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Startfrauen in führungspositionenVon der Europäischen Staatsanwaltschaft in die Kanzlei

Von der Europäischen Staatsanwaltschaft in die Kanzlei

Dr. Anna-Elisabeth Krause-Ablaß hat als Delegierte Europäische Staatsanwältin Aufsehen erregende Prozesse geführt. Nun ist sie von Luxemburg nach Bonn gewechselt und bringt ihr Wissen bei Flick Gocke Schaumburg ein. Im Gespräch mit dem karriereführer recht begründet sie den Schritt und gibt Einblicke in alte und neue Herausforderungen. Das Interview führte Dr. Marion Steinbach

Zur Person

Dr. Anna-Elisabeth Krause-Ablaß war von 2008 bis 2009 Rechtsanwältin bei CMS Hasche Sigle, Frankfurt am Main, anschließend bis 2010 Richterin beim Landgericht Frankfurt am Main. Von 2010 bis 2021 arbeitete sie als Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, unterbrochen durch eine Tätigkeit als Nationale Sachverständige bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Von 2021 bis 2023 war sie Delegierte Europäische Staatsanwältin bei der Europäischen Staatsanwaltschaft in Luxemburg und Frankfurt. Seit Anfang 2024 ist sie Rechtsanwältin im Bonner Büro von Flick Gocke Schaumburg.

Der Wechsel von der Staatsanwaltschaft in eine Kanzlei ist eher selten. Was hat sie zu dem Schritt bewogen?
Der Job des Staatsanwalts ist eine ganz tolle Aufgabe, die nicht nur spannend und extrem abwechslungsreich ist, sondern auch dem Gemeinwohl dient. Diese Attribute haben mich die letzten 14 Jahre, die ich als Staatsanwältin tätig war, täglich motiviert und inspiriert. Sie haben mir die Entscheidung, den Weg zurück in die Privatwirtschaft zu gehen, nicht leicht gemacht. Ich bin allerdings ein Mensch, der gerne neue Herausforderungen annimmt und sein Karriereschicksal selbst in die Hand nehmen möchte.

In der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft kann man sich leider nicht auf ein Fachgebiet spezialisieren und zugleich in der Karriereleiter emporsteigen. Beförderungspositionen sind rar und immer mit dem Risiko verbunden, sich plötzlich in einem gänzlich anderen Fachgebiet oder einer Verwaltungsaufgabe wiederzufinden. Es ist zwar lehrreich und bereichernd, sich immer wieder in neue Materien einzuarbeiten; ich habe mich allerdings dankenswerterweise die letzten zwölf Jahre ausschließlich mit dem Gebiet des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts befasst und möchte dieser Materie gerne treu bleiben, da sie mir großen Spaß macht.

Sie kennen die Kanzleiwelt durch Ihre früheren beruflichen Erfahrungen. Was stellt für Sie den besonderen Reiz der Arbeit in einer Kanzlei dar?
Der Reiz besteht darin, ein großes Maß an Gestaltungsmöglichkeit zu haben. Auch wenn Kanzleien wirtschaftlichen Zwängen unterworfen sind, besteht bei der Frage, ob und wie ein Mandat geführt wird, größere Freiheit als bei der Frage, ob und wie ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft bearbeitet wird. Ein weiterer – aus meiner Sicht nicht zu unterschätzender – Vorteil der Tätigkeit in einer größeren Kanzlei ist die Personal- und Sachausstattung.

Trotz der Vorteile habe ich auch großen Respekt vor der neuen Tätigkeit. Es wird eine Umstellung sein, plötzlich nicht mehr objektiv auf einen Sachverhalt zu blicken, sondern Partei für die Mandantschaft zu ergreifen. Zudem ist man als Dienstleister den zeitlichen Bedürfnissen des Mandanten unterworfen. Da ich dies aber bereits zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit war und darüber hinaus aus einer Anwaltsfamilie stamme, ist mir dies nicht fremd. Zudem ist die Tätigkeit des Staatsanwalts in einem Wirtschaftsdezernat auch mit viel Mehrarbeit verbunden, die mich aber nie wirklich abgeschreckt hat.

