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Psychisch belastend

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Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse sind die psychisch bedingten Fehlzeiten von 2006 bis 2016 um 86 Prozent angestiegen. Zu den zwölf Top-Diagnosen, die Ursache für die meisten Fehlzeiten sind, zählen unter anderem Anpassungs- und Belastungsstörungen. Mit psychischen Belastungen am Arbeitsplatz hat sich auch Rechtsanwältin Ulrike Wewers in einem Fachbuch auseinandergesetzt. Im karriereführer beschreibt sie, um was es in dem Buch geht. Von Ulrike Wewers, Rechtsanwältin und Autorin des Buchs „Psychische Belastung am Arbeitsplatz“

Die Arbeitnehmergesundheit ist ein Schutzgut unseres Rechts mit Verankerung im Grundgesetz (Art. 1,2 GG) und weiteren Gesetzen. Der Arbeitgeber darf daher Arbeitnehmern kein Arbeitsumfeld oder Aufgaben zuweisen, die sich negativ auf die Gesundheit des Arbeitnehmers auswirken. Das gilt auch für die psychische Gesundheit. Die Gesundheitsgefährdung durch „psychische Belastung“ unterliegt den gleichen Regelungen wie zum Beispiel die Gefährdung durch Giftstoffe oder gefährliche Maschinen. Daher hat der Arbeitgeber auch in Bezug auf die psychische Belastung am Arbeitsplatz eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und zu ermitteln, ob entsprechende Risiken vorliegen.

Doch was versteht der Gesetzgeber eigentlich unter psychischer Belastung? Gemeint ist jede mentale Belastung, die aus einem fehlorganisierten oder entgleisten Arbeitsumfeld entsteht und für den Arbeitnehmer die wiederkehrende, anstrengende und zusätzliche Konzentration auf Themen über seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung hinaus bedeutet. Hierzu gehört nicht nur die mengenmäßige und zeitliche Überlastung, sondern zum Beispiel auch hohe Verantwortung trotz geringem Einfluss, widersprüchliche Anweisungen des Vorgesetzten, fachliche Unter-/Überforderung, fehlende Anerkennung, Umstrukturierung des Arbeitsplatzes in kurzen Abständen, Personalmangel, Mobbing/Bossing, zu geringe Wertschätzung, fehlende Unterstützung, et cetera.

Das Buch zum Thema

Cover Psychische BelastungUlrike Wewers: Psychische Belastung am Arbeitsplatz. Deutscher Anwalt Verlag 2017. 39,00 Euro.

Eine anhaltende psychisch belastende Situation kann zur Gesundheitsgefährdung werden. Oft gelangt der betroffene Arbeitnehmer zunächst in einen Burnout-Prozess, der schließlich in der ernsthaften und anerkannten Erkrankung des Chronischen Erschöpfungssyndroms (CES) endet. In der Regel muss der Betroffene hier mit mehreren Monaten der Arbeitsunfähigkeit rechnen. Dies bedeutet meist einen massiven Einbruch in der angestrebten Karriere.

Auch wenn der Versuch des Arbeitnehmers lobenswert ist, zunächst das Arbeitspensum oder andere Schwierigkeiten am Arbeitsplatz eigenständig bewältigen zu wollen, ist dies selten zielführend. So sollte der Arbeitgeber über die belastende Situation in Form einer schriftlichen Überlastungsanzeige des Arbeitnehmers frühzeitig informiert werden. Bleibt die Abhilfe durch den Arbeitgeber aus, sollte eine Priorisierungsanforderung an den Vorgesetzten gerichtet werden, um die Verantwortung für nicht erledigte Arbeit abzuwenden.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten stets gemeinsam nach Abhilfemaßnahmen suchen. Andernfalls drohen dem Arbeitnehmer Gesundheitsschäden und dem Arbeitgeber Vorwürfe wegen Gesundheitsgefährdung, die zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers führen können.

Schrift-Sätze für Juristen

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RECHTSPHILOSOPHIE

Cover RechtsphilosophieKatharina Gräfin von Schlieffen und Jenny Nolting haben mit „Rechtsphilosophie“ ein Grundlagenbuch geschrieben, in dem die wichtigsten Philosophen vergangener Jahrhunderte und deren Gedanken zu Recht und Gerechtigkeit vorgestellt werden. Da jede der Philosophien mit einem höchstrichterlichen Urteil der Gegenwart in Verbindung gebracht wird, werden neben historischen Einmaligkeiten auch zeitübergreifende Rechtskonzepte deutlich. Katharina Gräfin von Schlieffen, Jenny Nolting: Rechtsphilosophie. utb 2017. 24,99 Euro.

DEM BURNOUT-SYNDROM VORBEUGEN

Cover BurnoutDie Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Iris Riffelt erklärt in der Neuauflage ihres Buches „Zwischenstopp Burnout“, welche arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte und finanziellen Fragen geklärt sein sollten, bevor die Notbremse bei den ersten Anzeichen eines Burnouts gezogen wird. Damit zeigt sie, dass und wie man aus dem Berufsleben aussteigen kann und welche Auswirkungen das auf das Einkommen hat. Ein weiterer Schwerpunkt des Fachbuchs ist der berufliche Wiedereinstieg für alle, die sich auf dem Weg der Besserung befinden und sich zutrauen, ihre Arbeit Stück für Stück wieder aufzunehmen. Iris Riffelt: Zwischenstopp Burnout. Wiley-VCH, 2. Auflage 2017. 16,99 Euro.

JURISTISCHES KABARETT

Werner KoczwaraSpiegel Online ernannte Werner Koczwara einst zum „Erfinder des juristischen Kabaretts“. Das mag daran liegen, wie er selbst schreibt, dass er realsatirische Paragrafen und unfreiwillig komische Urteile präsentiert und dadurch die Komik des Justizstandor ts Deutschland auslotet . Koczwara tritt dabei auch regelmäßig in Gerichtssälen und bei juristischen Kongressen auf. Programme seines bereits 1983 begonnenen Schaffens tragen beispielsweise die Titel „Am achten Tag schuf Gott den Rechtsanwalt“, „Tyrannosaurus Recht“ oder „Einer flog übers Ordnungsamt“. Erstgenanntes erschien 2010 auch als Buch. 2017 erhielt Werner Koczwara den Hauptpreis beim Baden-Württembergischen Kleinkunstpreis 2017. Weitere Infos unter: www.koczwara.de

FAST ALLES IST ERLAUBT

Cover Garantiert nicht strafbarDie Gesetze wimmeln laut den TV-bekannten Anwälten Stephan Lucas und Dr. Alexander Stevens nur so von Widersprüchen und Lücken: Ob Verkehrsrowdy, Schwarzfahrer oder Dokumentenfälscher – wir alle dürfen viel mehr, als wir glauben. Lucas und Stevens geben in ihrem Buch „Garantiert nicht strafbar“ mit Fachkenntnis und viel Witz Einblick in die Welt des Strafgesetzbuchs. Danach gilt: Fast alles ist erlaubt – man muss nur die richtigen Paragrafen kennen! Stephan Lucas, Dr. Alexander Stevens: Garantiert nicht strafbar. Knaur TB 2017. 12,99 Euro.

NEUE FÄLLE VON DEUTSCHLANDS BEKANNTESTEM FORENSIK-SPEZIALISTEN

Cover Die Zeichen des TodesIn dem neuen Sachbuch des Rechtsmediziners Professor Michael Tsokos geht es um Mord und Totschlag, um Verbrechen und rohe Gewalt. Er stellt Fälle vor, in denen er mit seiner rechtsmedizinischen Expertise den Ermittlungsbehörden entscheidende Hinweise geben konnte. Und in denen es immer um die Frage geht: War es Mord, Suizid ein Unfall – oder war es ein natürlicher Tod? Tsokos folgt den Spuren des Verbrechens und fügt die Indizien zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen, das zur Rekonstruktion des Geschehens führt. Michael Tsokos: Die Zeichen des Todes. Droemer HC 2017. 19,99 Euro.

