Bauen prägt

0

In Deutschland werden derzeit spannende und spektakuläre Bauprojekte geplant und gebaut. Einige von ihnen stellt der karriereführer hier vor. Zusammengestellt von Christoph Berger

Deutschlands vorerst höchstes Holzhochhaus: Carl

Visualisierung: PWS Architekten Peter W. Schmidt, Architekt BDA, Pforzheim / Berlin
Visualisierung: PWS Architekten Peter W. Schmidt, Architekt BDA, Pforzheim / Berlin

Am 25. Oktober 2021 fand an der Carl-Hölzle-Straße im Arlinger, einem Stadtteil Pforzheims, zu Deutschlands vorerst höchstem Holzhochhaus der erste Spatenstich statt. Das Bauprojekt mit dem Namen „Carl“ wird ein 14-stöckiges Holz-Hybrid-Hochhaus werden. Heißt: Nicht alles wird aus Holz gebaut. Dort, wo es vor allem aus brandschutztechnischen Gründen notwendig ist, bleibt man bei Stahl und Beton. Diese Hybrid-Bauweise sorgt für eine Besonderheit im Bauablauf: Schon etwa drei Monaten nach dem Start der Rohbauarbeiten wird die endgültige Höhe des Gebäudes erkennbar sein, da zunächst nur der Treppenhauskern entsteht. Erst danach beginnen die Holzbauarbeiten. Die aus heimischem Holz vorgefertigten Bauelemente sollen binnen weniger Monate, zwischen Februar und Oktober 2022, vollständig montiert werden. Die endgültige Fertigstellung ist nach gut zwei Jahren Bauzeit für November 2023 geplant.

The Cradle in Düsseldorf

Foto: HPP Architekten GmbH
Foto: HPP Architekten GmbH

Im April 2020 wurde im Düsseldorfer Medienhafen mit den Bauarbeiten des ersten Holzhybrid- Bürogebäudes der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt begonnen. Dazu mussten aufgrund der direkten Rheinnähe und der damit zusammenhängenden Bodenbeschaffenheit und aufgrund des enormen Wasserdrucks umfassende Tiefbauarbeiten starten. Zehn Monate dauerten diese an. Im Dezember letzten Jahres wurde dann mit dem Hochbau begonnen. The Cradle wird nach dem Cradle-to-Cradle®-Prinzip entwickelt. Neben einer sorgfältigen Auswahl der zu verwendenden Materialien – keine giftigen Stoffe gemäß der EPEA Banned List of Chemicals und eine Rückführbarkeit der Materialien und Rohstoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft – bedeutet das auch für die Bauarbeiten neue Wege zu gehen. Das betrifft beispielsweise den Einsatz von Materialien auf der Baustelle und im Gebäude oder auch die Materialverbindungen, denen aufgrund ihrer anschließenden Trennbarkeit ein besonderes Augenmerk zukommt. „Wir planen das Gebäude als nachhaltiges Rohstofflager, deren Materialien nach Gebrauch zu einem großen Teil wiederverwendet werden können. Das ist zum einen ressourcenschonend und zum anderen werterhaltend“, erklärt Carsten Boell, Geschäftsführer Interboden Innovative Gewerbewelten. Umgesetzt wird das Projekt vom Projektentwickler Interboden.

MIQUA– das neue Museum im Quartier in Köln

Foto: Wandel Lorch Architekten
Foto: Wandel Lorch Architekten

Mitten im Kölner Stadtzentrum entsteht zurzeit ein neues Museum mit internationalem Anspruch: das „MiQua. LVRJüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln“. Der Name MiQua steht für „Museum im Quartier“ und bezieht sich damit auf die 6.000 Quadratmeter umfassende Ausgrabungsfläche im Archäologischen Quartier Köln direkt unter dem Rathausplatz. Hier traten 1953 und dann vor allem seit den 1990er-Jahren sowie ab 2007 über zweitausend Jahre Kölner Stadtgeschichte zutage, angefangen beim Palast des römischen Statthalters, dem monumentalen Praetorium, bis hin zum mittelalterlichen jüdischen Viertel und dem christlichen Goldschmiedeviertel. Über diesen archäologischen Denkmälern wird ein neues Museumsgebäude errichtet, das neben einem Dauer- und Wechselausstellungsbereich Einblicke in die Archäologie des Untergrunds ermöglicht, darunter die mittelalterliche Synagoge und das jüdische Ritualbad, die Mikwe, die der Name MiQua ebenfalls reflektiert.

Schwebender Aussichtssteg in der Sächsischen Schweiz

Foto: Freiraumplanung mit System. LandschaftsArchtitekten
Foto: Freiraumplanung mit System. LandschaftsArchtitekten

Nach vorbereitenden Maßnahmen im Herbst 2020 und Februar 2021 stand im März 2021 dem Beginn der tatsächlichen Felssicherungsarbeiten am Basteifelsen in der Sächsischen Schweiz nichts mehr im Weg: Ein Fels, der später den Aussichtssteg tragen soll, wird gesichert und stabilisiert. Im Rahmen der Felssicherungsmaßnahmen werden zunächst ausgeprägte punktuelle Verwitterungsstellen durch Spezialmörtel gesichert. Des Weiteren wird der Felswandfuß durch ein ca. 100 Quadratmeter großes Korsett in Form einer Spritzbetonschale verstärkt, welches in Farbe und Profil dem Erscheinungsbild des Sandsteins nachempfunden wird. Auf der Rückseite wird es mit sogenannten Kleinverpresspfählen im Fels verankert. Dieser Bereich ist elbseitig von Bäumen verdeckt. Die dritte Komponente der Felssicherungsmaßnahmen ist die Verbindung unterschiedlich fester Sandsteinschichten. Dazu werden Kleinverpresspfähle vertikal bis in eine Tiefe von max. 18 Metern verankert. Dadurch werden die Sandsteinschichten miteinander verbunden und schwach tragfähige Schichten überbrückt. Ein Großteil der Arbeiten wird von einer Spezialfirma ohne Gerüst vom Seil aus durchgeführt. Ende 2022 soll die neue Aussichtsplattform für Besucher geöffnet werden.

Das neue Münchener Kulturquartier Gasteig HP8

0

Anfang Oktober 2021 war es so weit: Gasteig HP8 wurde offiziell eröffnet, das Interimsquartier für Europas größtes Kulturzentrum. Parallel wird der Gasteig saniert – und erhielt bereits eine verheißungsvolle Auszeichnung. Von Christoph Berger

Das Kulturquartier „Gasteig HP8“ im Süden Münchens ist ein aus teils historischen, teils neuen Gebäuden bestehendes Ensemble, das während der Sanierung des Gasteig die Angebote von Europas größtem Kulturzentrum und seiner Institutionen beherbergt: die Münchner Philharmoniker, Münchner Stadtbibliothek, Münchner Volkshochschule, die Hochschule für Musik und Theater München und das Münchener Kammerorchester. Für die Gasteig-Besucher bleibt das Angebot an Kultur und Bildung damit nahezu gleich. Herzstück auf dem 12.000 Quadratmeter Gelände ist Halle E, eine denkmalgeschützte Trafohalle der Stadtwerke München, die durch ihre Dachstahlkonstruktion, ein Glasdach und Lichtdecke, hervorsticht. Dort werde die Vernetzungen der einzelnen Institute und ihrer Angebote am besten sichtbar, heißt es, dort werde experimentiert und ausprobiert – auch im Hinblick auf den Neuen Gasteig in Haidhausen. Neu erbaut wurde hingegen der ebenfalls im Oktober eröffnete Saal X. Bei diesem handelt es sich um einen eingeschossigen Bau mit 5,9 Metern Höhe, der mit seinen etwa 250 Sitzplätzen als Multifunktionssaal genutzt werden kann.

