„Alles auf Chinesisch gesetzt“

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Shanghai statt Hamburg: Wegen seiner exzellenten Chinesischkenntnisse wechselte Dr. Christoph Schröder 2012 in das Shanghaier Büro seiner Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle, wo der 40-Jährige für die chinesischen Mandanten zuständig ist. Im Interview erzählt er, wie er die Sprache lernte und wie sie seine Karriere förderte. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Christoph Schröder, Foto: CMS Hasche Sigle
Christoph Schröder, Foto: CMS Hasche Sigle

Christoph Schröder, 40 Jahre, ist Counsel im Shanghaier Büro der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Wegen seiner exzellenten Chinesischkenntnisse wechselte er 2012 vom Hamburger Büro nach Shanghai, wo der Rechtsanwalt für die chinesischen Mandanten verantwortlich ist und sie in den Bereichen Gesellschaftsrecht, M&A und Handelsrecht berät. Zudem hält der promovierte Jurist regelmäßig Präsentationen in chinesischer Sprache.

Herr Schröder, was ist die Grundlage Ihrer Chinesisch-Kenntnisse?
Ich habe in den letzten drei Jahren meiner Schulzeit von 1991 bis 1994 drei Stunden pro Woche Chinesisch gelernt. Weiter ging es mit Privatunterricht in Hamburg, einem mehrwöchigen Intensivkurs an der Beijing Language and Culture University und einigen Sprachkursen im Rahmen meines Sinologiestudiums als Nebenfach in Würzburg. Den eigentlichen Durchbruch habe ich aber im Studienjahr 1998/1999 in China erlebt. In dieser Zeit habe ich alles auf Chinesisch gesetzt: Ich bin aus dem Wohnheim für Ausländer der Universität Nanjing ausgezogen und habe dann bei einer chinesischen Familie gewohnt. Ich habe versucht, jedes Gespräch auf Chinesisch zu führen, ob mit der Univerwaltung, beim Buchen der Flugtickets, mit den Professoren in der Bibliothek oder beim Volleyball mit den chinesischen Kommilitonen. Ich habe auch fast täglich Zeitungen auf Chinesisch gelesen.

War das nicht mühselig?
Anfangs schon, da musste ich fast jedes zweite chinesische Schriftzeichen im Wörterbuch nachschlagen. Zeichenerkennungs-Apps gab es damals noch nicht. Aber nach und nach konnte ich mich immer besser durch die Texte hangeln. Gleichzeitig habe ich mir chinesische Rechtsbegriffe angeeignet, vor allem bei der Übersetzung des Vertragsgesetzes der Volksrepublik China, die später auch veröffentlicht wurde.

Seit wann sprechen Sie mit Ihren Mandanten Chinesisch?
Erstmals während meiner dreimonatigen Entsendung nach China im Frühjahr 2011, regelmäßig seit Juli 2012. Auch einen Teil der E-Mail-Korrespondenz führe ich auf Chinesisch. Das gilt auch für Präsentationen. Bei der Veröffentlichung von Beiträgen in Zeitschriften benötige ich allerdings viel Unterstützung von den Kollegen.

Man lernt also nie aus.
Nein. Auch jetzt noch nehme ich einmal pro Woche Unterricht, insbesondere um Wirtschaftschinesisch und umgangssprachliche Redewendungen zu trainieren.

Ab wann war Ihnen klar, dass Ihre Sprachkenntnisse für Ihre Karriere von Vorteil sind?
Schon als ich die Doktorarbeit schrieb. Es vergingen dann keine zwei Wochen als Einsteiger bei CMS, als sich mir die erste praktische Gelegenheit bot: Unsere Kanzlei hatte eine chinesische Wirtschaftsdelegation eingeladen, und so konnte ich die Gäste in ihrer Muttersprache begrüßen. Später kamen immer mehr Chancen hinzu, zum Beispiel konnte ich einem Mandanten in einem transportrechtlichen Schadensfall die in Chinesisch verfasste Klageschrift zusammenfassen.

Viele Chinesen scheinen heute ein sehr gutes Englisch zu sprechen, oder täuscht das?
Unterschiedlich. In der Tendenz gilt: Je jünger der Ansprechpartner, desto besser seine Englischkenntnisse. Es gilt aber auch der Grundsatz: Je bedeutender der Ansprechpartner, desto älter ist er. Viele wichtige Mandanten fühlen sich daher sicherer, wenn sie mit uns auf Chinesisch sprechen und korrespondieren. Gerade im Kontakt mit den chinesischen Staatsunternehmen bestätigt sich: Die wichtigste Sprache ist die Sprache des Mandanten.

Chinesisch ist eine lebendige, sich verändernde Sprache. Wie halten Sie sich in dieser Hinsicht auf dem Laufenden?
Je mehr Zeit man mit Freunden oder Mandanten verbringt, desto mehr bietet sich einem die Chance, am Puls der Zeit zu bleiben und die neuesten sprachlichen Entwicklungen mitzubekommen. Es hilft auch, im Taxi das Smartphone mal wegzulegen und gemeinsam mit dem Fahrer Radio zu hören.

Angenommen, ein junger Jurist lernt gerade Chinesisch und ist erstmals in China. Was raten Sie ihm?
Die meisten Chinesen reagieren bereits auf erste Sprachversuche eines Ausländers mit ausdrücklicher Anerkennung – auch wenn das häufig nur aus Höflichkeit geschieht. Dadurch bietet sich jedoch manchmal eine entscheidende Chance, die Atmosphäre zu entspannen. Es ist daher als Chinesisch-Anfänger eine Überlegung wert, sich zunächst auf die gesprochene Sprache zu beschränken, weil man dann deutlich schneller vorankommt.

Sprache als Schlüsselqualifikation

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Wer als Rechtsberater die Sprache seiner internationalen Mandanten spricht, schafft Vertrauen. Dabei kommt es beim Reden nicht auf die akzentfreie Aussprache an. Wichtiger ist, dass die Inhalte stimmen. Anders ist es im Schriftlichen: Hier ist Perfektion Pflicht. Von André Boße

Eigentlich war Steffen Paulmann ein Fan der Insel. Als Schüler liebte er das Vereinigte Königreich. Die Kultur Großbritanniens. Die englische Sprache. Alles änderte sich bei einem Schüleraustausch, der ihn als 16-Jähriger nach Nantes an der französischen Atlantikküste führte. Als Deutscher im Klassenverband war er ein bunter Hund. Dass er ein wenig Französisch sprechen konnte, rechnete man ihm hoch an. Vor allem aber entdeckte der Schüler aus dem Taunus, wie viel Spaß interkulturelles Leben und Lernen machen kann. Steffen Paulmann erkannte die Unterschiede. Klischees zwar, aber doch wahr: Sein Hang zur Disziplin und Ordnung, und im Gegensatz dazu das berühmte „Laissez-faire“ der französischen Mitschüler – „wobei ich schnell beobachtete, dass beide Wege zum Erfolg führen können: der deutsche Weg, etwas sehr genau zu nehmen, aber auch die lockere französische Art“.

Die Teenager-Erfahrungen in Nantes haben schließlich Steffen Paulmanns Karriereweg entscheidend mitgeprägt: In der Wirtschaftskanzlei Grützmacher, Gravert, Viegener (GGV) ist er der Experte für die französischen Mandate. Heute gibt es in beinahe allen großen Sozietäten Juristen, die sich nicht nur durch ihre juristische Fachexpertise, sondern auch mit Hilfe ihrer besonderen Sprachkenntnisse spezialisieren. Mehrsprachigkeit wird dabei zum Karrieremotor: Wer als juristische Nachwuchskraft neben seiner Muttersprache noch eine weitere Sprache auf hohem Niveau beherrscht, setzt sich von der Konkurrenz ab und besitzt gute Chancen auf spannende Mandate.