DENKANSTÖSSE ZU DEN GROSSEN FRAGEN DES LEBENS

Cover KindheitFür den gelernten Rechtsanwalt und Richter Heribert Prantl gibt es nur zwei Themen, über die zu reden sich wirklich lohnt: die Liebe und den Tod. Mit diesen existenziellen Fragen beschäftigt er sich auch in seinem Buch „Kindheit. Erste Heimat“. Darin geht es um Familien als ein Ort, der Sicherheit, Schutz und Nähe gibt: Jeder Ort, an dem Kinder das erfahren, ist Familie. Prantl wirbt im Umgang mit Kindern für eine antiautoritäre Autorität des Herzens. Und er fragt schließlich, wie das Leben im Sterben aussieht. Heribert Prantl: Kindheit. Erste Heimat. Ullstein 2017. 9,99 Euro.

DON‘T WORRY, BE MAMI

Cover dont worryAls der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Sandra Runge am ersten Tag nach der Elternzeit die Kündigung überreicht wurde, war ihr klar: (Werdende) Eltern benötigen dringend Hilfe, sowohl gegenüber Arbeitgebern als auch im undurchsichtigen Paragrafen- und Behördendschungel. Also schrieb sie den Eltern-Rechtsratgeber „Don‘t worry, be Mami“ mit vielen nützlichen Tipps und Tricks, Checklisten und Mustertexten, verpackt in lustig-skurrile Alltagsgeschichten. Über ihre Erfahrungen, die mit zahlreichen Hilfestellungen garniert sind, bloggt sie auch auf www.smart-mama.de. Sandra Runge: Don‘t worry, be Mami. Blanvalet 2017. 12,99 Euro.

WISSENSBOX RECHT

Mit „Betrieb 4.0 machen!“ unterstützt das Mittelstand 4 .0-Kompetenzzentrum Chemnitz mittelständische Unternehmen in Sachsen und Umgebung bei der Erschließung der technologischen und wirtschaftlichen Potenziale der Digitalisierung, Vernetzung und Anwendung von Industrie 4.0. Dabei geht es nicht nur um Systeme und Prozesse, sondern auch um rechtliche Fragen. So werden in der „Wissensbox Recht“ Literatur und Rechtsvorschriften zum Themenfeld 4 .0 vorgestellt, rechtliche Fragen aus laufenden Projekten erläutert sowie relevante Rechtsprechungen au geführt. Weitere Infos unter: http://betrieb-machen.de/wissensbox-recht-4-0

Constantin Schreiber im Gespräch

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Constantin Schreiber, Jahrgang 1979, arbeitete nach einem Jura-Studium mehrere Jahre als Reporter in Beirut und Dubai. Er volontierte bei der Deutschen Welle und war drei Jahre als Medienreferent im Auswärtigen Amt tätig. Von 2012 bis 2017 war er Moderator und Chef vom Dienst bei n-tv. Für die deutsch-arabische Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“, in der er Flüchtlingen das Leben in unserem Land erklärt, wurde er 2016 mit dem Grimme- Preis ausgezeichnet. Seit diesem Jahr moderiert er die Tagesschau, das ARDNachtmagazin und das NDR-Medienmagazin Zapp. Zudem ist Schreiber Bestsellerautor mehrerer Sachbücher. Die Fragen stellte Christoph Berger

Constantin Schreiber, Foto: Tagesschau.de/Norddeutscher-Rundfunk
Constantin Schreiber, Foto: Tagesschau.de/Norddeutscher-Rundfunk

Herr Schreiber, schaut man sich Ihren Lebenslauf an, vermittelt sich einem schnell der Eindruck, dass eine Ihrer Leidenschaften die arabische Welt ist. Bereits als Jugendlicher verbrachten Sie eine längere Zeit in Syrien. Wodurch wurde diese Leidenschaft entfacht und was reizt Sie bis heute an der arabischen Kultur?
Das war tatsächlich Zufall. Gute Freunde meiner Eltern kamen aus Syrien. Und die luden mich während meiner Schulzeit immer wieder ein, um Kultur und Sprache kennenzulernen. Irgendwann habe ich das Angebot angenommen. So lebte ich bei der christlich-syrischen Familie und erhielt Einblick. Erst da habe ich begonnen, mich intensiv mit der Kultur auseinanderzusetzen. Spannend dabei ist, dass die Region in unserer Nachbarschaft liegt – Damaskus liegt näher als die Kanarischen Inseln. Interessant ist auch, dass diese Kultur, die uns beeinflusst, so grundsätzlich anders ist: im Grunde diametral in vielen Bereichen zu unseren Vorstellungen.

Wie kam es dann zu dem Jura-Studium?
Ich hatte keine andere Idee. Es gibt ja den Satz „Mit dem Jura-Studium macht man nichts falsch“. Letztlich ist es auch so. Mit dem Studium hält man sich sehr vielfältige Optionen bezüglich des Arbeitslebens offen.

Hatten Sie es jemals in Erwägung gezogen, nach dem Studium Anwalt zu werden?
Am Anfang meines Studiums hatte ich eher gedacht, dass ich mal Richter werde. Das Richter-Praktikum fand ich dann aber sehr ernüchternd.

Sie haben sich nach dem Studium dann für den Journalismus entschieden. Hilft Ihnen das Jura-Studium trotzdem noch?
Weniger inhaltlich. Das Studium ist aber sehr fleißorientiert. Dafür muss man sich strukturieren und es gehört Selbstdisziplin dazu – auch der Umgang mit sehr komplexen Aufgaben. Das habe ich mir erst im Studium angeeignet. Und davon profitiere ich heute noch.

Die arabische Welt beschäftigte Sie später jedoch auch noch in anderer Weise: So schrieben Sie nicht nur Bücher über die Region und Kultur, sondern erklärten zum Beispiel in der Fernsehsendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“ auf Arabisch mit deutschen Untertiteln die Deutschen und das hiesige Leben. Sehen Sie sich auch als eine Art Übersetzer oder Brückenbauer?
Als Journalist übersetze ich nicht nur, sondern ordne auch ein: ein Brückenbauer mit kritischem Blick. Das ist es, was es in ganz vielen Bereichen meiner Meinung nach heutzutage auch braucht.

Weitere Informationen zu Constantin Schreiber unter:
http://intern.tagesschau.de/author/cschreiber/

Um Brücken zwischen Kulturen bauen zu können, muss man den jeweiligen Kulturen zuhören – eine Eigenschaft, die auch für die journalistische und juristische Arbeit unerlässlich ist. Kommt das einander Zuhören heute zu kurz?
Die Situation ist wohl der allgemeinen Beschleunigung geschuldet. Wir hören uns heute weniger zu, vielmehr wird alles visuell transportiert. Nehmen Sie als Beispiel die sozialen Medien: Dort sehen wir viel mehr als dass wir zuhören. Daher kommt dieser Aspekt sehr viel zu kurz.

Ist der Journalismus für Sie auch ein Weg, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen?
Der Journalismus ist inzwischen ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, beinhaltet aber trotzdem eine gesellschaftliche Aufgabe – je nachdem wo man tätig ist. Bei der Tagesschau bemühen wir uns, objektiv und neutral zu sein. Aber natürlich gibt es auch Medien, die von sich aus eine Positionierung übernehmen. Das ist aber kein Geheimnis, sondern vom editorischen Ansatz so gedacht. Da schwingt aber trotzdem auch eine gesellschaftliche Aufgabe mit.

karriereführer recht 2.2017 – Wirtschaftsrecht: Aktuelle Entwicklungen, neue Herausforderungen

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Wirtschaftsrecht: Aktuelle Entwicklungen, neue Herausforderungen

Das Wirtschaftsrecht regelt das Zusammenspiel aller am Wirtschaftsleben Beteiligten. Und da derzeit so gut wie jede Branche gravierende Veränderungen zu meistern hat, bedarf es auch vielfacher neuer rechtlicher Regelungen – sei es nun aufgrund der Digitalisierung oder aber der Globalisierung. Vor dem Hintergrund dieser Veränderungen suchen die Wirtschaftskanzleien junge Juristen, die keine Berührungsängste mit technischen und informationstechnologischen Fragen haben, die betriebswirtschaftliches Wissen mitbringen und die bereit sind, interdisziplinär zu arbeiten.

