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Jung und erfolgreich bei: Sanofi

Als bei mir die Wahl anstand, welches Fach ich studieren möchte, war meine Entscheidung schnell getroffen: Ich wollte Ingenieurin werden. Besonders wichtig war mir, in eine zukunftsträchtige und innovative Wissenschaft einzusteigen – da war der Weg nicht weit zur Medizintechnik. Von Dr. Sabrina Jauch-Matt

Name: Dr. Sabrina Jauch-Matt
Position: Evaluation Engineer im Bereich Medical Devices
Stadt: Frankfurt am Main
Schulabschluss: Abitur
Studium: Masterstudium: 2009, Promotion: 2013
Interessen: Snowboarden, Reisen
Berufliches Ziel: Fach- und Führungsverantwortung in einer Entwicklungsabteilung für medizintechnische Produkte

Ich studierte Biomedizintechnik an der Universität Hannover und eignete mir so eine solide Basis sowohl im Bereich der Ingenieurwissenschaften als auch der Medizin an. Bereits nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass ich meine Kenntnisse und Fähigkeiten in der Forschung vertiefen wollte. Ich begann deshalb eine Promotion am Institut für Biomechanik der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Vor einer der schwierigsten Entscheidungen meines beruflichen Werdeganges stand ich nach Ende der Promotion: Sollte ich weiterhin im akademischen Umfeld arbeiten oder doch in die Industrie wechseln? Zunächst hatte ich mich für den akademischen Weg entschieden und arbeitete als „Postdoc“ am Centre for Orthopaedic Biomechanics der University of Bath in England.

Um den Absprung in die Industrie nicht zu verpassen, trat ich nach meinem einjährigen Auslandsaufenthalt eine neue Tätigkeit als Evaluation Engineer im Bereich Medical Devices der Firma Sanofi in Frankfurt am Main an. Dieser Geschäftszweig konzentriert sich auf die Entwicklung von Drug/Device Combination Products und bietet mir ein breites, abwechslungsreiches Arbeitsspektrum. Mein während des Studiums und der Promotion erworbenes Knowhow kann ich in meiner täglichen Arbeit erfolgreich einsetzen, um in Kooperation mit Produktentwicklern, Risiko- und Projektmanagern sowie vielen weiteren Kollegen die Entwicklung von Kombinationsprodukten wie Autoinjektoren und Insulinpens voranzutreiben. Diese Medizinprodukte werden von Patienten zu Hause genutzt, um Medikamente bei verschiedensten Erkrankungen zu applizieren, zum Beispiel bei der Behandlung von Diabetes oder Rheuma.

Einige dieser Entwicklungsprojekte treiben wir zusammen mit externen Partnern voran, sodass Dienstreisen innerhalb Europas, aber auch nach Asien oder in die USA zu meiner Tätigkeit zählen. Insbesondere dank der Zusammenarbeit mit Menschen aus fremden Kulturen konnte ich meine soziale Kompetenz und meinen persönlichen Horizont erweitern.

Da bei der Firma Sanofi die Förderung der Mitarbeiter einen großen Stellenwert einnimmt, konnte ich mich bereits nach kurzer Zeit in den Bereichen Projektmanagement und Qualitätsmanagementsysteme weiterbilden. Ganz wichtig für mich ist, dass ich trotz meiner Tätigkeit in der freien Wirtschaft am Puls der Forschung bleibe. Ich nehme weiterhin an nationalen und internationalen Kongressen teil und kann dies gut mit meiner neuen Tätigkeit verbinden. Derzeit besuche ich die Ausbildungsreihe „ProFi“ für angehende Führungskräfte und lerne viel über Mitarbeiterführung, Kommunikation und
Handhabung von Konflikten, Zusammenarbeit im Team sowie Arbeitsrecht.

Lutz Mallon – Der Kapitän vom Forschungsschiff „Sonne“

Ende 2014 wurde die Sonne in Betrieb gestellt und von Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich getauft. Das neue Forschungsschiff zählt zu den modernsten der Welt – und Lutz Mallon ist ihr Kapitän. An Bord trägt er Verantwortung für die Besatzung und die 40 Wissenschaftler, die vom Schiff aus die Tiefsee erforschen. Für den 56-Jährigen ist das ein Traumjob. Im Interview erzählt er, worauf es dabei ankommt und worauf sich Ingenieure einstellen müssen, wenn sie sich für eine Karriere auf hoher See entscheiden. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Lutz Mallon, geboren 1958, absolvierte von 1974 bis 1976 eine Ausbildung zum Matrosen in der Handelsschifffahrt bei der Deutschen Seereederei (DSR) in Rostock. Von 1983 bis 1986 studierte er in Warnemünde an der Ingenieurhochschule für Seefahrt Nautik und erwarb dort sein Patent als Kapitän. Bis 1996 fuhr er auf Schiffen der DSR als nautischer Offizier und wechselte dann in die Forschungsschifffahrt. Sein erstes Schiff als Kapitän fuhr er 2002. Derzeit ist Lutz Mallon Kapitän des neuen Forschungsschiffes „Sonne“ der Reederei Briese mit Sitz in Leer.

Herr Mallon, wo erwische ich Sie denn gerade?
Zu Hause.

Nicht an Bord der „Sonne“?
Nein, die befindet sich auf dem Weg in Richtung Panamakanal. Und ich habe Urlaub.

Können Sie als Seefahrer den Urlaub an Land überhaupt genießen?
Na ja, Urlaub ist Urlaub. Da gilt es vor allem, sich ein bisschen vom harten Job auf dem Schiff zu erholen. Mein Kapitänskollege vertritt mich, sodass es an Bord auch keine Probleme gibt und ich tatsächlich abschalten kann.

Sie sind jetzt für ein ganz neues Schiff verantwortlich: die „Sonne“, ein hochmodernes Forschungsschiff, getauft von der Bundeskanzlerin persönlich.
Für mich war hier besonders, dass ich den Bau des Schiffes begleitet habe. Ich bin im Februar 2013 von der alten „Sonne“ runter und war ein Jahr lang in der Endphase des Baus der neuen „Sonne“ in der Werft in Papenburg dabei.

Was war dort Ihre Aufgabe?
Na ja, ich habe aufgepasst, dass die das auch ordentlich machen. (lacht) Die Bauaufsicht hatte die Bundesanstalt für Wasserbau, ich war sozusagen der Vertreter der praktischen Seite, der die Erfahrungen von unzähligen Stunden auf See einbringen konnte. Es gibt halt Dinge, die an Land sinnvoll erscheinen – es auf dem Meer aber nicht sind.

Ein Jahr Arbeit auf dem Land – haben Sie in dieser Zeit das Meer vermisst?
Das war tatsächlich eine große Umstellung, da ich zum ersten Mal seit 40 Jahren so etwas wie geregelte Arbeitszeiten hatte. An Land wohnen, jeden Tag morgens in die Werft und abends wieder zurück – das kam mir schon komisch war, und ich war letztlich froh, als das Schiff endlich schwamm.

Sie könnten also nicht ohne die Seefahrt.
Sehen Sie, ich habe mit 16 Jahren meine Lehre begonnen und wollte schon damals nichts anderes, als zur See zu fahren. Nun bin ich Kapitän, und das ist natürlich eine besondere Aufgabe. Mich reizt es, Verantwortung zu übernehmen, die Besatzung zu leiten, die Wissenschaftler an Bord zu begleiten und anzuweisen. Einer muss auf einem Schiff den Hut aufhaben. Und das bin halt ich.

Den Hut aufzuhaben, bedeutet aber auch, da zu sein, wenn es mal schwierig wird.
Unbedingt, denn an Bord eines Schiffes herrscht nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen. Es ist nicht immer schönes Wetter da draußen, dann muss man den Forschern schon mal klarmachen, dass bei einem zu starken Wind oder zu hohem Seegang keine Geräte eingesetzt werden können. Das ist nicht immer einfach, denn die Wissenschaftler möchten schnell mit ihrem geplanten Forschungsprogramm vorwärtskommen – erkennen aber häufig die Gefahren nicht. Mein Job ist es dann, das richtige Maß aus Sicherheit und Forschung zu finden. Denn das Wohl der Menschen an Bord steht über allem. Und was man auch nicht vergessen darf: Die Ausrüstung der Forscher ist oft ein paar Millionen wert. Auch das muss ich im Blick haben.

Welcher Typ ist dann gefragt: jemand mit klarer Ansage oder eher der ausgleichende Typ?
Es muss die klare Ansage sein. Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn es um die Sicherheit von Personen und Schiff geht, kann es an Bord keine Demokratie geben. Darum gilt: Der Kapitän macht die Ansage – und dann wird nicht mehr darüber diskutiert. Wobei ich mir natürlich bei der Planung der anstehenden Aufgaben Rat bei meiner Mannschaft einhole, bei meinem Ersten Offizier oder beim Bootsmann, der an Bord die Arbeiten an Deck leitet.

Welchen Forschungsauftrag wird die „Sonne“ haben, wenn Sie wieder an Bord sind?
Wir sind dann im Pazifik, wo die Forscher seismische Vermessungen auf dem Meeresboden durchführen. Geologen entnehmen von dort unten Proben und suchen zum Beispiel nach Manganknollen oder anderen Erzen, die man unten finden kann.

