Allianz SE, IT-Trainee

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Branche
Versicherungen, Finanzdienstleistungen

Produkte/Dienstleistungen
Die Allianz Deutschland AG ist in der Schaden-und Unfallversicherung, der Lebensversicherung sowie der Krankenversicherung tätig. Ihren über
20 Millionen Kunden hilft sie, sich gegen Risiken zu schützen und finanzielle Chancen zu nutzen.
Als führender Versicherer in Deutschland bietet die Allianz Deutschland AG umfassende und auf den Bedarf ihrer Kunden zugeschnittene
Lösungen rund um Versicherung, Vorsorge und Vermögen aus einer Hand.

Anzahl der Standorte
11 im Inland, rund 70 im Ausland

Jahresumsatz
32 Mrd. EUR (2016); 122,4 Mrd. EUR gesamt (2016)

Anzahl der MitarbeiterInnen
29.000 in Deutschland, 140.000 weltweit

Gesuchte Fachrichtungen
(Wirtschafts-)Informatik, Mathematik, BWL oder Wirtschaftsingenieurwesen (jeweils mit Schwerpunkt IT)

Einsatzmöglichkeiten
Software-Architekten, Entwickler, DevOps, UX-Designer, IT-Security Experts, Business Analyst oder Prozessanalyst, Projektmanager

Einstiegsprogramme
IT-Traineeprogramm mit Fokus IT oder IT-Beratung

Direkteinstieg

Mögliche Einstiegstermine
Laufend

Auswahlverfahren
Je nach Einstiegsart; Telefoninterview,
strukturiertes persönliches Interview, AC,Fallstudien

Einstiegsgehalt
Abhängig von der Art des Einstiegs; Gebunden an Tarifvertrag

Auslandstätigkeit
Ja, insbesondere im Rahmen des Traineeprogramms

Angebote für StudentInnen
Praktikum, Werkstudium, Abschlussarbeit

Allianz Logo

Ansprechpartner
Carina Nigl

Anschrift
Dieselstraße 6-8
85774 München Unterföhring

Fon
089 3800-4930

E-Mail
carina.nigl@allianz.de

Internet
facebook.com/allianzkarriere
twitter.com/allianzkarriere
youtube.com/user/allianzkarriere
https://careers.allianz.com/Deutschland?locale=de_DE

Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG (apoBank)

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Branche
Bank

Produkte/Dienstleistungen
Mit 415.700 Kunden und über 109.000 Mitgliedern ist die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) die größte genossenschaftliche Primärbank und die Nummer eins unter den Finanzdienstleistern im Gesundheitswesen. Kunden sind die Angehörigen der Heilberufe, ihre Standesorganisationen und Berufsverbände, Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und Unternehmen im Gesundheitsmarkt.

Die apoBank arbeitet nach dem Prinzip „Von Heilberuflern für Heilberufler“, d. h. sie ist auf die Betreuung der Akteure des Gesundheitsmarktes spezialisiert und wird zugleich von diesen als Eigentümern getragen. Damit verfügt die apoBank über ein deutschlandweit einzigartiges Geschäftsmodell.

Logo ApoBank

Ansprechpartner
Brigitte Salz

Anschrift
Richard-Oskar-Mattern-Str. 6
40547 Düsseldorf

Fon
0211/5998 5260

Internet
www.apobank.de

karriereführer recht 1.2018 – Legal Tech

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Innovationen in der Legal Tech-Ära. Wie Juristen in Zukunft arbeiten

Effizienz, Standardisierungen und Automatisierungen, Produktivitätssteigerungen sowie der Kostendruck: All dies sind Begriffe, die auf den ersten Blick nach Industrie klingen. Doch sie richten sich ebenso an den Rechtsmarkt und stellen ihn vor neue Herausforderungen – auch die Branche der Juristen wird von der Digitalisierung eingeholt und aufgefordert, sich zu transformieren. Doch trotz aller Veränderungen sind sich die Experten einig: Die Qualität der Rechtsberatung wird dadurch gewinnen.

Legal Tech – Die digitale Revolution

Rechtsberatung durch Chatbots? Juristisch denkende Maschinen, die Vertrauen bilden? Rechtsfindung mit Hilfe künstlicher Intelligenz? Was für Traditionalisten undenkbar erscheint, ist für Legal Tech-Pioniere die juristische Arbeitswelt von morgen. Der große Vorteil der digitalen Transformation: Nie war das Recht effizienter. Und selbst die hochwertige und individuelle Beratung wird durch Innovationen gesichert. Weil dafür nun endlich die Zeit da ist. Von André Boße

Effizienz – kaum ein anderes Wort beschäftigt die internen Kontrollorgane in den Kanzleien aber auch Rechtsabteilungen so sehr wie dieses. Lange galt die juristische Arbeit als reinstes People Business: Beratung bedeutete Qualität, die hatte ihren Preis. Ideen wie Standardisierungen oder Automatisierungen spielten kaum eine Rolle – und wenn, dann in den unteren Bereichen der juristischen Arbeit, dort, wo wirklich Routine-Jobs erledigt werden. Doch die Stimmung hat sich geändert, parallel zum Bedarf nach höherer Effizient nimmt der Begriff Legal Tech an Bedeutung zu: Den immer besseren digitalen Methoden gelingt es, weitere Arbeitsprozesse von Anwälten oder Unternehmensjuristen zu standardisieren oder sogar zu automatisieren. Geht nicht? Gibt’s nicht mehr. Schon heute krempelt Legal Tech die Arbeitsstrukturen in vielen Kanzleien oder Rechtsabteilungen um. Tendenz steigend. Das heißt natürlich nicht, dass die juristische Arbeit überflüssig wird. Im Gegenteil, eine gute anwaltliche Beratung ist gerade für Mandanten aus der Wirtschaft immer wichtiger in dieser globalen, komplexen und sich rasend schnell verändernden Welt. Wer aber qualitativ und preislich mithalten will, der muss seinen Mandanten oder Arbeitgebern eine Arbeitsweise bieten, die neue digitale Innovationen nicht als überflüssig oder sinnlos vorverurteilt, sondern aufnimmt.