So wie Steffen Paulmann, der bei GGV als Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig ist. Für das Studium ging er nach Saarbrücken, näher kommt man Frankreich in Deutschland nirgendwo. Einige Semester verbrachte er in Paris, seine Promotion absolvierte er zugleich an den Unis Saarbrücken und Straßburg. Als Paulmann nach einigen Jahren in einer Hamburger Sozietät und als Anwalt mit eigener Kanzlei im Jahr 2008 schließlich bei GVV anheuerte, war sein Schwerpunkt schnell ermittelt. Der 41-jährige Jurist berät vor allem Unternehmen aus französischsprachigen Ländern im deutschen Wirtschaftsund Arbeitsrecht.

Sein festes Büro hat er in Frankfurt, beinahe monatlich ist er jedoch auch im Pariser Büro der Kanzlei. Dort trifft er sich mit den französischen Mandanten – und spricht mit ihnen selbstverständlich Französisch. Zwar sprechen heute auch die französischen Geschäftsleute in der Regel ein gutes Englisch. Doch der Austausch mit dem juristischen Berater in der Muttersprache gibt ihnen zusätzliche Sicherheit. „Unsere Mandanten fokussieren sich als Unternehmer vor allem auf ihr operatives Geschäft“, erklärt Steffen Paulmann. „Die Klärung von Rechtsfragen ist ihnen zwar wichtig. Doch sie fühlen sich in diesem Gebiet thematisch nicht unbedingt zu Hause. Daher ist es für die Mandanten angenehm, wenn sie mit ihrem juristischen Berater in der Muttersprache reden können.“

Hochschulpartnerschaften nutzen

Fast alle deutschen juristischen Fakultäten pflegen eine oder mehrere Partnerschaften mit internationalen Hochschulen. Über diese Kooperationen ist es nicht nur möglich, Auslandssemester einzulegen. Weitere Optionen sind Aufbaustudiengänge im Ausland, Promotionen mit internationalen Themen oder die Teilnahme an transnationalen Netzwerken. Tipp: Neben den Sprachkenntnissen an sich kommt es bei den Personalchefs der Kanzleien sehr gut an, wenn man sich international engagiert und Erfahrungen mit dem juristischen Denken in anderen Kulturen gesammelt hat. Informationen zu Studienmöglichkeiten im Ausland unter www.daad.de.

Schaut man in Stellenanzeigen oder in Bewerbungen, findet man dort häufig die Formulierung „hervorragende Sprachkenntnisse in Wort und Schrift“. Was das heißt, kann Steffen Paulmann erklären. Keine Sorgen sollte man sich als mehrsprachiger Einsteiger machen, wenn sich ein deutscher Akzent nicht ganz leugnen lässt. „Beim Sprechen einer anderen Sprache im Berufsleben geht es hauptsächlich um die Inhalte“, sagt der Jurist. „Klar, die Leute mögen es, wenn jemand die Sprache fast akzentfrei spricht. Im Job ist es jedoch beeindruckender, wenn man als Rechtsberater die Fachbegriffe beherrscht und den Inhalt gut vermitteln kann.“ Kurz: Ist der Akzent nicht zu krass, stört er nicht.

Anspruchsvoller ist das Schriftliche. „Hier sind die Stolpersteine am größten, denn bei Schriftstücken merkt man tatsächlich, wer Muttersprachler ist – und wer nicht“, so Paulmann. Daher ist die Absicherung wichtig: „Wenn wir Vertragsmuster vorbereiten oder wichtige Briefe aufsetzen, geben wir den französischen Teil immer einem Muttersprachler.“

Neben dem Wort und der Schrift hat die Mehrsprachigkeit noch eine dritte Dimension: Sprache ist der Schlüssel zu einer anderen Kultur. „Wer ein Land und seine Sprache mag und dort gerne Zeit verbringt, kennt die andere Kultur und ist in der Lage, die Leute mit ihrem Denken abzuholen“, sagt Steffen Paulmann. Ein Beispiel aus seinem juristischen Arbeitsalltag: In Frankreich gehe man vor Vertragsgesprächen gemeinsam essen. „Man beschnuppert sich, erzählt von seinem Projekt.“ Die Deutschen hätten es dagegen lieber, wenn man sich streng an einer strikten Tagesordnung entlanghangelt. Paulmann: „Es ist daher meine Aufgabe als anwaltlicher Berater, meine Mandanten auf kulturelle Unterschiede vorzubereiten.“

Dass es nicht nur darum geht, auf Unterschiede aufmerksam zu machen, verdeutlicht Rainer Birke, Jurist bei der Wirtschafts- und Steuerstrafrechtskanzlei Wessing & Partner. „Wichtig wird die Muttersprache der Mandanten auch, wenn man Ähnlichkeiten oder Gemeinsamkeiten entdecken möchte“, sagt der Fachanwalt für Strafrecht. In der Düsseldorfer Sozietät ist der 43-Jährige mit profunden Russischkenntnissen insbesondere für Mandanten aus dem osteuropäischen Raum zuständig. Durch seine Sprachkenntnisse wird Rainer Birke für die Mandanten dort zu einer juristischen Vertrauensperson. Das ist gerade in Ländern wie Russland wichtig, wo sich das Rechtsverständnis von dem in Deutschland unterscheidet.

Rainer Birke wurde 1971 in Plauen geboren, in der ehemaligen DDR also. Russisch lernte er schon in der Schule, „doch nach der zwölften Klasse hatte ich mit der Sprache zunächst einmal nichts mehr zu tun“. 2007 wechselte er dann in die Düsseldorfer Kanzlei, wo man feststellte, dass die Zahl der Mandate, bei denen die russische Sprache eine Rolle spielte, deutlich zunahm. Birke: „Also haben wir gemeinsam entschieden, dass ich mich sprachlich spezialisiere und mein Russisch reaktiviere.“

Nach Feierabend nahm der Jurist Termine mit seiner Russischlehrerin wahr oder büffelte auf eigene Faust Vokabeln und Grammatik. „Das disziplinierte Lernen war für mich eine Frage der Motivation“, erinnert er sich an die Zeit, als er sich als Strafrechtler in der Fremdsprache fortbildete. „Ich wollte die Kanzlei voranbringen und merkte, wie wichtig es ist, mehr zu bieten als nur Englisch.“ Es gibt das Vorurteil, dass es jüngeren Menschen deutlich leichter fällt, eine Sprache neu zu lernen oder Kenntnisse aufzufrischen. Rainer Birke war bereits Ende 30, als er an seinen Russischkenntnissen arbeitete – besonders schwer fiel es ihm nicht. Sein Fazit: „Beim Lernen einer Sprache spielt das Alter meiner Erfahrung nach eine viel geringere Rolle, als man annimmt.“

Gelten französische und russische Sprachkenntnisse in Deutschland noch als recht naheliegend, ist ein Anwalt, der seine Mandanten auch auf Hebräisch beraten kann, schon etwas Besonderes. Philipp Stricharz ist Partner bei der internationalen Sozietät Field Fisher, die in Deutschland Büros in Hamburg und Düsseldorf betreibt. Der Jurist mit Schwerpunkt Immobilienrecht besuchte schon als Jugendlicher Verwandte in Israel und lernte Hebräisch als Wahlfach in der Oberstufe.

Im Jurastudium verbrachte er einige Semester in Israel, während des Referendariats durfte er als Einsteiger sogar einige Monate in der Präsidialkammer des Obersten Gerichtshofs von Israel in Jerusalem mitarbeiten. „Hebräisch ist eigentlich eine recht einfach strukturierte Sprache“, sagt er. Das eigene Schriftbild schrecke viele ab – „dabei ist die hebräische Schrift mit ihren 22 Buchstaben leichter zu erlernen als einige andere Schriften“.