E-Paper karriereführer recht 2.2017

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Bio trifft Digital

Pillen aus dem Drucker, Big Data in der Forschung und Bio-Tech-Boom: Die Pharma-Branche profitiert schon heute von neuen technischen Entwicklungen, in naher Zukunft werden sich weitere Potenziale ergeben. Diese zu nutzen, ist Aufgabe der Pharma-Unternehmen und ihrer Mitarbeiter. Damit das funktioniert, müssen Mitarbeiter erkennen, wie sehr die Technik zum Enabler dieser Branche wird – und wie weitreichend der Kulturwandel sein wird. Das zeigt unser Blick auf zwei große Pharma-Trends: die Digitalisierung und die Biopharmazeutika. Von André Boße

Als digitale Transformation bezeichnet man die Eingliederung der neuen digitalen Möglichkeiten in die Prozesse eines Unternehmens. In vielen Branchen geschieht dies eher versteckt, der Kunde bekommt gar nicht mit, dass sein neuer Kühlschrank auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz hergestellt wurde. In der Pharma-Industrie ist das anders: Viele der neuen Techniken werden für die Patienten sehr direkt erlebbar. So kommen neue Präparate auf den Markt, die für ganz neue Therapieansätze stehen oder in geringen Stückzahlen beinahe individuell für einen Patienten hergestellt werden. Die zwei Pharma-Trends Digitalisierung und Biopharmazeutika versprechen Wachstum und neue Job-Profile. Jedoch kommt es für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter darauf an, einen Kulturwandel zuzulassen: Die Veränderungen bekommen nämlich nicht nur auf positive Art und Weise die Patienten zu spüren, sondern alle, die in der Pharma-Industrie tätig sind.

Trend Digitalisierung

Schon vor zwei Jahren stellten die Pharma-Experten der Unternehmensberatung Bearing Point im Rahmen einer Studie fest, dass es sich bei der Digitalisierung in der Pharma-Industrie um einen Zukunftstrend, aber auch um eine Prozessbaustelle handelte: Vor allem die mangelnden digitalen Talente stellten eine Herausforderung für die Pharma-Unternehmen dar, hieß es in der Zusammenfassung einer Umfrage unter mehr als 100 Branchenprofis. Dieses Problem ist für die Pharma-Industrie auch heute noch aktuell, wie Marcel Müller, Senior Manager und Pharma-Experte bei Bearing Point sagt: „Die Digitalisierung erreicht die Pharma-Industrie in zunehmenden Maße, bei Weitem jedoch nicht in gleicher Geschwindigkeit wie in anderen Industrien.“

Big Data in der Pharmazie

Die Gesamtheit aller gewonnenen biologischen Datensätze aus Genom, Transkriptom, Proteom, Metabolom und allen weiteren „omen” sowie deren Kombination mit anderen patientenspezifischen Informationen wird „Panomics“ genannt. Es entstehen riesige Datensätze, die – mithilfe neuer Big-Data-Software analysiert – wertvolle Informationen geben können, heißt es in einer Mitteilung des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). Gerade im Bereich der Onkologie sei die Kenntnis der molekularen Signatur der Tumorzellen von großer Bedeutung. „Die modernen Sequenziermethoden ermöglichen die Aufdeckung der molekularen Veränderungen, die dem jeweiligen Tumor zugrunde liegen und können in der Präzisionsonkologie für die Bestimmung der bestmöglichen Therapie genutzt werden“, heißt es im vfa-Papier.

Grund dafür sei weiterhin, dass die Digitalisierung in der Branche mit einem durchdringenden Kulturwandel einhergehe, den viele Unternehmen nicht mutig genug vollziehen würden. Digitalisierung steht für neue Formen der Kooperation, für ein effektives und intensives Wissensmanagement sowie eine stärkere Innovationskraft – und überall hier gebe es Nachholbedarf, wobei bestimmte Bereiche in den Pharma-Unternehmen weiter seien als andere, wie Marcel Müller sagt. „Vertrieb, Customer Services oder Customer Relation Management weisen einen vergleichsweise höheren Reifegrad aus, dagegen gibt es in den Bereichen Produktion, Logistik und Labor noch Verbesserungspotenzial.“

Das überrascht, denn gerade in der Fabrik und in der Forschung ergeben sich im Zuge der Digitalisierung riesige Potenziale: „3-D-Druck und Künstliche Intelligenz mithilfe des Deep-Learning- Verfahrens bedeuten für die Pharma- Industrie fundamentale Veränderungsprozesse“, sagt Marcel Müller von Bearing Point. Seit 2016 sind zum Beispiel in den USA die ersten Tabletten aus dem 3-D-Drucker zugelassen, es handelt sich um spezielle Präparate für an Epilepsie leidende Patienten, die Pillen lassen sich durch ihre besondere Beschaffenheit auch bei heftigen epileptischen Anfällen schlucken.

Noch handelt es sich um eine sehr spezielles Präparat, doch der 3-D-Druck erweist sich hier als effiziente Produktionsform: „Dadurch wird die Kostenstruktur an wichtigen Stellen verändert“, sagt Marcel Müller. Die Produktionsanlage ist wesentlich günstiger, die Durchlaufzeit geringer, das Portfolio der Produktion wird flexibler. Neue Verfahren mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz kommen insbesondere in der Forschung & Entwicklung zum Einsatz: Big Data und ein neues Informationsmanagement durch kollaborative Technologien, die einmal erarbeitetes Wissen zur Verfügung stellen, sorgen dafür, dass schneller und kostengünstiger geforscht werden kann.

Weil mit der Digitalen Transformation in der Pharma-Branche Kulturwandel einhergeht, beeinflusst die Technik auch die Personalstruktur und die Arbeitsprofile in den Unternehmen. Es entstehen neue Jobs, viele davon befinden sich an den Schnittstellen zur IT. Aber auch in der Marktanalyse oder Trendforschung gibt es neue Tätigkeitsfelder, schließlich komme es darauf an, herauszubekommen, wie sich die neuen digitalen Möglichkeiten tatsächlich gewinnbringend und im Sinne der Patienten anwenden lassen. „Die jeweilige technische Erneuerung muss schon mit zu einer Geschäftsstrategie passen“, sagt Marcel Müller. Sonst werde die digitale Transformation zum Selbstzweck – und das nützt niemandem etwas.

McKinsey-Studie: Pharma muss Produktivität neu denken

Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem November 2016 untersucht, warum Pharma-Unternehmen trotz vieler Bemühungen ihre Produktivität nicht signifikant erhöht haben. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass traditionelle Maßnahmen wie Effizienz in der Produktion oder die Eroberung neuer Märkte nicht mehr die erwünschten Erfolge bringen. Bedeutsam seien daher weitere Investitionen in den Bereich Forschung & Entwicklung: „Neue Analyseverfahren erhöhen die Effizienz, neue Technologien aus den Bereichen Immun-Okologie oder Genom-Editierung bieten Wachstumschancen, Kooperationen mit Start-ups oder anderen externen Partnern erhöhen die Chance für Innovationen.“

Einsteigern empfiehlt der Pharma- Experte von Bearing Point, ein Grundverständnis für die digitalen Technologien mitzubringen – auch für Neuerungen wie Smart Glasses oder Augmented Reality, die in den Pharma-Unternehmen nicht nur Spielereien, sondern die Arbeitswerkzeuge der nahen Zukunft sind. „Entscheidend kommt es für Nachwuchskräfte darauf an, zu erkennen, dass die Technologie als Enabler eine immer größere Rolle spielen wird“, sagt Marcel Müller. Pharma werde in Zukunft stark von den Neuerungen der Digitalisierung profitieren – und viele der Innovationen werden für die Patienten direkt erfahrbar sein. Von der individualisierten Tablette aus dem 3-D-Drucker bis hin zu neuen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten, die sich aus der Kooperation von Forschern, Pharma- Vertrieblern und Künstlicher Intelligenz ergeben: Es gibt viel Neues zu entdecken und zu entwickeln, der Mut zur Digitalisierung wird sich für die Branche und ihre Mitarbeiter auszahlen.