Von Rechtsabteilungen wird Innovation verlangt

Zunächst ein Blick in die Unternehmen selbst, wo auch die Rechtsabteilungen unter dem Einfluss des Wandels von Wirtschaft und Organisation stehen. „Rechtsabteilungen werden viel früher und intensiver in die Innovationsprozesse eingebunden, die Hälfte der Rechtsabteilungen hierzulande sogar häufig bis sehr häufig“, lautet das Ergebnis der Studie „Legal Management of Innovation“ des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen (BUJ) sowie der Wirtschaftskanzlei CMS. Bislang waren Juristen in Unternehmen nicht unbedingt als betriebseigene Innovatoren bekannt. Doch das ändere sich gerade, stellt die Studie fest:

Smart Contracts

Smart Contract sind Computerprotokolle, die Verträge darstellen, prüfen sowie die Verhandlung und Abwicklung unterstützen. Durch diese intelligente Vertragssoftware, die einen gedruckten Vertrag überflüssig machen kann, bieten sich im Vertragsrecht viele neue Möglichkeiten. „Wir haben noch gar nicht damit angefangen, die rechtlichen Fragen zu beantworten, die durch sie aufgeworfen werden“, sagt der Legal Tech-Experte Jochen Brandhoff. Genau diese Diskussion bietet das von Brandhoff initiierte Online-Rechtsmagazin „The Legal ®evolutionary“ – zu finden im Netz unter: legal-revolution.com/de/the-legal-revolutionary.
„Die Befragungen haben gezeigt, dass die Rechtsabteilungen durch stärkere Spezialisierung und Standardisierung von Prozessen mittels Legal Tech wesentlich zum Innovationserfolg beitragen können“, sagt Dr. Jörg Zätsch, CMS-Partner und Co-Autor der Studie. „Proaktives und lösungsorientiertes Engagement und schnelle Reaktionszeiten gelten dabei als Schlüssel zum Erfolg.“ Ob durch die frühzeitige Entwicklung von Musterverträgen oder die Entwicklung bereichsübergreifender Prozesse zur Effizienzsteigerung: An Möglichkeiten, als Rechtsabteilung durch Innovationen positiv wahrgenommen zu werden, fehle es nicht. Mehr denn je seien daher die Rechtsabteilungen gefordert, neu zu denken: Ein Unternehmen, das sich im Zuge der digitalen Transformation neu aufstellt, tut das in allen Bereichen – da stehen auch die Unternehmensjuristen unter Zugzwang.

Legal Tech in der Großkanzlei

Für die großen Wirtschaftskanzleien werden Innovationen im Bereich Legal Tech zu einem echten Markenkern. Ein juristischer Berater, der ein Unternehmen auf die Chancen und Herausforderungen einer digitalen Transformation vorbereiten will, muss diese Aspekte zwingend auch intern auf dem Schirm haben, das verlangt erstens die Glaubwürdigkeit, zweitens aber auch der Marktdruck: Der Bedarf an anwaltlicher Beratung in den Unternehmen steigt, der Wettbewerb aber auch, gerade mit Blick auf die Preise. Die Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz mit Hauptsitz in Düsseldorf zählt zu den Sozietäten, die Legal Tech-Innovationen bereits in vielen Bereichen einsetzt. „In der Mandatsarbeit kommt Legal Tech bei uns vor allem in großen, oft komplexen Compliance- und Kartellverfahren zum Einsatz“, sagt Dr. Alexander Schwarz, Co-Managing Partner. „Daneben in Transaktionen – insbesondere im Real Estate-Bereich – sowie in zunehmender Weise auch in Massenverfahren.“ Darüber hinaus nutze die Kanzlei eine Reihe von Tools bei der allgemeinen Mandatsarbeit, beispielsweise beim Erstellen von umfangreichen Vertragswerken oder dem Führen von elektronischen Verzeichnissen. „Wir haben dabei eine Reihe von digitalen Helfern entwickelt, die das Arbeitsleben spürbar effizienter machen“, sagt Schwarz. „Insgesamt sind wir hier bereits weit fortgeschritten und haben die Mandatsbearbeitung nahezu vollständig digitalisiert.“

Erforschung von KI

Wissenschaftler unterschiedlichster Forschungseinrichtungen haben in der Studie „The Malicious Use of Artificial Intelligence: Forecasting, Prevention, and Mitigation“ Szenarien entwickelt, in denen die bösartige Nutzung der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens aufgezeigt werden. Ziel der Studie ist es nicht, gegen die technische Entwicklung zu arbeiten, doch es soll darauf hingewiesen und dafür sensibilisiert werden, dass der technische Fortschritt nicht nur für gute Zwecke genutzt werden kann. Weitere Infos unter: www.eff.org/files/2018/02/20/malicious_ai_report_final.pdf
Einen Widerspruch zwischen der Automatisierung verschiedener Bereiche und dem Versprechen vieler Kanzleien nach individueller und exzellenter Beratung sieht der Co-Managing Partner von Gleiss Lutz nicht, im Gegenteil: „Je mehr wir repetitive Aufgaben durch Software unterstützen oder ersetzen können, desto mehr schaffen wir ein Arbeitsumfeld, in dem unsere Anwälte Freiraum für individuelle und persönliche Beratung haben.“ Hier führe die Effizienz also auch zu mehr Qualität.

Null-Toleranz bei der Sicherheit

Ein bedeutsamer Punkt bei der Digitalisierung juristischer Prozesse ist die Datensicherheit: Hacks und Leaks wären für eine Kanzlei oder die Gerichte der Super-Gau, weshalb laut Alexander Schwarz von Gleiss Lutz das Thema Cybersecurity als große Herausforderung wahrgenommen wird: „Es besteht eine Null-Toleranz-Linie: Wir setzen keine Software ein, wenn sicherheitsrelevante Zweifel bestehen.“ Die Software müsse leicht in die komplexe IT-Landschaft integrierbar sein, den sehr hohen IT-Sicherheitsanforderungen entsprechen und gesetzliche sowie datenschutzrechtliche Anforderungen erfüllen – nur solche Produkte kämen überhaupt in Frage. Aber wie weit wird die Automatisierung gehen? Alexander Schwarz glaubt an zwei Entwicklungen: „Der Technologieeinsatz in der Mandatsarbeit wird weiter zunehmen. Die Rechtsberatung an sich ist und bleibt jedoch ein People Business.“ Wobei dies insbesondere für hochkomplexe Mandate gelte, in denen die großen Wirtschaftskanzleien wie Gleiss Lutz tätig sind.