Als Anwalt berät Stricharz überwiegend Immobilieninvestoren aus Israel. „Häufig geht es um die klassische Ankaufprüfung und Transaktionsbegleitung, vielfach auch um die Schaffung der gesellschaftsrechtlichen Strukturen und die Bankfinanzierung der Ankäufe.“ Der Partner von Field Fisher kann bestätigen, dass Sprachkenntnisse die Karriere fördern, weil sie seiner Kanzlei einen geschäftlichen Vorteil verschaffen. „Die Sprache spielt durchaus eine Rolle, wenn wir Mandate aus Israel erhalten. Allerdings legen israelische Unternehmen sehr großen Wert auf fachliche Empfehlungen sowie die Erfahrung der Berater in genau dem Bereich, zu dem sie eine rechtliche Begleitung wünschen.“

Egal ob Hebräisch, Französisch oder Russisch: „Wer eine Sprache lernen möchte, muss sich auf das Gespräch mit Muttersprachlern einlassen, auch wenn man vielleicht noch etwas unsicher ist, was die Vokabeln und die Grammatik betrifft“, empfiehlt Philipp Stricharz. Das ist das Besondere auf dem Weg in die Mehrsprachigkeit: Die beste Sprachschule ist das Gespräch. Eine Fortbildung, die nichts kostet – der juristischen Karriere aber nutzt.

Tipps: So lerne ich Sprachen

Unsere mehrsprachigen Experten raten Folgendes zu tun, um fit in einer neuen Sprache zu werden:

  • Häufige Urlaubsreisen in das Land – und zwar abseits von Touristenhochburgen, also dorthin, wo man die Sprache wirklich sprechen muss.
  • Romane in der Sprache lesen, Filme in der Sprache schauen.
  • Jede Möglichkeit zum Smalltalk nutzen, denn wer diesen beherrscht, gewinnt Sicherheit.
  • Texte schreiben, diese von einem Muttersprachler gegenlesen lassen – und aus den Fehlern lernen.
  • Intensivkurse, am besten als Einzelunterricht. Viele Kanzleien unterstützen Einsteiger dabei, fördern die Kurse finanziell oder gewähren freie Zeit als Ausgleich.
  • Nicht nur die Vokabeln und die Grammatik einer Sprache lernen, sondern auch die Rechtssysteme und die Rechtskultur der Länder studieren, in der sie gesprochen wird.
  • Bei aller Lernerei: Den Spaß nicht verlieren. Denn die Freude am Sprechen motiviert am meisten.

karriereführer naturwissenschaften 2014.2015 – Jobs in der Pharmabranche

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Cover karriereführer naturwissenschaften 2014.2015

Karriere ohne Kittel – Jobs in der Pharmabranche

Vielfalt. Mit rund 78.000 Beschäftigten – darunter mehr als 18.000 in der Forschung und Entwicklung – gehören die Pharmaunternehmen zu den wichtigsten Arbeitgebern für Naturwissenschaftler. Dabei bietet die Branche eine Vielzahl von Karrierewegen auch jenseits der Labore an. Wer als Einsteiger die Chancen nutzen will, soll die Neugierde des Forschers mit dem Denken anderer Disziplinen verbinden.

Bioinformatik auf dem Vormarsch

Ohne den Einsatz moderner Computertechnik und mathematischer Modelle, die die Bioinformatik schafft, wäre es nicht möglich, die Datenmengen zu analysieren, die bei der Forschung in den Lebenswissenschaften anfallen. Entsprechend wächst die Bedeutung der Bioinformatik. Von Christiane Martin

Die menschliche DNA besteht aus drei Milliarden Buchstabenpaaren – kein Wunder also, dass es erst 2003 gelang, das gesamte Genom zu entschlüsseln. Seitdem versuchen Forscher weltweit, dieses Wissen nutzbar zu machen – etwa zur Erkennung und Behandlung schwerer Krankheiten – und setzen dazu unter anderem die sogenannte Sequenzierungstechnologie der nächsten Generation (Next Generation Sequencing bzw. NGS) ein. Hierbei wird die menschliche DNA in Millionen kleine Bruchstücke zerteilt, die anschließend zeitgleich ausgelesen werden können. Die dabei anfallenden Datenmengen zu bewältigen, ist allerdings eine enorme Herausforderung. Denn die jährlich generierte Menge an digitalen Sequenzinformationen wächst – Experten zufolge soll sie bereits 2015 etwa 1,5 Milliarden DVDs entsprechen.

Lösungen bietet hier die Bioinformatik, ein junges, aufstrebendes Fach, das versucht, mit Methoden der Informatik auf diese Anforderungen der Biowissenschaften zu reagieren – vor allem im Bereich der Medizin, aber auch der Bio- und Lebensmitteltechnologie, der Biologie, Biochemie, Chemie und der Pharmazie. Entsprechend sind Bioinformatiker heiß umworbene Spezialisten, wie Frank Garbelmann, Director Human Resources im dänischen Bioinformatikzentrum der Biotechnologiefirma Qiagen, weiß. „Der Kreis ist klein, und die meisten tingeln um die ganze Welt, um ihren Forschungen nachgehen zu können“, sagt der 49-Jährige. Als Bioinformatiker müsse man neben den Fachkenntnissen auch ein gewisses Maß an interkultureller Kompetenz mitbringen, um in internationalen Teams weltweit agieren zu können.

Dass man dafür mit einem spannenden und vor allem weitreichenden Aufgabengebiet belohnt wird, das dazu beitragen kann, Leben zu retten, bestätigt Garbelmanns Kollegin Anika Joecker. Sie hat an der Universität Bielefeld Bioinformatik studiert und dann an den Genomen von Bakterien, Pilzen, Pflanzen und Krebs geforscht – bis sie 2011 nach Dänemark ging und bei einer heute zu Qiagen gehörenden Bioinformatikfirma anfing. Hier arbeitet sie nun als Global Product Manager am menschlichen Genom. „Es ist letztlich egal, ob Pflanze oder Mensch – die Bioinformatik liefert Methoden, die bei beiden angewendet werden können“, erklärt die 33-Jährige. Aktuell arbeitet sie an einer Software zur Erkennung von Genmutationen in Krebs. Ihr Ziel dabei: von der DNA zur Diagnose und dann zur Therapie zu kommen. „Auf Knopfdruck“, sagt Anika Joecker und blickt damit zuversichtlich in die Zukunft.

Aufgestiegen zum Herstellungsleiter

Das Erste, was man zu hören bekommt, wenn man als Apotheker in geselliger Runde über seine Arbeit erzählt, ist: „Ah, ein Pillendreher! Dann hast Du sicher eine eigene Apotheke?“ Nein, habe ich nicht und auch nie gewollt. Ein Erfahrungsbericht von Dr. Kai Hückstädt.

Dr. Kai Hückstädt, 37 Jahre
Pharmazie-Studium
eingestiegen 2006
als Projektmanager
aufgestiegen 2011
zum Herstellungsleiter in der Aenova-Gruppe

In den letzten Jahren der Schulzeit hatte ich großartige Lehrer, die es verstanden haben, meine schlummernde Begabung für Naturwissenschaften in reges Interesse zu verwandeln. So habe ich dann nach Abitur und Wehrdienst das Pharmaziestudium an der Universität Kiel aufgenommen; bereits nach den ersten Praktika merkte ich, dass eine Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke mich auf Dauer nicht zufrieden machen wird; parallel entwickelte sich meine Leidenschaft für die Pharmazeutische Technologie und die Herstellung von Arzneimitteln. Im Hauptstudium reifte dann der Entschluss, in die Pharmaindustrie zu gehen. Zunächst promovierte ich jedoch, um dann bei Haupt Pharma in Münster, einem heute zur Aenova-Gruppe gehörenden Unternehmen, als Projektmanager für den Bereich Qualitätskontrolle einzusteigen – verbunden mit der Option nach zwei Jahren in den Bereich Herstellung wechseln zu können.

