Aufgestiegen zur Leiterin Händlerfinanzierung

Ich habe BWL mit Vertiefung in der Fachrichtung Bank studiert, und da ich die Theorie unmittelbar in der Praxis anwenden wollte, war ein duales Studium für mich optimal. Die Praxisphasen konnte ich bei Daimler Financial Services absolvieren. Ein Erfahrungsbericht von Sandra Klein

Zur Person

BWL-Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin mit Bachelor-Abschluss eingestiegen 2004 im Rahmen des Dualen Studiums mit Daimler Financial Services als Partnerbetrieb aufgestiegen 2014 zur Leiterin Händlerfinanzierung bei der Mercedes-Benz Bank
Nach dem Abschluss meines Studiums bin ich 2007 direkt im Bereich Corporate Controlling der Daimler Financial Services eingestiegen, in diesem Bereich hatte ich auch meine Abschlussarbeit geschrieben. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit dem Top-Management und dem Vorstand konnte ich hier wertvolle Erfahrungen über die Abläufe und Prozesse im Unternehmen sammeln. Während dieser Zeit erhielt ich auch die Chance, für zwei Monate bei unserer Auslandsgesellschaft in Korea zu arbeiten. Ich entdeckte dort nicht nur meine Liebe für koreanisches Barbecue, sondern gewann vielfältige Eindrücke von der interessanten Kultur dieses Landes. Als ich die Halbinsel in Ostasien wieder verließ, hatte ich den Wunsch, tiefer in das operative Geschäft einzusteigen. Just zu diesem Zeitpunkt wurde mir eine Position in der Abteilung Kreditrisiko- Revision/-Consulting angeboten. Von nun an war ich mindestens die Hälfte des Jahres unterwegs und prüfte die Kreditprozesse von mehr als 20 Auslandsgesellschaften. Durch den Austausch von Best-Practice-Ansätzen konnte ich zu einer kontinuierlichen Verbesserung beitragen. Im Januar 2012 wurde ich zur Projektmanagerin befördert, und Anfang 2014 bekam ich die Chance, die Leitung des Teams Händlerfinanzierung der Mercedes- Benz Bank in Deutschland zu übernehmen. Mit 17 Mitarbeitern und fünf verschiedenen Stellenprofilen erwartete mich eine abwechslungsreiche neue Aufgabe. Einfach gesagt ist unser Ziel, die Nummer eins bei unseren Mercedes- Benz- und Smart-Händlern zu sein. Sie erhalten von uns die nötige Liquidität in Form von Bestands- und Immobilienfinanzierungen sowie Betriebsmitteldarlehen und Unternehmerkredite. Mein Team und ich stellen dabei sicher, dass die Händler adäquate Kreditlinien sowie eine angemessene Betreuung rund um die Abwicklung erhalten. Mir gefallen an meiner Position insbesondere die Vielfalt meiner Aufgaben sowie der Kontakt mit zahlreichen internen und externen Ansprechpartnern und Kunden. Jeder von ihnen hat individuelle Erwartungen an uns. Ich rate jedem Berufseinsteiger, Chancen, die sich bieten, mit offenen Augen zu erkennen und zu ergreifen, alle Möglichkeiten zu Hospitationen zu nutzen und engen Kontakt zu firmeninternen Netzwerken zu suchen. Auch ein Mentor kann sehr hilfreich sein.

Jung und erfolgreich bei: Ferchau Aviation

Spannende Themen, neue Herausforderungen und abwechslungsreiche Aufgaben gehören zu meinem Arbeitsalltag bei Ferchau Aviation. Nach meinem Studium habe ich zunächst für einen anderen Dienstleister gearbeitet, 2013 wechselte ich dann zum Geschäftsbereich für Luft- und Raumfahrt bei Ferchau. Hier arbeite ich bei einem der weltweit größten Raumfahrtunternehmen als Berechnungsingenieurin für Strukturmechanik im Bereich der Solargeneratoren für Satelliten. Von Nicole Nahrhaft

Name: Nicole Nahrhaft Position: Berechnungsingenieurin für Strukturmechanik Stadt: München Alter: 25 Jahre Studium: Flugzeugtechnik an der Hochschule München Abschlussjahr: Diplom 2012 Interessen: Reisen, Sport (Reiten, Skifahren, Klettern, Laufen, Rennradfahren), Freunde treffen Ziel: Beruflicher Erfolg, später einmal Familie und Karriere erfolgreich vereinen zu können
Zu meinen Aufgaben gehören neben der Fertigungsbetreuung auch die thermo- und strukturmechanische Analyse kritischer Bauteile sowie Test- Vorhersagen mittels der Finite-Elemente- Methode (FEM), einem modernen Berechnungsverfahren. Außerdem begleite und betreue ich Tests, werte deren Ergebnisse aus und bin für die Technische Dokumentation verantwortlich. Viele der Fähigkeiten, die ich als Berechnungsingenieurin brauche, konnte ich mir zwar bereits in meiner Studienzeit aneignen, aber ich habe schnell gemerkt, dass ein Großteil des Fachwissens tatsächlich erst mit dem Berufseinstieg kommt. Und genau das ist es, was mir an meiner Arbeit so gefällt: Ich kann jeden Tag etwas Neues dazulernen und mich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Was ich allerdings sehr schade finde, ist, dass ich in meinem Arbeitsbereich überhaupt keine weiblichen Kollegen habe. Ich hoffe wirklich, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird und wir ein wenig weibliche Unterstützung bekommen. Meiner Meinung nach sind sowohl von Seiten der Bildungseinrichtungen als auch der Unternehmen selbst noch einige Anstrengungen vonnöten, um den Frauenanteil in ingenieurwissenschaftlichen Berufen weiter zu erhöhen – beispielsweise durch Technik- oder Ingenieurtage speziell für junge Frauen. Selbstverständlich empfinde ich auch mein Arbeitsumfeld mit größtenteils männlichen Kollegen als sehr angenehm, aber als junge Frau muss man sich in einem von Männern dominierten Beruf entsprechend zu behaupten und zu beweisen wissen. Allzu sensibel darf ich auf der Arbeit nicht sein, da der Umgangston oftmals etwas rauer ist, als es vielleicht unter Frauen der Fall wäre. Trotzdem kann ich alle Berufseinsteigerinnen nur ermutigen, einen technischen Beruf anzustreben, denn die Arbeit in diesem Bereich ist wirklich sehr spannend, absolut vielfältig, und die Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung sind nahezu unbegrenzt. Für meine Zukunft wünsche ich mir, noch mehr Know-how und Erfahrung zu sammeln. Bisher war ich ja ausschließlich in der Analyseabteilung beim Kunden tätig. Sehr gerne würde ich allerdings auch einmal im Projektmanagement beziehungsweise in der Projektleitung arbeiten, da ich so die Chance hätte, noch engeren Kundenkontakt zu pflegen und mehr Verantwortung zu übernehmen.

Mein Bewerbungsgespräch bei: Lufthansa Technik

Bereits während meines Studiums hatte ich die Möglichkeit, praktische Erfahrungen bei der Lufthansa Technik im In- und Ausland zu sammeln und somit das Unternehmen besser kennenzulernen. Das StartTechnik Traineeprogramm war für mich aufgrund der internationalen Ausrichtung und meiner bisher durchweg positiven Erfahrungen im Unternehmen die erste Wahl. Daher habe ich mich circa acht Monate vor dem Einstiegstermin online für das Programm beworben. Bei einer Absage hätte ich so noch genügend Zeit gehabt, mich umzuorientieren – dazu kam es aber glücklicherweise nicht. Von Melissa Skender

Profildaten

Name: Melissa Skender Geburtsjahr: 1989 Hochschulabschluss: Master of Science in Logistik Warum Lufthansa? internationaler Konzern, globale Herausforderungen, persönliche Weiterentwicklung Bewerbung für: Graduate Management Program „StartTechnik“ Tag des Vorstellungsgespräches: 20./21.2.2013 Tag des Antritts der Stelle: 01.10.2013
Nach einem Onlinetest folgte ein sehr angenehmes Telefoninterview. Einen Monat später bin ich schon zu einem zweitägigen Assessment Center nach Hamburg geflogen. Der Tag begann mit einer kleinen Unternehmenspräsentation und einigen PC-Tests. Bei einem gemeinsamen Mittagessen konnten wir den Trainees, die den Einstieg schon hinter sich hatten, Fragen stellen. Am Nachmittag stand noch ein psychologisches Eignungsgespräch auf Deutsch und Englisch an. Schwerpunkt des Gesprächs waren meine bisherigen interkulturellen Erfahrungen sowie meine Motivation für das Unternehmen und das Programm. Der zweite Tag beinhaltete eine Präsentation auf Englisch, eine Gruppendiskussion sowie ein Rollenspiel. Abgeschlossen wurden diese sehr spannenden Tage mit einer Führung über die Lufthansa Basis. Zusammenfassend lief das Assessment Center in einer sehr angenehmen Atmosphäre ab und war geprägt von einer kooperativen Zusammenarbeit. Daher flog ich frohen Mutes nach Hause, ließ die zwei Tage nochmal Revue passieren, war aber zufrieden mit mir selbst. Nun musste das Unternehmen entscheiden, ob dieser Weg der richtige für mich ist. Prompt kam am nächsten Tag der Anruf: Ich hatte es geschafft! Meine Lebendigkeit bräuchte man, sagte man mir. Auch im Nachhinein glaube ich, das war es, was mich als Person hervorgehoben hat. Natürlich waren zunächst einmal meine Noten und meine interkulturellen sowie praktischen Erfahrungen entscheidende Kriterien, um überhaupt eingeladen zu werden. Am Ende entscheidet jedoch die eigene Persönlichkeit. Außerdem wird es niemandem gelingen, ein ganzes Assessment Center lang eine Rolle zu spielen, also ist es umso wichtiger, jederzeit authentisch und man selbst zu sein. Ich bin nun seit Oktober 2013 mit an Bord. Nach einem dreiwöchigen Unternehmensumlauf absolviere ich meinen ersten Projekteinsatz im strategischen Einkauf für flugzeuggebundenes Material und bin begeistert von den vielen Möglichkeiten, die das Unternehmen mir tagtäglich bietet.

