Interview mit Dr. Frank Wierlemann

Frank Wierlemann, 47 Jahre, ist Gründer und Vorstand der Unternehmensberatung Inverto, die ihr Consulting-Geschäft auf die Themen Einkauf und Supply Chain fokussiert. Im Interview verrät er, was einen guten Berater in diesem Bereich auszeichnet und warum man als erfolgreicher Consulting-Experte mit diesem Schwerpunkt das Beste aus zwei Welten vereinen muss. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Dr. Frank Wierlemann, geboren am 13.10.1964 in Köln, schloss als promovierter Diplom-Kaufmann sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Köln und Wuppertal ab. Anschließend war er Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens und wechselte als Manager zu einer internationalen Unternehmensberatung. In einem Handelskonzern übernahm er zunächst eine Position im Inhouse-Consulting, bevor er nach einem erfolgreichen Projekt zum Thema Einkauf und Supply Chain dort zum Einkaufsleiter aufstieg. Seine Erfahrungen als Unternehmensberater und im Einkauf kombinierte er im Juli 2000, als er zusammen mit zwei Partnern die Unternehmensberatung Inverto gründete. Dort ist Frank Wierlemann als Partner und Vorstand Spezialist für die Bereiche Handel, Konsumgüter und Pharmaindustrie. Er berät mittelständische Unternehmen und Konzerne in allen Fragen des Sourcing und Supply-Management.
Herr Wierlemann, auf Ihrer Homepage heißt es „Berater gibt es viele“. Was zeichnet denn unter den vielen einen wirklich guten Berater aus? Ein guter Berater, wie wir ihn verstehen und für unser Unternehmen suchen, besitzt einerseits ein gutes Konzept, hat aber andererseits immer schon die Umsetzung im Blick. Das beste Konzept ist nämlich wertlos, wenn es am Ende an der Machbarkeit scheitert. Worauf kommt es an, wenn man bei der Beratung immer auch konsequent an die Umsetzung denken möchte? Es geht nicht darum, standardisierte Konzepte und Lösungen anzubieten. Der Berater muss sich stattdessen auf einzelne Kundensituationen einlassen. Grundlage dafür ist eine Expertise, die bei uns zweigeteilt ist: Zum einen benötigt ein guter Berater natürlich eine Methodenkompetenz. Für die Beratung im Einkauf ist jedoch besonders wichtig, dass er auch eine Fachkompetenz zum jeweiligen Thema entwickelt. Können Sie an einem Beispiel verdeutlichen, warum das so ist? Nehmen wir einen Kunden, der Beratung für seinen Rohstoffeinkauf sucht, weil er in diesem Bereich wirklich etwas verbessern möchte. Als Berater kann man ihm nur dann helfen, wenn man die Thematik wirklich durchdrungen hat. Wenn man die Besonderheiten der Rohstoffmärkte kennt – und zwar, wenn nötig, auch im Detail. Müssen Einsteiger dieses Wissen direkt im ersten Kundengespräch parat haben? Wir verlangen von einem Einsteiger nicht, dass er von Beginn an zum Beispiel alle Facetten des Einkaufs von Orangensaftkonzentrat kennt. Einen guten Berater zeichnet jedoch aus, dass er sich schneller als andere in solche Themen einarbeiten kann. Diese Neugierde ist wichtig. Denn nur so gelingt es ihm, den Kunden schließlich nicht nur konzeptionell, sondern auch auf inhaltlicher Ebene zu überzeugen. Gibt es Themen, in die Sie sich selber trotz Ihrer Erfahrung erst einarbeiten müssen, bevor Sie in die Beratung gehen? Auf jeden Fall. Alleine schon deshalb, weil unser Beratungsgeschäft in den vergangenen Jahren wesentlich anspruchsvoller geworden ist. Überspitzt gesagt: Vor zehn Jahren waren viele Kunden schon zufrieden, wenn man ihnen in Aussicht stellte, bestimmtes Büromaterial wie eine Tonerkartusche günstiger als bisher einzukaufen. Wenn ich heute einen Großbäcker berate, wie es ihm gelingen kann, seinen Einkauf von hochwertigem Weizenmehl zu optimieren, sind wesentlich größere Marktkenntnisse gefragt. Beinahe alle Themen, an denen wir arbeiten, sind komplexer geworden. Welche Rolle spielt bei Ihren Kunden eine nachhaltige Einkaufspolitik? Gibt es einen Trend zum „grünen Einkauf“? Oder sind die Unternehmen ausschließlich auf der Suche nach Einsparungspotenzial? Es gibt heute eigentlich keinen Kunden mehr, der einen niedrigen Preis als allein glücklich machenden Faktor betrachtet. Der Kunde möchte eine transparente Wertschöpfung. Er möchte wissen, wo die Waren herkommen, wie sie verarbeitet wurden. Auch trifft der Kunde verstärkt nachhaltige Lieferantenentscheidungen. Er schaut nicht mehr darauf, wer ihn jeweils am schnellsten und günstigsten beliefern kann, sondern achtet auf ein möglichst langfristiges Vertrauensverhältnis. Um diesen Kunden beraten zu können, müssen wir also auch die möglichen Lieferanten kennen. Wir müssen wissen, wie diese aufgestellt sind, wie ihre Maschinenparks bestückt sind, welche Zertifizierungen sie besitzen und so weiter. Klingt nach einer Fleißarbeit. Beim Thema Einkauf muss man tatsächlich sehr viel Detailarbeit leisten. Erfolgreich ist nur der Berater, der wirklich neugierig jeden kleinen Stein in der Liefer- und Einkaufskette umdreht. Die strategische Unternehmensberatung gehört weiterhin zur Königsklasse des Consultings. Mit welchem Argument überzeugen Sie ein Beratertalent, dass das Consulting im Einkauf mindestens genauso spannende Karrieren bietet? Ich habe selber einige Jahre lang in einer klassischen Unternehmensberatung gearbeitet. Dort lautete das Motto zwar auch „Beratung heißt Umsetzung“ – und doch wurden die meisten Projekte mit einer Vorstandspräsentation abgeschlossen, nach der man als Berater keinen blassen Schimmer hatte, ob es jemals zu einer Umsetzung kommen wird – oder ob das ganze Konzept einfach verpufft. Dieses schwarze Loch in der Beratung gibt es bei uns nicht. Unsere Umsetzungsquote liegt nahe bei 100 Prozent. Andersherum: Mit welcher Besonderheit im Lebenslauf kann ein Bewerber Sie überzeugen? In unserem Umfeld ist das Thema Sprache besonders wichtig. Einkauf ist ein internationales Thema. Mögliche Lieferanten kommen aus allen Ländern der Erde. Englisch ist für uns selbstverständlich, aber wer zum Beispiel Mandarin, Türkisch oder Spanisch spricht, besitzt damit wertvolle Zusatzqualifikationen. Sie sind nach Ihrem Einstieg bei einer Unternehmensberatung zunächst als Einkaufsleiter zu einem Handelskonzern gewechselt. Wie kam es damals zu Ihrer Entscheidung für eine Karriere mit dem Schwerpunkt Einkauf und Handel? Ich arbeitete in dem Konzern zunächst im Inhouse-Consulting. Ein Projekt drehte sich um das Thema Einkauf, und als dann nach einer Umstrukturierung ein Einkaufsleiter gesucht wurde, erinnerte man sich an meine Begeisterung für dieses Thema. Ich habe dann schnell erleben dürfen, wie weit man kommen kann, wenn man es versteht, ein gutes konzeptionelles Grundgerüst mit Pragmatismus zu kombinieren. Ein wenig überspitzt gesagt: Der klassische Berater ist der Theoretiker, der Einkäufer ist der Praktiker. Und wer als Berater im Einkauf Karriere machen möchte, sollte das Beste aus beiden Welten mitbringen.

Zum Unternehmen

Inverto ist eine Unternehmensberatung, die sich konsequent auf die Themen Einkauf und Supply Management ausrichtet. Das Unternehmen mit Sitz in Köln beschäftigt 120 Mitarbeiter und betreibt weltweit neun Büros, darunter auch Niederlassungen an international bedeutenden Handelsplätzen wie Shanghai, Hongkong und Mumbai. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden dabei, die Organisation des Einkaufs neu auszurichten, Make-or- Buy-Entscheidungen zu treffen, Global- Sourcing-Prozesse umzusetzen, Preise und Konditionen zu optimieren und neue Lieferanten-Strategien sowie -prozesse zu erarbeiten. Zu den Kunden der stetig wachsenden Unternehmensberatung gehören marktführende Unternehmen aus dem Mittelstand, Industrie- und Handelskonzerne sowie große Private-Equity-Unternehmen.

Spezialisieren Sie sich erst später

Dr. Walter Jochmann ist Mitglied der Geschäftsführung von Kienbaum Consultants International sowie Vorsitzender der Geschäftsführung von Kienbaum Management Consultants. 1983 stieg er zunächst als Assistent des geschäftsführenden Gesellschafters Jochen Kienbaum ein, danach arbeitete er als Berater im Recruitment und in der Personalentwicklung. Seit 1998 führt er das strategische Geschäftsfeld Human Resource Management. Im Interview mit Christiane Siemann sprach er über die Vielseitigkeit des Beratungsfeldes.

Was macht den Job HR-Berater spannend? Auf der einen Seite arbeiten wir mit einem sehr spezialisierten Beratungsansatz. Die Beratung im Bereich Personalentwicklung, strategische Personalinstrumente oder Vergütung erfordert – ähnlich einer Wirtschaftsprüfung – ein tiefes Einsteigen in die Organisation und Kultur eines Unternehmens. Auf der anderen Seite ist es ein menschenorientiertes Thema, das auch konzeptionell betrieben werden muss. Wie kann ein Unternehmen Transparenz über seine Nachwuchskräfte erhalten? Wie muss sich ein Arbeitgeber planerisch und im Recruiting aufstellen, um 2018 eine bestimmte Prozentzahl Managementpositionen mit Frauen oder internationalen Mitarbeitern zu besetzen? Allen Konzepten ist gemeinsam, dass sie immer die technologische Umsetzung umfassen, in der Regel international sind und um Akzeptanz der Mitarbeiter geworben werden muss. Kann ein Berufseinsteiger beispielsweise direkt den Weg als Coach oder Talent Manager anpeilen? Da die universitäre Ausbildung bis auf einige wenige Ausnahmen nicht auf den Beruf HR-Consultant vorbereitet, sind Absolventen gut beraten, sich nicht auf bestimmte Bereiche festzulegen. Die ganze Breite und Tiefe der unterschiedlichen HR-Aufgaben ist den meisten nicht bekannt. Es macht mehr Sinn, erst nach zwei bis vier Jahren zu entscheiden, ob sie sich im Bereich Talent Management, Diagnostik, Vergütung oder HR-Strategie spezialisieren wollen. Junior-HR-Berater ohne längere Erfahrung in der freien Wirtschaft – stößt das auf Akzeptanz beim Kunden? Wir müssen zwischen konzeptionellen und umsetzungsorientierten Beratern unterscheiden. Berufseinsteiger, die konzeptionell im Team arbeiten, treten beim Kunden eher als Zuhörer in Erscheinung. Wer im realisierenden Geschäft arbeitet, also im Training, Coaching oder bei Audits, wie Assessment Centern oder Beurteilungen von Mitarbeitern, der muss persönlich Flagge zeigen. Um als Beraterpersönlichkeit akzeptiert zu werden, brauchen Sie in der Regel längere Berufserfahrung als HR-Consultant.