Trend Biopharmazeutika

Unter dem Begriff der Biopharmazeutika fasst man Arzneimittel und Impfstoffe zusammen, deren Wirkstoffe mithilfe gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden. Die Produktion dieser Stoffe ist technisch aufwendig, die Hersteller müssen viel Know-how in die Forschung und Entwicklung investieren. Doch das lohnt sich zunehmend, wie der Report „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2017“ der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zeigt, der im Sommer 2017 veröffentlicht wurde:

Der Umsatz mit Biopharmazeutika erhöhte sich demnach in Deutschland gegenüber 2015 um 12,4 Prozent auf rund 9,3 Milliarden Euro. Damit hat diese Branche mittlerweile einen Anteil am Umsatz des gesamten Pharma-Marktes von 24,8 Prozent – jeder vierte Euro wird also bereits mit Biopharmazeutika umgesetzt. Hier zeigt sich: Dies ist kein Markt ausschließlich für morgen, sondern schon heute ein Treiber für Wachstum.

Report der Boston Consulting Group (BCG) „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2017“

Im BCG-Report heißt es, zum Beispiel sei es sinnvoll, in den Pharma-Unternehmen schnelle Entscheidungsfindungen zu etablieren: „Der Zeitraum von Antrag bis Projektbeginn sollte in diesem von Wettbewerb geprägten Forschungsumfeld angemessen kurz sein“, sagt Studienautor Jürgen Lücke, BCG-Senior Partner und Leiter der Praxigruppe Health Care. Zudem fordert er einen „Austausch über Köpfe, zum Beispiel, indem die Branche die Ausbildungs- und Beschäftigungssysteme zwischen akademischer Welt und Industrie durchlässiger macht sowie die Vernetzung von Forschung, Ärzten und Wissenschaft ausbaut.“

Entsprechend wächst die Bedeutung am Arbeitsmarkt: 44.100 Mitarbeiter sind im Bereich der Biopharmazeutika beschäftigt, das sind 8,1 Prozent mehr als im Vergleichsjahr 2015. Unter den insgesamt 38 im Jahr 2016 neu zugelassenen Arzneimitteln finden sich 14 Biopharmazeutika – das sind mehr als ein Drittel aller Neuzulassungen, so hoch war der Anteil noch nie. Und noch ein Vergleich: Insgesamt sind in der Pharma-Produktion etwas über 114.000 Mitarbeiter beschäftigt, der Anteil der Mitarbeiter in der Herstellung von Biopharmazeutika nähert sich langsam aber sicher einem Anteil nahe 50 Prozent.

Es wird offensichtlich: Die Biotech-Bereiche in der Pharma-Branche sind forschungsintensiv, daher werden hier auch überproportional mehr Experten benötigt. „Das Wachstum reflektiert, dass Biopharmazeutika immer mehr Patienten mit meist sehr schweren Krankheiten eine Therapie ermöglichen“, sagt Dr. Frank Mathias, CEO von Rentschler Biotechnologie sowie Vorsitzender von vfa bio, der Interessensgruppe Biotechnologie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). „Die Branche legt ihren Schwerpunkt daher weiterhin darauf, neuartige medizinische Lösungen durch Originalpräparate zu schaffen.“ Insgesamt gebe es 636 biopharmazeutische Entwicklungsprojekte in allen Phasen der klinischen Erprobung – entsprechend hoch ist der Bedarf an forschendem Nachwuchs.

Der große Wachstumstreiber ist der Bereich der Onkologie: Der Umsatz bei der Forschung nach neuen Wirkstoffen gegen Krebs stieg von 2015 auf 2016 um fast 25 Prozent, fast ein Viertel aller Umsätze werden mit Biopharmazeutika aus diesem medizinischen Bereich erzielt. In den vergangenen zehn Jahren haben Pharma-Unternehmen 19 Biopharmazeutika gegen Krebs durch die Zulassung gebracht. Die meisten davon sind zielgerichtete Krebsmedikamente: Während in der Chemotherapie alle teilungsaktiven Zellen angegriffen werden, gelingt es diesen Mitteln, vorrangig die Krebszellen zu treffen. Andere Biopharmazeutika in diesem Bereich sind sogenannte Immun-Onkologika: Medikamente, die das Immunsystem des Patienten in die Krebsbekämpfung einbeziehen. Biopharmazeutika werden die Krebstherapie auch künftig voranbringen – da sind sich die Autoren der Studie sicher. So führten die Unternehmen der medizinischen Biotechnologie derzeit insgesamt 264 fortgeschrittene Projekte für neue Biopharmazeutika gegen 37 verschiedene Krebserkrankungen durch.

3-D-Druck-Forscher Dr. Ivan Minev

Dr. Ivan Minev leitet am Biotechnology Center TU Dresden (BIOTEC) eine Forschungsgruppe, die bioelektrische Stoffe entwickelt, mit denen sich im Körper eines Patienten Gewebe heilen lässt. Zum Einsatz kommen dabei biotechnologische Verfahren, aber auch 3-D-Drucker. Gefördert wird seine Arbeit vom Freigeist-Fellowship der VolkswagenStiftung. Im Gespräch erzählt der Physiker, wie sein Ansatz funktioniert und was 3-D-Drucker heute und in Zukunft leisten können. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Dr. Ivan Minev, Foto: BIOTEC
Dr. Ivan Minev, Foto: BIOTEC

Dr. Ivan Minev forscht seit Juni 2016 als Gruppenleiter am Biotechnology Center TU Dresden (BIOTEC) zu elektronischen Gewebetechnologien. Zuvor war er an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) als Post- Doctoral Research Associate tätig, wo er neuroprothetische Implantate für verletztes Rückenmark entwickelte. Seine Promotion absolvierte er am Department of Engineering der University of Cambridge. Während dieser Zeit von 2008 bis 2012 erforschte er Materialien und Technologien für dehnbare elektronische Geräte und untersuchte dünne Metallschichten auf elastischen Substraten für biomedizinische Anwendungen.

Herr Dr. Minev, was hat Sie zu Beginn Ihrer Karriere an der Erforschung elektronischer Stoffe fasziniert, die in der Lage sind, natürliche Organe und natürliches Gewebe zu ersetzen?
Mich haben die Berichte über Herzschrittmacher, Hörprothesen in Form von Cochlea-Implantaten sowie tiefgehende Gehirnsimulationen interessiert. Alles dies sind bioelektronische Technologien, die in den Kliniken bereits Anwendung finden und die dabei helfen, die Lebensqualität zahlreicher Patienten zu verbessern. Meine Motivation war es, zu erforschen, ob ähnliche Technologien an anderen Stellen im Körper und mit Blick auf andere Krankheiten entwickelt werden können. Ich begann meine Studien als Physiker und wende mein Wissen nun an der Schnittstelle zwischen Physik und Biowissenschaften an.

Als Sie mit Ihrer Forschung begannen, haben Sie sich da eher als Pionier oder als Außenseiter gesehen?
Es ist für jeden Naturwissenschaftler, so glaube ich, ein besonders aufregendes Gefühl, zu erkennen, wenn man mit einer Forschungsarbeit Neuland betritt. Vielleicht hat man einen bislang unbekannten Zugang zu einem alten Problem gefunden, vielleicht ist es auch gelungen, zwei bislang scheinbar nicht miteinander im Zusammenhang stehende Beobachtungen zu verknüpfen – es entsteht dann das Gefühl, dass nun etwas sehr Interessantes passieren könnte. Ob man sich dabei als Pionier oder Außenseiter betrachtet, spielt weniger eine Rolle.

Nehmen Sie zum Beispiel Alexander Volta, der Anfang des 19. Jahrhunderts mit den gerade erfundenen galvanischen Zellen experimentierte – das waren die Frühformen der Batterien. Aus irgendeinem Grund kam er auf die Idee, in jedes Ohr ein Stück Metall zu stecken und den Kreis mithilfe der galvanischen Zellen zu schließen. Danach beschrieb er ein lautes Knackgeräusch, das er in seinem Kopf hören konnte. Als wen bezeichnet man jemanden, der ein solches Experiment durchführt, ist er ein Außenseiter? Damals vielleicht, ja. Aber mehr als 200 Jahre später wurde aus seinem Ansatz die Vorlage für Cochlea-Implantate, die mit der Hilfe von kleinen elektrischen Impulsen das Innenohr stimulieren – und dafür sorgen, dass gehörlose Patienten wieder hören können. So wie damals Alexander Volta arbeiten wir Naturwissenschaftler heute nicht mehr, aber seine Abenteuerlust inspiriert mich – für mich ist genau dieser Geist das Aufregende an meinem Beruf.