Interessiert Sie der Forschungsauftrag der Wissenschaftler?
Es ist wichtig, dass wir als Besatzung wissen, wann und warum etwas gemacht werden soll. Nur dann können wir die Forschungseinsätze richtig einschätzen. Es gehört daher dazu, dass die Wissenschaftler kurze Vorträge halten und uns als Besatzung in ihre Forschungsmaterie und die Ziele einführen. Dabei ist uns die Relevanz dieser wissenschaftlichen Arbeit klar. Je mehr die Forscher die Zusammenhänge bei der Entstehung des Klimas erkennen, desto klarer wird, wie viel die Meere mit dem Klimawandel zu tun haben. Deshalb sind auf der „Sonne“ immer auch Klimaforscher dabei.

Mit Blick auf junge Ingenieure, die sich auch vorstellen, eine Karriere auf See zu starten: Was für Eigenschaften sind wichtig, um ein guter Kapitän zu sein?
Neben der fachlichen Kompetenz gehören Fleiß und Teamfähigkeit dazu. Man muss sich in die Gemeinschaft an Bord integrieren: Auf der „Sonne“ sind wir 72 Leute, 32 Mann Besatzung und 40 Wissenschaftler – und das auf einem Schiff mit 116 Meter Länge und 20 Meter Breite. Es ist also relativ eng, sodass es Menschen, die generell viel Platz für ihre eigenen Entfaltungsmöglichkeiten benötigen, eher schwer haben. Man fühlt sich auf einem Schiff auf Dauer nur wohl, wenn man wirklich die Liebe für die Seefahrt hat. Wenn jemand häufiger unzufrieden an Bord geht, dann wird das in der Regel auf Dauer nichts.

Sie haben 40 Jahre Seefahrt hinter sich…
Ja, und einen Job an Land könnte ich mir auf Dauer nicht vorstellen: Morgens mit der Butterbrotdose und der Kaffeekanne ins Büro fahren und abends wieder nach Hause – das wäre nichts für mich.

Forschungsschiff „Sonne“

Das neue Forschungsschiff „Sonne“ wurde Ende 2014 in Betrieb gestellt und löste damit das alte Forschungsschiff gleichen Namens ab. Gebaut wurde es in der Meyer Werft in Papenburg, die zuständige Reederei ist Briese Schifffahrt. Gebaut wurde die neue „Sonne“ im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Bildung. Haupteinsatzgebiete sind der Indische und der Pazifische Ozean, wo die „Sonne“ in der Tiefsee den Klimawandel untersucht und auf Grund nach Rohstoffen und Mineralen sucht.

Was fehlt noch zum Durchbruch der Elektromobilität?

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Was fehlt noch zum Durchbruch der Elektromobilität? Haben auch andere alternative Antriebsformen Chancen? Und was bedeutet das für junge Ingenieure? Antworten gibt Florian Rothfuss, Experte für die Mobilität von morgen bei der Fraunhofer Gesellschaft. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Florian Rothfuss, Foto: Fraunhofer IAO
Florian Rothfuss, Foto: Fraunhofer IAO

Florian Rothfuss, geboren am 2. März 1980, ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und leitet am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO das Geschäftsfeld „Mobilitäts-und Stadtsystemgestaltung“. Mit seinem Team aus Ingenieuren, Stadtplanern, Informatikern, Wirtschaftswissenschaftlern und Soziologen arbeitet er an Systemlösungen für die
Mobilität und die Städte der Zukunft.

Herr Rothfuss, noch immer hat die Elektromobilität den Durchbruch nicht geschafft. Was fehlt noch?
Bis vor kurzer Zeit haben die attraktiven Fahrzeugmodelle gefehlt. Es gab noch zu wenige Autos auf dem Markt, die mit Blick auf die Leistung, die Reichweite oder auch das Design mit herkömmlichen Fahrzeugen mithalten konnten. Das hat sich geändert, das Fahrzeugangebot ist nun da. Was dabei für die deutschen Hersteller spricht, ist, dass rund 60 Prozent der neu zugelassenen Elektroautos von heimischen Unternehmen kommen. Was jedoch weiterhin fehlt, ist eine flächendeckende Ladestruktur. Also nicht nur im urbanen Raum, sondern auch auf dem Land. Die Endkunden möchten ihr Elektroauto aber auch nutzen, wenn sie außerhalb von Städten unterwegs ist. Es muss daher auch außerhalb der Zentren eine Struktur geben, um flächendeckend und schnell aufzuladen.

Gibt es eine weitere technische Herausforderung, die Ingenieure noch lösen müssen?
Ein Thema ist die Prognose und auch der Verfall von Reichweite. Gerade in der kalten Jahreszeit, die Einbußen können dann bis zu 50 Prozent betragen, weil die Batterie generell durch die Kälte leidet und zudem der Nebenverbrauch zum Beispiel durch die Heizung deutlich ansteigt. Wer als Endkunde ein Auto mit einer versprochenen Reichweite von 150 Kilometern kauft, dann aber im Winter nur 75 Kilometer weit kommt, ist berechtigterweise enttäuscht. Neben den durch Batterie betriebenen Fahrzeugen entwickelt die Industrie auch weiterhin Brennstoffzellenautos, die in der Regel durch Wasserstoff angetrieben werden. Ist schon entschieden, wie der Wettbewerb der alternativen Antriebe ausgehen wird?

Es gibt aktuell eine kleine Renaissance der Brennstoffzellenfahrzeuge. Es bilden sich hier neue Allianzen aus Automobilherstellern und Gaslieferanten, erste serienverfügbare Fahrzeuge, zum Beispiel von Toyota, haben zuletzt für Aufsehen gesorgt. Welche alternative Antriebsform sich schließlich durchsetzen wird – das ist weiterhin für alle Akteure in der Branche sehr schwer einzuschätzen.

Wo liegen die Nachteile der Brennstoffzellentechnik?
Noch sind die Fahrzeuge zu teuer. Eine Infrastruktur, um die Autos mit Wasserstoff zu betanken, gibt es noch nicht, und auch die Energieeffizienz dieser Fahrzeuge ist noch deutlich ausbaufähig, denn bei der Umwandlung von chemisch gebundener Energie in Strom geht noch recht viel verloren.

Wie kann denn ein junger Ingenieur feststellen, welche Technik die Nase vorn hat?
Die Marktanteile sind ein wichtiger Indikator, und aktuell liegen Hybrid- und Batteriebetriebene Fahrzeuge vorne. Aber das ist eben noch nicht in Stein gemeißelt. Ein entscheidendes Jahr wird in meinen Augen 2020 sein: Wenn es bis dahin preislich attraktive Brennstoffzellenfahrzeuge gibt und eine Infrastruktur zur Betankung mit Wasserstoff aufgebaut ist, bekommt diese Technik ihre Chance. Ansonsten werden die mit Batterien angetriebenen Fahrzeuge in fünf Jahren schon so weit sein, dass die Brennstoffzellentechnik diesen Rückstand kaum noch aufholen kann.

Mit Blick auf den Ingenieurnachwuchs: Was macht den Einstieg in die Autoindustrie derzeit besonders spannend?
Die Branche befindet sich in einem echten Umbruch. Es geht nicht nur mehr darum, die Fahrzeuge zu optimieren und den letzten Prozentpunkt aus einem Getriebe herauszuholen. Die Ingenieure dürfen neu denken. Sie müssen es sogar. Und gerade die jungen Ingenieure haben sehr gute Chancen, relativ schnell aufzusteigen. Sie bekommen an den Unis und Hochschulen den neuesten Stand des Wissens vermittelt und kommen damit in die Unternehmen, wo sie auf ältere Ingenieure treffen, die zwar viele Erfahrungen mit Verbrennungsmotoren mitbringen, aber im Bereich der Elektromobilität weniger Know-how besitzen. Der Nachwuchs muss sich nun vielfach nicht mehr über Jahre hinweg hocharbeiten, sondern kann sich zügig als ein echter Experte in einem der neuen Bereiche etablieren.

Mobilität: Alles neu, alles anders

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Wer als Ingenieur in der Autoindustrie anfängt, steigt in eine Branche im Umbruch ein. Ob IT oder Elektrotechnik: Die Fahrzeuge entwickeln sich zu komplexen und vernetzten Systemen. Gefragt sind neugierige Entwickler, die auch Marketing und Ethik mitdenken und bei aller Leidenschaft fürs Auto Freude daran haben, ganz neue Mobilitätskonzepte zu entwerfen. Von André Boße

Ein gutes Auto vor 20 Jahren? Hatte fünf Gänge, acht Zylinder – und vermittelte ein gutes Fahrgefühl. Und morgen? Werden wir bei einem guten Auto von ganz anderen Dingen reden. Von elektrischen Antrieben. Von vernetzten IT-Komponenten an Bord, die miteinander kommunizieren und Kontakt zu anderen Autos aufnehmen. Und von Fahrerassistenzsystemen, die schon bald so ausgeklügelt sein werden, dass sie in der Lage sind, das Auto selbst zu steuern, ganz autonom, ohne Zutun des Fahrers. Das Auto wird zwar auch in Zukunft in erster Linie ein individuelles Fortbewegungsmittel bleiben. Es wird aber zugleich auch Teil eines digital vernetzten Mobilitätssystems sein.

