnen
Vitos Südhessen sucht vor allem für die Standorte Riedstadt und Heppenheim immer wieder HochschulabsolventInnen. Als Assistenzarzt/Assistenzärztin in Weiterbildung zum Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatik sind sie für die Diagnostik und Behandlung unserer Patient/-innen verantwortlich.
Gesuchte Fachrichtungen
Medizin
Einsatzmöglichkeiten
Auf Station, Ambulanz, Behandlung Zuhause, Tageskliniken
Einstiegsprogramme
Assistenzarzt/Assistenzärztin in Weiterbildung zum Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatik
Mögliche Einstiegstermine
Laufend
Auswahlverfahren
Interview
Controller (m/w/d) Vitos Südhessen in Riedstadt
Ansprechpartner
Erik Hofmann
Anschrift
Philippsanlage 101
64560 Riedstadt
Fon
06158 – 183 – 280
E-Mail
bewerbung@vitos-suedhessen.de
Internet
https://karriere.vitos.de/jobboerse/
Das Anforderungsprofil, mit dem Jurist*innen in ihrem Jobalttag konfrontiert werden, ist breit und komplex: Sie sollen meist unter Zeitdruck Rechtsfragen schnell und fundiert bewerten, ihre Mandat*innen entsprechend kompetent und verständlich beraten und ihnen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Und natürlich deren Interessen erfolgreich vertreten. Hinzu kommen die Herausforderungen der digitalen Transformation, die das juristische Arbeiten sowie den Rechtsmarkt stark verändern. Damit das funktionieren kann, fordert die Branche einen Wandel: Mehr Freiheit durch neue Honorarmodelle, mentale Probleme raus aus der Tabuzone. Das Ziel: den Menschen hinter dem Anwaltsberuf als Ganzes zu betrachten. Damit er, im Sinne des Mandanten, seine beste Leistung abrufen kann.
Anwält*innen sind gefragt als Anker in der Not, als juristische Ratgeber bei komplexen Fragen und Ruhepol selbst in brisanten Situationen. Hinzu kommen die Herausforderungen der digitalen Transformation, die das juristische Arbeiten sowie den Rechtsmarkt stark verändern. Damit das funktionieren kann, fordert die Branche einen Wandel: Mehr Freiheit durch neue Honorarmodelle, mentale Probleme raus aus der Tabuzone. Das Ziel: den Menschen hinter dem Anwaltsberuf als Ganzes zu betrachten. Damit er, im Sinne des Mandaten, seine beste Leistung abrufen kann. Ein Essay von André Boße
Im März dieses Jahres gründete sich ein neuer Verband für Jurist*innen: Der Bundesverband der Wirtschaftskanzleien (BDW) ist ein Zusammenschluss von derzeit 37 größeren deutschen Kanzleien, verbunden durch das Ziel, sich „gemeinsam für die fachlichen, strategischen und zukunftsorientierten Themen dieses wichtigen Segments des Rechtsmarkts in Deutschland einzusetzen“, wie es auf der BDW-Homepage heißt. Wie groß die Marktposition der beteiligten Kanzleien ist, zeigen ein paar Zahlen: Die Mitglieder des BWD erzielen zusammen pro Jahr mehr als zwei Milliarden Euro Umsatz, wichtige Arbeitgeber für Jurist*innen sind die Mitgliedskanzleien auch, insgesamt sind dort rund 5000 Anwält*innen tätig. Ein interessanter Teil der Struktur des Verbandes ist das Advisory Board, dem laut BDW-Homepage führende Jurst*innen angehören, die in Unternehmen angestellt sind: „So stellen wir sicher, dass der BWD immer auch den Blickwinkel der Mandanten berücksichtigt.