Interview mit Dr. Birgit König

Seit 2011 ist Birgit König Vorstandsvorsitzende der Allianz Privaten Krankenversicherung, im Sommer 2012 wurde sie als erste Frau in den Vorstand der Holding-Gesellschaft Allianz Deutschland berufen. Im Interview verrät die promovierte Biologin und ehemalige McKinsey-Beraterin ihr Karrieregeheimnis: Es kommt darauf an, einen Plan B zu haben – um diesen dann zu Plan A zu machen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Birgit König, geboren 1964 in Tübingen, studierte in Erlangen Biologie und promovierte 1991 in Biochemie. Danach war sie zwei Jahre lang in Hannover und San Francisco in der wissenschaftlichen Forschung tätig, bevor sie 1993 zur Unternehmensberatung McKinsey wechselte, wo sie als Consultant und Projektmanagerin mit dem Schwerpunkt Gesundheitssysteme tätig war. 2000 stieg sie zur Partnerin des Unternehmens auf und war Mitglied der europäischen Health Care Practice. Im September 2011 wurde sie zum Mitglied des Vorstands der Allianz Private Krankenversicherung berufen, seit 2012 ist sie dort Vorstandsvorsitzende. Im Juni 2012 rückte sie zudem als erste Frau in den Vorstand der Allianz Deutschland auf.
Frau Dr. König, in einem Film über Ihre Erwartungen an den Allianz-Führungsnachwuchs sprechen Sie davon, wie wichtig für Sie ein erkennbarer Führungsanspruch ist. Was steht für Sie hinter diesem Begriff? Ich glaube, dass sich ein Führungsanspruch schon sehr früh im Leben zeigt. Schon wenn Kinder spielen, gibt es darunter welche, die auf neue Ideen kommen, Spiele erfinden und auch die Regeln dafür. Man wundert sich ja immer wieder, wie organisiert das sogenannte freie Spiel unter Kindern in Wirklichkeit ist. Und es braucht jemanden, der diese Organisationsaufgabe übernimmt. Auch später im Studium begegnet man Menschen mit Führungsanspruch, zum Beispiel, wenn es darum geht, Lerngruppen zu gründen. Da zeigen sich Leute, die Initiative ergreifen, Ziele vor Augen haben und andere dafür begeistern, diese Ziele gemeinsam zu verfolgen. Hat eine junge Frau, die nicht schon als Kind oder Studentin das Heft in die Hand nahm, schlechte Karten? Nein, ich denke schon, dass man diese Erfahrungen auch später sammeln und Führen lernen kann. Es ist nur so, dass Menschen, die das schon ein paarmal gemacht haben, sich leichter damit tun, die Initiative zu ergreifen. Ist es ein Klischee, dass Männer diesen Führungsanspruch stärker verinnerlicht haben als Frauen? Man muss unterscheiden zwischen dem Führungsanspruch auf der einen und dem Anspruch auf eine Führungsposi- tion auf der anderen Seite. Der Führungsanspruch ist meiner Beobachtung nach bei Frauen und Männern gleich ausgebildet. Es gibt in unserer Gesellschaft aber weiterhin die Erwartung, dass der Mann einen Anspruch auf die Führungsposition zu stellen hat. Diesem gesellschaftlichen Druck unterliegen Frauen nicht – sie haben mehrere Optionen. Was bedeutet das genau? Von einem Mann erwartet die Gesellschaft eher, dass er sich durchbeißt, beruflichen Erfolg hat – auch, wenn das nicht immer einfach ist. Einer Frau steht das natürlich ebenfalls frei, aber für die Gesellschaft ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn sie einen anderen Weg wählt und sich beispielsweise auf die Familie konzentriert. Wobei ich es wichtig finde anzumerken, dass man auch führen kann, ohne eine Führungsposition wahrzunehmen. Im freien Spiel der Kinder oder in Studentengruppen gibt es ja auch keine Führungspositionen. Ich erkenne, dass Frauen diese Art von versteckter Führung heute immer häufiger und besser wahrnehmen und in Folge auch häufiger Ansprüche auf Führungspositionen stellen. Sie sind promovierte Biologin. Wie kam es damals zu dieser Studienwahl? Ich wollte Wissenschaftlerin werden und fühlte mich sehr dem Wahren, Guten und Schönen verbunden. Warum nach der Promotion der Schritt ausgerechnet in die Unternehmensberatung zu McKinsey? Im Lauf der Zeit merkte ich, dass die reine Lehre mich doch nicht so fesseln konnte. Ich wollte nicht nur beobachten und forschen, sondern auch etwas bewegen. Da ergab sich McKinsey als sehr interessante Chance. Ich war bis dahin Spezialistin und verspürte große Lust, mein Wissen zu verbreitern und die Industrie kennenzulernen. Geplant waren zwei Jahre in der Unternehmensberatung, um danach in einen biologienahen Bereich, zum Beispiel in die Pharmaindustrie, zu wechseln. Aus den zwei wurden schließlich 18 Jahre. Warum? Weil es halt einfach gut war (lacht). Die Arbeit war abwechslungsreich und erfüllend. In dieser Zeit sind Sie von der Einsteigerin bis zur Partnerin aufgestiegen. Hatten Sie eine Karrierestrategie? Ich verrate Ihnen mein Karrieregeheimnis: Entscheidend ist, wie man mit Plan B umgeht. Sehen Sie, man macht sich als junger Mensch, der die Uni absolviert hat, Gedanken darüber, was man einmal werden will. Ich wollte zum Beispiel eine berühmte Wissenschaftlerin werden, stellte aber später fest, dass mir das eigentlich gar nicht so sehr liegt. Damit war Plan A dahin. Nun hätte ich sagen können: Wie schade, ich habe das Falsche studiert. Stattdessen habe ich gesagt: Ich entwerfe einen Plan B, gehe zu McKinsey, um mein Wissen zu verbreitern. An dem Tag, an dem ich dort anfing, wurde aus dem Plan B mein neuer Plan A. Sprich, ich bin mit vollem Engagement eingestiegen. Im Laufe der Jahre kam es immer wieder vor, dass ein Plan A nicht zu einhundert Prozent aufging und ein Plan B hermusste – und ich habe diesen Plan B stets aus ganzem Herzen in Plan A umgewandelt. Was haben Sie gemacht, wenn sich herausstellte, dass eine neue Position nicht die erhofften Herausforderungen bereithält? Ich habe nach solchen Herausforderungen gesucht. Also nach Dingen, die ich bewegen kann und die mich brennend interessieren. Und ich habe sie immer gefunden. Sie haben einen Sohn. Wie haben Sie die Familie in Ihre Karriere integriert? Ich habe nach der Geburt zunächst einmal ein halbes Jahr ausgesetzt, dann mehrere Jahre Teilzeit gearbeitet, danach wieder Vollzeit, unterbrochen von einer weiteren einjährigen Familienauszeit. Es ging bei mir also nicht immer geradeaus. Als ich wieder in den Beruf eingestiegen bin, hat sich das am Anfang seltsam angefühlt, weil sich viele Dinge geändert hatten. Das kann man zum Problem machen. Oder auch als Chance begreifen: Es tut sich die Möglichkeit auf, mich neu zu erfinden. Ich bin mir recht sicher, dass meine Karriere ohne diese Brüche deutlich langweiliger verlaufen wäre. Wie kam es schließlich zum Wechsel zur Allianz? Ich erhielt ein Angebot, und die Vorstellung, wie viel Neues dieser Posten bringen würde, fand ich großartig. Zwei wichtige Elemente reizten mich dabei besonders: die Möglichkeit, echte eigene Verantwortung zu tragen, sowie die Allianz Private Krankenversicherung entscheidend mitzugestalten. Sie sind die erste Frau im Vorstand der Allianz Deutschland. Wie haben Sie die erste Vorstandssitzung in Erinnerung? Ich stehe morgens nicht auf, gucke in den Spiegel und sage: „Wow, hier steht eine Frau!“ Ich – und die meisten meiner weiblichen wie männlichen Kollegen auch – denken im täglichen Leben eher wenig über ihr Geschlecht nach. Entsprechend bin ich in meine erste Vorstandssitzung hineingegangen: Nicht mit dem Bewusstsein: „Hier bist du die erste Frau!“ Sondern mit dem Bewusstsein, dass ich in diesem Vorstand die Vertreterin der Privaten Krankenversicherung des Konzerns bin. Entscheidend ist letztlich allein die inhaltliche Arbeit – und eben nicht das Geschlecht.

Zum Unternehmen

Die Allianz Deutschland mit Stammsitz in München ist als führendes Versicherungsunternehmen auf dem deutschen Markt in der Schaden- und Unfallversicherung, der Lebensversicherung sowie der Privaten Krankenversicherung tätig. Der Versicherer hat in Deutschland rund 20 Millionen Kunden. Die hundertprozentige Konzerntochter Allianz Private Krankenversicherung ist der führende Ärzteversicherer in Deutschland: rund 25 Prozent der deutschen Ärzte sind bei der Allianz privat krankenversichert. Auf dem privaten Krankenversicherungsmarkt ist das Unternehmen in Deutschland der drittgrößte Anbieter.