Während dieser zwei Jahre gehörte unter anderem die Qualifizierung – also die Überprüfung – von Geräten und Anlagen zu meinen Aufgaben. Mit dem Wechsel in die Herstellung ging ich zunächst nach Malta, wo ein neuer Produktionsstandort errichtet wurde und ich die Produktionsanlagen qualifizierte sowie die Betreuung des Prozesstransfers und der Prozessvalidierung übernahm. Zurück in Münster stieg ich in den damals neuen Bereich der Produktion von oralen Kontrazeptiva (Antibaby-Pillen) ein. Hier bekam ich die Verantwortung als Projektleiter für den Bereich Prozesstransfer übertragen und wurde später Produktionsleiter eines 30 Mann starken Teams. Heute arbeite ich am Standort Regensburg. Hier war kurzfristig die Position des Herstellungsleiters für hochpotente und zytotoxische Arzneimittel zu besetzen. Dieser Karriereschritt war leicht umzusetzen, da die meisten Standorte der Aenova-Gruppe in Deutschland sind und die intensive Zusammenarbeit untereinander gezielt gefördert wird.

Die Tätigkeit als Pharmazeut in einer Apotheke ist sicher alles andere als anspruchslos und ich habe die größte Hochachtung vor allen Kollegen, die sich in der heutigen Zeit in das Abenteuer „eigene Apotheke“ stürzen – ich jedoch habe meine persönliche Berufung in der industriellen Fertigung von Arzneimitteln gefunden.

Geschmackssache

Margarethe Plotkowiak, 30 Jahre, ist promovierte Lebensmittelchemikerin und arbeitet als Food Specialist bei Gelita in Eberbach.

Anwendungsbezogene Themen haben mich bereits während meines Studiums der Biotechnologie an der Fachhochschule Mannheim fasziniert. Im Anschluss promovierte ich im Bereich Lebensmittelchemie zum Thema Fleischprodukte an der Queen’s University in Belfast. Nach der Promotion habe ich im Bereich Qualitätswesen bei Coca-Cola und bei Diageo, einem Hersteller alkoholischer Getränke, erste Erfahrungen gesammelt. Doch dann zog es mich zurück nach Deutschland. Mir war es wichtig, dass meine neue Tätigkeit im Lebensmittelbereich einen echten Nutzen für den Konsumenten hat. So stieg ich als „Food Specialist“ bei Gelita ein, einem Hersteller von Kollagenproteinen, wie zum Beispiel Gelatine.

Endverbraucher kennen Gelatine meist nur als Blattgelatine oder als Zutat von Gummibärchen. Dabei kann Gelatine viel mehr: Überall, wo Geliermittel, Stabilisatoren, Bindemittel, Emulgatoren, Filmbildner, Schaumbildner und Aufschlagmittel benötigt werden, kommt sie zum Einsatz. Unterschiedliche Einsatzgebiete erfordern unterschiedliche Gelatinetypen. Und hier komme ich ins Spiel: Ich berate Kunden aus der Lebensmittelindustrie hinsichtlich der passenden Gelatinesorte für die gewünschte Anwendung und unterstütze sie mit meinem Know-how bei der Produktentwicklung. Das können Back- oder Süßwaren, aber auch Fleischprodukte und Getränke sein. Und gerade diese Vielfältigkeit – heute Wackelpudding, morgen Schinken in Aspik und tags darauf fettreduzierte Käse-Sahne-Torte – macht mein Berufsfeld so spannend. Kein Tag ist wie der andere.

Für meine Arbeit gibt es kein Patentrezept. Jeder Kunde hat eigene Anforderungen, die es bei der jeweiligen Rezeptur umzusetzen gilt. Dabei weist Gelatine je nach Aufarbeitung und eingesetztem Rohstoff andere Eigenschaften auf, was weitere Herausforderungen mit sich bringt. Denn am Ende muss das jeweilige Produkt nicht nur hervorragend schmecken, sondern auch lange haltbar und bissfest sein. Auch Textur sowie Farbe müssen stimmen und die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Das kann beispielweise die Auslobung auf der Produktverpackung betreffen: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit hier fettreduziert stehen darf? Dieses spannende Aufgabenfeld fasziniert mich: Ich habe meinen Traumjob gefunden.

Jung und erfolgreich bei: Sanofi

Mein Vater erkrankte früh an Multipler Sklerose (MS). Ich hatte den Wunsch, seine Krankheit zu verstehen, um ihm und anderen MS-Kranken zu helfen. So war mein Interesse am Facettenreichtum der Biologie erwacht. Von Dr. Michelangelo Canzoneri

Name: Dr. Michelangelo Canzoneri
Position: Head of Technology and Innovation Therapeutic Proteins
Stadt: Frankfurt am Main
Alter: 34 Jahre
Studiengang: Bioingenieurwesen
Schwerpunkt: Biotechnologische Verfahren
Interessen: Sport und Musik
Berufliches Ziel: Am Durchbruch der personalisierten Medizin mitwirken

Meine Eltern unterstützen meinen Entdeckerdrang und schenkten mir in jungen Jahren ein Mikroskop. Das war faszinierend: Nun konnte ich die Biologie bis ins Details beobachten. Ich nutzte früh eine Kamera und den Computer, um meine Beobachtungen zu dokumentieren und auszuwerten. Biologie und Technik – für diese Kombination konnte ich mich früh begeistern.

Ein Studium des Bioingenieurwesens an der FH Aachen, Standort Jülich, lag da auf der Hand. Hier konnte ich durch die Kombination von Bio- und Ingenieurwissenschaften einen ersten Einblick in die Welt der Biotechnologie erhalten. Nach dem Studium sammelte ich zunächst Berufserfahrung bei Kourion Therapeutics/ViaCell., einem Biotechunternehmen mit dem Fokus auf Stammzellforschung. Die Mitarbeit an unterschiedlichen Forschungs- und Entwicklungsprojekten und mein großes Interesse für Bioverfahrenstechnik und Bioprozessoptimierung bestärkten mich in der Entscheidung, den nächsten Schritt zu gehen und an der Universität Bielefeld in diesem Bereich zu promovieren.

Im Dezember 2008 kam ich dann als Laborleiter zu Sanofi. Ich arbeitete im Bereich der Prozessentwicklung für die Herstellung von Proteinen in Zellkulturen. Gemeinsam mit Kollegen entwickelte ich Produktionsverfahren zur Herstellung von Substanzen, die in klinischen Studien getestet werden. Mit hoher Sorgfalt und Begeisterung fürs Detail werden hier die Herstellungsverfahren im Bioreaktor beleuchtet. Dabei bringen Wissenschaftler aus verschiedenen Gebieten ihre Fachkompetenz ein. Unser Unternehmen ermöglicht mir die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in einem globalen Umfeld sowohl mit internen als auch mit externen Partnern.

Da mir die Aus- und Weiterbildung von Studenten wichtig ist und mein Arbeitgeber den Kontakt zu Hochschulen wünscht und fördert, halte ich seit 2012 an der Fachhochschule Frankfurt eine Vorlesung über Bioverfahrenstechnik. Seit Sommer 2014 habe ich eine neue Herausforderung angenommen und arbeite in dem neu gegründeten, global organisierten Team „Technology and Innovation in Sanofi Biologics“. Hier beschäftige ich mich über die Unternehmensbereiche hinweg mit der Erarbeitung und Umsetzung eines Konzeptes für Therapeutische Proteine. Ich freue mich darauf, in der neuen Position meine Erfahrung und meinen wissenschaftlichen Hintergrund einzubringen und gleichzeitig das strategische und unternehmerische Denken in einem Großkonzern besser kennenzulernen.

