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Unternehmer der Baustelle

Um Bauprojekte erfolgreich durchzuführen, brauchen Bauingenieure längst mehr als reines Technikwissen. Die Komplexität der Bauvorhaben und die damit verbundenen Anforderungen an Bauingenieure sind stark gestiegen. Einsteiger sind deshalb gut beraten, sich Unternehmen zu suchen, die sie behutsam an diese Verantwortung heranführen. Von Christoph Berger.

Technikwissen, Kalkulation und das Wissen darüber, wie Baustellen richtig vorbereitet werden, reichen heute für bauleitende Ingenieure nach Meinung von Professor Dr. Ralf-Peter Oepen längst nicht mehr aus, um Bauprojekte erfolgreich durchzuführen. Oepen ist Geschäftsführer der BWI-Bau GmbH – Institut der Bauwirtschaft, dem Weiterbildungsinstitut für Bauunternehmen, und Mitautor des BRZ-Fachbuchs „Bauprojekte erfolgreich steuern und managen“. „Auch weitreichendes betriebswirtschaftliches Wissen gehört heute zum Rüstzeug von Bauingenieuren“, weiß er. Dazu zählt beispielsweise das interne und externe Rechnungswesen: Bauingenieure müssen in der Kosten-und Leistungsrechnung geschult sein, sie sollten Bilanzen und GuV-Rechnungen lesen können und die Finanzierungsund Liquiditätsseite eines Bauprojektes verstehen. Zudem sind bei Bauprojekten immer mehr juristische Aspekte zu beachten, sodass bis zu einem gewissen Grad auch baurechtliche Kompetenzen vorhanden sein sollten. „Fallstricke in Verträgen sollte der mit einem Bauprojekt beauftragte Bauingenieur erkennen können“, sagt Oepen.

Angaben zum Institut BWI-Bau und zu Ralf-Peter Oepen

Das BWI-Bau erbringt Dienstleistungen im Dreiklang von Beratung, Weiterbildung und Information für Bauunternehmen beziehungsweise ihre Mitarbeiter. Themenschwerpunkte sind Baubetrieb, Baubetriebswirtschaft und Baurecht. Ralf-Peter Oepen ist als Geschäftsführer und Institutsleiter insbesondere in der strategischen Unternehmensberatung aktiv. Über zahlreiche Lehraufträge bringt er die Erkenntnisse des Instituts auch in Forschung und Lehre ein.

Auch Vertriebsinhalte gehören laut dem Experten mehr und mehr zu den Aufgaben der Bauingenieure: „Die Bauleiter sind vor Ort und haben direkten Kundenkontakt. Marketing und Vertrieb sind in der Bauwirtschaft Querschnittsaufgaben, die auch vom Bauleiter vor Ort wahrgenommen werden sollten“, sagt er. Bauleiter sollten wissen, wie sie auf Kunden wirken, müssen deren Interessen verstehen, gleichzeitig aber auch das eigene Bauunternehmen repräsentieren. Ansprechpartner und Kooperationspartner, auf die man eingehen muss, gibt es viele: Auf der einen Seite stehen die Bauherren, die nicht selten sogenannte Mittler als ihre Vertreter einsetzen. Das können zum Beispiel Architekten, Projektsteuerer oder Fachplaner sein. Auf der anderen Seite befinden sich die eigenen Unternehmensmitarbeiter. Und als dritte Gruppe gibt es die externen Nachunternehmer, die in die Bauprozesse zu integrieren sind. „Zwischen diesen drei Gruppen muss der Bauingenieur einen Interessensausgleich hinbekommen, um sein Projekt erfolgreich umzusetzen“, erklärt Oepen. Dazu gehöre zum einen eine gehörige Portion Erfahrung. Oepen hat aber auch festgestellt, dass die Hochschulen zum Beispiel die Bedeutung des Vertriebsbereichs und der damit verbundenen Soft Skills erkannt haben: So integrieren immer mehr von ihnen Module wie Präsentation, Gesprächsführung und Rhetorik in die Baustudiengänge – wenngleich meist als freiwillig zu belegendes Wahlfach. Ähnlich verhält es sich mit dem Bauvertragsrecht, welches heute aus Baustudiengängen kaum mehr wegzudenken ist und das während der gesamten Berufstätigkeit einen wichtigen Weiterbildungsschwerpunkt bildet.