„Nun fangt doch erstmal an!“

Als meinungsstarke Lobbyistin für mehr Frauen in Führungspositionen und Gründerin des Vereins FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte), hat die Unternehmensberaterin Monika Schulz-Strelow in den vergangenen Jahren einiges bewegt. Ihr Rat an Einsteigerinnen in die Medienbranche: Ein scharfer Blick bei der Wahl des Arbeitgebers und kein unnötiges Zögern beim Karrierestart. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Monika Schulz-Strelow, Foto: Caroline Scharff
Monika Schulz-Strelow, Foto: Caroline Scharff
Monika Schulz-Strelow ist Unternehmensberaterin sowie Gründungsmitglied und Präsidentin des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte – FidAR, einem der einflussreichsten Frauennetzwerke Deutschlands. Seit 2011 gibt FidAR den Women-on-Board-Index heraus, in dem die 160 größten börsennotierten Unternehmen nach dem Frauenanteil in Aufsichtsrat und Vorstand gerankt werden. www.fidar.de/wob-index
Frau Schulz-Strelow, wie steht es um die Chancen für Frauen, in Medienunternehmen in Führungspositionen zu gelangen? Gäbe es ausreichend Chancen für Frauen in der Medienbranche, hätte sich nicht ein Verein wie „Pro Quote Medien“ gründen müssen, der eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent in allen Print- und Onlinemedien sowie im Fernsehen und Radio auf allen Führungsebenen bis 2017 fordert. Woran erkennt man Medienunternehmen, die es nicht ernst damit meinen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen? Ein Medienkonzern, der bis heute noch immer keine Frau im Vorstand oder auf der Anteilseignerseite des Aufsichtsrats hat, hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Ich würde mir als interessierte Berufseinsteigerin, die Karriere machen möchte, daher die Führungsgremien genau anschauen. Auch ein Blick in die Medien ist hilfreich, weil ich hier erkennen kann, welche Medienhäuser sich im Bereich Diversity offen engagieren. Viele Unternehmen haben keine Frauen in den Führungsgremien und beteiligen sich nicht an der gesellschaftlichen Diskussion, behaupten aber, sie würden ausschließlich nach Qualifikation besetzen. Was tun Unternehmen, um Frauen zu fördern? Frauen werden heute in den Unternehmen durch zahlreiche Frauenförderpläne und Mentorenprogramme gefördert. Wesentlich ist jedoch dabei, dass sie befördert werden. Allen Förderprogrammen haftet sonst der Beigeschmack von Defizitbeseitigung an. Jedoch reicht es mit dem Jobeinstieg nicht mehr aus, sich als junge Frau allein auf das eigene Können zu verlassen. Wer nicht rechtzeitig auf sich aufmerksam macht, wird bei Beförderungen schnell übersehen. Junge Frauen nehmen ihr Selbstmarketing häufig viel zu wenig in die Hand. Sich selbst frühzeitig zu positionieren ist wichtig. Gerade in der Medienbranche, wo Kommunikation und Marketing zu den Kernthemen zählen. Darauf zu warten, dass irgendwann das Talent entdeckt wird, führt selten zum Ziel. Die Vorgesetzten können junge Frauen nur sinnvoll fördern, wenn sie wissen, wo diese hinwollen. Zudem ist aus meiner Sicht aktives Netzwerken erforderlich – wiederum ein besonders wichtiger Aspekt in Medienberufen. Wer Karriere machen will, muss seine Freizeit zumindest gelegentlich bei beruflichen Netzwerktreffen verbringen. Niemand kommt isoliert an die Spitze. Es braucht immer Ranghöhere, die einen fördern. Für junge Frauen bedeutet das, dass sie auf Events wie der Weihnachtsfeier oder einem Firmenlauf nicht fehlen sollten. Gleichzeitig rate ich Einsteigerinnen, Treffen von Menschen aus der Medienbranche in der Stadt oder in der Region ausfindig zu machen und sich dort mit Kollegen und Kolleginnen außerhalb des eigenen Unternehmens zu vernetzen.

Buchtipps der Redaktion

Insa Sjurts: Frauenkarrieren in der Medienbranche: Auf was es ankommt. Springer Gabler 2014. ISBN 978-3658023812. 39,99 Euro Arianna Huffington: Die Neuerfindung des Erfolgs: Weisheit, Staunen, Großzügigkeit – Was uns wirklich weiter bringt. Riemann Verlag 2014. ISBN 978-3570501733. 19,99 Euro
Nun möchten einige junge Frauen vielleicht zeigen, dass es auch anders geht. Dass sie keine Quote nötig haben, dass sie es doch alleine über die Qualifikation schaffen können. Was sagen Sie solchen Frauen? Ich gönne den jungen Frauen diese Sichtweise. Auch viele Frauen meiner Generation haben so gedacht, und nicht wenige von denen haben es ohne Förderung bis nach oben geschafft, doch es war ein sehr hürdenreicher Weg. Was man jedoch als junge Frau unbedingt beachten muss: Die Durststrecken kommen nicht direkt nach dem Einstieg in ein Unternehmen. Die Ernüchterung setzt meistens in der zweiten Karrierephase ein, wenn sie sehen, dass Männer schneller vorankommen als sie selber, und sich akut die Frage nach der Gründung einer Familie stellt. In dieser Phase verringert sich für viele Frauen die Karrieregeschwindigkeit, während viele Männer weiterhin unbeirrt nach oben steuern. Was wäre eine falsche Reaktion auf diese drohende Durststrecke? Apathie. Ich war vor Kurzem auf einem Karrieretag und war überrascht, wie viele Frauen vor dieser Bürde, Beruf und Familie in Einklang zu bringen, hockten wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Eine Teilnehmerin aus dem Kreis sagte dann: „Nun fangt doch erst einmal an!“ Ich beobachte bei vielen jungen Frauen heute ein größeres Moment des Zögerns. Man kann beinahe von einer Generation der Zweiflerinnen sprechen. Woran machen Sie das fest? Bei einigen jungen Frauen fehlt mir der Hunger, nach der Uni zu sagen: „Jetzt geht’s los, jetzt will ich was schaffen.“ Sie sind häufig sehr gut ausgestattet, weil sie zur Zeit des Abiturs und auch in der Studienzeit eine komfortable Unterstützung durch die Eltern erfahren haben. Dieses Leben in der Komfortzone kann träge machen und verhindern, dass die Frauen sagen: „Ich nutze meine gute Ausgangsposition, um nun die Schranken, die sich mir in den Weg stellen, zu überwinden.“ Hindernisse sind die Härte des Lebens – und mir fällt auf, dass viele Einsteigerinnen überrascht sind, wenn sie auf diese treffen. Denn trotz aller Maßnahmen zur Work-Life-Balance und aller Forderungen, die junge Frauen und Männer der Generation Y in dieser Hinsicht an ihren Arbeitgeber stellen: Unternehmen sind keine Salons.

Webadressen

www.pro-quote.de www.buecherfrauen.de www.journalistinnen.de

Frauen in Führung

Das aktuelle kress-Ranking: die Top Ten der besten Medienmanagerinnen: www.kress.de

Sowohl-als-auch statt Entweder-oder

Dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen sollen, dass Berufseinsteigerinnen die gleichen Chancen haben wie ihre männlichen Kollegen – das sind laut einer Studie für mehr als jedes zweite Unternehmen wichtige Ziele. Doch was tun Arbeitgeber, um diese Ziele zu erreichen? Von André Boße

Die Unternehmen versuchen es, keine Frage. Alle zwei Jahre veröffentlicht die Unternehmensberatung McKinsey den Report „Women Matter“, eine Art Status quo zu Frauen in Führungspositionen auf europäischer Ebene. Die Autoren der Studie befragten 235 Top-Unternehmen Europas zu ihren Einstellungen gegenüber geschlechtlicher Chancengleichheit, und die Entwicklung ist unübersehbar: Mehr als die Hälfte der Unternehmen führen das Thema „Gender Diversity“ unter ihren zehn wichtigsten strategischen Zielen – das sind doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor. 63 Prozent der Unternehmen bieten 20 oder mehr Programme, um Frauen zu fördern. Der Haken an der Sache: Es kommt weniger dabei um, als man denken könnte. Nur acht Prozent der Unternehmen konnten darlegen, dass Frauen mehr als 25 Prozent der Top-Management-Positionen besetzen. Der Durchschnitt des Frauenanteils in den obersten Etagen liegt beiden für die Studie befragten Unternehmen bei 13 Prozent. Der McKinsey-Report gibt einen Einblick, warum sich die Unternehmen in Europa und Deutschland trotz des Engagements so schwer damit tun, die Chancengleichheit auch umzusetzen: Viele Arbeitgeber betrachten es nach eigener Aussage als große Herausfor derung, die Programme mit Leben zu füllen. Der Chef gibt zwar die Richtung vor, ausgeführt werden die Programme jedoch an anderer Stelle, zumeist im mittleren Management. Die Studie zeigt: Je tiefer man im Management nach unten geht, desto geringer wird die Motivation, sich dem Thema mit Engagement zu widmen und Änderungen zu erwirken.