“Der BDW fordert nun, die Idee der Erfolgshonorare weiterzudenken. Geleitet wird die Task Force von Volker Römermann, Honorarprofessor an der Humboldt-Universität Berlin und Vorstand der Wirtschaftskanzlei Römermann. „Wenn wir als junge Anwältinnen und Anwälte aus dem Studium kommen, dann glauben wir, dass wir in diesem Beruf eine Dienstleistung vollbringen. Dann crashen wir in die Wirklichkeit, und es kommen real existierende Mandanten, die fragen: ‚Was ist eigentlich dein Erfolg?‘ Daran messen sie uns, danach wollen sie uns bezahlen“, sagt Volker Römermann in einem Video- Clip, in dem er das Thema seiner Task Force vorstellt. Das Ziel dieser Untergruppe: eine erfolgsbezogene Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten einzuführen – ein Bezahlmodell also, das für die Mandanten der Wirtschaftskanzleien im unternehmerischen Alltag längst Selbstverständlichkeit ist. „Wir müssen hier dem Bedarf und dem Interesse der Mandanten gerecht werden, wir brauchen da mehr Freiheit“, fordert Volker Römermann in seinem Statement.Lawyer Wellbeing: Studienergebnisse
Von den vom Liquid Legal Institute für die Studie befragten Antwält*innen berichteten fast 70 Prozent, dass sie in ihrem Berufsleben schon einmal unter von ihrem Beruf verursachten mentalen Problem gelitten hätten. Mehr als 80 Prozent bestätigten, Kolleg*innen zu kennen, die unter mentalen Problemen leiden. Was dagegen nach Ausage der Studienteilnehmer größtenteils fehle, sei eine Hilfsstruktur: Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, dass es für sie selbst oder die Kolleg*innen keine Hilfe gegeben habe und das auch kein Frühwarnsystem existiere, das Möglichkeiten aufzeigt, mentale Krisen früh zu erkennen. Eine große Mehrheit der Befragten stimmte zu, dass mentale Probleme nicht nur dazu führten, dass die anwaltliche Performance leide, sondern auch die Führungsqualitäten verringere. Die Studie „Lawyer-Wellbeing – The Silent Pandemic“ steht im Internet kostenlos zur Verfügung.
Ist die Ausbildung schließlich geschafft, bleibe vom gelernten juristischen Arbeiten, also dem Ansatz, rechtliche Probleme zu erkennen und Lösungen vorzuschlagen, nicht mehr viel übrig. Nun würde der Nachwuchs darauf getrimmt, „auch unter Hochdruck einen ‚kühlen Kopf‘ zu bewahren, Mandanten in kritischen Fragestellungen – zunächst einmal – das Gefühl von Sicherheit zu geben, bei Verhandlungen das Poker Face aufzusetzen und – falls erforderlich – auch mal gegen den eigenen moralischen Kompass zu agieren“, heißt es in der Studie. Jurist*innen sollten also immer einen Ausweg sehen, jederzeit als Ratgeber*in ansprechbar sein und als „Fels in der Brandung zur Verfügung stehen, um Mandant*innen sicher und natürlich möglichst unversehrt durch den juristischen Dschungel zu geleiten, oft in prekären Situationen.“BDW: Verband mit Leitbild
Der Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland (BDW) hat sich bei der Gründung im Frühling 2022 ein Leitbild gegeben, das einige bemerkenswerte Aspekte beinhaltet. So stehe er für eine „vielfältige, regelbasierte, weltoffene, verantwortungsbewusste, tolerante und demokratische Zivilgesellschaft und für eine lebendige und leistungsfähige Rechtsstaatlichkeit“ ein. Außerdem beachtet er die „Grundsätze der Diversität“ und betrachtet die nachhaltigen ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) als wesentlichen Bestandteil sowie Richtschnur des Verhaltens. In diesem Sinne positioniert sich der BDW nicht als Lobby-Verband, sondern als gesellschaftlicher Player.