Plädoyer für die grundlegenden Dinge
Was das für den Autoingenieur der Zukunft bedeutet? Die Frage geht an Dr. Ulrich Knödel, den leitenden Ingenieur bei Getrag, einem Unternehmen aus der Region Heilbronn, das die Autoindustrie seit vielen Jahren mit Getrieben beliefert. Man erwartet von ihm eine Antwort mit vielen neuen technischen Schlagworten, mit Begriffen aus der IT oder sogar der Kybernetik. Alles auch wichtig, sagt er. „Ich plädiere jedoch dafür, sich als Berufseinsteiger auf die Grundlagen zu konzentrieren: Elektrotechnik, Elektronik, Technische Mechanik, Strömungslehre, Thermodynamik.“ Zugegeben, diese Grundlagen seien auf dem Studienplan oftmals die unpopulären Disziplinen. „Aber sie setzen den Nachwuchsingenieur in die Lage, sich später auf unbekanntem Terrain zu bewegen und neue Themen selbst zu erarbeiten. Und darauf kommt es an.“

Die Rückbesinnung auf die grundlegenden Wissensgebiete der Ingenieurwissenschaften hat einen Grund: Durch die Elektrifizierung immer weiterer Teilbereiche ist das Auto zu einem so komplexen Produkt geworden, dass man die vielen technischen Zusammenhänge mit einem einzigen Studium gar nicht mehr abbilden kann. Wer als Ingenieur hier und dort ein wenig hineinschnuppert, erhält zwar eine Idee von der Vielfalt der Themen. Es bestehe, so Knödel, aber auch die Gefahr, dass man sich überall ein bisschen auskennt, aber nirgendwo so richtig. Auf Basis der Grundlagen tue man sich dagegen leichter, sich in die verschiedenen Bereiche einzuarbeiten, wenn es beim Job darauf ankommt. Und das ist die bessere Taktik.

Der Ratschlag zeigt, wie sehr die neue Mobilität die Arbeit der Ingenieure in der Automobilindustrie verändert. „Die Anforderungen an unsere Ingenieurteams werden immer höher“, sagt Ulrich Knödel. Im Bereich des Antriebsstrangs gebe es heute eine Vielzahl von Disziplinen, die eine Rolle spielen. „So ist weiterhin die mechanische Konstruktion wichtig, da auch elektrische Antriebe Drehmomente auf die Achse verteilen – und dafür benötigen auch die Elektroautos Stahl und Eisen im Triebstrang. Hinzu kommen die Themen, die sich durch die Elektrifizierung vieler Komponenten im Auto ergeben, wobei diese heute vielfach auch noch miteinander kommunizieren und zusammenwirken.“ Generalisten, die alle technischen Bereiche eines Autos beherrschen, werden daher immer seltener. Und selbst der Weg zum Spezialisten ist schwierig, weil sich die Technik und ihre Ansprüche sehr schnell ändern und die Erkenntnisse immer neuer Disziplinen einfließen.

Das DRIVE-E-Programm

DRIVE-E wurde 2009 vom BMBF und der Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam initiiert. Das studentische Nachwuchsprogramm zum Thema Elektromobilität besteht aus dem DRIVE-E-Studienpreis und der DRIVE-E-Akademie. Mit dem Studienpreis zeichnen die Veranstalter hervorragende, innovative studentische Arbeiten zur Elektromobilität aus. Die jährlich stattfindende Akademie bietet die Möglichkeit, einen exklusiven Einblick in die Theorie und Praxis der Elektromobilität zu gewinnen. Seit 2012 wird DRIVE-E in Partnerschaft mit einer jährlich wechselnden Hochschule durchgeführt. Hochschulpartner 2015 ist die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Weitere Informationen

Werkstatt und Silicon Valley
So entsteht eine neue Welt der individuellen Mobilität, in der IT-Themen wichtiger sind als klassische Motortüfteleien. Wer heute als Ingenieur in die Autoindustrie einsteigt, verbindet im Idealfall die alte mit der neuen Welt. „Bei uns ist man richtig, wenn man mit großem Spaß in der heimischen Garage am Auto bastelt und zeitgleich von den Entwicklungen im Silicon Valley fasziniert ist“, sagt Ralf Hunecke, Leiter des Personalmanagements bei BMW. Im Silicon Valley entstehen schließlich die großen Innovationen der vernetzten und digitalen Technik. Was die Unternehmen dort besonders gut können, ist, die Bedürfnisse der Kunden treffsicher und schnell zu erkennen und in neue Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Und darum, so Hunecke, gehe es heute auch in der Autoindustrie. „Das Thema Kundenorientierung hat im Zuge der neuen Mobilität noch mehr an Bedeutung gewonnen. Es geht nicht nur darum, was technisch möglich ist. Im Fokus steht, was die Kunden wollen.“

Ingenieure tüfteln also nicht länger abgeschottet an neuen Ideen und präsentieren sie dann einer staunenden Kundschaft. Sie müssen auch Themen wie Marketing oder Ethik mitdenken. „Den klassischen Ingenieur, der am liebsten alleine vor sich hintüftelt, gibt es zwar noch hier und da. Aber der Trend geht woanders hin“, so der BMW-Personalleiter. Gefragt seien heute Ingenieure, die Spaß daran haben, intensiv in Teams zu arbeiten. „Nicht nur in internen Teams, sondern auch in Netzwerken mit Forschern oder auch Mitarbeitern anderer Automobilunternehmen. Es geht in vielen Bereichen der neuen Mobilität darum, gemeinsam neue Lösungen zu finden. Dabei werden viele alte Grenzen überwunden.“

Arbeitgeberwechsel? Kein Problem
Das gilt auch für die Unternehmenskultur in den Konzernen. Der Idee des Ingenieurs, der sein Leben lang für einen Autobauer arbeitet, wohnt zwar eine Romantik inne. Wirklich zeitgemäß ist sie jedoch nicht mehr. „Wir müssen uns als Konzern daran gewöhnen, dass gute Leute nach einer gewissen Zeit eventuell weiterziehen, weil sie noch andere Erfahrungen sammeln möchten“, sagt Ralf Hunecke. Gerade in besonders innovativen Bereichen müsse man den talentierten Leuten die Möglichkeit geben, den Arbeitgeber zu wechseln, ohne dass dieser Schritt gleich als Hochverrat eingestuft wird. „In diesem Sinne benötigen wir neben Konzepten, die Mitarbeiter zu binden, auch eine gute Trennungskultur, denn dort, wo Innovationen entstehen sollen, ist es hilfreich, wenn mit neuen Leuten immer wieder auch neue Ideen ins Unternehmen kommen.“

Wie wichtig diese neuen Entwicklungen für die Mobilität der Zukunft sind, verdeutlicht Jürgen Schenk, Chief Engineer Electric Vehicles bei Daimler. „Innovationen sind heute mehr denn je der Schlüssel zum Erfolg“, sagt er. Um diese auf den Weg zu bringen, setzt der Konzern auf Teams, bei denen Diversity eine große Rolle spielt. „Wir legen Wert darauf, Fachkräfte unterschiedlicher Arbeitsgenerationen, Fachdisziplinen, Kulturen und Nationen zusammenzubringen.“ Bezeichnend ist, dass Daimler sich längst nicht mehr nur als Autohersteller sieht, sondern als Dienstleister. Das Ziel: die Innovationsführerschaft im Bereich urbaner Mobilitätskonzepte.

Es gehe daher bei Elektromobilität längst nicht mehr ausschließlich um das Produkt Auto selbst. „Das veränderte Nutzungsverhalten erfordert neue Systemansätze, Mobilitätskonzepte, intelligente Vernetzung und maßgeschneiderte Dienstleistungen“, sagt Schenk. Die Zukunft der Mobilität – sie wird smart, daran lässt der Daimler-E-Mobility-Manager keinen Zweifel. „Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien spielen in der Elektromobilität eine wichtige Rolle. Sie steuern alle wichtigen Funktionen im Fahrzeug und bilden die Grundlage für dessen Integration in zukünftige intelligente Energie- und Verkehrssysteme.“

Vom Wandel begeistern lassen
Bleibt noch die Frage, ob man die Ingenieure auf Dauer damit überfordert, wenn diese auf so vielen Ebenen denken und handeln müssen – zumal die Elektromobilität zwar überall als Technik der Zukunft gilt, der Durchbruch auf den deutschen Straßen aber noch aussteht. „Nachwuchskräfte, die an der Zukunft der Mobilität arbeiten wollen, sollten unbedingt eine Faszination für Neues mitbringen“, sagt Konstantin Drozhdin, Head of Corporate Employer Branding & Strategic Recruiting bei Continental, dem größten Zulieferer für die deutsche Autoindustrie. In der Autoindustrie hat man auch erkannt, dass es vor allem bei den Entwicklungsingenieuren und Führungskräften einen Ausgleich zur ständigen Lern- und Leistungsbereitschaft geben muss.

„Neben den vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten ist uns auch eine ausgeglichene Work-Life-Balance wichtig. Zudem unterstützen wir unsere Führungskräfte dabei, in ihrer Rolle zu wachsen und Realismus und Innovationen miteinander zu verknüpfen“, sagt Konstantin Drozhdin. Die Mobilität der Zukunft mitzugestalten, ist eine große Herausforderung. Die Unternehmen wissen das nicht nur. Sie wissen es auch wertzuschätzen.

Elektroauto: Gar nicht mehr so teuer

Die hohen Anschaffungspreise für Elektrofahrzeuge stellen bislang eine der größten Hürden für die Etablierung der E-Mobilität in Deutschland dar. Doch dieses Argument könnte bald hinfällig werden, wie eine Studie der Managementberatung Horváth & Partners zeigt: Waren Elektrofahrzeuge bis 2010 noch fast doppelt so teuer wie vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, beträgt der Preisaufschlag für Elektrofahrzeuge, die 2013 neu auf den Markt gekommen sind, im Durchschnitt nur noch knapp 45 Prozent. Würde sich der Trend fortsetzen, läge der Aufpreis für Elektrofahrzeuge bis 2020 deutlich unter zehn Prozent, schätzt das Beratungsunternehmen.