Interview mit Prof. Hans Georg Näder

Man kann ein Unternehmen auch so leiten: mit Herzblut, Neugierde und Werten. Prof. Hans Georg Näder übernahm 1990 die Leitung des Familienunternehmens Ottobock von seinem Vater Dr. Max Näder. Damals war er 28 Jahre alt. Heute ist die Firmengruppe dank vieler Innovationen Weltmarktführer in der Produktion und Entwicklung von Prothesen. Im Gespräch erzählt der 53-Jährige, der auch Mitinitiator des Studiengangs Orthobionik ist, welche Art von Forschergeist er schätzt und warum in seinem Unternehmen Talente die erste Geige spielen dürfen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Als Enkel des Firmengründers Otto Bock übernahm der studierte Betriebswirt Hans Georg Näder bereits im Alter von 28 Jahren die Führung der Unternehmensgruppe Ottobock von seinem Vater Dr. Max Näder. Doch der 53-Jährige ist nicht nur Unternehmer mit Leib und Seele, sondern auch Kunstsammler und Bauherr, abenteuerlustiger Sportler und sozial engagierter Mensch. Als Honorarprofessor der Privaten Hochschule Göttingen (seit 2005) und seit 2009 an der Capital Medical University in Peking gibt er seine unternehmerische Erfahrung an die nachfolgenden Generationen weiter. Er ist zudem Mitinitiator des Studiengangs Orthobionik, der 2011 an der Privaten Hochschule Göttingen eingerichtet wurde und medizinische, orthopädietechnische und betriebswirtschaftliche Inhalte für zukünftige Führungskräfte verbindet. Seine Geburtsstadt Duderstadt beschreibt der Vater zweier Töchter als seinen „Heimathafen“, mehr als die Hälfte seiner Zeit verbringt Hans Georg Näder auf Geschäftsreisen in aller Welt.

Herr Prof. Näder, wie muss in Ihrem Unternehmen Arbeit organisiert werden, damit Menschen mit großem Forschungsdrang ihrem Talent tatsächlich ungestört nachgehen können?
Die entscheidenden Innovationen in unserer Unternehmensgeschichte sind durch eine Mischung aus Intuition für das, was den Patienten wirklich nutzt, sowie Spielfreude entstanden. Unsere Forscher und Entwickler haben die Möglichkeit, ihre Freiräume tatsächlich auszuschöpfen. Meine Mitarbeiter lernen aus ihren Fehlern. Zudem entstehen sehr gute Ideen aus unserem internen Wettbewerb heraus. Nichtsdestotrotz benötigen wir als stark wachsendes Unternehmen selbstverständlich auch klare Strukturen und Prozesse. Hier die richtige Balance zu finden – das ist wichtig.

Sie vergleichen Ihre Stellung innerhalb Ihres Unternehmens mit der eines Dirigenten. Wie gibt man einem Unternehmen den richtigen Rhythmus?
Im Grunde geht es darum, den Sweet Spot zu finden. Also den optimalen Punkt. Stellen Sie sich eine Partitur vor. Auf dem Notenblatt ist klar definiert, wer im Orchester was und wie auszuführen hat. Im Jazz hingegen geht es vor allem um Improvisation, wobei es ein musikalisches Thema gibt, das die Band verbindet. Den optimalen Punkt finden Sie, indem Sie zwischen diesen Extremen das richtige Maß finden – je nach Situation, im Kontext des lokalen Umfeldes oder einer konkreten unternehmerischen Herausforderung.

Um im Bild zu bleiben: Was erwarten Sie von Ihren Einsteigern in der Forschung, wann sollten sie die erste Geige spielen, wann ins zweite Glied zurücktreten?
Unseren jüngeren Mitarbeiter sage ich, dass sie sich nicht von Hierarchien beeindrucken lassen sollen. Meinem Management auf allen Ebenen sage ich, dass sie sich nicht auf ihrer Position zurücklehnen und die jungen Wilden bremsen sollen – und zwar weder in ihrer Spielfreude noch in ihrer Entwicklung. Talente müssen gefordert und gefördert werden.

Ihr Unternehmen entwickelt und forscht im Bereich der Medizin und Orthopädie. Worauf kommt es an, wenn es gelingen soll, mit den Ergebnissen Ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeit Geld zu verdienen?
Im Mittelpunkt stehen das Ergebnis sowie die Qualität der orthopädietechnischen Versorgung. Für uns sind die Lebensqualität und Mobilität unserer Nutzer wichtig. Genau darauf richten wir die Entwicklung unserer Produkte, unsere Verfahren in der Versorgung sowie in Zukunft verstärkt unsere Aktivitäten in der Rehabilitation aus. Innovationen sind also dann sinnvoll und für alle Beteiligten gewinnbringend, wenn sie sich für unsere Nutzer sowie für die Fachhändler und die Träger des Gesundheitssystems erschließen.

Wie wichtig ist es Ihnen, bei der Forschung nicht nur auf die Bedürfnisse der Menschen in Europa zu schauen, sondern auf die Voraussetzungen von Menschen in anderen Teilen der Welt – gerade auch in Krisenregionen und Entwicklungsländern?
Für unser Unternehmen ist die Entwicklung von orthopädietechnischen Fähigkeiten unserer Partner und Mitarbeiter in diesen Gebieten von zentraler Bedeutung. Unser Ziel ist es, dort Infrastrukturen zur Versorgung von Amputierten oder Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie zum Beispiel Kinderlähmung aufzubauen. In Indien etwa unterhalten wir in mehr als zwölf Städten Kliniken und Werkstätten. Wir bilden dort lokale Mitarbeiter aus und versorgen in Kooperation mit lokalen Wohltätigkeitsorganisationen auch Patienten. Über die Global Ottobock Foundation helfen wir bei Katastrophen und Krisen, sei es in Haiti im Jahr 2010 oder bei dem Erdbeben in China 2008. Wir sehen uns dabei in der Rolle eines Corporate Citizen, also als Unternehmen im Sinn eines verantwortlichen Bürgers – und diese Rolle nehmen wir sehr ernst, ob in unserer Heimat Duderstadt oder im internationalen Kontext.

Sie haben die Leitung des Unternehmens bereits mit 28 Jahren übernommen. Was ist der große Vorteil, wenn man so früh Verantwortung wahrnimmt?
Schon viel früher, als ich noch unterm Küchentisch spielte, ging es in unserer Familie immer um das Unternehmen Ottobock und unsere Kunden. Ich wurde also schon als Kleinkind gut auf meine Aufgabe vorbereitet. Ich kann also nicht von einem großen Vorteil sprechen, sondern empfinde große Dankbarkeit gegenüber meinem Vater Dr. Max Näder, der mir die Leitung damals zugetraut hat.

Sie verbringen die Hälfte der Zeit Ihres Lebens auf Geschäftsreisen. Was lernen Sie unterwegs, was Sie zu Hause nicht erfahren würden?
In meiner Wahrnehmung sind das keine stressigen Businesstrips, sondern Reisen zu Freunden, mit denen ich mich privat oder geschäftlich schon sehr lange verbunden fühle. Es handelt sich um Reisen an Orte, an denen ich mich wohlfühle und die mir stetig Impulse geben. Unsere Welt ist so vielfältig, dass man überall etwas lernen kann. Das Leben der Menschen aus verschiedenen Kulturen verändert meinen Blickwinkel. Ich empfinde es als Privileg, sehr viele von diesen Kulturen persönlich erfahren zu dürfen.

Ein letzter Rat an Absolventen der Naturwissenschaften: Welche Fähigkeiten abseits des Fachwissens, die nicht an den Hochschulen gelehrt werden, sind in Ihren Augen unerlässlich?
Ich kann an dieser Stelle gerne das wiederholen, was ich meinen zwei Töchtern mitgeben möchte: dass sie Empathie für Menschen entwickeln und eine Offenheit für andere Kulturen und Andersdenkende pflegen. Man lernt diese Fähigkeiten nicht im Hörsaal, sondern nur, indem man sich immer wieder mit Neugier und Demut aus seiner eigenen Komfortzone herausbegibt, um diese Erfahrungen zu sammeln. Und ein weiterer Rat an alle Absolventen: Denken Sie unternehmerisch! Werden Sie – auch wenn Sie in einem Unternehmen arbeiten – selbst zu Unternehmern und widmen Sie sich Ihrer Arbeit mit Herzblut, Verstand und Empathie.