Für eigene Ängste, Schwächen, Zweifel, Unsicherheiten bleibt wenig Raum. Mehr noch: Alle diese Aspekte werden weiterhin tabuisiert.Wer nun auch weiterhin denkt, das Thema Wellbeing dürfe in der harten Arbeitsrealität keine Rolle spielen, schließlich wisse man als Nachwuchs, in welche Branche man sich begebe, und obendrein sei der Job gut bezahlt, der verkennt die Rolle, die Anwält*innen heute zu erfüllen haben. In seinem Vorwort zur Studie erklärt der Lebenskrisen-Berater Fritjof Nelting, warum es für ihn als Mandanten kein gutes Zeichen sei, wenn sein Anwalt ihm per Mail eine automatische Benachrichtigung mitsamt Entschuldigung schickt: Er sei im Urlaub, sodass es rund zwei Stunden dauern könnte, bis er Zeit für die Antwort habe. „Anwält*innen besitzen in dieser Gesellschaft eine exponierte und wichtige Position“, schreibt Nelting. „Damit sie ihre Arbeit auf gesunde Weise machen und vielleicht sogar Vorbilder für ein modernes und gut ausbalanciertes Leben werden, sind einige Änderungen notwendig.“ Das sei nicht nur im Sinne der Jurist*innen, sondern auch der Mandanten: „Ein gesunder Anwalt sei das Beste, was einem Mandanten passieren kann“ – und gerade in dieser Zeit, in der es wichtiger denn je sei, „einen resilienten und stabilen Anwalt an der Seite zu haben“.
Schlüsseljob in Kanzleien: Legal Hybrid
Die international tätige Consulting-Gruppe Henchman aus Belgien berät Anwält*innen und Kanzleien auf dem Weg, die anwaltliche Arbeit neu zu denken. Digitalisierung ist hier ein Kernthema. Im Henchman-Report „The must have legal tech stack of 2022“ geben Expert*innen Prognosen über die juristische Arbeit der Zukunft ab. In einem Beitrag skizziert der Legal-Tech-Berater Thomas Aertgeerts einige Schlüsselstellen in den Kanzleien der nahen Zukunft. Besonders interessant ist die Postion des „Legal Hybrid“: „Keine Technologie, sondern eine Person. Jemand, der die Bedürfnisse von Kanzleien erkennt und die notwenige Technologie anstößt, damit diese erfüllt werden kann. Ohne eine Person mit diesen Skills ist die jeweilige Kanzlei von der Gnade der Software-Entwickler abhängig.“ Sprich: Der „Legal Hybrid“ sorgt dafür, dass Wirtschaftskanzleien die digitale Transformation mit Aufwind bewältigen.
Impfpflicht im Kampf gegen das Coronavirus, drängende Fragen zum Klimaschutz, Folgen des Krieges auf europäischem Boden: Wir leben in einer Zeit, in der Politik und Recht gemeinsam vor der Herausforderung stehen, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Als Mitglied des Deutschen Ethikrats beschäftigt sich die Kölner Rechtsprofessorin Prof. Dr. iur. Dr. phil. Frauke Rostalski mit dem komplexen Verhältnis zwischen Ethik, Politik und Recht. Auch ihr zweites Kernthema trifft den Zeitgeist: Die Frage, wie Systeme mit Künstlicher Intelligenz die juristische Arbeit verändern. Die Fragen stellte André Boße.
