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Digital geht’s voran

Building Information Modeling nimmt in Deutschland immer mehr an Fahrt auf. Und im Kielwasser der Methode finden weitere Technologien Einzug in die Branche. Wobei einer der großen Vorteile eine gesteigerte Effizienz ist. Aber längst nicht der einzige. Von Christoph Berger

Dass Themen heute mehr denn je selten getrennt voneinander betrachtet werden können, dass eins das andere bedingt, wird bei einem Blick in die Studie „Constructing Our Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“ erneut bewusst. Die Studie wurde im Auftrag der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. von der Prognos AG, dem Fraunhofer- Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sowie dem Leonhard Obermeyer Center der Technischen Universität München erstellt, der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft hat daraus Handlungsempfehlungen für das Bauen der Zukunft abgeleitet, die er im Juli 2021 vorstellte. Im Kern geht es um bedarfsgerechtes, kostengünstiges und nachhaltiges Planen und Bauen. Nachhaltigkeit, Klimaneutralität, eine Steigerung der Ressourceneffizienz und mehr Kreislaufwirtschaft sind wesentliche Aspekt der Studie. Hervorgehoben wird aber auch, dass ökonomisches und ökologisches Bauen wesentlich bessere Datengrundlagen erfordert. Hier fordert der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft eine umfassende Digitalisierung des aktuellen Gebäudebestands.

Wolfram Hatz, Vorsitzender des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft und Präsident der vbw, wird in einer dazugehörigen Pressemitteilung folgendermaßen zitiert: „Nur wenn wir den genauen Zustand des derzeitigen Gebäudebestands kennen, können wir konkret und zielgerichtet bei der Sanierung bestehender und Planung neuer Gebäudeund Infrastrukturprojekte vorgehen.“ Ein wichtiger Impulsgeber für die Digitalisierung im Bauwesen sei dabei das Building Information Modeling, abgekürzt und bekannt als: BIM, das alle Phasen im Lebenszyklus eines Bauwerks in digitalen Modellen abbilde, Wertschöpfung schaffe und dem Bau-Fachkräftemangel entgegenwirke.

Effizienz und Kostenreduktion

Die Studienautoren haben bei BIM in den letzten Jahren einen zunehmenden Paradigmenwechsel in der Praxis festgestellt, immer mehr Unternehmen würden BIM in Teilbereichen einsetzen und hätten ihre Kompetenzen diesbezüglich stark ausgebaut. Doch es gebe noch Potenzial. Zum Beispiel bei der öffentlichen Hand, die etwa mit der BIM-basierten Einreichung von Baugenehmigungen oder BIM-basierten Wettbewerben entsprechende Voraussetzungen und Anreize schaffen könne. Zudem müssten zusätzliche BIM-Pilotvorhaben gefördert werden, um den Kenntnisstand auch in kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen und in großem Umfang vertiefte Erfahrungen auf allen Seiten sammeln zu können. Seit Anfang des Jahres ist die BIM-Technologie bereits bei zukünftigen Infrastrukturprojekten des Bundes verpflichtend und die 2015 begonnene, schrittweise Einführung des BIM-Stufenplans damit abgeschlossen.

Das Unternehmen Autodesk stellte dazu in einer ebenfalls zum Start des Jahres veröffentlichten Studie fest, dass die Maßgaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) der Branche wichtige Impulse gegeben und den Weg für einen flächendeckenden Einsatz der Technologie geebnet hätten. Und: Organisationen, die bereits auf BIM-Lösungen setzen, hätten deutliche Wettbewerbsvorteile realisieren können. So glauben etwa 38 Prozent der befragten Ingenieurbüros, dass die Nutzung von BIM ihre Bauausführung effizienter macht, 30 Prozent, dass die Arbeitsvorbereitung deutlich effizienter erledigt werden kann und 23 Prozent, dass eine BIM-Lösung die Effizienz bei Kalkulationen erhöht. Auch die befragten Tiefbauunternehmen sehen diese Vorteile – neben den bereits genannten, erkennen 22 Prozent der Befragten hier auch eine Kostenreduktion als klaren Vorteil einer BIM-Anwendung.

Darüber hinaus gaben über die Hälfte der befragten Ingenieure in Ingenieursbüros an, mit BIM Probleme effizienter zu lösen und insgesamt einen besseren Projektfortschritt zu erreichen. Kombiniert mit den kommenden neuen Vergaberichtlinien hätten Unternehmen so besonders in Zukunft deutliche Vorteile durch eine hohe Kompetenz im BIMUmfeld. Dies führt auch dazu, dass die BIM-Nutzung deutlich ansteigen werde, heißt es. Wie hoch der BIM-Einsatz in Deutschland ist, hat das auf SaaS-Lösungen spezialisierte Unternehmen Planradar untersucht: In einem dazu veröffentlichten Blog-Beitrag heißt es, dass ungefähr 70 Prozent der Bauunternehmen in Deutschland BIM auf verschiedenen Ebenen nutzen. Mehr als zwei Drittel davon seien Architekten und Planungsbüros. Unter den Anwendern sei BIM Level 2 bereits weit verbreitet, wobei es jedoch auch noch viele Nutzer auf BIM Level 1 gebe. Die Level geben die verschiedenen Reifegradstufen wider, von denen es insgesamt drei gibt.

Breiter Technologieeinsatz

Doch die vbw-Studie „Constructing Our Future. Planen. Bauen. Leben. Arbeiten“ beschäftigt sich nicht nur mit BIM. Auch die Technologien Augmented Reality, Virtual Reality und Blockchain, eine automatische Baufortschrittsüberwachung, der Einsatz von Robotern, das Internet of Things (IoT), der 3D-Druck, Künstliche Intelligenz (KI) sowie eine rechnergesteuerte Gebäudetechnik beziehungsweise der automatisierte Betrieb von Gebäuden werden behandelt und Einsatzmöglichkeiten der Technologien aufgezeigt. Durch den Einsatz virtueller Realität (VR) könnten beispielsweise Planungsvarianten eines Bauvorhabens immersiv in einem „begehbaren“ BIM-Modell im Maßstab 1:1 abgestimmt werden; Augmented- Reality(AR)-Anwendungen könnten bei der Abnahme von Bauprojekten unterstützen; und mit Blockchain-Anwendungen ließen sich unter anderem logistische Prozesse durch „smarte“ Lieferketten effizienter gestaltet.

Konkret schreiben die Studienautoren: „Die Nutzung und Erschließung der Potenziale der Schlüsseltechnologien, wie KI, IoT und additive Fertigung (3D-Druck), prägen und verändern das Bauwesen in den nächsten Jahren und ermöglichen neue Geschäftsfelder und -modelle sowie Wachstumschancen.“ Prof. Thomas F. Hofmann, Co-Vorsitzender des Zukunftsrats der Bayerischen Wirtschaft und Präsident der TU München erklärte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen: „Der Einsatz von modernster Computertechnologie, Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen bietet völlig neue Möglichkeiten, das Entwerfen, Bauen und Betreiben von Gebäuden wirtschaftlich, effizient und ökologisch nachhaltig zu gestalten.

Damit diese auch zum Tragen kommen, müssen wir begrenzte Denksilos aufbrechen, Wissen, Werkzeuge und Arbeitsweisen verschiedener Disziplinen zusammenführen und in partnerschaftlichen Ökosystemen von Universitäten, Wirtschaftsunternehmen, Technologiefirmen und Start-ups Innovationen effektiver in den Markt bringen.“

Buchtipp

Amir Abbaspour: Digitales Bauen mit BIM. Beuth 2021, 58 Euro.

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