Zum Unternehmen

Die Unternehmensgruppe Ottobock mit Stammsitz in Duderstadt entwickelt Produkte für Menschen mit Handicaps. Gründer war im Jahr 1919 Otto Bock, der als erster Prothesenteile in Serie herstellte, um die große Anzahl der Versehrten nach Ende des Ersten Weltkriegs zu versorgen. Größte Tochter der Unternehmensgruppe ist die Otto Bock Healthcare, die mit rund 6000 Mitabeitern vor allem Prothesen entwickelt und herstellt. Weitere Firmen der Gruppe sind Otto Bock Kunststoff und Technogel (Chemie) sowie Sycor (Informations- und Kommunikationstechnologie). Das Unternehmen ist seit der Gründung komplett inhabergeführt, die Anteile liegen bis heute zu 100 Prozent bei der Familie Näder. Zum Anlass des 90-jährigen Firmenjubiläums baute das Unternehmen 2009 das Science Center Medizintechnik am Potsdamer Platz in Berlin als einen Ort für Ausstellungen und Kongresse.
www.ottobock-group.com

„Ärzte erwarten Profis“

Der Pharmavertrieb ist ein kompliziertes Feld. Viele Unternehmen konzentrieren sich daher auf die Forschung und Entwicklung und beauftragen Spezialisten damit, die Produkte an die Kunden zu bringen. Somit bieten Dienstleister auch für Naturwissenschaftler spannende Jobperspektiven, sagt Bodo Kröger, Gründer des Vertriebsspezialisten Medivend. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Bodo Kröger, 53 Jahre, studierte zunächst BWL und dann Medizin und stieg 1991 in die Medizin- und Pharmabranche ein. Von 1995 bis 2006 sammelte er Erfahrungen als Vertriebsmanager, ab 2006 kombinierte er beide Bereiche als Vertriebsspezialist für die Pharmaindustrie. 2013 gründete er sein Hamburger Unternehmen Medivend, das als Dienstleister die Pharmaunternehmen bei Vertrieb und Marketing unterstützt.

Herr Kröger, welche Rolle spielen externe Dienstleister für den Vertrieb in der Pharmabranche?
Die Pharmaindustrie legt ihren Fokus zunehmend auf die Entwicklung gewinnbringender Produkte. Wir schätzen daher, dass die Pharmaunternehmen im Jahr 2014 die Personalstärke ihres Außendienstes um bis zu 15 Prozent reduzieren werden. Um diese Lücke zu füllen, sind professionelle Dienstleister gefragt: Die Akquise von Neukunden und die Kundenbindung wird zunehmend zur Aufgabe hochspezialisierter Dienstleister.

Wo liegen Ihre Stärken als Vertriebspartner für die Pharmaunternehmen?
Wir reagieren zügig, professionell und auf mehreren Kommunikationsebenen auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe. Die Pharmaunternehmen selbst können sich somit verstärkt auf ihr Kerngeschäft konzentrieren – wobei sie auch weiterhin uns als Dienstleister sowie die Ärzte mit ihrem spezifischen Know-how unterstützen.

Was sind heute die wichtigsten Kompetenzen eines Vertriebsspezialisten in der Pharmabranche?
Die Ärzte erwarten eine neue, professionelle Art von Ansprache. Ein erfolgreicher Kundenmanager im Pharmabereich sollte daher fundierte Kenntnisse im Gesundheitswesen mitbringen, denn nur so kann er mit den Ärzten auf Augenhöhe kommunizieren. Dieser serviceorientierte Dialog konzentriert sich auf die Kundenbindung und soll den Arzt in seiner Tätigkeit unterstützen. Der Kundenmanager ist also eine Art Kompetenzträger: Er bringt den Ärzten pharmazeutische Produkte näher, die für den Mediziner einen spürbaren Mehrwert darstellen.

Welche Vorteile bringen Absolventen der Naturwissenschaften für diesen Job mit?
Personalverantwortliche in Pharmaunternehmen schätzen die fachliche Kompetenz der Absolventen. Zudem attestieren sie ihnen wichtige Eigenschaften wie Durchhaltevermögen und gute Analysefähigkeiten.

Wie wird sich der Pharmavertrieb in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Der Erfolg eines Pharmaunternehmens hängt immer weniger davon ab, Medikamente vor Ort – also in der Arztpraxis – vorzustellen. Mediziner haben zunehmend mit Verordnungsrichtlinien und Budgetgrenzen zu kämpfen. Dadurch verliert die Rolle des Arztes als jemand, der hauptsächlich Medikamente verordnet, an Bedeutung. Die Rahmenbedingungen für eine Produktpräsentation in der Praxis sind daher sowohl für den Arzt als auch für den Pharmareferenten häufig frustrierend. Zu kurze Besuchsabstände bei den Ärzten gehen am Bedarf vorbei und führen zu Verdruss. Wirklich interessiert ist der Arzt dagegen an tatsächlichen Neuheiten sowie an Fort- und Weiterbildungsangeboten.

Auf den Nutzen kommt es an

Ob als Manager, im Labor oder im Vertrieb: Die Pharmaunternehmen bieten Absolventen der Naturwissenschaften vielfältige Einstiegsmöglichkeiten. Doch in der Branche wachsen die Ansprüche. Weil heute der Zusatznutzen eines Präparats den Preis bestimmt, legen die Unternehmen großen Wert auf Effizienz in Forschung und Vertrieb. Einsteiger, die diese Herausforderungen im Blick haben, stehen vor interessanten Karrieren – ob in Konzernen oder bei pharmazeutischen Pionieren. Von André Boße

Ist das der Durchbruch in der Krebsforschung? In den Laboren des biopharmazeutischen Unternehmens CureVac arbeiten Naturwissenschaftler an einem Stoff, der bei Krebspatienten eine individuelle Hilfe zur Selbsthilfe anregt und das Immunsystem in die Lage versetzt, sich selbst gegen die zerstörerischen Zellen zur Wehr zu setzen. Das Geheimnis hinter dem Präparat ist Ribonukleinsäure, kurz RNA. Ihre Moleküle verrichten im menschlichen Körper einen wichtigen Botendienst: Sie transportieren die genetischen Informationen aus dem „Speicherraum“ im Zellkern dorthin, wo die Proteine neue Zellen entstehen lassen. Die Idee der Tübinger Forscher: Wäre es nicht möglich, einem kranken Körper durch eine von außen verabreichte Dosis von Boten-RNA (kurz mRNA) Informationen zu geben, wie er sich gegen krankmachende Zellen wehren kann? Gegen Krebszellen, aber auch Grippeviren?

Buchtipp

Mirjam Müller: Promotion, Postdoc, Professur.
Karriereplanung in der Wissenschaft. Campus 2014.
ISBN 978-3593501727.
24,90 Euro (E-Book inklusive).

Dr. Birgit Scheel glaubt fest daran, dass das funktionieren wird. Seit Frühsommer 2014 ist die promovierte Biologin für das Projektmanagement der Weiterentwicklung der Krebstherapie auf Basis von mRNA verantwortlich. Ins Unternehmen kam die Forscherin schon kurz nach der Gründung im Jahr 2000. Sie schrieb dort ihre Doktorarbeit und fokussierte sich dann recht schnell auf eine Karriere im pharmazeutischen Management. „Das war eine bewusste Entscheidung, die ich nie bereut habe.“ Birgit Scheels Laufbahn steht exemplarisch für die guten Chancen, die Naturwissenschaftler heute auch im pharmazeutischen Management besitzen, wo man ihr fachliches Know-how schätzt, weil sie auch die komplexen Zusammenhänge der Forschung durchschauen.

Karriere im Pharmamanagement
Bei CureVac war Birgit Scheel zunächst einige Jahre lang für die Auswertung der frühen vorklinischen Studien zuständig, die notwendig sind, wenn man einen neuen Wirkstoff auf den Markt bringen möchte. Die Biologin bekam die Studienergebnisse auf den Tisch und zog gemeinsam mit ihren Kollegen die nötigen Schlussfolgerungen für Forschung und Entwicklung. Ein Job auf der Schnittstelle zwischen Labor und Management, wobei es, so Birgit Scheel, „sehr hilft, wenn man die Hintergründe der Forschungsarbeit kennt und die Studien schnell einordnen kann“.