Unternehmerische Denke und psychologisches Talent

Die meisten Berufseinsteiger wissen, dass sich Consultingfirmen durch ihre Beratungsfelder unterscheiden: IT-, Strategie- und Organisationsberatung. Den vierten Bereich, die Human-Resource-Beratung (HR), haben nicht alle auf dem Plan. Dabei sind die Berufsaussichten in der Personalmanagement-Beratung gut. Von Christiane Siemann

Über das Berufsfeld HR-Beratung zu sprechen, verlangt zunächst, zwei Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Das erste Missverständnis: Auch wenn HR-Consulting wörtlich übersetzt Personalberatung heißt, sind HR-Consultants keine Personalberater. Denn unter Personalberatung wird die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften verstanden, auch als Headhunting und Executive Search bekannt. HR-Berater beschäftigen sich dagegen mit Personal als Produktionsfaktor, mit personalwirtschaftlichen Funktionen und Prozessen wie Personalplanung, -einsatz, -führung, -entwicklung, -vergütung und -verwaltung. Deshalb bevorzugen sie die Bezeichnung Human-Resource-Management- Berater. Das zweite Missverständnis: Beim Stichwort Personal ziehen manche die Schlussfolgerung, es würde sich vor allem um eine psychologisch orientierte Beratung handeln, da der Mensch im Mittelpunkt steht. Zu diesem Irrtum trägt auch bei, dass sich derjenige, der beispielweise Mitarbeitern beim Klettertraining Teamfähigkeit vermittelt oder Verkaufsberater schult, auch HRBerater nennen darf. „Doch die Personal- Managementberatung beschäftigt sich mit den Prozessen, Strategien und Maßnahmen rund um die Personalwirtschaft, die zur erfolgreichen Umsetzung der Unternehmensziele notwendig sind“, stellt Dr. Dagmar Wilbs, Leiterin der Human Capital-Beratung bei Mercer in Deutschland, Österreich und der Schweiz, richtig. „Nicht vordergründig das psychologische, sondern ein ganzheitliches analytisches, unternehmerisches, geschäfts- und ergebnisbezogenes Denken bestimmt die Arbeit.“ Die Personalarbeit in Unternehmen hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert: Wurden früher Mitarbeiter nur über die Lohn- und Gehaltsabrechnung verwaltet, wird heute die Personalabteilung an den Wertschöpfungsbeiträgen und Ergebnissen gemessen, die den Unternehmenserfolg sichern. Die Beratungsfelder der Consultants entsprechen den vielfältigen Tätigkeitsfeldern der Personalabteilung. Zusätzlich unterstützen HR-Consultants auch bei Mergers & Acquisitions oder der strategischen Neuausrichtung eines Unternehmens. Spannend klingende Aufgaben wie Talent Management, Social-Media-Recruiting oder Leadership-Development locken Berufseinsteiger in die Branche. Doch wer eine fundierte Ausbildung als HR-Consultant anstrebt, sollte sich den Arbeitgeber gut aussuchen. Viele Hundert Anbieter nennen sich HR-Berater und bearbeiten nur einzelne Segmente wie Verkaufstraining, Führungskonzepte oder Recruiting. Die Gesamtpalette der HR-Managementprozesse kann ein Absolvent am besten in einer breit aufgestellten, größeren Beratung kennenlernen. Dabei führt der Weg zum HR-Managementberater selten über ein Fachstudium, denn nur wenige Universitäten bieten einen grundständigen Studiengang Personalwesen an. Häufig bringen Einsteiger ein BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Personal mit oder ein Wirtschaftspsychologiestudium. Julia Krieger, Executive Consultant Group Recruitment, Kienbaum Gruppe: „Auch Geistes- oder Naturwissenschaftler können sich bewerben, doch wir setzen voraus, dass man Vorerfahrung mitbringt. Bewerber sollten sich im Studium mit HR-relevanten Themen beschäftigt, ein Praktikum in der Personalabteilung oder einer HR-nahen Beratung absolviert haben.“ Bachelor-Absolventen haben die Möglichkeit, nach dem Studium ein Praktikum zu absolvieren und dann den Direkteinstieg zu wählen. Ähnliches gilt bei der Promerit AG, die auf Talent Management mit den Schwerpunkten Strategieberatung, HR + IT und Personalberatung für HRFunktionen spezialisiert ist. „Wir achten darauf, dass Bewerber Leidenschaft mitbringen. Es reicht nicht aus, gerne mit Menschen zu tun zu haben‘. Es sollte ersichtlich werden, dass sie kaufmännisch denken können und sich nicht nur für Instrumente interessieren, sondern auch für Prozesse und die Umsetzbarkeit von Konzepten“, erläutert Promerit-Vorstand Markus Frosch. „Bei HR-Projekten geht es neben der Effektivität auch um Effizienz, die genauso wie im Bereich Finanzen gemanagt werden muss, und es geht um viele technische, strategische und konzeptionelle Komponenten.“ Wenn beispielsweise ein deutscher Konzern 15.000 Mitarbeiter weltweit auf Potenzial und Leistung beurteilen will, reiche es nicht aus, die Messkategorien und Kompetenzen intelligent zu definieren, sondern es müsse auch ein durchführbarer Prozess aufgesetzt werden. Berufseinsteiger arbeiten bei Promerit den verschiedenen Beratungssegmenten zu und entwickeln sich nach und nach in die Rolle des Unternehmensberaters hinein. Vorstand Markus Frosch: „Anders als im IT-Bereich dauert es in unserem Management-Consulting länger, bis Berufseinsteiger als anerkannte Berater vom Kunden wahrgenommen werden. Um auf Augenhöhe zu beraten, bedarf es eines fundierten Fachwissens und einschlägiger Praxiserfahrung.“ Die Aufgabenfelder angehender HRBerater ähneln denen ihrer Kollegen in anderen Unternehmensberatungen: Sie arbeiten Projekten zu, erheben Daten, bereiten Umfragen vor, erstellen Analysen und Präsentationen oder sind in Teilprojekte aktiv eingebunden. Bei Mercer Deutschland ist jedem Absolventen ein Mentor zugeordnet, in Projekten wird er von Senior Consultants betreut. „Die Spezialisierung auf ein bestimmtes Fachgebiet wie Vergütungsmanagement, HR-Strategie oder -Effektivität erfolgt erst nach zwei bis drei Jahren, wenn die theoretischen und methodischen Grundlagen des Human-Resource-Managements umfassend erlernt sind“, so Dr. Dagmar Wilbs. Während der klassische IT- oder Managementberater häufig direkt beim Kunden in Projekten arbeitet, die sich einige Monate hinziehen, ist der Arbeitsalltag von HR-Consultants mehr durch kürzere Einzelprojekte bestimmt, die oft nebeneinander laufen. Dabei sind Dienstreisen zum Kunden durchaus an der Tagesordnung. Auch wenn die HR-Beratung in erster Linie unternehmerisches Denken und nicht nur psychologisches Talent erfordert, so sollten Absolventen wissen, dass Sozialkompetenz extrem wichtig ist. „Der Beratungsinhalt zielt immer auf den Menschen. Empathie ist eine ganz wesentliche Voraussetzung, um erfolgreich zu beraten. Sie ist besonders gefordert, weil HR-Berater häufig mit kritischen Themen wie beispielsweise Neustrukturierungen konfrontiert sind“, so Julia Krieger von Kienbaum. Karrierewege führen in der Regel über den Junior Consultant und Senior Consultant zum Projektleiter. Der Wechsel in die freie Wirtschaft ist durchaus üblich, je nach Vertiefungsgebiet beispielsweise als HR-Manager oder Personalentwickler. Gleiches trifft für Absolventen zu, die den Berufseinstieg in die Personalberatung – also die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften – wählen. Die klassische Personalberatungslaufbahn beginnt hauptsächlich mit dem Research, das heißt mit der Identifikation von Firmen und Personen. „Junge Personalberater entwickeln ein großes Wissen, denn sie beschäftigen sich parallel mit den unterschiedlichsten Branchen und Kunden und erstellen internationale Marktanalysen. Viele nutzen die Ausbildung als Sprungbrett in den Recruitment- Bereich in Personalabteilungen von Unternehmen“, berichtet Julia Krieger über die Tochtergesellschaft Kienbaum Executive Search. Die Karriereaussichten in der HRBeratung sind sehr gut, denn vor dem Hintergrund der älter werdenden Bevölkerung sind Mitarbeiter das wichtigste Kapital eines Unternehmens. Deswegen investieren viele Arbeitgeber in ihre Personalarbeit, vor allem Großunternehmen und große Mittelständler, die grenzüberschreitend arbeiten. Für Berufseinsteiger bedeutet dies laut Dr. Dagmar Wilbs, Leiterin der Human Capital-Beratung bei Mercer: „Sie müssen an multikultureller Arbeit interessiert sein und die Bereitschaft zur Mobilität mitbringen, da sie auch in internationalen Projekten arbeiten.“
Tätigkeitsfelder von PersonalberaternPositionen für Spezialisten sowie Fachund Führungskräfte besetzen Unternehmen häufig mit Unterstützung einer Personalberatung. Führungskräfte für Vorstands- und Geschäftsführungsposten, Marketing- und Vertriebsexperten, Ingenieure, Konstrukteure, IT-Leiter und Fachkräfte mit Spezialwissen vermitteln laut dem Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) die Personalberater am häufigsten. Zu ihren Aufgaben zählen die Analysen von Kandidatenprofil, Unternehmen, Markt und Wettbewerb. Sie identifizieren und selektieren mögliche Kandidaten, nehmen mit ihnen Kontakt auf und stellen sie den Auftraggebern vor. Insgesamt sind laut BDU rund 11.000 Mitarbeiter in der Personalberatungsbranche in Deutschland beschäftigt.