Bis März 2022 sollen dann sukzessive die anderen Bauten bezogen werden: Haus K, ein sechs Geschosse und etwa 25 Meter hohes Bauwerk, das Heimat für Unterrichtsräume, Werkstätten, Fotostudio, einen kleinen Saal und ein Restaurant werden soll. Oder das fünfgeschossige Haus G, in dem vor allem die Hochschule für Musik und das Theater München neue Räumlichkeiten finden. Valery Gergiev, Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, ist begeistert. Zur Akustik der Isarphilharmonie sagt er: „Der Klang ist warm, klar und intim. Der Saal ist sehr freundlich zu den Musikern – mit weniger Kraftanstrengung erreichen sie exzellente Klangerlebnisse. Es ist ein Wunder, was Toyota (Anm. der Red.: gemeint ist Dr. Yasuhisa Toyota von Nagata Acoustics, ein Klangarchitekt, der zum Beispiel auch für die Elbphilharmonie in Hamburg verantwortlich ist) hier geschaffen hat. Akustik ist eine Wissenschaft, hat aber auch viel mit Intuition zu tun – Toyota weiß instinktiv, wie wirklich guter Klang entsteht.“

Die Sanierung des Gasteig selbst, also das Bauvorhaben „Der Neue Gasteig“ in München Haidhausen, wurde übrigens im Mai von buildingSMART Deutschland zum „BIM Champion 2021“ in der Kategorie Planung gekürt. Die Begründung der Jury: „Bei dieser Arbeit überzeugten insbesondere die Dimension und hohe Komplexität der Aufgabenstellung. Ein komplexes Bestandsmodell wurde bereits erstellt, zwölf Fachmodelle und 40 Teilmodelle wurden für die Planung umgesetzt. Die gesamte Koordination erfolgte am 3D-Modell in regelmäßigen Planungstreffen. Die Building Smart Standards wurden konsequent umgesetzt.“ Und Benedikt Schwering, Leiter des Bereichs Zukunft der Gasteig München GmbH, sagt. „Wir setzen BIM seit 2019 in unserer Planung ein und konnten damit die Visualisierung, Zusammenarbeit und Kostenschätzung entscheidend optimieren.“ Zudem sei festgestellt worden, welch enormes Teampotential BIM habe. Es sei eine riesige Herausforderung gewesen, mit insgesamt 15 Gewerken virtuell an einem 3D-Modell zu arbeiten – da brauche es den Willen auf allen Ebenen und Top-Fachleute.

Der BIM Champion 2021 in der Kategorie Planung vorgestellt

Weltweit erstes adaptives Hochhaus

0

Auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart wurde Anfang Oktober 2021 das erste adaptive Hochhaus der Welt eröffnet. In Zukunft soll in dem Demonstrator-Hochhaus unter realen Bedingungen im Maßstab 1:1 untersucht werden, wie sich Gebäude aktiv an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen können. Von Christoph Berger

Zum Haus: Das Hochhaus umfasst 12 Geschosse bei einer Höhe von etwa 36,50 Metern und einer Grundfläche von fünf auf fünf Meter. Ein angrenzender Treppenturm sorgt für die vertikale Erschließung inklusive aller Versorgungsleitungen. Besonders werden diese Zahlen dann aber erst dadurch, dass in die Tragstruktur und Fassade aktive Elemente integriert wurden. So können zum Beispiel durch Wind auftretende Schwingungen im Turm durch ein Zusammenspiel von Sensorik und Aktorik ausgeglichen werden. So wurde ein intelligentes Regelungskonzept in das Hochhaus integriert: Sensoren erfassen auftretende Verformungen, während Hydraulikaktoren dafür sorgen, dass die Verformungen mittels Gegenkräften im Tragwerk gezielt reduziert werden. Dies diene auch der Dämpfung von Schwingungen – so könne deutlich leichter gebaut werden, als dies ohne Adaptivität möglich wäre, heißt es vonseiten des im Jahr 2017 von Prof. Werner Sobek initiierten Sonderforschungsbereichs SFB 1244 an der Universität Stuttgart. Sobek ist es auch, der zu dem Bau sagt: „Noch nie war Architektur so wandelbar, so veränderlich mit der Zeit wie hier.“

Besonders ist auch die Fassade des Hochhauses. Diese besteht zunächst aus einer einlagigen, rezyklierten Membrane, die nach und nach durch adaptive Hüllelemente ersetzt wird. Diese neuen Fassadenelemente können den Licht- und Energieeintrag in das Gebäude, den Luftaustausch wie auch den Wärmedurchgang aktiv beeinflussen. Das Ziel: Mit der Realisierung soll ein maximaler Nutzungskomfort bei minimalem Energieund Materialaufwand erreicht werden. Die Vorteile adaptiver Gebäude fasst Prof. Lucio Blandini, seit 2020 Leiter des Instituts für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren, ILEK, an der Uni Stuttgart folgendermaßen zusammen: „Die Forschung an adaptiven Systemen eröffnet einen vielversprechenden Weg zu mehr Ressourceneffizienz und Klimaschutz.“ Und sein Kollege Professor Oliver Sawodny, seit diesem Jahr Leiter des SFB1244, ergänzt: „Wir konnten zeigen, dass mit der Technologie der Adaptivität in Tragwerken Einsparungen an Ressourcen und Emissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes von bis zu 50 Prozent möglich sind.“

Das Demonstrator-Hochhaus, das auch unter dem Namen Forschungsprojekt D1244 läuft, soll auch für die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) wegweisende technologische Impulse für eine ressourcenschonendere Bauweise liefern. „Wenn wir bei wachsender Weltbevölkerung unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren wollen, können wir nicht weitermachen wie bisher“, sagt IBA’27- Intendant Andreas Hofer. Mit den IBA’27- Projekten wolle man einen Beitrag dazu zu leisten, dass das Bauen zukünftig nachhaltiger, ökonomischer und sanfter werde. Leichtbautechniken, die nun beim Demonstrator-Hochhaus erprobt werden, würden dabei eine herausragende Rolle spielen.

Digital geht’s voran

Building Information Modeling nimmt in Deutschland immer mehr an Fahrt auf. Und im Kielwasser der Methode finden weitere Technologien Einzug in die Branche. Wobei einer der großen Vorteile eine gesteigerte Effizienz ist. Aber längst nicht der einzige. Von Christoph Berger

Dass Themen heute mehr denn je selten getrennt voneinander betrachtet werden können, dass eins das andere bedingt, wird bei einem Blick in die Studie „Constructing Our Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“ erneut bewusst. Die Studie wurde im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. von der Prognos AG, dem Fraunhofer- Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sowie dem Leonhard Obermeyer Center der Technischen Universität München erstellt, der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft hat daraus Handlungsempfehlungen für das Bauen der Zukunft abgeleitet, die er im Juli 2021 vorstellte. Im Kern geht es um bedarfsgerechtes, kostengünstiges und nachhaltiges Planen und Bauen. Nachhaltigkeit, Klimaneutralität, eine Steigerung der Ressourceneffizienz und mehr Kreislaufwirtschaft sind wesentliche Aspekt der Studie. Hervorgehoben wird aber auch, dass ökonomisches und ökologisches Bauen wesentlich bessere Datengrundlagen erfordert. Hier fordert der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft eine umfassende Digitalisierung des aktuellen Gebäudebestands.

Wolfram Hatz, Vorsitzender des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft und Präsident der vbw, wird in einer dazugehörigen Pressemitteilung folgendermaßen zitiert: „Nur wenn wir den genauen Zustand des derzeitigen Gebäudebestands kennen, können wir konkret und zielgerichtet bei der Sanierung bestehender und Planung neuer Gebäudeund Infrastrukturprojekte vorgehen.“ Ein wichtiger Impulsgeber für die Digitalisierung im Bauwesen sei dabei das Building Information Modeling, abgekürzt und bekannt als: BIM, das alle Phasen im Lebenszyklus eines Bauwerks in digitalen Modellen abbilde, Wertschöpfung schaffe und dem Bau-Fachkräftemangel entgegenwirke.