Aktuell arbeiten die 120 Beschäftigten des Unternehmens daran, durch Studien zu belegen, dass die RNA-Therapie tatsächlich wirkt. Ein Job, für den man Geduld benötigt, wie Birgit Scheel bekräftigt: „Pharmazeutische Entwicklung dauert seine Zeit, schnell vergehen 15 Jahre oder mehr, bis ein Produkt endlich auf dem Markt ist.“ Ohne eine gewisse Hartnäckigkeit geht es nicht. Aber auch nicht ohne die feste Überzeugung, mit der pharmazeutischen Arbeit etwas Sinnvolles und Gutes zu leisten. Als weitere wichtige Fähigkeiten für Pharmamanager nennt die Biologin Stärken in der Kommunikation und Koordination. „Meine Aufgabe ist es, Partner mit sehr verschiedenen Hintergründen in ein Boot zu bekommen, darunter Ärzte, Klinikplaner, andere potenzielle Partner und die Kollegen innerhalb des Unternehmens.“

Filmtipp

FameLab ist ein vom British Council veranstalteter internationaler Wettbewerb für Wissenschaftskommunikation, der seit 2011 auch in Deutschland ausgetragen wird. Unter dem Motto „Talking Science“ stehen hier Wissenschaftler auf der Bühne und vermitteln einem öffentlichen Publikum von Laien möglichst unterhaltsam und verständlich – und in lediglich drei Minuten – ihr Forschungsgebiet. Videos der diesjährigen Vorträge und weitere Infos unter:
www.famelab-germany.de

Forschung mit Schnittstellen
Dieses Zusammenspiel verschiedener Akteure macht Pharma zu einer besonders komplexen Branche. Zu spüren bekommen das auch Naturwissenschaftler, die sich nicht einer Management-, sondern einer Forscherkarriere widmen. „Früher arbeiteten die Kollegen in kleineren Teams, die sich auf eine Problemstellung fokussierten. Heute sind sie zumeist in größeren Teams mit Leuten aus unterschiedlichsten Bereichen involviert“, sagt Dr. Stephan Ladenburger, Leiter der klinischen Forschung bei Novartis Pharma, der deutschen Pharmatochter des Schweizer Novartis-Konzerns.

Durch diese Entwicklung ergeben sich in der täglichen Arbeit zwangsläufig viele Schnittstellen zu anderen Disziplinen. Vorbei die Zeit, als sich die Forschung ausschließlich auf eine Kundengruppe fokussierte. Heute gilt es, die Bedürfnisse vieler Akteure im Hinterkopf zu haben, zum Beispiel die der Kostenträger im Gesundheitssystem. „Auch die gesundheitspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssen mit einbezogen werden“, so Ladenburger.

Pharmazeutische Planung findet daher heute nicht mehr im „sterilen Raum“ statt. Patientenverbände, Ärzte, Gesundheitspolitiker – sie alle nehmen Einfluss. Kein Wunder, dass Stephan Ladenburger von Novartis drei für Einsteiger besonders wichtige Kompetenzen nennt, die mit naturwissenschaftlichen Fachkenntnissen auf den ersten Blick wenig zu tun haben: Anpassungsfähigkeit, kommunikatives Geschick und Neugierde. Zwar seien ein guter Abschluss sowie eine überzeugende Vita ebenfalls wichtig. „Jedoch spielen bei der Internationalität und der Vernetzung der pharmazeutischen Forschung auch Teamfähigkeit und Sprachkenntnisse eine entscheidende Rolle“, so Stephan Ladenburger.

Viele Pharmaunternehmen haben ihre Programme für Trainees auf diese Entwicklung ausgerichtet. So auch Novartis: Neben einem Angebot mit dem Schwerpunkt Klinische Forschung bietet der Arbeitgeber auch Einstiegsmöglichkeiten in den Bereichen Marketing, Personal, Qualitätsmanagement oder Vertrieb. Egal, wo man startet: Klug ist, wer sich schnell mit den anderen Bereichen vernetzt. Ladenburger: „Vernetzte Einsteiger wissen um die Zusammenhänge im Unternehmen. Sie kennen die einzelnen Stellschrauben und bauen sich gleichzeitig ihr eigenes Netzwerk auf. Das sind wesentliche Vorteile für den eigenen Karriereweg.“

Linktipp

Eine erste Übersicht über MBA-Angebote
im Bereich Healthcare/Life Science bietet
das Portal www.mba-lounge.de

Der Nutzen entscheidet
Was Forscher früher wie heute eint, ist die Begeisterung dafür, etwas Neues zu entdecken. Beim forschenden Arzneimittelhersteller Janssen-Cilag, einer Tochter des internationalen Konzerns Johnson & Johnson, legte der Unternehmensgründer Paul Janssen schon in den 1950er-Jahren den Grundstein für eine „Forscherkultur“: Egal, wo er morgens seine Mitarbeiter traf, ob im Aufzug, auf dem Parkplatz oder auf dem Flur, stets fragte er: „Was gibt’s Neues?“ „Nach vorne zu blicken und nicht stehenbleiben zu wollen – das treibt uns auch heute noch an. Und das erwarten wir, neben fachlichen Kompetenzen, auch von unseren Einsteigern“, sagt Dr. Frank Zils, Personalleiter des Neusser Unternehmens.

Der Blick nach vorne beinhaltet in der Pharmabranche heute aber immer auch die Frage, ob das neue Arzneimittel tatsächlich besser ist als alle bisher auf dem Markt erhältlichen. Dass Medikamente und Therapieangebote wirken und für die Patienten sicher sind, ist die eine Seite. Da jedoch die Bewertung des tatsächlichen Zusatznutzens den Preis eines neuen Produkts bestimmt, kommt es für die Forschung entscheidend darauf an, diesen Nutzwert festzustellen und nachzuweisen. „Daher gilt es für unsere Forscher, sich frühzeitig mit anderen Fachleuten im Unternehmen zu verzahnen, zum Beispiel mit den Kollegen aus den Bereichen Health Economics und Market Access“, sagt Franz Zils.

Ambitionierte Naturwissenschaftler sollten daher von Beginn an keine Berührungsängste mit anderen Abteilungen haben. „Je breiter die beruflichen Erfahrungen, desto größer die Aufstiegschancen“, sagt Frank Zils. Bei Janssen & Cilag finden sich aktuell Naturwissenschaftler in allen Führungsebenen. „Auch die meisten Mitglieder der Geschäftsleitung inklusive der Vorsitzenden haben einen naturwissenschaftlichen oder medizinischen Hintergrund.“ Daher rät Zils, bei der Gestaltung der Karriere auf Abwechslung zu achten. „Viele Kollegen haben auf dem Weg nach oben nicht nur eine Station durchlaufen, sondern verschiedene, um sich auf diese Weise entweder fachlich oder von der Führungsebene her weiterzuentwickeln.“

Chancen in Marketing und Vertrieb
Zwei Bereiche, die von Absolventen recht selten in Betracht gezogen werden, sind Marketing und Vertrieb. Jedoch bieten sich dort auch für Naturwissenschaftler gute Chancen, weil sich aktuell die Strukturen und Anforderungen verändern. „Wir suchen kontinuierlich nach neuen Wegen, um unsere Kunden zu erreichen“, sagt Wolfram Berndt, Leiter Talent Management Deutschland bei Boehringer Ingelheim. Das Marketing unterliegt heute strengen Compliance-Vorschriften, klassische Werbematerialien zum Beispiel dürfen nicht mehr in den Praxen verteilt werden. Also kommt es auf Kreativität an.

„Stark im Kommen sind Online-Fortbildungsveranstaltungen, die besonders bei Hausärzten beliebt sind“, sagt Berndt. Marketing-Spezialisten erarbeiten hier immer neue Angebote, wobei naturwissenschaftliches Knowhow dabei hilft, die Weiterbildungen interessant zu gestalten. Im Vertrieb kommt es für Einsteiger darauf an, den klaren Nutzen eines Präparats für den Arzt herauszustellen. „Und dazu gehört neben dem fachlich-inhaltlichen Verständnis auch Marketingkompetenz “, sagt Wolfram Berndt. Auch diese Karriereoption zeigt: Wenn sich Absolventen der Naturwissenschaften offen für das Wissen anderer Disziplinen zeigen, sind sie in nahezu allen Bereichen der Pharmaindustrie gefragt.