Megatrend: Female Shift

Es ist ein Megatrend, und er ist unaufhaltsam: Traditionelle Geschlechterrollen werden aufgelöst. Im Berufs- und Privatleben von Frauen und Männern finden Umbrüche statt, die zu einem Wandel der Gesellschaft führen. Beide Geschlechter wollen sich beruflich verwirklichen – und beide wollen der Familie mehr Zeit einräumen. Mehr zu diesem und anderen Megatrends: www.zukunftsinstitut.de/megatrends
Wirtschaft braucht die Frauen Es gibt also abseits guter Absichten noch einiges zu tun in den Unternehmen. Das weiß auch Dr. Thomas Birtel, Vorstandsvorsitzender des Baukonzerns Strabag. Derzeit sind rund 13 Prozent der Beschäftigten im Konzern weiblich, im Management liegt der Frauenanteil bei acht Prozent. „Die Baubranche gilt nach wie vor als Männerdomäne“, erklärt Birtel. „Mit ihren oft nicht planbaren Arbeitszeiten ist sie wenig familienfreundlich. Dies verlangt den Menschen einiges an Flexibilität ab, die viele Frauen, die eben erst eine Familie gegründet haben, dem Unternehmen nicht nur nicht bieten können, sondern für eine gewisse Zeit auch gar nicht bieten wollen.“ Der Strabag-Chef hat Verständnis für diese Haltung – und doch will er die Situation im Konzern verbessern: Der Frauenanteil im Management soll sich mittelfristig an den Gesamtanteil im Unternehmen angleichen. „Frauen zu fördern sowie ihre Fähigkeiten – gerade in den technischen Bereichen – mehr wertzuschätzen, ist nicht nur eine Sache der Fairness, sondern auch aus ökonomischer Sicht geboten“, nennt Thomas Birtel als Grund, warum er als Vorstandsvorsitzender dem Thema Frauen in Führungspositionen eine so hohe Priorität verleiht. Die Baubranche weise einen Mangel an qualifiziertem Personal auf, und Frauen stellten einen großen Teil der erwerbstätigen Bevölkerung dar. „Zudem“, so Birtel, „geht Vielfalt im Führungsteam tendenziell mit besseren wirtschaftlichen Ergebnissen einher.“ Gelingen soll eine Erhöhung des Frauenanteils im Management zunächst einmal durch erhöhte Aufmerksamkeit. „Wir werden künftig ein besonderes Augenmerk darauf haben, dass Frauen nicht nur theoretisch die gleichen Chancen besitzen, sondern diese Chancen auch praktisch wahrnehmen können“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Baukonzerns. Ein entscheidender Hebel sei hier die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Birtel: „Das Verfolgen einer Karriere belastet nachweislich die anderen Lebensbereiche: die Beziehung, die Familie. Nicht jeder Mensch ist bereit, das Familienleben der Karriere unterzuordnen. Unsere Aufgabe ist es zu verhindern, dass überhaupt eine Entweder-oder-Entscheidung nötig ist.“ Führen will gelernt sein Wer als junge Frau die Entscheidung trifft, Karriere zu machen und dies mit der Familienplanung zu vereinbaren, hat den ersten Schritt getan. Nicht mehr, nicht weniger. Die Erfahrungen von Frauen, die in Unternehmen Karriere gemacht haben, zeigen: Viele weitere Hindernisse folgen, denn Führen will gelernt sein. Das gilt zwar für Frauen und Männer gleichermaßen. Jedoch können Männer beim Thema Führung auf tradierte Strukturen und klar definierte Erwartungshaltungen zurückgreifen. Zudem sind rein rechnerisch die meisten Vorgesetzten männlich – wohl ein Vorteil, da der Weg nach oben, so die Expertenmeinung, weiterhin nach dem sogenannten Ähnlichkeitsprinzip erfolgt: Bessere Chancen habe jemand, mit dem sich ein Vorgesetzter identifizieren kann, mit dem er etwas teilt. Die Helmholtz-Gemeinschaft, ein Verband von 18 unabhängigen deutschen Forschungszentren, versucht, mit dem Programm „In Führung gehen“ diesen und andere Nachteile für weiblichen Führungsnachwuchs auszugleichen. Das Ziel der Maßnahme: motivierte junge Frauen auf anspruchsvollere Positionen vorzubereiten und miteinander zu vernetzen. „Im Rahmen einer einjährigen Laufzeit wird den Teilnehmerinnen eine Kombination aus Mentoring und Trainingsworkshops angeboten“, berichtet Birgit Gaiser, Referentin des Programms. Behandelt werden Themen wie Kommunikation, Selbstpräsentation oder Konfliktmanagement. Der Netzwerkgedanke wird durch ein Alumni-Konzept gestärkt: Wer als junge Frau vom Mentorinnenprogramm profitiert hat, soll später selber Mentorin werden, um wiederum die neue Generation weiblicher Nachwuchskräfte zu fördern.

Netzwerk Femtec: Frauen und Technik

Im Bereich der Technik sind Frauennetzwerke besonders wichtig, denn die Führungspositionen in technischen Unternehmen sind häufig noch immer fest in Männerhand. Die Folge: Einsteigerinnen fehlt es an weiblichen Vorbildern. Das 2001 gegründete Netzwerk Femtec möchte Abhilfe schaffen: Mit dem Wissen, dass weibliche Talente für Forschung und Wirtschaft unverzichtbar sind, bildet Femtec ein intensives Netzwerk zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, von dem vor allem ambitionierte und talentierte Einsteigerinnen profitieren sollen. www.femtec.de
Netzwerke nicht unterschätzen Aus den Gesprächen rund um die Workshops kennt Birgit Gaiser die Probleme, vor denen Frauen stehen, die plötzlich führen sollen – noch dazu in einer männerdominierten Welt wie der technischen Forschung. So machten sich viele Frauen eine falsche Vorstellung davon, was jemanden überhaupt für eine Führungsposition qualifiziert. „Der Wert formaler Kriterien wie Abschlüsse, Weiterbildungen und gute Noten wird insbesondere von Frauen häufig überschätzt“, hat die Referentin des Frauenförderprogramms beobachtet. „Betrachtet man individuelle Berufsbiografien wird schnell klar, dass es von zentraler Bedeutung ist, bestimmten Zirkeln anzugehören, wenn man in die Chefetage aufsteigen möchte.“ Der Zugang zu diesen „kumpelhaften“ Netzwerken sei jedoch für Frauen erschwert: „Eine Berufsanfängerin, die sich mit ihrem Vorgesetzten – einem älteren Mann – nach der Arbeit auf ein Bier trifft, macht sich angreifbar.“ Weiterhin beobachtet die Expertin, dass Frauen häufig darauf warten, entdeckt zu werden, anstatt sich klar zu positionieren und deutlich ihre Ansprüche zu formulieren. „Und wenn es Frauen schließlich in eine Führungsposition geschafft haben, stehen sie der gewonnenen Macht mitunter sehr ambivalent gegenüber, weil der Wunsch, von allen geliebt zu werden, nicht mit der professionellen Ausübung einer Leitungsfunktion vereinbar ist.“ Auch setzen Frauen nach Beobachtung von Birgit Gaiser häufig andere Prioritäten als Männer. „Frauen konzentrieren sich auf inhaltliche Arbeit, statt den nächsten Karriereschritt zu planen.“ Männer hinegen seien in Karrierefragen fokussierter. Nun könnte man denken, dass diese inhaltliche Priorität Vorteile bringt, doch Gaiser sieht vor allem ein Problem: „Weil der Fokus fehlt, jonglieren Frauen oftmals mit den unterschiedlichsten Themen und Zielen im Berufs- und Privatleben. Das ist sicher ganzheitlicher als die typisch männliche Herangehensweise. Es kann aber dazu führen, dass sich die Frauen verzetteln und sich plötzlich in Situationen wiederfinden, in die sie niemals kommen wollten.“ Scheitern gehört dazu Birgit Gaiser kommt mit vielen weiblichen Führungskräften aus den Forschungseinrichtungen der Helmholtz- Gemeinschaft ins Gespräch. Dabei hat sie erkannt, welche Eigenschaften wichtig sind: So müssten Frauen, die sich in Führungsetagen behaupten möchten, einen langen Atem sowie eine hohe Frustrationstoleranz mitbringen. „Weiterhin empfehle ich einen etwas spielerischen Umgang mit Fragen und Entscheidungen im Berufsleben. Wenn eine Strategie nicht aufgeht, sollte man eine andere ausprobieren.“ Sie rät Einsteigerinnen, nicht dem Glauben zu verfallen, dass alles immer klappen müsse. „Man kann nicht immer gewinnen und wird sich auch nicht immer durchsetzen können.“ Ihrer Beobachtung nach tendierten Frauen jedoch dazu, sich von Misserfolgen in größerem Umfang demotivieren zu lassen als ihre männlichen Kollegen und sich, so Gaiser, „ häufiger beleidigt zurückzuziehen, als dies bei Männern der Fall ist“. Klar, wer handelt kann Fehler machen. Doch sollten Frauen diese Fehler nicht scheuen. Es hilft ein Zitat des Theologen und Widerstandkämpfers Dietrich Bonhoeffer, der sagte: „Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“

Buchtipp: Ausnahmekarriere

Sheryl Sandberg hat zwei kleine Kinder. Sie ist aber auch Geschäftsführerin bei Facebook, nachdem sie zuvor schon Top- Managerin bei Google war. Wie geht das zusammen: eine Traumkarriere bei den größten Internet-Unternehmen der Welt in Kombination mit einer Familie mit zwei Kindern? In ihrem Buch „Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg“ erzählt die Managerin über ihre Erfahrungen beim Aufstieg sowie über Herausforderungen und überraschende Hindernisse, die einer Frau auf dem Weg nach oben das Leben schwer machen, und gibt Tipps, wie man damit umgehen kann. Dazu bietet das Buch neben vielen persönlichen Erfahrungen Studienergebnisse. Sheryl Sandberg: Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg. Econ 2013. ISBN 978-3430201551. 19,99 Euro.