Effizienz und Kostenreduktion

Die Studienautoren haben bei BIM in den letzten Jahren einen zunehmenden Paradigmenwechsel in der Praxis festgestellt, immer mehr Unternehmen würden BIM in Teilbereichen einsetzen und hätten ihre Kompetenzen diesbezüglich stark ausgebaut. Doch es gebe noch Potenzial. Zum Beispiel bei der öffentlichen Hand, die etwa mit der BIM-basierten Einreichung von Baugenehmigungen oder BIM-basierten Wettbewerben entsprechende Voraussetzungen und Anreize schaffen könne. Zudem müssten zusätzliche BIM-Pilotvorhaben gefördert werden, um den Kenntnisstand auch in kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen und in großem Umfang vertiefte Erfahrungen auf allen Seiten sammeln zu können. Seit Anfang des Jahres ist die BIM-Technologie bereits bei zukünftigen Infrastrukturprojekten des Bundes verpflichtend und die 2015 begonnene, schrittweise Einführung des BIM-Stufenplans damit abgeschlossen.

Das Unternehmen Autodesk stellte dazu in einer ebenfalls zum Start des Jahres veröffentlichten Studie fest, dass die Maßgaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) der Branche wichtige Impulse gegeben und den Weg für einen flächendeckenden Einsatz der Technologie geebnet hätten. Und: Organisationen, die bereits auf BIM-Lösungen setzen, hätten deutliche Wettbewerbsvorteile realisieren können. So glauben etwa 38 Prozent der befragten Ingenieurbüros, dass die Nutzung von BIM ihre Bauausführung effizienter macht, 30 Prozent, dass die Arbeitsvorbereitung deutlich effizienter erledigt werden kann und 23 Prozent, dass eine BIM-Lösung die Effizienz bei Kalkulationen erhöht. Auch die befragten Tiefbauunternehmen sehen diese Vorteile – neben den bereits genannten, erkennen 22 Prozent der Befragten hier auch eine Kostenreduktion als klaren Vorteil einer BIM-Anwendung.

Darüber hinaus gaben über die Hälfte der befragten Ingenieure in Ingenieursbüros an, mit BIM Probleme effizienter zu lösen und insgesamt einen besseren Projektfortschritt zu erreichen. Kombiniert mit den kommenden neuen Vergaberichtlinien hätten Unternehmen so besonders in Zukunft deutliche Vorteile durch eine hohe Kompetenz im BIMUmfeld. Dies führt auch dazu, dass die BIM-Nutzung deutlich ansteigen werde, heißt es. Wie hoch der BIM-Einsatz in Deutschland ist, hat das auf SaaS-Lösungen spezialisierte Unternehmen Planradar untersucht: In einem dazu veröffentlichten Blog-Beitrag heißt es, dass ungefähr 70 Prozent der Bauunternehmen in Deutschland BIM auf verschiedenen Ebenen nutzen. Mehr als zwei Drittel davon seien Architekten und Planungsbüros. Unter den Anwendern sei BIM Level 2 bereits weit verbreitet, wobei es jedoch auch noch viele Nutzer auf BIM Level 1 gebe. Die Level geben die verschiedenen Reifegradstufen wider, von denen es insgesamt drei gibt.

Breiter Technologieeinsatz

Doch die vbw-Studie „Constructing Our Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“ beschäftigt sich nicht nur mit BIM. Auch die Technologien Augmented Reality, Virtual Reality und Blockchain, eine automatische Baufortschrittsüberwachung, der Einsatz von Robotern, das Internet of Things (IoT), der 3D-Druck, Künstliche Intelligenz (KI) sowie eine rechnergesteuerte Gebäudetechnik beziehungsweise der automatisierte Betrieb von Gebäuden werden behandelt und Einsatzmöglichkeiten der Technologien aufgezeigt. Durch den Einsatz virtueller Realität (VR) könnten beispielsweise Planungsvarianten eines Bauvorhabens immersiv in einem „begehbaren“ BIM-Modell im Maßstab 1:1 abgestimmt werden; Augmented- Reality(AR)-Anwendungen könnten bei der Abnahme von Bauprojekten unterstützen; und mit Blockchain-Anwendungen ließen sich unter anderem logistische Prozesse durch „smarte“ Lieferketten effizienter gestaltet.

Konkret schreiben die Studienautoren: „Die Nutzung und Erschließung der Potenziale der Schlüsseltechnologien, wie KI, IoT und additive Fertigung (3D-Druck), prägen und verändern das Bauwesen in den nächsten Jahren und ermöglichen neue Geschäftsfelder und -modelle sowie Wachstumschancen.“ Prof. Thomas F. Hofmann, Co-Vorsitzender des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft und Präsident der TU München erklärte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen: „Der Einsatz von modernster Computertechnologie, Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen bietet völlig neue Möglichkeiten, das Entwerfen, Bauen und Betreiben von Gebäuden wirtschaftlich, effizient und ökologisch nachhaltig zu gestalten.

Damit diese auch zum Tragen kommen, müssen wir begrenzte Denksilos aufbrechen, Wissen, Werkzeuge und Arbeitsweisen verschiedener Disziplinen zusammenführen und in partnerschaftlichen Ökosystemen von Universitäten, Wirtschaftsunternehmen, Technologiefirmen und Start-ups Innovationen effektiver in den Markt bringen.“

Buchtipp

Amir Abbaspour: Digitales Bauen mit BIM. Beuth 2021, 58 Euro.

Erstes 3D-Druckhaus Deutschlands

Digitalisierung im Bauwesen ist längst nicht nur BIM. Auch andere Digitaltechnologien halten Einzug in die Branche und zeigen neue Möglichkeiten des Bauens auf. Beispielsweise der 3D-Druck. Mit der nach dem Prinzip der additiven Fertigung entwickelten Beton-3D-Drucktechnologie wurde nun erstmals in Deutschland ein Haus gedruckt. Im Juni 2021 wurde es eröff net. Von Christoph Berger

Das erste mit dem 3D-Druckverfahren hergestellte Haus steht im nordrhein-westfälischen Beckum. Gebaut wurde es von Peri, einem Hersteller und Anbieter von Schalungs- und Gerüstsystemen. Das Haus hat eine Wohnfläche von etwa 160 Quadratmetern, die sich über zwei Geschosse verteilen. Es besteht aus mehrschaligen Wänden, die mit Dämmmaterial oder mit Ortbeton verfüllt wurden. Das Konzept dazu wurde vom Büro Mense-Korte ingenieure+architekten erstellt, den Druckmörtel „i.tech® 3D“ hat die Firma HeidelbergCement entwickelt. Gutachterlich begleitet wurde das Projekt von der TU München beziehungsweise vom Ingenieurbüro Schießl Gehlen Sodeikat.

Bei der Eröffnung im Juni 2021 sagte Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: „Die drei Ds – digital, dynamisch, druckfertig – sind in Beckum umgesetzt. Mit dem bundesweit ersten 3D-Druck-Wohnhaus wird positiver Druck in der Baubranche erzeugt: für innovatives Bauen mit neuen Techniken, für eine größere Attraktivität in Bauberufen und für moderne Architektur mit neuen Stilformen. Jetzt gilt es, Erfahrungen mit dem Bauwerk zu sammeln und den Herstellungsprozess auf dem Markt zu etablieren, denn nur mehr Wohnraum sorgt für günstige Mieten.“ Dass man mit der Produktion des Wohnhauses an einem Wendepunkt des Bauens stehe, sagte auch Architekt Waldemar Korte im Rahmen der Einweihung: Das Bauen und Planen wie wir es seit Jahrhunderten kennen würden, werde sich in vielen Bereichen grundlegend ändern, so seine Einschätzung. Laut Peri sei mit dem Druck des Hauses gezeigt worden, dass die 3D-Betondrucktechnologie marktreif ist.

Bereits im Mai 2021 war das Haus durch den Rat für Formgebung mit dem German Innovation Award ausgezeichnet worden. Die Vorteile des 3D-Druckverfahrens werden in der Jurybegründung allesamt aufgezählt: „Mit diesem Fertigungsverfahren können Häuser schneller, wirtschaftlicher und nachhaltiger erbaut werden. Zudem erlaubt das Verfahren eine sehr individuelle Gestaltung der Wohnräume.“ Allerdings waren für den Einsatz der Technologie auch einige Neuentwicklungen nötig. So muss der Druckmörtel beispielsweise einige Voraussetzungen erfüllen: Das Material muss pumpbar sein gleichzeitig sehr gute Extrusionseigenschaften besitzen, also gut durch die Druckdüse pressbar sein. Auch eine schnell ausreichende Tragfähigkeit ist wichtig, damit die unteren Schichten nicht unter der Last der oberen Schichten versagen. Nicht zu vergessen der Verbund zwischen den einzelnen Schichten sowie eine zielsichere Festigkeitsentwicklung für ein Druckbild mit hoher Formtreue. Die Erfahrungen in Beckum konnte Peri übrigens direkt in die nächsten Projekte mitnehmen. Inzwischen hat das Unternehmen auch das größte Mehrfamilienhaus Europas in Wallenhausen und das erste Wohnhaus in Tempe (Arizona) in den USA gedruckt.

