Was macht eigentlich eine Work-Life-Managerin, Frau Czipri?

Work-Life-Was? Obwohl das Thema Work-Life-Balance zurzeit in aller Munde ist, fällt es schwer, sich ein Bild von den Tätigkeiten eines Work-Life-Managers zu machen. Der Grund scheint plausibel: Es wird zwar viel über die Balance von Arbeits- und Privatleben geredet, aber kaum jemand kennt Manager, die sich speziell damit beschäftigen. Aufgezeichnet von Sven Heppes, BASF

Zur Person

Klaudia Czipri,
43 Jahre,
Leiterin des Zentrums für Work-Life-Management bei BASF

Klaudia Czipri ist Leiterin des bundesweit ersten betrieblichen Zentrums für Work-Life-Management bei BASF. „Das ist eine ganz besondere Aufgabe. Das Zentrum ist für Mitarbeiter die zentrale Anlaufstelle rund um das Thema Work- Life-Management und in dieser Form einzigartig“, erklärt sie. Was steckt dahinter? LuMit heißt das Zentrum, wobei „Lu“ für Ludwigshafen steht, den Stammsitz des Unternehmens, und „Mit“ für Mitarbeiter, aber auch für Mitmachen und Miteinander. Im November 2013 wurde es eröffnet, der Konzern will seine Mitarbeiter dabei unterstützen, Berufs- und Privatleben besser zu vereinbaren. Zahlreiche Angebote werden unter einem Dach gebündelt und erweitert: eine Kinderkrippe „LuKids“, Unterstützung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Bereich Sport- und Gesundheitsförderung sowie eine Sozialberatung. Ein Expertennetzwerk bietet flexible Lösungen für unterschiedliche Lebenssituationen. Die Mitarbeiter profitieren dabei von kurzen Wegen, denn das Zentrum ist nur wenige Meter von dem Werksgelände entfernt.

Konkret geht es für die Work-Life- Managerin und ihr Team darum, die vielfältigen Angebote des Zentrums zu etablieren und weiterzuentwickeln. Besonders gereizt hat Czipri dabei die Kombination aus konzeptionellen und Management-Tätigkeiten. „Zum einen bin ich für die inhaltliche Ausrichtung und Weiterentwicklung des Themas Work-Life-Management verantwortlich, zum anderen für die Steuerung und Koordination der Prozesse in einem riesigen Gebäudekomplex.“ Das Zentrum erstreckt sich auf einem rund 10.000 Quadratmeter großen Areal.

Die Herausforderung, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, kennt Klaudia Czipri sehr gut. Nach der Geburt ihrer Tochter vor sechs Jahren stand sie vor der Frage, wie es beruflich weitergeht. „Ich übernehme gerne verantwortungsvolle Aufgaben, und meine Familie ist mir ebenfalls sehr wichtig. Daher war ich froh, dass ich einen Platz in der unternehmenseigenen Kinderkrippe bekommen habe.“ Nun ist sie es, die Mitarbeiter auf dem Weg zu einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben unterstützt.

Die studierte Psychologin stieg bereits 1997 bei BASF ein und arbeitete seitdem in unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern des Personalbereichs. Ihre jetzige Aufgabe übernahm sie im vergangenen Oktober, kurz vor der Eröffnung von LuMit. Eine arbeitsintensive Zeit, da alles ganz schnell gehen musste. Wo eben noch eine riesige Baustelle war, sollte wenige Wochen später die Eröffnungsfeier stattfinden. Die Punktlandung gelang. „In dieser Zeit hat auch meine eigene Work-Life-Balance etwas gelitten“, sagt Czipri schmunzelnd. „Doch es hat sich gelohnt und auch viel Spaß gemacht.“ Zukünftig will Czipri wieder mehr für ihre persönliche Balance tun und die Angebote im neuen Zentrum auch selbst nutzen. Ihr Büro befindet sich schließlich im gleichen Gebäude.

In Beziehung mit sich selbst

Antriebslosigkeit, innere Leere, Schlaflosigkeit – typische Symptome für einen Burnout, an dem immer mehr Menschen erkranken. Auch Berufseinsteiger kann es treffen, wenn sie sich mit dem Außen identifizieren statt mit sich selbst. In ihrem Gastbeitrag erklärt Dr. med. Mirriam Prieß, wodurch Burnouts wirklich verursacht werden und wie man sich davor schützen kann.

Dr. med. Mirriam Prieß, Foto: Martin Bieling
Dr. med. Mirriam Prieß, Foto: Martin Bieling

Über die Autorin

Dr. med. Mirriam Prieß hat Medizin studiert und im Fachbereich Psychosomatik promoviert. Sie war als Ärztin in einer psychosomatischen Fachklinik für die Behandlung von Ängsten, Depressionen und Burnout verantwortlich. Seit 2005 ist sie als Coach und Beraterin tätig, hält Schulungen und Vorträge. Ihr Spezialgebiet liegt im Konflikt und Stressmanagement mit dem Schwerpunkt Burnout-Prävention. www.mirriampriess.de

Medizinisch gesehen ist Burnout zunächst ein Ausdruck absoluter Erschöpfung. Diese zeigt sich in körperlichen Symptomen wie Abgeschlagenheit oder dem Gefühl, kurz vor einer Grippe zu stehen. Aber auch die emotionale Ebene ist davon betroffen. Menschen, die an Burnout leiden, fühlen sich innerlich leer und ausgelaugt. Dann kann schon das Einkaufen im Supermarkt zum Problem werden. Das wirkt sich natürlich schnell auf das Verhalten zur Umwelt aus – der völlige Rückzug aus dem Sozialleben ist meist die Folge.

Stress ist nicht der einzige Faktor
Die Krankheit entsteht niemals über Nacht, sondern ist ein Entwicklungsprozess. Immer mehr Menschen sind betroffen, und auch Berufseinsteiger sind gefährdet. Die Betroffenen halten oft bis zum Ende ihre Fassade aufrecht und gestehen auch sich selbst erst viel zu spät ein, dass sie eigentlich längst am Ende ihrer Kräfte sind. Auslöser ist meist eine belastende Situation, die die Betroffenen nicht bewältigen können. Das kann zum Beispiel der eigene Leistungsanspruch im Berufsleben sein. Aber auch innere Konflikte wie die Trennung vom Partner oder die Trauer um einen Verstorbenen spielen eine große Rolle.

Lange dachte man, dass die Krankheit aufgrund von Überlastung und Stress entsteht. Aber Stress ist nicht der einzige Faktor, der zum Ausbrennen führt. Schließlich erkranken nicht alle, die unter Stress stehen, am Burnout-Syndrom. Menschen brennen nicht einfach aus, weil sie sich eine Zeitlang überfordert haben und vergessen haben, Grenzen zu ziehen. Die Ursache liegt woanders. Menschen brennen aus, weil sie die Beziehung zu sich selbst verloren haben. Weil sie ihr richtiges Maß nicht kennen, nicht wissen, wann sie Ja und wann sie Nein sagen müssen, weil sie ein Leben fern ihrer selbst führen.

Wer die Beziehung zu sich selbst und damit auch den inneren Dialog verloren hat, hat die Grundlage für die Bewältigung von Konflikten verloren. Wer nicht im Dialog mit sich selber steht, kann auch mit seiner Umwelt nicht mehr in einen Dialog treten, da er seine Bedürfnisse weder erkennen noch vertreten kann. Im Berufsleben bedeutet das dann, dass man nicht mehr in der Lage ist, für das einzutreten, was man braucht und will. Der Dialog mit sich selbst und der Dialog mit der Umwelt ist deshalb Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben und damit auch für Leistungsfähigkeit.

Mirriam Prieß. Burnout kommt nicht nur von Stress: Warum wir wirklich ausbrennen – und wie wir zu uns selbst zurückfinden.
Südwest Verlag 2013. ISBN 978-3517088815. 16,99 Euro

Mit Vollgas in den neuen Job
Jeder, der nicht mit sich im Dialog steht, ist gefährdet auszubrennen. Gefahr bei Berufseinsteigern besteht vor allem dann, wenn sie es jedem Recht machen und besonders gute Leistung erbringen wollen. Ohne es zu bemerken, gehen sie dann häufig über ihre eigenen Grenzen und überlasten sich enorm. Man kann aber immer nur so viel geben, wie möglich ist, und genau das muss man selber erkennen – in jedem Lebensbereich und in jeder Lebensphase. Diejenigen, die das nicht anerkennen, orientieren sich nicht an sich selbst, sondern an Idealvorstellungen. Sie setzen sich Ziele, die nicht realistisch sind.