International Day of Happiness

Tatatata: Heute ist “International Day of Happiness”, sagt die UN, und tatsächlich fühle ich mich auch schon ein bisschen glücklicher. Das mag an der Sonne liegen, die den wild bewachsenen Innenhof vor meinem Bürofenster in ein Frühlingsgedicht verwandelt. Oder daran dass auf der Facebook-Seite des internationelen Tags des Glücks von überall auf der Welt Nachrichten eingehen, die von Feiern des International Day of Happiness und von Menschen berichten, die sich mal für wenige Minuten in sich zurückziehen und ihrem Glück nachspüren. Da fühle ich mich so wohlig zugehörig. Bevor ich mich nun in tiefe Kontemplation über mein Glück versenke frage ich mich, ob das „Nichtstun“ der Arbeitgeber zahlt. Rein arbeitsrechtlich ist eine fünfminütige Meditation am Arbeitsplatz vermutlich als Pause zu bewerten, und ob die bezahlt wird, hängt davon ab, was mit dem Arbeitgeber vereinbart wurde. Der Arbeitsvertrag gibt hierüber Auskunft. Völlig unzweifelhaft sind dagegen die positiven Auswirkungen von Meditation auf die psychische Gesundheit. Und unstrittig ist wohl auch, dass Arbeitgeber von gesunden Mitarbeitern profitieren. Was das jetzt mit dem UN-Glückstag zu tun hat? Meditation entspannt und beruhigt den Geist, sagt die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.. Und Entspannung ist ein wunderbares Fundament für den achtsamen Umgang mit sich und der Welt. Achtsamkeit wiederum kann der Anfang sein vom glücklichen Sein, wenn sich im Denken das halbleere in ein halbvolles Glas verwandelt und wir uns daran gewöhnen, unseren Blick zunächst mal wohlwollend auf die Dinge zu richten, die wir als bereichernd empfinden und die funktionieren. Den Kritiker in uns nehmen wir dagegen so lange an die Leine, bis wir ihn wirklich brauchen. Dann kommt auch er zu seinem Recht. Und das Geld? Was ist mit dem lieben Geld? Bei der Diskussion um den Glücks-Begriff finde ich die Aussage prägend, dass Glücksempfinden im Innen entsteht und nicht im Außen, weshalb das Anhäufen materieller Güter zwar in der Regel ein bequemes, aber noch lange kein glückliches Leben ermöglicht. Den Unterschied zwischen glücklich sein und Glück haben hat mir übrigens die Glücks-Expertin Dr. Eva Wlodarek im Interview erklärt. Ungezählte Wissenschaftler wollten jedenfalls schon herausfinden, ob Geld nun glücklich macht oder nicht. Um eine renommierte Studie hervorzuheben: Der an der Princeton-University erstellte Hapiness-Money-Report kommt zu dem Schluss, dass das Glücksempfinden bis zu einem Jahresgehalt von 60.000 Euro zunimmt – danach bleibt die Glückskurve auch nach einer Gehaltserhöhung auf gleichem Niveau. Und dennoch liegt voll im Trend, wer auf „Sein“ setzt statt auf „Haben“. Die so genannte Generation Y der nach 1980 geborenen vollzieht mit Karacho einen Wertewandel, dass die Personalabteilungen kaum hinterher kommen. Nicht das höchste Gehalt macht den neuen Job attraktiver als andere, sondern die Work-Life-Balance, der Sinn der Tätigkeit und die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz. »Wir sind nicht faul! Wir wollen arbeiten«, sagt Kerstin Bund, „nur eben anders. Nachhaltiger. Im Einklang mit unseren Bedürfnissen.“ Die Journalistin und Autorin beschreibt in ihrem Buch „Glück schlägt Geld. Generation Y: Was wir wirklich wollen“, wie die Generation Y die Berufswelt verändert. Schlau, das immaterielle Glück in den Vordergrund zustellen, wenn man die folgenden Forschungsergebnisse kennt. Zwei britische Wissenschaftler stellten sich die Frage: Werden glückliche Menschen eher reich? Ja, sagen sie. Was für eine Erkenntnis: Wer reich ist, wird nicht eher glücklich als andere. Wer dagegen glücklich ist, wird eher reich. Einen wunderbaren internationalen Tag des Glücks!

Karriereleiter: Der Start

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Das Erste Examen ist bestanden, doch wie geht es nun weiter? Welches sind die nächsten Pflichtstationen auf der juristischen Karriereleiter? Der Weg bis zur Partnerschaft in einer Großkanzlei sollte gut geplant werden. Mich führte er nach drei Jahren in einer kleineren Kanzlei und weiteren drei Jahren in der Rechtsabteilung eines Versicherungskonzerns 2007 zu CMS Hasche Sigle. Hier bin ich seit 2010 Partner.Von Dr. Stefan Segger, CMS Hasche Sigle

Als frisch examinierter Assessor sollte sich der junge Jurist Gedanken über seine weiteren Karriereziele machen: Senatsvorsitzender beim Bundesgerichtshof wäre toll. Oder doch besser Generalbundesanwalt oder Chefsyndikus bei einem großen Unternehmen? Manch einer hat auch die Idee, Partner einer Großkanzlei zu werden: Es locken unternehmerische Freiheit, hohe Reputation und ein gutes Einkommen. Für alle diese Positionen ist eine exzellente juristische Qualifikation Voraussetzung. Nicht weniger wichtig sind jedoch die sogenannten „weichen“ Faktoren. Jeder Jurist, der eine Karriere als Partner einer Großkanzlei anstrebt, sollte über die entsprechenden Soft Skills verfügen und sich zunächst folgende Fragen ehrlich beantworten, bevor er weitere Schritte plant: Habe ich Spaß daran, kniffelige Rechtsfragen zu beantworten? In Großkanzleien geht es fast immer darum, neue rechtliche Fragestellungen zu durchdringen und damit verbundene Lösungen zu erarbeiten. All das, was in den Kommentaren und Gerichtsentscheidungen nachzulesen ist, rechtfertigt nämlich keine Stundensätze im dreistelligen Euro-Bereich. Oder fühle ich mich eher auf „bekanntem Terrain“ wohler? Habe ich Spaß daran, von spezialisierten Juristen mandatiert zu werden? Die Mandanten der Großkanzleien verfügen selbst über ganz hervorragend qualifizierte Juristen (mit dem dazu passenden Selbstbewusstsein) und sind vielfach selbst spezialisiert. Der Anwalt einer Großkanzlei sollte diesen Mandanten „auf Augenhöhe“ begegnen. Passt das zu mir? Habe ich Spaß an der Arbeit? Anwälte in Großkanzleien arbeiten viel, und wer eine Karriere in diesem Umfeld anstrebt, sollte Spaß an der Arbeit haben. Was nicht heißt, dass Anwälte nicht auch ein Privatleben haben. Habe ich Spaß daran, unternehmerisch tätig zu sein? Der Erfolg als Anwalt verlangt strategisches und unternehmerisches Handeln. Das unterscheidet den Anwalt von vielen anderen juristischen Berufen. Die Verpflichtung zum unternehmerischen Handeln eröffnet auf der anderen Seite aber auch viele Gestaltungsspielräume: Nirgendwo sonst ist die Möglichkeit so groß wie in diesem Bereich, Einfluss auf die Arbeit zu nehmen und selbst strategisch, unternehmerisch zu gestalten. Habe ich Spaß daran, parteiisch zu sein? Der Anwalt vertritt die Interessen der Mandanten. Dies setzt den Willen zur Parteilichkeit voraus. Die juristische Ausbildung ist dagegen weitgehend auf die klassische juristische Begutachtung und Stellungnahme aus neutraler Sicht ausgerichtet. Wer Karriere als Partner einer Großkanzlei machen will, sollte beides können: sowohl objektiv (be-)urteilen, um dem Mandanten ein realistisches Bild zu vermitteln, als auch den Mandaten nach außen parteiisch vertreten. Der Weg vom 1. Staatsexamen zum PartnerKönnen alle Fragen mit einem Ja beantwortet werden, gibt es viele Möglichkeiten, seinen Weg bis hin zur Partnerschaft zu gestalten: Bis zum Zweiten Staatsexamen Die Zeit zwischen den beiden juristischen Staatsexamen bietet zahlreiche Gelegenheiten herauszufinden, was einen interessiert oder interessieren könnte. Generell gilt es, soviel wie möglich auszuprobieren und Kontakte zu knüpfen. Die Spezialisierung aus dem Studium sollte der angehende Jurist dabei gleichwohl nicht überbewerten. So sinnvoll eine Spezialisierung ist: Viele Rechtsgebiete, die sehr gute Karrieremöglichkeiten bieten, kommen im Studium kaum vor. Es gibt wohl keine juristische Spezialisierung aus der Zeit der universitären Ausbildung, deren Spezialkenntnisse sich nicht auch durch die ersten sechs Monate „on the job“ erreichen ließen. Ein Wechsel der fachlichen Ausrichtung ist daher bei guten Gründen ohne Weiteres möglich. Bei der Wahl von Jobs, Referendariatsstationen und Praktika sollte man seinen persönlichen Vorlieben Raum geben: Wer in seiner Freizeit fußballbegeistert ist, sollte ein Praktikum beim juristischen Dienst des Fußballverbandes machen. Wer eine Weltreise machen möchte, sollte sich überlegen, ob er nicht ein Praktikum bei einem Rechtsanwalt in Singapur oder Neuseeland einschiebt. Promotion oder LL.M.? Für den Beginn der Tätigkeit in einer Großkanzlei ist eine Promotion und/oder ein Mastertitel sinnvoll, zum Teil sind diese Qualifikationen sogar Voraussetzung. Wer seine Promotion möglichst frühzeitig in Angriff nimmt, belastet seine spätere berufliche Karriere nicht mehr damit. Promotionsbegleitend bietet sich eine Nebentätigkeit in einer Kanzlei an: Die Unabhängigkeit vom Unibetrieb ist größer, und gleichzeitig gewinnt man interessante Einblicke in die Tätigkeit der Anwaltskanzlei. Diese praktischen Einflüsse können auch die Dissertation bereichern. Vom Junior Associate zum Partner Auch die folgenden Jahre gilt es strategisch anzugehen. Welche Anforderungen stellt die Kanzlei an einen Partnerkandidaten? Hilfreich ist in diesem Zusammenhang, sich zu fragen, was man selbst von demjenigen verlangen würde, mit dem man wirtschaftlich sein Schicksal teilt. Schnell ist dann klar, dass wirtschaftlicher Erfolg unbedingt dazu zählt, aber nicht alles ist. Persönliche Integrität und ein überzeugender unternehmerischer Ansatz („Business Case“) sind ebenfalls notwendig. Die Kunst, Karriere in einer Großkanzlei zu machen, besteht darin, neben den verlangten „Billable Hours“ das eigene unternehmerische Profil nicht aus den Augen zu verlieren und sich stets kritisch zu fragen, ob man die richtigen Antworten auf Fragen geben kann, die einem spätestens bei der Partnerentscheidung gestellt werden: Warum sollten Mandanten ausgerechnet mich beauftragen? Wie grenze ich mein Geschäftsmodell von denjenigen der bereits vorhandenen Partnerinnen und Partner in der Kanzlei ab? Warum glaube ich, mit meinem Geschäftsmodell dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich tätig sein zu können? Wer für sich eine überzeugende Antwort auf diese Fragen geben kann, hat sehr gute Chancen und eine erfolgreiche Karriere in einer Großkanzlei vor sich.

Verpassen Unternehmen die mobile Jobsuche?