Buchtipp

Viktor Mechtcherine, Jens Otto, Frank Will, Viacheslav Markin, Christof Schröfl, Venkatesh Naidu Nerella, Martin Krause, Charlotte Dorn, Mathias Näther: CONPrint3D- Ultralight – Herstellung monolithischer, tragender Wandkonstruktionen mit sehr hoher Wärmedämmung durch schalungsfreie Formung von Schaumbeton. Fraunhofer IRB Verlag 2020, 35 Euro

„Mit absolutem Fokus auf die Wertschöpfung“

Klemens Haselsteiner ist Vorstandsmitglied und Chief Digital Officer der Strabag SE. Im Interview mit dem karriereführer erklärt er, wie sein Unternehmen den Transformationsprozess angeht, welche Technologien dabei eingesetzt werden und welche Auswirkungen dies auf den Beruf von Bauingenieur*innen hat. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Klemens Haselsteiner beendete ein betriebswirtschaftliches Bachelor-Studium an der DePaul University, Chicago. Er startete seine Karriere 2004 bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in Österreich. Nach Absolvierung des Zivildiensts und Berufserfahrung bei einem russischen Industriekonzern trat er 2011 in den Strabag-Konzern in Russland ein. Dort war er u. a. mit dem zentralen Controlling betraut. Ab 2015 war er bei der deutschen Strabag-Konzerngesellschaft Ed. Züblin AG, Direktion Stuttgart, tätig – zunächst als kaufmännischer Bereichsleiter für den Schlüsselfertigbau, ab 2018 als kaufmännischer Direktionsleiter. Klemens Haselsteiner ist seit 1.1.2020 Mitglied des Vorstands der Strabag SE.

Herr Haselsteiner, mit Ihnen als CDO der Strabag SE wurden die Themen Digitalisierung, Innovation und Unternehmensentwicklung 2020 auf Vorstandsebene gehoben. Welche Strategie verfolgt Ihr Unternehmen seitdem?
In jedem international agierenden Konzern gibt es engagierte Mitarbeitende mit jeder Menge innovativen Ideen und Initiativen. Diese ließen sich schneller realisieren, wenn sich diese klugen Köpfe frühzeitiger interdisziplinär und länderübergreifend vernetzen und austauschen könnten. Und wenn sie schnell und unkompliziert interne Ansprechpersonen für alle Innovationsthemen fänden – vom Fachsupport bis zur Unterstützung beim Initiieren von Forschungsprojekten. Unser Zentralbereich Innovation & Digitalisation setzt genau hier an: Seine Expertenteams agieren als Enabler für unsere Digitalisierungs- und Innovationsprojekte. Unser Fokus liegt auf der Koordination und Steuerung der Projekte sowie auf der vernetzten Entwicklungsarbeit, die einen konkreten Nutzen für derzeitige und zukünftige Baustellen und Dienstleistungstätigkeiten stiftet. Damit stärkt Strabag ihre Position als führende Technologiepartnerin für das Bauen von morgen.

Auf welche Technologien setzen Sie?
Im Hinblick auf die Digitalisierung und Automation sehen wir großes Potenzial in BIM 5D® sowie in Geoinformationssystemen (GIS) und Robotik – vor allem, wenn wir diese Technologien intelligent miteinander vernetzen.

Und was ist derzeit noch Zukunftsmusik, wird in den nächsten Jahren aber die Baubranche erreichen?
Künstliche Intelligenz und Automation stecken in der Baubranche heute noch in den Kinderschuhen. Wir nutzen bereits eine Vielzahl an Technologien, aber deren Einsatz ist bislang kein Standard.

Welche Rolle wird der Mensch dabei zukünftig in Bauprojekten einnehmen, wird er noch auf Baustellen zu finden sein?
Der Mensch wird weiterhin auf Baustellen zu finden sein, aber in weniger arbeitsteiligen Prozessen. Der Mehrwert der KI und der Robotik besteht darin, dass sie Arbeiten erfüllen, die für Menschen nicht mehr sinnstiftend sind. Das führt dann dazu, dass sich Bauleiterinnen und Bauleiter stärker auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren können und sich nicht mit bürokratischen Prozessen aufhalten.

Wie würden Sie den Digitalisierungsgrad Ihres Unternehmens derzeit beschreiben?
Die Bauindustrie ist in großen Teilen nicht mit anderen, digitalisierten Branchen wie der Automobilbranche vergleichbar, denn in der Regel bauen wir Unikate. Einen individuellen Bauprozess zu digitalisieren, ist grundsätzlich schwieriger als eine Fabrikation unter kontrollierten, standardisierten Rahmenbedingungen. Aber wir sind führend bei der Digitalisierung der Baubranche. Dafür arbeiten wir in erster Linie an der notwendigen Infrastruktur. Eine vernetzte Welt setzt Konnektivität voraus. Auch die Themen Sicherheit, Daten und Standardisierung spielen eine entscheidende Rolle. Nur im Einklang dieser Faktoren können neue digitale Projekte vorangetrieben werden.

Die Bauindustrie ist in großen Teilen nicht mit anderen, digitalisierten Branchen wie der Automobilbranche vergleichbar, denn in der Regel bauen wir Unikate. Einen individuellen Bauprozess zu digitalisieren, ist grundsätzlich schwieriger als eine Fabrikation unter kontrollierten, standardisierten Rahmenbedingungen.

Sie arbeiten bei Bauprojekten mit vielen anderen Unternehmen zusammen. Stellt ein unterschiedlicher Digitalisierungsgrad da ein Problem dar?
Unterschiedliche Standards sind generell ein Thema. Das hat erst einmal nichts mit Digitalisierung zu tun. Dennoch ist es speziell bei digital abgewickelten Bauprojekten eine Herausforderung, wenn zwei gänzlich unterschiedliche Parteien miteinander kooperieren. Gerade in der Kommunikation mit kleineren Nachunternehmen sind leider noch vielmals Medienbrüche zu finden.

Wie lassen sich diese dann in der Praxis überwinden?
Auch hier sind wir wieder bei den gemeinsamen Standards. Wenn wir über Digitalisierung sprechen, dann sind wir nur dann effizient, wenn wir vor dem Digitalisieren und Automatisieren im ersten Schritt standardisieren. Generell gibt es in der Bauindustrie eine breite Software-Palette und nur wenige globale Standards. Daher werden oftmals große Aufwände in Systemintegration und die Definition von Schnittstellen gesteckt. Hier liegt wohl das größte bisher nicht voll ausgeschöpfte Potenzial.

Welche Rolle spielen bei der Digitalisierung der großen Bauunternehmen Start-ups, die sogenannten ConTechs?
Die dynamische Veränderung der Märkte durch die digitale Transformation erfordert Agilität und Innovationskraft. In diesem Zusammenhang spielen Start-ups eine wichtige Rolle. Sie treiben neue Entwicklungen und stellen mutig bestehende Lösungen und Prozesse in Frage. Durch strategische Partnerschaften mit ConTechs will Strabag als starke Partnerin Synergien heben, die uns langfristig einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Die Anzahl der ConTechs steigt an, oft handelt es sich allerdings um digitale Einzellösungen. Wie schafft man es als Großunternehmen, derartige Lösungen zu integrieren bzw. ein gut funktionierendes Ganzes zu schaffen?
Die steigende Anzahl ConTechs zeigt zunächst, dass sich die Bauindustrie in einem Umbruch befindet. Sonst würde es die Anzahl an ConTechs nicht geben – aus unserer Sicht eine positive und hoffnungsvolle Entwicklung. Was die Auswahl von Produkten, Partnerinnen und Partnern angeht, sind wir selektiv, so setzen wir nur die besten Lösungen für unsere operativen Einheiten sowie Kundinnen und Kunden ein. Eine erfolgreiche Integration benötigt aber weit mehr als nur eine intelligente technische Lösung – Professionalität bei Organisation und Prozessen sind ebenso Grundvoraussetzung wie ein gewisses Verständnis für Enterprise-Lösungen.