Juristen müssen an die Preise denken

Im Fokus von Legal Tech-Lösungen stehen daher zunächst leichter standardisierbare juristische Arbeiten – vor allem solche, die andere auch bieten, mitunter zu einem geringeren Preis. „Anwälte sind teuer“, sagt Jochen Brandhoff, Gründer und Partner der Kanzlei Brandhoff Obermüller Partner in Frankfurt am Main sowie Veranstalter der Kongressmesse „Legal ®Evolution“, die sich Entwicklungen der digitalen Transformation des Rechts widmet. Bei außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen gelte das besonders, aber auch die Vertretung vor Gericht koste zu viel, meint der Jurist: „Viele hochwertige Dienstleistungen – nehmen wir nur die Erstellung von Jahresabschlüssen durch Wirtschaftsprüfer – sind zu einem besseren Preis-Leistungs- Verhältnis zu haben.“ Das Problem am Preis sei nun nicht, dass die Arbeit der Juristen diesen nicht wert sei. Aber: „Juristen könnten viel effizienter arbeiten.“ Ein zentraler Bereich für Effizienzsteigerungen sei die Organisation: Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen könnten viel Geld, Zeit und Nerven sparen, indem sie wichtige Geschäftsprozesse definieren und digitalisieren. „Ein Kernprozess für Juristen ist die Erstellung rechtlicher Dokumente, zum Beispiel von Vertragsentwürfen und Klageschriften“, erklärt Brandhoff. „Kanzleien und Rechtsabteilungen können diesen Prozess digitalisieren und automatisieren, zum Beispiel mit einer Software wie Lawlift.“ Ein weiteres Beispiel sei der Prozess für das Mandatsmanagement: Komplexe Mandate könnten durch digitales Projektmanagement schneller, mandantenfreundlicher und mit weniger Aufwand bearbeitet werden.

Chatbots und Blockchain

Wandeln werde sich aber auch die Königsdisziplin des Anwaltberufs: die hochwertige und vertrauensvolle juristische Beratung. Klar, das Gespräch zwischen Anwalt und Mandant bleibt wichtig. „Aber die persönliche Beratung ist nicht immer Voraussetzung für eine hochwertige Rechtsberatung“, glaubt Jochen Brandhoff. Das zeigten immer häufiger Legal Chatbots – also maschinelle Kommunikationspartner. Der Legal Tech-Experte ist sich sicher: „Die digitale Transformation des Rechts kann die Kommunikation zwischen Rechtssuchenden und Rechtsdienstleistern verbessern – ohne menschliches Zutun. Schon bei der Blockchain-Technik haben wir gesehen, dass nicht nur Menschen, sondern auch Maschinen Vertrauen aufbauen können: Blockchains sind so sicher, dass sie das in der Wirtschaft unentbehrliche Vertrauen in das Funktionieren des Marktes selbst aufbauen, es muss nicht mehr von Notaren oder Banken vermittelt werden.“ Hier punktet Technik gegen den Faktor Mensch – ein Phänomen, das, glauben Experten, man auch bei den autonom fahrenden Autos erleben wird, die sicherer unterwegs sein sollen als der fehleranfällige menschliche Fahrer. Der Legal Tech-Experte Brandhoff prognostiziert daher, dass der Rechtsmarkt in 15 Jahren ganz anders aussehen wird als heute. „Disruptiv wird vor allem die Automatisierung rechtlicher Arbeit wirken. Algorithmen und die darauf beruhende Software werden Juristen in immer mehr Bereichen nicht nur unterstützen, sondern ersetzen – immer häufiger auch bei komplexen Rechtsdienstleistungen.“ Das reiche bis zum Kern der juristischen Arbeit, nämlich der Rechtsanwendungen selbst, von der Prüfung eines Anspruchs bis zur Erstellung eines Vertrages. „Die automatisierte Rechtsfindung wird durch Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz ermöglicht, die noch vor drei Jahren undenkbar waren.“ Spätestens dann ist die Revolution da. Und zu den Gewinnern zählt, wer sich früh mit den Chancen der digitalen juristischen Transformation vertraut macht.

Buchtipp:

Legal Tech und legal Robots Cover Legal Tech and legal Robots, Amazon-WerbelinkDieses Buch beschreibt und systematisiert die Einsatzbereiche von Legal Tech, einschließlich künstlicher Intelligenz, erörtert die Auswirkungen auf Kanzleien und Rechtsabteilungen und zeigt die damit einhergehenden strategischen sowie rechtlichen Implikationen auf. Der Autor, Dr. Jens Wagner, ist Rechtsanwalt in München, er geht sowohl auf die theoretischen Möglichkeiten als auch auf aktuelle Anwendungsbeispiele aus der Praxis ein. Jens Wagner: Legal Tech und Legal Robots. Springer Gabler 2018. (Amazon-Werbelink) Legal Tech-Literatur Legal-Tech, Amazon-WerbelinkTief ins Detail des Legal Tech-Themas geht das von Markus Hartung, Dr. Micha-Manuel Bues und Dr. Gernot Halbleib herausgegebene Buch „Legal Tech. Die Digitalisierung des Rechtsmarkts“. Das Fachbuch gibt einen facettenreichen Überblick über den Einsatz von Legal Tech in Kanzleien und Rechtsabteilungen und formuliert Strategien für eine erfolgreiche Digitalisierung. Mit konkreten Anwendungsbeispielen und Erfahrungsberichten erläutern namhafte internationale Experten, wie und in welchem Umfang Legal Tech die Arbeit in Kanzleien und Rechtsabteilungen verändert. Markus Hartung, Micha-Manuel Bues, Gernot Halbleib: Legal Tech. C.H.Beck 2018. (Amazon-Werbelink)