Mit dem Internet in der Jackentasche geht jeder dritte Bewerber mobil auf Jobsuche. Doch Unternehmen sind auf die mobilen künftigen Mitarbeiter nicht genügend vorbereitet. Die Kölner Internetberatungsfirma NetFederation hat im Rahmen ihres jährlichen Human Resources Benchmarks 100 Karriere-Webseiten ausgewählter deutscher Unternehmen überprüft und anhand von 90 Kriterien aus den Bereichen Inhalt und Redaktion, Dialog und Services sowie Nutzerfreundlichkeit analysiert. Die Online-Experten wollen dadurch herausfinden, inwiefern deren Karriere-Auftritte aktuellen Ansprüchen genügen. Im Vergleich zu den Vorjahren konstatieren die Berater eine deutliche Verbesserung der HR-Webseiten: Immerhin 70 % böten den verschiedenen Zielgruppen maßgeschneiderte Einstiege ins Karriereportal an und belieferten sie dort mit relevanten Informationen. Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft Die Problemzone der Personaler identifizieren die Online-Experten in der technologischen Weiterentwicklung der Webseiten. Besonders bei der Optimierung für mobile Endgeräte habe sich im Gegensatz zum Vorjahr kaum etwas zum Besseren verändert, so die Studie. Gerade mal ein Drittel der Firmen bietet der Studie zufolge ihre Karriereseite auch für mobile Endgeräte an. Job-Apps, die sich vor allem für Großkonzerne mit Hunderten oder Tausenden Stellen lohnen, haben nur die allerwenigsten. Die Unternehmen hinken demnach dem gesellschaftlichen Trend hinterher, dass mobiles Internet und Social Media zusammenwachsen und die Grenzen von Arbeit und Privatsphäre durchlässiger werden. Ich denke, hier wird ein naturgemäßer Abstand sichtbar zwischen dem, was technologisch machbar und dem, was in Unternehmen realisierbar ist. Ob die Unternehmen hier ihre Hausaufgaben machen oder diesen technologisch-gesellschaftlichen Wandel verpassen, werden wir vielleicht schon nächstes Jahr im Human Resources Benchmark sehen.

Bachelorabsolventen willkommen

„Auf jeden Fall ein Masterabschluss!“ So denken viele Absolventen. Ein Bachelorabschluss erscheint den meisten nicht ausreichend für den Berufseinstieg, sodass sich viele für ein zusätzliches Masterstudium entscheiden. Von Sabine Olschner

Über 80 Prozent der Universitäts-Absolventen und mehr als 60 Prozent der Fachhochschul-Absolventen schließen derzeit an ihren Bachelor ein konsekutives Studium an, zeigt eine aktuelle Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), die auch gleich die Gründe dafür nennt: Demnach wollen 89 Prozent der Befragten durch das Masterstudium ihre Berufschancen verbessern, 51 Prozent haben mit ihrem bisherigen Abschluss geringes Vertrauen in ihre Berufschancen. Laut Kolja Briedies, Projektleiter Absolventenstudien bei der HIS, geht die Tendenz dahin, dass in den nächsten Jahren sogar noch mehr Menschen den Master anstreben könnten. Master für viele Berufe nicht nötig Je nach Studienrichtung ist ein Master sicherlich sinnvoll für die Karriere: Bei vielen Berufen im naturwissenschaftlichen oder mathematischen Umfeld wurde und wird oft eine Promotion vorausgesetzt. Entsprechend hoch liegt heute die Zahl der Masterinteressenten in den naturwissenschaftlichen Fächern – vor allem Chemiker (92 Prozent) sowie Physiker und Astronomen (100 Prozent) streben in den meisten Fällen einen Masterabschluss an, der Voraussetzung für die Promotion ist. Auch bei zahlreichen technischen Fächern erwarten Arbeitgeber eher den Master- als den Bachelorabschluss – weil dieser inhaltlich mehr dem früheren Titel Dipl.-Ing. entspricht. Bei vielen anderen Fächern ist ein Masterstudium aber nicht nötig, um erfolgreich in den Beruf einzusteigen. Und auch für Ingenieure und Naturwissenschaftler gibt es eine ganze Reihe von Einsatzbereichen, für die ein Bachelor ausreicht – zum Beispiel im Vertrieb. Schließlich wurde der Bachelor offiziell so angelegt, dass er einem „erster berufsqualifizierenden Abschluss“ entspricht. Unternehmen begrüßen Bewerbungen von Bachelorabsolventen Dass Unternehmen Bachelorabsolventen gern einstellen, haben sie bereits früh signalisiert: 2004, 2006 und 2008 haben Personalvorstände und -verantwortliche führender großer und mittelständischer Unternehmen in Deutschland Erklärungen zu „Bachelor Welcome!“, „More Bachelors and Masters Welcome!“ beziehungsweise „Bachelor Welcome – MINT-Nachwuchs sichern!“ abgegeben. Damit verpflichteten sich die Unternehmen, Bachelorabsolventen attraktive Berufseinstiege und Karrierewege zu eröffnen und das berufsbegleitende Studium angemessen und durch geeignete Rahmenbedingungen zu fördern. Im Jahr 2010 trafen sich erneut zahlreiche Personalvorstände, um mit der Aktion „Bachelor Welcome 2010 – Was die Studienreform erreicht hat und was noch vor uns liegt“ eine Zwischenbilanz des Bologna-Prozesses zu ziehen. Erstunterzeichner dieser Erklärung waren 43 Unternehmen mit über drei Millionen Beschäftigten, darunter die Hälfte der DAX-Unternehmen. 2012 wurde die Bachelor-Welcome-Initiative unter dem neuen Motto „Bologna@Germany“ fortgesetzt. Persönlichkeit zählt mehr als der Titel Fragt man Personaler, ob sie Bachelor- oder Masterabsolventen bevorzugen, ist der Tenor der Aussagen für die meisten Einsatzgebiete: Die Persönlichkeit zählt mehr als der Abschluss. Ob jemand Zielstrebigkeit, unternehmerisches Denken, interkulturelle Orientierung und Kommunikationsfähigkeit mitbringt, ist keine Frage des Studientitels. Auslandsaufenthalte, Praktika und anderes außeruniversitäres Engagement sind oft wertvoller als ein zusätzliches Studium. Im Zweifel hat ein Bachelorabsolvent mit Praxiserfahrung bessere Chancen als ein Masterabsolvent ohne zusätzliche Qualifikationen. Dass Bachelorabsolventen nicht soviel Fachwissen mitbringen wie ihre Masterkollegen, ist in der Regel zweitrangig, weil besondere Kenntnisse für eine bestimmte Aufgabe ohnehin unternehmensintern und berufsbegleitend vermittelt werden. Spezielle Traineeprogramme für Bachelorabsolventen gibt es in den Unternehmen nur selten. Gehaltsunterschiede bemerkbar? Und wie sieht es mit dem Gehalt aus? Verdienen Masterabsolventen mehr als ihre Kollegen mit Bachelortitel? Hier gibt eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2012 Auskunft: Quelle: WSI-Lohnspiegel-Datenbank – www.lohnspiegel.de Diese zeigt, dass Masterabsolventen in der Tat im Schnitt mehr Gehalt einstreichen – allerdings fangen Bachelorabsolventen zwei Jahre früher mit dem Geldverdienen an. Damit gleicht sich die Differenz im Laufe der Jahre etwas aus. Und wer sich nach einigen Berufsjahren doch noch für ein Masterstudium entscheidet, wird das voraussichtlich ebenfalls auf seinem Gehaltszettel merken. Daher spricht eigentlich nichts dagegen, nach dem Bachelorabschluss direkt in den Beruf durchzustarten – oder?

Blickpunkt: Pionierinnen

Frauen in Führungspositionen sind inzwischen keine Ausnahme mehr – aber das war nicht immer so. Die Frauen, die sich als Erste in ihren Disziplinen durchsetzten und auf diese Weise neue Berufsfelder für Frauen eröffneten, geraten oft in Vergessenheit. Wer also waren sie, die Vorreiterinnen, die sich für Frauenrechte einsetzten, die Wissenschaften für Frauen öffneten, sich als selbstständige Unternehmerinnen einen Namen machten und als Sportlerinnen Erfolge feierten? Wir stellen Ihnen eine kleine Auswahl solcher Frauen vor – Teil 2 finden Sie im karriereführer frauen in führungspositionen Ausgabe 2013.2014. Von Leonie Pohlmann