Wie verändert sich die Unternehmenskultur durch diese technologischen Entwicklungen – Strabag bezeichnet sich ja auch nicht mehr als Bauunternehmen, sondern als Technologiekonzern für Baudienstleistungen?
Intern erleben wir derzeit einen Transformationsprozess der Horizontalisierung – mit absolutem Fokus auf die Wertschöpfung. Damit überwinden wir Silos und Insellösungen, um noch stärker an einer gemeinsamen Vision des Konzerns zu arbeiten. Das verändert natürlich auch die Führungskultur innerhalb des Unternehmens.

Was erfordert dieser Wandel von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren, welche Skills benötigen sie, und suchen Sie auch neue bzw. andere Abschlüsse, beispielsweise verstärkt IT-Fachkräfte?
Das Wissen und die Anwendung von BIM, LEAN und agilen Arbeitsmethoden sind wesentlicher Bestandteil des Skillsets unserer Bauingenieurinnen und Bauingenieure. Der Transfer der Digitalisierungsprojekte in die Praxis erfordert einerseits tiefes technisches, andererseits aber auch fundiertes ITVerständnis. Gleichzeitig benötigt man die Fähigkeit, Veränderung zu begleiten und die richtigen Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung zu treffen. Das setzt auch ein neues Verständnis von Führung voraus. In Bereichen wie Application Services, Data Science oder Software Development suchen wir zudem vermehrt IT-Fachkräfte, um unsere Digitalisierungsprojekte voranzutreiben und weiterzuentwickeln.

Schwimmende Städte

0

Küstenstädte und an Küsten liegende Länder werden durch steigende Meerespiegel bedroht – ausgelöst durch den Klimawandel. Die Lösung könnten sich selbst versorgende, schwimmende Städte sein. Von Christoph Berger

Zwei von fünf Menschen auf der Welt leben weniger als 100 Kilometer von der Küste entfernt und einer von zehn Menschen lebt in Küstengebieten, die weniger als zehn Meter über dem Meeresspiegel liegen; die große Mehrheit der Küstengebiete wird von Küstenerosion und Überschwemmungen betroffen sein, so Prognosen. Ausgelöst werden diese durch den Klimawandel. Daher werden Millionen von Menschen vertrieben, Häuser und Infrastruktur zerstört. Die Lösung für diese sich anbahnende Katastrophe könnten schwimmende Städte sein, wie sie etwa von UN-Habitat, dem Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen, und dem Unternehmen Oceanix vorgeschlagen werden. „Wir sind die UN-Organisation, die den Auftrag hat, mit Städten zu arbeiten, sei es zu Lande oder zu Wasser“, sagte die malaysische Städteplanerin Maimunah Mohd Sharif, die seit 2018 Exekutivdirektorin des UN-Programms ist, 2019. Man sei bereit, einen Dialog über nachhaltige schwimmende Städte zu führen, um sicherzustellen, dass dieser aufstrebende Sektor effektiv und zum Nutzen aller Menschen mobilisiert werde. So wurde beispielsweise im Rahmen eines Runden Tisches nach möglichen Lösungen gegen die Bedrohung gesucht.

Eine Lösung wurde in sich selbst versorgenden und schwimmenden Städten, die ihre eigenen Nahrungsmittel, Energie und Frischwasser produzieren und keinen Abfall verursachen, gefunden. Der Entwurf von Oceanix City, der weltweit ersten nachhaltigen schwimmenden Stadt für 10.000 Einwohner, wurde zur Unterstützung der New Urban Agenda von UN-Habitat vorgestellt. Es handelt sich dabei um eine Blaupause für eine modulare maritime Metropole, die auf den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung basiert. Die additive Architektur könne organisch wachsen, sich verwandeln und anpassen und sich von einer Nachbarschaft mit 300 Einwohnern zu einer Stadt mit 10.000 Einwohnern entwickeln – mit der Möglichkeit einer unbegrenzten Skalierung, um florierende nautische Gemeinschaften für Menschen zu schaffen, die sich füreinander und für unseren Planeten einsetzen.

Der Mitbegründer von Oceanix, Marc Collins Chen, sagt zu der Idee, dass es die Technologie gebe, mit der wir auf dem Wasser leben könnten, ohne die marinen Ökosysteme zu zerstören: „Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass nachhaltige schwimmende Städte erschwinglich und für alle bedürftigen Küstenregionen verfügbar sind. Sie sollten nicht zu einem Privileg der Reichen werden.“ Oceanix City sei zudem nicht nur nachhaltig, sondern auch hochwassersicher und so konzipiert, dass die Stadt auch Megastürme überstehe. Im Falle einer langfristigen Veränderung der Wetterverhältnisse könne die gesamte schwimmende Stadt abgetakelt und an einen geeigneteren Ort geschleppt werden.

Wieviel Mensch braucht das Bauingenieurwesen?

Bauingenieure bleiben im Mittelpunkt des Baugeschehens, trotz aller digitaler Unterstützung und Hilfsmittel. Als kreativ planende und letztlich einzige vertrauenswürdige Instanz bleiben sie sowohl Anfangsals auch Endpunkt jedes Bauvorhabens. Von Fabian Hesse M.A. bauingenieur24 Informationsdienst

Dass man sich im Bauingenieurwesen eher mit technischen Inhalten befasst, ist allgemein bekannt. Weniger bewusst ist vielen Berufseinsteigern, dass auch die Form des Arbeitens in einem modernen Ingenieurbüro oder Bauunternehmen wie auch in der Verwaltung durch technische Prozesse und Anwendungen geprägt ist. Ein hoher Technisierungs- und Digitalisierungsgrad ist inzwischen Standard im Bauwesen und der Umgang mit smarten Geräten wie auch die Anwendung von Arbeitsmethoden wie BIM oder Lean- Management werden vorausgesetzt. Ziel ist es, Planungsprozesse vor allem zeitlich zu rationalisieren und dabei dem Menschen wiederkehrende oder körperlich belastende Aufgaben abzunehmen.

„Die neu gewonnene Zeit kann für den Erfahrungsaustausch untereinander oder zum Gespräch mit Kunden genutzt werden, um deren Bedürfnisse noch besser zu verstehen“, sagt Jürgen Eggers, Personalleiter bei der Goldbeck-Gruppe. Konkret würden Roboter oder der Einsatz von Drohnen auf Baustellen für exaktere und schnellere Ergebnisse und damit eine höhere Kundenzufriedenheit sorgen, so Eggers. Zudem biete die Digitalisierung neue Beschäftigungs- und Forschungsfelder für die Beschäftigten im Bauwesen. Wie Eggers, betont auch Julia-Carolin Carbon von Wolff & Müller die Bedeutung menschlicher Akteure am Bau: „Bauprojekte lassen sich nur erfolgreich im Team realisieren. Dafür sind Fähigkeiten wie Empathie und Vertrauen unverzichtbar.“ Die Umstellung auf das Building Information Modeling (BIM) mit seinem Grundsatz, erst digital, dann real zu bauen, bedeutet für die Geschäftsführerin der Wolff & Müller Personalentwicklung GmbH eine schlichte Arbeitserleichterung: „So können sich die Menschen auf ihren eigentlichen Job konzentrieren – das Bauen!“

Bauprojekte lassen sich nur erfolgreich im Team realisieren. Dafür sind Fähigkeiten wie Empathie und Vertrauen unverzichtbar.