Frau Prof. Dr. Dr. Rostalski, wie bewerten Sie in der heutigen Zeit das Verhältnis des Rechts zur Politik: Verstehen Sie es als einen Gegenpol oder sogar als eine Korrekturebene? Das Verhältnis der beiden Bereiche ist zu komplex, als dass man Recht als bloßen Gegenpol zur Politik beschreiben könnte. Politik bewegt sich in den Bahnen des Rechts: Insbesondere durch unsere verfassungsmäßige Ordnung wird politischem Handeln Schranken gesetzt. Gleichzeitig kommt der Politik eine rechtsgestaltende Funktion zu, so auch wenn sie neue Problemlagen meistern muss. Eine Korrekturebene bieten insbesondere die Gerichte, die politische Maßnahmen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Eben dies ist durch die Gewaltenteilung intendiert. Welches Verhältnis hat das Recht zur Ethik? Die Frage betrifft ein altes und viel diskutiertes Problem, nicht nur der Rechtswissenschaft. Nicht zuletzt Kant widmete sich der Frage. Er beschreibt das Recht als die äußeren, zwingenden moralischen Gesetze, während die Ethik innere moralische Verpflichtungen betrifft. Dabei regeln sowohl das Recht als auch die Ethik das Miteinander der Menschen. Ich verstehe das Recht dabei als denjenigen Bereich an gesellschaftlichen Normen, die wir für ein Zusammenleben in Frieden als so wichtig einstufen, dass sie von staatlicher Seite erzwingbar sein müssen. Ich denke dabei etwa an strafrechtlich geschützte Verhaltensnormen wie das Tötungsverbot oder das Diebstahlsverbot. Das heißt aber nicht, dass die Ethik weniger bedeutsam wäre. Vielmehr ist unser gesamtes Miteinander von moralischen Normen durchdrungen. Es kann immer wieder geschehen, dass das, was wir bislang „lediglich“ dem Bereich der Ethik zugeschrieben haben, aufgrund eines gewandelten Zeitgeistes in seiner Bedeutung wächst und daher zu Recht erhoben wird. Auch im Hinblick auf neue gesellschaftliche Phänomene spielt die Ethik eine große Rolle – wenn es noch kein Recht gibt und wir aushandeln müssen, wie sich unser Recht etwa in Bezug auf Risiken durch die Digitalisierung gestalten soll. Das Recht wandelt sich durch die Digitalisierung. Um zunächst auf die Veränderungen in der juristischen Arbeit zu schauen: Welche Chancen bietet Legal Tech? Legal Tech-Anwendungen können die Rechtsanwendung erleichtern, beispielsweise durch Software, die bei der Sachverhaltserfassung unterstützt und in der anwaltlichen Praxis bereits verwendet wird. Weiterhin können sie Rechtsanwendung transparent machen und gerechtere Ergebnisse fördern. Beispielsweise könnte anhand des Einsatzes von KI eine Urteilsdatenbank geschaffen werden, die die Strafzumessung vergleichbarer machen kann. Insofern könnte sie einen Gegenpol zu subjektiv eingefärbten Entscheidungen bilden. KI-basierte Verhandlungsaufzeichnungen können die manuelle Protokollierung des Gerichtsverfahrens ersetzen. Legal Tech-Anwendungen wie zum Beispiel ein Vertragsgenerator kann es auch Nicht-Juristen erleichtern, Rechte wahrzunehmen. Gleichzeitig zeigt sich anhand dieses Beispiels bereits ein Risiko von Legal Tech-Anwendungen.Zur Person
Prof. Dr. iur. Dr. phil. Frauke Rostalski wurde am 6. Januar 1985 in Bad Nauheim geboren. Ihr Studium der Rechtswissenschaften absolvierte sie an der Uni Marburg, von 2009 bis 2014 war sie dort als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. 2017 schloss sie ihre Habilitation zum Thema „Der Tatbegriff im Strafrecht“ ab, 2017 promovierte sie zusätzlich im Fach Philosophie. Ihre erste Professur erhielt sie 2018 an der Uni Köln. Im April 2020 wurde sie als Mitglied in den Deutschen Ethikrat berufen, seit 2021 ist sie Mit-Herausgeberin der „Zeitschrift für Digitalisierung und Recht“. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.