Sie haben Ihre berufliche Laufbahn im Bereich Arbeits- und Gesellschaftsrecht begonnen, waren dann als Richterin in Zivilsachen tätig und haben sich danach auf Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert. Was sind die besonderen Herausforderungen dieses Bereichs?
Die Besonderheit des Wirtschaftsstrafrechts besteht darin, dass das materielle Strafrecht nur einen geringen Teil der Tätigkeit ausmacht. Der Großteil der Rechtsfragen, mit denen man sich zu befassen hat, stammt aus dem Zivilrecht (z. B. dem Gesellschafts- und Arbeitsrecht) und dem Steuerrecht. In prozessualer Hinsicht weicht das Wirtschaftsstrafrecht jedoch nicht vom Kernstrafrecht ab, sodass das Strafverfahrensrecht zum täglichen Brot eines Wirtschaftsstrafrechtlers gehört.

Im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht handelt es sich üblicherweise um komplexe Sachverhalte, die der Bearbeiter aus vielen Unterlagen und Daten zu erfassen hat. Studierende, die in dieser Rechtsmaterie arbeiten möchten, sollten daher neben einem allgemeinen Interesse am Strafrecht an wirtschaftlichen Zusammenhängen interessiert, dem Steuerrecht gegenüber nicht abgeneigt und bereit sein, umfangreiches Aktenmaterial zu sichten. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass man – sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch in der Anwaltschaft – im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts viele Tage und Monate, gegebenenfalls sogar Jahre, mit den Fällen zu tun hat. Studierende, die es vorziehen, viele, aber dafür kürzere Sachverhalte zu bearbeiten, sollten sich gut überlegen, ob das Wirtschaftsstrafrecht die richtige Materie für sie ist.

Ich selbst wollte ursprünglich nie im Strafrecht tätig sein. Im Studium habe ich meinen Schwerpunkt auf das Arbeits- und Gesellschaftsrecht gelegt und auch im Gesellschaftsrecht promoviert. So war es nur konsequent, auch in diesem Bereich in den Beruf starten. Beim Landgericht war ich auch ausschließlich mit Zivilsachen befasst. Bei der Staatsanwaltschaft, zu der ich infolge Personalüberhangs beim Landgericht unfreiwillig gekommen bin, habe ich dann aber großen Gefallen am lebensnahen Strafrecht entwickelt und dann letztendlich im Wirtschaftsstrafrecht die perfekte Kombination gefunden.

Als Staatsanwältin hatten Sie es zum Teil mit spektakulären Fällen zu tun, über die oft in den Medien berichtet wurde, wie beispielsweise über die öffentlichkeitswirksamen Hausdurchsuchungen beim DFB aufgrund des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Wie werden sich Ihre Aufgaben und Ihre Arbeitsweise bei Ihrer neuen Tätigkeit verändern?
Ich werde einerseits Unternehmen dazu beraten, welche Vorkehrungen sie treffen können, um solche öffentlichkeitswirksamen Hausdurchsuchungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Diese stellen nämlich nicht nur eine Herausforderung für den Staatsanwalt dar, sondern beeinträchtigen auch die Reputation des Unternehmens. Hierbei spielt es eine große Rolle, hinreichende Compliance- Maßnahmen zu implementieren, die die Begehung von Straftaten verhindern. Für den Fall, dass es zu Straftaten gekommen ist, wird es dann andererseits zu meinen Aufgaben gehören, das Unternehmen gegenüber dem erhobenen Vorwurf zu verteidigen. Zudem werde ich meine Ermittlungsexpertise aus den vergangenen Jahren bei unternehmensinternen Untersuchungen einbringen.

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