Interview mit Kassels OB Bertram Hilgen

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Bertram Hilgen ist seit Juli 2005 Kasseler Oberbürgermeister.Der SPD-Politiker absolvierte ein Studium der Rechts- und Politikwissenschaften in Marburg und startete seine Karriere als Referent des damaligen Kasseler Oberbürgermeisters Hans Eichel. Nachdem Eichel zum hessischen Ministerpräsidenten gewählt wurde, folgte er ihm in die Landeshauptstadt Wiesbaden. 1996 kehrte Hilgen nach Kassel zurück, wo er das Amt des Regierungspräsidenten im Regierungsbezirk Kassel bekleidete.
Die Documenta gilt als die weltweit führende Ausstellung zeitgenössischer Kunst. Kassel dagegen haftet unter Deutschlands Großstädten eher das Image einer grauen Maus an. Zu Unrecht? Sind Ihre Bürger in Wahrheit alle begeisterte Kunstfreaks? Gewiss nicht alle, aber der Stellenwert der Documenta ist uns natürlich bewusst und hat Kassels Selbstbild in den vergangenen 50 Jahren stark geprägt. Eine Kostprobe unseres Kunstverstands können Sie übrigens gerade bei dieser Documenta erleben. Um die Ausstellung auch einem breiteren Publikum zu vermitteln, präsentiert die künstlerische Leitung zum ersten Mal sogenannte „Worldly Companions“: Das sind rund 160 Kasseler, die nach intensiver Schulung Führungen aus der Sicht von Laien anbieten – vom Automechaniker bis zum Hochschulprofessor. Alle sind zwar an Kunst interessiert, aber nicht kunsthistorisch ausgebildet. Erschöpft sich damit der Lokalkolorit? Oder steckt in der Documenta noch mehr Kassel? Obwohl die Documenta von Mal zu Mal internationaler geworden ist, sind die Ausstellung und Kassel weniger denn je voneinander zu trennen. Schließlich entstehen ja viele Kunstwerke in der Stadt. Da liegt es auf der Hand, dass die Arbeiten den einen oder anderen Kasseler Einfluss nicht verhehlen können. Ein weiterer Punkt ist die Wechselwirkung der Exponate mit den verschiedenen Standorten – etwa mit dem Weinberg, dem Gloria-Kino aus den Fünfzigerjahren oder dem Ständehaus, das dieses Jahr zum ersten Mal Kunst beherbergen wird. So fließen die Eigentümlichkeiten Kassels immer in das Kunsterlebnis ein. Dennoch gab es immer wieder Friktionen in der Bevölkerung, wenn es um die Installation von Kunst im Kasseler Stadtbild ging – sei es Claes Oldenburgs riesige Spitzhacke am Ufer der Fulda oder der mit Messingstäben gefüllte „Vertikale Erdkilometer“ von Walter de Maria auf dem Friedrichsplatz … …oder auch Joseph Beuys’ berühmte 7000 Eichen, die er bei meiner ersten Documenta vor 30 Jahren pflanzte. Neben die Stämme rammte Beuys Basaltstelen in die Erde, die er zunächst mitten auf den Friedrichsplatz kippte. Die Aufregung über den riesigen Steinhaufen war enorm. Oder nehmen Sie die Reisterrassen, die ein thailändischer Künstler im Bergpark Wilhelmshöhe anlässlich der 12. Documenta anlegte. Auch diese Aktion blieb nicht ohne Widerspruch. Und doch ist offenkundig, dass die Gelassenheit der Kasseler in diesen Dingen stark gestiegen ist – selbst wenn die Kommunalpolitik hin und wieder das Kreuz gerade machen muss, um manche Projekte durchzusetzen. Aber wie gesagt: Der Stolz auf die Documenta überwiegt bei Weitem. Laut der diesjährigen künstlerischen Leiterin, Carolyn Christov-Bakargiev, soll die Ausstellung helfen, zu erkennen, was man zuvor bereits gesehen hat. Ist dies auch die Funktion der Kunst im öffentlichen Raum? Den Blick zu schärfen, ist bestimmt eine der wichtigsten Aufgaben, die der Kunst zukommen. Und da kann ich keinen Unterschied erkennen zwischen einer Kunst, die „unter Dach“ präsentiert wird, und solcher, die im öffentlichen Raum stattfindet. Negativ formuliert bedeutet dies, dass ein Kunstobjekt im Stadtbild nicht zu einer Art Stammmöblierung verkommen darf. Dass es nicht lediglich ein nettes Aperçu, eine bloße Ergänzung des bereits Vorhandenen ist, sondern Fragen aus Künstlersicht stellt und eigenen Interpretationen Raum lässt. Gibt es da außerhalb von Museumsmauern nicht gewisse Grenzen? Das mag sein, aber wo die liegen, muss immer im Einzelfall entschieden werden. Und da wir ja hier über die Documenta reden, möchte ich als deren Aufsichtsratsvorsitzender betonen, dass der künstlerischen Leitung bei der Einschätzung solcher Fragen eine Art diktatorische Freiheit zukommt. Auch was die Ausstellungsorte betrifft, die dieses Mal ganz besonders dezentral angelegt sind. Gerade das macht den Charakter jeder Documenta ja so einzigartig und spannend. Viel Diskurs – wenig Spektakel: So hätte es Carolyn Christov-Bakargiev gern während der Documenta. Wie steht es mit Ihnen? Beides liegt ja nah beieinander. Und was davon die Oberhand gewinnen und welche Richtung die Ausstellung überhaupt nehmen wird, ist immer völlig offen. Darum sind auch die Besucherzahlen kein wirkliches Kriterium für den Erfolg einer Documenta. Es geht vielmehr um das, was inhaltlich passiert, um die Diskussionen, die angestoßen werden. Die Documenta ist also ein dynamisches Gesamtkunstwerk? Wenn Sie so wollen, ja. Ein schönes Beispiel dafür ist die Installation „Template“ des chinesischen Künstlers Ai Weiwei während der vergangenen Documenta. Das war ein Turm aus dem Holz chinesischer Tempel, die zur Schaffung von Bauraum demontiert wurden. Da es fraglich war, ob diese Konstruktion einem Unwetter standhalten würde, mussten wir Abgrenzungen schaffen, um die Betrachter zu schützen. Und dann kam kurz nach der Eröffnung durch den Bundespräsidenten tatsächlich ein Sturm auf, der das Kunstwerk zum Einsturz brachte. Ai Weiwei entschied sich dafür, „Template“ nicht wieder aufzubauen, sondern als Ruine zu belassen. Die Sache war ein ungeplantes Spektakel, das weite mediale Kreise zog und für viele Diskussionen sorgte. Und so ist auch nicht vorhersehbar, was sich während der 100 Tage der 13. Documenta zutragen wird. Nicht zuletzt deswegen freue ich mich so sehr auf sie. Das Interview führte Wolf Alexander Hanisch.

Was macht eigentlich ein Aktuar, Herr Buse?

Der Beruf Aktuar ist den meisten Menschen unbekannt. Mit seiner ursprünglichen Bezeichnung, dem Schreiber im römischen Senat, hat der moderne Aktuar nichts mehr gemein. Heute versteckt sich hinter dieser Berufsbezeichnung ein Versicherungsmathematiker. Von Michael Buse

Michael Buse ist Aktuar bei der Gothaer Versicherung
„Wir rechnen mit der Zukunft“, so lautet das offizielle Motto der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Das bedeutet: Ein Aktuar erstellt mathematische Modelle, mit denen auf Basis einer Vielzahl von analysierten Daten aus der Vergangenheit benötigte Zielgrößen für die Zukunft berechnet werden können. Dazu einige Beispiele aus dem Bereich der Schaden- und Unfallversicherung: Im Rahmen der Tarifkalkulation erstellen Aktuare mit mathematischen Methoden Risikomodelle. Mit denen versuchen sie, die zu versichernden Risiken in einem Portefeuille möglichst realitätsnah abzubilden. Aus einem solchen Modell entwickeln sie dann unter Hinzunahme weiterer Informationen, wie den Abschluss- und Verwaltungskosten, einen Tarif. Der stellt die Grundlage für die Prämienbemessung für die Versicherung solcher Risiken dar. Oder der Aktuar kalkuliert Rückstellungen. Dabei sucht er durch seine Berechnungen Antworten auf die Frage: In welchen Jahren sind zukünftig welche Zahlungsleistungen für versicherte Schäden zu erbringen – und zwar sowohl in Bezug auf bereits gemeldete Schäden als auch noch nicht bekannte Schäden? In einem anderen Fall erstellt er auf Basis aller verfügbaren Daten mit Data-Mining-Methoden Modelle, die Auskunft darüber geben, mit welcher Wahrscheinlichkeit Kunden mit bestimmten Merkmalen Verträge stornieren oder weitere Verträge abschließen werden, welchen voraussichtlichen Schadenaufwand sie generieren und welchen ökonomischen Wert sie somit für das Unternehmen mittel- und langfristig darstellen werden. Und ein Aktuar erstellt zur Unterstützung der Unternehmenssteuerung komplexe mathematische Modelle mittels Simulationstechniken. Diese sollen Auskunft darüber geben, welches versicherungstechnische Ergebnis für eine laufende oder künftige Periode zu erwarten ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit Abweichungen von diesem erwarteten Ergebnis eintreten können. Aus diesen Modellen leitet er Zielgrößen für das Unternehmen ab, zum Beispiel den Risikokapitalbedarf. Die Problematik bei all diesen Aufgaben liegt darin, dass die Ergebnisse des Aktuars am Ende Wahrscheinlichkeitsaussagen sind. Er sollte jedoch in der Lage sein, in Bezug auf die zu berechnende Größe nicht nur den Erwartungswert, sondern auch die Schwankungsbreite des Ergebnisses um diesen Erwartungswert herum anzugeben. Die Präzision der Aussagen und die Schwankungsbreite möglicher Ergebnisse hängen dabei von der Datenqualität ab. Ein kompetenter und fachlich versierter Umgang mit den gegebenen Werten ist daher unumgänglich. Die mathematische Abteilung eines Versicherungsunternehmens, Aktuariat genannt, ist die „Heimat“ der Aktuare. Dort werden Tarife kalkuliert, Reserven berechnet und mathematische Modelle zur Unternehmenssteuerung erstellt. Aktuare sind aus Versicherungsunternehmen nicht wegzudenken. Ihre Aufgaben sind für das Kerngeschäft einer Versicherung essenziell, denn die gesamte Versicherungstechnik basiert auf Versicherungsmathematik und deren zahlreichen komplexen Modellen und Formeln, die fachkundiges Expertenwissen erfordern. Zudem ist es nicht damit getan, komplexe mathematische Formeln einmalig durch Aktuare programmieren zu lassen und danach nur noch eine entwickelte Spezialsoftware anzuwenden. Im Rahmen der Erstellung und Anwendung eines aktuariellen Modells bedarf es an unzähligen Stellen der Expertise eines kundigen Menschen, um unter verschiedenen Parametern oder Methoden die geeignetste auszuwählen, um zu plausibilisieren oder zu validieren. Mit Aufnahme in die DAV verpflichten sich die Aktuare, den Satzungsregeln der Vereinigung zu folgen. So darf der Aktuar die sogenannten „Aktuariellen Grundsätze“ nicht verlassen. Das bedeutet: Seine Berechnungen und Modellierungen müssen anerkannten mathematischen Methoden entsprechen. Insofern ist der Aktuar ein unbestechlicher Dienstleister im Unternehmen. In diesem verantwortungsvollen und vielseitigen Aufgabengebiet sind die Berufsperspektiven für Aktuare sehr gut, die Nachfrage seitens der Versicherer nach derartigen Experten ist hoch. Ein Grund dafür ist, dass das Anwendungsgebiet der Mathematik in Versicherungsunternehmen – nicht zuletzt durch gesetzgeberische Entwicklungen wie beispielsweise Solvency II – stetig wächst. Wer daher eine Karriere als Spezialist anstrebt, in der Eigenverantwortung und selbständiges Handeln gefragt sind, findet in der Ausbildung sowie dem Aufgabenfeld des Aktuars eine interessante Herausforderung und eine attraktive Alternative zu den anderen mathematischen Berufen.