Neben den Bauprojekten können sich mit der Digitalisierung auch die Arbeitsbedingungen im Bauingenieurwesen verbessern. Denn bei aller Technik sollte es im Bauunternehmen und Planungsbüro – wie überall in der Arbeitswelt – immer menschlich zugehen. Für Christian Würfl, Leiter des Planungsbüros formTL, gehören eine gesunde Arbeitsumgebung, Weiterbildungsmöglichkeiten, aktives Teambuilding und Vertrauensmitarbeiter unbedingt dazu. Wichtig sei ein Team, das auf alle setzt und jeden individuell und langfristig fördert. Eine Kultur von „hire and fire“ lehnt Würfl dagegen vehement ab. Erkennbar ist schon lange, dass sich das Planen und Bauen mit der Digitalisierung stark verändert. Manche sprechen gar von einer Revolution. Laut Julia Zantke vom Ingenieurdienstleister Sweco böten sich besonders durch BIM sowohl für Beschäftigte als auch für Auftraggeber signifikante Potenziale und ein großer Mehrwert.

Dennoch: „Ohne Menschen und persönliche Kontakte geht es nicht, denn jedes Projekt ist einzigartig und kann nur von und mit den Menschen umgesetzt werden. Diesen zwischenmenschlichen Aspekt unter Berücksichtigung der notwendigen Fachlichkeit zu begleiten und zu steuern ist das, was unseren Beruf auch in Zukunft kennzeichnen wird“, so Julia Zantke. Wie in der gesamten Gesellschaft muss die menschliche Kreativität also auch im Bauwesen nicht der Technik zum Opfer fallen. Vielmehr vergrößern sich mit ihr die Mittel und damit die Möglichkeiten der durch verantwortliche Planung und Beratung in unzähligen Wirtschaftsbereichen tätigen Bauingenieure.

Begeisterung für BIM

0

Anna-Maria Peter ist seit rund einem Jahr als Bauleiterin bei der Firma Karl Krumpholz Rohrbau GmbH an Bord. Zum Berufsstart absolvierte sie eine Zusatzausbildung zur BIM-Baustellenmanagerin im Kommunalen Verkehrswegeund Tiefbau. Ziel war es, auch die Digitalisierung der Baustellenprozesse im eigenen Unternehmen eff ektiv voranzutreiben. Von Christoph Berger

Im vergangenen Jahr hat die Bauingenieurin Anna-Maria Peter ihr Bachelorstudium mit dem Schwerpunkt Infrastrukturplanung erfolgreich abgeschlossen und startete direkt mit dem Berufsstart als Bauleiterin auch eine Zusatzausbildung zur BIM-Baustellenmanagerin im Kommunalen Verkehrswege und Tiefbau. Für die hatte sie, Peter ist in ihrem neuen Job für ihre eigenen Baustellen voll verantwortlich, auch schnell die passende Idee für die abschließende Projektarbeit: „Die in der Regel sehr aufwändige Abrechnung von Einheitspreisverträgen mit bislang ordnerweise Aufmaßzetteln in Papierform sollte vereinfacht und durchgängig digitalisiert werden“, berichtet die Ingenieurin. „Mein Ziel war ein lückenloser Prozess vom Aufmaß auf der Baustelle bis hin zur Rechnungsstellung.“

Vollautomatische Übertragung der Massenermittlung

Zur Entwicklung dieser digitalen Lösung entschied sich die Bauleiterin zunächst für eine kleinere, lokale Sanierungsmaßnahme mit nur einem Gewerk, dem Wasserleitungsbau. Im ersten Schritt nahm sie selbst sämtliche Rohrleitungen, Bögen, T-Stücke sowie Schieber und Hydranten mit dem GPS-Rover, einem satellitengestützten Navigationssystem zum Aufmessen, auf, bearbeitete die aufgenommenen Daten zunächst im CAD-System und übertrug diese im Anschluss als dxf-Dateien nach iTWO civil, einer modellbasierten BIM-5D-Lösung für den Straßen- und Tiefbau des auf Bausoftware spezialisierten Unternehmens RIB.

Ein echter Fortschritt, der auch viel Zeit im gesamten Prozess einspart.

Nach Ergänzung sämtlicher Abrechnungsvorgaben, wie Elementmengen aus Stückzahlen, Längen oder Flächen im CAD-System, erstellte sie mit der Software-Lösung eine Massenermittlung in Verbindung mit einem Leistungsverzeichnis. Anschließend erfolgte eine Übertragung der Massenermittlung als Aufmaßdatei in ein digitales Projektmanagementsystem. „Die Massen wurden allesamt unmittelbar in die Rechnungsdateien übertragen“, berichtet Anna-Maria Peter. „Auf diese Weise waren keinerlei aufwändige Handaufmaße mehr erforderlich. Ein echter Fortschritt, der auch viel Zeit im gesamten Prozess einspart.“

Auch das zuständige Ingenieurbüro erkannte die Dateien vollständig an. Selbstverständlich sei die strukturelle Erstellung eines neuen, vollkommen digitalen Prozesses mit vielen Aufnahmen auf der Baustelle zunächst einmal mit mehr Aufwand als gewohnt verbunden, sagt Peter. Doch die Vorteile seien recht schnell zu Tage getreten. So konnte die Bauleiterin beispielsweise zahlreiche Informationen für die Baustellendokumentation und Abrechnung direkt weiterverwenden.

Durchgängige Digitalisierung auf dem Vormarsch

In der Umsetzungsphase der Projektarbeit musste Anna-Maria Peter zwar noch das eine oder andere Attribut in der BIM-Lösung händisch nachtragen, doch die Übertragung zwischen den verschiedenen Systemen verlief vollkommen lückenlos. Alle Informationen werden nun vollautomatisch innerhalb der BIM-Lösung erkannt. Da auch das Management des familiengeführten Unternehmens Karl Krumpholz Rohrbau sehr offen für neue, digitale Ansätze ist, kann die engagierte Bauingenieurin ihre Ideen und Überlegungen sehr gut einbringen.

Foto: Karl Krumpholz Rohrbau GmbH
Nach einer 3D-Aufbereitung der Planungsvorgaben ist der Baggerfahrer in der Lage, sämtliche Informationen zu Kanälen, Regenüberlaufbecken, Wasserleitungen und der Straße direkt in die Maschinensteuerung des Baggers zu übernehmen und danach exakt zu arbeiten. Foto: Karl Krumpholz Rohrbau GmbH

Modellbasierte Abrechnung im Fokus

Inzwischen arbeitet sie an einem weiteren und größeren Projekt: mit verschiedenen Gewerken und unterschiedlichen Plänen aus Planung und Vermessung als Grundlage. Zum Einsatz kommt dabei auch eine 3D-Maschinensteuerung für den Baggerfahrer. Genau wie Anna-Maria Peter ist auch er von modernen, digitalen Prozessen am Bau voll überzeugt. Nach einer 3D-Aufbereitung der Planungsvorgaben durch die Ingenieurin war der Fahrer in der Lage, sämtliche Informationen zu Kanälen, Regenüberlaufbecken, Wasserleitungen und der Straße direkt in die Maschinensteuerung des Baggers zu übernehmen und danach exakt zu arbeiten; den reduzierten Aufwand bei der Ausführung und Datenerfassung wusste er zu schätzen. Peter konnte die mit der Maschinensteuerung erfassten Daten anschließend als dxf-Datei wiederum in ihr BIM-System transferieren und dort ihre Planbearbeitung erstellen. Sämtliche weitere Angaben, wie Einbaudatum, Qualität und freie Informationen, stehen in ihr als zusätzliches Attribut zur Verfügung. Gleichzeitig schätzt sie die Sorgfalt, mit der die Poliere und Baggerfahrer auf den Baustellen arbeiten, auch mit der Zielvorgabe, die durchgängig modellbasierte Abrechnung Schritt für Schritt im Unternehmen voranzutreiben.

„Ziel ist es, die Vorteile aus den neuen, digitalen Prozessen immerzu bestmöglich zu nutzen und den Arbeitsablauf von Tief- und Rohrleitungsbaustellen auf diese Weise kontinuierlich zu verbessern“, fasst die Ingenieurin zusammen. Bei ihrem Arbeitgeber ist es der jungen Bauleiterin gelungen, für diese Innovation zu begeistern, das Interesse für BIM zu wecken und jüngere sowie auch ältere Kollegen auf den neuen Weg mitzunehmen.