Rechtsanwendung setzt häufig eine umfassende und komplexe Wertung voraus. Dazu ist KI derzeit aber nicht in der Lage.Nämlich? Aufgrund eines standardisierten Vorgehens könnten gerade die Besonderheiten des Einzelfalles aus dem Blick geraten. Rechtsanwendung setzt häufig eine umfassende und komplexe Wertung voraus. Dazu ist KI derzeit aber nicht in der Lage. Grundsätzlich besteht beim Einsatz von KI zudem die Gefahr, dass der Lernprozess einer KI nicht hinreichend nachvollzogen werden kann, so dass Fehler vielleicht nicht sichtbar werden. Wenn also KI zum Einsatz kommt, ist ein kritischer Umgang mit ihr zwingend erforderlich. Wo liegt die Grenze dessen, was digitale Technik im Recht leisten kann? Juristisches Arbeiten setzt die Berücksichtigung der Besonderheiten des Ein 19 zelfalls voraus. Aufgrund des hohen Abstraktionsgrads von Rechtsnormen müssen diese ausgelegt werden. Recht verlangt nach einer Abwägung – wir müssen die Gründe ermitteln, die für oder gegen eine bestimmte Entscheidung sprechen. Selbst wenn all dies in Zukunft von einer KI geleistet werden könnte, muss immer auch die Frage beantwortet werden, ob sie diese Aufgabe denn übernehmen soll. Ein anwaltliches Beratungsgespräch hat insbesondere im Strafrecht für den Einzelnen nicht nur die Funktion, Rechtsfragen zu beantworten. Ein Gerichtsprozess soll nicht einfach ein richtiges Ergebnis produzieren, vielmehr dienen Zivil- und Strafprozesse der Kommunikation. Im Hinblick auf das Strafrecht betrifft dies die Kommunikation zwischen dem – potenziellen – Täter sowie der Rechtsgemeinschaft. Dabei wird die Gesellschaft durch den Richter oder die Richterin vertreten. Diese Aufgabe können technische Systeme nicht leisten. Nicht zu vergessen ist, dass trotz aller Bemühungen – etwa zur optimalen Sachverhaltserfassung – immer auch Fehler in Gerichtsverfahren geschehen können. Es bedarf daher verantwortlicher Personen, die Entscheidungen treffen – auch dies kann nicht auf einen „Robo-Judge“ übertragen werden.
Ich bin allerdings nicht der Auffassung, dass eine solche Lücke existiert, denn in jedem Fall hat sich ein Mensch einer Technologie bedient – und ist der Verantwortliche für die damit verbundenen negativen Folgen.Mit Blick auf die digitale Transformation der Gesellschaft: Ist in Ihren Augen die Frage, wer bei Systemen mit Künstlicher Intelligenz die Verantwortung trägt und damit haftet, bereits zufriedenstellend geklärt? In diesem Kontext wird häufig von einer Verantwortungslücke gesprochen. Damit ist gemeint, dass bei Fehlern der KI-Anwendungen niemand für negative Folgen haftet und damit die Verantwortung trägt. Das Problem resultiert daraus, dass sich die KI eigenständig weiterentwickelt und deswegen „Entscheidungen“ trifft, die für den Anwender oder die Anwenderin nicht immer vorhersehbar sind. Ich bin allerdings nicht der Auffassung, dass eine solche Lücke existiert, denn in jedem Fall hat sich ein Mensch einer Technologie bedient – und ist der Verantwortliche für die damit verbundenen negativen Folgen. Damit dies aber wiederum nicht das Aus für KI-Anwendungen bedeutet, weil sich ihrer aufgrund der Haftungsfolgen nur wenige bedienen möchten, müssen Kriterien für den sicheren und vertrauenswürdigen Einsatz von KI-Systemen erarbeitet werden. Und hier ist in letzter Zeit viel geschehen. Es besteht in der Rechtswissenschaft ein großes Forschungsinteresse im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Welche neuen Job-Profile werden sich im Bereich der fortschreitenden Digitalisierung für die junge Generation der Jurist*innen ergeben? Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung sollten sich junge Juristen und Juristinnen grundsätzlich darauf einstellen, in der Arbeitswelt mit KI konfrontiert zu sein. Es ist deswegen zu empfehlen, ein gewisses Grundverständnis zu entwickeln. Ferner könnte es in Zukunft notwendig sein, den vertrauenswürdigen Einsatz von KI-Anwendungen zu bewerten, sowohl durch den Anwender und die Anwenderin als auch übergreifend, zum Beispiel durch eine Behörde. Die Digitalisierung wird dazu führen, dass sich die Tätigkeit von Juristen und Juristinnen künftig verändern wird. Viele Aufgaben, die wir schon heute aufgrund ihrer Eintönigkeit eher als lästig empfinden, werden uns Technologieanwendungen abnehmen können. Dies wird dazu führen, dass wir in Teilen unser Berufsbild neu erfinden oder zumindest im Schwerpunkt anders als bislang zuschneiden müssen.