Job-Steckbrief „Aktuar“

Voraussetzungen:
  • Abgeschlossenes Mathematikstudium, das durch gleichwertige Abschlüsse ersetzt werden kann
  • Grundkenntnisse in Stochastik und Statistik
  • Voraussetzung für die Teilnahme an der wohl wichtigsten Teilprüfung, der sogenannten „Spezialwissen-Prüfung“, ist der Nachweis einer mindestens dreijährigen Tätigkeit in einem Aktuariat oder in einer vergleichbaren Stelle
Besondere Anforderungen:
  • Fachliche Qualifikation, nachgewiesen durch Diplom oder Master in Mathematik und den Titel „Aktuar (DAV)“. Darüber hinaus: gute Kommunikationsfähigkeiten, Fähigkeit zur fachlichen Führung, Fähigkeit, Ergebnisse und Vorgehensweisen auch Nicht-Mathematikern, insbesondere im Kreise des Managements, verständlich zu erklären
Einkommen:
  • Variabel; circa 45.000 Euro Einstiegsgehalt
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Ahoi, MBA

Hinter einem MBA-Abschluss stand einst der Anspruch, Teilnehmern ein generalistisches Managementwissen zu vermitteln. Inzwischen ist das nicht mehr immer so. Zahlreiche Programme haben sich auf bestimmte Branchen spezialisiert. Dazu zählen auch auf die Bankenund Versicherungsbranche ausgerichtete Programme. Von Christoph Berger

Leichter als es einem die London School of Business and Finance macht, geht es momentan wohl kaum: Über die Facebook-App LSBF Global MBA stellt die Business School Hunderte Lehrstunden frei zur Verfügung. Darin integriert sind Fallstudien, Diskussionsforen, Videokurse und Vorlesungen von Dozenten aus der ganzen Welt. Studiert werden kann von jedem Ort aus, sofern ein Internetzugang vorhanden ist. Es gibt keine zeitlichen Vorgaben, und auch die Reihenfolge der Kurse ist nicht festgelegt. Die Business School will mit diesem Angebot Barrieren bei Interessierten abbauen, frei nach dem Motto: „Try before you buy“. Und sie will Studierende für sich gewinnen. Denn auch wenn die Lehrmaterialen frei sind: Die Zulassung zur Prüfung kostet schließlich doch Gebühren. Ebenso müssen die formalen Kriterien – ein erster Studienabschluss und Berufserfahrung – erfüllt sein. Allerdings wissen Studierende bei der Anmeldung dann längst, worauf sie sich eingelassen haben. Es wundert daher nicht, dass das Konzept angenommen wird: Bereits nach einem Jahr nutzen 30.000 Anwender das Angebot aktiv. Der Master of Business Administration, kurz MBA, soll Absolventen befähigen, führende Managementaufgaben erfolgreich zu meistern. Während es bei seiner Entwicklung um einen generalistischen Ansatz ging, in dem alle Managementbereiche gelehrt wurden, hat sich dieser Gedanke inzwischen gelockert. Immer mehr Programme sind auf bestimmte Branchen oder gewisse Themen spezialisiert. Dies liegt sicher auch an der Fülle der Angebote: Im deutschsprachigen Raum gibt es etwa 400 MBA-Angebote, weltweit über 10.000 Programme. Mit dem Abschluss in der Tasche erhoffen sich die Absolventen Fachwissen, das ihnen den Aufstieg die Hierarchiestufen hinauf erleichtert. Daher ist diese Form der Weiterbildung so gefragt. Laut der Umfrage „Management-Weiterbildung: Was High Potentials wirklich wollen“, durchgeführt von der Universität Mannheim, ist das Interesse an Management-Weiterbildungen groß. Insbesondere Berufseinsteiger planen sie schon in den ersten fünf Jahren nach ihrem Studienabschluss ein. Um bei den vielen Auswahlmöglichkeiten die richtige Wahl zu treffen, sollten Interessierte außer auf die inhaltliche Ausrichtung auch auf eine vorhandene Akkreditierung des ausgesuchten Studiengangs achten. Die fungiert als Qualitätsmerkmal und garantiert einen definierten Standard – sowie die internationale Vergleichbarkeit. Vergeben wird sie von nationalen und internationalen Agenturen. Sucht man allerdings deutsche Business School mit internationaler Akkreditierung, schrumpft die Auswahl erheblich. Laut dem Online-Portal MBAGuide sind von den 130 Anbietern in Deutschland mit ihren 280 MBA-Angeboten nur zehn Hochschulen international akkreditiert. Dazu zählen beispielsweise die Handelshochschule Leipzig (HHL), die School of Business and Economics der RWTH Aachen, die Business School der Universität Mannheim und der Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Besser sieht es auf nationaler Ebene aus: Etwa 70 Prozent aller deutschen MBA-Studiengänge sind da bereits akkreditiert beziehungsweise durchlaufen momentan den Anerkennungsprozess. Auch in den unterschiedlichen MBA-Rankings der internationalen Wirtschaftszeitungen sind deutsche Business Schools bisher selten zu finden. Dies hat jedoch formale Gründe. Entweder fehlt ihnen die bereits erwähnte internationale Akkreditierung oder aber ihre Teilnehmerzahl ist zu gering, um überhaupt betrachtet zu werden. Denn qualitativ mithalten können die deutschen Angebote, wenn sie auch nicht die ganz großen Namen haben, allemal. MBA-Banking, MBA-Finance, MBA-Versicherungswesen oder MBA-Insurance: So heißen Angebote für die Banken- und Versicherungsbranche. Am House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt wird zum Beispiel der Executive Master of Finance and Accounting angeboten. Es handelt sich bei ihm um einen berufsbegleitenden Studiengang, der gemeinsam von der Goethe Business School und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG entwickelt wurde. Nach eigener Aussage werden darin Managementkompetenzen für eine Karriere im Finanz- und Rechnungswesen vermittelt. Im Kommen sind zudem Programme, die mit Abschlüssen zweier Hochschulen enden. Sie tragen dem Gedanken eines internationalen Abschlusses noch einmal in ganz besonderer Weise Rechnung. Das Institut of International Education und die Freie Universität Berlin haben in ihrem Report „Joint and Double Degree Programs in the Global Context“ herausgefunden, dass bereits zwei Drittel der Business Schools derartige Studiengänge anbieten. Denn dies ist ein weiterer Vorteil eines MBA: Er bereitet auf eine internationale Karriere vor.
Die Entscheidungskriterien Die zeitliche Strukturierung ist das Hauptentscheidungskriterium für oder gegen ein MBA-Programm – 42 Prozent halten diesen Aspekt für sehr wichtig, 40 Prozent für wichtig. An zweiter Stelle steht die Akkreditierung des Studiengangs (41 Prozent sehr wichtig, 31 Prozent wichtig). Es folgt die Programmdauer (29 Prozent sehr wichtig, 41 Prozent wichtig) und die Platzierung des Programms bei Rankings (16 Prozent sehr wichtig, 27 Prozent wichtig).Quelle: MBA Studie 2010 – Trendbarometer Executive Education von Swop

Aufgestiegen zur Associate

Stephanie Bürgel, 29 Jahre, studierte Betriebswirtschaftlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München mit den Schwerpunkten Finance und Accounting/Auditing. Direkt nach ihrem Diplom stieg sie bei der UniCredit Group in München als Trainee ein. Den Kontakt zu dem Unternehmen hatte sie bereits durch ein Praktikum kurz vor dem Studienabschluss geknüpft. Von Beginn arbeitet sie im Bereich Corporate & Investment Banking. Ihre Schwerpunkte sind die Vorbereitung und Begleitung von Fusionen und Übernahmen in der Versicherungsbranche. Von Christoph Berger