Dem Burnout vorbeugen heißt also zuerst zu lernen, auf sich selber zu hören. Dafür muss man die Beziehung zu sich aufnehmen und herausfinden, woran man persönlich erkennen kann, ob man im Gleichgewicht ist oder nicht. Nur wer die ersten Anzeichen einer inneren Störung erkennt, kann auch darauf reagieren und Lösungen finden.

Auch Berufseinsteiger, die zu sehr darauf verbissen sind, sich zu beweisen, laufen Gefahr, sich zu verlieren und zu erschöpfen. Diejenigen, die ausbrennen, brennen häufig genau darüber aus: Sie fühlen sich unsicher und versuchen, ihr geringes Selbstwertgefühl zu kompensieren, indem sie sich beweisen. Es ist deshalb wichtig, seinen eigenen Wert unabhängig von beruflichem Erfolg zu erkennen. Denn wer Dinge tut, um sich zu beweisen, wird weniger Erfolg haben als derjenige, der die Dinge um seiner selbst willen tut, und das aus einem ganz pragmatischen Grund: Der Letztere hat weniger Angst zu scheitern und ist dadurch weniger blockiert.

Dem Burnout vorbeugen heißt also auch herauszufinden, wer man selber ist, das heißt sich in seinem Wesen zu erkennen und zu leben. Nur wer wirklich er selbst ist, kann auch im neuen Job Vollgas geben.

Gesundheit und Leistungsfähigkeit setzt voraus, dass man nicht nur im Beruf zu seiner wahren Identität findet. Es gibt sechs zentrale Lebensbereiche im Leben eines Menschen: Partnerschaft und Familie, Beruf, Gesundheit, soziale Kontakte, Individualität und Hobbys, Glaube und Spiritualität. Wer gesund und glücklich leben möchte, muss für ein ausgeglichenes Leben in allen sechs Bereichen sorgen. Burnout-Prävention heißt deshalb auch, sich in seinem Alltag bewusst Zeit für sich selber einzuräumen, zum Beispiel für seine Hobbys. Jeder sollte sagen können: „Ich stehe in jedem Lebensbereich dort, wo ich stehen will. Das bin ich.“

Tipps von Mirriam Prieß

1. Machen Sie eine Bestandsaufnahme: Stehen Sie in jedem der sechs Lebensbereiche dort, wo Sie stehen wollen? Definieren Sie für sich, woran Sie erkennen können, dass das, was Sie tun, Ihnen auch tatsächlich entspricht und Sie mit sich im Dialog stehen.
2. Nicht nur der Job ist wichtig: Auf ein Gleichgewicht zwischen allen Lebensbereichen achten.
3. Jedem Konflikt geht eine Störung voraus: Lernen Sie, Störungen rechtzeitig anzusprechen, um so einen Konflikt gar nicht erst entstehen zu lassen.
4. Eigene Prioritäten setzen und den Alltag danach ausrichten.
5. Konflikte immer direkt ansprechen und versuchen, sie zu lösen.
6. Nicht zu viele Sachen gleichzeitig machen.
7. Pausen sind wichtig: Entspannungsphasen bewusst in den Alltag integrieren.
8. Auch Urlaub muss sein: regelmäßig Auszeiten nehmen.
9. Der Mensch ist, was er isst: Ausgewogen ernähren und die Vitamine nicht vergessen.
10. Auch unter der Woche ausreichend schlafen.
11. Lernen Sie, Nein zu sagen, nicht nur zu anderen, sondern auch zu sich selbst, das heißt, erkennen Sie Ihre Grenzen an.
12. Regelmäßig etwas tun, wobei man auf seine Kosten kommt.
13. Probleme nicht verdrängen, sondern sich Hilfe suchen.
14. Vertrauen ist gut – Selbstkontrolle ist besser: mit Freunden über die eigene Lebensführung reden.

„Uhren dressieren uns“

Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Prof. Dr. rer. pol. Karlheinz Geißler, geboren 1944 in der Oberpfalz, studierte Philosophie, Ökonomie und Pädagogik in München. Er arbeitete kurz als Lehrer, ging dann als Forscher und Dozent zurück an die Hochschule und ist seit 1975 Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität der Bundeswehr in München. Seit 2006 ist er emeritiert. Geißler ist Mitgründer der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik,
Teilhaber des Zeitberatungsinstituts Timesandmore und Buchautor.

Herr Geißler, angenommen, ein Außerirdischer besucht unsere Erde und möchte von Ihnen wissen, was es mit der Zeit auf sich hat. Was wäre Ihre Antwort?
Ich würde sagen: „Zeit ist das, was man auf der Erde nicht hat.“ Wobei Zeit eine irdische Vorstellung ist. Daher käme ein Außerirdischer überhaupt nicht auf die Idee, diese Frage zu stellen.

Als Buchautor kennen Sie sicherlich Deadlines: Verlage geben Ihnen vor, bis wann sie spätestens das Manuskript benötigen. Wie gehen Sie mit solchen zeitlichen Vorschriften um?
In den allermeisten Fällen mache ich generell keine terminlichen Vereinbarungen. Ich lasse mir ungern von außen vorgeben, wie schnell ich arbeiten soll. Glücklicherweise bin ich in der Situation, dass meine Verlage sich darauf einlassen. Generell vereinbare ich so wenige Termine wie möglich, weil ich weiß, dass man mich damit unter Zeitdruck setzen kann – und ich mich dann wiederum auch selbst unter Zeitdruck setze. Das versuche ich, im Vorfeld zu vermeiden. Meine Gesundheit dankt es mir genauso wie meine Familie, da Termine die Laune verderben.

Man kann stundenlang über die Zeit als solche philosophieren. Andererseits treffen gerade Berufseinsteiger zu Beginn ihrer Karriere auf einen Zeitbegriff, der sehr stark mit ökonomischer Effizienz gekoppelt ist. Reden wir hier eigentlich von der gleichen Zeit?
Nein, wir reden häufig nicht von der gleichen Zeit. Da der Mensch keinen Zeitsinn besitzt, kann er die Zeit nicht auf direktem Wege erleben und erfahren. Er kann die Zeit nicht „pur“ erfassen und ist daher darauf angewiesen, es auf indirekte Art zu tun. Das wiederum bedeutet, dass das, was die Menschen Zeit nennen, immer auch eine Sache der Vorstellung, der Vereinbarung und der Abmachung ist. Eine dieser Vorstellungen ist zum Beispiel, dass man Zeit in Geld verrechnen könne. Es ist eine sehr erfolgreiche, mittlerweile sogar zu erfolgreiche Vorstellung. Bei der Erziehung, Bildung und persönlichen Weiterentwicklung zum Beispiel funktioniert diese Gleichung nicht, bei der Produktion von Büchsenfleisch funktioniert sie. Kurzum: Die Vorstellung, Zeit sei Geld, ist für die Ökonomie ein Segen, für die Lebenswelten jenseits der Ökonomie zuweilen ein Fluch.

Wie gelingt einem jungen Menschen zum Abschluss seines Studiums oder zu Beginn seiner Karriere ein erfolgreiches Zeitmanagement?
Managen lässt sich nur jene Zeit, die sich in Geld verrechnen lässt. Um was es bei der Arbeit und beim Studium geht, ist die produktive Balance unterschiedlicher Zeitansprüche. Es geht also immer um die Koordination verschiedener Zeiten: Die Zeitansprüche der Organisation, die Zeitansprüche der Arbeitsaufgabe, die Zeitansprüche der eigenen Zeitnatur – das heißt unseres Körpers –, die Zeitansprüche der sozialen Mitwelt, also von Familie und Freunden, sowie die eigenen Zeitansprüche. Alle diese Ansprüche gilt es erstens zu erkennen und zweitens zu koordinieren.

Wer Stress hat, neigt dazu, sich mit Uhren einzudecken, um möglichst keine Zeit zu verschwenden. Ist das eine wirksame Strategie?
Uhren sind Zeitmessgeräte, mit denen wir Ordnung in unser Leben bringen wollen. Es handelt sich jedoch um eine Ordnung, die nicht unserer eigenen Zeitnatur entspricht. Wenn wir Stress empfinden, ermahnen wir uns mit Hilfe der Uhren, uns nicht an unseren Körperzeiten, sondern an der Zeit der Uhr auszurichten. Die Uhrzeit gestaltet ja auch den Ablauf unseres Alltags: Kinder müssen um 7.30 Uhr in der Schule sein – ob sie dann überhaupt lernfähig sind, fragt keiner.