Legal Tech-Pionier Dr. Stephan Breidenbach

Prof. Dr. Stephan Breidenbach ist nicht nur einer der angesehensten Wirtschaftsmediatoren Deutschlands. Der Rechtsprofessor von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder zählt auch zu den Vordenkern digitaler Innovationen in der Arbeit von Juristen. Im Interview erklärt er, warum an Legal Tech kein Weg vorbeiführt und wo die großen Vorteile der digitalen Standardisierungen liegen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Prof. Dr. Stephan Breidenbach arbeitet als Hochschullehrer, Mediator und Unternehmer. Zu seiner Expertise zählen die Innovationen im Bereich Legal Tech. Er hat den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht und Internationales Wirtschaftsrecht an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder inne, ist Professor für Mediation an der Universität Wien und hatte Gastprofessuren unter anderem in Peking, St. Gallen und Klagenfurt. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist Stephan Breidenbach als Wirtschaftsmediator und Schiedsrichter in nationalen und internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten tätig. Zusammen mit dem Hirnforscher Gerald Hüther hat er die Initiative „Schule im Aufbruch“ gegründet. Stephan Breidenbach ist mit der Anthropologin, Autorin und Internetunternehmerin Joana Breidenbach verheiratet und hat zwei Kinder.
Herr Prof. Dr. Breidenbach, Sie verwenden in Ihren Blogs zum Thema Legal Tech Begriffe wie Industrialisierung und Fertigungsstraße. Handelt es sich dabei um Formulierungen, die einigen Kollegen Kopfschmerzen bereiten, weil sie sich als Juristen und mit ihrer Arbeit bei diesen industriellen Fabrik-Metaphern nicht wiederfinden? Jede Berufsgruppe, die aus einer technischen Entwicklung heraus mit der Standardisierung ihrer Tätigkeit konfrontiert wird, hat damit zu Beginn Schwierigkeiten. Denn die Vorstellung, dass die eigene hochgeschätzte Arbeit aus wiederkehrenden Situationen, Bausteinen und Textelementen besteht, ist für viele gewöhnungsbedürftig. Nicht nur für Juristen. Ergibt sich daraus für Juristen ein Akzeptanzproblem beim Thema Legal Tech oder haben sich die Juristen mittlerweile daran gewöhnt, dass ihr Beruf wie viele andere auch standardisierbar und automatisierbar ist? Die Entwicklung geht sehr schnell. Das von mir beschriebene anfängliche Akzeptanzproblem verschwindet gerade in vielen Organisation und Kanzleien. An seine Stelle tritt die Einsicht, dass die Juristen lieber diese Entwicklung mitgestalten wollen, als sich ihr auszuliefern. Selbstverständlich gibt es immer noch eine sehr große Gruppe von juristischen Berufsträgern, die hoffen oder auch glauben, dass diese Welle vorübergeht. Sie glauben das nicht? Nein. Digitalisierung ist jedoch keine Modeerscheinung, sondern ein Phänomen, das unsere Gesellschaft und damit auch sehr viele Berufe grundlegend verändert. Abseits der digitalen Fertigungsstraße, entlang derer viele juristische Arbeiten digital abgearbeitet werden können: Wann und wo ist der juristische Denker noch gefragt? Der juristische Sachverstand ist mehr gefragt denn je! Die Erstellung dieser digitalen Produkte verlangt eine bisher nicht gekannte Präzision und Prozessorientierung innerhalb der juristischen Arbeit. Gute Juristen sind hier gefragt.
Jedenfalls wird jede Form von repetitiven Elementen in juristischen Tätigkeiten im ersten Schritt industrialisiert werden.
Also Entwickler von Legal Tech-Lösungen? Genau. Dafür müssen sie aber noch besser ausgebildet werden. Blicken wir auf die positiven Effekte von Legal Tech: Welche konkreten Vorteile ergeben sich für die Arbeit der Juristen, wenn sie die Digitalisierung voll ausschöpfen? Schon die erste Stufe in der Digitalisierung, also die Industrialisierung oder auch Standardisierung auf hohem Niveau, macht die Arbeit des Juristen um ein Vielfaches effektiver. Verträge, Schriftsätze und Dokumente werden in einem Bruchteil der bisherigen Zeit generiert und transparent verwaltet. Der entscheidende Vorteil entwickelt sich daraus, dass Legal Tech die Qualitätskontrolle verlagert – nämlich in die Konzeptionsphase der Erstellung digitaler Produkte: Nicht jeder macht alles, sondern die jeweils besten Spezialisten erstellen ein digitales Produkt, das viele andere dann mit Verstand nutzen können. Das bedeutet einen erheblichen Anstieg an Qualität. Wird der Jurist damit zum Anwender? Man muss eines beachten: Mandanten suchen keine Anwälte, sondern in erster Linie suchen sie nach Lösungen für ihre Herausforderungen und Probleme. Nehmen wir das Beispiel eines Fluggastes, dessen Flieger drei Stunden Verspätung hat. Dieser Mensch sucht keinen Anwalt, auch wenn er das vielleicht so sagt. Nein, er wünscht sich eine Entschädigung. Aus diesem Bedürfnis des Mandanten heraus lassen sich Anwendungen, Produkte und Angebote entwickeln. Und neue Märkte erschließen. Ja, weil bislang wenig lukrative Tätigkeiten des Anwaltes durch Legal Tech in einen lukrativen Markt verwandelt werden: Mit Hilfe der Technik werden die Bedürfnisse und Wünsche des Mandanten in den Vordergrund gestellt. Der erste Ansatz ist, ihm eine Lösung zu bieten. Bei allen klugen Gedanken über die Digitalisierung: In sehr vielen juristischen Bereichen ist das Fax-Gerät weiterhin das Kommunikationsmittel Nummer eins, wenn es um wichtige Schriftstücke geht. Erst gerade wurde die Einführung einer digitalen Plattform in Köln zurückgestellt, weil es technische Probleme bei den Gerichten gab. Hinkt die technische Struktur in Deutschland hinterher?