Zur Person

Stephanie Bürgel, 29 Jahre Eingestiegen November 2008 als Trainee und Analystin bei der UniCredit Corporate & Investment Banking Aufgestiegen Januar 2011 zur Associate
Netzwerke sind wichtig. Diesen Satz hat Stephanie Bürgel in ihrer dreieinhalbjährigen Berufszeit oft gehört. Und sie hat ihn beherzigt. Das Knüpfen von Kontakten und das Zugehen auf Menschen hat sich für die 29-jährige Betriebswirtin nicht nur gelohnt, es erleichterte ihr gerade in den vergangenen vier Monaten wieder einmal vieles: Im Februar wurde sie nach Mailand versetzt. Dort arbeiteten bereits einige Leute aus ihrer Traineezeit. Eine E-Mail an die ehemaligen Kollegen in der italienischen Finanzmetropole genügte, sofort war sie integriert. Ein Anruf aus ihrem Netzwerk war es auch, der Stephanie Bürgel direkt nach dem Studium zur UniCredit führte. Der Anruf ging jedoch nicht von ihr aus, sondern kam aus der Deutschlandzentrale der Bank in München. Ihr Vorgesetzter aus ihrem letzten Praktikum rief sie an und erzählte ihr vom Neuaufbau einer Abteilung, in der eine Traineestelle zu vergeben wäre – ob sie sich nicht bewerben wolle. Das tat sie. Den Bewerbungsprozess hat sie trotz ihres Kontakts durchlaufen: Vertreter der Personal- und Fachabteilung führten mit ihr Gespräche, einen Tag lang wurde ihr Vorgehen in einem Assessment Center (AC) beobachtet. „Wir waren damals nur zu zweit in dem AC, das ist untypisch. Normalerweise besteht die Gruppe aus etwa zwölf Bewerbern“, erinnert sie sich. Die Situation entsprang der Finanzkrise, die damals gerade ein Hoch erreicht hatte. Es gab kaum Einstellungen und nur wenige offene Stellen. Stephanie Bürgel erfuhr jedoch noch am selben Abend, dass sie sämtliche Prüfungen des AC bestanden hatte und einstimmig beschlossen worden war, ihr die Stelle anzubieten. Sie sagte zu. Als Analystin und Trainee startete sie im November 2008 in der Abteilung Financial Institutions Group Insurance ins Berufsleben. Das Münchener Team wurde damals gerade neu aufgebaut – zu Beginn gab es nur Stephanie Bürgel und ihren Chef. Einen Monat später kam noch ein weiterer Kollege dazu. Daher ging es gleich ganz untypisch für sie weiter: „Während andere Trainees zwei- bis dreimal in ihrer Traineezeit die Abteilungen wechseln, hatte ich nur eine Rotation. Ich arbeitete in den zwölf Monaten für ein Vierteljahr in Mailand.“ Sie musste sich schnell und intensiv in das Thema Mergers und Akquisitions auf dem Versicherungsmarkt einarbeiten und sofort voll mitarbeiten. Doch Nachteile haben sich daraus für sie bis heute nicht ergeben. Auch hat sie nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Eher das Gegenteil ist der Fall: „Ich übernahm in dem neu geschaffenen Team schnell Verantwortung. Das gab mir die Chance, mich gleich zu beweisen.“ Nach drei Wochen flog sie mit ihrem Chef nach London, um englischen Versicherungsunternehmen den deutschen Lebensversicherungsmarkt vorzustellen und ihnen mögliche Übernahmekandidaten zu präsentieren. Den eigentlichen Vortrag hielt damals zwar ihr Vorgesetzter, sie hatte jedoch viele Daten für die Präsentation zusammengetragen. Dazu hatte Bürgel Geschäftsberichte deutscher Versicherer und Broker- Research-Reports gewälzt, Firmenprofile und Databases erstellt sowie Marktanalysen durchgeführt. Aus sämtlichen Daten erstellte sie ein sogenanntes Pitch-Book für potenzielle Übernahmekandidaten, in dem ausgewählte Lebensversicherer mit allen relevanten Kennzahlen aufgeführt waren. „Dafür ist es wichtig, die Zielmärkte des Kunden zu erfassen. Die Daten und Vorschläge müssen zudem in seine Unternehmensstrategie passen“, erklärt Bürgel. Ziel derartiger Präsentationen und Gespräche ist es, das Interesse der Zuhörer zu wecken und zu einem Follow-up- Meeting zu kommen. Läuft alles nach Plan, steht am Ende die Begleitung und Durchführung einer Übernahme beziehungsweise Zusammenführung. Ihre Arbeit hinterließ Eindruck: In den ersten Jahren überzeugte Stephanie Bürgel so sehr, dass sie in den Talentpool der international aufgestellten Großbank aufgenommen wurde. Dort hinein kommt man aufgrund seiner außergewöhnlichen Leistungen und seines hohen Potenzials. Die Aufnahme in den Pool ist allerdings nicht der Erhalt eines Freifahrtscheins die Hierarchiestufen hinauf. Einmal im Jahr muss das Verbleiben im Talentpool der Bank durch die Vorgesetzten bestätigt werden. Die Aufnahme ist zum einen also eine Auszeichnung, zum anderen eine Herausforderung, weiterhin überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Sie ist aber auch mit einigen Vorteilen verbunden: „Ich erhalte mehr Förderung und kann auch mal ein externes Seminar besuchen“, erzählt Bürgel. Letztes Jahr nahm sie an einem Seminar in London zum Thema Versicherungsbewertungen teil. „Das Angebot hätte es im deutschsprachigen Raum so nicht gegeben“, sagt sie. Nach der zwölfmonatigen Traineezeit stieg sie im Januar 2011 zur Associate auf. Sie blieb in ihrer Abteilung, übernahm aber Schritt für Schritt neue Aufgaben. So baut sie inzwischen selbst Bewertungsmodelle für Versicherungen auf, erstellt federführend Präsentationen für Kunden und macht Kapitalanalysen. „Eine der maßgeblichen Kenngrößen eines Versicherungsunternehmens ist die Solvabilitätsquote, welche die Kapitalstärke eines Unternehmens beschreibt. Dabei werden die dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Eigenmittel den aktuellen gesetzlichen Kapitalanforderungen gegenübergestellt“, erklärt sie. Bürgel liefert nun nicht mehr nur einzelne Teile zu den Präsentationen, sondern erstellt das komplette Bewertungsprodukt. Ende 2011 wurde sie gefragt, ob sie nicht nach Mailand wechseln wolle. Ihre Arbeit dort sei dieselbe, nur ausgerichtet auf den italienischen Versicherungsmarkt. Lange überlegen musste sie nicht, Italienisch hatte sie bereits während des Studiums gelernt. Und eine Nähe zur italienischen Kultur und Lebensweise hatte sie schon immer empfunden. Die Arbeitsweise dort ist sowieso sehr deutsch, wie sie sagt: „Im M&A-Geschäft muss man sehr akkurat und strukturiert vorgehen.“ Und der Kontakt in die Heimat besteht weiterhin: Einmal im Monat fliegt sie nach Hause nach München.

Jung und erfolgreich bei: Horbach

Zu keinem Zeitpunkt während Inad Baassiris Studium gab es Anzeichen dafür, dass er seine berufliche Karriere in der Finanzbranche starten würde. Bis zu seinem Abschluss hatte er seinen Blick auf die Industrie gerichtet – nicht weit entfernt von der Universität Hohenheim sind in der Region zwischen Stuttgart und Ulm einige Automobilunternehmen und deren Zulieferer beheimatet. Dort machte er seine studienbegleitenden Praktika. Dabei lernte er jedoch nicht nur Fachliches, sondern auch sich selbst besser kennen. Ihm wurde bewusst, wie wichtig ihm der Umgang mit Menschen ist, dass ihm die Beratung rund um ihre Bedürfnisse nicht nur Spaß macht, sondern auch liegt. Von Christoph Berger

Zur Person

Name: Inad Baassiri Position: Finanzberater Stadt: Stuttgart Alter: 31 Jahre Studium: Wirtschaftswissenschaften (Diplom) an der Universität Hohenheim Abschlussjahr: 2010 Fremdsprachen: Arabisch, Französisch, Englisch Interessen: Joggen, Fitness Ziel: Mitarbeiter führen und einen Teamspirit aufbauen
Nach dieser Erkenntnis ließ er sich erst zum SAP-Berater zertifizieren. Später lernte er auf einer Jobmesse Mitarbeiter des Unternehmens Horbach kennen. „Aus einem anfänglich leichten Smalltalk entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über Arbeitsweisen sowie Ziele und Möglichkeiten im Beruf“, erinnert sich Baassiri. Das Gespräch hinterließ Eindruck auf beiden Seiten: Horbach lud Baassiri zu einem Center-Tag ein. Der nahm die Einladung gerne an und bekam Einblick in das Tagesgeschäft eines Finanzberaters, indem er das operative Geschäft des Unternehmens kennenlernte. „Ich stellte fest, dass die Schnittmenge zwischen dem Berufsangebot und meinen eigenen Zielen groß ist“, sagt er. Dazu gehört, dass ihm das Unternehmen zum einen eine Struktur bietet, in der die ersten Ausbildungsschritte klar vorgegeben sind, dass er sich aber auch selbst unternehmerische Ziele setzen kann, die letztlich über seinen Erfolg als Berater mitentscheiden. Baassiri durchlief erfolgreich das eintägige Assessment Center und überzeugte im Gespräch mit dem Management der Stuttgarter Niederlassung. Darauf folgten sechs Monate Traineezeit. Die Ausbildung erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen der Horbach Akademie für Finanzplanung & Management, der Servicezentrale und der betreuenden Führungskraft gemäß des persönlichen Karriereplans. „In den ersten drei Monaten büffelte ich für die IHK-Prüfung zum Versicherungsfachmann“, erzählt Baassiri. Dieser Titel ist Grundvoraussetzung dafür, überhaupt beraten zu dürfen. Seitdem berät er als freier Finanzberater Kunden in allen finanziellen Fragen – egal ob Vorsorgekonzepte, zielgerichtete Vermögensbildung, Beteiligungen, Immobilien oder Finanzierungen. Seine Kunden sind meist Hochschulabsolventen, die er im Optimalfall vom Studium bis ins Rentenalter begleitet und mit deren wechselnden Lebenssituationen er mitwächst. Dabei stehen in der persönlichen Beratung die individuellen Ziele und Präferenzen des Kunden im Fokus. So ganz hat Baassiri den Kontakt zur Industrie dabei nicht verloren: „80 Prozent meiner Kunden sind Ingenieure. In deren Welt kann ich mich besonders gut hineindenken, denn ich verstehe sie.“