Das Gleiche gilt für feste Bürozeiten.
Genau. Die vielen Uhren und Zeitangaben dressieren uns. Alle Bürokratien – und dazu zählt die Schule genauso wie viele Arbeitsplätze – sind handlungsstrategisch umgesetzte Uhrzeit. Der Mensch wird nicht pünktlich geboren, er wird pünktlich gemacht – und zwar sein Leben lang. Zeitmanagement ist daher nichts anderes als Erziehung zur Uhrzeit für Erwachsene.

Von der Gleitzeit bis hin zum Sabbatical: Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern eine flexiblere Gestaltung der Zeit an. Verbessert sich das Verhältnis zur Zeit?
Zweifelsohne sind Sabbaticals ein Fortschritt in der ökonomischen Zeitkultur. Ich wünschte mir aber eine größere Zeitvielfalt in den Betrieben, konkret: eine innerbetriebliche Pausenkultur, die auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht nimmt. Noch immer ist das Interesse in den Untenehmen gering, die Produktivität nicht beschleunigbarer Zeitformen – also Pausen, Wiederholungen, Warten oder das Gehen von Umwegen – zu erkennen und zu nutzen. Auch das Liegenlassen ist eine Produktivkraft. Hat nicht jeder schon einmal erlebt, dass sich nach der Rückkehr aus dem Urlaub drei Viertel der in dieser Zeit aufgelaufenen Mails bereits von selbst erledigt haben?

Buchtipp

Zuletzt erschienen:
Karlheinz Geißler: Enthetzt euch! Weniger Tempo – mehr Zeit.
Hirzel 2013. ISBN 978-3777623573. 19,80 Euro

Interview mit Uwe Tigges

Als Personalvorstand des Energieversorgers RWE hört Uwe Tigges sehr genau zu, wenn die Mitarbeiter des Konzerns Wünsche äußern oder über Belastungen sprechen. Das Ziel des 53-Jährigen: seine Mitarbeiter in eine innere Balance zu bringen. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Uwe Tigges, geboren 1960 in Bochum, absolvierte eine Ausbildung zum Fernmeldemonteur, machte seinen Meister in Elektrotechnik und einen Abschluss als Technischer Betriebswirt. 1977 stieg er bei Standard Elektrik Lorenz ein (heute Alcatel-Lucent Deutschland). In die Energiebranche wechselte er 1984 zunächst als Informationstechniker für die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW). Von 1994 bis 2012 war er freigestellter Betriebsrat beim Energieversorger, der 2000 mit RWE fusionierte. Von 2010 bis 2012 war er Vorsitzender des Konzernbetriebsrats. 2013 wurde er zum Personalvorstand des Konzerns berufen.

Herr Tigges, woran erkennen Sie als Personalchef, dass das Thema Work- Life-Balance in Ihrem Unternehmen an Bedeutung gewinnt?
Das merken wir ganz deutlich im Gespräch mit unseren Mitarbeitern. Hier erfahren wir viel über die persönlichen Lebenskonzepte – und das ist uns wichtig, weil wir sie verstehen möchten. Erst vor Kurzem hatten wir im Unternehmen eine Veranstaltung mit Nachwuchskräften aus der sogenannten Generation Y. Wir waren sehr gespannt darauf zu erfahren, wie diese Generation tickt.

Was haben Sie gelernt?
Wir wurden in unserer Annahme bestätigt, dass die jungen Menschen zwar weiterhin ihre Karriere im Blick haben, jedoch nicht mehr ihr ganzes Leben darauf ausrichten. Unabhängig davon schauen wir uns aber natürlich an, wie es allen Mitarbeitern im Unternehmen geht. Es gibt klare Indikatoren, dass viele Mitarbeiter im Konzern ihre Belastungsgrenze erreicht haben. Wir betrachten, warum und wie lange unsere Mitarbeiter wegen Krankheiten ausfallen. Und wie viele andere große Unternehmen in Deutschland stellen wir fest, dass die psychischen Erkrankungen auf dem Vormarsch sind. Unser Anspruch ist es daher, die Bedürfnisse unsere Mitarbeiter zu verstehen, um gezielt Belastungen zu reduzieren.

Sie sind im Ruhrgebiet geboren, wo früher sehr stark die Arbeit das Leben bestimmte – und umgekehrt. Was halten Sie überhaupt von dem Begriff der Work-Life-Balance?
Er impliziert, dass das berufliche und private Leben voneinander trennbar sind und dass man beides in Einklang bringen muss. Wir sind dagegen fest davon überzeugt, dass es darauf ankommt, dass jeder Mensch individuell und ganzheitlich seine Balance findet. Das spiegelt sich auch in dem Anspruch wider, den wir an unsere Führungskräfte haben. Sie sollen zunächst einmal selbst eine innere Balance finden. Denn erst dann sind sie auch in der Lage, Teams zu führen und sich um andere zu kümmern.

Wie reagieren denn ambitionierte Führungskräfte, wenn sie im Perspektivgespräch nicht nur über fachliche Qualifikationen, sondern auch über ihr inneres Gleichgewicht sprechen sollen?
Unser Ansatz ist noch recht neu, deshalb gibt es hier noch keine Erfahrungswerte. Ich kann Ihnen aber von einer persönlichen Erfahrung berichten. Seit einiger Zeit antworte ich auf die Frage „Hallo Herr Tigges, wie geht es Ihnen?“ ab und an differenzierter. Ich sage dann zum Beispiel: „Privat gut.“ Erstaunlich ist, dass dann nur wenige weiter nachfragen. Das zeigt mir, dass wir uns noch immer viel zu wenig wirklich dafür interessieren, wie es dem anderen geht. Aber auch, wie es uns selber geht. Daher legen wir in unserem Training für Führungskräfte sehr viel Wert darauf, dass die Leute zunächst einmal sich selber kennenlernen. Sie lernen Techniken, um dann auch bei den Menschen in ihren Teams genauer hinzuschauen und zu spüren: Stimmt da die Balance? Und wenn nein, warum nicht?

Warum ist diese Balance so wichtig?
Sie ist die Grundlage dafür, dass unser Energiespeicher immer genügend voll ist. Die Methoden, für einen Energiezufluss zu sorgen, wenn sich der Speicher bei der Arbeit oder auch zu Hause geleert hat, sind sehr individuell. Einige laden auf, indem sie Sport treiben. Andere gehen lieber zum Yoga, meditieren oder unternehmen lange Spaziergänge. Jeder Mensch hat ein individuelles Energiemanagement, und wir glauben als Arbeitgeber daran: Je besser der Einzelne und auch wir dieses Managementsystem kennen, desto eher können wir ihm helfen, dafür zu sorgen, dass die Balance bestehen bleibt – oder sie zu finden.

Sie sind 1984 bei RWE eingestiegen. Hat damals schon jemand erfahren wollen, wie es um Ihr Gleichgewicht bestellt ist?
Nein. Wobei man ganz klar sagen muss, dass es viele Faktoren, die heute die Arbeit für manche Menschen so belastend machen, damals noch gar nicht gab. Die technische Entwicklung war langsamer, die ständige Erreichbarkeit beruflich wie privat war auch nicht gegeben. 1977 war ich als Berufseinsteiger ja gar nicht überall erreichbar. Und Feierabend hieß Feierabend: Ich war dann weg und habe mich bis zu Dienstbeginn am nächsten Morgen gar nicht mehr um die Arbeit gekümmert. Das Thema Balance ist erst dann auf die Agenda gerückt, als deutlich wurde, dass bestimmte Entwicklungen im Unternehmen dazu führen, dass die Mitarbeiter mehr belastet werden, zum Beispiel durch strengere Zielvorgaben oder kleinteilige Arbeitsstrukturen.

An wen kann ich mich bei Ihnen wenden, wenn ich merke, dass ich aus dem Gleichgewicht gerate?
Wir verfügen über ein Netzwerk von nebenberuflichen Sozialberatern, die im Unternehmen durch vier hauptamtliche Sozialberater koordiniert werden. Zu denen können unsere Mitarbeiter vertrauensvoll gehen. Diese Kollegen therapieren nicht, aber sie kanalisieren das Problem und finden gemeinsam mit dem Mitarbeiter heraus, wer der weitere Ansprechpartner sein kann.

