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Das letzte Wort hat Prof. Dr. Alke Martens, Professorin für praktische Informatik

Prof. Alke Martens ist Lehrstuhlinhaberin für Praktische Informatik und Didaktik der Informatik an der Uni Rostock und zählt zu den profiliertesten Stimmen zu digitaler Bildung, KI und Ethik. Neben ihrer Forschung erreicht sie mit ihrem erfolgreichen Instagram-Account über 47.000 Follower und verbindet so Wissenschaft, Teilhabe und Verantwortung. Die Fragen stellte Sonja Theile-Ochel.

Sie haben Informatik mit dem Nebenfach Medizin studiert und später interdisziplinär gearbeitet. Wie hat der Wechsel zwischen diesen Disziplinen Ihre Arbeit beeinflusst?
Ich hatte zwei entscheidende Vorteile: Zum einen bot der Studiengang Informatik mit Anwendungsgebiet Medizin an der Universität Hildesheim Ende der 1980er Jahre eine damals noch seltene Kombination. Zum anderen prägten mich die Diskussionen mit meinem Vater, einem Psychologen, die meinen Blick für andere Perspektiven schärften und mir die kulturellen Wurzeln der Informatik bewusst machten. In meiner Laufbahn war es oft herausfordernd, zwischen Medizin, Informatik und Psychologie den eigenen Platz zu finden. Die Freiheit in Lehre und Forschung wurde dabei ein wichtiger Anker – und die Interdisziplinarität zum Schlüssel, um viele Menschen zu erreichen.

Welche Hürden sehen Sie in der digitalen Lehre – und welche Kompetenzen brauchen Studierende?
Der größte Stolperstein ist die Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten. Aus der Flut seriöser und unseriöser Quellen eine fundierte Auswahl zu treffen und daraus eigene Kompetenzen zu entwickeln, statt blind einer KI zu vertrauen, ist anspruchsvoll. Absolvent:innen sollten vor allem Lese-, Schreib- und Informationskompetenz mitbringen.

Wie vermitteln Sie ethische Reflexion in Ihren Kursen?
Wir bieten u. a. die Lehrveranstaltung „Ethik und Digitalität“ an. Eine zentrale Haltung ist, ethische Bedenken ernst zu nehmen: Es geht um den Schutz von Daten, das Bewusstsein für Bias – etwa durch unausgewogene Datensätze – und dessen Vermeidung sowie um das Problem des Dual-Use. Wer Softwareprojekte leitet, muss kulturelle, gesellschaftliche und ökologische Folgen von Technik wie KI kennen.

Wie machen Sie komplexe Themen wie KI und Ethik auf Instagram verständlich?
Wissenschaft kann im Elfenbeinturm bleiben oder verständlich in den öffentlichen Raum treten. Fachsprache schreckt ab – daher „übersetze“ ich Inhalte. Social Media zwingt zur didaktischen Reduktion: Ein Reel mit drei Minuten kann ein guter Einstieg sein, um Themen prägnant zu vermitteln.

Gab es prägende Entscheidungen oder Wendepunkte in Ihrer Karriere?
Ich bin alleinerziehende Mutter zweier Schulkinder. Die Entscheidung, Kinder und Unikarriere zu verbinden, war für mich zentral – und sie hat sich bewährt. Witzigerweise war ich bei meiner ersten und letzten Professur während des Bewerbungsverfahrens schwanger und trat die Stellen als frischgebackene Mutter an. Es kostet Kraft, aber es funktioniert. Ein anderer Wendepunkt war die Entwicklung der KI. 2004 promovierte ich in diesem Bereich, doch damals galt das Fach als „tot“. Mir wurde geraten, das Forschungsfeld zu wechseln, da es kaum KI-Professuren gab. Heute, knapp 20 Jahre später, boomt die KI – für mich zu spät, um eine Professur in diesem Bereich zu bekommen. KI begleitet mich trotzdem getarnt als „Kognitive Systeme“.

Welche drei Dinge sollten IT-Studierende unbedingt aus dem Studium mitnehmen?
Entscheidend sind Selbstvertrauen und die Suche nach der eigenen Nische. Informatik ist breit und interdisziplinär. Wichtig sind:

  • Kritische Informationsbewertung (lesen, reflektieren, diskutieren)
  • Netzwerken, auch international (z. B. durch Auslandssemester)
  • Interdisziplinarität und Offenheit für neue Denkweisen

Cover Schreibende KISchreibende KI – ein interdisziplinärer Diskurs

Perspektiven über den Sinn oder Unsinn von schreibender KI

Alke Martens, Clemens H. Cap, Springer Verlag, 2025, open access, Hard Cover 53,49 €

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