Privatbank versus Großbank

Weltweiter Konzern oder familiäre Atmosphäre? Beim Berufseinstieg ist die Entscheidung für eine Privat- oder eine Großbank eine richtungweisende Frage. Möglichkeiten zur großen Karriere bieten beide Modelle. Allerdings auf unterschiedliche Weise. Von Jürgen Bröker

Als Martina Lohmüller vor mehr als 20 Jahren – damals noch bei der Dresdner Bank – in die Welt einer Großbank eingestiegen ist, hat sie sich das genau überlegt. Sie war sich der Karrierechancen bewusst, die ein breit aufgestelltes Kreditinstitut seinen Mitarbeitern bietet. Die Dresdner Bank ist mittlerweile mit der Commerzbank verschmolzen, und Lohmüller ist immer noch dabei. Seit 2009 ist sie als Teamleiterin für Nachwuchs und Beratung in der Region Süd zuständig. Von der Rekrutierung bis hin zur Weiterentwicklung koordiniert sie die Nachwuchsarbeit für die Großräume Frankfurt am Main, München und Stuttgart. Bis zu 150 Trainees stellt die Commerzbank jedes Jahr ein – in ganz unterschiedlichen Bereichen. „Wir suchen IT-Leute und Controller genauso wie junge Menschen, die ihre Karriere eher im Vertrieb sehen“, sagt Lohmüller. Dabei achtet die Bank darauf, dass das Gesamtpaket jedes Bewerbers stimmt. Neben den gängigen Qualifikationen aus Studium und Abschlussnoten sind für die Großbank Leistungs- und Lernbereitschaft sowie Teamfähigkeit ganz wichtig. Dafür gibt es für Einsteiger Möglichkeiten in sämtlichen Finanzbereichen. Zudem erhalten gerade Akademiker schnell die Chance, sich auf einen bestimmten Bereich zu spezialisieren. Eine Option ist die Karriere zum sogenannten Private-Banking-Berater. Dieser betreut vermögende Kunden. Hierbei sind die Aufstiegschancen in eine Führungsposition laut Lohmüller sehr gut. Im Bereich des Mittelstands können sich Einsteiger zum Firmenkundenberater ausbilden lassen. Die Einsatzmöglichkeiten richten sich nach den jeweiligen Stärken. Dabei stützt sich das Karrieremodell der Commerzbank auf drei Säulen: Diejenigen, die ihr Talent in der Mitarbeiterführung haben, gehen in Richtung Führungskarriere. Wer sich in Projekten wohlfühlt, kann dort Karriere machen. Und wem die Einarbeitung in ein bestimmtes Gebiet liegt, kann eine Spezialistenkarriere anstreben. Neben der Vielzahl an unterschiedlichen Bereichen sieht Lohmüller noch einen weiteren Vorteil im Vergleich zu kleinen Banken: Das Kreditinstitut ist nicht nur bundesweit, sondern auch im Ausland vertreten. Das eröffnet Absolventen internationale Perspektiven. Kontinuität und Tradition: Das sind die Säulen, auf die sich das Bankhaus Lampe beruft. Das wirkt sich auch auf die Karrieremöglichkeiten aus. Die sehen bei der Privatbank mit ihren insgesamt etwa 600 Mitarbeitern ganz anders aus als bei einer Großbank. „Wer zu uns kommt, entscheidet sich ganz gezielt für die besondere Atmosphäre einer unabhängigen Privatbank, die durch den unternehmerischen Hintergrund der Familie Oetker geprägt ist“, sagt Christiane Wolff, stellvertretende Personalleiterin des Bankhauses. Großbank sieht Wolff dabei für Trainees und Hochschulabsolventen die Möglichkeiten der Entwicklung abseits vorgegebener Karriereleitplanken. „Wir binden uns nicht an eine strenge Karriereplanung für bestimmte Funktionen, sondern schauen auf die Stärken und Neigungen unserer Mitarbeiter“, sagt sie. Individuelle Förderung und flache Hierarchien sorgen dafür, dass sich ein Berufseinsteiger im Laufe seiner Karriere in einem bestimmten Gebiet ein breites Wissen erwirbt und bei entsprechender Eignung sowie Engagement schnell als Experte fungieren kann. Dieses Jahr startet zudem ein neues Traineeprogramm, bei dem die Teilnehmer innerhalb von zwölf Monaten alle wesentlichen Geschäftsfelder der Bank und ihrer Tochtergesellschaften kennenlernen, um sich im Anschluss daran für einen künftigen Schwerpunkt zu entscheiden. „Unsere Stärke ist sicherlich, dass wir jeden Mitarbeiter persönlich kennen“, sagt Wolff. Sie glaubt zudem, dass die Querdurchlässigkeit und Flexibilität einer kleineren Bank größer ist. „Uns zeichnet außerdem vor allem Kontinuität aus“, sagt sie. Diesem Anspruch will man sich auch in der Sache Nachwuchs stellen. „Und den wollen wir nach Möglichkeit bei uns im Haus halten. Im Idealfall wird der Berater mit seinen Kunden älter“, sagt Wolff.

„Haus der 100 Berufe“

Die Versicherungswirtschaft kam im Vergleich zu anderen Bereichen der Finanzwirtschaft relativ glimpflich durch die Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise – und steht doch vor weiteren Herausforderungen. Welche das sind, wie sie bewältigt werden sollen und was das alles für Hochschulabsolventen mit sich bringt, darüber sprach Christoph Berger mit Dr. Michael Gold, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands der Versicherungsunternehmen in Deutschland. Herr Dr. Gold, nach außen wirken Versicherungsunternehmen oft konservativ. Was unternimmt die Versicherungswirtschaft, um Hochschulabsolventen für die Branche zu begeistern? Versicherungsunternehmen bieten jungen Menschen ein interessantes und weitreichendes Beschäftigungsfeld mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten, anspruchsvollen Herausforderungen und attraktiven Verdienstmöglichkeiten bis hin zur betrieblichen Altersversorgung. Daneben bestehen umfassende Möglichkeiten der Weiterbildung und -qualifizierung für die Mitarbeiter. Die Unternehmen investieren viel, um ihren Mitarbeitern ein gesundes, motivierendes und leistungsförderndes Arbeitsumfeld zu schaffen. Angebote, wie zum Beispiel zur gesunden Ernährung, Work-Life- Balance, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, stehen in vielen Häusern im Zentrum der Personalarbeit. Was macht die Arbeit in einem Versicherungsunternehmen spannend? Die Tätigkeiten sind sehr abwechslungsreich. Versicherungsunternehmen werden häufig als „Haus der 100 Berufe“ bezeichnet. Damit bündeln sie die unterschiedlichsten Charaktere, Professionen und Ausbildungsausrichtungen unter einem Dach. Die Unternehmensstruktur in der Branche ist sehr unterschiedlich. Dies führt dazu, dass die Einsteiger entweder in international tätigen Unternehmen, aber auch bei kleinen, mittelständischen Versicherern arbeiten können. Welche Rolle spielt das Thema Personal für die Versicherungsunternehmen? Personal spielt für die Versicherungsunternehmen auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen natürlich eine zentrale Rolle. Wie alle Branchen, die auf qualifizierte Mitarbeiter angewiesen sind, steht auch die Versicherungswirtschaft mittel- und langfristig vor der Herausforderung, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Die Versicherungswirtschaft gehört ja leider in Bezug auf die Außenwahrnehmung häufig nicht zu den Top-Adressen bei potenziellen Bewerbern. Diese Meinung ändert sich jedoch in fast allen Fällen, wenn die Absolventen den ersten Schritt in die Branche wagen. Dann zeigt sich nämlich, wie spannend, vielseitig und abwechslungsreich die Arbeit in einem Versicherungsunternehmen sein kann. Wie bewerten Sie die Einstiegschancen für Absolventen, und wie sieht die Einstellungspolitik der Branche aus? Die Chancen von Absolventen und Young Professionals in der Versicherungswirtschaft sind auch weiterhin hervorragend. Seit Jahren steigt der Anteil der Akademiker in der Assekuranz kontinuierlich an. Dieser Trend wird sich auch weiterhin fortsetzen. Wirtschaftswissenschaftler, Juristen und auch Absolventen der sogenannten MINT-Fächer – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – werden vermehrt gesucht. Aber auch alle anderen Akademiker sollten die Assekuranz im Blick haben, da ein breitgefächerter Bedarf bei den Unternehmen besteht. Was erwarten die Unternehmen von den Einsteigern? Neben den fachlichen und inhaltlichen Fähigkeiten sollten die Bewerber insbesondere Kreativität, Teamfähigkeit, Eigeninitiative, Dynamik, Überzeugungs- und Entschlusskraft sowie soziale Kompetenz und Kundenorientierung mitbringen. Außerdem sollten sie die Fähigkeit haben, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen und zu abstrahieren. Fremdsprachenkenntnisse sind auf jeden Fall von Vorteil. Für welche Versicherungsbereiche wird besonders Personal gesucht? Die Versicherer suchen in den Bereichen Risikomanagement, Controlling, Rechnungslegung, Compliance, IT sowie Produktentwicklung überdurchschnittlich häufig Nachwuchskräfte und Young Professionals. Ferner haben potenzielle Mitarbeiter mit Interesse am Vertrieb beziehungsweise hoher Kundenorientierung sehr gute Einstiegschancen. In all diesen Bereichen wird auch zukünftig hoher Bedarf bestehen. Steht auch die Versicherungswirtschaft vor dem Problem des Fachkräftemangels? Natürlich ist auch für die Assekuranz der Fachkräftemangel ein nicht zu vernachlässigendes Thema. Je nach Einsatzbereich und Ausrichtung fällt es den Unternehmen bereits heute unterschiedlich schwer, die passenden Mitarbeiter zu finden. Diese Herausforderung wird auch zukünftig nicht abnehmen. Vor welchen fachlichen Herausforderungen steht die deutsche Versicherungswirtschaft, was sind ihre momentanen Kernthemen? Der Umgang mit den Folgen der Banken- und Staatsschuldenkrise ist derzeit eine der größten Herausforderungen für die Finanzindustrie insgesamt, aber auch für die Versicherungswirtschaft. Gerade Lebensversicherer, die ihren Kunden über Jahrzehnte eine bestimmte Verzinsung garantieren, bekommen das anhaltende Niedrigzinsniveau zu spüren. Mit Solvency II steht zudem ein neues Aufsichtsgremium in den Startlöchern, das von den Unternehmen eine risikogerechtere Kapitalausstattung, eine bessere interne Risikokontrolle und mehr Transparenz und Berichterstattung fordert. Obwohl die konkreten Anforderungen noch nicht endgültig feststehen, müssen sich die Unternehmen schon auf eine Anwendung der Regeln ab Mitte 2013 vorbereiten. Wie begegnen die Unternehmen diesen Herausforderungen? Dass die deutschen Versicherer die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise für ihre Kunden bisher weitgehend abfedern konnten, ist einerseits auf die Stärke ihres Geschäftsmodells zurückzuführen, das sich von dem der Banken erheblich unterscheidet. Beispielsweise legen Versicherer ihr Kapital langfristig, sicher und breit gestreut an, sodass sie von kurzfristigen Marktturbulenzen kaum betroffen sind. Es hat sich ebenfalls ausgezahlt, dass Versicherer in den letzten Jahren – als Lehre aus der Finanzkrise 2002 und in Vorbereitung auf Solvency II – ihre Risikomanagementsysteme konsequent verbessert und ausgebaut haben. Hat sich die Branche in den letzten Jahren gewandelt? Die Versicherungswirtschaft bietet nicht nur Risikoschutz und Vorsorge für private Haushalte, Industrie, Gewerbe und öffentliche Einrichtungen an, sie ist auch ein großer institutioneller Kapitalanleger und Arbeitgeber. Damit ist sie von Entwicklungen in allen Bereichen von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft betroffen. Einen Wandel hat es zuletzt vor allem im Bereich der gesetzlichen Rahmenbedingungen gegeben. Die Anforderungen an die Versicherungsunternehmen, beispielsweise was den Vertrieb von Versicherungsprodukten betrifft, steigen stetig. Die Versicherer haben dies konsequent und nachhaltig umgesetzt und nehmen damit in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle im Vergleich zu anderen Branchen ein. Welchen Tipp können Sie jungen Leuten mit auf den Weg geben? Ich empfehle allen jungen Leuten, den Schritt in die Assekuranz zu wagen, denn unsere Branche bietet fast jedem eine hervorragende Perspektive mit vielen interessanten und verantwortungsvollen Aufgaben. Versuchen Sie möglichst früh, die Branche kennenzulernen, zum Beispiel durch ein Praktikum oder eine Studienarbeit.