Horváth & Partners: Fakten-Check Mobilität 3.0

DB Management Consulting

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Unternehmensgeschichte
Als erster Ansprechpartner für den DB-Vorstand und die Geschäftsfeldleitungen entwickeln wir wegweisende Konzepte für die strategischen und operativen Herausforderungen der Bahn und setzen sie wirksam um. Mit 80 Consultants in 8 Practices beraten wir Vorstände und Geschäftsfeldleitungen aller DB-Ressorts. Unsere Projektvielfalt reicht von der Pilotierung des automatisierten Bahnbetriebs mit der Digitalen S-Bahn Hamburg, über die Entwicklung digitaler Kundenservices, bspw. dem Komfort Check-in, bis zur Umsetzung der Operativen Exzellenz in unseren ICE-Instandhaltungswerken. Als Inhouse-Beratung sind wir dichter dran am Kerngeschäft, an Entwicklungen und Trends der Mobilitäts- und Logistikbranche, allen Entscheidungsträgern und unseren Auftraggebern.

Anzahl der Standorte in Deutschland
Frankfurt am Main, Berlin

Bedarf an HochschulabsolventInnen
50-60 PraktikantInnen und ca. 5 BerufseinsteigerInnen pro Jahr

Anforderungsprofil
• überdurchschnittliche Studienleistungen
• analytisches Denkvermögen
• Kommunikationsstärke und Problemlösefähigkeit
• Teamspirit und Neugier

Mitarbeiterförderung
• 10 Schulungstage pro Jahr (für hochwertige interne und externe Trainings)
• regelmäßiges Feedback im Projektverlauf
• halbjährliche Entwicklungsgespräche

Tätigkeitsbereiche
• General Management (Neuausrichtung von Geschäften, PMI, Programm-Management)
• Digitalisierung (Digitalisierung der Kundenschnittstelle, Prozessdigitalisierung)
• Marketing & Sales (Marktstrategie, Pricing, Produkt-/ Innovationsmanagement)
• Operations (Instandhaltung, Betrieb und Disposition, Asset Management)
• Corporate Functions (Steuerung von Leistungsbeziehungen, Optimierung der Beschaffung, Make or buy)
• Mobilität (Produktentwicklung, Qualität & Kundenzufriedenheit)
• Logistik (Europ. Schienengüterverkehr, Globale Logistikdienstleistungen)
• Infrastruktur (Schieneninfrastruktur, Personenbahnhöfe, Energieversorgung)

Karriereaussichten
Sechs Karrierestufen und vielfältige Perspektiven in verantwortungsvollen Positionen im DB-Konzern.

Angebote für StudentInnen
Praktika, Festeinstieg

Einstiegsvergütung
Branchenüblich

Logo DB

Ansprechpartner
Julia Schmidt

Anschrift
Gallusanlage 8
60329 Frankfurt am Main

E-Mail
dbmc.karriere@deutschebahn.com

Internet
management-consulting.deutschebahn.com

Generation Z: Interview mit Prof. Christian Scholz

Die Generation Z ist im Anmarsch, und sie denkt komplett anders als ihre Vorgängergeneration, die Y. Die Einsteiger von morgen trennen wieder scharf zwischen Arbeits- und Privatleben. Sie machen es sich gemütlich in ihrer kleinen Welt und geben sich schnell zufrieden. Das Problem: Weder führen sie gerne, noch stellen sie sich den großen Herausforderungen unserer Zeit. Der Saarbrücker BWL-Professor Christian Scholz hat als einer der ersten die kommende Generation Z und ihren Einfluss auf die Berufswelt analysiert. Sein Rat an die Führungskräfte, die bald auf diese jungen Menschen treffen: in Twitter-Häppchen erklären und die Ponyhof-Idylle stören. Das Interview führte André Boße

Zur Person

Christian Scholz (geboren am 18.10.1952 in Vöcklabruck/Oberösterreich) studierte in Regensburg und an der Harvard Business School und ist seit 1986 Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Er etablierte sich als Experte für Personalmanagement, schrieb in diesem Bereich Standarwerke und prägte für die moderne Arbeitswelt den Begriff des „Darwiportunismus“: Auf der einen Seite gilt der Darwinismus, nach dem Unternehmen die Besten wählen und die weniger Guten aussortieren, auf der anderen Seite handeln die Menschen opportunistisch, in dem sie ihre Chance suchen und sich anpassen.

Herr Scholz, wie unterscheidet sich die Generation Z von der Generation Y?
Vertreter der Generation Y haben beim Einstieg in den Job davon geträumt, Karriere zu machen. Sie haben geglaubt, dass sich Leistung lohnt, dass sich Loyalität auszahlt. Kurz: diese Generation war optimistisch. Sie hat Chancen gesehen, war motiviert, diese zu ergreifen, und hat dafür in Kauf genommen, dass sich die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben aufgelöst hat.

Nun kommt die Generation Z …
… ja, und diese hat sehr genau hingeschaut, was in den vergangenen Jahren passiert ist. Sie hat erkannt, dass die Karrierechancen gar nicht so groß sind, wie man geglaubt hat. Dass die Karriere zudem mit Phänomenen wie Stress oder Burn-out einhergehen kann. Und dass Unternehmen abseits ihrer Formulierungen auf den Homepages und in Hochglanzbroschüren weiterhin ganz andere Dinge im Kopf haben, als sich tatsächlich um das Wohl ihrer Mitarbeiter zu kümmern.

Wie tritt denn die Generation Z im Vergleich zur Vorgängergeneration in den Unternehmen auf?
Emotional distanzierter. Auch für diese Generation ist der Arbeitsplatz im Unternehmen ein Teil des Lebens – allerdings ein klar abgegrenzter Teil. Es wird also wieder eindeutig zwischen Arbeitszeit und Privatleben getrennt.

Erledigen sich damit alle Konzepte der Work-Life-Balance?
Bei den Vertretern der Generation Z, ja. Nehmen wir die Modelle zur flexiblen Arbeitszeit: Vertreter der Generation Z halten davon wenig. Sie gestalten ihr Leben wieder streng nach der Uhr: Um 17 Uhr beginnt die Freizeit, dann wird der Hebel umgelegt. Die Generation Z begreift, dass die so genannten Angebote zur Work-Life-Balance in Wirklichkeit deutliche Aufforderungen waren, flexibel zu sein und rund um die Uhr für das Unternehmen mitzudenken. Sie hat erkannt, dass es sich hier eher um ein Work-Life-Blendwerk handelte – und nun zielt sie auf eine Work-Life-Trennung.

Für Personaler kommt diese kommende Generation zur Unzeit, schließlich fangen viele Unternehmen gerade erst an, ernst zu nehmende Konzepte zur Work-Life-Balance zu etablieren.
Schon vor 15 Jahren, als die ersten Vertreter der Generation Y losgelaufen sind, hätten Unternehmen hier aktiv werden müssen. Nicht erst heute. Jetzt werden Unternehmen zum erneuten Handeln gezwungen, denn die Denkmuster der Generation Z sind ansteckend. Die anderen Generationen beobachten das Verhalten der Z-Vertreter und fragen sich: Warum nehmen sich die jungen Kollegen feste Arbeitszeiten heraus – und ich nicht? Aus diesem Grund ist es für Unternehmen und ihre Führungskräfte so wichtig, sich auf das Denken der kommenden Generation rasch und differenziert einzustellen. Der Einfluss der Generation Z wird sehr schnell wachsen. Zumal diese jungen Menschen nicht mit einem flauen Gefühl im Bauch um fünf nach Hause gehen – sondern eben glücklich und zufrieden.

Das Buch

Generation Z, WILEY VCH WEINHEIM
Generation Z, WILEY VCH WEINHEIM

„Generation Z: Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt“ ist eine spannend zu lesende Gesellschaftsanalyse, die beschreibt, wie sich die Arbeitswelt durch den Auftritt der neuen Generation Z ändern wird. Christian Scholz legt dar, dass diese kommende Generation nicht willkürlich oder aus Bequemlichkeit so denkt, sondern dass ihre Ansichten logisch zu erklären sind. In seinen Schlussfolgerungen plädiert der Autor für ein Miteinander der Generationen, wobei der Generation Y hier große Chancen hat: Sie ist eher in der Lage, zu differenzieren und zu motivieren.
„Generation Z: Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt“, ISBN-13: 978-3527508075

Man könnte beinahe sagen: unverschämt glücklich und zufrieden.
Aus Sicht der Vorgängergenerationen könnte man das sagen, ja. Auffällig ist, dass die Generation Z bescheidener, weniger materialistisch daherkommt. Ein kleines Auto reicht. Urlaub an der deutschen Küste ist auch okay. Ein Abend zuhause auf der Couch ist eine wunderbare Vorstellung. Eigentlich fehlt nur noch der Gartenzwerg. Vor allem aber: Die Generation Z ist mit sich selbst im reinen. Und hier unterscheidet sie sich vor allem von der Generation X: Diese tickte, was die Trennung von Arbeit und Privatleben betrifft ganz ähnlich wie die Z, war aber tendenziell unzufrieden.