Hohes Zukunftspotenzial

Kaum eine Branche leidet so sehr unter dem Fachkräftemangel wie das Bauwesen. Es werden dringend Bauingenieurinnen und Bauingenieure gesucht. Dementsprechend gut sind die Einstiegsmöglichkeiten. Von Christoph Berger

Die Absolvent*innenzahlen im Fach Bauingenieurwesen gehen zurück, trotzdem ist die Branche noch einigermaßen positiv gestimmt. So sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, zu den vom Statistischen Bundesamt im September 2021 veröffentlichten Absolventenzahlen: „Wir freuen uns, dass in diesem Jahr 10.100 Bauingenieurinnen und Bauingenieure zusätzlich dem Bauarbeitsmarkt zur Verfügung stehen können. Das sind zwar 4,4 Prozent weniger als 2019, aber 5.400 mehr als zum Tiefpunkt 2008.“ Allerdings stehen auch nicht alle dieser Absolvent*innen dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen habe einen Bachelorabschluss, von denen einige noch einen Master anstreben würden, heißt es.

Der Fachkräftemangel kann sich immer mehr zu einer Wachstumsbremse für unsere Branche entwickeln.

Der Rückgang der Absolventenzahlen sei auf den von 2013 bis 2019 zu beobachtenden Rückgang der Anfängerzahlen zurückzuführen. Hier habe es im vergangenen Jahr aber eine Trendwende gegeben: Die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger sei um 5,5 Prozent auf 11.300 gestiegen. „Somit können wir (hoffentlich) bald wieder mit steigenden Absolventenzahlen rechnen. Das ist angesichts der hohen Zahl an offenen Stellen auch dringend nötig“, sagte Müller. So habe die Bundesagentur für Arbeit jüngst 4030 offene Stellen für den August 2021 für Bauingenieure (in Unternehmen) gemeldet. Das seien 29 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahresmonat – und der höchste gemeldete August-Wert. Dem hätten nur 1620 Arbeitslose gegenübergestanden, 14 Prozent weniger als im August 2020. Entsprechend ausgeprägt sei der Fachkräftemangel: Mittlerweile klage – im Rahmen des ifo Konjunkturtests – jedes dritte Bauunternehmen über eine Behinderung seiner Bautätigkeit aufgrund des Mangels an Fachkräften, im August des Vorjahres seien es nur 21 Prozent gewesen.

Auch die für den im Oktober 2021 veröffentlichten CFO Survey von Deloitte befragten Finanzvorstände sehen in dem Fachkräftemangel das höchste Risiko für ihre Unternehmen. Besonders betroffen sind demnach die Immobilien- und Baubranche. So mahnt Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie: „Der Fachkräftemangel kann sich immer mehr zu einer Wachstumsbremse für unsere Branche entwickeln.“ Fügt aber direkt an, dass es kaum eine Branche mit mehr Zukunftspotenzial für junge Menschen als den Bau gebe. Denn die Megathemen unserer Zeit, der Umwelt- und Klimaschutz oder die Mobilitätswende, müssen vor allem auch durch eine Modernisierung von Infrastruktur gelöst werden – und zwar digitaler, smarter und vernetzter.

 

 

Das Leben ist eine Baustelle: Kultur-, Buch- und Linktipps

0

Ingenieurbaukunst 2022

Cover-Ingenieurbaukunst-2022Das von der Bundesingenieurkammer herausgegebene Buch „Ingenieurbaukunst 2022“ diskutiert die Zukunft des Planens und Bauens und zeigt wichtige aktuelle Bauwerke von Ingenieur*innen aus Deutschland. Es kann daher als eine Dokumentation von Leistungen des deutschen Bauingenieurwesens angesehen werden. Dafür wurden aktuelle Bauwerke und Diskussionsthemen von einem unabhängigen Beirat ausgewählt. Die beteiligten Ingenieur*innen beschreiben die bautechnischen Herausforderungen und erläutern die konkreten Lösungen bei Planung und Ausführung. Bundesingenieurkammer: Ingenieurbaukunst 2022. Ernst und Sohn 2021, 39,90 Euro

Deutsche Botschaften

Cover Deutsche BotschaftenBotschaftsneubauten sind prestigeträchtig und identitätsstiftend zugleich. Ihre primäre Aufgabe, einen Staat im Ausland zu vertreten und sein gesellschaftliches Selbstverständnis widerzuspiegeln, macht sie zu politischen Symbolen. In den vergangenen 150 Jahren suchte Deutschland in seinen auswärtigen Staatsbauten stets einen individuellen architektonischen Ausdruck. Insbesondere die während der vierzigjährigen deutschen Teilung von der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland errichteten Neubauten für diplomatische Vertretungen dokumentieren die enge Verknüpfung von politischen, kulturellen und personellen Entscheidungen sowie deren Rahmenbedingungen. Die Bauwerke eröffnen aus ihrer exterritorialen Position heraus einen erweiterten Blick auf die Geschichte und das Selbstverständnis aller deutschen Staaten. Sie prägen den auswärtigen Repräsentationsbau bis heute. Christiane Fülscher: Deutsche Botschaften. Jovis 2021, 55 Euro

In Hamburg entsteht eine neue Kunstwelt

Foto: teamLab
Foto: teamLab, Proliferating Immense Life, 2020, Interactive Digital Installation, Sound: Hideaki Takahashi

In der Hamburger HafenCity, im Quartier Elbbrücken, entsteht bis 2024 ein neues Museum für die digitale Kunst des Kollektivs Teamlab. Das Digital Art Museum wird über 7000 Quadratmeter Fläche, bis zu zehn Meter hohe Decken und zwei Geschosse umfassen. Damit soll es Europas erstes und größtes digitales Museum sein, wie es in der Ankündigung heißt. Basierend auf dem Konzept, dass alles in einer grenzenlosen Kontinuität existiert, ist teamLab Borderless Hamburg ein großer Raum für Kunst, bestehend aus immersiven Kunstwerken, die Grenzen überschreiten. Dieses Jahr wurde dafür die Digital Art Museum GmbH mit Hauptsitz in Hamburg gegründet. Deren Geschäftsführer ist Lars Hinrichs, der einst openBC, heute Xing, gegründet hat.

Beton_Liebe

Gina Stellbrinck aus Hückeswagen im Bergischen Land hat 2020 ihren Shop Beton_Liebe ins Leben gerufen. Dort bietet sie Produkte aus Beton an, alle selbst designt. Im dazugehörigen Blog gibt sie zudem allerhand Tipps an diejenigen weiter, die selbst mit dem Baustoff arbeiten möchten. Und sie erzählt, wie sie zu der Idee kam: „Es macht so viel Spaß, mir die Formen auszudenken, herzustellen und am Ende das Ergebnis in der Hand zu halten.“ An Beton gefällt ihr, dass sie plastisch arbeiten kann.

Betonklunker

Schmuckstücke und Accessoires aus Beton bieten Bärbel Wieneke und Katja Rodrian auf www.betonklunker.de.

Nastjas Tränen

Cover Nastjas TränenAls Natascha Wodin 1992 nach Berlin kommt, sucht sie jemanden, der ihr beim Putzen hilft. Sie gibt eine Annonce auf, und am Ende fällt die Wahl auf eine Frau aus der Ukraine, dem Herkunftsland ihrer Mutter, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt wurde. Nastja, eine Tiefbauingenieurin, konnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im wirtschaftlichen Chaos ihrer Heimat nicht mehr überleben, ihr letztes Gehalt bekam sie in Form eines Säckchens Reis ausgezahlt. Da sie ihren kleinen Enkelsohn und sich selbst nicht länger ernähren kann, steigt sie, auf etwas Einkommen hoffend, in einen Zug von Kiew nach Berlin. Natascha Wodin: Nastjas Tränen. Rowohlt 2021, 22 Euro

Queens of Structure

Im Sommer 2021 wurde im Tiefgarten des Architekturmuseums der TU Berlin die Ausstellung „Queens of Structure“ gezeigt. Vorgestellt wurden zwölf Bauingenieurinnen, die mit ihren Projekten die weitgefächerten Tätigkeits- und Themenfelder des Bauingenieurwesens repräsentieren und mit ihren Positionen die Vielfalt der Herausforderungen und individuellen Herangehensweisen darin sichtbar machen. „Die Protagonistinnen begeistern mit ihrer Leidenschaft für ihre Profession und agieren mit großer Selbstverständlichkeit in einem männlich geprägten Berufsfeld. Sie haben Gelegenheiten ergriffen, Ideen vorangetrieben und kreativ umgesetzt und die Technikkompetenz längst zu ihrem Programm gemacht“, heißt es in der dazugehörigen Beschreibung. Die Website Queens of Structure, auf der die zwölf Bauingenieurinnen mit ihren Projekten vorgestellt werden, existiert weiterhin.

