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StartBauingenieureDer Fehmarnbelt-Tunnel: Präzisionsarbeit unter dem Meer. Ein Tunnel, der Europa verbindet

Der Fehmarnbelt-Tunnel: Präzisionsarbeit unter dem Meer. Ein Tunnel, der Europa verbindet

Zwischen Deutschland und Dänemark entsteht derzeit ein Bauwerk, das die Mobilität in Europa neu definieren wird: der Fehmarnbelt-Tunnel. Mit einer Länge von 18 Kilometern wird er der längste Absenktunnel der Welt. Das Projekt verbindet die deutsche Insel Fehmarn mit der dänischen Insel Lolland und soll nicht nur die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen deutlich verkürzen, sondern auch den grenzüberschreitenden Handel fördern. Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Beitrag zu einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur in Nordeuropa. Von Denise Juchem Leiterin der Kommunikation des dänischen Tunnelbauherrn Femern A/S

Technische Superlative auf 18 Kilometern

Der Fehmarnbelt-Tunnel setzt Maßstäbe: Er besteht aus insgesamt 89 vorgefertigten Tunnelelementen – 79 Standard- und zehn Spezialsegmenten. Die Standardelemente messen jeweils 217 Meter in der Länge, 42 Meter in der Breite und neun Meter in der Höhe. Jedes dieser Bauteile wiegt rund 73.000 Tonnen. Die Spezialelemente verfügen über ein zusätzliches Untergeschoss, in dem Betriebstechnik untergebracht ist.

Gigantische Bauteile für ein Jahrhundertprojekt

Produziert werden die gewaltigen Tunnelteile in einer eigens errichteten Fabrik auf der dänischen Insel Lolland, unweit der späteren Tunneleinfahrt. Dort entstehen aus massiven Stahlbewehrungskörben die Grundstrukturen. Jedes Standardelement besteht aus neun Betonsegmenten, die jeweils in einem durchgehenden Gussverfahren gefertigt werden – ein Vorgang, der pro Segment rund 30 Stunden dauert.

Fertigung unter Hochdruck: Die Tunnelfabrik auf Lolland

In den drei Fertigungshallen erfolgt der Bau unter kontrollierten Bedingungen. Nach der Betonage erhalten die Elemente im angrenzenden Trockendock ihre technische Ausstattung. Hier werden unter anderem Brandschutzverkleidungen und Stahlschotten eingebaut. Letztere sorgen für eine wasserdichte Versiegelung beider Enden, bevor das Trockendock geflutet wird – der Moment, in dem das Tunnelelement erstmals mit Wasser in Berührung kommt.

Vom Trockendock ins Meer

Das Fluten des Docks verläuft langsam und kontrolliert: Ein Schiebetor verschließt das obere Ende, während ein mit vielen Pumpen ausgestattetes Schwimmtor den unteren Teil abschließt. Sobald der Wasserspiegel steigt, schwimmt das schwere Betonelement auf und wird mithilfe von Seilwinden zum unteren Ende des Beckens gezogen. Dort wird der Wasserstand wieder auf Meeresniveau abgesenkt – das Element ist nun bereit für den Transport zur Absenkstelle.

Schwimmende Technik: Der Weg zur Absenkstelle

Im eigens angelegten Arbeitshafen erfolgt der nächste Schritt: Zwei Absenkpontons werden wie Klammern an das Tunnelelement montiert. Mit Unterstützung von Schleppern wird das Tunnelelement anschließend zur vorgesehenen Stelle im Fehmarnbelt geschleppt. Dort wartet der nächste präzise Arbeitsschritt.

Millimetergenaue Platzierung auf dem Meeresgrund

Das Absenken und Positionieren der Elemente zählt zu den größten technischen Herausforderungen des gesamten Projekts. Jedes Teil muss exakt im vorbereiteten Tunnelgraben platziert werden – mit einer Toleranz von wenigen Millimetern. Hierzu wird ein eigens entwickeltes Geo-Positioniersystem eingesetzt, das eine millimetergenaue Steuerung erlaubt.

Wasserdichtes Bauwerk unter dem Meer

Das Element wird an Stahlseilen in den Tunnelgraben abgesenkt. Der Baufortschritt erfolgt abschnittsweise von beiden Küsten in Richtung Mitte des Belts. Hydraulische Arme ziehen die Elemente aneinander und pressen eine äußere Dichtung zusammen. Nach dem Abpumpen des Wassers zwischen den Elementen entsteht ein atmosphärischer Druck – die Bauteile sind nun dauerhaft und wasserdicht verbunden.

Baufortschritt auf beiden Seiten des Belts

Die Arbeiten auf dänischer Seite begannen 2020, in Deutschland ein Jahr später. Mittlerweile sind mehrere Tunnelelemente fertiggestellt, der Tunnelgraben vollständig ausgehoben und die Bauwerke an beiden Tunnelportalen weit fortgeschritten. Für Ende 2025 ist das Absenken des ersten Elements geplant – ein Meilenstein für dieses grenzüberschreitende Großprojekt.

Ein europäisches Meisterwerk der Ingenieurskunst

Der Fehmarnbelt-Tunnel ist ein beeindruckendes Beispiel für technische Innovation und logistische Präzision. Er zeigt, wie moderne Ingenieurskunst dazu beitragen kann, Länder näher zusammenzubringen – unter dem Meer, aber mit großer Wirkung für ganz Europa.

Hochschultag Fehmarnbelt-Tunnel:

Im Frühjahr 2025 hat bereits das zweite Jahr in Folge der Hochschultag „Fehmarnbelt- Tunnel“ auf der Ostseeinsel Fehmarn stattgefunden. Eingeladen hatte die staatliche dänische Sund & Bælt-Holding, zu der auch der Tunnelbauherr Femern A/S gehört. Mit Fachvorträgen, Baustellenführungen und direktem Austausch mit Expertinnen und Experten bot dieser Tag Studierenden eine einzigartige Gelegenheit, hinter die Kulissen des Mega-Projekts zu blicken – und vielleicht sogar Inspirationen für die eigene berufliche Zukunft zu entdecken.

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