Zufriedene junge Menschen, das klingt zunächst einmal gut. Oder?
Was gut ist: Ein Vertreter der Generation Z, der auf seine Pausenzeiten achtet und um fünf nach Hause geht, leistet teilweise mehr als manch ein Workaholic aus der Generation Y, der von Projekt zu Projekt hetzt, sich dabei verliert und dann im Burn-out landet. Es gibt aber auch ernstzunehmende Schwierigkeiten: So wollen die jungen Menschen der Generation Z nur ungern Führungsverantwortung übernehmen.

Warum ist das so?
Weil es Zeit und Nerven kostet. Es gefährdet die Zufriedenheit. Führung bedeutet, Ziele vorzugeben und andere Menschen zu begleiten, zu beurteilen, zu lenken, zu kritisieren. Und das passt nicht in die Harmonieseligkeit, nach der diese Generation strebt.

Woran machen Sie diesen Wunsch nach Harmonie fest?
Zum Beispiel daran, wie die Generation Z ihre Arbeitsplätze einrichtet. Die Generation Y hat das gesamte Unternehmen im Blick. Sie sucht nach Sinn in ihrer Tätigkeit, schaut auf das Verhalten und die Werte des Arbeitgebers. Das ist der Generation Z viel zu komplex. Der Arbeitsplatz ist hier ganz wörtlich das eigene Büro mit zwei, drei engen Kollegen, Zimmerpflanze und Teetasse auf dem Tisch, dazu Fotos vom Freund oder der Freundin. Eine kleine Pippi-Langstrumpf-Welt. Man kann auch sagen: spießig. Es fehlt noch der Ärmelschoner, dann wären wir bei Heinz Erhardt, also dem fleißigen Angestellten der Wirtschaftswunderzeit. Ideen wie flexible Arbeitsplätze und Großraumbüros gehen nicht nur an dieser Generation vorbei, sondern stoßen zwangsläufig auf Ablehnung.

Diese kleine, beinahe spießige Welt in den großen Unternehmen, die sich mit den komplexen Themen dieser Zeit beschäftigen müssen – kann das gut gehen?
Hier liegt das große Problem. Die Unternehmen sind in einer globalisierten Welt tätig. Es stehen die großen Themen Umweltschutz, Klimawandel und soziale Gerechtigkeit an, und es fällt so schwer wie nie zuvor, die jungen Menschen dazu zu bewegen, gesellschaftlich oder politisch zu denken. Mehr noch, sie bekommen die gravierenden Änderungen in der Arbeits- und Bildungswelt, die auch sie negativ betreffen, häufig gar nicht mit. Wenn ich auf meine Uni in Saarbrücken schaue: Früher konnte ich in Vorlesungen die Themen aufgreifen, die am Abend zuvor in einem der politischen TV-Magazine gezeigt wurden. Heute geht das alleine schon deshalb nicht mehr, weil diese Sendungen nicht geschaut werden. Ich müsste schon über Kochshows reden, um die jungen Menschen abzuholen.

Waren die anderen Generationen in dieser Hinsicht wirklich anders?
Aus meiner Sicht waren sie definitiv anders, aber natürlich nicht besser. In der Generation der Baby-Boomer wurde an der Universität für gesellschaftspolitische Ziele gestreikt. Es war aber auch die Zeit von Vietnam und es wurden zum ersten Mal wirkliche Unterschiede zwischen Arm und Reich deutlich, was dann im Wertemuster der Generation X deutlich wurde. Die Generation Y erlebte die Bologna-Reform, und der typische Vertreter dieser Generation jubelte damals: Ein einfacheres und an den Zielen der Unternehmen ausgerichtetes Studium – schon nach drei Jahren fertig und dann mit dem Bachelor genauso viel Gehalt wie mit einem Diplom: eine super Sache. Die Generation Z sieht, dass das alles nicht so geworden ist. Sie akzeptiert das neue System, zieht aber ihre Konsequenzen: Wenn gute Noten wichtig sind, dann ist halt alles abseits des Zauberwortes „klausurrelevant“ automatisch für mich irrelevant.

Was stelle ich als junge Führungskraft mit dieser kommenden Generation an? Wie begeistere ich sie, auch einmal mehr zu tun, als nötig?
Ich bin kein Ponyhof-Verfechter, glaube also nicht, dass es sinnvoll ist, eindimensional auf die Bedürfnisse der Generation Z einzugehen. Diese soll und darf zwar durchaus ihre Wünsche artikulieren. Eine junge Führungskraft der Generation Y darf das aber auch. Sie darf also sagen: „An dieser Stelle spiele ich nicht mit.“ Die Generation Z ist schlau genug, dann Kompromisse einzugehen, denn das ist die beste Art, um die Harmonie aufrecht zu erhalten. Wichtig für Führungskräfte wird es in Zukunft sein, richtig einzuschätzen, welche Denkmuster die Mitglieder im Team haben. Ich muss erkennen können: Wer denkt wie Y, wer denkt wie Z. Was kann ich von dem einen verlangen, was von dem anderen. Hier haben junge Führungskräfte der Generation Y einen Vorteil, denn für ältere Führungskräfte ist diese Differenzierung häufig schwerer als für junge. Gerade Baby-Boomer neigen dazu, alle jungen Menschen in eine Schublade zu legen, anstatt zwischen den jungen Generationen zu unterscheiden.

Wie gelingt diese Unterscheidung? Schließlich steht die Generationenzugehörigkeit nicht auf dem Hemdkragen.
Das ist richtig. Aber wenn ich den Leuten genau zuhöre und weiß, worauf ich achten muss, bekomme ich schnell Hinweise auf das Denkmuster. Man kann ja mal fragen: Was ist dir gerade wichtig? Der Y-Typ sagt dann vielleicht, er erweitere gerade seinen beruflichen Horizont durch eine Fortbildung, die ihn auch persönlich weiterbringen soll. Der Z-Typ hingegen erzählt von seinem Tanzkurs oder seinem Urban-Gardening-Projekt.

Noch einmal: Wie reagiere ich darauf?
Ich muss verhandeln: „Die festen Arbeitszeiten, die du dir wünschst, sind okay – aber nur unter bestimmten Bedingungen.“ Vor allem muss ich sehr viel kleinteilig erklären. Einer der meist gehörten Sprüche lautet: „Das hat mir aber keiner gesagt.“ Sie glauben gar nicht, wie oft ich diesen Satz auch von Studenten höre und mit großen Augen angeschaut werde. (lacht)

Wie ändert sich dadurch die Feedback-Kultur?
Einem Z-Typ darf ich nicht ins Gesicht sagen, dass er etwas falsch gemacht hat. Das würde ihn völlig durcheinander bringen. Die Generation Z ist schon durch Facebook gewöhnt, dass es ein „Like“ gibt – aber kein „Not-Like“. Einen Vertreter der Generation Z entwickele ich stattdessen weiter, indem ich die nächste Aufgabe noch präziser erkläre und in kleinen Schritten vorgehe. Man könnte sagen: durch „Twitter“-Schritte. Vertreter der Generation Y dagegen wollen Karriere machen und wollen aus eigenen Stücken besser werden. Daher verlangen sie ausdrücklich nach der langfristigen Perspektive und nach einem ehrlichen Feedback. Führungskräfte müssen also beide Arten des Feedbacks beherrschen. Das ist kein Hexenwerk, aber auch das Unternehmen als ganzes muss in seiner Personalarbeit bereit sein, derartige Differenzierungen vorzunehmen. Daran scheitert es häufig, weil es unbequem ist, Unterschiede zu machen. Dann ist es einfacher zu sagen: „Irgendwie sind doch alle Generationen gleich.“

Bleibt die Frage: Was kommt nach der Generation Z?
Die meisten glauben an eine Art Generation Alpha, die wieder anders ticken wird. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass die Generation Z das letzte noch fehlende Puzzleteil der Generationenmatrix ist. Sie wird mit ihren Impulsen die anderen Generationen verändern – so, wie auch schon die Generation Y als die ersten Digital Natives die Älteren verändert hat. Die Grenzen zwischen den Generationen werden verwischen, sodass wir bald keine altersspezifischen Milieus mehr haben, sondern Gruppen, die von Denkmustern geprägt werden. Das traditionelle Generationenkonzept löst sich damit auf: Es gibt dann den 15 Jahre alten Baby-Boomer und den 60-jährigen Mitarbeiter Typ Z.

Generationen-Glossar

Generationen sind Schubladen, die dabei helfen, Eigenarten von Altersgenossen zu analysieren. Selbstverständlich überlappen sich die Generationen, auch trägt kein Mensch einen Stempel auf der Stirn. Dennoch: Wer als Führungskraft typische Denkmuster erkennen möchte, sollte die verschiedenen Generationen kennen – von denen die Generation Z die jüngste ist.

Baby-Boomer
Geboren zwischen 1955 und 1969, den in Deutschland geburtenstarken Jahrgängen. Die Generation der Baby-Boomer war in mancher Hinsicht idealistisch und wollte eine bessere Welt, sie agierte aber zunehmend opportunistisch und nutzte ihre Karrierechancen. Vertreter dieser Generation besetzen heute häufig noch das Top-Management; die ersten verabschieden sich in absehbarer Zeit in den Ruhestand.

Generation X
Geboren Ende der 1960er bis Mitte der 1970er-Jahre. Anders als ihre Vorgängergeneration machte sie sich keine Illusionen über die Gesellschaft oder die eigene Zukunft. Visionen und Utopien spielten keine Rolle, es gab auch kaum eigene Aufstiegserwartungen.