Basics of Urbanism

Cover Basics of UrbanismAnhand von zwölf Begriffen werden in diesem Buch aktuelle städtebauliche Herausforderungen mit konkreten Projekten verknüpft, Konzepte und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt sowie Umsetzungsprozesse beschrieben. Im Vordergrund steht die Interaktion der gebauten Umwelt mit lebenden Systemen – ein Zugang, der sich innerhalb der Disziplin des Städtebaus langsam durchsetzt und die bisher prioritär gebäudeorientierte Praxis zugunsten einer Aufwertung des öffentlichen Raums zurückstellt. „Basics of Urbanism“ definiert und veranschaulicht Parameter, die einen territorialen Ansatz im Städtebau ins Blickfeld rücken. Der Raum zwischen den Gebäuden wird als wesentliche Struktur für ökologische und soziale Veränderungen innerhalb von kleinräumigen Nachbarschaften, Ensembles, Stadtteilen bis hin zu ganzen Städten behandelt. Dieser Ansatz umfasst vorausschauende zeitliche Aspekte ebenso wie die Miteinbeziehung bestehender Ressourcen bei der Schaffung räumlicher Qualitäten. A. Degros, E. Schwab, S. Bauer, R. Radulova-Stahmer, A. M. Bagaric, M. Stefan, M. (alle Hrsg.): Basics of Urbanism. Park Book 2021, 38 Euro

Bridge Constructor

Mit der Spiele-App „Bridge Constructor“ ist es möglich, eigene Brücken zu entwerfen und zu erschaffen. Anschließend kann beobachtet werden, wie Autos und Lastwagen über die Eigenkonstruktionen hinwegfahren. Oder, ob die Brücke aufgrund von Fehlberechnungen einstürzt. Ein Stresstest sozusagen. 64 Level können in dem Spiel durchspielt werden, die Brücken können über Täler, Kanäle oder Flüsse verlaufen, aus Holz, Stahl, Seilen oder Betonpfeilern bestehen. Allerdings muss das Budget eingehalten werden.

Vom Rotorblatt zum Möbelstück

Ausrangierten Rotorblättern von Windkraftanlagen ein zweites Leben geben – und zwar in Gestalt von Outdoor-Möbeln, das ist das Ziel des in Dresden ansässigen Unternehmens Wings for Living. Die verwendeten Windräder kommen aus dem Windpark Carinerland in Mecklenburg-Vorpommern und befanden sich 25 Jahre im Einsatz. Sie hätten täglich etwa 12,5 Megawatt sauberen Strom erzeugt und rund 1000 Haushalte versorgt – und ganz nebenbei circa 36.500 Tonnen CO2 gespart. Das Herstellen von Möbeln sei nun eine ökologisch und ökonomisch vertretbare Entsorgungsmöglichkeit, da die bisherigen Verfahren der Pyrolyse oder Zerspanung sehr kosten- und energieaufwändig seien.

Moritz Menge, Bauingenieur und Autor

0

Brücken gibt es nicht nur als Ingenieurbauwerke. Brücken existieren auch als soziale Verbindung zwischen Menschen. Bauingenieur Moritz Menge hat zu dieser Thematik das Buch „Brückenbau beginnt im Kopf“ geschrieben. Hier erklärt er, um was es ihm geht. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Dipl.-Ing. Moritz Menge, 1975 geboren in Bonn, hat Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen studiert und ist seither als Statiker, Projekt- und Teamleiter tätig im Konstruktiven Ingenieurbau für Brücken, Tunnels und Hochbauten. Aus diesen Projekten heraus veröffentlicht er regelmäßig in den einschlägigen Fachzeitschriften. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Linz an der Donau.

Herr Menge, was bedeutet es für Sie, Bauingenieur zu sein?
Als Bauingenieur möchte ich nicht nur technisch abarbeiten, um mein Geld zu verdienen, sondern mich als Mensch entwickeln, gemeinsam mit anderen, etwas aufbauen, mit Leidenschaft, mit Neugier, mit Zielen in einem komplexen Beziehungsfeld aus Auftraggebern und Gesellschaft, aus Umwelt und Technik. Dazu muss ich mit meinem Wissen handeln, es weitergeben, neues aufnehmen und vor allem: vernetzen.

Dieses Miteinander, das komplexe Beziehungsfeld in dem Bauingenieur*innen agieren: Wurde dieser soziale Aspekt bisher beim Blick auf den Berufsstand Bauingenieur vernachlässigt?
Das lässt sich nicht so pauschalieren. Ich kenne etliche Bauingenieure, die sich in hohem Maße für ihr soziales Berufsumfeld interessieren und die sozialen Aspekte mindestens so wichtig einstufen wie die technischen. Andererseits beobachte ich regelmäßig, dass sich Ingenieure in Ausbildung und Berufsalltag so stark auf die Technik fokussieren, dass der soziale Aspekt zu kurz kommt.

Wie bekommt man es hin, dass dies nicht passiert?
Beispielsweise in der Zusammenarbeit mit den direkten Kollegen im Ingenieurteam – mit jüngeren, mit erfahreneren und sich selbst – ist es für mich absolut wichtig, aufgeschlossen, neugierig und großzügig zu sein.

Im Kontext der Zusammenarbeit plädieren Sie auch für einen neuen Umgang mit Fehlern. Wie sollte dieser aussehen?
Dieses Thema erfährt branchenübergreifend immer mehr Beachtung. Speziell bei Bauingenieuren können Fehler in der Planung kapitale Folgen haben – eben nicht nur wirtschaftlich, sondern auch an Leib und Leben. Daher braucht es ein durchgreifendes Qualitätsmanagement. Aber wir können uns nur weiterentwickeln, wenn wir auch Fehler machen, diese offen ansprechen, daraus lernen. Wir müssen Fehler möglichst früh thematisieren und dürfen sie nicht verschweigen. Nur dann gibt es die Chance, möglichst viel Schaden abzuwenden und andererseits offen Erfahrungen mitzunehmen.

Auch die Digitalisierung hat Einfluss auf dieses Miteinander, ebenso kommen durch sie neue Herausforderungen auf jeden einzelnen Bauingenieur zu. Und Veränderungen. Wie sollte man mit diesen Veränderungen umgehen?
Veränderungen geben immer die Chance zur Vorwärtsbewegung, können aber auch Angst machen. Wenn wir bewährte Gewohnheiten ablegen, begeben wir uns auf unbekanntes Terrain. Das fällt nicht nur bei der Digitalisierung den jüngeren Generationen leichter. Doch die vermeintlich weniger „Digitalaffinen“ haben riesiges Potenzial, wenn sie ihre Erfahrung mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung kombinieren. Denn wir dürfen unseren Ingenieurverstand nicht vernachlässigen.

In Ihrem Buch „Brückenbau beginnt im Kopf“ hat ein Kapitel den Titel „Ingenieure und (ihre) Kinder“. Darin geht es einerseits darum, was Erwachsene Kindern mitgeben können, aber auch darum, was wir „Großen“ von Kindern lernen können. Sie selbst sind Vater von drei Kindern, was konnten Sie zuletzt von Ihren Kindern mit ins Büro nehmen?
Es ist gar nicht so leicht, im Alltag die Muße zu haben, die faszinierende Kinderwelt auf den Ingenieurberuf zu übersetzen. Das muss ich mir immer wieder bewusst vornehmen. Was immer gut tut, ist das kindliche „Wieso?“. Wenn ich so meine Arbeit hinterfrage und gute Antworten habe, dann bin ich sicher auch auf einem richtigen Weg.

Das Buch

Cover Brückenbau beginnt im KopfMoritz Menge: Brückenbau beginnt im Kopf. Springer 2021, 27,99 Euro