Wachstumsmarkt Schwellenländer

Die strengen Regulierungen und ein damit steigender Preis- und Kostendruck führen dazu, dass sich die Pharmaindustrie verstärkt auf den Wachstumsmarkt in Schwellenländern wie Brasilien, Indien oder auch China fokussiert. Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Roland Berger definieren die meisten großen Pharmakonzerne die Schwellenländer als „Investitionsfokus“: Es wird geschätzt, dass diese Länder schon im Jahr 2016 für fast 40 Prozent der gesamten Umsätze auf dem weltweiten Pharmamarkt verantwortlich sein werden. „Fast die Hälfte der befragten Konzerne ist bereit, ihre administrativen Tätigkeiten, Forschungsaktivitäten und Vertrieb in Richtung Schwellenländer zu verschieben“, heißt es in der Studie – eine Entwicklung, die Karrieren in der Branche noch internationaler gestaltet.

Giulia Enders: „Selbst mitdenken“

Die junge Wissenschaftlerin Giulia Enders hat in ihrem Buch spannend und unterhaltsam erklärt, warum der Darm so wichtig ist. Im Interview verrät sie, was man bei wissenschaftlichen Publikationen beachten muss. Die Fragen stellt André Boße.

Giulia Enders: Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ.
Ullstein 2014.
ISBN 978-3550080418.
Preis: 16,99 Euro.

Ihr Buch über den Darm ist ein sensationeller Beststeller. Warum hat das Organ diesen Erfolg verdient?
Weil es den Darm gar nicht interessiert, ob er erfolgreich ist. Er will einfach nur das Beste für unser Inneres, denn vom Rest kriegt er da drinnen nichts mit. Wenn nach dem Buch Leute ihren Darm besser behandeln als davor, dann ist das ein echter Erfolg, der jeden einzelnen Darm freut. Ein gutgelaunter Darm kann dann wiederum das eigene Leben angenehmer machen – et voilá: Win-win-Situation, denn der Darm hat viel mitzureden in unserem Körper. Er trainiert zwei Drittel der Immunzellen, bildet etwa 20 eigene Hormone, arbeitet eng mit unserem Gehirn, und all das auf einer Fläche, die sehr viel größer ist als unsere Haut.

Worauf kommt es an, wenn man wie Sie naturwissenschaftliches Fachwissen für die Allgemeinheit aufbereiten will? Und woran scheitern Forscher, denen das nicht gelingt?
Ich denke, es kommt auf zwei Dinge an: Einmal ist es das Zusammenarbeiten mit anderen. Viele wissenschaftliche Fakten habe ich letztendlich rausgelassen, weil meine Schwester, die Designerin ist, sie nicht spannend fand. Durch Zusammenarbeit kann ich mit mehreren Perspektiven auf mein Buch schauen – das macht das Endprodukt auch für verschiedene Menschen interessant. Zweitens ist es aber auch mehr Arbeit, etwas ganz einfach und bildlich zu beschreiben. Ein Wissenschaftler oder Professor, der jeden Tag acht Stunden und mehr in seinem Labor oder der Klinik steht, muss nicht auch noch ein großartiger Metaphern-Finder sein. Dafür fehlt oft schlichtweg die Zeit. Auch wortkarge Experten sind sehr, sehr wichtig für unsere Wissenschaft. Wir brauchen beide – die Redseligen und die stummen Tüftler.

Eine Ihrer Methoden war die Nutzung von PubMed. Worauf müssen junge Naturwissenschaftler achten, wenn Sie dieses Archiv anzapfen?
Ich denke, man sollte immer selbst mitdenken. Man sollte genau hinsehen – auch wenn etwas auf PubMed veröffentlicht ist. Sehr geholfen hat mir außerdem ein Universitätskurs, bei dem uns verschiedene Techniken bei der PubMed-Suche gezeigt wurden. Damals haben alle gestöhnt und fanden den Kurs langweilig. Für mich war es einer der hilfreichsten Kurse der gesamten Vorklinik.

Sie haben im Vorfeld auch hochkarätige Wissenschaftler kontaktiert, ohne Rückmeldung. Dann haben Sie alleine weitergemacht. Was hat Sie motiviert?
Mein Thema war zu wichtig und zu schön, um aufzugeben. Ich habe aber tatsächlich mit sehr viel mehr Angst weitergearbeitet, denn wenn niemand wissenschaftlich berät, kann viel schiefgehen. Angst kann aber auch gut sein – ich habe dadurch natürlich sehr viel mehr gelesen, sehr viel mehr Papers gesammelt und sehr viel mehr doppelt gecheckt. Und im Nachhinein weiß ich: Ich habe es geschafft, trotz Angst oder Sorgen. Das gibt mir Mut, dass ich mich auch in Zukunft immer ein bisschen mehr trauen kann, als ich von mir denke. Mein Hirn wächst dann schon rein.

Sie haben „Darm mit Charme“ erstmals auf dem Science Slam in Berlin vorgestellt. Wie ernst werden solche neuen Methoden der Präsentationen heute von der Wissenschaft genommen? Verspielt man auf solchen Slams seinen Ruf als „ernsthafte Forscherin“ – oder zeigt man gerade dort, dass man in der Lage ist, wissenschaftliche Themen unterhaltsam und verständlich zu vermitteln?
Das müssten Sie mich vermutlich in ein paar Jahren noch einmal fragen. Bis jetzt habe ich auf jeden Fall sehr viel positives Feedback von Ärzten und Professoren bekommen. Es geht mir mit dem Buch ja auch nicht darum, eine Forscherin zu sein, sondern darum, Menschen die Scham zu nehmen und neugierig zu machen – auf ein fabelhaftes Organ.

Filmtipp

Auf www.darm-mit-charme.de findet sich neben Informationen zum Buch ein Video, in dem Giulia Enders ihre Faszination für den Darm erläutert.

BENTELER Business Services GmbH

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Branche
Alu-/Eisen- und Stahlindustrie, Automobilindustrie, Handel, Maschinenbau

Produkte/Dienstleistungen
Komponenten, Module und Systeme für die Bereiche Fahrkomfort, Sicherheit und
Emissionsreduzierung; hochwertige Stahlrohre für die energieerzeugende Industrie, die
Automobilindustrie und andere industrielle Anbieter; Engineering Services

Anzahl der Standorte
Hauptsitz in Salzburg, Österreich
153 Standorte in 40 Ländern, u.a.
Deutschland, Brasilien, USA, Mexico, China, etc.

Jahresumsatz
7.4 Mio. Euro (Stand 2016)

Anzahl der MitarbeiterInnen
Weltweit ca. 30.000 (Stand 2016)
Inland: ca. 10 000 (Stand 2016)

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Kontinuierlicher Bedarf

Gesuchte Fachrichtungen
Fahrzeugtechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften, Materialwissenschaft, Werkstofftechnik, Logistik, Konstruktionstechnik, Fertigungs-/Produktionstechnik, Informationstechnologie, Jura

Einsatzmöglichkeiten
– Forschung und Entwicklung
– Produktion
– Einkauf
– Vertrieb
– IT
– Konstruktion
– Finanz- und Rechnungswesen
– Controlling
– Instandhaltung
– Personalwesen
– Qualitätsmanagement
– Safety, Health and Environment

Einstiegsprogramme
Praktika, Abschlussarbeiten, Direkteinstieg,
Trainee-Programm

Mögliche Einstiegstermine
Laufend

Auswahlverfahren
Strukturiertes Interview, Assessment Center, Telefoninterviews

Einstiegsgehalt
Je nach Position und Qualifikation

Auslandstätigkeit
Abhängig vom Bereich

Angebote für StudentInnen
Praktika sind möglich, Diplomarbeiten werden betreut

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