Generation Y
Geboren Ende der 1970er- bis Mitte der 1990er-Jahre. Die Generation besinnt sich auf Begriffe wie Sinn und Werte, strebt auch in der Arbeitswelt die persönliche Weiterentwicklung und Selbstentfaltung an. Geprägt wird sie durch die Chancen und Gefahren der Globalisierung und Digitalisierung.

Generation Z
Geboren ab Ende der 1990er-Jahre. Die jüngste Generation erkennt, dass der Plan der Generation Y nicht aufgegangen ist. Sie trennt daher wieder klar zwischen Arbeits- und Privatleben, legt Wert auf Harmonie und bastelt am Lebensglück in er eigenen kleinen Welt.

karriereführer recht 1.2015

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Cover karriereführer recht 1.2015

Wirtschaftsrecht – Mit Recht zum Unternehmenserfolg

Gefragt. Aus der modernen Wirtschaft sind Juristen als rechtliche Berater nicht mehr wegzudenken. Sie gestalten Regeln, schützen vor Haftung, entschärfen Risiken und denken strategisch. Entsprechend steigt die Nachfrage nach Wirtschaftsrechtlern – wobei der Nachwuchs auf eine Branche mit steigenden Qualitätsansprüchen trifft.

Interview mit Schriftstellerin Inger-Maria Mahlke

Auch wenn sie schon im ersten Semester vom Jura-Studium geschockt war, hielt Inger-Maria Mahlke, geboren 1977 in Hamburg, bis zum Ersten Staatsexamen durch. Anschließend aber tat sie das, was sie tun wollte, seit sie fünf Jahre alt war: schreiben. Und das bis heute sehr erfolgreich, sie heimste mehrere Preise ein. Ihr neuer Roman „Wie ihr wollt“ erschien im März dieses Jahres. Das Interview führte Meike Nachtwey

Um Romane und fiktive Texte schreiben zu können, braucht man Fantasie. Braucht man die auch, um Jura zu studieren?
Eigentlich nicht. Jura ist sehr faktisch, und man muss sich immer genau an den Wortlaut halten. Sich selbst etwas auszudenken, ist in diesem Bereich nicht zielführend.

Warum haben Sie Jura studiert?
Ich habe aus dem gleichen Grund Jura studiert, aus dem wahrscheinlich viele dieses Fach gewählt haben: Ich wusste nicht genau, was ich studieren wollte. BWL kam für mich gar nicht infrage, und von Jura haben alle gesagt, dass man nachher ganz viele verschiedene interessante berufliche Wege damit einschlagen kann. Ich habe aber dann nach dem Ersten Staatsexamen doch aufgehört, bin also keine Volljuristin.

Warum haben Sie nicht weitergemacht?
Ich war schon im ersten Semester so geschockt von dem Studium, dass ich erst einmal nicht weitermachen wollte. In der AG Staatsrecht hatte der Dozent eine Anleitung zur Falllösung herausgegeben. Es sei nicht notwendig, eigene Argumente zu entwickeln, stand darin, es ginge bei der Fallbearbeitung nur darum zu zeigen, dass man die Argumente anderer anwenden könne. Nicht selber denken war die Botschaft, oder nur im bereits abgesteckten Rahmen. Ich wollte aber auch nicht noch ein anderes Studium beginnen, und habe mir dann überlegt, dass ich dieses Studium auf jeden Fall zu Ende bringe, damit ich zumindest ein abgeschlossenes Studium in der Tasche habe. Und so habe ich das Studium möglichst schnell durchgezogen, auch wenn mir klar war, dass ich niemals im juristischen Bereich arbeiten will.

Sie haben trotzdem noch an Projekten des Instituts für Kriminologie der FU Berlin mitgearbeitet – wieso?
Ich habe Kriminologie als Wahlfach gewählt, weil es das unjuristischste war, das ich finden konnte. Und es war mit Abstand das für mich Interessanteste, was ich in diesem Studium gemacht habe. Dieses Fach setzt sich mit soziologischen, psychologischen und kriminologischen Aspekten der Kriminologie auseinander, und das fand ich sehr spannend.

Was hat Ihnen an der Arbeit am Institut besonders gefallen?
Ich konnte mich intensiv auf interessante Themen einlassen, durfte auch mal ungewöhnlich denken und andere als die üblichen Quellen hinzuziehen, etwa philosophische Texte. Zudem besteht die Arbeit auch darin, sehr konkret über menschliches Handeln nachzudenken, was bewertungsfrei verläuft – im Gegensatz zum juristischen Denken, wo es um die permanente Bewertung menschlichen Handelns geht.

Wie kamen Sie dann zur Schriftstellerei?
Das wollte ich schon, seit ich fünf Jahre alt war. Da wusste ich nur noch nicht, wie man das macht. Es war mir auch lange unbekannt, dass man Schriftstellerei in Leipzig studieren kann. Und so habe ich einfach geschrieben. Bis ich schlussendlich das Selbstbild hatte: Ich kann schreiben und ich bin jetzt Schriftstellerin.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Romane?
Jeden Tag vor die Tür gehen, Menschen sehen und über sie nachdenken. Außerdem braucht man eine gewisse Neugier. Ich habe als Kind meine Mutter fast wahnsinnig gemacht, weil ich immer nach dem „Warum“ gefragt habe. Und das „Warum“ ist bis heute meine Motivation zum Schreiben, es ist ein Versuch, das Leben, die Menschen und die Welt zu verstehen.

Beeinflusst Ihre Kenntnis der Rechtswissenschaften Ihre heutige Tätigkeit?
Wenn im Roman etwas vorkommt, das rechtlich relevant ist – zum Beispiel gab es im letzten Roman ein Insolvenzverfahren –, dann gebe ich mir Mühe, dass alles rechtlich richtig geschrieben ist. Außerdem wurde mir schon häufig gesagt, dass mein Umgang mit Sprache sehr präzise ist. Das ist in den Rechtswissenschaften ja auch so. Hier ist jeder Begriff genau definiert, und man muss sich präzise ausdrücken. Diese Präzision habe ich mir aus dem Juristischen ins Literarische hinübergerettet.

Sie haben einige Preise und Stipendien als Schriftstellerin gewonnen. Über welchen haben Sie sich am meisten gefreut?
Über den ersten Preis, den „Open Mike“ (deutschsprachiger Nachwuchswettbewerb für Prosa und Lyrik, Anm. d. Red.), habe ich mich besonders gefreut, weil er so überraschend kam.

Welcher Fall würde Sie doch noch dazu bringen, als Anwältin arbeiten zu wollen?
Es gibt viele Fälle, gerade im strafrechtlichen Bereich, die mich interessiert haben, da kann ich gar keinen konkreten herauspicken.

Welches Gesetz würden Sie ändern, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten? Und warum?
Das Asylgesetz. Ich würde es grundrechtskonform ausgestalten, denn das ist es meiner Meinung nach nicht.

Wie gehen Sie mit den Urteilen um, die Rezensenten über Ihre Bücher fällen?
Ich habe bisher ja ziemlich viel Glück gehabt, was das angeht, von daher kann ich damit gut umgehen. Diejenigen, die negativ waren, treffen einen ja nur, wenn man weiß, dass sie eigentlich stimmen.

Haben Sie einen Tipp für junge Juristinnen und Juristen, die an ihrer Studienwahl zweifeln?
Das Studium so schnell wie möglich abschließen und anschließend machen, was ihnen wirklich am Herzen liegt. Oder das Studium hinschmeißen und machen, was ihnen am Herzen liegt.

Buchtipp

Inger-Maria Mahlke: Wie Ihr wollt.
Berlin Verlag 2015.
ISBN 978-3827012135.
19,99 Euro

Mein erster Gerichtsprozess

Der erste Prozess ist etwas ganz Besonderes – endlich geht es von der trockenen Theorie in die spannende Praxis. Doch woran muss man vorher alles denken? Was muss für die mündliche Verhandlung vorbereitet werden? Dr. Lisa B. Reiser berät Mandanten zu gerichtlichen und schiedsgerichtlichen Streitigkeiten, speziell in den Bereichen Anlagenbau und Infrastruktur. Sie hat ihren ersten Prozess gewonnen. Von Dr. Lisa B. Reiser

Zur Person

Dr. Lisa B. Reiser, Foto: Baker & McKenzie
Dr. Lisa B. Reiser, Foto: Baker & McKenzie

Dr. Lisa B. Reiser ist Associate der Dispute Resolution-Gruppe bei Baker & McKenzie in Frankfurt

Hand aufs Herz: Ein Student erfährt nicht viel darüber, wie ein Prozess abläuft. Rechtsstreitigkeiten gleichen einer Kurzgeschichte („A verkauft B eine Waschmaschine. Die Waschmaschine ist undicht und verursacht einen Wasserschaden in C‘s Keller. B verklagt daraufhin A …“). Diese Kurzgeschichte muss anschließend im Gutachtenstil aufgearbeitet werden. Wer beim Rechtsstreit gewinnt, ist bis zum Ende offen und für den Studenten unerheblich.