Wenn Sie sich an ein neues Forschungsprojekt wagen, welche Eigenschaften sind wichtig, um sich gegen skeptische Stimmen durchzusetzen?
Man darf nicht aufgeben. Das klingt wie ein Klischee, aber es stimmt. Es gibt häufig sehr viele verschiedene Gründe dafür, einem Forschungsansatz skeptisch gegenüber zu treten. Manchmal wollen die Skeptiker nur erreichen, dass man sich als Forscher seine eigenen Ideen noch einmal klarer macht. Dann können die skeptischen Stimmen für den Verlauf der Forschung sehr wichtig sein. Man kann eine Menge lernen, wenn man darauf vorbereitet ist, sehr offen für Meinungen zu sein, die sich von der eigenen unterscheiden. Zugleich ist es wichtig, stets an sich zu glauben und sich nicht umwerfen zu lassen. Das zeigt schon der Umstand, dass viele Dinge, die vor 50 Jahren noch als Science Fiction galten, heute Realität sind.

Es ist für jeden Naturwissenschaftler, so glaube ich, ein besonders aufregendes Gefühl, zu erkennen, wenn man mit einer Forschungsarbeit Neuland betritt.

Zu Ihrer konkreten Forschung, können Sie kurz erklären, wie es Ihnen gelingt, dass ein elektronischer Gewebestoff an ein menschliches Organ andockt?
Wir sind daran interessiert, Organe zu reparieren, die durch eine Verletzung oder eine Krankheit in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Unsere Vision ist es, Miniatur-Labore zu entwickeln, die innerhalb des Körpers die notwendigen Therapieprogramme starten. Zum Beispiel kann durch eine Kombination aus kleinen elektrischen Impulsen sowie dem Einsatz von Ersatzzellen und Medikamenten der Selbstheilungsprozess eines beschädigten Gewebes in Gang gesetzt werden. Die große Herausforderung ist es, einen Weg zu finden, damit unsere kleinen Geräte vom Körper akzeptiert werden, dass sie also biologischem Gewebe ähneln – und nicht einer elektronischen Anlage.

Wie gelingt Ihnen das?
Ein Ansatz ist, weiche Materialien zu finden, die ähnliche Eigenschaften wie natürliches Gewebe besitzen, an die sich Zellen anhängen können und die dabei elektronisch funktional bleiben. Wir bauen zwar eine elektronische Maschine, geben ihr aber genügend biologische Bestandteile. Wenn wir in diesem Bereich weitere Fortschritte machen, werden wir in der Lage sein, neue Behandlungen für schwerwiegende neurologische Krankheiten zu schaffen, zum Beispiel nach Gehirnverletzungen, Schlaganfällen oder Schädigungen des Rückenmarks.

Sie nutzen für Ihre Forschung auch die Technik des 3-D-Drucks. Wie hilft Ihnen diese Entwicklung?
Wir benutzen den 3-D-Druck für Prototypen von bioelektronischen Implantaten, mit denen wir das Nervensystem reparieren. Ein großer Vorteil der Technik ist es, dass wir für jeden Patienten spezifische Teile herstellen können. Auch ist es möglich, das Material, das schließlich ausgedruckt wird, so zusammenzusetzen, dass das Resultat alle therapeutischen Funktionen erfüllt. Für meine Arbeit ist aber kein tiefgehendes IT-Wissen notwendig, das über das generelle Know-how zum CAD-Design hinausgeht.

Eine Vision ist, dass Patienten mit chronischen Krankheiten keine Tabletten oder Injektionen mehr erhalten, sondern wir bioelektronische Implantate einsetzen, die diese krankmachenden Fehlfunktionen korrigieren.

Welche weiteren Innovationen werden mithilfe des 3-D-Drucks möglich werden?
Ich denke, dass die 3-D-Drucker den Weg in den Operationssaal schaffen werden, wo sie dann von den Chirurgen benutzt werden. Es wird wohl möglich sein, das Implantat direkt im beschädigten Gewebe herzustellen, vielleicht können wir auch Sensoren herstellen, die dann im Körper des Patienten Daten über seinen Gesundheitszustand ermitteln. Eine weitere Vision ist es, dass Patienten mit chronischen Krankheiten keine Tabletten oder Injektionen mehr erhalten, sondern wir bioelektronische Implantate einsetzen, die diese krankmachenden Fehlfunktionen korrigieren.

Welche Tätigkeiten als naturwissenschaftlicher Forscher begeistern Sie immer wieder aufs Neue?
Bedauernswerterweise fehlt mir heute häufig die Zeit, um wirklich noch mit meinen eigenen Händen zu experimentieren. Ich vermisse das sehr, denn ich mag diese praktischen Tätigkeiten: Substanzen zusammenmischen, Kabel verbinden. Was mir heute am meisten Spaß macht, ist daher die Diskussion mit den Wissenschaftlern in meinem Team über die Ergebnisse unserer Experimente und Forschungsansätze für die Zukunft. Manchmal entfernen wir uns bei diesen Debatten sehr weit vom Ausgangspunkt, und ich hoffe, dass meine Forschungskollegen gerne mit mir auf Gedankenreise gehen.

Freigeist-Fellowship

Im September 2016 wurde Ivan Minev mit einem Freigeist-Fellowship der VolkswagenStiftung ausgezeichnet. Die Fördersumme in Höhe von 920 000 Euro nutzt er fünf Jahre lang für den Aufbau seiner eigenen Forschungsgruppe. Die fachoffenen Freigeist-Fellowships richten sich an außergewöhnliche Forscherpersönlichkeiten nach der Promotion, die sich zwischen etablierten Forschungsfeldern bewegen und risikobehaftete Wissenschaft betreiben möchten.

https://www.volkswagenstiftung.de/unsere-foerderung/unser-foerderangebot-im-ueberblick/freigeist-fellowships

Jung und erfolgreich bei: Pfizer

Erkrankten Menschen helfen. Ich wusste schon mit 15, wo es beruflich für mich hingehen sollte. Heute bin ich genau dort angekommen und arbeite in einem forschenden Pharma-Unternehmen als Scientific Advisor. Schon früh hat mich die Forschung interessiert, weshalb ich als Schülerin ein Praktikum in der Klinischen Forschung gemacht habe. Danach wusste ich: Hier möchte ich anknüpfen.Von Dr. Ines Schneider

Dr. Ines Schneider Foto; Studioline Photography
Dr. Ines Schneider Foto; Studioline Photography

Name: Dr. Ines Schneider
Position: Scientific Advisor
Stadt: Berlin
Studiengang: Humanbiologie
Abschlusszeitpunkt: Master of Science im März 2010, Promotion im Januar 2016
Interessen: Tanzen, Reisen
Berufliches Ziel: zum medizinischen Fortschritt beitragen

In meinem Bachelorstudium wählte ich Molekulare Zellbiologie an der Universität Heidelberg mit einem Auslandssemester in Norwegen. Um den medizinischen Schwerpunkt zu vertiefen, habe ich mich dann für den Masterstudiengang Humanbiologie an der Universität Kopenhagen entschieden. Während meines Studiums habe ich unter anderem am Malaria-Erreger und in der Entwicklungsgenetik geforscht. In solchen Forschungsprojekten habe ich immer gerne mitgearbeitet – auch wenn häufig viel Geduld gefordert war. Als leidenschaftliche Turniertänzerin ist mir dies jedoch nicht unbekannt. Ähnlich wie das Tanztraining braucht der Forschungsprozess einfach Zeit, es klappt nicht alles auf Anhieb und man benötigt Durchhaltevermögen.