Buchtipp

Cover Rechtshandbuch Legal-Tech, Amazon-Werbelink Stephan Breidenbach, Florian Glatz: Rechtshandbuch Legal Tech. C.H. Beck 2018. Amazon-Werbelink
Ja, jedenfalls was die Gerichte angeht. Einzelne Organisationen und Kanzleien arbeiten dagegen bereits mit hervorragender IT-Struktur. Soweit es große Organisationen oder gar die öffentliche Hand betrifft, benötigen wir tatsächlich einen massiven Innovationsschub. Schlägt dennoch die Stunde der jungen Juristen, die juristisches Denken mit IT-Kenntnissen und vor allem auch digitalem Know-how aus Ihrer Lebenswelt verbinden? Ja, vorausgesetzt sie verbinden ihre technischen Einsichten mit präzisem juristischem Denken. Davon braucht es mehr – und nicht weniger. Was raten Sie einem jungen Juristen, der mit Ideen zu Legal Tech und zur Digitalisierung in einer Kanzlei oder an einem Gericht einsteigt, dann aber merkt, dass sehr viele Kollegen noch lange nicht so weit sind und seine innovativen Ideen bremsen?
Mein Rat: Suchen Sie sich einen Arbeitgeber oder eine Organisation, in der sie nicht die Zukunft verschlafen!
Mein Rat: Suchen Sie sich einen Arbeitgeber oder eine Organisation, in der sie nicht die Zukunft verschlafen! Oder, wenn Sie Unternehmergeist mitbringen: Machen sie sich selbstständig! Wie könnte denn die Juristen-Arbeitswelt 4.0 aussehen, analog zur Industrie 4.0, welches Szenario mit Blick auf eine vollkommene Digitalisierung ist Ihrer Ansicht nach vorstellbar? Niemand konnte bei der Erfindung des Buchdrucks voraussehen, welche Konsequenzen diese Innovation haben würde. Das gleiche gilt für die Digitalisierung. Jedenfalls wird jede Form von repetitiven Elementen in juristischen Tätigkeiten im ersten Schritt industrialisiert werden – und dann in einem zweiten Schritt mit künstlicher Intelligenz angereichert. Das wird unter anderem bedeuten, dass das Recht in digitale Transaktionen und Prozesse eingebettet wird, man spricht hier von „Embedded Law“: Viele IT-Produkte enthalten dann, eingebaut in die Software, eine vertragliche Limitierung. Das wird eine großflächige Entwicklung werden.

Berlin Legal Tech

Mitte Februar 2018 fand die zweite Berlin Legal Tech statt, ein in Deutschland einzigartiges Event im Legal Tech-Bereich unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Breidenbach und dem auf Blockchain-Technologie spezialisierten Rechtsanwalt und Unternehmer Florian Glatz. Die drei großen Themen des Events waren Industrialisierung, Künstliche Intelligenz und Blockchain. Breidenbach und Glatz sind auch Autoren des Standardwerks „Rechtshandbuch Legal Tech“. Mehr Informationen zur Konferenz und dem begleitenden Hackathon unter www.berlinlegal.tech.

Blockchain, Smart Contracts und Recht

Die Blockchain-Technologie bietet über die selbstausführenden Smart Contracts interessante Möglichkeiten und enormes Potenzial zur Ausführung digitaler Verträge. Juristen haben hier die Chancen, aber auch die Rechtsfragen und Risiken zu bewerten, einschließlich der Frage, ob der Gesetzgeber Hilfestellung leisten muss. Von Dr. Alexander Duisberg, Partner bei Bird & Bird LLP

Die Blockchain-Technologie bietet über den „distributed ledger“ sehr hohe Sicherheit in den Bestand und die Nachvollziehbarkeit elektronischer Transaktionen, ohne dass es dazu einer vertrauenswürdigen Zentralinstanz bedarf. Von den Kryptowährungen abgesehen, befindet sich die Erörterung der praktischen Anwendungen erst am Anfang – von registerähnlichen Anwendungen über Supply-Chain-Management und Logistik-Anwendungen bis hin zu allen möglichen Smart Contracts im Internet der Dinge: zum Beispiel Elektroautos, die selbstständig an Ladestationen bezahlen oder Haushaltsgeräte, die nicht nur Defekte melden, sondern auch deren Reparatur veranlassen. Manches geht davon sehr gut ohne die Blockchain, für andere Szenarien bietet sie echte Vorteile. Smart Contracts erlauben es den Parteien, auf den zwingenden binären Ausführungsbefehl („wenn-dann“) zu setzen, ohne die Vertrauensbeziehung über die Vertragsanbahnung zusätzlich abzusichern („wer sagt mir, dass mein Kunde zahlt?“). Smart Contracts setzen aber nicht das Zivilrecht oder regulatorische Rahmenbedingungen für Rechtsgeschäfte außer Kraft. Es entsteht damit ein interessantes Spannungsfeld: Was ist, wenn das Kausalgeschäft fehlerhaft ist oder sich zum Beispiel durch Anfechtung nachträglich (ex tunc) oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot von vornherein als nichtig herausstellt? Hat der Erklärende einen Anspruch auf Rückabwicklung beziehungsweise Durchführung einer „reverse transaction“ und wie weit reicht ein solcher Anspruch „in der Kette“ zurück? Gegen wen richtet sich sein Anspruch beziehungsweise wie kann er durchgesetzt werden, wenn die Vertragsparteien auf der Blockchain nicht namentlich zu erkennen sind? Was ist mit unbestimmten Rechtsbegriffen, die im Kausalgeschäft angelegt beziehungsweise durch Auslegung anwendbar sind („nach Treu und Glauben“, „in angemessener Frist“, etc.)? Braucht es womöglich einen Streiterledigungsmechanismus in der Blockchain selber? Muss dazu der Gesetzgeber tätig werden und wenn ja, wie – wenn doch die Blockchain nicht an Ländergrenzen haltmacht? Was wird aus dem Datenschutz und den Betroffenenrechten – etwa auf Löschung, wenn personenbezogene Daten in der Blockchain abgelegt sind? Das alles sind echte Zukunftsfragen. Wir Juristen – insbesondere die Nachwuchsjuristen –müssen dafür tragfähige Lösungen entwickeln, damit das Recht die Innovation unterstützt und nicht blockiert. Wer also meint, dass Jura nur aus Vorgeprägtem besteht, unterschätzt die Schlüsselrolle der Juristen in der Gestaltung unserer Zukunft. Das macht den Beruf des Technologie-Anwalts unglaublich interessant und fordernd.

Recht und Integrated Industry

Technische Weiterentwicklungen machen auch vor dem Recht und dem Rechtsanwender nicht halt. Zu den diskutierten Fragen gehört unter anderem die sowohl wissenschaftlich als auch praktisch interessante Diskussion, wem Daten gehören. Grund hierfür ist, dass eine klare Antwort aus rechtlicher Perspektive bislang schwerfällt. Von Daniel van Geerenstein, LL.M. (CESL, Beijing/Hamburg), stellvertretender Leiter der Abteilung Recht des VDMA / Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt).