Deutscher Ethikrat
Im Zuge der Corona-Pandemie rückte der Deutsche Ethikrat ins Zentrum der Debatte, weil hier überdisziplinär über die ethischen Auswirkungen politischer Entscheidungen diskutiert wurde. „Der Deutsche Ethikrat beschäftigt sich mit den großen Fragen des Lebens“, heißt es auf der Homepage. Die Mitglieder werden vom Präsidenten des Deutschen Bundestages ernannt, Vorsitzende ist seit 2020 die Medizinethikerin Prof. Dr. med. Alena Buyx. Frauke Rostalski wurde 2020 in das Gremium berufen, kurz nach dem Ausbruch des Corona- Virus. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind rechtliche und ethische Fragen der Fortschritte im Bereich der Medizin und der Biotechnologie, Herausforderungen der digitalen Transformation für Recht und Ethik sowie aktuelle rechtliche und ethische Fragen im Umgang mit der Pandemie.
In Deutschland ist viel von der Digitalisierung des Rechtssystems die Rede. Doch noch hinkt man anderen Ländern hinterher. Was getan werden sollte, damit dieser Rückstand verkleinert wird, zeigt eine in diesem Jahr veröffentliche Studie. Von Christoph Berger
Wenn es um eine digitalisierte Justiz geht, dann ist Singapur derzeit wohl das Maß, an dem es sich zu messen gilt. Zumindest legt das die im Juni 2022 von der Boston Consulting Group, der Bucerius Law School und des Legal Tech Verbands Deutschland veröffentlichte Studie „The Future of Digital Justice“ nahe. Demnach verfügt der südostasiatische Insel- und Stadtstaat über ein einheitliches und lückenloses Online-Fallverwaltungssystem für alle Gerichtsbarkeiten und Beteiligten. Parteien, Anwält*innen, Behörden, Richter*innen und Sachverständige nutzen laut der Studie eine gemeinsame Plattform, auf der sie in Echtzeit miteinander kommunizieren und arbeiten können. Für Anwältinnen und Anwälte bedeutet das, dass sie jederzeit auf ihre Akten zugreifen, Termine für Anhörungen festlegen und an virtuellen Anhörungen teilnehmen können. „Singapur ist ganz klar der Vorreiter in puncto Digitalisierung der Justiz. Eine gemeinsame Plattform für alle Beteiligten eines Gerichtsverfahrens sollte auch das Ziel für Deutschland sein, damit unsere vielen rechtsstaatlichen Errungenschaften auch bei den Rechtsuchenden ankommen“, wird Dirk Hartung, Executive Director bei der Bucerius Law School und Co-Autor der Studie, in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung zitiert.Auch eine dem Fortschritt entgegenstehende Mentalität sowie die Angst vor persönlichen Nachteilen bei den Beteiligten seien für den nur zögerlich fortschreitenden Digitalisierungsgrad mitverantwortlich.Doch noch hinkt man hierzulande den digitalisierten Justizsystemen anderer Nationen – neben Singapur gehören zu den führenden Ländern diesbezüglich auch Kanada, Großbritannien und Österreich – noch deutlich hinterher. Um den Anschluss zu halten, müsse Deutschlands Politik die Strategie im Hinblick auf die Digitalisierung neu ordnen und Tempo aufnehmen. Statt der Entwicklung von Insellösungen brauche es eine systematische Digitalisierung. Nur auf diesem Weg lasse sich die Effizienz und Akzeptanz des Rechtssystems massiv erhöhen. Die partielle Überlastung würde so überwunden und der Zugang zum Recht deutlich verbessert. Doch noch seien hierzulande die eingesetzten technischen Lösungen vergleichsweise wenig vertreten, veraltet und nicht ausreichend nutzerorientiert. Zudem würden sie in den einzelnen Bundesländern, Gerichten und Fachgerichtsbarkeiten uneinheitlich umgesetzt. Doch nicht nur die unzureichende Hardware- und Soft ware-Infrastruktur werden als zu überwindende Hürden aufgezählt. Auch eine dem Fortschritt entgegenstehende Mentalität sowie die Angst vor persönlichen Nachteilen bei den Beteiligten seien für den nur zögerlich fortschreitenden Digitalisierungsgrad mitverantwortlich.
