Manuel Felix arbeitet seit Juni 2023 als Bauleiter bei der Firma Berster Koch im Oberbergischen Kreis. Er hat Bauingenieurwesen an der FH Aachen studiert und seine Masterarbeit im Unternehmen geschrieben. Im Interview erzählt er, warum er sich gegen ein Sportstudium entschieden hat, wie er Baustellen managt und weshalb er glaubt, dass Bauingenieur*innen auch in Zukunft dringend gebraucht werden. Ein Gespräch über frühes Aufstehen, Verantwortung mit 27 und die Realität auf dem Bau. Die Fragen stellte Sonja Theile-Ochel.
Sie haben 2016 Ihr Abitur gemacht – wie ging es danach weiter?
Nach dem Abi war ich für zehn Monate in Australien zum Work & Travel. Das war eine tolle Erfahrung. 2017 habe ich dann in Aachen angefangen, Bauingenieurwesen zu studieren – erst den Bachelor, dann direkt den Master. Ich habe beide Abschlüsse mit der Vertiefung „Baubetrieb“ gemacht.
Warum Bauingenieurwesen? Gab es da familiäre Vorbilder?
Nein, überhaupt nicht. Es war eher ein fließender Prozess. Ich habe früher gern im Garten- und Landschaftsbau gejobbt und fand Baustellen schon immer spannend. Eigentlich wollte ich erst Sport studieren – der Test an der SpoHo in Köln lief auch gut. Aber dann kam das Angebot aus Aachen, und ich habe gemerkt: Bau interessiert mich wirklich.
Heute arbeiten Sie als Bauleiter. Wie sah der Weg dorthin aus?
Ich habe während des Studiums als Werkstudent in einem Ingenieurbüro gearbeitet. Die Stelle, die ich jetzt habe, ist meine erste Vollzeitstelle nach dem Studium. Ich bin seit Juni 2023 bei der Firma Berster Koch in Oberberg tätig. Wir realisieren Bauprojekte im Hoch- und Tiefbau, oft für die öffentliche Hand.
Und Ihre Masterarbeit haben Sie parallel zum Job geschrieben?
Ja. Ich habe tagsüber Vollzeit gearbeitet und abends sowie am Wochenende an meiner Masterarbeit geschrieben. Das Thema war ein unternehmensinterner Optimierungsprozess im Baubetrieb. Ich würde das so nicht unbedingt jedem empfehlen – es war anstrengend -, aber für mich war es der richtige Weg. Ich wollte raus aus dem Studium, rein ins Berufsleben.
Was macht ein Bauleiter eigentlich genau?
Wir begleiten ein Bauprojekt von der Planung bis zur Fertigstellung. Das heißt: Wir organisieren den Ablauf, kümmern uns um Materialbeschaffung, erstellen Bauzeitenpläne, koordinieren Personal und sind Ansprechpartner für Architekten, Statiker, Bauherren und natürlich für das Team auf der Baustelle. Man muss schnell auf Probleme reagieren und viele Entscheidungen treffen.
Man ist viel im Austausch – mit sehr unterschiedlichen Menschen. Das muss man mögen. Es geht nicht nur ums Technische, sondern oft auch darum, Lösungen zu finden und Kompromisse auszuhandeln.
Klingt nach einem sehr kommunikativen Beruf.
Absolut. Man ist viel im Austausch – mit sehr unterschiedlichen Menschen. Das muss man mögen. Es geht nicht nur ums Technische, sondern oft auch darum, Lösungen zu finden und Kompromisse auszuhandeln.
Bereitet das Studium gut darauf vor?
Teils, teils. Die Grundlagen sind da: Man lernt, wie Bauprozesse ablaufen, macht erste Zeit- und Einrichtungspläne. Aber vieles lernt man erst in der Praxis. Ich glaube, selbst mit 20 Jahren Berufserfahrung lernt man bei jedem neuen Projekt wieder etwas dazu.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Eine Mischung aus Büro und Baustelle. Ich schreibe E-Mails, telefoniere viel, arbeite mit Kalkulationssoftware. Und ich bin regelmäßig vor Ort – gerade bei größeren Bauabschnitten. Meine Arbeitszeit beginnt meist um sieben Uhr morgens, im Sommer sogar früher. Insgesamt bin ich etwa 43 Stunden pro Woche im Einsatz.

Viele junge Menschen wünschen sich flexible Arbeitsmodelle. Ist das im Bauwesen realistisch?
Jein. Natürlich spricht man auch in unserer Branche über Work-Life-Balance. Aber die Realität ist: Eine Baustelle funktioniert nicht im Homeoffice. Die Koordination vor Ort ist essentiell – und das geht nicht, wenn freitags plötzlich alle frei machen. Der Wunsch nach Vier-Tage-Woche ist verständlich, aber in der Bauleitung aktuell schwer umsetzbar.
Wie beurteilen Sie die Berufsaussichten für Bauingenieur*innen?
Sehr gut. Es gibt viele Aufgaben – Brücken, Straßen, öffentliche Gebäude – bei denen enormer Sanierungsbedarf besteht. Der Bausektor wird auch in den nächsten Jahrzehnten gefragt sein. Natürlich gibt es Schwankungen, aber insgesamt sehe ich den Bedarf als stabil.
Was war Ihr bislang spannendstes Projekt?
Mein erstes: ein Teil des Wiehlparks gegenüber vom DB-Gymnasium. Es war ein guter Einstieg mit kommunalem Auftraggeber, vielen Beteiligten und spannender Bauweise. Solche Projekte zeigen einem, wie komplex Bau wirklich ist.
Gibt es ein Wunschprojekt?
Brücken faszinieren mich. Das ist technisch sehr anspruchsvoll – und sie sind für unsere Infrastruktur entscheidend. Natürlich werden Großprojekte nur von wenigen Firmen in Deutschland umgesetzt. Aber selbst mittelgroße Brücken wären für mich als Bauleiter ein echtes Highlight.
Stichwort Digitalisierung: Spielt Künstliche Intelligenz in Ihrem Job eine Rolle?
Aktuell noch nicht. Ich habe auch meine Masterarbeit ohne KI geschrieben. Aber ich sehe, dass bei Studierenden inzwischen viel damit gearbeitet wird – zum Beispiel bei Literaturrecherche oder für Formulierungshilfen. Ich bin gespannt, was da noch kommt.
Wenn heute ein Abiturient zu Ihnen käme und sagt: Ich überlege, Bauingenieurwesen zu studieren – was würden Sie raten?
Sich wirklich dafür interessieren – das ist die Grundvoraussetzung. Und: Früh anfangen zu lernen! Das Studium ist anspruchsvoll. Man braucht Disziplin und Durchhaltevermögen. Was mir sehr geholfen hat, war eine gute Lerngruppe. Und: Man sollte sich nicht entmutigen lassen, wenn mal eine Klausur schiefgeht. Das gehört dazu.
Und was sind Ihre nächsten beruflichen Ziele?
Im Moment geht es für mich vor allem darum, Berufserfahrung zu sammeln. Ich will verstehen, wie unterschiedliche Projekte funktionieren – und mich weiterentwickeln. Ob später mal Projektleitung oder etwas anderes – das wird sich zeigen.



