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Das letzte Wort hat: Kenza Ait Si Abbou, Managerin für Robotik und Künstliche Intelligenz, Speakerin, Autorin

Kenza, in deinem gerade erschienenen Buch „Menschenversteher“ geht es um Emotionale Künstliche Intelligenz. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Emotionale Künstliche Intelligenz ist ein Forschungsbereich, bei dem es darum geht, dass Maschinen lernen, unsere menschlichen Emotionen zu erkennen, analysieren und auf sie zu reagieren. Momentan handelt es sich bei Emotionalen Künstlichen Intelligenzen, die bereits angewendet werden, häufig um Chatbots. Chatbots, die zum Beispiel mit Sentiment Analysis ausgestattet sind, können nicht nur Informationen wiedergeben, sondern auch auf menschliche Befindlichkeiten eingehen.

Zur Person

Kenza Ait Si Abbou wurde 1981 in Marokko geboren. Ihr Abitur im Spezialzweig „Wissenschaft“ schloss sie 1999 in Fès/ Marokko ab. Anschließend studierte sie in Valencia und Barcelona Elektrotechnik und Telekommunikation. 2019 schloss sie den Masterstudiengang in Berlin ab. Von 2011 bis 2021 war sie für die Deutsche Telekom tätig, seit 2018 als Senior Managerin für Robotik und Künstliche Intelligenz. Seit 2021 ist sie bei IBM Deutschland für den Vertrieb von KI-Produkten zuständig. Für ihre Arbeit an der Schnittstelle zwischen Technik und Gesellschaftspolitik wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Digital Female Leader Award sowie dem Deutschen Demografie Preis 2022. 2020 erschien ihr erstes Buch, der Spiegel-Bestseller „Keine Panik, ist nur Technik“ (GU). Kenza Ait Si Aboou ist verheiratet und Mutter eines Sohnes. Mit ihrer Familie lebt sie in Berlin. iamkenza.de

Was nimmt eine solche Emotionale Künstliche Intelligenz alles wahr?
Sie kann eine ganze Menge wahrnehmen. Zum Beispiel kann sie Gesichtsausdrücke lesen und darin Stimmungen erkennen. Sie kann aus Augenbewegungen, Herzfrequenz und Puls Schlüsse ziehen und auch Stimmen auf zugrundeliegende Emotionen analysieren.

Für was können solche Analysen hilfreich sein?
Gerade im Gesundheitsbereich können solche Analysen enorm helfen. Weil die Emotionale Künstliche Intelligenz zum Beispiel die kleinsten Veränderungen in unserer Mimik identifizieren kann, kann sie bei der frühen Diagnose mancher Gehirnerkrankungen wie Parkinson oder psychischer Erkrankungen wie Depressionen immer zuverlässiger eingesetzt werden. Die EKI kann auch neurodiversen Menschen helfen, die Emotionen eines Gegenübers besser zu deuten.

Wird der Moment kommen, an dem wir Menschen Künstlicher Intelligenz nichts mehr vormachen können, an dem KI unsere Gefühle und Gedanken umfassend analysieren und eventuell auch darauf reagieren kann?
Unsere menschliche Fähigkeit zu schauspielern, zu phantasieren oder zu lügen, zu schmeicheln oder zu manipulieren wird uns sicher erhalten bleiben. Das macht uns Menschen ja aus. Mein Fokus lag eher auf der Fähigkeit der Maschinen. Dass Maschinen lernen, unsere Emotionen zu analysieren und darauf zu reagieren, das passiert gerade bereits, da sind wir mittendrin.

Wenn KI immer weiter in das Gefühlsleben der Menschen hineingezogen wird: Auf was muss der Mensch bei der Entwicklung derartiger Mensch-Maschine-Interaktionen achten, was sind die damit verbundenen Herausforderungen?
Unser Wertesystem und auch unser Bildungssystem sind immer noch auf Erfassen und Wiedergabe von Informationen fokussiert – das, was wir Wissen nennen. Dass wir Menschen emotionale Wesen sind, als solche lernen, arbeiten mit anderen interagieren, das sollte viel mehr in unserem Bewusstsein ankommen. Die Emotion ist nicht die hässliche kleine Schwester der Information. Sondern sie ist das, worauf unser Zusammenleben fusst. Emotionale Intelligenz zu stärken, in allen Bereichen des Zusammenlebens, wird daher die Herausforderung sein – nicht nur für künftige Mensch-Maschine Interaktionen, sondern auch für bessere und zielgerichtetere Mensch-Mensch Interaktionen.

Welche Rolle wird der Mensch im Zwischenmenschlichen zukünftig einnehmen, wird seine Empathie noch für das soziale Miteinander „ausreichen“ – oder wird ihn die Maschine ersetzen?
Maschinen können keine Menschen ersetzen. Denn Emotionen zu identifizieren und zu imitieren ist nicht das Gleiche, wie wenn man Emotionen selbst spürt. Wir können auf unsere Empathie stolz sein. Die große und erstrebenswerte Fähigkeit der Zukunft ist in meinen Augen nicht etwa das Programmieren, sondern die emotionale Intelligenz.

Die Fragen stellte Christoph Berger

Zum Buch:

Cover MenschenversteherKenza Ait Si Abbou: Menschenversteher – Wie Emotionale Künstliche Intelligenz unseren Alltag erobert. Droemer 2023, 20 Euro

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