Welche weiteren Maßnahmen bieten Sie konkret an?
Fangen wir mal bei den klassischen Instrumenten an: flexible Arbeitszeiten bis hin zur Teilzeit auch für Führungskräfte – was nicht immer einfach ist. Zunächst muss die Vorstellung aus den Köpfen, dass Führungskräfte immer anwesend sein müssen. Daran glaube ich nicht. Wir haben ein breites Portfolio an Maßnahmen zur Stressprävention. Außerdem bieten wir Unterstützung bei der Kinderbetreuung an und richten uns auch immer mehr auf das Thema Pflege kranker Angehöriger ein. Was uns außerdem sehr wichtig ist, ist die Förderung einer besseren Feedbackkultur. Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter auch im Tagesgeschäft miteinander darüber reden, was sie tun, wie sie es tun, warum sie es tun.

Was ist das Ziel dieser Maßnahmen? Schließlich ist die RWE ein Unternehmen, keine soziale Einrichtung.
Wir beobachten eine Verschiebung – übrigens eine Verschiebung ganz klar zum Vorteil der heutigen Einsteigergeneration. Wenn ich mir die demografische Entwicklung des Unternehmens anschaue, dann müssen wir in den kommenden Jahren sehr viele Schlüsselpositionen neu besetzen. Dafür benötigen wir gute und ambitionierte junge Leute. Und die bleiben nur bei uns, wenn wir als Unternehmen gute Arbeitsbedingungen und gute Perspektiven bieten.

Welche Rolle spielt dabei der Sinn Ihres Unternehmens? Gerade mit Blick auf den Wandel, den RWE seit der Energiewende zu vollziehen hat?
Entscheidend ist es, den Menschen das Unternehmen ganzheitlich zu erklären. Nur wenn Menschen einen Sinn in ihrer Aufgabe sehen, können sie sich auch kreativ einbringen und das Unternehmen voranbringen – und das sind, wie die Psychologie bestätigt, genau die Faktoren, die dafür sorgen, dass ein Mensch zufrieden ist und seine Balance hält.

Zum Unternehmen

RWE ist einer der fünf größten Strom- und Gasanbieter in Europa. Der Konzern ist auf allen Stufen der Energiewirtschaftskette tätig: bei Förderung von Öl, Gas und Braunkohle, der Stromerzeugung aus Gas, Kohle, Kernkraft und regenerativen Quellen, dem Energiehandel sowie der Verteilung und dem Vertrieb von Strom und Gas. 16 Millionen Kunden beziehen ihren Strom über RWE, die Zahl der Gaskunden liegt bei fast acht Millionen. Für das Unternehmen mit Sitz in Essen sind rund 70.000 Mitarbeiter tätig. Nach der Energiewende wandelte der Konzern in vielen Bereichen das Geschäftsmodell. Heute setzt RWE auf Investitionen in erneuerbare Energien und in eine moderne Netzinfrastruktur.

Vielfältige Angebote

Verschiedene Lebens- und Karrierephasen stellen unterschiedliche Anforderungen an den Arbeitsplatz. Unternehmen bieten Unterstützung mithilfe vielfältiger Programme zur Work-Life-Balance. Ein Überblick über die Möglichkeiten und einige Beispiele aus der deutschen Konzernwelt. Von Theresa Hupp

Karriere und Kinder: Fast alle großen Konzerne bieten eine Reihe unterschiedlicher Arbeitszeitregelungen wie Gleitzeit, Teilzeit oder Jobsharing, damit Eltern Beruf und Familie vereinbaren können. Damit der Wiedereinstieg nach der Elternzeit stressfrei gelingt, ist E.on noch einen Schritt weiter gegangen und hat verschiedene Konzepte entwickelt, um Mitarbeiter gezielt zu unterstützen: Pausierenden Müttern und Vätern werden schon in der Elternzeit bevorzugt Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen angeboten, um sie möglichst nah an den Unternehmensprozessen zu halten. Das Senior Trainee Programm von Lanxess ermöglicht Akademikern – vornehmlich Frauen – nach langer Familienpause mit Coachings und Fortbildungen eine erfolgreiche Rückkehr in den Beruf. Die meisten Konzerne helfen bei der Suche nach Betreuungsplätzen, Tagesmüttern oder Au-Pairs. Manche unterhalten eigene Krippen oder haben Belegrechte in betriebsnahen Kindertagesstätten und -horten. Adidas hat an verschiedenen Standorten zusätzlich zu betriebseigenen Tagesstätten auch Eltern-Kind-Büros eingerichtet und bietet in „Kids Camps“ während der Schulferien Betreuung an.

Home Office: Ob zur Kinderbetreuung oder aus anderen Gründen: Manchmal arbeitet es sich von zu Hause aus besser als im Büro. Das Potenzial, das im Konzept Home Office steckt, haben auch viele Unternehmen erkannt: Nach der Studie Workplace Survey des Personaldienstleisters Office Team, einem Geschäftsbereich von Robert Half, erlauben mittlerweile 86 Prozent der Unternehmen ihren Angestellten, ihrer Arbeit im Home Office nachzugehen. Das wirft für die Arbeitgeber aber auch Fragen in der Mitarbeiterführung auf – regelmäßige Präsenz im Büro und die Anwesenheit bei Teambesprechungen sind deshalb Voraussetzung für das Arbeiten von zu Hause aus.

Flexible Arbeitszeitgestaltung: Work-Life-Balance beinhaltet nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Mehrheit der Arbeitnehmer, ob kinderlos, mit kleinen oder erwachsenen Nachkommen, hat ein wachsendes Bedürfnis nach Flexibilität und Selbstverwirklichung. Alle großen Unternehmen bieten hier diverse, auf das Profil abgestimmte Lösungen an.

Gleitzeit: Innerhalb eines festgelegten Zeitfensters kann der Arbeitnehmer arbeiten, wann er will. Damit ist Sport vor dem Büro oder der Elternsprechtag am Nachmittag kein Problem mehr.

Teilzeit: Ob mehr Zeit für die Kindererziehung, ein zeitaufwändiges Hobby, eine Weiterbildung oder der gleitende Weg in den Ruhestand – hierfür eignet sich die Teilzeit. Von einer Reduzierung der Wochenstunden bis zum Jobsharing gibt es hier zahlreiche Möglichkeiten.

Arbeitszeitkonten: Auf einem Konto wird Mehrarbeit gutgeschrieben und kann später gebündelt als Freizeit genutzt oder als Mehrverdienst ausgezahlt werden. Eine interessante Option für Arbeitnehmer, die beispielsweise ein Sabbatical planen oder flexiblere Arbeitszeiten erreichen wollen. Im März 2014 ist eine gemeinsame Studie von Deloitte und Baumgartner & Partner erschienen: „Zeitwertkonten – Verbreitung, Nutzung und Ausgestaltung bei großen deutschen Unternehmen“, zu finden unter www.deloitte.de, im Suchfeld „Zeitwertkonten“ eingeben.

Auszeit (Sabbaticals): Für eine Weltreise, das Erlernen einer Fremdsprache oder eine Pause vor der nächsten Karrierestufe bietet sich eine längere Auszeit in Form eines Sabbaticals an. Viele Unternehmen bieten eine Auswahl an Möglichkeiten, von der temporären Reduzierung auf Teilzeit bis zum klassischen Sabbatjahr.

Wie sage ich es am besten? Wer unsicher ist, wie er Vorgesetzte auf sein gewünschtes Arbeitsmodell ansprechen soll, dem hilft das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit einem Leitfaden weiter: So sag ich’s meinen Vorgesetzten – Elternzeit, Wiedereinstieg und flexible Arbeitsmodelle erfolgreich vereinbaren.
www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen.html

Sportangebote und Gesundheitspflege: Neben betriebseigenen Krankenkassen, Betriebsärzten, kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen und -leistungen werden immer mehr Sportmöglichkeiten angeboten. Bei BMW übernimmt die betriebseigene Krankenkasse auch außergewöhnliche Leistungen wie Osteopathie, außerdem unterhält der Automobilhersteller eigene Fitnesscenter. Daneben werden Mitarbeiterinitiativen, zum Beispiel sportliche Aktivitäten wie Tennis, Tanz oder Segeln gefördert. Die Allianz unterstützt an ihren Betriebsstätten Sportkurse, und bei Adidas wird das Sportangebot durch Vorträge verschiedener Top-Athleten und Tickets für Sportveranstaltungen noch attraktiver.

Sozialberatungsstellen: Ob in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, familiären Notfällen oder auch bei seelischen Belastungen, denen man sich nicht gewachsen fühlt – bei vielen Konzernen können Arbeitnehmer in Konfliktsituationen Unterstützung in betriebseigenen Sozialberatungsstellen finden.