Während die üblichen Kategorien von Eigentum und Besitz bei physischen Gegenständen meist problemlos rechtliche Zuordnungen ermöglichen, ist dies bei digitalen Daten schwieriger. So fallen Daten mit Personenbezug unter den eigentlichen Datenschutz: das Bundesdatenschutzgesetz und die europäische Datenschutzgrundverordnung. Daten hingegen, die keinen Personenbezug aufweisen, können, je nach Kontext, in dem sie entstehen, geschützt sein. Hierbei kommen zum Beispiel gewerbliche Schutzrechte, das Urheberrecht – unter anderem das Recht des Datenbankherstellers, Rechte an Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, et cetera in Frage. Ein absolutes Recht, also ein Dateneigentum, welches gegenüber jedem anderen gilt, gibt es allerdings per se nicht. Dies führt die beteiligten Parteien wie Hersteller und Zulieferer, aber auch Händler und Endkunden zur berechtigten Frage: Wem sind die Maschinendaten zugeordnet? Sinnvoll erscheint, die Frage auf der vertraglichen Ebene zwischen den Akteuren zu lösen: Unternehmen setzen vermehrt auf eine explizite vertragliche Regelung der Datenzuordnung beziehungsweise des Datenzugangs. Daten und Prozesse Die Auswirkungen auf den heutigen Juristen werden damit deutlich: Zum einen muss zukünftig diese Komponente bei der Vertragserstellung beachtet werden. Zum anderen sind verstärkt die technischen Experten einzubeziehen, damit die technischen Zusammenhänge in ausreichendem Maße Einzug in die Vertragserstellung finden. Hintergrund ist, dass es sehr darauf ankommen wird, welche Daten genau durch welche Prozesse anfallen beziehungsweise erhoben werden. So wird man zum Beispiel Sensordaten oftmals nicht gleichsetzen können mit anderen Daten, die etwa ein ERP-System erhält. Hier wird es seitens der Vertragsparteien auch unterschiedliche Interessenslagen geben, sodass der allgemeine Verweis auf „die Daten“ in Verträgen zu weit gefasst sein wird. Sinnvoll ist es, daher zunächst eine Kategorisierung und Definition der Daten vorzunehmen, welche danach der einen oder der anderen Partei vertraglich zugeordnet werden. Auch die Vergabe von Nutzungsrechten an den Daten und der (technische) Schutzmaßstab findet hier Platz. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen fairen Ausgleich der Interessen der Parteien.

Recht und E-Health

Der technische Fortschritt und die Digitalisierung verändern das Gesundheitswesen schon seit geraumer Zeit grundlegend. Aus rechtlicher Sicht geht es nicht nur darum, Antworten auf die sich daraus ergebenden Fragen zu finden, sondern auch mit der fortlaufenden Weiterentwicklung Schritt zu halten. Von Prof. Dr. Ulrich M. Gassner, Leiter der Forschungsstelle für E-Health-Recht (FEHR) an der Universität Augsburg

Die Technologisierung und Digitalisierung haben nicht nur unser alltägliches Leben, sondern auch die Medizin umgewälzt. Dabei könnten die Anwendungsbereiche vielfältiger nicht sein. Die Entwicklung hat disruptiven Charakter. Ein prominentes Beispiel hierfür sind Health-Apps. Mittlerweile ist es für viele selbstverständlich, ihre gesundheitlichen Daten zu erheben und zu nutzen, sei es beim Tracking der zurückgelegten Laufdistanz, bei der Überwachung der Herzfrequenz oder des Blutzuckerspiegels oder auch bei der bloßen Erfassung der täglich zugeführten Kalorien. Dabei ist längst nicht mehr nur das Smartphone das dominierende Endgerät, vielmehr ist eine umfassende Verknüpfung und Vernetzung mit etwa Fitness-Armbändern und Smartwatches zu beobachten. E-Health findet jedoch nicht nur im privaten Bereich statt: Im öffentlichen Gesundheitswesen wird nicht erst seit dem E-Health-Gesetz versucht, die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen. Dies geschieht derzeit beispielsweise mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die nicht nur die auf den bisherigen Krankenversicherungskarten gespeicherten Informationen enthält, sondern etwa auch Notfallversorgungsdaten oder Daten zur persönlichen Arzneimittelverträglichkeit speichern kann. Insbesondere ökonomisches Potenzial besteht beim Einsatz von elektronischen Arztbriefen und der Digitalisierung der ärztlichen Dokumentation. Doch auch bei der medizinischen Behandlung an sich sorgt die „digitale Revolution“ für Veränderungen. Neben der Weiterentwicklung der Medizintechnik betrifft das im Allgemeinen die Verbesserung der Infrastruktur in Arztpraxen und Krankenhäusern und im Speziellen die Gerätevernetzung im OP-Saal. In rechtlicher Hinsicht sind all diese Neuerungen betreffend viele verschiedene juristische Materien einschlägig, die es zu beachten und zu verknüpfen gilt. Die wahrscheinlich wichtigste Materie ist das Datenschutzrecht. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens fußt auf der Erhebung und/oder Nutzung sensibler Gesundheitsdaten. Für den mit E-Health befassten Juristen ist daher meist zuallererst zu prüfen, ob die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Des Weiteren gilt es etwa das Sozialrecht – zum Beispiel bei der elektronischen Gesundheitskarte, das Medizinprodukterecht, Health-Apps sind oft Medizinprodukte und benötigen eine Zertifizierung, oder das ärztliche Berufsrecht, welches zum Beispiel ein Fernbehandlungsverbot enthält, zu beachten.