Während meiner Doktorarbeit an der Berliner Charité kam ich zum ersten Mal mit der Onkologie in Berührung. Hier habe ich untersucht, inwiefern Humane Papillomviren, von denen einige Typen Gebärmutterhalskrebs auslösen können, weißen Hautkrebs verursachen. Das Forschungsgebiet war für mich neu, deshalb aber nicht weniger spannend. Im Gegenteil, neue Tätigkeitsfelder zu entdecken, gibt mir die Möglichkeit, mich selbst weiterzuentwickeln. Insbesondere weil mich die Forschung und der medizinische Fortschritt interessieren und ich gerne ein Teil davon sein möchte. Dieses Interesse und der gleichzeitige Wunsch, erkrankten Menschen zu helfen, haben mich dazu bewogen, in die Pharma- Industrie zu wechseln.

Mittlerweile arbeite ich als Scientific Advisor bei Pfizer im Geschäftsbereich Onkologie. Hier kann ich meine Kenntnisse aus Studium und Forschung ideal einbringen. Ich unterstütze laufende klinische Studien, prüfe medizinische Inhalte für das Marketing oder leite die medizinischen Schulungen des Außendienstes. Aber ich plane auch die Budgets, erarbeite die medizinische Strategie und betreue von medizinischer Seite die Markteinführung neuer Medikamente.

Damit sind meine Aufgaben sehr abwechslungsreich – nicht nur inhaltlich, sondern auch bezogen auf meinen Arbeitsplatz: An einem Tag arbeite ich im Büro, an einem anderen bin ich auf einem nationalen oder internationalen Kongress unterwegs. Ich mag diese Dynamik und bin froh, dass ich heute so arbeiten kann. Mein Wunsch für die Zukunft: weiterhin bei der Einführung innovativer Medikamente mitzuwirken und damit einer Vielzahl von Menschen helfen zu können.

Aufgestiegen zum Produktleiter

Karriere in der Forschung oder neue Herausforderungen auf unbekanntem Terrain – das war die Frage, die ich mir irgendwann gestellt habe. Die Antwort habe ich mir nicht leicht gemacht, schließlich wollte ich immer schon in der Forschung arbeiten. Sollte ich das wirklich aufgeben? Ein Erfahrungsbericht von Dr. Stephan Kuhlenkötter

Dr. Stephan Kuhlenkötter, Foto: privat
Dr. Stephan Kuhlenkötter, Foto: privat

Biochemie- und BWL-Studium, bei Lilly eingestiegen 2012 als Trainee, aufgestiegen 2016 zum Produktleiter Marketing & Vertrieb

Nach dem Studium der Biochemie in Bochum und Witten habe ich in Göttingen am Max-Planck-Institut an meiner Promotion gearbeitet. Spannendes Thema, interessante Ergebnisse, Eigenverantwortung – das einzige, was mir aufgrund der hohen Fokussierung wirklich fehlte, war, dass ich mich nicht mit den vielen anderen Themen auseinandersetzen konnte, die mich auch interessierten. Daher habe ich mich entschlossen, neben der Promotion ein Studium der BWL an der Fernuniversität Hagen zu beginnen. Grundvoraussetzung für meinen späteren Wechsel war dies wohl nicht, aber dieser Entschluss hat mich nachhaltig darin bestärkt, mich wieder „breiter“ aufzustellen.

Sicherlich war es auch hilfreich, frühzeitig erste Kontakte zu verschiedenen Firmen geknüpft zu haben, bei denen ich durch Praktika und Projekte Einblicke erhalten habe.

Persönliche Interessen einbringen und Nutzen

Nach der Promotion war dann für mich klar: Ich möchte gerne in einem internationalen Unternehmen im Health-Care-Bereich arbeiten, in dem ich meine persönlichen Interessen einbringen und nutzen kann. Das Trainee-Programm von Lilly bot mir genau diese Gelegenheit. In mehreren Stationen im Innen- und Außendienst konnte ich frühzeitig Verantwortung übernehmen und das Unternehmen in verschiedenen Positionen kennen lernen. Durch die Übernahme eines eigenen Außendienstgebietes habe ich viel über unsere Kunden, den Aufbau von Kundenbeziehungen, aber auch über mich selbst gelernt. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen und bin froh, dass ich sie machen konnte. Auch für die nachfolgenden Aufgaben im Marketing war diese Erfahrung eine gute Grundlage.

Neben dem „learning by doing“ gab es auch eine Reihe von interessanten Angeboten zur fachlichen und persönlichen Weiterbildung sowie die Gelegenheit, die Aufgaben verschiedener Fach- und Führungskräfte kennen zu lernen. Überrascht hat mich die Flexibilität und Offenheit bei Lilly, sich in verschiedene Richtungen entwickeln zu können.

Intensive Fachdiskussionen mit Kunden

Nach der zweijährigen Traineezeit wurde mir eine Position im Marketing als Brand-Manager in der Onkologie angeboten, die ich sehr gerne angenommen habe. Gerade in der sehr forschungsorientierten Onkologie war mein naturwissenschaftlicher Hintergrund hilfreich, zum Beispiel bei der Teilnahme an Kongressen, dem Lesen der neusten Publikationen oder auch, um mit unseren Kunden intensive Fachdiskussionen führen zu können. Im Laufe der Zeit habe ich mehr und mehr Verantwortung übernommen und war als Brandmanager für alle Lilly-Produkte in der Onkologie schon einmal zuständig. Somit konnte ich in den verschiedensten Indikationen Erfahrungen sammeln. Von der Produktneueinführung bis zum Patentauslauf konnte ich alle Stufen des Produktlebenszyklus begleiten.

Die Entscheidung, die Forschung zu verlassen, habe ich nicht bereut und ich habe nicht das Gefühl, etwas aufgegeben zu haben. Ich weiß aber, dass ich vieles dazu gewonnen habe.

Die Vielfalt der Aufgaben in dieser Position sorgte für viel Abwechslung und eine steile Lernkurve. Besonders der Austausch und die Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen in anderen Unternehmensbereichen machte die Aufgabe so interessant. Hohes Maß an Selbstständigkeit und Kundenorientierung Ende 2015 übernahm ich die Verantwortung für eine Produktneueinführung in Deutschland, Österreich und der Schweiz und leite seitdem den Bereich Marketing und Vertrieb für dieses Produkt. Neben einem hohen Maß an Selbstständigkeit sind hier auch Kundenorientierung, Führungsverantwortung und strategisches Talent gefragt.

Das Thema „Führung“ wird bei Lilly sehr ernst genommen. Dabei ist ein respektvolles Miteinander auf Augenhöhe quer durch alle Hierarchiestufen ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Investment in diesen Bereich ist dementsprechend hoch und ermöglicht eine persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter. So hatte ich vor kurzem erst die Gelegenheit eine Coaching-Zertifizierung abzuschließen, die auch außerhalb des Berufsalltags sehr hilfreich ist.

Internationaler Austausch über Ländergrenzen hinweg

Das Arbeiten über Ländergrenzen hinweg und ein intensiver internationaler Austausch sind fester Bestandteil der täglichen Routine. Hierbei lernt man nicht nur Neues über andere Märkte und Kulturen kennen, sondern es entstehen auch echte Freundschaften. Mein Fazit lautet: Die Entscheidung, etwas Neues und Unbekanntes zu machen und die Forschung zu verlassen, habe ich nicht bereut und ich habe nicht das Gefühl, etwas aufgegeben zu haben. Ich weiß aber, dass ich vieles dazu gewonnen habe.

Was macht eigentlich ein Betriebsingenieur der Verfahrenstechnik, Herr Müller?

Michael Müller ist Betriebsingenieur Verfahrenstechnik beim Chemiekonzern Wacker am Produktionsstandort Burghausen.Von Michael Müller

Ein Betriebsingenieur ist dafür verantwortlich, dass Produktionsanlagen sicher, störungsfrei und vor allem kosteneffizient funktionieren. Voraussetzung für den Beruf ist nicht nur ein Studium der Verfahrenstechnik und entsprechendes Fachwissen. Betriebsingenieure müssen auch flexibel, kreativ und teamfähig sein. Obwohl Chemie zu meinen Lieblingsfächern in der Schule gehörte, wollte ich etwas studieren, das Chemie und Technik verbindet.