Ganz abgesehen vom bisher zur Verfügung gestellten Budget. „Die Digitalisierung der Justiz hinkt hinter den führenden Ländern hinterher, während die Überlastung der Gerichte, der Kostendruck und die bevorstehende Pensionierungswelle – über 25 Prozent aller Richter* innen werden bis 2030 in den Ruhestand gehen – den Druck zur Modernisierung und Digitalisierung der Gerichte erhöhen“, sagt Dr. Christian Veith, Senior Advisor bei BCG und Co-Autor der Studie.Linktipps
„Civil Resolution Tribunal“ in Kanada Studie „The Future of Digital Justice“ (PDF-Download)
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Buchtipp
Matthias C. Kettemann, Alexander Peukert, Indra Spiecker gen. Döhmann (Hrsg.): The Law of Global Digitality. Das Buch gibt es in einer Open Access Content-Version.
Mit zwei neuen Gesetzen, dem „Gesetz über digitale Dienste“ (DSA) sowie dem „Gesetz über digitale Märkte“ (DMA), will die Europäische Union (EU) bei der Wirkung der Technologiebranche auf Gesellschaft und Wirtschaft ansetzen, es sollen klare Normen für Geschäftstätigkeit und Dienstleistungen von Technologieunternehmen festgelegt werden, die mit den Grundrechten und Werten der EU im Einklang stehen. Von Christoph Berger
Die Kernaussage der beiden Gesetze kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Was außerhalb des Internets verboten ist, sollte auch im Internet verboten sein. So verpflichtet das „Gesetz über digitale Dienste“ Anbieter digitaler Dienste wie soziale Medien oder Marktplätze unter anderem dazu, neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte zu entwickeln und eine schnelle Reaktionszeit zu garantieren, die Rückverfolgbarkeit von Händlern auf Online-Marktplätzen zu gewährleisten und diese stärker zu kontrollieren, mehr Transparenz und Rechenschaftspflichten der Plattformen zu schaffen sowie irreführende Praktiken und bestimmte Arten gezielter Werbung zu verbieten. Online-Plattformen und Suchmaschinen mit mehr als 45 Millionen Nutzer*innen müssen außerdem Systemrisiken eindämmen. Dazu gehören die Verbreitung illegaler Inhalte und nachteilige Auswirkungen auf die Grundrechte, Wahlprozesse, geschlechtsspezifische Gewalt oder psychische Gesundheit. Außerdem müssen sie sich von unabhängiger Seite prüfen lassen. Die Plattformen müssen ferner dafür sorgen, dass Nutzer* innen Empfehlungen ablehnen können, die auf der Erstellung von Profilen beruhen. Schließlich müssen sie Behörden und zugelassenen Forscher* innen Zugang zu ihren Daten und Algorithmen gewähren. Mit dem Gesetz über digitale Märkte werden Vorschriften für Plattformen eingeführt, die im digitalen Sektor als „Torwächter“, sogenannte Gatekeeper, fungieren. Diese Plattformen haben erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt, dienen als wichtiges Zugangstor, über das gewerbliche Nutzer ihre Endnutzer erreichen, und nehmen – derzeit und wahrscheinlich auch künftig – eine gefestigte und dauerhafte Position ein, heißt es von Seiten der Europäischen Kommission. Dadurch könnten sie so mächtig werden, dass sie als private Akteure selbst die Regeln bestimmen und als unumgängliches Zugangstor zwischen Unternehmen und Endnutzern funktionieren könnten. Das „Gesetz für digitale Märkte“ soll verhindern, dass solche Torwächter den Unternehmen und Endnutzern unfaire Bedingungen aufzwingen, und die Offenheit wichtiger digitaler Märkte gewährleisten. Mit den beiden