Den ersten echten Prozessen begegnet der Referendar. Meine erste Erinnerung waren die „Gürteltiere“ in der Zivilstation – dicke, angestaubte Aktenordner, die nur noch mit einem Gurt zusammengehalten werden. Inhaltlich war „mein“ erstes Gürteltier nicht besonders spannend: Es ging um Schadensersatz nach einer misslungenen Zahnarztbehandlung. Das Verfahren lief zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Monate. Den Ausgang des Prozesses habe ich als Referendarin nicht mehr miterlebt. Wie spannend und intensiv ein Prozess tatsächlich sein kann, erfuhr ich erst in meinem ersten Jahr als Anwältin bei Baker & McKenzie. Dort begann ich 2011 als Associate im Bereich Litigation/ Arbitration. Dass ich gerade in diesem Bereich startete, hat eine Vorgeschichte. Nachdem ich als Studentin am Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot teilgenommen hatte, war ich von der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit begeistert. Im Vis Moot werden Schiedsverfahren im Bereich des UN-Kaufrechts simuliert. An dem Wettbewerb nehmen jährlich mehr als 290 studentische Teams aus 67 Ländern teil. Zum großen Finale treffen sich alle Teams in Wien und Hongkong zu den mündlichen Verhandlungsrunden. Solche Prozesse mit internationalem Bezug wollte ich auch im wahren Leben führen.

Bei Baker & McKenzie kam in meinem ersten Monat als Anwältin ein Kollege in mein Büro und stellte eine Packung Kopfschmerztabletten vor mich auf den Schreibtisch mit den Worten: „Damit beschäftigen wir uns in den nächsten Monaten.“ Mein erster Gedanke war, er wolle auf die bevorstehenden langen Arbeitszeiten anspielen. Tatsächlich deuteten die Kopfschmerztabletten aber auf meinen ersten großen Prozess hin: Wir vertraten ein deutsches Pharmaunternehmen in einem Schiedsverfahren gegen einen taiwanesischen Vertragspartner. Das deutsche Pharmaunternehmen hatte einen langjährigen Lizenzvertrag mit dem taiwanesischen Unternehmen geschlossen und seinem Vertragspartner Einblicke in die Herstellung der Kopfschmerztabletten gewährt. Nach einigen Jahren guter und erfolgreicher Zusammenarbeit entschlossen sich die Taiwanesen, die Kopfschmerztabletten künftig selbst herzustellen und zu vermarkten. Sie kündigten den Vertrag mit unserer Mandantin außerordentlich fristlos. Unsere Mandantin war entsetzt: Der taiwanesische Vertragspartner hatte sich die Erfahrungen der vergangenen Jahre zunutze gemacht und wollte nun „in Eigenregie“ an den Markt gehen, ohne Lizenzgebühren zahlen zu müssen. Dem wollte unsere Mandantin nicht tatenlos zusehen.

Der Vertrag zwischen dem deutschen und dem taiwanesischen Pharmaunternehmen unterlag deutschem Recht. Er enthielt zudem eine Schiedsklausel nach den Regeln der International Chamber of Commerce (ICC). Wir mussten also Schiedsklage gegen das taiwanesische Unternehmen erheben. Unsere Klage sollte unter anderem auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB gerichtet sein – hier bewegte ich mich also auf bekanntem Terrain. Wir wollten damit argumentieren, dass die „neuen“ taiwanesischen Tabletten schlichte Kopien des deutschen Qualitätsprodukts waren. Das erforderte ein Grundverständnis der Zusammensetzung des Produkts. Von der Wirkungsweise und Zusammensetzung von Kopfschmerztabletten hatte ich im Jurastudium jedoch nichts gelernt. Meine Arbeit an der Schiedsklage begann also mit einer umfassenden Recherche und Gesprächen mit den Pharmazeuten unseres Mandanten. So entstand Schritt für Schritt unsere Klageschrift.

Nach mehreren Monaten hatten wir Klage, Klageerwiderung, Replik und Duplik mit den Anwälten der Gegenseite ausgetauscht. Nun mussten wir uns auf die mündliche Verhandlung vorbereiten. Da die rechtlichen Argumente bereits bekannt waren, ging es hauptsächlich darum, unsere Strategie auszuarbeiten: Welche Argumente möchten wir vor dem Schiedsgericht hervorheben? Wollen wir das unlautere Verhalten der Taiwanesen betonen oder lieber im Detail erläutern, dass die chemische Zusammensetzung der deutschen und taiwanesischen Kopfschmerztabletten nahezu identisch ist? Welche Zeugen der Gegenseite möchten wir im Kreuzverhör zum tatsächlichen Geschehensablauf vernehmen? Zudem mussten wir Reisevorbereitungen treffen. Denn die Parteien hatten im Vertrag Taipeh als Schiedsort vereinbart. Es ging also mit Sack und Pack nach Taiwan.

Nach über anderthalb Jahren Prozessdauer erhielten wir die Entscheidung des Schiedsgerichts: Unsere Mandantin bekam nur einen Teil des geltend gemachten Schadens ersetzt. Denn das Schiedsgericht war der Ansicht, der taiwanesische Vertragspartner hätte den Vertrag mit dem deutschen Pharmaunternehmen ohnehin zum Ende des Jahres ordentlich kündigen dürfen. War unsere Klage damit gescheitert? Nein, denn unsere Mandantin hatte nicht tatenlos zugesehen, sondern ihr Recht verteidigt. Sie hatte den Ausgang des Prozesses damit als Erfolg verbucht. Und auch für mich war mein erster Prozess ein Erfolg, weil ich zum ersten Mal ein Schiedsverfahren von Anfang bis Ende betreuen durfte. In jedem Fall wird mir der Prozess in Erinnerung bleiben. Denn wann immer mir nun eine Packung Kopfschmerztabletten in die Hände fällt, denke ich an Taiwan.

YouTube-Video: Freie Meinungsäußerung oder Kündigungsgrund?

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Das Recht auf freie Meinungsäußerung gehört in Deutschland zu den Grundrechten. Aber wo ist die Grenze zwischen Privat- und Berufsleben, wenn ich im Internet etwas über meinen Arbeitgeber äußere? Darüber müssen die Gerichte von Fall zu Fall entscheiden. Von Sebastian Belzner

Zur Person

Sebastian Belzner, LL.M. (University of Sydney), ist Rechtsanwalt bei Beiten Burkhardt in München. Er berät nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des deutschen und europäischen Arbeitsrechts.

YouTube, Facebook, Twitter – Begriffe, die in aller Munde und in unserer medialen Gesellschaft mittlerweile unumgänglich geworden sind. Allein der Bekanntheitsgrad sozialer Netzwerke und Medien zeigt, wie tief diese Plattformen mittlerweile in unserem Alltag, unserer Gesellschaft und damit auch in der Unternehmenswelt verankert sind. Da war es nur eine Frage der Zeit, wann das Thema „Social Media“ die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung beschäftigen wird.

Jüngst hatte sich erstmalig das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Thematik einer außerordentlichen Kündigung wegen geschäftsschädigender Äußerungen eines Arbeitnehmers auf YouTube und Facebook zu beschäftigen. In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl in einer von der Gewerkschaft produzierten Videofilmaufzeichnung eine Erklärung abgegeben. Er sagte, es gebe in dem Betrieb „Probleme“, an Maschinen fehlten Sicherheitsvorkehrungen, man könne „fast behaupten“, keine Maschine sei „zu 100 Prozent ausgerüstet“, dass es ein Problem sei, dass „keine Fachkräfte vorhanden“ seien und „das Beherrschen der Maschinen nicht zu 100 Prozent erfüllt“ werde. Die Videoaufzeichnung wurde ins Internet gestellt und war bei YouTube und auf dem Account des Arbeitnehmers bei Facebook zu sehen. Aufgrund der öffentlich gemachten Äußerungen kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Das BAG entschied, dass die Kündigung unwirksam ist. Die verbreiteten Erklärungen des Arbeitnehmers seien erkennbar darauf gerichtet gewesen zu verdeutlichen, weshalb er die Bildung eines Betriebsrates als sinnvoll ansah. Hingegen habe er nicht behaupten wollen, die Arbeitgeberin beschäftige überwiegend ungelernte Arbeitskräfte, so das BAG. Weiter führte es aus, dass ein Arbeitnehmer auch im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl nicht wissentlich falsche, geschäftsschädigende Behauptungen über die betrieblichen Verhältnisse aufstellen und über digitale Medien verbreiten dürfe. Sachliche Kritik an den betrieblichen Gegebenheiten hingegen sei erlaubt. Nach Auffassung des BAG müssen Arbeitgeber regelmäßig auch überspitzte und polemische Äußerungen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit einer anstehenden Betriebsratswahl hinnehmen, da das Grundrecht auf Meinungsfreiheit auch auf betrieblicher Ebene seine volle Wirkung entfaltet.

Die Grenze zwischen Beruf und Privatleben wird durch die Nutzung von Social Media immer häufiger verwischt. Klar ist, dass Arbeitnehmer das Recht haben, ihre Meinung frei zu äußern und zu verbreiten und der Arbeitgeber grundsätzlich kein Recht hat, private Äußerungen im Web 2.0 zu untersagen oder zu sanktionieren. Eine Grenze ist aber sicher dann überschritten, wenn außerdienstliches Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt. Denn Arbeitnehmer haben gegenüber ihrem Arbeitgeber arbeitsvertragliche Rücksichtnahme- und Treuepflichten. Privates Verhalten darf daher nicht zu einem (Image-)Schaden des Arbeitgebers führen.