Olympe de Gouges – die erste Frauenrechtlerin (* 1748, † 1793) Die französische Revolution gilt als Geburtsstunde der Menschenrechte in Europa. Allerdings wissen viele nicht, dass die Menschenrechte der französischen Nationalversammlung auf Männer beschränkt waren, Frauen waren vom politischen Leben weitestgehend ausgeschlossen. Diese Ausgrenzung stieß bei vielen Frauen auf Widerstand – auch bei Olympe de Gouges, einer der bekanntesten Frauenrechtlerinnen der Zeit: Sie wurde 1748 geboren und veröffentlichte nach Ausbruch der Revolution politische Texte, Flugblätter und Plakate. Ein Thema hatte für sie höchste Priorität: die Rechte der Frauen. Weil sie gegen die Jakobiner war, aber auch wegen ihres Einsatzes für die Frauenrechte, wurde sie im Sommer 1793 verhaftet und hingerichtet. Marie Curie – die erste Nobelpreisträgerin (* 1867, † 1934) Die sich im 18./19. Jahrhundert herausbildenden Naturwissenschaften waren zunächst eine reine Männerdomäne, auch, weil Frauen erst spät Zugang zur höherer Bildung bekamen. Von dieser Benachteiligung war auch die Nobelpreisträgerin Marie Curie betroffen: Sie wurde 1867 in Warschau geboren. Da Frauen in ihrer Heimat nicht zum Studium zugelassen wurden, schrieb sie sich 1891 an der Sorbonne in Paris ein, wo sie mit der Erforschung radioaktiver Substanzen begann. Sie entdeckte das strahlende Element Radium und wurde zur Pionierin auf dem Gebiet der Radioaktivität. Für ihre Arbeit erhielt sie 1903 als erste Frau den Nobelpreis für Physik und 1911 einen weiteren für Chemie. Sie war damit die erste Person, die zwei Nobelpreise erhalten hatte. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie 1908 als erste Professorin an der Sorbonne auf dessen Lehrstuhl für Allgemeine Physik berufen. Marie Curie starb 1934 nach langer Krankheit, die vermutlich auf ihre intensive Arbeit mit radioaktiven Elementen zurückzuführen ist. Charlotte Hildegard Hass – die erste gefilmte Taucherin (* 1928) Charlotte „Lotte“ Hass gelangte als Taucherin in den 1950er-Jahren zu Berühmtheit. Geboren 1928 in Wien, arbeitete sie zunächst als Sekretärin ihres späteren Ehemanns, des Naturforschers, Tauchpioniers und Dokumentarfilmers Hans Hass. Lange träumte sie davon, eine Tauchexpedition zu begleiten – möglich wurde dies erst, als eine Filmgesellschaft auf eine weibliche Hauptdarstellerin für Hans Hass‘ nächsten Dokumentarfilm bestand, um den Film damit attraktiver zu machen. 1950 ging sie für mehrere Monate ans Rote Meer, tauchte und wurde dabei gefilmt. Der Film wurde ein voller Erfolg, die Presse riss sich fortan um die junge Frau. Sie war schon bald auf den Titelseiten internationaler Magazine zu sehen. Lotte Hass war aber keinesfalls lediglich ein Unterwassermodel – durch ihre Taucheinsätze schrieb sie Sportgeschichte und machte das Tauchen auch für Frauen populär. 1970 veröffentlichte sie ihre Autobiografie „Ein Mädchen auf dem Meeresgrund“, die 2010 mit Yvonne Catterfeld in der Hauptrolle verfilmt wurde. Erna Baumbauer – die erste Schauspielagentin (* 1919, † 2010) Erna Baumbauer schaffte ein völlig neues Berufsfeld in Deutschland: Sie machte sich selber zur Schauspielagentin. Geboren 1919 in München, arbeitete sie zunächst als Journalistin und Theaterkritikerin. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte sie ihre Kontakte am Theater für ein paar Freundschaftsdienste: Sie vermittelte Schauspieler und handelte Verträge für sie aus. Daraus entwickelte sich schon bald mehr: Erna Baumbauer gründete ihre eigene Agentur und wurde zur ersten und einflussreichsten Schauspielagentin der Bundesrepublik. Sie vermittelte nicht nur, sondern war stets darum bemüht, ihre Klienten gut zu beraten: So überredete sie drei ihrer Schauspieler – Ulrich Mühe, Ulrich Tukur und Sebastian Koch –, bei dem Erstlingswerk des damals noch unbekannten Regisseurs Florian Henckel von Donnersmarck „Das Leben der Anderen“ mitzuwirken – ein voller Erfolg, der Film bekam 2007 sogar einen Oscar. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Preise, darunter den Bayerischen Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz, und beim Deutschen Filmpreis 2006 wurde sie mit dem Ehrenpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Karin Stilke – das erste deutsche Topmodel (* 1916) Nicht erst seit „Germany’s Next Topmodel“ träumen viele junge Mädchen von einer Laufsteg-Karriere. Zu den Pionierinnen der Modelbranche gehört Karin Stilke, das erste deutsche Model mit internationalem Erfolg. 1926 in Bremen geboren, absolvierte sie nach dem Schulabschluss in Berlin eine Dolmetscherausbildung, bis sie 1936 von der Fotografin Yva auf dem Kurfürstendamm entdeckt wurde. Sie ließ sich zu Modefotos überreden, und schon war ihre Karriere in vollem Gange. Bis 1957 stand sie für die bedeutendsten Modefotografen der Zeit vor der Kamera, war auf zahlreichen Titelblättern zu sehen. 2007 wurde ihr zu Ehren im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung „Karin Stilke: Ich bin ein Sonntagskind“ gezeigt. Elly Beinhorn – die erste Alleinpilotin rund um die Welt (* 1907, † 2007) Die Entwicklung des Flugzeugs um 1900 zog eine weitverbreitete Begeisterung fürs Fliegen nach sich. Elly Beinhorn gehörte damals zu den wenigen Frauen, die im Cockpit Platz nahmen. Sie absolvierte 1929 ihren Flugschein und träumte von einem Langstreckenflug. Im Januar 1931 startete sie dann zu ihrem ersten Afrikaflug. Beim Rückflug nach Deutschland musste sie im Sumpfgebiet des Niger notlanden und blieb vier Tage verschollen. Dadurch wurde die Pilotin weltberühmt. 1931 erfüllte sie sich einen weiteren Traum und startete zu einem Flug um die Welt. Trotz vieler Schwierigkeiten schaffte sie ihr Vorhaben und stellte somit einen Rekord auf: Als erste Fliegerin vollendete sie eine Weltumrundung ohne Begleitung. Elly Beinhorn stellte noch viele weitere Rekorde auf und erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz. Erst im Alter von 72 Jahren gab sie ihren Pilotenschein freiwillig ab.

Interview mit Hubertus Meyer-Burckhardt

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(Aus BerufSZiel 2.2012) Brüche in der Biografie? Stehen für ein pralles Leben. Krisen? Müssen nicht sein. Hubertus Meyer-Burckhardt – TV-Produzent, Hochschulprofessor, Gastgeber der NDR Talk Show und Romanautor – kennt einige Rezepte, die vor schwarzen Löchern schützen. Immer wieder aufzubrechen zum Beispiel. Lustvoll Entscheidungen zu treffen. Oder: sich künstlich in Existenzangst zu versetzen. Wie das zusammenpasst, erzählt er im Gespräch mit André Boße.