Pflege Familienangehöriger: Wenn die Unterstützung eines oder mehrerer Familienmitglieder mehr Zeit in Anspruch nimmt, als das übliche Arbeitspensum zulässt, also zum Beispiel Elternpflege notwendig wird, bieten die Unternehmen Freistellungen, Sonderurlaub und ähnliche Maßnahmen. Bei Bayer können Tarifbeschäftigte und leitende Mitarbeiter für die Pflege naher Angehöriger zehntägige bezahlte Auszeiten nehmen oder sich für eine Pflege-Teilzeit von bis zu drei Jahren entscheiden. Viele Konzerne helfen auch in eigenen Sozialberatungsstellen oder mit Gesprächskreisen zum Erfahrungsaustausch.

Buchtipps

Barbara Krautz, Heike Schiebeck, Jörg Schülke: Stressfrei studieren ohne Burnout.
UTB 2013. ISBN 978-3825239077. 9,99 Euro.
Der nützliche Ratgeber vermittelt Techniken und Strategien, die beim stressfreien Studium helfen. Mit einem Fragebogen kann man die eigene Burnout-Gefährdung ermitteln.

 

Kerstin Bund: Glück schlägt Geld. Generation Y: Was wir wirklich wollen.
Murmann 2014. ISBN 978-3867743396. 19,99 Euro.
Die Autorin erklärt in ihrem Buch, wie die Generation Y die Berufswelt verändert und warum wir alle von diesem Wandel profitieren.
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Balance macht zufrieden und motiviert

Es sind nicht die Gehälter und Aufstiegschancen allein, die dafür sorgen, dass sich Mitarbeiter in einem Unternehmen wohlfühlen. Besonders die junge Generation bringt den Anspruch mit, Arbeit und Leben so in Einklang zu bringen, dass sich beides befruchtet. Die Unternehmen haben das erkannt und bieten heute eine Vielzahl von Möglichkeiten – aber reicht das? Von André Boße

Work-Life-Balance ist das Top-Personalthema dieser Tage. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat die sogenannte Generation Y, die heute in die Unternehmen einsteigt oder bereits auf dem Weg ist, dort Führungspositionen einzunehmen. Wer dieser Generation angehört, wurde noch in eine Welt hineingeboren, in der sich das Leben der Arbeit unterordnete, wie Work-Life-Balance-Coach Dagmar Terbeznik sagt. „In dieser Welt ging es mehr ums Äußere als ums Innere. Mehr um Konkurrenz als um Kooperation. Mehr um Status als um Inhalt. Mehr um Individualität als um Kollektivität.“ Nun möchten selbstbewusste Vertreter der Generation Y diese Aspekte umdrehen – und zwar auch, weil sie erkennen, dass eine zu große Belastung häufig zu seelischen Erkrankungen führt. Jedoch darf man ein Problem mit der Work-Life-Balance nicht sofort mit einer psychischen Erkrankung gleichsetzen. „Bei einer Work-Life-Balance-Problematik kommt es zu einer Unzufriedenheit, weil die Lebensbereiche nicht in der notwendigen Balance sind“, definiert Dagmar Terbeznik. „Das kann zu Stress und damit auch zu einer Krise führen, muss es aber nicht.“ Wenn also ein Einsteiger früh spürt, dass die Bereiche Arbeit und Privatleben nicht im Gleichgewicht stehen, erkennt er damit einen möglichen Ursprung einer späteren Krise. Wer sich um die eigene Balance kümmert, betreibt damit eine Art Vorsorge, um nicht früh schlappzumachen oder sogar auszubrennen. Dabei zeigt sich, dass gerade junge Menschen bei dieser Prävention nicht alleingelassen werden möchten: Sie wollen, dass das Unternehmen nicht nur Leistung erwartet, sondern sich an der Vorbeugung beteiligt.

Study-Life-Beratung

Für Studierende kurz vor den Prüfungen oder Einsteiger mit Bachelor, die nun ein berufsbegleitendes Masterstudium beginnen, steht vor allem eine ausgeglichene Study-Life-Balance im Fokus. An vielen Hochschulen gibt es heute Kontaktstellen, die zu dem Thema beraten und konkrete Hilfen stellen. Zudem bieten viele Unis und Fachhochschulen Seminare für Studenten an. Die Krankenkasse AOK bietet auf ihrer Homepage zudem einen Balance-Test sowie Anti-Stress-Tipps.
www.aok-on.de/studierende/stimmt-ihre-study-life-balance

Ein Blick in die Personalkonzepte der Unternehmen belegt, dass es durchdachte Strategien gibt, die Erwartungen ihrer Mitarbeiter zu erfüllen. Der Autokonzern Daimler hat 2009 eine Kooperation mit der Universität Heidelberg gestartet, um herauszufinden, welche Work-Life-Balance-Maßnahmen wirklich nachgefragt werden. Mehr als 6000 Führungskräfte und Mitarbeiter gaben zuletzt ihre Einschätzungen zum Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben ab. So ist es den Mitarbeitern zum Beispiel wichtig, dass Grenzen beachtet sowie Zeiten zum Abschalten und zur Erholung wirklich ernst genommen werden. Auf Basis dieses Ergebnisses entstand im Konzern zum Beispiel das Programm „Mail on Holiday“, das den Mail-Eingang zu Urlaubszeiten organisiert, sodass ein Mitarbeiter, der Urlaub hat, weder in seiner freien Zeit noch nach seiner Rückkehr von Mails erschlagen wird. „Diese neue Kommunikationsregel ist eine ganz wesentliche Maßnahme, damit unsere Belegschaft in Ruhephasen noch besser ‚abschalten‘ kann“, sagt Wilfried Porth, Personalvorstand und Arbeitsdirektor sowie Vorstand Mercedes-Benz Vans der Daimler AG.

Auch der Triebwerkhersteller MTU hat seine Mitarbeiter gefragt, worauf es ihnen im Berufsleben ankommt. Ein besonders interessantes Ergebnis lieferten die jungen Einsteiger: „Für die Generation Y rangiert das Angebot von flexiblen Arbeitszeiten sogar noch vor den Karrierechancen im Unternehmen“, sagt Gudrun Bauer, Referentin für Personalpolitik und Fachkoordinatorin für Corporate Responsibility. Talentierte Einsteiger und junge Führungskräfte sind durchaus gewillt, viel zu leisten. Jedoch möchten sie im Gegenzug mitentscheiden können, wann und wo sie diese Leistungen erbringen. Bei MTU existieren mehr als 50 flexible Arbeitszeitmodelle – von Gleitzeit über Job-Sharing und Sabbatical bis hin zu Teilzeitmodellen für bestimmte Lebensphasen, zum Beispiel, wenn für eine gewisse Zeit die Familie im Vordergrund steht.

Ein weiterer Schwerpunkt des Münchener Unternehmens ist das Gesundheitsmanagement. Konkret sieht das so aus: Ein unternehmenseigenes Gesundheitsstudio bietet Kurse wie Yoga und Vibrationstraining an, die Mitarbeiter können eine sportliche Sonderpause einlegen, im Betriebsrestaurant gibt es „leichte Küche“ und eine Ernährungsberatung. „Wir möchten unsere Mitarbeiter ermutigen, neue Wege zu gehen“, sagt Gudrun Bauer. Damit diese Maßnahmen auch umgesetzt werden, sei das „aktive Vorleben durch das Management das A und O“. So tragen die Führungskräfte dafür Sorge, dass die betrieblichen Vereinbarungen zur Work-Life-Balance in ihrem Verantwortungsbereich auch umgesetzt werden. Oliver Roentgen, Leiter der Personalentwicklung bei Able, dem Mutterkonzern des Ingenieurdienstleisters Ferchau, weiß: „Belastende Situationen im Beruf und Privatleben können jeden betreffen. Wir ignorieren das nicht, und dort, wo wir einen direkten Einfluss auf belastende Situationen haben, engagieren wir uns.“ In Zusammenarbeit mit den Sozialexperten der Arbeiterwohlfahrt AWO berät und unterstützt das Unternehmen bei Problemen im sozialen und gesundheitlichen Umfeld, von der Konflikt- und Schuldnerberatung über den Umgang mit mentalen Belastungen bis hin zur konkreten Hilfe, wenn plötzlich ein Kind krank oder ein naher Verwandter pflegebedürftig wird.