Roboter im Recht

Amazon Alexa, autonomes Fahren und die „Smart Factory“, in der das im Herstellungsprozess befindliche Produkt seine Fertigungsinformationen selbst kennt – hinter all dem steckt künstliche Intelligenz, also Software mit selbstlernenden Algorithmen. Die Rechtsentwicklung hinkt hier hinterher. Und so muss man sich im „Neuland” häufig mit einem unzureichenden Instrumentarium behelfen. Von Dr. Torsten Kraul, LL.M. (London), Rechtsanwalt bei Noerr LLP

Die Digitalisierung hat einen enormen Bedarf an anwaltlicher Beratung geschaffen, der noch unzureichend abgedeckt ist und große Chancen für junge, digital-affine Berufseinsteiger bietet. Jenseits ausgetrampelter Pfade lassen sich Innovationen mitgestalten und Neugier und Offenheit können Erfahrung oft überwiegen. Zu den aussichtsreichsten Entwicklungen gehören künstliche Intelligenz und Robotik, die eine Vielzahl an Rechtsfragen aufwerfen: Wie werden Verträge zwischen Maschinen geschlossen? Was passiert, wenn ein Roboter „durchdreht“? Wem gehören die Daten? Zunehmend können Verträge ohne menschliche Beteiligung geschlossen werden. So kann etwa eine Maschine ein Ersatzteil bestellen oder die Wartung beauftragen. Verträge beruhen aber auf Willenserklärungen, die das Recht nur Menschen zubilligt. Die Erklärungen müssen also auf eine menschliche Willensbetätigung zurückzuführen sein. Der Nutzer selbst gibt die konkrete, auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung jedoch nicht ab. Es wird deshalb die Heranziehung verschiedener allgemeiner Grundsätze diskutiert. Hierzu gehört die Botenschaft, die Stellvertretung und die „Blanketterklärung“, bei der die Willensbetätigung des Nutzers beim Einsatz des Systems bereits als ausreichend für die Zurechnung angesehen wird. Ähnliche Fragen stellen sich im Schadensfall. Gesetzlich kann der Anbieter als Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz verschuldensunabhängig haften. Aufgrund der Komplexität solcher Systeme erscheint es nicht als in jedem Fall angemessen, den Nutzer in die Haftung zu nehmen. Herangezogen werden könnten etwa die Grundsätze für Erfüllungsgehilfen, Verrichtungsgehilfen, der Aufsichtsplicht oder der Tierhalterhaftung. In der Zukunft erscheint sogar die Schaffung einer eigenen Rechtspersönlichkeit für autonome Systeme als denkbar – es wäre die Geburt der „E-Person“. Während personenbezogene Daten umfassenden Regelungen unterliegen, ist die Frage nach Rechten an Industriedaten völlig offen. Dies ist sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen, bei der sich zwei Extrempositionen gegenüberstehen. Sollen solche Daten frei zugänglich sein und jedem zu Gute kommen („Open Data“) oder eher die Investitionen desjenigen, der die Daten geschaffen hat, honoriert werden? Das Betätigungsfeld  „Digital Law“ ist also vielfältig und herausfordernd. Und die Entwicklung hat gerade erst begonnen. Langeweile ist also sicher ausgeschlossen.

Juristen und Datenschutz: „Der Markt an Experten ist leergefegt“

Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) trat am 24. Mai 2016 in Kraft, ab dem 25. Mai 2018 ist sie anzuwenden. Dr. Martin Schirmbacher, Fachanwalt für IT-Recht, erklärt die wesentlichen Inhalte der Verordnung, weist auf Knackpunkte hin und gibt einen Karriereausblick für Juristen, die sich mit dem Datenschutz beschäftigen. Die Fragen stellte Christoph Berger

Zur Person

Dr. Martin Schirmbacher ist Rechtsanwalt bei Härting Rechtsanwälte in Berlin und Fachanwalt für IT-Recht. Zudem ist er unter anderem Co-Chair des Technology Law Committee der International Bar Association und Mitglied des Fachanwaltsausschusses für den Fachanwalt für Informationstechnologierecht der Rechtsanwaltskammer Berlin.
Herr Dr. Schirmbacher, was sind die Gründe für die Einführung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, kurz DSGVO? Bei der DSGVO handelt es sich um europäisches Recht, es ist eine EU-Verordnung, die weitgehend unterschiedslos in allen EU-Ländern gelten soll. In der Theorie sollen mit ihr alle Unternehmen in der EU das gleiche Recht haben. Zudem war ein Ansatz, dass man den Datenschutz auf ein neues digitales Level hebt, in dem Themen wie Big Data oder digitales Arbeiten von Zuhause mit abgedeckt werden. Das ist aber nur schlecht gelungen. Der ganz große Wurf ist die DSGVO daher nicht, vielmehr hat man vor allem bisher geltendes Recht fortgeschrieben. Europaweit überlegen Juristen nun, was uns das neue Recht eigentlich in Bezug auf neue Techniken sagt. Jede Woche erscheinen neue juristische Aufsätze und Blog-Beiträge, in denen zum Beispiel gefragt wird: Wie sieht es aus mit künstlicher Intelligenz und Datenschutz? Befriedigende Lösungen gibt es nicht. Sie haben es gesagt: Es wurde vor allem geltendes Recht fortgeschrieben. Gibt es trotzdem wesentliche Neuerungen? Unternehmen, die bisher compliant waren und alles umfangreich dokumentiert haben, haben möglicherweise überhaupt nicht so viel zu tun. Eine wesentliche Veränderung des neuen Rechts ist aber, dass sich der Fokus ändert: Bisher ging es vor allem darum, nichts falsch zu machen. Nun können Behörden anlassfrei zum Beispiel Fragenkataloge verschicken, anhand derer die Unternehmen nachweisen müssen, dass sie sich datenschutzkonform verhalten. Die Beweis- und Darlegungslast ändert sich somit. Das führt zu umfangreichen Dokumentationen, aus denen ersichtlich wird, was man im Datenschutz alles macht. Was Neuerungen in Bezug auf die Digitalisierung betrifft, so gibt es nun zum Beispiel „Privacy by Design“ und „Privacy by Default“ als Schlagworte in der Verordnung – was in der praktischen Anwendung bisher aber noch keine große Rolle spielt. Dabei geht es darum, dass man sein gesamtes Datenschutzsystem so aufbaut, dass es mit möglichst wenig personenbezogenen Daten auskommt und jede Datenverarbeitung eine Zustimmung des Nutzers braucht. Und neu sind die horrenden Bußgelder, die bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes oder 20 Millionen Euro betragen können. In welchem Umfang von den Bußgeldern Gebrauch gemacht wird, weiß man momentan noch nicht. Wen betrifft die DSGVO? Alle Unternehmen sind von der DSGVO betroffen. Es gibt wohl kein Unternehmen mehr, das keine elektronische Datenspeicherung hat. Sie gilt für Tischler mit zwei oder drei Angestellten wir für uns als Kanzlei mit gut 50 Leuten oder aber die großen Konzerne mit den vielfältigsten Datenschutz-Themen. Wie sind die Unternehmen auf die DSGVO vorbereitet? Sehr unterschiedlich. Wir bearbeiten Projekte seit Ende 2016. Eine Bank zum Beispiel arbeitet mit 100 Leuten und uns seit diesem Zeitpunkt an der Umsetzung der Vorgaben. Sie sind sehr gut aufgestellt, selbst die haben aber Angst, dass sie es nicht bis zum Stichtag schaffen. Es gibt andere, auch zum Teil größere Unternehmen, die haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Bei uns gehen derzeit jeden Tag Anfragen ein, Angebote für Datenschutzprojekte zu machen. Da wundere ich mich ein wenig über den späten Zeitpunkt. Wichtig ist diesbezüglich vor allem, dass die Unternehmen intern Ressourcen dafür schaffen: Man kann noch so ein toller Datenschützer sein, wenn man die Datenverarbeitungsvorgänge in den Unternehmen nicht kennt, nutzt dies nicht viel. Die Unternehmen müssen Zeit haben, zu den relevanten Fragen Rede und Antwort zu stehen. Wie geht man als Jurist mit all den Unklarheiten um? Man muss seinen Mandanten die Leitplanken aufzeigen, erklären, was das Gesetz sagt, um ihnen dann einen Rahmen innerhalb dieser Leitplanken zu geben, in denen sie sich möglichst sicher bewegen können. Beispiel Big Data: Überlegen Sie sich, welche Daten sie zu welchem Zweck sammeln und informieren Sie Ihre Kunden über das Datensammeln. Daraus ergibt sich dann natürlich ein gewisser Spielraum, in dem man agieren kann. Brauchen Sie dafür Verständnis über die eingesetzten Technologien? Man muss kein ITler sein, um im Datenschutz zu beraten, auch wenn ein gewisses Grundverständnis natürlich hilft. Die Erwartung der Mandanten ist auch, dass man gewisse IT-Vorgänge kennt – zumindest die Basics. Programmieren müssen Sie nicht können. Wie gehen Sie als Kanzlei mit der DSGVO um? Auch wir haben ein DSGVO-Projekt und müssen dies neben all der Mandanten-Arbeit abarbeiten. Wir haben verschiedene IT-Systeme, Anwalts-Software oder auch Smartphones im Einsatz et cetera. Somit haben auch wir unsere Hausaufgaben zu machen. Und wie bewerten Sie die Einstiegschancen für Juristen im Bereich des Datenschutzes? Wenn man sich beeilt, hat man derzeit sehr gute Chancen, der Markt an Experten ist leergefegt. Perspektivisch gehen die Meinungen auseinander. Spannend wird sein, zu sehen, wie sich der Markt nach dem 25. Mai, wenn die großen Projekte abgeschlossen sind, entwickeln wird. Ich bin der Meinung, dass der Datenschutz wie Steuern und Arbeitsschutz zum Einmaleins der Unternehmen gehören wird. Wir haben auch Wirtschaftsjuristen, die das Thema bei uns bearbeiten – eine für mich durchaus ebenfalls sinnvolle Kombination. Klar ist aber: Viel größer als momentan könnte der Hype nicht sein.