Bei Messen zur Berufs- und Studienwahl und bei Schnuppertagen an der Technischen Universität München wurde ich auf das Studium Chemieingenieurwesen aufmerksam. Schnell wurde mir klar, dass das genau das Richtige für mich ist. 2003 schrieb ich mich an der TU München für den Studiengang ein. Einer meiner Studienschwerpunkte war thermische Verfahrens- und Reaktionstechnik. Für meine spätere Berufskarriere hätte ich keine bessere Entscheidung treffen können. Denn für klassische Chemieunternehmen sind Berufseinsteiger, die über verfahrenstechnisches Fachwissen verfügen, besonders interessant.

2008 bewarb ich mich als Praktikant beim Münchner Chemiekonzern Wacker und wurde prompt genommen. Drei Monate konnte ich in der Verfahrenstechnik im Stammwerk Burghausen mitarbeiten und erste Berufserfahrung sammeln. Ich war so begeistert, dass ich mir anschließend ein verfahrenstechnisches Thema für meine Diplomarbeit aussuchte. Das war sowohl für das Unternehmen als auch für mich von Vorteil: Ich konnte weitere Einblicke in die Produktion gewinnen, und mein künftiger Arbeitgeber lernte mich fachlich noch besser kennen. Noch im gleichen Jahr, keine vier Wochen nach dem Abschluss meiner Diplomarbeit, hat mich Wacker als Projektingenieur eingestellt.

Nach drei Jahren in der zentralen Verfahrensentwicklung arbeite ich inzwischen in einem Betrieb, in dem Siliconvorprodukte hergestellt werden. Hier sind Anlagen mit den unterschiedlichsten Apparaten samt Rohrleitungen zu betreuen: Rührwerke, Wärmetauscher, Kolonnen, Pumpen. Als Betriebsingenieur ist es meine Aufgabe, für einen reibungslosen Betrieb zu sorgen. Nur wenn unsere Anlagen sicher und störungsfrei laufen, können wir kosteneffizient produzieren.

Ein weiteres Aufgabengebiet ist die „Legal Compliance“, also die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben in Sachen Anlagen- und Arbeitssicherheit. Sicherheit und Umweltschutz hat oberste Priorität. Außerdem kümmere ich mich um die Einhaltung behördlicher Vorschriften und Auflagen. Beispiel: Jede Chemieanlage im Werk wird regelmäßig vom TÜV überprüft. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass alle Anlagen, für die ich verantwortlich bin, die technischen Prüfungen ohne Beanstandung bestehen. Der Alltag eines Betriebsingenieurs verlangt immer wieder ein hohes Maß an Flexibilität. Neben geplanten Revisionen und Umbaumaßnahmen gibt es auch Arbeiten, die keinen Aufschub dulden und sofort erledigt werden müssen. Dabei gilt es, die betrieblichen Interessen mit den Interessen der Instandhaltung, der Planung und der Sicherheitsabteilung sinnvoll und bestmöglich unter einen Hut zu bringen.

Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit ist es auch, die Effizienz und Produktivität bestehender Anlagen und Prozesse zu überprüfen und, wenn möglich, zu verbessern. Da ist Kreativität und Flexibilität gefordert. Das Wissen, dass eine Anlage nie zu Ende optimiert ist und es immer etwas zu verbessern gibt, motiviert mich ganz besonders. Neben unternehmerischem Denken und Handeln ist auch die Fähigkeit wichtig, im Team zu arbeiten. Bei jeder Reparatur, bei jeder Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme arbeite ich mit unterschiedlichen Fachwerkstätten und Fachstellen zusammen. Da muss auch die Chemie zwischen Betriebsingenieur und Facharbeitern stimmen.

Inzwischen arbeite ich seit fünf Jahren als Betriebsingenieur. Langweilig wurde es mir in dieser Zeit nie. Jeden Tag warten neue, spannende Aufgaben auf mich. Der Beruf ist äußerst abwechslungsreich und vielseitig. Und da mein Arbeitgeber Produktionsstandorte in aller Welt betreibt, hätte ich auch die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten. Ein guter Verfahrensingenieur hat eben viele Möglichkeiten, sich beruflich zu betätigen – und das nicht nur in der Chemie.

Job-Steckbrief Betriebsingenieur für Verfahrenstechnik

Voraussetzungen:

Abgeschlossenes Hochschulstudium der Fachrichtung Verfahrenstechnik, Automatisierungstechnik, Chemieingenieurwesen bzw. Maschinenbau, erste praktische Erfahrungen (Praktika, Diplomarbeit in der Industrie), internationale Erfahrung, Kenntnisse der einschlägigen Gesetze, Vorschriften und technischen Regelwerke

Tätigkeitsfelder (Auswahl):

  • Anlagenoptimierung hinsichtlich Produktivität, Energie- und Umwelteffizienz
  • Planung und Überwachung von Reparatur- und Investitionsmaßnahmen
  • Projektarbeit beginnend bei der Konzepterstellung, Projektdefinition und Projektabwicklung
  • Aufrechterhaltung der Genehmigungsfähigkeit der Anlagen Beantragen erforderlicher Mittel für Investition und Reparatur sowie Planung und Kontrolle der Einhaltung des Budgets

Gehalt:

Im Durchschnitt 4.800 Euro
Quelle: www.gehaltsvergleich.com

Weiterbildung:

Business-Smoothie für Naturwissenschaftler

„SUMM, SUMM, SUMM – DAS BIENENBUCH

Cover Das Bienen-BuchBienen sind von essentieller Bedeutung für unseren Lebensraum, doch sie sind gefährdet und es gibt immer weniger von ihnen. „Das Bienen Buch“ zeigt, wie man dazu beitragen kann, die nützlichen kleinen Insekten zu schützen und zu bewahren – und gibt dabei einen faszinierenden Einblick in ihre Welt . Es vermittelt in vier Kapiteln alles, was es über Bienen zu wissen gibt – von ihrer Biologie über den Einstieg ins Imkern bis hin zur Verarbeitung des geernteten Honigs. Neben den interessanten Texten besticht das Buch aber auch durch seine liebevolle grafische Gestaltung: Die Kombination aus Farbfotos und Illustrationen sowie das edle Coverdesign mit Leinenhaptik machen es zu einem echten Hingucker. Fergus Chadwick, Steve Alton, Emma Sarah Tennant, Bill Fitzmaurice, Judy Earl:
Das Bienen Buch. Dorling Kindersley, 2017. ISBN: 978-3-8310-3229-7. 19,95 Euro.

ESSBARE WILDPFLANZEN

Foto: Joachim/Fotolia
Foto: Joachim/Fotolia

Brennnessel, Giersch und Co. wachsen am Wegesrand in Wald und Flur und sind mehr als lästiges Unkraut. Immer mehr Menschen entdecken die Wildkräuter als Gaumenschmaus und mixen Saucen, Smoothies und Salate aus dem essbaren Grün, das die Natur schenkt. Einer, der sich perfekt in dieser Welt auskennt, ist der Biologe und Geograph Dr. Markus Strauß. Er hat mehrere Bücher zum Thema „Essbare Wildkräuter“ geschrieben und bietet Seminare an. Auch auf seiner Webseite findet sich manche nützliche Info, zum Beispiel zahlreiche leckere Rezepte. www.dr-strauss.net

DIE WICHTIGSTEN FRAGEN DER MENSCHHEIT

Cover Warum landen AsteroidenDruckfrisch gerade erschienen: 33 fundierte Antworten auf ebenso viele Fragen. Warum landen Asteroiden immer in Kratern? Soll man das Geschirr vorspülen, bevor man es in den Geschirrspüler räumt? Kann man in einem Schwarzen Loch zu spät kommen? Wie entsorgt man eine Raumstation? Können Drachen Feuer speien? Sind Bakterien musikalisch? Und warum vergessen wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere, was wir wollten? Kabarettist und Master of Ceremony Martin Puntigam, Astronom Florian Freistetter und Mikrobiologe Helmut Jungwirth beantworten die fundamentalsten Fragen der Menschheit. Eine aufklärerische Kampfschrift zum 10-jährigen Jubiläum der Science Busters (s. u.). Martin Puntigam, Florian Freistetter, Helmut Jungwirth: Warum landen Asteroiden immer in Kratern? Hanser Literaturverlag, 2017. ISBN: 978-3-446-25727-6. 22,00 Euro.