Klar ist aber auch: Wer als junger Mensch bei einem Ingenieurdienstleister einsteigt, der muss auch weiterhin mit hohen Anforderungen an die Mobilität und Flexibilität rechnen. Dass das auch mal anstrengend sein kann, ist klar – wobei in Unternehmen, die mit knappen Terminvorgaben für Projekte und Kostendruck zu tun haben, letztlich die Haltung zum Mitarbeiter entscheidend ist. Roentgen: „Es macht einen großen Unterschied, ob Mitarbeiter nur als Projekt-Ressource wahrgenommen werden oder ganzheitlich.“ Unternehmen, die Work-Life-Balance ernst nehmen, verstehen also, dass ihre Mitarbeiterschaft nicht aus Arbeitskräften besteht, sondern aus Persönlichkeiten. Und sie verstehen auch, dass in deren Leben mal etwas schiefgehen kann oder sich je nach Lebensphase die Bedürfnisse ändern. Wenn die jungen Mitarbeiter ihre Wünsche klar formulieren und die Unternehmen diese Wünsche wirklich verstehen, kann das Konzept der Work-Life-Balance vor allem eines zur Folge haben: Die Arbeit macht deutlich mehr Spaß.

Perfekter Tag

Wie sieht ein perfekter Tag aus, an dem man trotz vieler Herausforderungen die Familie, das Freizeitvergnügen und nicht zuletzt seine eigene Produktivität so managt, dass man am Abend mit innerem Gleichgewicht einschläft? Auf einer TED-Konferenz hat der australische Work- Life-Balance-Experte Nigel Marsh einen sehr inspirierenden Kurzvortrag zu dem Thema gehalten und zur Eigenverantwortlichkeit gemahnt, denn: Das Thema Gleich gewicht ist viel zu wichtig, um es alleine dem Arbeitgeber zu überlassen.

Der Vortrag als Video:

Mobilität völlig neu denken

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Zum fünften Mal haben das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Fraunhofer-Gesellschaft herausragende Studienarbeiten zum Thema Elektromobilität mit dem DRIVE-E-Studienpreis ausgezeichnet. Warum sich Preisträgerin Lisa Braun für Elektromobilität begeistert und wie wichtig Elektromobilität für uns in Zukunft sein wird, verrät uns die Nachwuchswissenschaftlerin im Interview.

Lisa Braun promoviert bei der Siemens AG in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT)  zum Thema „Entwurf zukünftiger Elektrofahrzeugkonzepte“.

Sie werden auf einer Party nach Ihrem Job gefragt  – was antworten Sie?
Ich bin Elektroingenieurin und promoviere derzeit bei Siemens in Kooperation mit dem KIT im Bereich Elektromobilität.

Warum tun Sie, was Sie tun – was begeistert Sie an Elektromobilität?
Die Möglichkeit, Mobilität völlig neu zu denken. Im Bezug auf Elektromobilität sprechen viele immer von Problemen, aber keiner von Lösungen. Für manche sind heute die Reichweite oder das Stecken eines Ladekabels unüberwindbare Probleme, die dem Kunden kaum zugemutet werden können. Aber extra zu einer Tankstelle zu fahren, einen Schlauch in unser Auto zu stecken, aus dem jederzeit  Benzin laufen kann, und neben dem Auto zu warten bis der Tank endlich voll ist, das hinterfragt niemand.

Vor zehn Jahren gab es bereits die Vision vom Computer in der Tasche – aber nur wenige hätten gedacht, dass das 2014 mit dem Smartphone Alltag ist. Hier stellt sich mir die Frage, ob das E-Auto heute schon das Smartphone, der Computer oder doch eher noch die elektrifizierte Schreibmaschine ist?

Ich promoviere unter anderem bei Siemens, weil mein Chef, Professor Spiegelberg, mir in meinem ersten Bewerbungsgespräch gesagt hat, dass sich nicht die Frage stellt, ob jemand ein Fahrzeug erfindet, das ähnlich wie das Smartphone durch mehr Funktionalität alle heute vermeintlichen Nachteile nebensächlich erscheinen lässt. Sondern dass sich vielmehr die Frage stellt, wann dies passiert und ob ich an dieser Entwicklung teilhaben möchte.

Wie „elektro“ ist Ihre eigene Mobilität?
Ich fahre täglich in München mit der U-Bahn zur Arbeit und für lange Strecken nehme ich meist den ICE, da ich hier noch nebenher arbeiten kann – also sehr „elektro“. Außerdem betreue ich neben meiner Promotion verschiedene  Prototypen-Elektrofahrzeuge meiner Siemens-Abteilung. Das heißt, wenn ich in München ein Auto brauche, nehme ich meist eines unserer Elektrofahrzeuge, weshalb ich aufpassen muss, dass mein alter Golf sich nicht kaputt steht.

Ihre Meinung: Welche Antworten gibt die Elektro- und Informationstechnik auf die drängenden Fragen nach unserer zukünftigen Mobilität?
Wir möchten bis ins hohe Alter so individuell wie möglich reisen, aber gleichzeitig in einer tollen Stadt leben ohne Smog, Lärm oder Stau. Wie soll das funktionieren wenn nicht mittels neuen Fahrzeugkonzepten, bei denen die Vorteile eines elektrischen Antriebsstrangs voll ausgenutzt werden?

Zur Anbindung der Fahrzeuge in Städten muss die Energieverteilung neu gedacht werden. Die Stadt muss als Kraftwerk fungieren, um die Energieversorgung der Fahrzeuge in der Stadt zu sichern. Auf dem Land kann ich mein Haus mittels Solarzellen und dem „fahrbaren“ elektrischen Speicher zum Smart Home ausbauen und bin somit (fast) autark. Das heißt, die Elektro- und Informationstechnik wird uns in Zukunft in immer mehr Bereichen unseres Alltags berühren.

Mein erstes „Elektrofahrzeug“ war ein ferngesteuertes Spielzeugauto, das Geräusche eines Verbrennungsmotors machte. Und Ihres?
Meine batteriebetriebene Brio-Lock, die die Waggons über die Holzschienen ziehen konnte.

Heute kann ich mit dem E-Bike durch die Stadt fahren oder einen E-Kleinwagen für Kurzstrecken nutzen. In welchen Bereichen meines Lebens werde ich in zwanzig Jahren auf Elektromobilität treffen?
Naja, wie der Name schon sagt: Immer da, wo Menschen mobil sein möchten, wird es denke ich Elektromobilität geben. Aber 20 Jahre ist ein langer Zeitraum – vielleicht fliegen wir dann ja sogar mit Drohnen von A nach B und lachen über die Diskussion von heute, ob ein elektrisches oder verbrennungsmotorisiertes Kraftfahrzeug die bessere Wahl ist – da niemand mehr ein Auto hat, um mobil zu sein.

Das „fahrerlose Taxi“ ist meiner Meinung nach auch eine bestechende Idee. Ich bestelle eine Fahrt von A nach B und bis ich vor dem Haus stehe, steht das autonome Fahrzeug schon vor meiner Tür und fährt mich zum Ziel. Sprich die lästige Parkplatzsuche oder die Frage „wo hab ich vor zwei Wochen denn mein Auto abgestellt“ gehört der Vergangenheit an und ich habe eine garantierte maximale individuelle Mobilität. In der Stadt werden auf einmal große Räume frei, da die Fahrzeuge nicht mehr über 90 Prozent ihres Lebens „Parkraum“ beanspruchen, sondern optimal ausgelastet werden und wir deshalb deutlich weniger Fahrzeuge benötigen, um die Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen.

Der kombinierte Verkehr wird Alltag sein. Es ist zum Beispiel denkbar, dass je nach Präferenz,  Komfort, Reisegeschwindigkeit oder Kosten die passenden Verkehrsmittel ausgewählt werden. Aber wie diese Verkehrsmittel aussehen ist heute eine jener spannenden Fragen, weshalb ich mich für den Forschungsbereich Elektromobilität entschieden habe.

Über DRIVE-E

Zum fünften Mal zeichneten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Fraunhofer-Gesellschaft exzellente studentische Arbeiten zum Thema Elektromobilität aus. Die DRIVE-E-Studienpreise sind Teil des DRIVE-E-Programms, das von BMBF und Fraunhofer-Gesellschaft 2009 gemeinsam ins Leben gerufen wurde und den akademischen Nachwuchs für ein Engagement im Bereich der Elektromobilität begeistern will. Bewerben konnten sich Studierende deutscher Hochschulen mit ihren Arbeiten aus allen Bereichen der Elektromobilität.

www.drive-e.org

DVFA GmbH

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Auf einen Blick
DVFA – Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e.V.

Die DVFA ist der deutsche Berufsverband der Investment Professionals mit aktuell mehr als 1400 persönlichen Mitgliedern. Sie sind als Fach- und Führungskräfte bei Investmenthäusern, Banken, Beratungs- und Asset-Management-Gesellschaften oder als unabhängige Finanzdienstleister tätig.