Mit Sicherheit Karriere machen

Versicherungen haben es im Gegensatz zu anderen Bereichen in der Finanzwirtschaft geschafft, ohne nennenswerte Verluste durch die letzten Jahre zu kommen. Sie hielten nicht nur das Beschäftigungsniveau, sondern haben sogar die Sorge: Wo bekommen wir ausreichend Fachkräfte für die Zukunft her? Von Christoph Berger

Gute Noten, einen Masterabschluss und Praxiserfahrung im Versicherungsbereich: Dominique Zeh brachte zu ihrem Berufsstart bei der Allianz alles mit, was sich ihr Arbeitgeber erhoffte und was die Wunschanforderungen vieler Versicherer sind. Bereits während ihres Studiums hatte die heute 29-jährige Betriebswirtin begonnen, Kontakte zu Deutschlands größtem Versicherer zu knüpfen. Erst arbeitete sie als Werkstudentin in dem Unternehmen, später schrieb sie dort ihre Masterarbeit zum Thema Marktmanagement im Bereich Alternative Vertriebswege. Darin analysierte sie die Vertriebsstrukturen von Versicherungen und arbeitete alternative Wege des Verkaufs von Finanzdienstleistungsprodukten heraus. „Nach dieser strategischen Arbeit wollte ich das operative Geschäft eines Versicherungsunternehmens kennenlernen. Deshalb habe ich mich um eine der Traineestellen beworben“, sagt sie. Ein Jahr lang lernt sie nun die unterschiedlichen Personenversicherungsbereiche des Unternehmens kennen – also die Sparten Leben und Kranken. Gerade hat sie zehn Wochen Schulung zum Thema betriebliche Altersversorgung hinter sich. Im ersten Jahr des Traineeprogramms sind auch einige Stationen im Vertrieb vorgesehen. Im zweiten Jahr sind Stationen geplant, die sie auf ihre weitere Laufbahn vorbereiten. Zum Ende wird sie eine Projektarbeit durchführen. Dominique Zeh hat sich für ihren Berufseinstieg eine Branche ausgesucht, die zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland zählt. Die Versicherungswirtschaft wird im Umsatzvergleich mit anderen Branchen nur vom Maschinenbau und der Chemischen Industrie überflügelt. Laut dem Statistischen Taschenbuch der Versicherungswirtschaft 2011, das vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft herausgegeben wird, arbeiten in und für die 582 Versicherungsunternehmen in Deutschland 561.600 Menschen. 53 Prozent von ihnen sind abhängig beschäftigt, 47 Prozent selbstständige Versicherungsvermittler und -berater. Die meisten Versicherer haben sich auf Schaden und Unfall spezialisiert. Es folgen die Pensionskassen, Lebensversicherungen, Krankenkassen und Rückversicherer. Legt man das Prämienaufkommen zugrunde, ist Deutschland im Segment der Rückversicherung der führende Standort weltweit, eines der größten Unternehmen ist die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, bekannt unter der Marke Munich Re. Dort arbeitet seit 2010 die Mathematikerin und Geowissenschaftlerin Linda Gleser. In der Abteilung Global Clients/North America ist die 28-Jährige zuständig für die Risikomodellierung von Sachversicherungen im nordamerikanischen Markt. Ihre Kunden sind zumeist Erstversicherer, die sich mögliche Schäden ihrer Klientel absichern lassen wollen. Gleser schätzt anhand stochastischer Modelle zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, mit der Industrieanlagen in verschiedenen Regionen von Naturkatastrophen getroffen werden. „Die Berechnung von Naturkatastrophen- Risiken besteht vor allem in der Plausibilisierung, zu der eine intensive Auswertung eigener Daten und Ergebnisse gehört“, erklärt sie. Neben den Modellen nutzt Gleser aber auch Satellitenbilder, weitere Experteneinschätzungen und Datenmaterial. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse wird schließlich für jeden Versicherungsbestand, der rückversichert werden soll, entschieden, zu welchen Bedingungen das passieren kann und was dafür der risikoadäquate Preis ist. Beides fließt in den Vertrag mit dem Kunden ein, den ein Underwriter zeichnet. Der Rückversicherer übernimmt bei Naturkatastrophendeckungen oft das Spitzenrisiko aus dem Bestand des Erstversicherers und sorgt durch seine Internationalität für geografische Streuung der Risiken. Immer behält der Risikomodellierer dabei die Grenzen des eigenen Risikoappetits im Auge. „Unsere Modelle dienen auch der Kontrolle unseres gesamten Versicherungsbestandes“, sagt sie. „Das heißt, dass wir in besonders gefährdeten Regionen Haftungen deckeln; das Risiko kann ansonsten auch für den Rückversicherer zu hoch werden.“ Schon etwas länger in der Versicherungsbranche ist die 31-jährige Nicole Heidemeyer. Nachdem sie Ende 2006 bei der Generali Deutschland Gruppe ein zwölfmonatiges Traineeprogramm begonnen und durchlaufen hat – inzwischen wurde es auf 18 Monate ausgeweitet –, arbeitete sie im Personalmanagement des Unternehmens. Dort baute sie das strategische Personalmarketing auf. „Der Reiz lag für mich darin, mitzugestalten und gemeinsam mit Mitarbeitern der unterschiedlichen Konzernunternehmen eine Strategie für den Auftritt der Generali Deutschland im Bewerbermarkt zu entwickeln“, erinnert sie sich an ihr erstes Projekt. Schon während ihres Traineeprogramms konnte sie von dem großen Unternehmensverbund und der Markenvielfalt des Unternehmens profitieren, verschiedene Tätigkeitsfelder bei unterschiedlichen Konzernunternehmen kennenlernen. So wurde sie auf eine zukünftige Führungsaufgabe im Konzern Schritt für Schritt vorbereitet. Seit einem halben Jahr leitet sie nun die Gruppe Projekte im Projekt-und Anforderungsmanagement der Generali Deutschland Schadenmanagement, einer internen Dienstleistungsgesellschaft des Konzerns. „Unser Betätigungsfeld sind die aus der jährlichen Maßnahmenplanung abgeleiteten IT-Projekte zur Erweiterung und Optimierung der Anwendungslandschaft im Schadenmanagement“, erklärt sie. Zu ihren Aufgaben gehört dabei nicht nur, die Projekte mit ihrem Team abzuwickeln und zu begleiten. Sie muss auch die Schnittstellenfunktion zwischen IT und Fachbereich sicherstellen und dafür sorgen, dass die fachlichen Anforderungen in den IT-Systemen abgebildet werden. Ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten und auf Fakten basierende Überzeugungsarbeit sind dafür extrem wichtig. Fragt man die drei Versicherungsexpertinnen nach ihren Motivationen und den Gründen dafür, warum sie sich die Versicherungsbranche für ihren Karrierestart ausgesucht haben, sind die Antworten ähnlich: „Auch wenn es nach außen hin nicht immer den Anschein macht: Die Versicherungsbranche ist eine spannende und interessante Branche.“ Das beginne schon bei der Vielfalt im Mitarbeiterstamm. Fast sämtliche Berufsgruppen sind in einem Versicherungsunternehmen vertreten: vom Betriebswirt über den Informatiker und Ingenieur, vom Zahnarzt und Juristen bis hin zum Kunsthistoriker – dieser Mix macht die Arbeit nach Ansicht der drei äußerst interessant. Hinzu kommt, dass die Branche ständigen Veränderungen und Anpassungen unterworfen ist – hervorgerufen durch rechtliche Vorgaben, den technischen Fortschritt sowie durch soziale und gesellschaftliche Entwicklungen. Die Unternehmen müssen zum einen reagieren, zum anderen vordenken. Dies mache sie innovativ, ständig sei man dabei, Lösungen zu suchen und zu entwickeln. Nicht nur die drei Einsteigerinnen sind sich bezüglich der Attraktivität der Branche einig, sondern auch die Personalverantwortlichen, wenn es um das Anforderungsprofil von Absolventen geht. An erster Stelle steht dabei der zu Beginn erwähnte sehr gute Notendurchschnitt im Studium. Dominik Hahn, Personalreferent im Personalmarketing bei der Allianz, sagt: „Für unsere Einstiegsprogramme suchen wir die 10 bis 15 Prozent der Besten.“ Wer in das Vorstandsassistentenprogramm aufgenommen werden will, sollte außerdem einen MBA oder die Promotion in der Tasche haben. Verena König, Personalverantwortliche bei Munich Re, fügt hinzu: „Wir suchen außerdem Absolventen international ausgerichteter Studiengänge und erwarten sehr gute Fremdsprachenkenntnisse, Praktikums- und Auslandserfahrungen.“ Dafür wird einiges geboten: Neben einer intensiven Betreuung, einem gegenüber anderen Branchen überdurchschnittlichen Gehalt und vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten weiten die Unternehmen ihr Angebot aus. Christoph Zeckra, Leiter Konzernpersonal bei der Generali Deutschland, sagt: „Die Vereinbarkeit von Karriere und Familie wird durch unterschiedliche Familien- und Betreuungsangebote und flexible Arbeitszeitmodelle auch für Führungskräfte besonders gefördert.“