Zur Person

Prof. Hubertus Meyer-Burckhardt wurde 1956 geboren, studierte zunächst Geschichte und Philosophie in Berlin und Hamburg und wechselte dann zur Hochschule für Fernsehen und Film nach München. Nebenbei arbeitete er als Regieassistent am Theater bei Boy Gobert. 1988 stieg er als Creative Director und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Werbeagentur BBDO ein und ging danach in die Filmbranche. Als Filmproduzent erhielt er u. a. mehrere Grimme-Preise. Von 2001 bis 2006 bekleidete er Vorstandspositionen bei der Axel Springer AG und ProSiebenSat.1 Media AG. Seitdem ist er Vorsitzender Geschäftsführer der Polyphon Film- und Fernsehgesellschaft. Parallel dazu besitzt er seit 2005 eine Professur an der Hamburg Media School. Nebenbei engagiert sich der Vater von zwei Kindern im Beirat seiner Heimatstadt Kassel.
Herr Professor Meyer-Burckhardt, was war der bislang bahnbrechendste Aufbruch Ihres Lebens? Die Entscheidung, Vater zu werden. Denn das ist die einzige Verantwortung, die man nie wieder abgeben kann. Ehen kann man scheiden, von Firmen kann man sich trennen. Selbst gute Freunde kann man in die Wüste schicken – oder von ihnen in die Wüste geschickt werden. Aber Vater oder Mutter bleiben Sie Ihr Leben lang. Ich bin das jetzt seit 20 Jahren – und zwar sehr gerne und mit großer Dankbarkeit. Fällt es Ihnen leicht, Entscheidungen zu treffen? Ich finde es ungemein wichtig, Entscheidungen lustbetont zu treffen. Das Wort Krise steht im Griechischen für die Begriffe Meinung, Beurteilung – und eben auch Entscheidung. Man kann der negativen Bedeutung des Wortes Krise ausweichen, indem man sich mit Freude für etwas entscheidet und sagt: Ich gehe jetzt dorthin – und akzeptiere damit auch, dass meine Entscheidung für eine Sache automatisch auch bedeutet, dass ich mich damit gleichzeitig gegen Tausend andere Sachen entscheide. Je mehr Lust ich auf das Neue habe, desto weniger lasse ich negative Gefühle wie Verlustangst oder Reue zu. Sind Sie generell ein Typ für Aufbrüche ohne Rückfahrkarte? Es geht bei mir gar nicht anders. Aufbrüche machen Spaß. Aber sie ängstigen auch. Wichtig ist mir, dass mich diese Angst niemals daran hindert, immer wieder den Aufbruch zu wagen. Was ist Ihnen wichtiger: wegzukommen oder anzukommen? Zweiteres, definitiv. Es gab eine Zeit im vergangenen Jahrhundert, als viele Frauen heirateten, um mit diesem Schritt ihrem eigenen Elternhaus zu entkommen. In dieser Art von Aufbruch steckt eine Tragik: Man kann einen Aufbruch nicht nur damit erklären, dass man irgendwo wegwill. Man sollte schon irgendwo hinwollen. Darum mag ich auch den Begriff des Auswanderns nicht. Viel spannender ist doch die Frage: Warum wandert jemand ein? Ging es Ihnen also bei Ihren beruflichen Wechseln auch darum, neue Ufer zu erreichen statt alte Zöpfe abzuschneiden? Genau. Ich habe nie die Frage beantwortet, warum ich ein Unternehmen verlassen habe. Ich gab aber gerne Auskunft darüber, warum ich mich für das neue Unternehmen entschieden hatte. (überlegt) Man sagt, das Leben hat keinen Sinn, es sei denn, man gibt ihm einen. Man sollte bei der Sinnstiftung also selber aktiv werden – und das tue ich, denn ich bin der festen Überzeugung, dass es meinem Leben Sinn gibt, immer wieder zu neuen Destinationen aufzubrechen. Was keineswegs Unternehmen sein müssen. Was auch schon Young Professionals kennen: kein Aufbruch ohne skeptische Stimmen, die einen dazu bewegen möchten zu bleiben. Was entgegnen Sie diesen Stimmen? Gemeinhin gar nichts. Der Skeptiker lebt sein Leben, und es kann für ihn sinnvoll sein, in einer bestimmten Position zu verharren. Ich möchte das gar nicht bewerten: Mein Leben ist nicht besser, nur weil ich ein Reisender bin. Es gibt Menschen, die – ganz unironisch gemeint – Vergnügen darin finden, ihr Leben lang Beamte im Rathaus der Stadt Ulm zu sein. Warum denn nicht? Ich finde es jedoch schade, wenn Menschen schon in jungen Jahren ihre Aufbruchbereitschaft und auch ihre Kreativität abtöten, weil es sie ängstigt. Sie verbringen Ihre Ferien gerne in Irland. Warum brechen Sie dorthin auf? Weil ich dort Ruhe finde. Und in der Ruhe entstehen die Ideen. Den Iren wohnt die Eigenschaft inne, immer wieder aufzubrechen, um dann in der Ferne nostalgisch ihre Heimat zu besingen. Kennen Sie dieses Gefühl auch? Um zunächst kurz bei den Iren zu bleiben, da trifft folgender Satz zu: Leistung entsteht durch Mangel. Die Iren waren zumeist ein bettelarmes Volk, die Insel war viele Hundert Jahre lang von den Briten besetzt. Die Iren hatten gar keine andere Wahl, als aufzubrechen. Zu Ihrer Frage: Ja, derjenige, der aufbricht, vermisst das Zuhause. Und derjenige, der zu Hause ist, vermisst die Ferne. Das steckt wohl in jedem. Und auch in mir. Sie haben gerade gesagt, Leistung entstehe durch Mangel. Sind Sie besser und kreativer, wenn es Ihnen an etwas fehlt? Ja. Ich gehe sogar so weit, dass ich Existenzangst in mir künstlich erzeuge. Wie funktioniert das? Indem ich mich mental nicht auf das besinne, was mir Sicherheit gibt, sondern auf das, was in meinem Leben schiefgehen könnte. Daraus ziehe ich Energie. Sie malen also vorsätzlich schwarz? Nicht im Sinne des Pessimismus. Ich male nicht schwarz, um mich daraufhin in mein Schneckenhaus zu verkriechen. Ich glaube zutiefst daran, dass nichts im Leben sicher ist. Kein Job der Erde, keine Beziehung – und schon gar nicht eine anhaltende Gesundheit. Ich erinnere mich, dass wir als Kinder immer an einem Bach in Kassel gespielt haben, der Drusel. Unser Ziel war es, einen Staudamm zu bauen, der niemals Wasser durchlassen wird. Das war unsere kindliche Illusion der Perfektion: Wir wollten die Drusel „anhalten“. Hat natürlich nie funktioniert. Nein, irgendwann brach sogar der bestgebaute Damm. Das war eine frühe Lektion dafür, dass nichts sicher, alles in Bewegung ist. Daher betrachte ich das Leben als eine ziemlich riskante Sache. Ich könnte daran verzweifeln. Ich kann aber auch sagen: Risiko bringt Spaß – und genau an diesem Punkt wird für mich Existenzangst zu einem Aphrodisiakum. 99 Prozent der Menschen versuchen, sich in Krisensituationen zunächst einmal zu beruhigen. Da liefern Sie mit Ihrer künstlich hergestellten Existenzangst ein Gegenmodell. Definitiv. Weil ich mir nicht selbst etwas vorspielen möchte, denn es ist eben nicht alles gut. Sie können auch als überaus talentierte Nachwuchskraft gefeuert werden. Sie können berufliche Rückschläge erleben. Von Ihrem Partner verlassen werden. Krank werden. Auf dieser Welt zerbrechen Dinge, das können Sie nicht ändern. Ich sage mir: Zu einem gelebten Leben gehören Siege und Niederlagen. Daher empfinde ich Niederlagen als nichts Verwerfliches. Schadenfreude hingegen schon. Übrigens ein typisch deutscher Begriff, ein englisches Wort dafür existiert gar nicht. Es ist nicht schlimm, wenn man mal 0:2 zurückliegt. Das kann passieren. Die Amerikaner sagen sehr häufig: „Das Leben ist ein Spiel.“ Also: Spiele es! Der Held Ihres Debütromans sieht sich zunächst nicht als Spieler, sondern als Karrierefunktionär – und fällt nach der Kündigung in ein tiefes Loch. Wie gelingt es einem, dies zu vermeiden? Man sollte sich immer wieder klarmachen, dass es so etwas wie eine sichere Karriereplanung nicht geben kann. Und auch, dass das Leben nicht immer gerecht ist. Wer sich davon frei macht, gewinnt Freiheit. Überlegen Sie doch einmal, wie viele von den wirklich wichtigen Begegnungen, die Sie im Leben hatten, tatsächlich geplant waren. Fragen Sie doch mal intakte Liebespaare, unter welchen Umständen sie die Liebe ihres Lebens kennengelernt haben. Bei 80 Prozent wird ein Partner sagen, er sei auf einer Fete gewesen, auf die er gar nicht gehen wollte, und da habe er den anderen Partner halt am Kühlschrank getroffen. Sie sehen: Das Leben ist nicht zu planen, nicht zu zähmen. Nicht die Liebe. Und auch nicht der berufliche Lebensweg. Was raten Sie Nachwuchskräften, die sich zumindest eine gewisse berufliche Stabilität wünschen? Erstens, fleißig sein. Ich glaube, ein guter beruflicher Lebensweg zeichnet sich durch vier Fünftel Fleiß und ein Fünftel Talent aus. Zweitens, eine gute Menschenkenntnis zu entwickeln. Zu wissen, wer es gut mit mir meint und von wem ich mir etwas abschauen kann. Und noch ein dritter Punkt bringt Stabilität, oder, um es anders zu sagen, Reichtum in der Seele und im Charakter: Bildung. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieser Reichtum dazu führt, schärfer und feiner auf Ihr Leben und das Leben der anderen zu blicken. Können Sie das erläutern? Wer ins Theater geht, ein Gedicht liest oder sich eine Ausstellung ansieht, sensibilisiert sich für andere Schicksale und Perspektiven. Das ist wichtig, verliert aber in den Lebensentwürfen der jungen Generation leider an Bedeutung. In der Folge entsteht eine Generation von Pragmatikern. Von gestressten Karriereplanern. Wie langweilig! Was fehlt denen, die aalglatt vor sich hin leben, im Gegensatz zu denen, die zu ihren Brüchen stehen? Ein pralles Leben! Rock ’n’ Roll! Sind diese Pragmatiker auch krisenanfälliger? Möglich. Dabei gibt es viele Möglichkeiten der Prävention. Ich empfehle an dieser Stelle – neben rauer Rock ’n’ Roll-Musik – die Lyrik! Ich kann mir das Lächeln im Gesicht einiger Leser bildlich vorstellen: Ich und Lyrik? Ja, bitte. Lesen Sie die Gedichte der drei großen deutschen Lyrikerinnen Else Lasker- Schüler, Nelly Sachs und Rose Ausländer. Es wird Ihnen guttun! Es ist eine günstige Gelegenheit, Urlaub von der Karriereplanung zu nehmen. Warum ist diese Sensibilisierung für das Leben anderer denn so wichtig? Weil ich über diese Geschichten und Perspektiven zum Beispiel erfahre, dass es Zeiten gab, in denen die ständige Suche nach dem Glück keine Rolle gespielt hat. Für einen hart arbeitenden nordhessischen Bauern Anfang des 20. Jahrhunderts bedeutete Glück, die einzigen arbeitsfreien Minuten eines langen Tages Pfeife rauchend vor seiner Scheune zu verbringen. Das ständige Streben nach Glück in unserer Zeit ist ein grässliches Wohlstandsthema. Diese Suche ist nicht sinnstiftend, weil sie vom Wesentlichen ablenkt: Es ist nicht schlimm, wenn einem mal ein Unglück widerfährt. Leben darf auch mal schieflaufen. Sie dürfen dabei nicht vergessen: Hier spricht ein überzeugter Optimist. Denn zum Optimismus gibt es keine vernünftige Alternative. Ihr Tipp: Wie lässt sich Optimismus gewinnbringend im beruflichen Leben anwenden? Gehen Sie in ein schwieriges Geschäftstelefonat mit der Überzeugung: Ich werde mich behaupten. Nun kann es natürlich passieren, dass Sie sich behaupten – und dennoch verlieren. Na und? Kommt vor. Und ob diese objektive Niederlage überhaupt eine subjektive Niederlage ist – das ist eine ganz andere Frage. Ich habe zum Beispiel aus allem, was andere als Niederlage bewerten würden, für mich persönlich eine Menge gelernt. Und diese Lernerfolge verhindern Krisen, weil ich erfahre, wie ich mich künftig entscheiden muss, damit es funktioniert. Ihr Roman ist Spiegel-Bestseller und erschien auch als Taschenbuch. Stellen wir uns vor, Sie erwischten Ihren Protagonisten Simon Kannstatt dabei, wie er sich das Buch kauft. Welche Widmung würden Sie ihm hineinschreiben? Einen Ratschlag, den ich nicht nur allen Simon Kannstatts dieser Welt, sondern jedem geben möchte: Lebe, lese, lache! Und von mir aus: Trinke!
SPIEGEL-Bestseller: Der Roman „Die Kündigung“ von Hubertus Meyer-Burckhardt Hubertus Meyer-BurckhardtWenn das Leben die Richtung ändert: Protagonist Simon Kannstatt, Jurist und Volkswirt, führt als Top-Manager im Controlling ein Leben in der „Formel 1 der Geschäftswelt“. Die Arbeit ist sein einziger Lebenssinn. Als ihm gekündigt wird, fällt er buchstäblich aus allen Wolken. Er lebt erst einmal weiter, als sei nichts geschehen und plant einen Rachefeldzug gegen seinen Ex-Chef. Bis er sich entkräftet in ein anderes Leben phantasiert, in dem er ein Flugzeug nach New York besteigt und einen Job in einem Plattenladen annimmt. In der skurrilen Umgebung erinnert sich Kannstatt seiner Ideale. Was bleibt von der Person ohne Funktion? Hubertus Meyer-Burckhardt plädiert in seinem Roman für Individualität und die Verwirklichung von Lebensträumen. Das Buch ist Spiegel-Bestseller. Verlag: Ullstein Taschenbuch. ISBN: 978-3548284576. 8,99 Euro. Mehr