CHEMIEWEN DE

Cover ChemiewendeDass die Energiewende machbar ist, hat sich gezeigt. Dass eine Chemiewende hin zu erneuerbaren, natürlichen Rohstoffen ebenso notwendig ist, zeigt das neue Buch des promovierten Chemikers und Gründers der Firma Auro Naturfarben. Es geht ihm und seinem Koautor Horst G. Appelhagen um einen radikalen Wechsel der Grundstoffe, aus denen wir unsere Alltagsgüter produzieren. Während die Chemieindustrie immer noch zu 90 Prozent auf Erdöl setzt, zeigen Pionierunternehmen wie es geht und stellen Autos, Baustoffe, Textilien oder Kosmetika auf der Grundlage von Pflanzen, Algen und Mikroorganismen her. Die Autoren sind diesen neuesten Entwicklungen auf der Spur. Sie führen den Leser aber auch zurück zur Magie der Stoffe, die das eigentliche Wesen der Chemie ausmacht, und zeigen eindrucksvoll, dass Pflanzen kein bloßer „Roh-Stoff“ sind, sondern durch ihre raffinierte Syntheseleistung selbst die Standards liefern, an denen jede wahre „Wert-Schöpfung“ ansetzen muss. Hermann Fischer, Horst G. Appelhagen: Chemiewende. Von der intelligenten Nutzung natürlicher Rohstoffe. Verlag Antje Kunstmann, 2017. ISBN 978-3-95614-173-7. 14 ,00 Euro.

THE JAZZ OF PHYSICS

Cover The Jass of PhysicsSchon vor mehr als 50 Jahren begeisterte sich John Coltrane für das Universum. Inspiriert von Albert Einstein, hatte Coltrane Physik und Geometrie in den Mittelpunkt seiner Musik gestellt. Diese Idee faszinierte den Physiker und Jazzmusiker Stephon Alexander seit frühester Jugend. Er zeigt anhand des Jazz, wie die größten Fragen der Physik über die Beschaffenheit des Universums beantwortet werden können. „The Jazz of Physics“ fasziniert und begeistert jeden, der sich für die Geheimnisse unseres Universums, der Musik und des Lebens interessiert. Stephon Alexander: The Jazz of Physics. Die Verbindung von Musik und der Struktur des Universums. Eichborn 2017. ISBN: 978-3-8479-0033-7. 25,00 Euro.

DAS SEELENLEBEN DER TIERE

Cover Das Seelenleben der TiereFürsorgliche Eichhörnchen, treuliebende Kolkraben, mitfühlende Waldmäuse und trauernde Hirschkühe – sind das nicht Gefühle, die allein dem Menschen vorbehalten sind? Der passionierte Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben lehrt den Leser seines Buches „Das Seelenleben der Tiere“ das Staunen über die ungeahnte Gefühlswelt der Tiere. Anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und anschaulicher Geschichten nimmt er ihn mit in eine kaum ergründete Welt: die komplexen Verhaltensweisen der Tiere im Wald und auf dem Hof, ihr emotionales und bewusstes Leben. Und man begreift: Tiere sind uns näher, als wir je gedacht hätten. Faszinierend, erhellend, bisweilen unglaublich! Peter Wohlleben: Das Seelenleben der Tiere. Liebe, Trauer, Mitgefühl – erstaunliche Einblicke in eine verborgene Welt. LUDWIG 2016. ISBN: 978-3-453-28082-3. 19,90 Euro.

DER ANTI-RATGEBER

Cover LaueftRobin Haring ist einer der jüngsten Professoren Deutschlands, Spiegel-Bestseller-Autor und großer Fan des konstruktiven Scheiterns. Der studierte Diplom-Demograph und anstudierte Schlagzeuger promovierte 2010 im Fach Epidemiologie, war 2011 als Post-Doc an der Boston University, habilitierte 2013 und wurde im Jahr 2014 mit 32 Jahren zum Professor berufen. Nun hat er den Anti-Ratgeber „Läuft bei mir!“ geschrieben. Statt der üblichen Standardrezepte zur Selbstoptimierung versammelt dieses Buch insgesamt 32 Strategien, Fähigkeiten und Tricks, neudeutsch auch Life Hacks genannt, die Leben und Karriere schlicht leichter und besser machen – ganz konkret und ganz entspannt. Robin Haring: Läuft bei mir! Wie man auch ohne Erfolgsregeln entspannt Karriere macht. Redline-Verlag 2017. ISBN: 978-3-86881-675-4. 14,99 Euro.

Marc Freukes, der Odenwald-Tipianer

Klassische Aussteiger sind selten geworden, doch ihre Sehnsucht nach unberührter Natur und fast grenzenloser Freiheit teilen auch heute viele Menschen. Marc Freukes hat den Traum wahrgemacht. Bevor er – nach eigenen Worten – ein Burn-out erlitt, stieg er aus seinem alten Leben als Golflehrer aus und zog Anfang 2014 in ein selbsterrichtetes Baumwollzelt, ein Tipi, mitten im Odenwald.

Obwohl er nach Minimalismus strebt, geht es ihm nicht darum, einen Steinzeitmenschen oder Indianer zu imitieren. Vielmehr will der Odenwald-Tipianer, wie er genannt wird, die Fertigkeiten der Naturvölker mit den Errungenschaften der Moderne verbinden und ein Leben führen, das im Einklang mit der Natur steht, anstatt sie zu zerstören. Seinen Lebensunterhalt verdient er mit dem Schreiben von Büchern und mit Outdoor-Kursen.

Herr Freukes, Sie leben seit fast vier Jahren im Wald in einem Zelt. Vermissen Sie nie den Komfort einer trockenen und warmen Wohnung?
Das Tipi ist zumindest halbwegs trocken durch eine zweite Decke, die ich hineingezogen habe und mein selbstgebauter Lehmofen macht es auch bei niedrigen Temperaturen mollig warm.

Warum genau wagen Sie dieses Experiment?
Zu Beginn des Projekts ging es mir darum, die Kosten des zivilisierten Lebens zu reduzieren, um Geld fürs Alter zu sparen, und einen Job zu finden, mit dem ich in der Nähe des Odenwaldes bleiben kann. Außerdem wollte ich das alte Leben und die Natur mehr in meinen Alltag integrieren und einen sinnvollen Beitrag leisten, indem ich Menschen zeige, wie einfach man leben kann und dass Verzicht kein Einschnitt sein muss.

Und was erreichen Sie damit?
Teil des Experiments ist, herauszufinden, wie viel ich zum Überleben brauche. Es ist befreiend wenig zu haben: getreu dem Motto: „Je mehr Dinge man hat, desto mehr haben einen die Dinge!“

Sie benutzen ab und an ein Handy. Ist das nicht gemogelt?
Da auch ich nicht komplett aufs Geld verzichte, bin ich darauf angewiesen den Kontakt zu Kunden so herzustellen wie sie es im 21. Jahrhundert gewohnt sind. Rauchzeichen waren bisher vergebens ;-) Auch die Moderne hat ihre Vorzüge, aber auf die Dosis kommt es an. „Wie viel Plastik, wie viel Handy, wie viel Technik brauche ich wirklich?“ ist eine meiner Leitfragen.

Also wollen Sie das Ursprüngliche, Natürliche mit dem Modernen verbinden – ist das sinnvoll?
Ich glaube, die Zukunft liegt in einer Mischung aus dem Neuen und dem Alten und der Erkenntnis, dass die lebenswichtigen Dinge nicht neu erfunden werden müssen, es geht nicht darum, die Zeit zurückzuschrauben.

www.wildniskurs.de

Gibt es etwas, das Sie Berufseinsteigern mit auf den Weg geben würden?
Nach langer Zeit auf sinnfreie Berufsjahre zurückzublicken, kann auch in die Depression führen. Gemeinnutz, Spaß und Sinn können Richtungsgeber bei der Berufswahl sein.

Und zum Schluss: Was ist denn Ihr Lieblingsessen und können Sie das auch im Wald kochen?
Mein Lieblingsessen ist: „4 P&C“, Penne-Pesto-Pute-Parmesan & Cashewnüsse, eine Eigenkreation aus Golflehrerzeiten.