Alternative Streitbeilegungsverfahren

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Alternative Streitbeilegung ist momentan in Mode. Was sich allerdings hinter dem Begriff verbirgt, ist nicht ganz klar. Bisher hat das Thema in der juristischen Ausbildung auch noch keinen Platz. Zu Unrecht. Von Dr. Volker Schumacher, Partner bei Lindenau Prior & Partner und Dozent für „Internationales Wirtschaftsrecht“ und „Wettbewerbs- und Kartellrecht“ an der FOM –  Fachhochschule für Oekonomie & Management

Der Hintergrund des Booms alternativer Streitbeilegung ist einfach zu erklären: Gerichtliche Verfahren dauern lange und kosten viel. Ihr Ausgang ist öfters ungewiss. Daher sucht die Praxis nach neuen Wegen, Konflikte zu lösen. Als Alternative zu Gerichtsverfahren kommen einmal schiedsgerichtliche Verfahren in Frage. Hierfür müssen Parteien in ihren Verträgen Schiedsklauseln vereinbaren. Sprich: Sie müssen verabreden, falls sie sich über den Vertrag streiten, ihre Konflikte vor einem Schiedsgericht zu lösen. Bei einem Schiedsgericht wählen die streitenden Parteien ihre Richter selber. Das hat den Vorteil, dass Branchen-Kenner über die Materie entscheiden können. Zudem haben die Parteien viel Freiraum, wie sie den Ablauf „ihres“ Verfahrens gestalten wollen. Beispielsweise können sie Vertraulichkeit für das Verfahren vereinbaren. Man unterscheidet grob zwischen „ad hoc“-Verfahren, die die Parteien komplett selber in die Hand nehmen. Zum anderen können die Parteien auch vereinbaren, dass sie ein Schiedsverfahren nach den Regeln einer bekannten Organisation durchführen wollen, wie der Internationalen Handelskammer (ICC) oder der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS). Neben der Schiedsgerichtsbarkeit versteht man unter „Alternativer Streitbeilegung“ aber vor allem konsensuale, also einvernehmliche Streitbeilegungsverfahren. Die wichtigsten sind hier die Schlichtung und die Mediation. Im Rahmen von Schlichtungsverfahren schlägt eine neutrale Instanz (der Schlichter) zwischen den streitenden Parteien einen Kompromiss vor. Schlichtungsverfahren werden vom Gesetzgeber in vielen Bereichen als probates Mittel gesehen, um Gerichte zu entlasten. Es gibt seit kurzem sogar ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, in dem die Tätigkeit von Schlichtungsstellen geregelt ist. Eine andere Möglichkeit, Konflikte zu lösen, ist die Mediation. Dabei handelt es sich um ein strukturiertes und freiwilliges Verfahren, in dem ein unabhängiger Mediator den Konfliktparteien hilft, selber eine Lösung zu finden. Anders als ein Schlichter ist es für einen Mediator unüblich, einen Vergleichsvorschlag zu machen. Schon gar nicht entscheidet der Mediator über den Streit. Schon dieser kurze Abriss zeigt: Insgesamt ist die alternative Streitbeilegung ein sehr interessantes und vielschichtiges Feld für Juristen, das auch in Zukunft weiter wachsen wird.