In den letzten Jahren mussten sich Arbeitsgerichte vermehrt mit Kündigungen von Arbeitnehmern wegen Beleidigungen von Vorgesetzten oder Kollegen in sozialen Netzwerken auseinandersetzen. Das Landesarbeitsgericht Hamm musste 2012 einen Fall entscheiden, in dem ein Auszubildender auf seiner Facebook-Seite seinen Arbeitgeber als „Menschenschinder“ und „Ausbeuter“ titulierte und seine Tätigkeit als „dämliche Scheiße“ bezeichnete. Das Gericht qualifizierte die Äußerungen als massive ehrverletzende Äußerungen und sah die außerordentliche Kündigung als wirksam an. Hierbei war es nach richtiger Auffassung des Gerichts irrelevant, dass die Äußerungen nicht in verbaler Form getätigt wurden, da die Lesbarkeit im Netz für den Arbeitgeber selbst, aber auch für Dritte die gleiche Wertigkeit habe wie eine entsprechende verbale Äußerung.

Derartige Abgrenzungsfälle zwischen privater Meinungsäußerungsfreiheit und beruflichen Rücksichtnahmepflichten werden die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung wohl auch in Zukunft wegen des vermehrten Einzugs von Social Media in die Arbeitsbeziehungen beschäftigen. Fest steht, dass hier der jeweilige Einzelfall zu beurteilen ist und das dargestellte Urteil des BAG sicher nicht das Ende der Fahnenstange darstellt.

Zum Nachlesen

Urteil zu einer außerordentlichen Kündigung wegen geschäftsschädigender Äußerungen eines Arbeitnehmers auf YouTube und Facebook:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.07.2014 – 2 AZR 505/13

Urteil zu Kündigungen von Arbeitnehmern wegen Beleidigungen von Vorgesetzten oder Kollegen in sozialen Netzwerken:
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 10.10.2012 – 3 Sa 644/12

Zur Kenntnis: Work-Life-Balance

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Teilzeit, Sabbatical, Home Office, Kinderbetreuungsservice – die Frage nach der Work-Life-Balance ist ein wichtiges Thema bei Gleiss Lutz und wird hier nicht nur mit flexiblen Arbeitszeitmodellen beantwortet. Von Dr. Alexander Schwarz

Es ist uns ein Anliegen, für unsere Mitarbeiter individuelle, praktische Lösungen zu finden, die ihnen eine flexible Anpassung ihrer Arbeitszeiten an ihr Privatleben und ihr Lebenskonzept ermöglichen. Daher bieten wir unseren Associates, Assoziierten Partnern und Counseln verschiedene Flex-Time-Modelle an, Teilzeitpartnerschaften, einen Kinderbetreuungsservice, Sabbaticals sowie die Möglichkeit, teils von zu Hause aus zu arbeiten, im sogenannten Home Office.

Counsel Dr. Birgit Colbus ist auf Kartellrecht spezialisiert und arbeitet seit der Geburt ihrer Töchter in Teilzeit. „Ich verbringe etwa sechs Stunden am Tag im Büro und bin die restliche Zeit über Blackberry und Notebook erreichbar. Manchmal arbeite ich auch im Home Office, zum Beispiel wenn ein Kind krank ist oder wenn es besser in die Familienorganisation passt. Im Großen und Ganzen klappt alles prima, doch man braucht gute Nerven, Flexibilität und Spontaneität im Alltag. Auch mein Team im Kartellrecht unterstützt mich sehr und hilft, wenn es brennt. Das Schöne am Flex-Time-Modell ist, dass ich beides haben kann: einen anspruchsvollen Beruf und Zeit für meine Kinder.“

Seit Anfang 2014 bieten wir auch Associates und Assoziierten Partnern die Möglichkeit eines einmonatigen, voll bezahlten Sabbaticals: Auf dem Weg zur Partnerschaft können alle juristischen Mitarbeiter diese Auszeit insgesamt zweimal, jeweils ab dem dritten und sechsten Jahr der Kanzleizugehörigkeit, beanspruchen. Denn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liefern täglich vollen Einsatz in der Mandatsarbeit. Wir schätzen ihre herausragenden Leistungen und ihre Flexibilität. Mit der Möglichkeit einer Auszeit wollen wir dem Rechnung tragen. Ein Sabbatical schafft den Freiraum, den Horizont zu erweitern und Dinge zu tun, zu denen man im Arbeitsleben normalerweise nicht kommt. Wer im Rahmen einer längeren Auszeit den Kopf frei bekommt, geht mit mehr Energie, kreativen Ideen und einem anderen Blick an die Dinge heran.

So war es einem unserer Associates aus dem Bereich Gesellschaftsrecht/M&A wichtig, dass er sich im ersten Lebensjahr seiner Tochter Zeit für die Familie nehmen konnte, um diesen Lebensabschnitt intensiv zu begleiten. „Ich habe mit den Partnern in meinem Team frühzeitig besprochen, welche Möglichkeiten es gibt, um diesen Wunsch zu realisieren. Mein Team hat sehr verständnisvoll und flexibel reagiert; die Partner haben es mir freigestellt, wie ich meine Auszeit nehme. Das einmonatige Sabbatical im Anschluss an die Elternzeit hat sich als die beste Lösung herausgestellt. Ich freue mich sehr, demnächst mit meiner Familie eine Reise an die Ostküste der USA zu unternehmen.“

Filmtipp der Redaktion

Selbstbestimmung, Demokratisierung, Potenzialentfaltung – das sind die Trends der neuen Arbeitswelt. Der Film „Augenhöhe“ zeigt Unternehmen, in denen die neue Arbeitswelt bereits gelebt wird, und die Menschen, die diese gestalten.
augenhoehe-film.de

Karriereleiter: Das Zweite Staatsexamen

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Auf dem Weg zum Partner einer Kanzlei müssen junge Juristen nach dem Ersten Staatsexamen zunächst mehrere Stationen im Referendariat durchlaufen, um anschließend das Zweite Staatsexamen absolvieren zu können. Außerdem sind das sichere Beherrschen von Formalien und der Umgang mit „exotischen Themen“ essenzielle Bestandteile des Examens. Auch anwaltliche Aufgaben gehören fest zum Examensrepertoire. Von Marcel Goroll, LL.M., Associate im Frankfurter Büro der Kanzlei Ashurst LLP im Bereich Corporate

Als großen Vorteil haben es viele Referendarkollegen und ich empfunden, dass bereits beim Eintritt ins Referendariat klar ist, wann es „ernst“ wird mit dem Examen. Ich kann nur empfehlen, frühzeitig, am besten bereits nach einigen Monaten, mit der Examensvorbereitung beim Repetitor zu beginnen und dabei auf regelmäßige, wöchentliche Kurse zu setzen. Dies zwingt zur kontinuierlichen Nacharbeit. Mein Tipp: Schon bei der Wahl der Kanzlei für die Anwaltsstation fragen, ob die ausgewählte Kanzlei mit einem Repetitorium kooperiert und Kurse finanziell unterstützt. Solche Angebote und kanzleiinternen Workshops für Referendare, zum Beispiel zum Abfassen von anwaltlichen Mandantenschreiben, sollte man unbedingt nutzen.

Neben den klassischen Urteilsklausuren und Bescheiden im Öffentlichen Recht wird durch das verlangte Verfassen von Mandantenschreiben und Anwaltsschriftsätzen das Zweite Examen immer stärker auf die anwaltliche Beratungspraxis ausgerichtet. Vier meiner acht Examensklausuren waren anwaltliche Beratungsklausuren. Dies gilt auch im Öffentlichen Recht: Statt eines Bescheides wurde in meinem Examen ein Gutachten mit Handlungsempfehlungen zum Antrag des Bürgers im einstweiligen Rechtsschutz gefordert. Viele Bundesländer haben zudem erst kürzlich den Entwurf von Verträgen als Klausurtyp eingefügt. Daher empfiehlt es sich, im Rahmen der Anwaltsstation Vertragsgestaltungen in der Praxis zu üben. Im Stress der Examenssituation helfen bekannte, „gut sitzende“ Formulierungen über manche Unsicherheit hinweg und sparen enorm Zeit. Daher gilt es leider, Formalien zu büffeln: Das Beherrschen der Urteilsformalia, des Aufbaus von Bescheiden und Anwaltsschriftsätzen geben einem gerade bei hohem Adrenalinspiegel ein Gerüst und Sicherheit, insbesondere bei „exotischen“ Sachverhalten.

Exotische Themen in unbekannten Gesetzen, gerne mit europarechtlichem Bezug, sind keine Seltenheit. Der Verkauf eines mangelhaften Hauses durch einen Franzosen führte in meinem Examen zur Prüfung einer europäischen Verordnung zur Gerichtszuständigkeit, gepaart mit der inhaltlichen Prüfung einer Richtlinie. Hier kann die vorherige Tätigkeit in einer Großkanzlei durchaus als Übung angesehen werden, da man dort wie im Examen oft sehr komplexe Themen in der Kommentarliteratur zügig recherchieren und lösen muss. Ashurst ist stets daran gelegen, überzeugende Referendare für eine spätere Tätigkeit zu gewinnen. So hatte auch ich das Glück, schon zum Ende meiner Station ein festes Angebot für meinen heutigen Job zu bekommen. Die Sicherheit zu wissen, was nach der mündlichen Prüfung folgt, hat mir geholfen, auch die Ausnahmesituation des mündlichen Examens ein wenig gelassener zu sehen. Engagement in den Stationen kann sich also in der richtigen Kanzlei und mit etwas Glück sowohl für den beruflichen Lebensweg als auch im Examen positiv auswirken.

Weitere Berichte zu Referendariatsstationen finden Sie bei uns im Webchannel