Die Zielsetzung der DVFA und ihrer Mitglieder ist die Weiterentwicklung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Berufsausübung sowie das Fördern des Bildes in der Öffentlichkeit.

Die DVFA ist auch international verankert: Sie ist Mitglied von EFFAS – European Federation of Financial Analysts Societies mit über 17.000 Investment Professionals europaweit, und auch Mitglied bei der ACIIA – Association of Certified International Investment Analysts, einem Netzwerk mit 60.000 Investment Professionals weltweit.

Die DVFA und ihre Mitglieder arbeiten an Themen wie Portfolio Management, Asset Allocation, Investmentanalyse, Unternehmensbewertung, Risiko Management und Wealth Management, Immobilienanalyse, Credit Management, aber auch an Nachhaltigkeitsthemen, an Fragen der Berufsethik und an Regulierungsthemen.

How I met my Career. In Finance.

Mit der DVFA ist der Karrierestart in der Finanzbranche eine klare Angelegenheit: Die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management zeigt Studierenden zielgerichtet Perspektiven im Berufsfeld auf.

„Wir möchten Studierenden eine Plattform bieten, um Einblicke in die Praxis zu gewinnen, Kontakte mit Entscheidern und Experten aus der Finanzwelt zu knüpfen und sich aktiv mit ihren Ideen und Erfahrungen in unseren Berufsverband einzubringen“, erklärt Ralf Frank, Geschäftsführer der DVFA.

Konkret bietet die DVFA Studierenden der Wirtschaftswissenschaften an, zu günstigen Konditionen an Foren und Seminaren für Investment Professionals teilzunehmen. Außerdem besteht die Möglichkeit, noch parallel zum Studium direkt in die Berufsqualifikation zum CIIA einzusteigen.

„Unsere Aufgabe ist die Weiterentwicklung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Berufsausübung sowie das Fördern des Bildes in der Öffentlichkeit“, betont Frank. „Als Berufsverband liegt es uns am Herzen, künftig auch mit jüngeren und zukünftigen Berufsangehörigen diese Aufgaben zu erfüllen und weiter zu entwickeln“.

So können Studierende bei der DVFA spannende, aktuelle Finanzthemen wie Risikomanagement bei Banken, Trends im Anleihegeschäft und gesellschaftliche Verantwortung im Asset Management “live“ erleben sowie von den Erfahrungen und dem Wissen der Finanzexperten profitieren.

DVFA Logo

Ansprechpartner
Astrid Mandl

Anschrift
Mainzer Landstraße 47a
60329 Frankfurt am Main

Fon
069 264848-122

E-Mail
astrid.mandl@dvfa.de

Internet
www.dvfa.de/karrierewege

„Was wir brauchen, ist gute Arbeit“

Arbeit und Leben – schön und gut. Aber die beiden Welten erst zu trennen, um dann an einer Balance zu arbeiten? „Bullshit“, sagt der Philosoph und Buchautor Thomas Vašek. Sein Buch „Work-Life-Bullshit“ trägt den Untertitel „Warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre führt“. Im Gespräch erklärt der 45-Jährige, was wirklich hilft – nämlich mehr Freiheit in der Arbeit. Das Interview führte André Boße.

Zur Person

Thomas Vašek, geboren 1968 in Wien, studierte Philosophie, Mathematik und VWL, widmete sich aber schon vor dem Abschluss journalistischen und publizistischen Tätigkeiten. Er ist Autor diverser Bücher und Chefredakteur des philosophischen Magazins „Hohe Luft“.

Herr Vašek, warum sollte der Beginn des Arbeitslebens für jeden Absolventen ein Grund zur Freude sein?
Das Arbeitsleben gibt uns die Möglichkeit, unsere Fähigkeiten zu entfalten. Für uns Menschen ist die Arbeit ein wichtiges Mittel, um etwas aus unserem Leben zu machen.

Warum fühlen sich dann so viele Menschen von der Arbeit belastet?
Die Einstellung zur Arbeit hat sich verändert. Unsere Eltern und Großeltern haben die Arbeit in erster Linie als ein Mittel zum Zweck betrachtet. Man hat damit seinen Lebensunterhalt verdient und, wenn es gut lief, ein kleines Vermögen angespart. Den Anspruch, sich bei der Arbeit selbst zu verwirklichen, kannte man damals nicht. Heute denken wir zu Recht anders. Wir erwarten, dass uns die Arbeit erfüllt. Dass sie uns Spaß bereitet. Das sind hohe Ansprüche, denen eine Arbeit nicht immer gerecht werden kann. Erwartung und Realität klaffen auseinander – und zurück bleibt ein Gefühl der Unzufriedenheit. Der größte Fehler in dieser Situation wäre zu kapitulieren, indem wir sagen: Wenn die Arbeit unsere Erwartungen nicht erfüllen kann, verlegen wir unsere gesamten Ansprüche halt in die Freizeit. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir die Arbeit als Zeitverschwendung empfinden, weil sie uns davon abhält, uns als Persönlichkeit zu entfalten.

Was wäre der richtige Gedanke?
Was wir brauchen, ist eine gute Arbeit. Dafür müssen wir überwinden, dass wir unser Leben in zwei strikt voneinander getrennte Bereiche einteilen, auf der einen Seite die Arbeit als lästige Notwendigkeit, und auf der anderen Seite die Zeit für unser wahres Leben. Diese Trennung ist falsch. Sie führt dazu, dass wir unsere Arbeitszeit, die nun einmal einen Großteil unserer Lebenszeit ausmacht, als sinnlos betrachten. Darum mag ich den Begriff der Work-Life- Balance auch nicht. Ich weiß schon, dass der etwas Positives bewirken möchte. Aber rein vom Begriff her unterstützt er die Unterstellung, die Arbeit sei kein Teil des wahren Lebens.

Verstehen Sie denn, dass viele Menschen es als Belastung sehen, wenn die Arbeit zu sehr ins Private rüberschwappt, weil man zum Beispiel durch die digitalen Medien ständig erreichbar ist?
Klar, es ist belastend, wenn ich pro Tag 500 Mails beantworten muss und ich auch abends nicht zur Ruhe komme. Interessant ist aber, dass auf der anderen Seite auch das private Kommunikationsverhalten in den Arbeitsbereich schwappt. Wenn der Arbeitgeber es erlaubt, checken Mitarbeiter ständig ihre privaten Mails oder posten private Inhalte in sozialen Netzwerken. Wer sich also durch die ständige Erreichbarkeit zu sehr belastet fühlt, sollte nicht nur über seine Arbeit klagen, sondern auch schauen, inwieweit der private Umgang mit den digitalen Medien dazu beiträgt.

Sie sprachen gerade vom Begriff der guten Arbeit. Was verstehen Sie darunter?
Es ist wichtig, die Arbeit an die Menschen anzupassen – und nicht umgekehrt. Wir brauchen nicht mehr Freiheit von der Arbeit, sondern Freiheit in der Arbeit. Angebote wie Sabbaticals sind sicherlich ein richtiger Schritt, aber das ist erst der Anfang. Es muss für die Mitarbeiter noch viel mehr Möglichkeiten geben, flexibel die Arbeitszeit zu gestalten. Dazu zählt zum Beispiel die Einführung eines Zeitwertkontos: Der Mitarbeiter spart sich mit einem Teil seines Gehalts Zeit an und hat dann das Recht, wann immer er will, diese freie Zeit in Anspruch zu nehmen.

Was kann ein Einsteiger vom ersten Tag an tun, um seinen Job so zu gestalten, dass er zu einer guten Arbeit führt?
Gute Arbeit verlangt immer auch etwas von dem, der sie verrichtet. Gute Arbeit ist immer auch engagierte Arbeit. Der erste Schritt ist daher, als junger Mensch die Arbeit als etwas Positives zu sehen, als ein Feld, in dem ich die Möglichkeit erhalte zu zeigen, was ich kann. Wichtig ist außerdem zu erkennen, dass ich selbst eine Verantwortung für die Zeit trage, die ich mit der Arbeit verbringe. Dazu gehört auch zu merken, wenn ein Job nicht zu mir passt – und dann die richtigen Schlüsse zu ziehen. Mein Rat an Einsteiger wäre daher, sich in den ersten Monaten immer wieder zu fragen, ob das, was sie tun, ihrer Vorstellung von einem guten Leben entspricht. Ob die Arbeit ihre Fähigkeiten zur Geltung bringt oder nicht.

