Top-Leute gesucht

Foto: Fotolia/peshkova
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Es gibt zu wenige Führungskräfte in Deutschland, die IT-bezogene Projekte und Ideen bewerten und aus ihnen die richtigen Schlüsse für ihre Unternehmen ziehen können. Zu dieser Ansicht kamen Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen. Gemeinsam mit der Bundesregierung schloss man sich daher auf dem IT-Gipfel 2010 zusammen und initiierte ein Qualifizierungsprogramm für zukünftige Top-Leute: den Software Campus. Von Christoph Berger

Leute wie Matthias Lange gibt es nach Ansicht des Managing Directors bei EIT ICT Labs Germany, Dr. Udo Bub, viel zu wenige: „Das exportorientierte Hightech-Land Deutschland hat zu wenige Führungskräfte mit technischem Hintergrund.“ Viele der Unternehmenslenker haben seiner Erfahrung nach einen betriebswirtschaftlichen oder juristischen Hintergrund, da fehlt es manchmal, technische Innovationen bewerten zu können. Geht es nach Bub, ist Matthias Lange jemand, der eines Tages dieses Manko überwindet. Der diplomierte Informatiker wurde für die Pilotphase des Qualifizierungsprogramms Software Campus ausgewählt und wird seitdem für zwei Jahre gefördert. Über die Höhe der Förderung wird noch entschieden, Lange hat 100.000 Euro beantragt – den Höchstsatz. Mit dem Geld will er nicht nur seine Doktorarbeit fertigstellen, sondern auch wissenschaftliche Mitarbeiter einstellen.

Doch der finanzielle Anreiz war nicht der einzige Grund für den Informatiker, an dem Projekt teilzunehmen. Sämtliche Teilnehmer erhalten eine Vielzahl von Schulungen durch die einzelnen Projektpartner. In denen geht es um die Vermittlung von nötigem Management-Know-how, das schließlich auf die Übernahme von Führungsverantwortung vorbereiten soll: zum Beispiel interkulturelle Kommunikation, Change Management und Verhandlungsführung. Außerdem haben die Teilnehmer die Möglichkeit, sich ein Netzwerk an Kontakten aufzubauen. In Langes Doktorarbeit geht es um ein Thema im Bereich der Mobilfunksicherheit. Sein direkter Partner dafür ist die Deutsche Telekom.

Der Software Campus ist ein Qualifizierungsprogramm, das von 17 Partnern aus Wirtschaft und Forschung ins Leben gerufen wurde. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Insgesamt stehen 10 Millionen Euro zur Verfügung – angedacht ist, es langfristig zu etablieren. Während Matthias Lange für die Pilotphase noch empfohlen und ausgewählt wurde, sind zukünftig Eigenbewerbungen von Doktoranden und Masterstudierenden möglich – entweder mit eigenem Projekt oder auf festgelegte Projekte der Projektpartner.

Dass die Teilnahme am Software Campus zu einem Karrierebeschleuniger werden kann, belegt die Aussage von Dr. Norbert Lütke-Entrup, Head of Corporate Technology & Innovation Management bei Siemens: „Wir versprechen uns von der Teilnahme, dass wir potenzielle Führungskräfte kennenlernen und einschätzen können, die letztlich für eine Verstärkung unseres Managements in Frage kommen.“ Schon aus der Tradition heraus würden Studierende der Informatik und Ingenieurwissenschaften wenig auf Managementaufgaben in Unternehmen vorbereitet. Aufgrund der globalen Aufstellung des Konzerns kann dieser Mangel teilweise abgefedert werden. Lütke-Entrup fügt jedoch an: „Ein größeres Angebot an Kandidaten wäre wünschenswert.“

Ähnlich sieht es Ann Miller-Rauch, Head of Global Personnel & Organizational Development bei der Software AG. Zum Schulungsprogramm sagt sie: „In die Curricula fallen die Themen Software-Modellierung, -Architekturen, -Entwicklung, -Systemtechnik, Enterprise-Architekturen und Qualitätssicherung. Außerdem gehören die wichtigsten Kernkompetenzen für Führungskräfte im Bereich der Unternehmens- und Innovationsprozesse dazu sowie der Methoden- und Sozialkompetenzen, welches aus den ‚Best of Breed‘, also den erfolgreichsten Kursmodulen der Partnerunternehmen, angeboten wird.“

Schumacher aufgenommen. Sie hat an der Hochschule Mannheim Informatik studiert und dort als Jahrgangsbeste abgeschlossen. Sie hat Praktika bei IBM gemacht und ihre Diplomarbeit unter anderem am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz geschrieben. Dort forscht und promoviert sie zum Thema der semantischen Suche. Ein Mikroprojekt der Promotion wurde in die Förderung im Rahmen des Software Campus aufgenommen. Ein erstes Treffen mit Vertretern der Forschungs- und Entwicklungsabteilung ihres Industriepartners, der Software AG, fand bereits statt. „Wir sprachen darüber, wie meine Arbeit mit der des Unternehmens verknüpft werden kann.“ Formen der Suche werden überall benötigt. Ihre Lösung soll der unternehmensinternen Kommunikation dienen. Dabei werden sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Daten miteinander verbunden – also neben gut aufbereiteten Daten aus Datenbanken zum Beispiel auch Daten aus Blogs oder E-Mails. Ihre ersten Erfahrungen mit dem Sofware Campus: „Bisher fühle ich mich hier sehr gut aufgehoben.“

Beteiligte am Software Campus

Robert Bosch GmbH, DATEV eG, Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG, SAP AG, Scheer Group GmbH, Siemens AG, Software AG, EIT ICT Labs Germany GmbH, TU Berlin, TU Darmstadt, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), TU München, Universität des Saarlandes, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Fraunhofer-Verbund IuK-Technologie, Max-Planck-Institut für Informatik

www.softwarecampus.de