Gesetzen sind eine ganze Reihe von Neuregelungen verbunden, die Einfluss auf die Bereiche eCommerce, Kartellrecht, Urheberrecht, Datenschutz und AGB haben. Außerdem gilt es, sich nun mit den neuen Spielregeln des DSA auseinanderzusetzen, um sich sorgfältig auf diese vorzubereiten. Dafür bleibt nicht mehr lange Zeit: Nachdem am 5. Juli 2022 das Europäische Parlament den beiden Gesetzen zustimmte, muss nun nur noch der Rat der Europäischen Union formell zustimmen. Wenn der endgültige Text verabschiedet wird, werden beide Verordnungen nach kurzer Übergangsfrist unmittelbar in allen EUStaaten gelten. Diese treten vermutlich im Herbst dieses Jahres in Kraft.Es ist eine Entwicklung seit 2017, die sich aktuell fortsetzt: Die Anwaltszahlen gehen zurück. Steigende Zahlen werden jedoch bei Anwältinnen sowie den Fachanwältinnen und Fachanwälten verzeichnet. Mit einer klaren Präferenz für eine Fachanwaltschaft. Von Christoph Berger
Die Zahl scheint kaum erwähnenswert, und doch ist sie die Fortsetzung eines schon vor fünf Jahren begonnen Trends. Seitdem gehen die Anwaltszahlen in Deutschland zurück. So auch zum letzten Stichtag am 1. Januar 2022. Die 28 Rechtsanwaltskammern in Deutschland verzeichneten zu diesem Datum im Vergleich zum Vorjahr sieben Mitglieder weniger, genau 167.085. Das entspricht einem Rückgang von gerade mal 0,004 Prozent, eine Zahl im Promillebereich. Auch die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwält*innen hat um 0,06 Prozent abgenommen und wurde zum Jahresstart mit 165.587 angegeben. So die Zahlen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Was sich wie Peanuts anhört, wird vom Soldan Institut in einer Langzeitbeobachtung jedoch als Schrumpfungsprozess bezeichnet, der längst nicht mehr nur einer Stagnation gleichzusetzen sei.Der Frauenanteil ist in allen Zulassungsarten weiter angestiegen, liegt bei den Syndizi jedoch noch einmal deutlich höher als bei den Einzelzulassungen.Dementsprechend werde es nach Angaben des Instituts auch immer schwieriger, passenden Nachwuchs zu finden. Wobei nun die Gründe für den Rückgang zu untersuchen seien. Auf dem Deutschen Anwaltstag hieß es, dass sich viele Studierende für Studiengänge mit einer wirtschaftsrechtlichen Ausrichtung entscheiden würden. Allerdings würden diese Bachelor- und Masterstudiengänge nicht zum Referendariat befähigen. Ebenso nicht zu einem Anwaltsberuf. Sodass vor diesem Hintergrund nun klar zu kommunizieren sei, dass das Aufgabenfeld von Wirtschaftsanwälten inzwischen sehr breit gefächert sei und viele interessante Aspekte biete. Laut den Zahlen der BRAK haben sich auch die Einzelzulassungen als Rechtsanwältin und Rechtsanwalt sowie die Anzahl der Anwaltsnotare verringert. Ein Zuwachs wurde hingegen bei den Rechtsanwältinnen festgestellt. Waren im Vorjahr noch 59.466 Rechtsanwältinnen zugelassen, ein Anteil von 35,9 Prozent, sind es 2022 schon 60.057 (36,27%). Überhaupt: Der Frauenanteil ist in allen Zulassungsarten weiter angestiegen, liegt bei den Syndizi jedoch noch einmal deutlich höher als bei den Einzelzulassungen (34,42 %). 44,96 Prozent der doppelt Zugelassenen und sogar 57,7 Prozent der reinen Syndikusrechtsanwälte sind weiblich. Auch die Zahl der Fachanwältinnen und Fachanwälte ist abermals gestiegen. Hier liegt der Frauenanteil bei 32,1 Prozent. Beliebtester Fachanwaltstitel: Arbeitsrecht, gefolgt vom Familienrecht.