Interview mit Andreas Schmitz

Begonnen hat Andreas Schmitz seine Banker-Karriere bei HSBC Trinkaus vor 23 Jahren als Assistent eines persönlich haftenden Gesellschafters. Heute ist er Sprecher des Vorstandes und zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken. Im Interview erzählt der 52-Jährige über seinen Weg nach oben und die Anforderungen, auf die Einsteiger heute in der Bankenbranche treffen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Andreas Schmitz, Jahrgang 1960, beendete sein Studium der Volkswirtschaft und der Rechtswissenschaften an der Universität Bonn nach Abschluss des zweiten Staatsexamens als Rechtsanwalt. Seine berufliche Laufbahn bei HSBC Trinkaus begann er als Assistent eines der persönlich haftenden Gesellschafter. Anschließend arbeitete er im Firmenkundengeschäft und baute später die Investmentbanking-Aktivitäten der Bank auf. 2002 wurde Andreas Schmitz persönlich haftender Gesellschafter der Bank, 2004 zum Sprecher der persönlich haftenden Gesellschafter berufen und mit dem Rechtsformwechsel 2006 zum Sprecher des Vorstands ernannt. Heute ist er verantwortlich für die Bereiche Global Banking und Investment Banking sowie für das Emissions- und Konsortialgeschäft. Er ist zudem Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Präsident der Börse Düsseldorf, Vizepräsident der IHK Düsseldorf und Mitglied des Verwaltungsrats der KfW sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Andreas Schmitz ist verheiratet und hat drei Kinder.
Herr Schmitz, für Ihr Unternehmen spielen Begriffe wie „Tugend“, „Werte“ und „Nachhaltigkeit“ eine große Rolle. Wie sehr verschlechtert sich Ihre Laune, wenn Sie in der Zeitung lesen müssen, wie andere Banker mit diesen Begriffen umgehen? Ich staune da manchmal nicht schlecht. Das trifft mich auch. Denn es ist einfach nicht nachvollziehbar, wie man nach fast vier Jahren seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers noch immer nicht verstanden hat, welche Lehren zu ziehen sind. Banken können ihre Existenz nur durch ein verantwortungsbewusstes Geschäft als integraler Bestandteil der Gesellschaft begründen. Durch die Finanzkrise ist viel Vertrauen verlorengegangen. Dieses wiederzuerlangen, ist unsere größte Herausforderung. Denn ohne Vertrauen ist Bankgeschäft nicht denkbar. Aber: Übertrieben haben nur einige wenige. Die große Mehrheit der Mitarbeiter in Banken macht einen engagierten Job für die Kunden. Aber das Fehlverhalten dieser wenigen hat das Image der gesamten Branche negativ geprägt. Was erhoffen Sie sich daher von Bankern der Zukunft? Wer heute in diesen Beruf einsteigt, wird es sicherlich nicht wegen der Aussicht auf exorbitante Einkommen tun, denn die Zeiten großer Boni sind in unserer Branche definitiv vorbei. Banken sind der Blutkreislauf der Wirtschaft. Wer hier arbeitet, befindet sich mitten im Wirtschaftsleben und kann viel gestalten. Besonders bemerkenswert finde ich, dass unser Nachwuchs sich der großen Verantwortung gegenüber den Kunden bereits von Anfang an bewusst ist. Und darin liegt auch meine Hoffnung: dass für die Banker der neuen Generation wieder stärker die Prinzipien des ehrbaren Kaufmanns im Vordergrund stehen. Das muss die jeweilige Unternehmensführung dann aber auch vorleben. Welche Eigenschaften und Qualitäten benötigt ein Banker, um seinem Unternehmen zu helfen, die Krise zu überstehen und nachher gestärkt aus der Krise hervorzugehen? Unser Haus ist jetzt 227 Jahre alt. Hat vier Revolutionen, ein halbes Dutzend Kriege, sechs Währungsumstellungen sowie elf verschiedenen Staats- und Herrschaftssysteme überlebt. Es ist damit mehr als krisengestählt und sogar stets gestärkt aus jeder Krise hervorgegangen. Die wichtigsten Eigenschaften hierfür sind vorausschauendes Denken und ein konservatives Risikomanagement. Diese Bank hat es immer verstanden, sich den veränderten Marktbedingungen anzupassen, ohne ihre Unternehmenskultur zu beschädigen. Nachhaltigkeit ist hier mehr als nur ein Schlagwort. Es ist die Grundlange für ein langfristig angelegtes Wirtschaften, und in Krisenzeiten wie diesen sehen uns unsere Kunden als sicheren Hafen, weil wir als stabil und beständig anerkannt sind. Wie erleben Sie persönlich hoch ambitionierte Einsteiger, die direkt von der Uni kommen? Welche Eigenschaften faszinieren Sie, wo sehen Sie Nachholbedarf? Erfrischend ist bei unserem Nachwuchs diese Neugier und Offenheit, mit der sich junge Menschen ihre Welt erschließen. Da werden Fragen gestellt, die sich keiner sonst mehr zu stellen traut. Oder es werden eingefahrene Prozesse hinterfragt, die sich aufgrund des Prinzips, man habe es immer schon so gemacht, längst überholt haben. Viele bringen von der Uni auch neues theoretisches Wissen sowie innovative wissenschaftliche Methoden mit, die eine Organisation immer wieder beleben. Was wir aber bei vielen Bewerbern zunehmend vermissen, ist das, was man heute als soziale Kompetenz bezeichnet. Sei es, dass sich Studierende so sehr in die Theorie verbissen haben, dass sie ihr Wissen in der Praxis nicht nutzen können, oder sei es beim Umgang miteinander, wo wir manchmal einfache Benimmregeln vermissen. Bankgeschäft ist Kundengeschäft – da gehören diese einfach dazu. Die Finanzbranche hat ungeheuer an Komplexität zugenommen. Sollen sich junge Banker sehr früh spezialisieren, oder sind Sie ein Befürworter von Generalisten? Ich glaube, Banken brauchen – wie jedes andere Unternehmen auch – beides. Spezialisten sind gefragt, wenn es um die Entwicklung hochkomplexer Finanzprodukte geht, die ganz spezifische Kundenbedürfnisse erfüllen. Generalisten brauche ich, wenn es um die Kundenberatung geht. Da muss ich als Berater die Übersicht über die verschiedensten Produkte haben, um meinem Kunden das für ihn richtige empfehlen zu können. Unsere Berater im Bereich Vermögende Privatkunden bezeichnen sich selbst scherzhaft als „Hausärzte in allen Finanzdingen“. Da steckt viel Wahrheit drin. Sie sind seit 1989 bei HSBC Trinkaus, eine so lange Karriere in einem Bankhaus ist eher ungewöhnlich. Was ist aus Ihrer Sicht der große Vorteil einer so konstanten Karriere? Ich kenne unsere Bank in- und auswendig, da macht mir keiner mehr etwas vor. Zudem konnte ich die Strategie über einen langen Zeitraum mitgestalten. So entwickelt man ein ganz anderes Verhältnis zum Unternehmen, als wenn man immer wieder neu kurzfristigen Erfolgen hinterherlaufen muss. Man könnte jetzt einwenden, dass man dadurch andere Erfahrungen verpasst, die einen persönlich weiterbringen können. Aber unser Vorstand ist nicht nur mit strategischen Themen befasst, wir betreuen alle selbst noch Kunden. Das Gespräch mit ihnen gibt mir nicht nur immer wieder neue Blickwinkel – es erdet auch ungemein. 23 Jahre in einem Unternehmen – da gab es sicher auch schwierige Momente. Können Sie rückblickend sagen, wie Sie diese Probleme und Herausforderungen überwunden haben? In solch einem Zeitraum passiert natürlich einiges: Ein vielversprechender Deal mit dem Kunden ist nicht zustande gekommen. Oder Vorgesetzte haben anders entschieden, als man hoffte. Es gibt Ratschläge, die wie Binsenweisheiten klingen, sich aber auch im Verlauf meiner Karriere bewährt haben: „Nicht alles persönlich nehmen“, „sich nicht unterkriegen lassen“, „aus Erfahrungen und Fehlern lernen“. Ich bin jemand, der immer nach vorne schaut. Vergangenes muss man abhaken. Ich bin daher nicht nachtragend. Das Wichtigste aber ist: Man muss sich treu bleiben. [pull_quote_center]

Zum Unternehmen

HSBC Trinkaus ist eine international aufgestellte, kundenorientierte Geschäftsbank. Das Haus versteht sich als Bank, die zum einen als Tochter der britischen Mutterbank HSBC Teil einer der weltweit größten Bankengruppen ist, zum anderen ihre Kunden individuell und persönlich mit den Werten einer 227-jährigen Geschichte betreut. Das Mutterhaus HSBC hat rund 7200 Niederlassungen in mehr als 80 Ländern und Regionen. Für die deutsche Tochter HSBC Trinkaus sind rund 2500 Mitarbeiter tätig, von denen mehr als ein Drittel länger als zehn Jahre im Unternehmen arbeiten. Das Durchschnittsalter liegt bei 39 Jahren. Der Fokus liegt auf der Beratung von vermögenden Privatkunden sowie Firmen- und institutionellen Kunden. Stammsitz des Unternehmens ist Düsseldorf. Zudem verfügt die Bank über Standorte in Baden-Baden, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Luxemburg. Mit „AA“ besitzt HSBC Trinkaus das beste Fitch-Rating einer privaten Geschäftsbank in Deutschland. [/pull_quote_center]