Den Lebenszyklus im Blick
Betrachtet man Bauwerke in ihrem Lebenszyklus, „muss der Bauingenieur begreifen, dass seine Fähigkeiten schon in der Planung benötigt werden“, sagt Ralf-Peter Oepen weiter. Die Welt der Bauingenieure besteht heute nicht mehr alleine aus der Bauausführungsphase, der die Planung vorangeht und der der Betrieb der Immobilie folgt. „Alle Bereiche sind miteinander vernetzt, vorhergehende legen die jeweiligen Voraussetzungen für die Folgephasen“, so Oepen. Die spätere Nutzung eines Gebäudes spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle. Zudem wird der Neubau auf der „grünen Wiese“ seltener. Oft wird im Bestand gebaut, oder es handelt sich um eine Kombination von Neu- und Bestandsbau. Gerade bei derartigen Projekten müssen die Kompetenzen der Bauingenieure schon früh in die Planungen integriert werden, um spätere Probleme zu vermeiden.

Literaturtipp

Jens Hannewald, Ralf-Peter Oepen:
Bauprojekte erfolgreich steuern und managen.
Springer Vieweg 2013.
ISBN 978-3658002367.
34,99 Euro

Zur Komplexität von Bauwerken trägt auch der zunehmende Einsatz von Technik bei, beispielsweise in der Elektro- oder Haustechnik. Smarte Systeme steuern das Raum- und Lichtklima, intelligente Energietechnik wird in Gebäude integriert, um den Energieverbrauch zu reduzieren und Bauten immer energieautarker zu machen – dazu gehören auch die Methoden der regenerativen Energien. Nicht zuletzt entwickelt sich der Markt der Baustoffe immer weiter, zum Beispiel gibt es heutzutage Nanopartikel in Putzen. Auch hier muss der Bauingenieur die einzelnen Fachdisziplinen miteinander verbinden, den Überblick über die Schnittstellen behalten, Probleme möglichst frühzeitig erkennen und bei Bedarf entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten.

Und schließlich ist da noch die Öffentlichkeit – gerade bei Großprojekten ein nicht zu vernachlässigender Faktor. „Der Bauingenieur vor Ort ist für viele Misslichkeiten überhaupt nicht verantwortlich, steht später aber oft im Fadenkreuz der Öffentlichkeit“, hat Oepen beobachtet. Mit dieser Belastung müsse man lernen zurechtzukommen.

Begleitung erwünscht
Oepen empfiehlt Absolventen des Bauingenieurstudiums aufgrund der zunehmenden Komplexität, sich Unternehmen zu suchen, in denen ihnen zwar von Beginn an Verantwortung übertragen, diese aber begleitet wird. „Direkt nach dem Studienabschluss eigenverantwortlich die Bauleitung eines Projekts zu übernehmen und damit ins kalte Wasser geworfen zu werden, erachte ich als problematisch“, sagt er. Unternehmen empfiehlt er, jungen Absolventen erfahrene Bauleiter als Mentoren zur Seite zu stellen. So werden die Einsteiger Schritt für Schritt an ihre zukünftigen Aufgaben herangeführt und auch mit der enormen Verantwortung ihrer Arbeit vertraut gemacht. Ansonsten könne die von ihm oft beobachtete schnelle Verantwortungsübergabe unter Umständen zum Problem werden: Angesichts der hohen Summen, die manche Einsteiger in ersten Projekten zu verantworten haben, gehen die Unternehmen ein großes Risiko ein, und auf den jungen Menschen lastet ein enormer Druck. Doch prinzipiell ist der Weg für Bauingenieure in der Projektbegleitung vorgezeichnet: Waren sie früher für die Prozesse auf der Baustelle verantwortlich, sind sie heute oft Manager des gesamten Projekts.

Förderpreis

Der Deutsche Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft (DVP) lobt jährlich gemeinsam mit der „Immobilien Zeitung“ den DVP-Förderpreis aus, mit dem herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu den Themen Projektentwicklung und Projektmanagement prämiert werden. Der Verband will damit den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern.
Weitere Informationen unter: www.dvpev.de

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