Wobei Arbeit ja weit mehr ist, als die eigenen Fähigkeiten anzuwenden.
Das ist ein wichtiger Punkt. Arbeit ist komplex. Wie alle Bereiche des Lebens. Sie können den besten Job der Welt haben: exzellente Karriereperspektive, gutes Gehalt, eine interessante Tätigkeit. Und trotzdem kann es für Sie persönlich eine schlechte Arbeit sein, weil sie bestimmte Bedingungen nicht erfüllt. Es kann zum Beispiel sein, dass Sie bei diesem Job die Prozesse des Lernens vermissen, weil Sie sich nicht ausprobieren dürfen, oder es nicht vorgesehen ist, bei der Lösung eines Problems einmal eine andere Perspektive einzunehmen. Bei allem Geld und allen Chancen zur Beförderung, die dieser Job bietet: Wenn Sie auf das Lernen viel Wert legen, können die anderen Dinge das nicht kompensieren. Dann ist dies für Sie persönlich eine schlechte Arbeit.

Woran merkt man denn als Einsteiger, was einem wirklich wichtig ist?
Setzen Sie sich hin und halten Sie fest, wie viel Zeit Sie in den kommenden Monaten mit der Arbeit verbringen werden. Und erstellen Sie dann eine Liste mit Aspekten, die Ihnen die Arbeit in dieser Zeit erfüllen soll. Packen Sie Ihr Leben also nicht komplett in die Freizeit, sondern weisen Sie Lebenswertes auch der Arbeitszeit zu! Arbeit sollte eben nicht nur Mittel zum Zweck sein. Arbeit ist wertvolle Lebenszeit – und wer Engagement zeigt, besitzt die besten Chancen, bei der Arbeit eine gute Zeit zu verbringen.

Buchtipp

Thomas Vašek: Work-Life-Bullshit.
Warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre führt.
Riemann 2013. ISBN 978-3570501535. 16,99 Euro
www.work-life-bullshit.de

Hochschulprofil HFH • Hamburger Fern-Hochschule gem. GmbH

Mit rund 11.000 Studierenden ist die HFH Hamburger Fern-Hochschule eine der größten privaten Hochschulen Deutschlands. An mehr als 50 regionalen Studienzentren bietet die staatlich anerkannte und gemeinnützige Hochschule ihren Studierenden eine wohnortnahe Betreuung. Angeboten werden zahlreiche ausbildungs- und berufsbegleitende Bachelorstudiengänge sowie Masterprogramme in den Bereichen Gesundheit und Pflege, Technik, Wirtschaft und Recht.

Bachelorstudiengänge der HFH:
• Betriebswirtschaft (B.A.)
• Betriebswirtschaft dual (B.A.)
• Gesundheits- und Sozialmanagement (B.A.)
• Health Care Studies (B.Sc.) für Auszubildende der Ergotherapie, Pflege, Logopädie und Physiotherapie
• Health Care Studies (B.Sc.) für Berufserfahrene
• Pflegemanagement (B.A.)
• Wirtschaftsingenieurwesen (B.Eng.)
• Wirtschaftsrecht (LL.B.)
• Wirtschaftsrecht online (LL.B.)

Weiterführende Studiengänge (Master):
• Betriebswirtschaft (M.A.)
• General Management (MBA)
• Management von Organisationen und Personal im Gesundheitswesen (M.A.)
• Maschinenbau (M.Eng.)
• Wirtschaftsrecht online (LL.M.)

Besondere Studienprogramme:
Zahlreiche Studienprogramme für ausgewählte Zielgruppen ermöglichen eine verkürzte Studienzeit bzw. den parallelen Erwerb von Studienabschluss und Berufsausbildung.

Akademische Weiterbildung:
Die HFH bietet eine Vielzahl ihrer Module auch als separate Zertifikatskurse an. So können einzelne Bereiche gezielt in der akademischen Weiterbildung vertieft werden. Die Zertifikatskurse sind über ein Semester angelegt.

Organisation des Fernstudiums:
Im Gegensatz zu einem Präsenzstudium können sich Studierende einer Fernhochschule den Lehrstoff zeitlich flexibel und von der Hochschule räumlich unabhängig erschließen. Bei ihren Fernstudiengängen bietet die HFH zur Unterstützung des Selbststudiums Präsenzlehrveranstaltungen an mehr als 50 Studienzentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz an. Geleitet von über 1200 Lehrbeauftragten, werden die Studieninhalte vertieft, diskutiert und in entsprechenden Übungen angewandt. Feste Studiengruppen fördern den Lernfortschritt und die Kommunikation. Deshalb immatrikuliert die HFH für das Fernstudium jährlich zu zwei festen Terminen: jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli.

Online-Studium:
Im Bereich Wirtschaftsrecht bietet die HFH Online-Studiengänge an, ein Einstieg ist jederzeit möglich.

Logo HFH • Hamburger Fern-Hochschule gem. GmbH

Ansprechpartner
Studierendenservice

Anschrift
Alter Teichweg 19
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Fon
040 35094-360

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040 35094-335

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Groz-Beckert KG

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Branche
Feinwerktechnik, Maschinenbau

Produkte/Dienstleistungen
Groz-Beckert ist weltweit der führende Anbieter von industriellen Maschinennadeln, Präzisionsteilen, Feinwerkzeugen und von Systemen für die wichtigsten Textilfertigungs- und Fügeverfahren. Darüber hinaus unterstützt Groz-Beckert seine Kunden und Partner mit Beratungs- und Dienstleistungen rund um die textile Wertschöpfungskette. Die Leistungen und das Sortiment mit über 70.000 Produkttypen decken die Bereiche Stricken und Wirken, Weben, Filzen, Tuften und Nähen ab. Von der durchgängig hohen Qualität und dem umfassenden Service profitieren Textilmaschinenbauer und Textilhersteller auf der ganzen Welt.

Anzahl der Standorte
Produktionsstätten: Deutschland, Tschechien, Portugal, USA, Indien, China und Vietnam
Vertriebsgesellschaften: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Tschechien, USA, Mexiko, Japan, Hongkong, Singapur, Südkorea, Indien, China, Vietnam, Indonesien, Taipei

Jahresumsatz
Groz-Beckert Konzern: 568 Mio. Euro (2013)

Anzahl der MitarbeiterInnen
Ca. 2200 MitarbeiterInnen in Albstadt, weltweit rund 8000 MitarbeiterInnen

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Ca. 10 pro Jahr

Gesuchte Fachrichtungen
V.a. Maschinenbau, Feinwerktechnik, Kommunikations- und Softwaretechnik, Automatisierungstechnik, Technische Informatik, Textiltechnik, Wirtschaftswissenschaften

Einsatzmöglichkeiten
Entwicklung, Konstruktion Sondermaschinenbau, Produktentwicklung, Anwendungstechnik, Vertrieb, IT

Mögliche Einstiegstermine
Laufend

Auswahlverfahren
Interview

Angebote für StudentInnen
Praxissemester, Studien- und Abschlussarbeiten

Logo Groz-Beckert KG

Ansprechpartner
Miriam Edelmann

Anschrift
Parkweg 2
72458 Albstadt

Fon
07431 10-3030

Fax
07431 10-62570

E-Mail
personal@groz-beckert.de

Internet
www.groz-beckert.com

ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH

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Branche
System- und Softwarehaus

Produkte/Dienstleistungen
Entwicklung, Integration und Test komplexer Elektronik- und IT-Systeme

Anzahl der Standorte
Fürstenfeldbruck, Donauwörth, Koblenz, Wilhelmshaven

Jahresumsatz
323 Mio. Euro (2018)

Anzahl der MitarbeiterInnen
ESG Gruppe: 2000

Bedarf an HochschulabsolventInnen
Ca. 30 pro Jahr

Gesuchte Fachrichtungen
Elektro-/Nachrichtentechnik, Informatik, IT Security, Luft- und Raumfahrttechnik, Systems Engineering, Software Engineering, Ingenieurinformatik, Physik

Einsatzmöglichkeiten
Systementwicklung, Softwareentwicklung, Data Science, IT Security

Einstiegsprogramme
Direkteinstieg
Trainee-Programm

Mögliche Einstiegstermine
Laufend – offene Stellen auf Jobs.esg.de

Auswahlverfahren
Gespräch mit einstellendem Fachabteilung und Personalabteilung

Einstiegsgehalt
50.000 – 55.000 € je nach Vorerfahrung und Einsatzbereich

Angebote für StudentInnen
Wir bieten Praktika, Werkstudententätigkeiten und Abschlussarbeiten für Bachelor- und Masterstudierende an.